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Bitte zitieren als: Richter A, Riemer K (2013): Nutzungsoffene Anwendungssoftware.
WIRTSCHAFTINFORMATIK. 3/2013. doi: 10.1007/s11576-013-0359-1.
Nutzungsoffene Anwendungssoftware
Die Autoren
Alexander Richter, Kai Riemer
Dr. Alexander Richter (Dipl.-Kfm.)
Forschungsgruppe Kooperationssysteme München
Fakultät für Informatik
Universität der Bundeswehr München
D-85577 Neubiberg
a.richter@unibw.de
Associate Professor Kai Riemer
(PD, Dr. rer. pol., Dipl.-Wirt. Inform.)
Chair of Discipline, Business Information Systems
The University of Sydney Business School
Sydney, NSW 2006, Australia
kai.riemer@sydney.edu.au
Stichworte: Nutzungsoffene Anwendungssoftware, Nutzungsoffenheit, Social Software,
Kommunikations- und Kollaborationssysteme, Enterprise 2.0
Keywords: Malleable End-User Software, Social Software, Communication and collabora-
tion systems, Enterprise 2.0
Bitte zitieren als: Richter A, Riemer K (2013): Nutzungsoffene Anwendungssoftware.
WIRTSCHAFTINFORMATIK. 3/2013. doi: 10.1007/s11576-013-0359-1.
Nutzungsoffene Anwendungssoftware
1. Anwendungssoftware – gegen den Strich gebürstet
Traditioneller betrieblicher Anwendungssoftware (AWS) liegen bereits bei ihrer Entwicklung
vorgegebene bzw. klar definierte Nutzungsszenarien innerhalb eines bestimmten Geschäfts-
prozesses zugrunde. Dies trifft auf nutzungsoffene AWS nicht zu. Als Beispiel lässt sich
Social Software nennen, die zur IT-gestützten Kommunikation in und zwischen Unternehmen
eingesetzt wird und in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt (z.B. Back et al.
2011, Stocker et al. 2012). Wie sich derzeit in vielen Unternehmen zeigt, sind etablierte Me-
thoden der Wirtschaftsinformatik nicht oder nur bedingt auf Social Software anwendbar (z.B.
Richter et al. 2012). Stattdessen ist ein grundlegendes Verständnis für diese Klasse von Soft-
ware und die Berücksichtigung ihrer Charakteristika notwendig.
Der vorliegende Beitrag möchte zu diesem Verständnis beitragen, indem er die Implikationen
der Nutzungsoffenheit für die Entwicklung und für das Management der Software (Planung,
Einführung, Erfolgsmessung) aufzeigt. Traditionelle Theorien der Technologie-Adoption sind
ungeeignet diesen Zusammenhang zu erklären, da aufgrund des fehlenden Zweckbezugs die
Nützlichkeit von nutzungsoffener AWS ohne praktische Erfahrung a priori schlecht ein-
schätzbar ist. Auch das traditionelle IT-Management steht vor einer Herausforderung, da man
bei der Einführung nutzungsoffener AWS nicht hinsichtlich eines zu erreichenden Endzustan-
des planen kann. Denn während traditionelle AWS mit dem Ziel entwickelt und eingeführt
wird ein Problem innerhalb einer Praktik zu lösen, steht bei der Aneignung nutzungsoffener
AWS das Erkennen neuer oder neuartiger Anwendungsmöglichkeiten im Vordergrund.
2. Anwendungssoftware mit und ohne Zweck
Im Folgenden wird zwischen zweckgebundener und nutzungsoffener AWS unterschieden.
Dabei wird Anwendungssoftware als Endanwender-Software verstanden, die am Arbeitsplatz
im betrieblichen Kontext zum Einsatz kommt. Als solche ist AWS von IT-Infrastrukturen und
automatisierten IT-Systemen abzugrenzen, die in der Regel nicht von Endbenutzern bedient
werden, sowie von Internet-Applikationen wie z.B. Einkaufsportalen, die nicht als Arbeits-
platzwerkzeug dienen.
Zweckgebundene Anwendungssoftware
Unter zweckgebundener AWS wird solche verstanden, die mit dem Ziel entwickelt und einge-
führt wird, ein existierendes betriebliches Problem zu lösen oder die unmittelbare Verbesse-
rung einer bestehenden Anwenderaufgabe herbei zu führen. Es existieren klare Vorstellungen
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von dem durch ihren Einsatz entstehenden Nutzen, der sich oft innerhalb eines betrieblichen
Prozess einordnen lässt. Typische Beispiele sind ERP-, CRM- und ähnliche prozessorientierte
Software. Die Nutzung zweckgebundener AWS wird dabei in der Regel „von oben“ kommu-
niziert, geschult, sowie größtenteils durch die Funktionalitäten der Software und Verantwort-
liche bzw. Führungskräfte vorgegeben. Damit verbunden ist in der Regel der Wunsch des
Managements die Bearbeitung einer Aufgabe in einer vorgeschriebenen Art und Weise zu
erreichen und somit einen Arbeitsprozess zu verbessern. Motivation hierfür sind z.B. Effi-
zienzsteigerungen, Standardisierung, Rationalisierung, oder regulative Gründe. Dabei besteht
das Risiko, dass die Anwender mit Reaktanz reagieren, sollte die Einführung der Software
und der damit herbeigeführte Eingriff in ihre Arbeitspraktiken aus ihrer Sicht keinen Sinn
ergeben.
Im Bereich der zweckgebundenen AWS ist in den vergangenen Jahren ein Wandel wahr-
nehmbar. Rollenbeschreibungen und Prozessmodelle weichen zunehmend individuelleren
Arbeitsformen (Wulf 2009). Als Beispiel ist die SAP-Plattform NetWeaver zu nennen, mit
der es inzwischen ohne großen Aufwand möglich ist spezifische Geschäftsprozesse durch die
Zusammenstellung verschiedener Dienste zielgenau zu unterstützen (Heitmann 2006 zitiert
nach Wulf 2009). Durch das modulare Konzept ist es also möglich, Geschäftsprozesse konti-
nuierlich zu verbessern und die Plattform entsprechend den Arbeitspraktiken anzupassen. Je-
doch kann hier noch nicht von nutzungsoffener Software gesprochen werden. Wie im Folgen-
den gezeigt wird, ist Nutzungsoffenheit nicht des Ergebnis von Modularität, Anpassbarkeit
und interpretativer Flexibilität (z.B. Bijker et al. 1989) im Sinne eines technischen Customi-
zing.
Nutzungsoffene Anwendungssoftware
Zentrales Merkmal nutzungsoffener AWS ist ihre Flexibilität und Offenheit bei der Ermögli-
chung und Unterstützung einer großen Bandbreite von Nutzungspraktiken im betrieblichen
Umfeld. Anstelle des Zweckbezugs und des Problemlösungscharakters treten hier das Schaf-
fen von Verbesserungspotentialen und die damit verbundene Erwartung von organisationaler
Innovation in den Vordergrund. Im Zentrum des betrieblichen Einsatzes steht die Unterstüt-
zung individueller, bestehender oder gewünschter Arbeits- und Kommunikationspraktiken der
Mitarbeiter. Beispiele nutzungsoffener AWS sind Kommunikations- und Kooperationssyste-
me (z.B. Skype, Lotus Notes etc.), typische Office-Software (z.B. Textverarbeitung und Ta-
bellenkalkulation), sowie eine breite Palette an, insbesondere neueren Internet-basierten
Werkzeugen zur Informationsspeicherung und -verarbeitung (z.B. Dropbox oder Evernote).
Als Beispiel soll im weiteren Social Software dienen, die im weitesten Sinne zur Unterstüt-
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zung der sozialen Interaktion von Mitarbeitern eingesetzt wird. Da jedoch Zweck und Inhalt
der Interaktion offen sind, bestehen vielfältige Möglichkeiten der Aneignung durch die Mitar-
beiter, so dass je nach Kontext ganz unterschiedliche, interaktionsbasierte Arbeitspraktiken
entstehen. Social Software wird beispielsweise zur Problemlösung, Informationsteilung, Auf-
gabenkoordination, Wissensklassifikation oder auch für das Projektmanagement verwendet
(vgl. hierzu Riemer et al. 2010).
3. Nutzungsoffene Anwendungssoftware in der Theorie
Nutzungsoffenheit als Merkmal von AWS stellt die Anwendbarkeit einer Anzahl bestehender
Theorien wie beispielsweise die weithin bekannten Adoptionstheorien „Technology Accep-
tance Model (TAM) (Davis 1989) und „Unified Theory of Acceptance and Use of Technolo-
gy (UTAUT) (Venkatesh et al. 2003) in Frage. Im Kern modellieren diese Theorien die Adop-
tion neuer Technologien am Arbeitsplatz als individuelle Entscheidung zur Nutzung eines
neuen IT-Artefakts (Bagozzi 2007). Dabei steht das „Ob“ im Vordergrund (findet Adoption
statt?), nicht aber das „Wie“ (was passiert bei der Adoption?). Dieser Entscheidung zur Nut-
zung oder Nicht-Nutzung liegt, neben anderen Variablen, insbesondere die Wahrnehmung des
Individuums bezüglich der Nützlichkeit des Artefakts für das eigene Aufgabengefüge zugrun-
de. Typischerweise werden Daten in solchen Studien vor der Adoption erhoben; entsprechend
ist die abhängige Variable als Nutzungsintention modelliert.
Mit Blick auf die Klasse nutzungsoffener AWS ergibt sich nun das Problem, dass sich deren
Nützlichkeit und potentielle Rolle im Rahmen der eigenen Arbeitspraktik aufgrund des feh-
lenden, unmittelbaren Zweckbezugs a priori nur schwer erkennen und abschätzen lässt. Diese
Möglichkeit ist in den bestehenden Theorien nicht berücksichtigt, bzw. es ist eine wesentliche
Grundannahme verletzt. Damit sind diese Theorien im Kern nicht geeignet die Adoption nut-
zungsoffener AWS zu erklären. Die Validität von Studien, die auf den Theorien aufbauen,
z.B. zur Adoption von Social Software am Arbeitsplatz, darf bezweifelt werden.
Um ein tiefgreifendes Verständnis für die Akzeptanz von nutzungsoffener AWS zu entwi-
ckeln bedarf es daher einer anderen Vorgehensweise. Akzeptanz sollte nicht als individuelle
Entscheidung bezüglich eines wohl-verstandenen Artefakts, sondern als sozialer Prozess der
Aneignung modelliert werden, bei der die Software im Kontext der jeweiligen Arbeitsprakti-
ken interpretiert und ein Platz für diese geschaffen wird (Riemer und Johnston 2012).
Aneignung (Englisch: appropriation) kann allgemein verstanden werden als “the way in
which technologies are adopted, adapted and incorporated into working practice. […] Appro-
priation relies on flexibility in both practice and technology” (Dourish 2003, 5). Aneignung ist
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als Prozess zu verstehen, da die Nutzer mit der neuen Technologie praktische Erfahrung
sammeln und mit der Zeit einen Platz innerhalb der eigenen Arbeitspraktiken schaffen müs-
sen. Dieser Prozess ist dabei immer ein sozialer Prozess, da die Arbeitspraktiken per Definiti-
on immer soziale Praktiken sind, die geteilt und sozial verhandelt werden (Schatzki 2010).
Somit wird auch der Einsatz der neuen AWS sozial verhandelt. Der Begriff der Aneignung
macht dabei deutlich, dass sich die Nutzer die AWS kollektiv zu Eigen machen müssen (Rie-
mer et al. 2012). Es bedarf also der Entwicklung neuartiger Prozess-Theorien zur Technolo-
gieakzeptanz, die diesem Phänomen der Aneignung nutzungsoffener AWS gerecht werden.
Dies setzt neben einem hinreichenden Verständnis für technologische Entwicklungen auch
Methoden voraus, mit denen die sozialen Praktiken der angestrebten Anwender zu untersu-
chen sind und spricht für ein interdisziplinäres Vorgehen.
4. Nutzungsoffene Anwendungssoftware in der Praxis
Nutzungsoffene AWS wird im Allgemeinen nicht für klar definierte Nutzungsszenarien in-
nerhalb eines bestimmten Geschäftsprozesses entwickelt und kann nicht über ihre Funktiona-
litäten verstanden werden. Ihr Nutzen zeigt sich vielmehr erst, wenn sie ihren Platz in den
Praktiken und dem Arbeitsalltag der Anwender gefunden hat. Aus diesem Grund wird ein
aktives Aneignen notwendig, bei dem Experimentieren und regelmäßiges Reflektieren über
die Anwendungsszenarien eine wichtige Rolle spielen. Da die AWS die Nutzung nicht vor-
gibt, wird es notwendig, dass die Anwender deren Potentiale vor dem Hintergrund der eige-
nen Arbeitspraktiken entdecken und auf diese Weise einen Platz für die Software innerhalb
des bestehenden Werkzeuggefüges schaffen. Jedoch ist dieser Aneignungsprozess nicht hin-
sichtlich eines zu erreichenden Endzustandes planbar. Aus diesem Grund ist bei der Planung
und Einführung und bei der Erfolgsmessung nutzungsoffener AWS ein Umdenken notwendig.
Planung: Szenariobasiert
Da die Auswahl nutzungsoffener AWS aus den angeführten Gründen nicht auf einer traditio-
nellen Analyse von Aufgabenanforderungen basieren kann, sollte vielmehr auf eine Szenario-
Analyse zurückgegriffen werden. Durch Szenarien können potentielle Ziele und der damit
verbundene Nutzen der Software konkretisiert und gewichtet werden und sie ermöglichen es
somit Prioritäten zu setzen. Soll eine Social Software beispielsweise als Diskussionsforum
genutzt werden ist es sinnvoll zu bewerten, ob entsprechende Produkte auch alle damit ver-
bundenen Praktiken abbilden können (vgl. Richter et al. 2012).
Bitte zitieren als: Richter A, Riemer K (2013): Nutzungsoffene Anwendungssoftware.
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Einführung: Iterativ
Die Einführung findet idealerweise als dynamischer, ergebnisoffener und vor allem freiwilli-
ger Prozess statt und nicht stark fokussiert auf eine bestimmte Veränderung. Dies steht im
Widerspruch zu generellen betrieblichen Praktiken, die vor jedes neue Einführungsprojekt ein
konkretes, möglichst messbares Ziel stellen. Das heißt jedoch nicht, dass sich der Aneig-
nungsprozess der Anwender nicht unterstützen ließe. Beispielsweise lassen sich, aufbauend
auf guten Beispielen aus anderen Unternehmen, gemeinsam konkrete Nutzungsmöglichkeiten
entwickeln oder abstimmen. Dabei kann und sollte es sich um einen iterativen Prozess han-
deln, in dem sich die Anwender das Potential der AWS im Rahmen ihrer Arbeitspraktiken
Schritt für Schritt erschließen, nach und nach weitere bisher unbekannte Nutzungsmöglichkei-
ten identifizieren und diese mit anderen Nutzern teilen. Bei diesem diskursiven Vorgehen
muss zwischen einem möglichst hohen Grad an Flexibilität und der Notwendigkeit zur Kon-
vergenz von Nutzungsweisen abgewogen werden. Beispielsweise ist es möglich Richtlinien
zu erarbeiten die einen Rahmen für die Softwarenutzung vorgeben und trotzdem ausreichend
Freiraum für neue Nutzungsweisen zu geben. Gleichzeitig sollten verschiedene, parallel ein-
gesetzte nutzungsoffene AWS voneinander abgegrenzt werden, indem die Anwender für die
neue Software angemessene Nutzungsformen finden. Dieser Aushandlungsprozess kann nur
schlecht von außen vorgegeben werden und sollte innerhalb eines Unternehmens beispiels-
weise in Workshops mit Anwendern und Product-Ownern moderiert werden. Dabei sehen
sich sowohl Anwender wie auch das Management mit der Ungewissheit konfrontiert, nicht zu
wissen welcher konkrete Nutzen sich schlussendlich ergeben wird. Gleichzeitig liegt das Ri-
siko darin, dass die Anwender unter Umständen keinen unmittelbaren Nutzen in der Software
erkennen, gleichzeitig aber im Alltagsgeschäft die notwendige Zeit fehlt, mit der Software zu
experimentieren und so neue Arbeitspraktiken zu explorieren.
Erfolgsmessung: Von Fall zu Fall
Auch die Messung von Nutzung und Nutzen nutzungsoffener AWS ist aufgrund der fehlen-
den Einordnung in einen Geschäftsprozess schwierig. Daher sollte die Bewertung immer vor
dem Hintergrund eines spezifischen Anwendungskontextes stattfinden. Beispielsweise stellt
es einen wesentlichen Unterschied dar, ob die Zusammenarbeit eines Teams an Dokumenten
oder eine unternehmensweite Community zum Erfahrungsaustausch untersucht werden soll.
Für beide Kontexte lässt sich nach und nach aufgrund konkreter Erfahrungswerte erheben,
wie viel Doppelarbeit sich beispielsweise durch den Erfahrungsaustausch einsparen lässt und
wie intensiv die Nutzung der Software dabei war.
Bitte zitieren als: Richter A, Riemer K (2013): Nutzungsoffene Anwendungssoftware.
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Die folgende Tabelle fasst die im Beitrag genannten grundlegenden Charakteristika zweckge-
bundener und nutzungsoffener AWS und der sich daraus ergebenden Implikationen zusam-
men.
Tabelle 1: Abgrenzung verschiedener Anwendungssoftware
Zweckgebunden
Nutzungsoffen
Charakteristika
Zielsetzung
Problemlösung
Potentiale schaffen
Nutzenfokus
Spezifisch
Vielfältig
Einsatz
Im Kontext eines Geschäftspro-
zesses
Nicht eingrenzbar
Implikationen
Einführung
Geleitet, vorgeschrieben, linear
Offen, explorativ, dynamisch
Managementansatz
Change Management
Kontextsteuerung
Diffusion
Top down
Bottom up
Adoption
Vorgeschrieben
Freiwillig
Risiko
Anwender sehen Software in
Konflikt mit der Arbeitspraktik
(Reaktanz)
Anwender finden keinen prak-
tischen Nutzen für die Soft-
ware
5. Fazit
Im vorliegenden Beitrag wurde eine bestimmte Klasse von Anwendungssoftware charakteri-
siert und theoretische und praktische Implikationen, für deren Planung, Einführung und Eva-
luation diskutiert. Hierfür wurden zunächst die besonderen Charakteristika der Nutzungsof-
fenheit erläutert und von zweckgebundener Anwendungssoftware abgegrenzt. Dabei wurde
erläutert, dass nutzungsoffene AWS eine große Bandbreite von Nutzungspraktiken im betrieb-
lichen Umfeld unterstützen können und dabei nicht mit einem oder mehreren Geschäftspro-
zessen verbunden sind. Es wurde auf wesentliche Implikationen für die Praxis hingewiesen,
beispielsweise dass aufgrund des a priori fehlenden Zweckbezuges die Einführung als ergeb-
nisoffener Prozess stattfinden sollte, in dem das Management nur die Rolle der Kontextsteue-
rung übernimmt. Nutzungsoffene AWS stellt somit einerseits etablierte Theorien der Wirt-
schaftsinformatik in Frage und erfordert andererseits ein Umdenken beim Management der
Planung, Einführung und Erfolgsmessung. Mit dem vermehrten Einsatz von Social Software
verschiedenster Art in und zwischen Unternehmen gewinnen diese Themen zunehmend an
Bedeutung. Dies stellt die Wirtschaftsinformatik vor die Herausforderung geeignete Theorien
und Managementansätze zu entwickeln.
Bitte zitieren als: Richter A, Riemer K (2013): Nutzungsoffene Anwendungssoftware.
WIRTSCHAFTINFORMATIK. 3/2013. doi: 10.1007/s11576-013-0359-1.
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