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Fritz Krafft: Apothekenerker von Lemgo: Künstlerisches Zeugnis für ein Reformprogramm der Pharmazie.

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Fritz Krafft:
Apothekenerker von Lemgo (1611/12)
Künstlerisches Zeugnis für ein Reformprogramm der Pharmazie
(Dr. Ursula Schmitz, der vielfältigen Förderin der Pharmaziegeschichte,
zum 80. Geburtstag gewidmet.)
Erschienen (ohne Literatur und Anmerkungen) in:
Pharmazeutische Zeitung
147 (2002), 2860–2865
(Heft Nr. 28, 44–49)
Preprint
(Nicht überall identisch mit der zudem gekürzten Druckfassung;
diese auch unter URL
<http://www.pharmazeutische-zeitung.de/> [Archiv / 2002 / 28])
- 1 -
Der Apotheken-Standerker in Lemgo stellt ein einzigartiges Kunstdenkmal aus der Geschichte der
Pharmazie der Frühen Neuzeitn dar. Zudem legt er Zeugnis ab für das 1609 erstellte Programm
einer neuen Medizin und Pharmazie, das zwischen tradierten, auf der Humoralpathologie beruhenden
und neuartigen, auf der paracelsisch-crollschen Chymiatrie basierenden Inhalten vermitteln und beide
zusammenführen sollte.
Lemgo, die alte, seit 1532 lutherische Hansestadt nördlich von Detmold in der ehe-
maligen Reichsgrafschaft Lippe, birgt eine weitgehend intakte Altstadtbebauung aus
ihrer Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert mit vielen Zeugnissen der sog. Weserre-
naissance. Zu deren eindrucksvollsten Profanbauten gehört der Rathaus-Komplex an
der Ostseite des Marktplatzes. Im Nordteil seines um 1480 marktseitig angebauten
gotischen Saalbaus ist seit 1559 die Rats-Apotheke untergebracht, bis 1623 die einzige
öffentliche Apotheke der gesamten Grafschaft. In den Jahren 1611/12 erfuhr diese
Apotheke Umbauten und Erweiterungen, zu denen auch ein prunkvoller zweige-
schossiger Standerker mit prächtigem Giebel und Figurenfries auf der Marktseite
gehört, eine sog. Auslucht (niederdeutsch: Utlucht).
„Wanderer, kommst Du nach Sparta, verkündige dorten, Du habest / uns hier liegen
gesehn…“ diese Worte aus Friedrich Schillers Übersetzung der Grabinschrift des Si-
monides an den Thermopylen kamen dem Autor sofort in den Sinn, als er zu Beginn
des Jahres 1998 erstmals vor der im schräg einfallenden Nachmittags-Sonnenlicht ho-
niggelb erstrahlenden Auslucht stand, über sich zehn in Stein gehauene, in Form eines
zwischen den beiden Stockwerken umlaufenden Frieses angeordnete, ausdrucksvolle
Porträts, die durch die Kühnheit der Darstellung und die Auswahl der Personen glei-
chermaßen von dem Stolz und dem Selbstbewusstsein des Apothekers nden, der ihn
einst errichtete. Denn nur ein solcher, mitten im Geschehen der durch die Jahreszahl
1612 im Giebelfeld bestimmten Umbruchzeit stehender Fachmann konnte dafür ver-
antwortlich gewesen sein. Später habe ich dann versucht, den Pentameter der Inschrift
auf die Situation bezogen umzudichten zu:
Wanderer, kommst Du zurück in die Heimat, verkündige dorten,
Du habest am Fries uns gesehn, Ehr’ dem Metier zu verschaff'n.
Die Grabinschrift besagt, dass der Tod der Spartaner, die sich im Jahre 480 vor
Christus an der Pforte nach Griechenland und damit ins Abendland einer persischen
(asiatischen) Übermacht entgegengestellt hatten, nur durch die von ihr eingeforderte
Erinnerung an sie in den Köpfen der Nachgeborenen zu Hause, in der durch ihren
Einsatz bewahrten Heimat Sparta, einen Sinn erhält. Ebenso scheinen die in der pro-
grammatischen Aussage des Apotheken-Erkers verkörperten Gelehrten (und das sind
keineswegs ausschließlich Ärzte, wie die von der Medizingeschichte geprägte und von
der Pharmaziegeschichte unreflektiert übernommene Bezeichnung ‚Ärztefries‘ sugge-
riert) zu fordern, dass man sich in dem Bereich, der nur durch das Zusammenwirken
ihrer Werke entstehen konnte und den sie einst vor unsachgemäßen und schädlichen
1 Der Beitrag beruht im wesentlichen auf den Forschungsergebnissen, die niedergelegt
wurden in Krafft 1999 [13]. Hierauf sei für Details ausdrücklich verwiesen; zur Lemgoer
Apotheke und ihrem Apotheker siehe darüber hinaus vor allem Meyer-von Froreich 1979
[21], mit Abbildungen, zum Lemgoer Rathaus Kreft / Soenke 1986 [15], 294–296 mit
Tafeln 189–196, O Gaul / U.-D. Korn 1983 [9], 501. – Die in eckigen Klammern hinter
das Erscheinungsjahr gesetzten Zahlen verweisen auf das Literaturverzeichnis am Ende
des Beitrags.
2 Gaul 1954 [7] sowie 1962 [8] für die Reliefs aus rotem Sandstein.
3
Meier 1951 [17], 1958 [18] und 1961 [19].
4 Gaul 1962 [8] für die Reliefs aus weißem Sandstein, Meier-Lemgo 1963 [20], 186/188.
5 Ausdrücklich zustimmend u. a. die Standardwerke Kreft / Soenke 1986 [15], 296, Kastler
1990 [11], 85; unbestimmt etwa neuerdings Meier-Lemgo 1963 [20], 182 f., und Schwedt
1989 [25].
6 Weserrenaissance-Museums 1993 [26], (9).
- 2 -
Einflüssen bewahrten, in der neuzeitlichen, sowohl naturwissenschaftlich als auch
patientenorientiert ausgerichteten Kunst der Arzneibereitung und deren Abgabe, ihrer
stets erinnert. Dem soll der folgende Beitrag dienen
1
.
Die Erbauer
Die Datierung des Erkers und sein künstlerischer Urheber scheinen festzuliegen. Der
Giebel trägt die Jahreszahl 1612 und im Inneren der Apotheke eine Kaminklappe die
Jahreszahl 1611 und das Meisterzeichen des Lemgoer Steinmetzes Georg Crossmann
(Crosmann, gest. 1612). Obgleich dieses Zeichen am Erker selbst fehlt, galt der Sohn
des Lemgoer Steinbruchbesitzers und Steinhauers Ludolf Crossmann lange Zeit un-
umstritten auch als Erbauer der Auslucht.
Seit den 1950er Jahren wird ihm aber dieses Werk abgesprochen. Die Ausführung
soll seine künstlerischen Fähigkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten überschreiten, für
die seine relativ flachen und plakativen Reliefs der Freien Künste von 1589/91 zum
Maßstab genommen wurden. Die Lemgoer Kunsthistoriker Otto Gaul
2
und Karl
Meier(-Lemgo)
3
schlugen daraufhin an seiner Stelle die Lemgoer Steinmetzmeister Va-
ter und Sohn Hermann beziehungsweise Johann Roleff vor; später gingen sie noch
weiter und benannten einen der aus Hildesheim stammenden Brüder Hans und Jonas
Wolf als Urheber des Erkerfrieses
4
, und dieser Meinung schloss man sich weitgehend
an
5
. So heißt es in dem offiziellen Lemgo-Stadtführer von 1993 zum Erker
6
: „... erbaut
von Hermann und Johann Roleff. Die Mehrzahl der Porträts werden den Brüdern
Hans und Jonas Wolff zugeschrieben.“
7 Die erhaltenen Werke G. Crossmanns sind zusammengestellt bei Krafft 1999 [13], 80–83,
besonders Anm. 24.
- 3 -
Wenn aber so viele Hände nach und nach an dem Bauwerk mitgewirkt hätten,
wäre der Erker notwendig das Produkt des {/
45
} Zufalls einander willkürlich mit neuen
Ideen ablösender Steinmetze. Mir hingegen scheint er künstlerisches Monument eines
in sich schlüssigen neuen Programms der Medizin und Pharmazie zu sein. Das setzte
aber einen einheitlichen Plan voraus, der seinerseits zum einen das Wissen eines
Insiders, zum anderen einen erfahrenen und bewährten Steinmetzen und Bildhauer
erforderte, der graphische Vorlagen in steinerne Hochreliefs umzusetzen vermochte.
Einen solchen stellt aber der für die inneren Ausbauten der Apotheke für 1611 be-
zeugte Georg Crossmann dar
7
. Immerhin schuf er unter anderem 1587 das Epitaph
des Obristen Moritz von Donop (gestorben 1585) in der Lemgoer Nikolai-Kirche
nach einer Holzschnittvorlage des ‚Gesetz und Gnade-Schemas‘ aus weißem Obern-
kirchener Sandstein sowie die aus dem gleichen Material bestehende Taufe von 1597,
ebenfalls in der Nikolai-Kirche.
Crossmann war nach seiner Lehre in Lemgo und Gesellenzeit in Rostock 1585 in
den väterlichen Betrieb eingestiegen und hatte unter anderem bereits in den Jahren
1588 bis 1591 maßgeblich an der Ausgestaltung der Rathauserweiterung mitgewirkt.
Hier stammt von ihm beispielsweise eindeutig die neue Ratsstube am Südende der
Marktfront mit ihrem doppelgiebeligen erkerförmigen Vorbau, der 1589 fertiggestellt
wurde (die Relieftafel mit der Justitia über dem mittleren Erkerpfeiler schuf er 1593).
Ebenso eindeutig stammt von ihm aber auch die im Anschluss daran 1589 bis 1591
durchgeführte Neugestaltung des Nordgiebels des Rathaus-Kernbaus mit seinen
schlanken Fenstern und vor allem dem erkerförmigen Aufbau über der laubenartigen
Vorhalle mit reichverziertem Giebel und einer Brüstung mit den bereits erwähnten
Reliefs der sieben Freien Künste nach graphischen Vorlagen.
Den Ausgangspunkt für die Skepsis hatte der Figurenfries der Auslucht gebildet.
Die ausdrucksstarken Porttreliefs hat man Crossmann nicht zugetraut. Nun ist aber
gerade der stilistische Übergang von der strengen Renaissance des Frieses der sieben
Freien Künste und der frühbarocken Dynamik und Ornamentik des Apothekenerkers
durch andere Werke Crossmanns dokumentiert, vor allem durch die Markfassade des
Rathauses von Hannoversch-Münden, deren Erneuerung ihm 1603 übertragen wurde
und deren prunkvolles Portal sein Meisterzeichen trägt. Obwohl die Arbeiten sich bis
1619 hinzogen, war er schon 1609 nach Lemgo zurückgekehrt, und hier sind dann
auch seitdem wieder Arbeiten von ihm bezeugt. – Die künstlerische Ausdrucksfähig-
keit spräche also keineswegs gegen Crossmann als Urheber.
8 Meier 1958 [18], 129.
9 Gaul 1962 [8], 2.
10 Bergner 1906 [2], Bd 2, S. 611.
- 4 -
Die Hildesheimerr Bilderfolge
Bei den 1961 begonnenen Restaurierungsarbeiten am Erker hatte sich herausgestellt,
dass nur zwei der Brüstungsfelder des Frieses aus demselben heimischen roten Sand-
stein gehauen worden waren wie die übrige Auslucht, nämlich an der Frontseite das
zweite von links mit „Claudius Galenus“ und das zweite von rechts mit „R[aimundus]
Lullus Hispanus“. Die anderen acht bestehen aus weißem Oberkirchener Sandstein.
Dieser „auswärtige“ Stein war es dann gewesen, der Gaul veranlasste, auch nach einem
„auswärtigen“ Steinmetzen zu suchen, der ihn mitgebracht hätte. Auf einen der Hildes-
heimer Bder schloss er, weil sie erstens beim Landesherrn des Oberkirchener Stein-
bruchs, dem kunstverständigen Schwager des in Brake residierenden Grafen Simon,
Graf Ernst von Schauenburg, auf Schloss Bückeburg tätig gewesen waren (wenn auch
nicht zu der fraglichen Zeit) und es zweitens in Hildesheim das einzige vergleichbare
Beispiel gegeben habe.
Er beruft sich dazu auf Karl Meier, der 1958 geschrieben hatte
8
: „Diese Bilderfolge
[des Lemgoer Frieses] kommt meines Wissens sonst nirgends vor. Eine ähnliche, aber
nur in drei Personen mit der Lemgoer übereinstimmend, gab es in Hildesheim an dem
im Jahre 1611 von einem Arzte Middendorp erbauten Hause“, das leider 1945 durch
Kriegseinwirkungen zerstört wurde. Gaul lässt die Einschränkung auf drei Personen
weg, erfindet einen Erker, der wie in Lemgo den Bilderzyklus getragen haben soll, und
argumentiert
9
: „Nun hat Dr. Karl Meier darauf hingewiesen, daß das einzige ver-
gleichbare Beispiel einer Bilderfolge von Naturforschern und Ärzten sich gerade in
Hildesheim an einem Fachwerk-Erker von 1611 befand...“
In der von Meier für seine Angaben genannten Quelle aus dem Jahre 1906 geht es
aber nur ganz generell um Bilderzyklen
10
: „Den Helden des Schwertes finden wir [in
ihnen] schon im frühen M[ittel]a[lter] eine Aristokratie des Geistes gegenübergestellt,
die Weltweisen und Sibyllen, die sich mehrfach den Aposteln und Propheten zuge-
sellen. […] Daneben begegnen auch Ansätze zu einer Reihe von Dichtern, auf der Hal-
berstädter Schüssel z[um] B[eispiel] Plato, Ovid, Virgil und Juvenal, und ein Zyklus
großer Ärzte ist am Haus Middendorp 1611 in Hildesheim dargestellt, jeder mit einer
Heilpflanze: Hippokrates, Galenus, Dioscorides, Machaon, Chiron, Apollo, Aeskulap
und Asklepiades.“
Die einzige Übereinstimmung wäre also Dioskurides mit einer Heilpflanze, da-
neben als Personen Hippokrates und Galenos. Ohne die Schriften dieser drei großen
- 5 -
Der prunkvolle zweige-
schossige Standerker an der
Rats-Apotheke in Lemgo
wurde 1611/12 errichtet.
Ärzte der Antike ist aber auch die Medizin des frühen 17. Jahrhunderts nicht denkbar.
Auf der Nennung dieser drei kann also keine Abhängigkeit aufgebaut werden. Und die
übrigen vier sind mythische, heroische und göttliche Ärzte der Griechen. Der ganze
Zyklus stammt aus einem völlig anderen, für den Renaissance-Humanismus typischen
Zusammenhang. Eigenartig wäre bei einer Abhängigkeit auch gewesen, dass in Lemgo
neben Dioskurides ausgerechnet der einzige Nicht-Arzt, Raimundus Lullus, eine Heil-
pflanze vor sich hält. Die Blumen müssen auch keine Heilpflanzen gewesen sein; denn
im 16. und 17. Jahrhundert war es üblich, jeden Gelehrten mit einem Buch und/oder
einer Blume darzustellen.
11 Fußnote von G. E. Dann zum nachgelieferten Titelkupfer der ‚Basilica chymica‘ bei
Schröder 1960 [24], 25.
12 Siehe etwa Kreft / Soenke 1986 [15], 296; Weserrenaissance-Museum 1993 [26], (9).
13 Siehe auch das Fazit bei Gaul / Korn 1983 [9], 509 f., die allerdings noch davon ausgin-
gen, dass die Apotheken-Auslucht nicht von G. Crossmann stammt, also den Bezug zu
seinem Steinbruch nicht herstellten.
- 6 -
Die Abhängigkeit des Lemgoer Frieses von diesen Ärztedarstellungen in Hildes-
heim ist nun nicht nur unwahrscheinlich, sondern wurde durch den Nachweis der Vor-
lage für wenigstens vier der Porträts
11
aus ganz anderem Zusammenhang regelrecht
widerlegt. Dennoch schließen sich der Schlussfolgerung Otto Gauls mehr oder weni-
ger umfassend die nachfolgende kunsthistorische und pharmaziehistorische Literatur
sowie die Reiseführer an, ohne in der Regel jedoch die Argumente zu prüfen oder auch
nur zu nennen oder gar zu kennen; denn sie wiederholen Gauls Schlussfolgerung
und weisen seit den frühen 1960er Jahren gleichzeitig auf die nachweisliche Vorlage
hin, die die Argumentation der Schlussfolgerung eindeutig widerlegt
12
.
Gauls Argumentationskette, die von dem weißen Sandstein als Werkstoff von acht
der Brüstungsfelder ihren Ausgang nahm, dessen Nutzung aufgrund der Beziehungen
der Bder Wolf zum Landesherrn des Obernkirchener Steinbruchs zustande gekom-
men sein soll, bricht vollends zusammen, wenn man bedenkt, dass der recht witte-
rungsbeständige weiße Obernkirchener Sandstein vom Nordwesthang der Bückeberge
zur damaligen Zeit ein sehr begehrter Baustoff gewesen ist, der von weit her ange-
fordert wurde. Aus ihm bestehen aus derselben Zeit etwa die Renaissance-Umbauten
am Bremer Rathaus (1608 bis 1612), und in Kopenhagen wurden Schloss Rosenborg
{/
46
} (1610 bis 1626) und die Börse (1619 bis 1640) daraus errichtet; auch am Kölner
Dom wurde er verwendet. Selbst in Lemgo wurde er schon vor Crossmann von den
Steinmetzen benutzt. Geschätzt war er wegen seiner Härte besonders für feinteilige
Reliefdarstellungen; so hat ihn Crossmann ausnahmsweise auch selber für das Epitaph
des Obristen Moritz von Donop aus dem Jahre 1587 und die große Taufe in der Ni-
kolaikirche aus dem Jahre 1597 verwendet, die beide einer Betrachtung aus großer
Nähe standhalten mussten. Seine Benutzung in Lemgo muss also nicht an eine Person
gebunden gewesen sein, die ihn aus ihrer Heimat gekannt hätte.
Andererseits ist am Rathaus als Werkstein fast ausschließlich roter Sandstein ver-
wendet worden. Während sich jedoch der Sandstein der älteren hoch- und spätgoti-
schen Bauteile bis heute als „gut haltbar“ erwies, sind an den zwischen 1588 und 1612
entstandenen Bauteilen erhebliche Verwitterungsschäden aufgetreten, die zu Zerstö-
rungen führten und umfangreiche Erneuerungen erforderlich machten
13
. So sind so-
wohl der Ratsherrenstuben-Erker als auch der Giebel der Apotheken-Auslucht im 19.
Jahrhundert einmal eingestürzt. Es hat den Anschein, dass das Baumaterial der Jahre
1588 bis 1612 aus ein und demselben Steinbruch stammte, wobei aber besondere
- 7 -
Gründe dafür vorgelegen haben müssen, diesen offensichtlich schon damals als min-
derwertiger erkannten Sandstein zu verwenden – und nur solange zu verwenden, wie
Georg Crossmann die Bauausführung oblag. Diese besonderen Gründe müssen also
in seiner Person liegen; und dazu bietet sich dann sofort der im Familienbesitz befind-
liche Steinbruch vor den Türen Lemgos an. Crossmann hat jedenfalls bis zu seinem
Tode wie sein Vater mit wenigen Ausnahmen diesen roten Sandstein verwendet. Und
das ist dann umgekehrt sogar ein positives Indiz dafür, dass auch die Apothekenaus-
lucht von ihm stammt jedenfalls weitgehend, nämlich bis auf die acht Brüstungs-
figuren aus weißem Sandstein.
Die Porträts an der Vorderseite des Erkers zeigen Rhases, Galenos und Hippokrates, Hermes
Trismegistos, Lullus Hispanus und Geber Arabs (von links).
Der Fries und seine Porträts
Der Fries des Lemgoer Apothekenerkers übernimmt als bis ins Detail getreue Bild-
zitate insgesamt vier der Porträtmedaillons von Aegidius Sadelers Titelkupferstich zu
Oswald Crolls Werk „Basilica chymica“ von 1609. Es sind entgegen aller Tradition des
Renaissance-Humanismus (was schon einen Einfluss des Hildesheimer Bilderzyklus
von vornherein ausschließt) neben Paracelsus und Hermes Trismegistos ein mittelal-
terlicher und ein arabischer Vorkämpfer der neuen Chymiatrie, Lullus (wie wir sehen
werden, vielmehr Roger Bacon) und Geber die drei letzteren nehmen die rechte
Hälfte der Vorderfront ein.
Links davon stehen dann die drei großen Vertreter der traditionellen, humoralpa-
thologischen Schulmedizin Hippokrates und Galenos sowie als ihr Vermittler an das
Abendland der arabische Arzt Rhases. Ergänzt wird diese Reihe an der linken Seiten-
front durch die antiken Begründer von Pharmazie und Naturwissenschaft, Dioskurides
und Aristoteles, während an der rechten Seite die Begründer moderner, neuartiger Seh-
weisen aus der unmittelbaren Vergangenheit folgen, Andreas Vesalius und Paracelsus.
Alle Porträts sind einheitlich in eine Rundnische gesetzt, die unten von einer
Brüstung, einer Art Fensterbank, links und rechts von einer ule und oben von einem
14 Jedenfalls lässt der Sinnspruch sich in dieser Form belegen bei Jean-Jacques Boissard:
Emblematum liber. Frankfurt am Main 1593, p. 74 f.; siehe Krafft 1999 [13], 113 f.
- 8 -
An der rechten Seite des
Frieses sind Andreas Vesa-
lius und Paracelsus
ange-
ordnet.
durch sie getragenen Bogen begrenzt ist. Die beigegebenen Sinnsprüche und Attribute
sind im Falle der Übernahme aus Sadelers Kupferstich ebenfalls getreue Umsetzungen
in das Steinrelief. Von links beginnend sind dargestellt:
„PEDANIUS DIOSCORIDES“, der mit der Rechten ein Kraut vor seine Brust hält
und die Linke auf ein Buch legt; der zu einem elegischen Distichon geformte Sinn-
spruch lautet in deutscher Übersetzung: „Löblich ist es für den Arzt, der Kräuter
Arten und erprobten Nutzen zu kennen, doch ist hierfür Dioskurides die Siegespalme
zu geben.“
„ARISTOTELES“ mit phrygischer Mütze, mit der Rechten dozierend, während die
Linke mit einem Zirkel auf einem Himmelsglobus Entfernungen abgreift. Ein
Sinnspruch fehlt.
„RHASES“, der mit beiden Händen ein Buch aufschlägt; der Sinnspruch lautet: „Seid
ruhig und enthaltsam.“
„CLAVDIVS GALENVS“ mit einem Buch in den Händen; der Sinnspruch lautet:
„VOLVPTATES VSVRAE MORBI“ vermutlich soll es heißen: ‚voluptatis...‘:
„Krankheiten sind der Wollust Preis“
14
.
„HIPPOCRATES“, mit beiden Händen die Seiten eines aufgeschlagenen Buches dem
Betrachter entgegenhaltend, auf denen geschrieben steht: ΤΟ ΘΕΥΚΟΣ ΤΟ ΘΕΙ-
ΟΝ, das etwa mit „Das Buch, das göttliche“ übersetzt wird.
„HERMES TRISMEGISTOS ÆGYPT[us]“, mit der rechten ein Pergamentblatt mit
dem stets mit Hermes verbundenen Sinnspruch „Das Obere ist wie das Untere“
(„quod est svperivs est sicvt id quod inferivs“) haltend; über der hochgehaltenen
- 9 -
Linken findet sich in der Nischenlaibung als Attribut ein aus Flammen aufsteigender
Phönix. {/
47
}
„R[aimundus] LULLUS HISPANUS“, eine Blume vor sich haltend, mit den beiden
Attributen auf Sadelers Kupferstich (Hexagramm und von einem Löwen angefallener
Drache) in der Nischenlaibung; der Sinnspruch in Minuskelschrift: „Mit dem Feuer
söhnt sich schließlich auch das Wasser aus“ (dazu siehe unten).
„GEBER ARABS“, in der Rechten eine Buchrolle, darüber in der Laibung als Attribut
ein Pelikan, der sich die Brust aufgerissen hat, um die Jungen mit seinem Blut zu
stillen; der Sinnspruch lautet: „In der Sonne und im Salz ist alles der Natur enthalten“.
„ANDREAS VESALIVS“, als Wiedergabe des Titelholzschnitts von Jan Stefan von
Calcar zu De Humani corporis fabrica‘ den Arm einer von rechts in das Relief hinein-
ragenden langhaarigen Person palpierend (nicht sezierend, wie in der Vorlage), ergänzt
durch ein Buch und medizinische Instrumente unten auf der Brüstung und den Sinn-
spruch: „C[i]TIUS IUCUNDE TUTO“ („Schneller, angenehm und sicher“ [zu hei-
len, ist die Aufgabe des Arztes]).
„TH[eophrastus] PARACELSVS GERMANVS“ in der Form des von Sadeler (Croll)
durch Attribute und Sinnspruch erweiterten Porträtstichs von Augustin Hirschvogel
(1540). Allerdings ist von den Attributen nur die Tagseite (links) übernommen: Sonne,
darunter eine Ansiedlung im Kreis. Die Nachtseite (Mond, darunter Wasserfläche mit
Seeungeheuer im Kreis) fehlt der gesamte Paracelsus-Block ist schmäler als die ande-
ren und lässt rechts von Paracelsus selbst keinen Platz – und damit auch die bei Sade-
ler / Croll beabsichtigte Andeutung der Conjunctio, der Vereinigung von Sonne
(Gold, Männlich) und Mond (Silber, Weiblich). Der Sinnspruch ist wieder vom
Kupferstich übernommen: „Scheidet und überführt zur Reife“ („separate et ad ma-
turitatem perdvcite“).
Grafische Vorlagen
Schon bei seiner ersten Erwähnung in der medizinischen und pharmazeutischen Lite-
ratur war 1913 vermutet worden, dass die Porträts des Frieses nach grafischen Vor-
lagen geschaffen wurden. Arnold C. Klebs fand diese auch schon für den Vesalius im
Titelkupfer der ‚Fabrica‘ und für den Paracelsus in dem Stich von Hirschvogel (oder
einer Kopie davon). Georg Edmund Dann konnte 1960 vier der Porträts auf dem
Titelkupfer des Prager Hofstechers Ae. Sadeler zu der 1609 postum erschienenen Ba-
silica chymica von Oswald Croll identifizieren, nämlich die Medaillons in den vier Ecken:
Hermes Trismegistos, Geber, Lullus und Paracelsus (nicht übernommen wurden der
legendäre Morienes Romanus und Rog[erus] Bacchon Anglus). Dass die vier Porträts
im Apothekenfries nach diesem in den zahlreichen folgenden Auflagen und Überset-
15 Siehe die Bibliographie in Kühlmann / Telle 1996 [16].
- 10 -
Titelkupfer der Basilica chy-
mica von Oswald Croll lie-
ferte die Vorlagen für vier
Porträts des Erkers
zungen wiederholten Titelkupfer
15
geschaffen wurden, wird sehr wahrscheinlich, wenn
man bei herer Betrachtung feststellt, dass erstens nicht nur Haar-und Barttracht,
Körperhaltung, Mimik und Kleidung identisch sind, sondern zweitens auch die beige-
gebenen Symbole, die auf dem Fries an entsprechender Stelle aus der Laibung der
Rundnischen herausgearbeitet wurden, drittens auch die lateinischen Sinnsprüche und
viertens sogar die Schreibweise (und Abkürzungen) der lateinischen Namen (selbst die
griechisch-lateinische Mischform bei Hermes) samt der hinzugesetzten Nationali-
tätsbezeichnung, die sich auf dem Fries auch nur bei diesen vier Porträts findet. Es
sind neben dem Paracelsus an der rechten Seite die drei rechts an der Vorderseite an-
geordneten.
Die Zuweisung der Wurzeln der Chymiatrie an Urheber in insgesamt zwölf Na-
tionen war allerdings Gedankengut des Alchemistenkreises am Prager Hof, das sich
auch in anderen Publikationen niederschlug. Die Quelle hierfür auf dem Lemgoer
Fries hätte also auch irgend eine andere Darstellung dieser Ahnherren gewesen sein
können wenn sich nicht ein so genannter Leitfehler eingeschlichen hätte, der den
* Im Druck sind die ersten vier Absätze des Kapitels weggelassen worden.
- 11 -
Wahrscheinlichkeitsschluss zur Gewissheit werden lässt. Sadeler ist nämlich eine auf
dem Fries wiederholte Verwechslung unterlaufen, indem er den Franziskanermönch
und Lehrer der Naturwissenschaften Roger Bacon (um 1219–1292) samt seinem At-
tribut zum Sinnspruch und Namensschild des katalanischen Edelmannes, Enzyklo-
pädisten, Mystikers und Missionars Raimund Lullus (1232/33–1315/16) stellte, der in
Spätmittelalter und Früher Neuzeit als Autor eines umfangreichen Corpus unter sei-
nem Namen laufender alchemistischer Schriften galt, und umgekehrt. Richtig wäre für
Lullus und den Sinnspruch „Mit dem Feuer söhnt sich schließlich auch das Wasser
aus“ der Feuersalamander als Symbol, während zu Bacon und seinen Attributen der
Sinnspruch zur Vereinigung der Gegensätze der Elemente im Magisterium passt („Per
elementorum conversionem Ternarius purificatus fiat MONAS“). Und deshalb hat
auch Johann Daniel Mylius (1585 bis nach 1628), der wie Croll aus dem hessischen
Wetter stammt, auf dem von Matthias Merian gestochenen Titelkupfer zu seinem 1620
erschienenen Werk Antidotarium medico-chymicum reformatum, das ebenfalls Crolls Fron-
tispiz zitiert, die Namenzuweisung gegenüber der Basilica chymica korrigiert, was natür-
lich zur Zeit der Errichtung der Lemgoer Apotheken-Auslucht noch nicht bekannt ge-
wesen sein konnte.
Zur Baugeschichte
[
*
] Betrachtet man nun den Fries der Vorderfront, so fällt sofort auf, dass die beiden
Quader aus rotem Sandstein sich jeweils in der Mitte zwischen den je drei korinthi-
schen Säulen als den tragenden Elementen des Erkers befinden. Sie bilden die belast-
bare statische Verbindung zwischen dem Sockel- und dem Brüstungsgesims, die beide
auch nicht aus einem Stück bestehen, so dass ohne sie der Erker über das erste Ge-
schoss hinaus nicht hätte errichtet werden können, während mit ihnen die Quader der
übrigen Brüstungsfelder später hätten eingeschoben werden können.
Sehr wahrscheinlich war auch so die Bau-Abfolge; denn nur der Majuskel-Schrift-
typ über und unter dem Galenos-Porträt ist mit dem des Textbandes unterhalb des
Giebels identisch. Hier ist also derselbe Mann am Werke gewesen; während der
Minuskel-Schriftdiktus der Inschrift unter dem Lullus-Relief identisch ist mit dem der
Bauinschrift Georg Crossmanns auf der Taufe von 1597 und am Rathaus-Portal in
Hannoversch-Münden. Nur in diesen beiden Fällen sind übrigens die Zwickel über
dem Rundbogen ausgeschmückt.
Crossmann war Ende Januar 1612 als Nachfolger von Hermann Roleff zum Stadt-
baumeister von Lemgo gewählt worden. Roleff hatte im Betrieb Ludolf Crossmanns
als Geselle gearbeitet, sich aber nach der Rückkehr von Crossmanns Sohn Georg 1587
16 Gaul 1962 [8], 1.
17 Siehe die Belege bei Gaul 1962 [8], 1.
18 Siehe die von Gaul/Korn 1983 [9], 560–583, genannten Quellen.
- 12 -
als Meister selbständig gemacht und war zum Stadtbaumeister gewählt worden. Anfang
1612 hatte er das Amt niedergelegt und gleichzeitig die Werkstatt seinem Sohn Johann
übergeben. Georg Crossmann starb dann allerdings kurze Zeit, nachdem ihm das Amt
übertragen worden war. Bei der erforderlichen Neuwahl entschied man sich Ende des
Jahres für den jungen Lemgoer Steinmetzen und Baumeister Johann Roleff gemäß
Ratsprotokoll unter anderem mit der Begründung, dass „sein Vater Hermann Roleff
noch angenommene Arbeiten an der Apotheke“ habe
16
.
Eben dieses Argument wird auch bei der Wahl Crossmanns zum Stadtbaumeister
eine Rolle gespielt haben. Weil sein Sohn die Werkstatt nicht fortführte, ist nach seinem
Tode dann Hermann Roleff mit dem Weiterbau beauftragt worden. Dieser übertrug den
Auftrag zusammen mit der Werkstatt an seinen Sohn, der dann unter anderem wegen
dieser noch nicht vollendeten Arbeiten zum neuen Stadtbaumeister gewählt wurde und
die Arbeiten zu Ende hrte, das heißt aber wahrscheinlich: die acht verbliebenen Reliefs
ausführte, und zwar nach den hierr vorgesehenen grafischen Vorlagen. Einen wesentli-
chen Unterschied gegenüber den noch von Crossmann stammenden Porttreliefs bildet
neben dem anderen Werkstoff und der noch stärkeren Barockisierung jedenfalls die
fehlende Ausschmückung der Zwickel über den Archivolten. Da der persönliche Bezug
zu einem eigenen Steinbruch für die Roleffs nicht mehr bestand, haben sie dann für ihre
Arbeiten den besser geeigneten weißen Obernkirchener Sandstein verwendet.
Eine Erweiterung der Ratsapotheke war schon mehrmals von den Apothekern
eingefordert worden; zuletzt hatte 1600 der damalige Betreiber
17
unter Androhung der
Aufgabe des Apothekendienstes wegen der nicht ausreichenden umlichkeiten vorge-
schlagen, die Apotheke in ein anderes städtisches Haus zu verlegen. Der Rat wollte
jedoch die zentrale Lage nicht aufgeben. Er vertröstete den Apotheker vorerst mit der
Bereitstellung von Kellerräumen, kaufte dann aber im Dezember 1604 und Januar
1605 zwei Häuser in unmittelbarer Nähe des Rathauses an der Südseite des Markt-
platzes, um sie zu einem zweisckigen ‚Mehrzweckhaus‘ umzugestalten, dessen Unter-
geschoss als Apotheke und dessen Obergeschoss als Gastwirtschaft und Festsaal die-
nen sollte. {/
48
} Die Pläne von 1606 wurden jedoch später reduziert, so dass der Rat
am 3. März 1608 nur noch ein Obergeschoss als ‚Danzhauß‘ über dem hoch gewölb-
ten Kellergeschoss bei Hermann Roleff in Auftrag gab, das spätestens 1610 zum heuti-
gen ‚Ballhaus‘ fertiggestellt wurde
18
.
Erst danach konnte dann die Erweiterung der Apotheke in Angriff genommen
werden, die umfassende Bauarbeiten erforderlich machte. Sie muss aber schon wäh-
rend der Umplanung des ‚Ballhauses‘ zwischen 1606 und 1608 vorgesehen gewesen
19 Siehe Näheres bei Meier-Lemgo 1963 [20], 186/188.
- 13 -
sein worüber wohl spätestens im Jahre 1607 diskutiert wurde. Damals scheint jeden-
falls der Apotheker der Vertröstungen überdrüssig geworden zu sein und seine An-
drohung wahr gemacht zu haben, so dass 1607 die Einsetzung eines neuen Apothekers
erforderlich wurde, zu dem Wolrad Ferber (1577–05.03.1633) gewählt wurde.
Warum sollte damals nicht auch Georg Crossmann dazu auserwählt worden sein,
nach der Fertigstellung des Ballhauses ‚seinen‘ Rathausumbau zu vollenden? Dies
würde jedenfalls auch erklären, dass er 1609 Hannoversch-Münden vor dem Abschluss
der dortigen Rathausumbauten verließ.
Ein Apothekenerker am rdlichen Ende der Marktfront des Rathauses wird mög-
licherweise bereits zusammen mit dem am südlichen Ende über den Arkaden ange-
brachten Erker geplant gewesen sein schon wegen der Symmetrie der gesamten
Marktfront des Rathausbaues. Zumindest erfolgte dann bei dem ausgeführten Entwurf
der Apothekenauslucht eine enge konstruktive und stilistische Anlehnung an die Säu-
len- und Fenstergestaltung der von Crossmann zwischen 1588 und 1591 ausgeführten
Anbauten.
Der inhaltliche Entwurf
Auch der einheitliche Entwurf für die Apotheken-Auslucht wird deshalb von der
Ausführung her von Crossmann stammen, während die inhaltlichen Vorgaben vom
Apotheker selbst stammen werden. Auf dem Fries befindet sich der Lullus aus rotem
Sandstein von Crossmann zwischen Geber und Hermes Trismegistos aus weißem
Sandstein von Vater oder Sohn Roleff; alle drei Porträtreliefs sind aber nach derselben
Vorlage geschaffen. Entwurf und inhaltliche Ausgestaltung sind also über die durch
den Tod Crossmanns bedingte Zäsur hinweg beibehalten worden.
Wolrad Ferbers Vertrag wurde erst im Januar 1633 von der Stadt Lemgo zu Os-
tern desselben Jahres aufgelöst, nachdem er eine von der Stadt gewünschte Änderung
im Vertrag abgelehnt hatte. Er war also auch nach dem Tod des Baumeisters für die
Apotheke verantwortlich, und wohl sicherlich auch an der Ausführung seiner in-
haltlichen Vorgaben interessiert. Er ist offensichtlich ein ungewöhnlich hoch gebilde-
ter Mann gewesen; widmete doch der damalige Rektor des Lemgoer Gymnasiums
(1610 bis 1615), der Theologe Johannes Gisenius, nachdem er als Professor der Theo-
logie an die Universität Gießen berufen worden war, 1615 eine seiner ersten Disser-
tationen ihm als „D[omino] Wolrado Ferber pharmacopoeio Lemgoviensium dignissi-
mo“
19
, als „dem hochwürdigen Herrn Wolrad Ferber, Apotheker der Lemgoer“.
20 Siehe Krafft 1999 [13], 62–66.
21 Zur Biographie J. Hartmanns siehe jetzt neben Krafft 1999 [13], 67–74, auch Bauer 1999
[1], 494–498; hier S. 536–543 auch eine Paraphrase von Hartmanns programmatischer
Antrittsvorlesung.
22 Siehe im Einzelnen vorerst Ganzenmüller 1941 [6] und Dübber 1969 [5], 212–217.
23 Zur Medizinalordnung insgesamt siehe Dübber 1969 [5], 243–279.
24 Dübber 1969 [5], 265; siehe auch S. 217 und 279 f. zu den Einflüssen der Chymiatrie auf
die von Moritz im Jahre 1617 erlassene Apothekertaxe.
- 14 -
Das Programm
Ebenso wie Mylius durch die (korrigierte) Wiederholung der sechs Ahnherren der
Chymiatrie von Sadelers Titelkupfer das Werk von Oswald Croll ‚zitiert‘, beruft sich
auch der Fries in Lemgo durch sein Bildzitat ausdrücklich auf die Basilica chymica als der
Grundlagenwerk der paracelsisch-chymiatrischen Arzneibereitung, die es durch die
Entmystifizierung und Befreiung vom philosophischen Überbau paracelsischer Eso-
terik erstmals praktisch ausführbar und vor allem erstmals lehrbar gemacht hatte
20
.
Daraufhin konnte auch Johannes Hartmann
21
, der wie Croll aus Wetter stammte
und 1609 Inhaber der ersten und lange Zeit einzigen Professur für Chymiatrie wurde,
die Landgraf Moritz von Hessen-Kassel r ihn an der Universität Marburg zusammen
mit einem Laboratorium eingerichtet hatte, dieses Werk seinem theoretischen und
erstmals auch praktischen Unterricht der Arzneibereitung zugrunde legen. An seinen
Kursen nahm eine für damalige Zeiten sehr große Zahl von angehenden und fertigen
Medizinern und Apothekern aus vielen Teilen Europas teil
22
, und Hartmann veran-
staltete 1611 schon eine zweite Auflage des Crollschen Werkes mit demselben Titel-
kupfer wie die Editio princeps, jedoch erweitert durch Annotationes, die auf Erfah-
rungen eben dieses Unterrichts beruhten (das Geleitwort datiert vom 5. März 1611).
In der Medizinalordnung von 1616 und Apothekentaxe von 1617 hat der Landgraf
dann übrigens dieser Ausbildungsform auch die erforderliche rechtliche und wirt-
schaftliche Absicherung verschafft, insofern darin die Bereitung chymischer Arzneien
ausdrücklich nur den Apothekern selbst sowie chymiatrisch ausgebildeten Ärzten vor-
behalten wurde
23
; denn § 12 verpflichtete „den Apotheker keine Materialien von
Händlern zu kaufen, die sich als ‚Chymisten‘ ausgaben, sondern dieselben entweder
selbst zu bereiten oder von ‚erfahrnen Leuten, die dieses ex fundamentis gelernet und
deshalben kundig und bekannt‘ sind“
24
.
Hartmann betonte aber auch immer wieder, dass er gemäß den beiden Bestand-
teilen des Wortes ‚Chym-iatria‘ beide Medizinen lehre und mit einander verknüpfe, die
Chymia im Sinne von Crolls Modifizierung paracelsischer Lehren und die Iatria oder
Medicina im Sinne hippokratisch-galenischer Humoralpathologie. Das ist das neue
Programm, wofür auch der Einrichter der Professur in der gelehrten Öffentlichkeit als
25 Klebs 1913 [12], 105 f.
26 F. Ferchl in Illustrierter Apotheker Kalender 1926, Blatt 3.–5. Mai; Hein 1960 und ²1967
[10], 58.
27 Von Brunn 1939 [4], 139 f.
28 Meier 1951 [17], 92, und 1958 [18], 31.
- 15 -
nachahmenswertes fürstliches Vorbild und der Inhaber dieser Professur als Meister
beider Medizinen gefeiert wurden. Der Lemgoer Fries schließt sich durch seine Bild-
zitate eindrucksvoll sehr früh diesem Programm an.
Biblische Rechtfertigung
Ebenso wie es Paracelsus und Croll taten, wird nun aber auch dieses Gesamtpro-
gramm und seine Verwirklichung durch den Apotheker an der Auslucht von einer
höheren, nicht anfechtbaren Warte aus abgesichert und gerechtfertigt. Diese Instanz
war im 17. Jahrhundert und besonders im lutherischen Protestantismus (den die Stadt
Lemgo gegen sämtliche gegenreformatorischen Strömungen des Umlandes für sich als
Enklave bewahren konnte) die Heilige Schrift, und zwar die Bibel in Martin Luthers
Übersetzung. Unterhalb des Giebels läuft ein Schriftband um mit Versen aus dem
Anfang des 38. Kapitels der deuterokanonischen Schrift Jesus Sirach, das mit der Aus-
sage endet: „Die Arznei kommt vom Herrn, und der Apotheker bereitet sie“. {/
49
}
Die kunsthistorische Literatur geht auf diesen Text kaum einmal ein. Bereits 1913
hatte aber Klebs bemerkt, dass hier Worte aus dem Ecclesiaticus zitiert werden, jedoch
hinzugefügt
25
: „Ausgelassen ist der Spruch über den Sünder gegen den Schöpfer, der
zur Strafe dann in die Hände des Arztes fallen muß, aber weise hinzugefügt steht es, daß
auch die Arznei vom Herrn kommt und in der Apotheke zu haben ist.Immerhin hat
er hier etwas von einer Apotheke gelesen, was der Erbauer hinzugefügt hätte und
das ist gar nicht so einfach; denn die letzten drei rter, „apteker / bereit sie“, sind
hoch oben im Schatten eines tiefen Gesimses in zwei Reihen übereinander geschrie-
ben, und bei der letzten Restauration sind diese Wörter sogar nicht mit vergoldet wor-
den, so dass sie auch heute kaum zu erkennen sind. Fritz Ferchl (1926) und Wolfgang-
Hagen Hein (1960 und 1967) lassen den gesamten letzten Halbsatz („und der Apo-
theker bereit[et] sie“) in ihrer Beschreibung denn auch ganz weg
26
. Der Medizinhisto-
riker Walter von Brunn las 1939 zwar den gesamten Text, meinte dann aber im Sinne
von Klebs
27
: „Den Nachsatz ‚und der Apotheker bereit sie‘ hat vermutlich damals der
Herr Ratsapotheker von Lemgo hinzufügen lassen!“
Karl Meier weiß 1951 dafür sogar eine Begründung anzugeben
28
: „‚[...] Die Arznei
kommt vom Herrn...‘ und dann ist der Spruch sinnvoll erweitert durch die Worte ‚...
und der Apotheker bereitet sie‘. Offenbar kam der Einfall den Leuten erst hinterher,
29 Schwedt 1989 [25], 2346.
** Der folgende Absatz einschließlich der Grafik (siehe dazu Krafft 1999 [13], 117–122)
wurde für den Druck gestrichen. Der Text vom Erker ist in roten Versalien geschrieben,
die Auslassungen gegenüber der Lutherbibel in schwarzen Minuskeln; bei Umformu-
lierungen ist der Luthertext in kleinerer Schrift über den Erkertext geschrieben.
- 16 -
als die Inschrift fast fertig war. Die angehängte Reklame ist in kleineren Buchstaben
übereinander in die Ecke gezwängt.“ Entsprechend heißt es dann auch in der letzten
pharmaziehistorischen Arbeit vor meinen Untersuchungen zum Apothekenerker bei
Georg Schwedt im Jahre 1989
29
: „Der Spruch aus dem Buch Jesus Sirach [...] ist hier
um den Hinweis, daß der Apotheker die Arznei bereitet, ergänzt worden. Ein interes-
santes Dokument früher Imagepflege.“
Wer sich mit dem religiösen Empfinden der Gläubigen in der Zeit vor dem Drei-
ßigjährigen Krieg auch nur etwas auskennt, muss aber die Möglichkeit einer solchen,
sogar öffentlich geäußerten Verquickung von Eigenreklame und biblischer Aussage
insbesondere für die lutherischen Protestanten ausschließen. Trotz allen Selbstbe-
wusstseins und Ansehens hätte es nicht einmal ein Apotheker zur Zeit der Spätrenais-
sance und des Späthumanismus gewagt, sich selber so herauszustellen, ohne sich dazu
auf eine Autorität berufen zu können – und das hieße in diesem Zusammenhang: auf
die Bibel. Wenn man genauer hinschaut, steht dort denn auch in demselben Zusam-
menhang des Jesus Sirach-Kapitels genau diese Aussage.
Der letzte Teilsatz kann nicht nachträglich hinzugesetzt worden sein; denn der
gesamte Text ist ein durch entsprechende Bauelemente in vier Sätze unterteiltes Kon-
strukt, dessen erste Hälfte bis zur Mitte der Vorderfront den religiösen Teil, dessen
zweite Hälfte den medizinischen Teil im Sinne lutherischer, aber auch paracelsischer
Heillehre umfasst. Jeder der vier Sätze besteht wiederum aus zwei Halbsätzen:
an der linken Seitenfront: „Wenn du krank bist, so bitte den Herrn“,
auf der linken Hälfte der Vorderfront: „Und lass ab von [den] Sünden, so wird er
dich gesund machen“. Sodann
auf der rechten Hälfte der Vorderfront: „Danach lass den Arzt zu dir kommen,
denn der Höchste hat ihn geschaff[en]“ und
an der rechten Seitenfront: „Die Arznei kommt vom Herrn, und der Apotheker
bereitet sie“.
Allerdings hatte der Steinmetz schon im rechten Teil der Vorderfront seine liebe Not,
die immer länger werdenden Sätze auf dieselbe Länge zu bringen, wozu er schon hier
Buchstaben zusammenzog oder wegließ, während er im vierten Doppelsatz dann zu-
sätzlich noch die letzten Wörter übereinander schreiben musste. Aber auch hier be-
ginnt der letzte Halbsatz in ganz normaler Schriftgröße.
[
**
] Die ersten beiden Sätze bestehen aus dem gekürzten Vers 9, in den ein Teil von
30 Siehe hierzu Krafft 1999 [13], 33–36.
- 17 -
Vers 10 eingefügt wurde, um dessen wichtige Aussage („und lass ab von der Sünde“)
einbeziehen zu können. Dann folgt Vers 12, dessen zweiter Teil wortwörtlich über-
einstimmt mit einer Aussage in Vers 2, so dass deren Fortsetzung in eben diesem Vers
sich auch hier zwanglos anschließt: „Die Arznei kommt vom Herrn“, was dann mit
Vers 7 ergänzt wird: „und der Apotheker bereitet sie“, wobei mit ‚sie‘ die im Vorsatz
bereits genannte ‚Ertzney‘ wieder aufgenommen wird. Ansonsten werden nur die
identischen Begriffe ‚Herr‘ und ‚Höchster‘ zweimal vertauscht, um aufeinander fol-
gende Wiederholungen im gesamten Text zu vermeiden:
Luther hat übrigens durch seine Übersetzung den zu seiner Zeit geläufigen Begriff
‚Apotheker‘ in die Bibel eingeführt
30
; und der Lemgoer Apothekenerker ist meines Wis-
sens das erste (und einzige?) Zeugnis dafür, dass daraufhin die Anfangsverse des 38. Ka-
pitels von ‚Jesus Sirach‘ zur biblischen Rechtfertigung nicht nur des Arztberufes und der
Anwendung von Gott erschaffener Arznei (wie es auch schon früher geschah), sondern
auch der Apothekerkunst und damit des Apothekerberufs benutzt werden können.
Resümee
Der Apothekenerker in Lemgo ist damit über seine kunstvoll-harmonische Gestaltung
hinaus ein dauerhaftes Zeugnis für das 1609 erstellte Programm einer neuen Medizin
und Pharmazie, das zwischen tradierten alten, auf Humoralpathologie beruhenden und
- 18 -
neuartigen, auf der paracelsisch-crollschen Chymiatrie basierenden Inhalten vermitteln
und beide, von ihren Extremen befreit, zusammenführen wollte. Es fand obrigkeit-
liche Unterstützung und wurde nach Marburg auch an anderen Universitäten einge-
führt, konnte sich aber zusätzlich auf die Bibel als göttliche Instanz berufen.
Sie stellt ein einzigartiges Kunstdenkmal aus der Geschichte der Pharmazie der
frühen Neuzeit dar und ist gleichzeitig Zeugnis für ein damals völlig neuartiges, inter-
disziplinäres Programm zur Reform von Medizin und Pharmazie, das den Beginn ihrer
naturwissenschaftlichen Ausrichtung bildete – eine Neuorientierung vor fast 400 Jah-
ren, deren Zielsetzung noch heute die Basis der Pharmazie bildet. Diese ist zwar nicht
vergleichbar mit der Reform, um die heute wieder einmal gerungen wird; aber ihre
Verankerung im religiösen, wissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Gesche-
hen der Zeit kann beispielhaft die Komplexität aufzeigen, die bei einem derartigen
Vorhaben auch heute zu berücksichtigen ist. Die damalige Berufungsinstanz ist heute
nicht mehr anerkannt; an die Stelle der Bibel ist vielmehr die Naturwissenschaft ge-
treten, die auch die alleinige Berufungsinstanz bilden sollte. Doch ist die Auslucht ein
erstes künstlerisches Zeugnis für eine wissenschaftlich fundierte und religiös gerecht-
fertigte Professionalität der praktischen Pharmazie, wie sie sich andere Berufsstände
nur wünschen können.
Das Lullus-Relief aus rotem Sandstein (Mitte) stammt von Crossmann, eingerahmt wird es
von Geber und Hermes Trtismegistos aus weißem Sandstein von Vater oder Sohn Roleff.
- 19 -
Literatur:
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(Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, 49. Band/Teil 1).
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Biblische Rechtfertigung der Apothekerkunst im Protestantismus: Apotheken-Auslucht
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- 20 -
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[25] Schwedt, G. (1989): Apotheken in historischen Gebäuden. Renaissance I: Die Ratsapo-
theken in Einbeck und Lemgo. Deutsche Apotheker Zeitung 129 (1989), 2344–2346.
[26] Weserrenaissance-Museum Schloß Brake (Redaktion K. Kösters): Renaissance-Spa-
ziergang durch Lemgo. Brake 1993.
Article
Full-text available
The number of medical students at the University of Marburg in the early 17th century was so far thought to amount scarcely to a handful, tending towards zero. In contrast to that, this paper identifies for the time from 1600 to 1620 80 students of medicine, 73 just for the twelve years from 1608 to 1620. Almost a third of these, 23, also received their doctorate in Marburg, whereas most of the others went to other universities for this purpose (Basel in particular) or ended their studies as a candidatus medicinae. The highest total number of students of a single year amounts to 28 in 1616. The reason for this rise to one of the most attractive medical faculties in the German-speaking countries was a completely new beginning with the professors Nicolaus Braun, Johannes Hartmann (till 1618), and Heinrich Petraeus (till 1620) following the vacancy of all three professorships of medicine. Of these professors Braun represented the traditional Galenic medicine, whereas Hartmann and Petraeus acted as academic protagonists of the modem chymiatria (the chemical, paracelsian or hermetic medicine), that they made their task to harmonize with the conventional medicine. To that purpose teaching was supplemented by Petraeus with a cleverly devised intensive system of disputing and responding of the college of Nosologia and by Hartmann with a practical training of the students in a chemical laboratory. The new kind of teaching attracted students from many other German and European countries, primarily from Silesia, whereas the number of local students from Hessia remained at its previous very low level.
Article
Pharmacy serving to propagate the Lutherian doctrine of justification: ‚Christus as a pharmacist’ is an interconfessional, but confessionally differentiated symbolic motif (Sinnbildmotiv) of Christian folklore art in German-speaking countries. The article investigates the sociocultural conditions and prerequisites (German bible translation, religion and confession, piety, pharmacy, chymiatry, chemistry, apothecary training and status) for transfering the old metaphor and idea of Christ as a physician to the new vision of Christ as a apothecary who prepares and dispenses his heavenly medicine all by himself. In the early 17th century (especially in the 1610's) these requirements were fulfilled, so that the oldest known witness to this motif transfer (picturing the so-called Heilandsruf of Matthew 11, 28), a genre picture of 1619, will be the first pictural version of this motif in general. It was created by the protestant Painter Mich(a)el Herr of Nuremberg. In the abstract and reduced form of a devotional picture this motif then became widespread in churches and vicarages, in monasteries and their apothecaries as well as in private houses (with small altars: Herrgottswinkel). The oldest yet known examples are works from around 1630. For the first time during the Thirty Year's War, it served in this form for propagating the Lutherian justification doctrine (now referring to Jesaja 55, 1), saying that the belief in Christ is enough to be released from all sins (sola fide). Around 1650, as a reaction to that, a catholic version of the devotional picture was created, claiming and picturing that in contrast eucharist is the highest and real ‚healing medium’ of Christ to redemption. All pictures of this version avoid quoting Jesaja 55, 1, whereas all protestant pictures quote this verse from the Bible word-for-word.
Katalog und Aufsätze. (Schriften der Universitätsbibliothek Marburg, Nr. 89) 2 Bde
  • B Bauer
  • Hrsg
Bauer, B., Hrsg. (1999): Melanchthon und die Marburger Professoren (1527-1627). Katalog und Aufsätze. (Schriften der Universitätsbibliothek Marburg, Nr. 89) 2 Bde, Marburg 1999.
Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa [Katalog zur Ausstellung im Weserrenaissance-Museum Schloß Brake, 19. Oktober 1997 -1. Februar 1998, und in der Orangerie der Staatlichen Museen Kassel, 6. März -31. Mai
  • H Borggrefe
  • V Lüpkes
  • H Ottomeyer
  • Hrsgg
Borggrefe, H. / Lüpkes, V. / Ottomeyer, H., Hrsgg. (1997): Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa [Katalog zur Ausstellung im Weserrenaissance-Museum Schloß Brake, 19. Oktober 1997 -1. Februar 1998, und in der Orangerie der Staatlichen Museen Kassel, 6. März -31. Mai 1998]. Eurasburg 1997.
Der schöne Renaissance-Erker der Ratsapotheke zu Lemgo in Lippe
  • W Brunn
  • Von
Brunn, W. von (1939): Der schöne Renaissance-Erker der Ratsapotheke zu Lemgo in Lippe. Die medizinische Welt 13 (1939), 199 f.
209-228; wiederabgedruckt in demselben: Beiträge zur Geschichte der Technologie und der Alchemie
  • W Ganzenmüller
Ganzenmüller, W. (1941): Das chemische Laboratorium der Universität Marburg im Jahre 1615. Angewandte Chemie 54 (1941), 209-228; wiederabgedruckt in demselben: Beiträge zur Geschichte der Technologie und der Alchemie. Weinheim 1956, S. 314-322.
Die deutsche Apotheke. Bilder aus ihrer Geschichte
  • W.-H Hein
Hein, W.-H. (1967): Die deutsche Apotheke. Bilder aus ihrer Geschichte. Stuttgart 1960, ²1967.
Renaissance entlang der Weser. Kunst und Kultur in Nordwestdeutschland zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg
  • J Kastler
  • G U Grossmann
Kastler, J. (1990): Malerei und Plastik im Weserraum. In: Grossmann, G. U.: Renaissance entlang der Weser. Kunst und Kultur in Nordwestdeutschland zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg. Mit einem Beitrag von José Kastler. Köln ²1990 (1. Auflage 1989), S. 76-96.
Die Lemgoer Ratsapotheke. Historische Reiseskizze. Archiv für die Geschichte der
  • A C Klebs
Klebs, A. C. (1913): Die Lemgoer Ratsapotheke. Historische Reiseskizze. Archiv für die Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik 5 (1913), 102-107;
  • Wiederabdruck
Wiederabdruck [Mitgeteilt von Dir. Dr. Arzberger.] in: Pharmazeutische Post 47 (1914), Nr. 43, 359-364.