Content uploaded by Nadja Schreier
Author content
All content in this area was uploaded by Nadja Schreier on Jul 15, 2014
Content may be subject to copyright.
Institut für
Sozial- und Präventivmedizin
Dr. Martin Röösli
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Finkenhubelweg 11
CH-3012 Bern
Repräsentative Befragung zu Sorgen und
gesundheitlichen Beschwerden im Zusammenhang
mit elektromagnetischen Feldern in der Schweiz
Martin Röösli, Anke Huss, Nadja Schreier
Februar 2005
Studie im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 2/51
Inhaltsverzeichnis
Glossar der verwendeten Abkürzungen und Begriffe...................................................3
Zusammenfassung..........................................................................................................4
Abstract ...........................................................................................................................6
1. Hintergrund und Zielsetzung.............................................................................7
2. Methode..............................................................................................................8
2.1 Überblick über die Befragung............................................................................................. 8
2.2 Fragebogen ........................................................................................................................ 8
2.3 Statistische Auswertung ................................................................................................... 14
3. Resultate ..........................................................................................................15
3.1 Ausschöpfung................................................................................................................... 15
3.2 Sorgen um die eigene Gesundheit durch Umwelteinflüsse.............................................. 15
3.3 EMF-attribuierte Gesundheitsbeschwerden ..................................................................... 16
3.4 Personen mit EMF-attribuierten Gesundheitsbeschwerden ............................................. 18
3.5 Vergleich der EHS-Personen mit der gesamten Bevölkerung.......................................... 23
3.6 Zusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden................................................. 30
3.7 Vergleich der EHS-Personen der vorliegenden repräsentativen Befragung mit einer
selbstselektierten EHS-Gruppe ........................................................................................ 31
3.8 Vergleich der Resultate mit anderen bevölkerungsbasierten Untersuchungen................ 32
4. Diskussion........................................................................................................35
4.1 Überblick über die wichtigsten Ergebnisse....................................................................... 35
4.2 Methodische Aspekte ....................................................................................................... 35
4.3 Gesundheitsbesorgnis im Zusammenhang mit EMF........................................................ 37
4.4 Häufigkeit von EHS in der Bevölkerung ........................................................................... 39
4.5 Art der Beschwerden von EHS-Personen ........................................................................ 40
4.6 Risikowahrnehmung und Grenzwerte .............................................................................. 40
5. Schlussfolgerungen.........................................................................................42
6. Verdankungen..................................................................................................42
7. ANHANG ...........................................................................................................43
7.1 Literaturübersicht ............................................................................................................. 43
7.2 Zusätzliche Tabellen und Abbildungen ............................................................................ 44
8. Literaturverzeichnis.........................................................................................50
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 3/51
Glossar der verwendeten Abkürzungen und Begriffe
Attribution Bedeutet Zuschreibung oder Zuordnung, im vorliegenden Kontext: subjektive
Zuordnung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu einer vermuteten
Ursache, beispielsweise zu einer EMF-Quelle.
Bias Jeder Effekt des Studiendesigns oder der Durchführung der Studie, welcher
Resultate produziert, welche von der Wirklichkeit systematisch abweichen.
BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
CATI Computer assisted telephone interview (computer-gestütztes telefonisches
Interview)
EHS Elektromagnetische Hypersensibilität (engl. „electromagnetic hypersensitivity“).
EHS ist dadurch charakterisiert, dass Betroffene gesundheitliche Symptome auf
die Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern zurückführen. Zur Zeit
gibt es keine objektiven diagnostischen Kriterien dafür.
EHS-Personen Personen, die ihre gegenwärtigen oder frühere Gesundheitsbeschwerden auf die
Wirkung elektromagnetischer Felder zurückführen.
EMF-Besorgte Personen, die sich starke oder ziemliche Sorgen um ihre Gesundheit machen
wegen mindestens einer der abgefragten EMF Quellen (Hochspannungs-
leitungen, Mobilfunkantennen, Handys, schnurlosen Festnetztelefonen oder
elektrischen Geräte), ohne eigene Gesundheitssymptome auf die Wirkung von
EMF zurückzuführen.
EMF-Unbesorgte Personen, die sich um ihre Gesundheit wegen EMF-Expositionen wenig oder
keine Sorgen machen. Sorgen im Zusammenhang mit anderen
Umweltexpositionen wie z.B. Lärm oder Luftverschmutzung sind aber nicht
ausgeschlossen.
EMF Elektromagnetische Felder
Handy Mobiltelefon. Der Begriff wird in der Schweizer Bevölkerung synonym mit
Mobiltelefon benutzt.
K.I. Abkürzung für Konfidenzintervall (siehe dort)
Konfidenzintervall Statistischer Unsicherheitsbereich von Schätzwerten. In diesem Bericht werden
ausschliesslich 95%-Konfidenzintervalle verwendet.
Median Zentralwert einer Stichprobe. Bei einer schiefen Datenverteilung ist der Median
ein robusteres Mass als der arithmetische Mittelwert. (Er wird durch wenige sehr
hohe oder tiefe Werte weniger beeinflusst als der arithmetische Mittelwert.)
Natel ™ eingetragenes Markenzeichen der Swisscom; Wortursprung ist das „Nationale
Autotelefon“. Der Begriff wird mittlerweile in der Schweizer Bevölkerung synonym
mit „Handy“ oder Mobiltelefon benutzt.
Odds Ratio (OR) Verhältnis von zwei Wahrscheinlichkeiten und damit ein Mass für die Stärke
eines Unterschiedes zwischen zwei Gruppen, z.B. unterschiedlich exponierten
Gruppen
Prävalenz Häufigkeit eines bestimmten Merkmals/Krankheit in der Bevölkerung zu einem
bestimmten Zeitpunkt
SGB Schweizerische Gesundheitsbefragung
Vertrauensintervall Synonym mit Konfidenzintervall (siehe dort)
WHO World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 4/51
Zusammenfassung
HINTERGRUND UND ZIEL In der Öffentlichkeit wird das Gesundheitsrisiko durch elektro-
magnetische Felder (EMF) kontrovers diskutiert. Es werden immer wieder Fallbeispiele
genannt, bei denen Gesundheitsbeschwerden auf die Wirkung von elektromagnetischen
Feldern zurückgeführt werden. Die Häufigkeit dieses Phänomens in der Schweiz ist jedoch
weitgehend unbekannt. Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, Sorgen der Schweizer
Bevölkerung um die eigene Gesundheit, sowie gesundheitliche Beschwerden im Zusammen-
hang mit elektromagnetischen Feldern zu erfassen und mit anderen Umwelteinflüssen zu
vergleichen.
M
ETHODIK Eine repräsentative Befragung wurde zwischen Mai und Juli 2004 in der deutsch-
und französischsprachigen Schweiz bei Personen im Alter über 14 Jahren durchgeführt.
Insgesamt wurde eine Zufallsstichprobe von 2048 Personen telefonisch befragt. Die
Antwortrate betrug 55 Prozent.
R
ESULTATE 91 Prozent der Bevölkerung machen sich wegen mindestens eines von insge-
samt zwölf abgefragten Umwelteinflüssen starke oder ziemliche Sorgen um die eigene
Gesundheit. Am meisten Personen sind besorgt wegen der Luftverschmutzung (69%) oder
UV-Strahlung (56%). Besorgnis wegen Mobilfunkbasisstationen wurde von 36 Prozent der
Bevölkerung geäussert und liegt damit an siebter Stelle aller abgefragten Einflüsse. Auf den
letzten vier Positionen folgen Sorgen wegen Hochspannungsleitungen (30%), Handynutzung
(28%), Strahlung elektrischer Geräte (26%) und der Nutzung schnurloser Festnetztelefone
(18%). Insgesamt machen sich 53 Prozent der Bevölkerung Sorgen um die eigene
Gesundheit wegen mindestens einer der genannten elektromagnetischen Feldquellen, ohne
aber eigene gesundheitliche Beeinträchtigungen auf EMF zurückzuführen (EMF-Besorgte).
42 Prozent der Befragten machen sich wegen EMF keine Sorgen (EMF-Unbesorgte).
2.7 Prozent der Bevölkerung führen gegenwärtige gesundheitliche Beschwerden auf die
Exposition gegenüber elektromagnetischen Felder zurück. Weitere 2.2 Prozent berichteten,
früher, also nicht mehr zum Zeitpunkt der Befragung, unter Beschwerden aufgrund von
elektromagnetischen Feldern gelitten zu haben. Daraus wird geschlossen, dass sich rund
5% der Schweizer Bevölkerung als elektromagnetisch hypersensibel betrachten (EHS-
Personen). Mit EMF werden hauptsächlich unspezifische Gesundheitssymptome, die in der
Bevölkerung verbreitet auftreten, in Verbindung gebracht, besonders Schlafstörungen und
Kopfschmerzen. Als Ursache wurden meistens spezifische EMF-Quellen genannt, am
häufigsten waren dies Hochspannungsleitungen und Handys. Emissionen von Mobilfunk-
basisstationen wurden weniger häufig als Ursache in Betracht gezogen als dies die
geäusserte Besorgnis und die öffentliche Diskussion hätten erwarten lassen.
Die drei Gruppen "EHS-Personen", "EMF-Besorgte" und "EMF-Unbesorgte" unterscheiden
sich in Bezug auf Alter, Geschlecht, Zivilstand, Bildung und Erwerbstätigkeit nicht wesentlich
voneinander. Auch das Ausmass der Nutzung von Handys und schnurlosen Festnetz-
telefonen unterscheidet sich nur geringfügig zwischen diesen drei Gruppen. Jedoch ist bei
der EHS-Gruppe der Personenanteil, der aus gesundheitlichen Gründen kein Handy benützt,
deutlich höher als bei der restlichen Bevölkerung. EHS-Personen berichteten tendenziell
häufiger als die übrigen Gruppen, in der Nähe von Hochspannungsleitungen oder Mobilfunk-
basisstationen zu wohnen. Der Anteil der Personen, die angaben, noch nie auf Mobilfunk-
basisstationen in ihrer Wohnumgebung geachtet zu haben, ist bei den EMF-Unbesorgten
grösser als bei den Besorgten und den EHS-Personen. Massnahmen zur Reduktion der
persönlichen elektromagnetischen Feldbelastung wurden von 57 Prozent der EHS-
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 5/51
Personen, von 25 Prozent der EMF-Besorgten und von zehn Prozent der EMF-Unbesorgten
getroffen. Von den EHS-Personen hat rund ein Drittel komplementärmedizinische Hilfe in
Anspruch genommen. 13% konsultierten wegen der Beschwerden ihren Hausarzt.
S
CHLUSSFOLGERUNGEN Ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung erachten sich aufgrund
eigener gesundheitlicher Erfahrungen als elektromagnetisch hypersensibel. Dieser
Einschätzung liegt keine objektive Diagnose - eine solche gibt es derzeit nicht - zu Grunde,
sondern die persönliche Erfahrung und Überzeugung der Betroffenen, dass ihre gesund-
heitlichen Beschwerden von EMF-Quellen verursacht sind.
Der Anteil der Personen, die sich durch elektromagnetische Felder gesundheitlich beein-
trächtigt fühlt oder sich Sorgen macht, ist bei unserer Befragung ähnlich hoch wie bei ver-
gleichbaren Befragungen im Ausland. Zudem werden ähnliche Symptome auf die Exposition
gegenüber elektromagnetischen Feldern zurückgeführt, nämlich hauptsächlich unspezifische
Symptome.
Erwartungsgemäss lösen EMF-Quellen, deren Exposition nicht individuell kontrolliert werden
kann (Mobilfunkbasisstationen, Hochspannungsleitungen), eine grössere Besorgnis aus als
individuell kontrollierbare Quellen wie Mobiltelefone oder schnurlose Festnetztelefone. Aus
dieser Sicht ist es nachvollziehbar, dass EMF-besorgte Personen gleich häufig wie EMF-
unbesorgte Personen mobile und schnurlose Telefone verwenden. Hingegen ist auf den
ersten Blick erstaunlich, dass auch EHS-Personen diese Geräte gleich häufig nutzen wie die
restliche Bevölkerung, wenn man bedenkt, dass diese Gruppe Gesundheitssymptome
häufiger auf Mobiltelefone als auf Mobilfunkbasisstationen zurückführt. Dies ist wohl damit zu
erklären, dass eine implizite Kopplung zwischen elektromagnetischer Hypersensibilität und
der EMF-Exposition besteht: Gesundheitsbeschwerden können per se nur auf Quellen
zurückgeführt werden, denen gegenüber man sich als exponiert erachtet.
Aus den Ergebnissen dieser Befragung lässt sich schliessen, dass in der Bevölkerung eine
beachtliche Besorgnis wegen potenzieller gesundheitlicher Auswirkungen von elektromagne-
tischen Feldern besteht. Dies erklärt sich wohl mit dem ubiquitären Vorkommen solcher
Felder im täglichen Leben und den relativ wenigen wissenschaftlich gesicherten Aussagen
über das damit verbundene gesundheitliche Gefährdungspotenzial.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 6/51
Abstract
Presented at the WHO-workshop on electromagnetic hypersensitivity in Prague, 25-27
October 2004 (published in WHO, 2004)
A Swiss representative survey on concerns and health complaints attributed to
electromagnetic field exposure
Background Although there is some knowledge about concerns and symptoms attributed to
electromagnetic field (EMF) exposure from the perspective of self declared electromagnetic
hypersensitive (EHS) individuals (Röösli et al. 2004), little is known regarding the general
population.
Objective To assess the extent of concerns and health complaints attributed to EMF
exposure in the general Swiss population.
Methods A representative telephone survey was carried out between May and July 2004. A
random population sample was drawn out of the telephone directory. After announcement by
postal mail, computer assisted telephone interviews (CATI) have been performed by trained
interviewers. People were questioned about health concerns and symptoms from multiple
environmental risk factors. Additionally, exposure status to multiple EMF sources and
measures to reduce symptoms or exposure were inquired. Estimated representative
population proportions were adjusted for sex and age using survey analysis in Stata 8.2.
Results The response rate among all eligible individuals was 55 percent. This resulted in
2’048 completed interviews. 36 percent (95% confidence interval: 34%-38%) of the
population was concerned about adverse health effects from mobile phone base stations.
For other EMF sources the respective proportion was lower: power lines: 30%; mobile phone
handsets: 28%; and cordless phones: 17%. Overall, 52.9 percent (95%-CI: 50.5%-55.2%)
were worried about adverse health effects of at least one of above mentioned EMF sources.
The prevalence of present health complaints attributed to electromagnetic field exposure was
2.7 percent (95%-CI: 2.0%-3.5%). Additional 2.2 percent (95%-CI: 1.6%-2.9%) of the
population reported to have suffered from EMF related symptoms in the past. Combining this
both groups resulted in a EHS prevalence of 5.0 percent (95%-CI: 4.0%-6.0%). Among EHS
individuals the average number of symptoms attributed to EMF exposure was 1.3. Most
prevalent were sleep disorders (43%), headache (34%), concentration difficulties (11%) and
nervousness (9%). 80 percent of the EHS individuals attributed their symptoms to one or
several specific EMF sources. Most frequently, symptoms were suspected to be caused by
power lines (28% of EHS individuals), mobile phone handsets (25%) and TV/computers
(21%). Only 13 percent of the EHS individuals attributed their symptoms to the exposure to
mobile phone base stations. 52 percent of the EHS individuals had initiated a medical
treatment to reduce their symptoms. Measures to reduce exposure had been taken by 57
percent of EHS individuals, by 25 percent of worried individuals and by 10 percent of
unworried people. All three groups were equally exposed to mobile phone base stations and
power lines. The extent of use of mobile phones was about the same for all three groups.
Conclusion Approximately half of the Swiss population is worried about adverse health
effects due to EMF and additional 5 percent of the population reports to be electromagnetic
hypersensitive. Only a few EHS individuals attribute their symptoms to mobile phone base
station exposure. In contrast, among all EMF sources the general population is most worried
about mobile phone base station exposure. The result of this survey may inform risk
communication and policy makers.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 7/51
1. Hintergrund und Zielsetzung
Wegen der immer wieder von Personen geäusserten Klagen über gesundheitliche
Beschwerden im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber elektromagnetischen Fel-
dern (EMF) wurde im Juni 2001 vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Befragung bei
Betroffenen lanciert. Mittlerweile sind die Auswertungen abgeschlossen und die Ergebnisse
publiziert (Röösli et al., 2004). Die Befragung ergab neue Erkenntnisse hinsichtlich der
Problematik aus Sicht der Betroffenen, beispielsweise welche Symptome mit welchen EMF-
Expositionsquellen in Verbindung gebracht werden, wie sich Betroffene informieren und
welche Massnahmen ergriffen wurden.
Da sich die Befragung jedoch gezielt an Betroffene wendete, blieb offen, wie verbreitet das
Phänomen der EMF-Hypersensibilität (d.h. Personen, die Gesundheitsbeschwerden haben
und diese auf EMF zurückführen) in der Schweiz ist. Weiterhin ist unbekannt, wie häufig und
wie stark EMF von der Bevölkerung als mögliches Gesundheitsrisiko eingeschätzt werden.
Diesen Fragen geht die vorliegende Repräsentativbefragung nach. Ziel dieser
Bevölkerungsbefragung war, die folgenden Fragen zu klären:
Q Wie gross ist der Grad der Besorgnis in der Schweizer Bevölkerung, dass EMF die
eigene Gesundheit beeinträchtigen könnte? (siehe Kap 3.2)
Q Wie häufig werden Gesundheitsbeschwerden auf EMF zurückgeführt
(elektromagnetische Hypersensibilität EHS)? (siehe Kap. 3.3)
Q Demographische Merkmale der elektromagnetisch hypersensiblen Personen, Art der
EMF-attribuierten Beschwerden sowie ergriffene Massnahmen zur Reduktion der
Exposition und/oder Beschwerden. (siehe Kap. 3.4 - 3.6)
Q Vergleich der EMF-hypersensiblen Personen aus der vorliegenden repräsentativen
Befragung mit der selbstselektionierten hypersensiblen Personengruppe in der
Umfrage des BAG (siehe oben) hinsichtlich soziodemographischer Charakteristika,
Beschwerden, vermuteter Ursachen und der ergriffenen Massnahmen. (siehe Kap.
3.7)
Q Vergleich der Ergebnisse mit denjenigen anderer in- und ausländischer Erhebungen
zum gleichen Thema. (siehe Kap.3.8)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 8/51
2. Methode
2.1 Überblick über die Befragung
Zielgruppe der Befragung waren alle über 14 jährigen Einwohner der französisch- und
deutschsprachigen Schweiz. Nach vorgängigem Anschreiben mit Ankündigung der
Befragung als ‚Untersuchung zum Thema Umwelt und Gesundheit’ wurde ein computer-
gestütztes telefonisches Interview durchgeführt („computer assisted telephone interview“,
CATI). Die Interviews wurden durch geübte Interviewerinnen vom Telefonlabor des Instituts
für Sozial- und Präventivmedizin durchgeführt. Mittels zweistufigem Verfahren wurde eine
Zufallsstichprobe gezogen: In der ersten Stufe wurden aus dem Telefonbuch zufällig
Haushalte ausgewählt. Innerhalb jeden Haushaltes mit mehr als einer Person älter als 14
Jahre wurde dann mittels ‚last-birthday'-Verfahren zufällig die Zielperson bestimmt. Die
Interviews wurden zwischen Mitte Mai und Mitte Juli 2004 durchgeführt. Dabei wurden
sozioökonomische Faktoren, der Grad der Besorgnis und Gesundheitsbeschwerden in
Bezug auf verschiedene Umweltexpositionen, das Ausmass der Mobiltelefonnutzung und
weitere Faktoren abgefragt. Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Untersuchungen
herstellen zu können, wurden nach Möglichkeit Fragen von anderen Befragungen eingefügt,
zum Beispiel Fragen aus der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2002 oder einer
deutschen Befragung zur Besorgnis wegen Mobilfunkstrahlung (Schroeder 2002 und Infas
2003). Für den Grossteil der Personen, die keine Gesundheitsbeschwerden auf die
Exposition gegenüber EMF zurückführten, beschränkte sich das Interview auf diesen Teil.
Für Personen mit Beschwerden wurden Folgefragen gestellt, z.B. Fragen zur Art der
Gesundheitsbeschwerde, die vermuteten EMF-Quellen, eventuell durchgeführte
Massnahmen gegen EMF, etc.
2.2 Fragebogen
Der Fragebogen beinhaltete im Wesentlichen die folgenden sechs Themenkomplexe:
Q Soziodemographie
Q Allgemeine Gesundheit
Q Sorgen
Q Beeinträchtigungen
Q Massnahmen / Therapie
Q Exposition
Die Abbildung 1 gibt einen Überblick über den Verlauf des Interviews.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 9/51
Abbildung 1: Ablaufs des Interviews.
A
llgemeine Gesundheit
Sorgen wegen EMF und anderen Umwelteinflüssen
Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Umwelteinflüsse
Beeinträchtigungen durch EMF
Ja Nein
Art der Beschwerden
Massnahmen/ Therapie
Zusätzliche Gesundheitsfragen
Expositionssituation
Massnahmen gegen Exposition
Soziodemographie
Im Folgenden wird für jeden Themenblock eine Übersicht über die im Interview gestellten
Fragen gegeben. Auf einen Abdruck des gesamten Fragebogens in diesem Bericht wird
aufgrund der Komplexität (diverse Splits in Abhängigkeit von der gegebenen Antwort)
verzichtet.
2.2.1 Allgemeine Gesundheit
Allen Teilnehmern wurde die Frage: „Wie würden Sie Ihren Gesundheitszustand im
Allgemeinen beschreiben?“ gestellt. Aus der Schweizerischen Gesundheitsbefragung
wurden ausserdem Fragen zum Auftreten von chronischen Krankheiten (Rheumatismus,
chronische Bronchitis, hoher Blutdruck, Herzinfarkt (Herzschlag), Schlaganfall (Schlägli),
Nierenkrankheit/Nierensteine, Krebs/Geschwulst, Heuschnupfen oder andere Allergie,
Nervenzusammenbruch/Depression) sowie zum Medikamentenkonsum und zu
Gesundheitsauslagen gestellt.
2.2.2 Sorgen
Zum Thema Sorgen um die eigene Gesundheit aufgrund von schädlichen Umwelteinflüssen
gab es einen Fragenkomplex, der allen befragten Personen gestellt wurde. Er umfasste
verschiedene potenzielle Umweltrisiken wie z.B. Verkehrslärm, Gentechnologie oder Luft-
verschmutzung.
Sorgen um die eigene Gesundheit sind immer auch von der gegenwärtigen Expositions-
situation abhängig. Wenn man sich einem bestimmten Faktor gegenüber nicht als exponiert
wahrnimmt, bereitet dieser Faktor auch kaum Sorgen. Aus diesem Grund wurden für diese
Fragen in erster Linie Faktoren gewählt, die für alle Personen der Bevölkerung relevant sind,
das heisst, denen gegenüber alle potenziell exponiert sind. Bei Faktoren wie ‚Rauchen’ oder
‚ungeschützter Geschlechtsverkehr’ würde der Grossteil antworten, dass diese für ihre
Gesundheit nicht relevant sind (oder allenfalls unterschiedlich relevant beim Passivrauchen).
Des Weiteren wurde darauf geachtet, dass sich die Faktoren in drei Dimensionen
unterscheiden (siehe Abbildung 2): i) wissenschaftlicher Kenntnisstand, ii) individuelle
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 10/51
Kontrollierbarkeit der Exposition sowie iii) die Dimension natürlich/altbekannt vs.
technisch/neu. Diese Unterscheidung hatte zum Ziel, zu analysieren, ob bestimmte
Eigenschaften eines Umwelteinflusses einen Einfluss auf den Grad der Besorgnis ausüben.
Beispielsweise ob die Besorgnis davon beeinflusst wird, ob die Exposition individuell
kontrolliert werden kann oder nicht.
Abbildung 2: Überblick über die Umwelteinflüsse, zu denen die Besorgnis abgefragt wurde. Auf der
Abszisse (x-Achse) ist der wissenschaftliche Kenntnisstand dargestellt, auf der Ordinate
(y-Achse) die individuelle Kontrollierbarkeit der Exposition. Gepunktete Ellipsenlinien
(BBBBBB) bezeichnen altbekannte und natürliche Einflüsse, ausgezogene Linien (———)
technische und eher neue Faktoren; gestrichelte Linien (------) repräsentieren eine
mittlere Kategorie zwischen diesen beiden Polen.
Wissenschaftl. Kenntnisstand bezüglich Gesundheitsrisiko
Individuelle Kontrollierbarkeit der Exposition
niedrig
hoch
hoch
niedrig
UV-Strahlung
Verkehrslärm
Luftverschmutzung
Teilnahme am
Strassenverkehr
Lebensmittelzusätze
Gentechnologie
Handynutzung
Mobilfunk-
sendeanlagen
Hochspannungs-
leitungen
Strahlung von
elekt. Geräten
Stress
Nutzung von schnur-
losen Telefonen
Wissenschaftl. Kenntnisstand bezüglich Gesundheitsrisiko
Individuelle Kontrollierbarkeit der Exposition
niedrig
hoch
hoch
niedrig
UV-Strahlung
Verkehrslärm
Luftverschmutzung
Teilnahme am
Strassenverkehr
Lebensmittelzusätze
Gentechnologie
Handynutzung
Mobilfunk-
sendeanlagen
Hochspannungs-
leitungen
Strahlung von
elekt. Geräten
Stress
Nutzung von schnur-
losen Telefonen
Die Teilnehmer konnten ihre Besorgnis auf einer vierstufigen Skala angeben: „starke
Sorgen“, „ziemliche Sorgen“, „wenig Sorgen, „gar keine Sorgen“ (die Antwortmöglichkeiten
„weiss nicht“ oder „trifft nicht zu“ wurden erfasst, jedoch nicht vorgegeben). Als "besorgt"
wurden diejenigen Personen definiert, welche starke oder ziemliche Sorgen äusserten. Für
Gruppenvergleiche wurde dann eine Gruppe EMF-besorgter Personen definiert. Zu dieser
Gruppe gehörte, wer sich in Bezug auf die eigene Gesundheit wegen mindestens einer der
genannten EMF-Quellen besorgt äusserte, ohne jedoch eigene Gesundheitsbeschwerden
mit EMF in Verbindung zu bringen (siehe Kap. 3.5).
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 11/51
Frage zur Besorgnis:
„Gesundheit kann durch vielfältige Einflüsse geschädigt werden. Machen Sie
sich wegen folgender Einflüsse auf Ihre Gesundheit Sorgen?
Ich lese Ihnen die verschiedenen Einflüsse jetzt vor. Sagen Sie mir bitte,
ob Sie sich starke Sorgen, ziemliche Sorgen, wenig Sorgen oder gar keine
Sorgen machen.“
[Es folgte die Aufzählung der 12 Faktoren in randomisierter Reihenfolge]
2.2.3 Gesundheitsbeschwerden
Die Frage zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen wurde auf fünf Umwelteinflüsse
beschränkt, nämlich
• Luftverschmutzung
• Elektrosmog wie Handy, Natelantenne, Hochspannungsleitung, Schnurlos-
Festnetztelefone oder andere elektrische Geräte,
• Wettereinflüsse
• Lärm
• Stress
Die vier Nicht-EMF-Faktoren wurden gewählt, weil sie vor allem mit unspezifischen
Gesundheitssymptomen assoziiert werden und durch eigenes Handeln nicht gut
beeinflussbar sind. Im Gegensatz dazu steht beispielsweise die UV-Strahlung mit einer
Sonnenbrandgefahr.
Fragen zu Gesundheitsbeschwerden:
„Nun möchten wir von Ihnen wissen, ob Sie jetzt oder früher einmal wegen
der folgenden Einflüsse gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten haben.“
[Es folgte die Aufzählung der fünf Umwelteinflüsse in randomisierter
Reihenfolge]
Es wurde explizit danach gefragt, ob die Beschwerden zur Zeit oder in der Vergangenheit
aufgetreten sind. Damit sollte gewährleistet sein, dass die Antwort nicht nur von der
gegenwärtigen Expositionssituation abhängig ist und dass auch Personen erfasst werden,
die aufgrund ihrer Beschwerden Massnahmen ergriffen hatten, die zur Linderung der
Beschwerden führten; beispielsweise wenn jemand aufgrund von Gesundheitsbeschwerden
in der Nähe eines Senders den Wohnort gewechselt hatte.
Die Frage nach den gesundheitlichen Beschwerden wurde absichtlich offen gestellt, um nicht
suggestiv zu sein. Die Interviewerinnen hatten aber eine Liste, anhand derer die Antwort
eingetragen werden konnte. Diese Liste umfasste folgende Beschwerden :
Q Kopfschmerzen
Q Nervosität
Q Konzentrationsprobleme, Müdigkeit
Q Aggressivität, Reizbarkeit
Q Depression
Q Schlafstörungen
Q Schwindel, Benommenheit, Übelkeit
Q Sensibilitätsstörungen, Kribbeln, Brennen, Restless Legs Syndrom (RLS)
Q Ohrenschmerzen
Q Wärmegefühl am Ohr
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 12/51
Q Tinnitus
Q Rheuma, Gelenkerkrankungen, Rückenschmerzen
Q Immunschwäche, vermehrte Infektanfälligkeit
Q Atemwegprobleme, Reizungen der Schleimhäute
Q Hautausschlag, Ekzem, Hautallergien, Haarprobleme
Q Durchfall, Verstopfung, Bauchkrämpfe
Q Herzleiden, Herzbeschwerden
Q Bluthochdruck, Kreislaufstörungen
Q Krebs, Leukämie
Q Anderes, was? ......................
Bei Beschwerden, die einer EMF-Quelle zugeschrieben wurden, wurde zusätzlich das
zeitliche und räumliche Auftreten der Beschwerden genauer erfragt. Weiter wurde gefragt, ob
die Befragten vermuteten, dass die Beschwerden von spezifischen Quellen herrühren oder
ob sie durch Elektrosmog generell verursacht werden.
Als elektromagnetisch hypersensibel (EHS-Personen) wurden Personen definiert, die
entweder aktuell oder in der Vergangenheit Gesundheitsbeschwerden auf die Exposition
gegenüber EMF zurückführten (siehe Kap. 3.4.1)
2.2.4 Massnahmen/ Therapie
Die Personen, die gesundheitliche Beschwerden auf EMF zurückführten, wurden zusätzlich
gefragt, ob sie bereits Massnahmen zur Expositionsverringerung ergriffen und/oder
Therapien genutzt hatten. Im Fall, dass dies bejaht wurde, wurde nach der Art der
durchgeführten Massnahme gefragt. Die Frage erfolgte jeweils offen, die Interviewerinnen
klassifizierten die Antworten anhand einer vorgegebenen Liste.
Fragen zu Massnahmen:
i) „Haben Sie im Zusammenhang mit den genannten Beschwerden bereits
eine Fachperson aufgesucht?“
Falls ja: „Wo haben Sie eine Untersuchung oder Beratung
angestrebt?“
ii) „Haben Sie für die Behandlung der Beschwerden schon alternative
Medizin/Komplementärmedizin in Anspruch genommen?“
Falls ja: „Welche Art der Alternativen Medizin/Komplementärmedizin
nahmen oder nehmen Sie in Anspruch?“
iii) „Treffen oder trafen Sie noch andere Massnahmen, damit die
Beeinträchtigungen aufhören?“
Falls ja: „Welche Massnahmen sind oder waren das?“
Bei Personen, die keine Gesundheitsbeschwerden mit EMF attribuierten, wurden folgende
Fragen zu den Massnahmen gestellt:
„Treffen oder trafen Sie Massnahmen, um sich vor möglichen
negativen Auswirkungen von Elektrosmog zu schützen?“
Falls ja: „Welche Massnahmen sind das?“
Zusätzlich wurde gefragt, ob die Befragten je Einspruch gegenüber dem Bau einer
Mobilfunkantenne erhoben hatten.
2.2.5 Exposition
Es wurde eine potenziell vorhandene Exposition gegenüber Mobilfunkbasisstationen und
Hochspannungsleitungen abgefragt. Dabei wurde zuerst gefragt, ob sich in der Nähe des
Wohnortes eine solche Anlage befindet. Der Begriff Nähe wurde bewusst nicht genauer
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 13/51
definiert, um erfassen zu können, ob sich die Befragten subjektiv exponiert fühlten. Wenn
aber nachgefragt wurde, was mit „Nähe“ gemeint sei, wurden die Interviewerinnen
angewiesen, einen Umkreis von ca. 500 m zu erwähnen. Die Frage wurde offen gestellt, mit
den Antwortmöglichkeiten „ja“, „nein“, „noch nie darauf geachtet“ und „weiss nicht“. Die
beiden letzteren Antwortmöglichkeiten dienten als zusätzlicher Indikator für die Präsenz des
Themas bei der befragten Person.
Fragen zur Exposition gegenüber Mobilfunkbasisstationen:
„Gibt es in der Nähe Ihrer Wohnung eine Mobilfunk-Sendeanlage, d.h.
Natelantenne?“
Falls ja:
„Befindet sich die Natelantenne auf dem Dach ihres eigenen Hauses,
von der Wohnung in Sichtweite oder ausserhalb der Sichtweite, aber
noch in näherer Umgebung?“
„Wie viele Meter ist die Natelantenne etwa von Ihrer Wohnung
entfernt?“
Bei Antennen auf dem Dach wurde zusätzlich noch nach der Anzahl Stockwerke dazwischen
und der Bauweise des Dachs gefragt, um einen groben Anhaltspunkt für eine potenzielle
Exposition zu erhalten.
Analog zur Frage nach dem Wohnen in der Nähe einer Mobilfunkantenne wurde nach dem
Wohnen in der Nähe einer Hochspannungsleitung oder Eisenbahnfahrleitung gefragt.
Mit den Fragen nach dem Besitz eines schnurlosen Festnetztelefons oder Mobiltelefons
sowie der Häufigkeit des Mobiltelefongebrauchs wurde die Exposition gegenüber individuell
beeinflussbarer Hochfrequenzstrahlung abgeschätzt. Zusätzlich waren diese Antworten ein
Indikator für die Einstellung zur Thematik. Deshalb wurde bei Personen, die kein Mobiltelefon
benützen, gefragt, aus welchen Gründen sie darauf verzichten. Die Antwortkategorien waren
offen, die Interviewerinnen klassierten die Antworten gemäss Liste.
Fragen zum Handygebrauch:
„Benutzen Sie ein Handy?“
Wenn nicht:
„Aus welchem Grund benutzen Sie kein Handy?“
Wenn ja:
„Benutzen Sie das Handy täglich oder seltener?“
Bei täglichen Benutzern wurde anschliessend der durchschnittliche Gebrauch abgefragt
(Dauer der täglichen Telefonate und Anzahl SMS).
Anhand dieser Angaben wurden drei Expositionsmasse abgeleitet, die eine grobe
Klassierung der Bevölkerung in potenziell Exponierte und mutmasslich Nicht-Exponierte
erlaubte.
1. Handynutzer: Personen, die angaben, ein Handy zu benutzen, wurden als
Handynutzer klassiert (im Gegensatz zu Nicht-Benützern)
2. Exposition gegenüber Mobilfunkbasisstationen: Als potenziell exponiert wurde
jemand klassiert, wenn die Distanz zur nächsten Mobilfunkbasisstation, die sich nicht
auf dem eigenen Dach befand, kleiner als 200m geschätzt wurde; zusätzlich musste
die Antenne sichtbar sein. Wenn sich die Antenne auf dem eigenen Dach befand,
wurde jemand als potenziell exponiert erachtet, wenn die Person im obersten Stock
wohnte und das Dach nicht aus Beton war.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 14/51
3. Exposition gegenüber elektrischen Leitungen: Potenzielle Exposition wurde dann
angenommen, wenn die Entfernung zur nächsten Hochspannungsleitung geringer als
200 m oder zur nächsten Eisenbahnfahrleitung kleiner als 25 m war.
Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass es sich bei den drei Expositionsmassen um
ganz grobe Klassifizierungen handelt. In erster Linie beruhen sie auf Schätzungen der
Befragten, deren Zuverlässigkeit nicht validiert werden kann. Des Weiteren gibt es eine
ganze Reihe von Faktoren, die für eine genaue Expositionsabschätzung zusätzlich
berücksichtigt werden müssten. Zu den Wichtigsten gehören die Benützungsdauer von
Handys bzw. die Aufenthaltsdauer am Wohnort sowie die Emissionsstärke der ent-
sprechenden Quelle (Sendeleistung von Handys und Mobilfunkbasisstationen, Spannung
und Stromfluss der Hochspannungsleitungen). In erster Linie wird mit diesen Expositions-
massen also die Bevölkerung in zwei Gruppen mit etwas höherer bzw. etwas tieferer
Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber den entsprechenden Quellen eingeteilt.
2.2.6 Soziodemographie
Die soziodemographischen Fragen umfassten Alter, Geschlecht, Zivilstand,
Haushaltsgrösse, Art der Erwerbstätigkeit sowie den Ausbildungsstand.
2.3 Statistische Auswertung
Die statistischen Auswertungen wurden mit dem Modul 'Analyses of Survey-Data’ des
Programms S
TATA 8.2 durchgeführt. Entsprechend dem Standardverfahren für solche
Befragungen wurde die Repräsentativität der Zufallsstichprobe für die in der Schweiz
wohnhafte Bevölkerung mittels Gewichtung der Antworten erreicht. Auf der ersten Ebene
wurde anhand der Haushaltgrösse berücksichtigt, wie gross die Wahrscheinlichkeit für eine
Person war, interviewt zu werden (Personen in grossen Haushalten haben aufgrund des
zweistufigen Auswahlverfahrens mit zufälligen Telefonnummern auf der Haushaltsebene
eine geringere Wahrscheinlichkeit). Dann wurde mit Randsummenabgleich für Geschlecht
und Alter gewichtet. Die Basis dafür bildete die Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes
2003 (ESPOP, provisorische Ergebnisse) des Bundesamtes für Statistik (Bundesamt für
Statistik, 2004).
Gruppenvergleiche wurden mittels statistischer Standardtechniken durchgeführt (z.B. Chi-
Quadrat-Test und logistische Regression, jeweils korrigiert für Survey-Statistik).
Vertrauensintervalle für grosse Gruppengrössen (n>150) wurden mittels Standardtechnik
basierend auf asymptotischer Näherung berechnet. Für kleinere Gruppengrössen wurde die
Methode der quadratischen Gleichungen angewendet.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 15/51
3. Resultate
3.1 Ausschöpfung
Das Interview konnte mit 2'048 Personen durchgeführt werden. Dies entsprach einer Aus-
schöpfungsquote von 55 Prozent an der bereinigten Stichprobe (siehe Tabelle 1). Die hohe
Ausschöpfungsquote ist wahrscheinlich auf das vorgängige Anschreiben zurückzuführen und
ist ein Indiz für die Akzeptanz der Befragung. Sie ist eine wichtige Voraussetzung für die
Qualität der Befragung.
Tabelle 1: Ausschöpfung der Stichprobe
Anzahl Prozent (total)
Prozent (bereinigte
Stichprobe)
Gesamt (Brutto) 4199 100.0
Kein Haushalt/ Anschluss ausser Betrieb 284 6.8
Krankheit/ Hörprobleme 73 1.7
Fremdsprache 128 3.0
Gesamt 485 11.6
Gesamt (Netto) 3714 88.4 100.0
Nicht erreicht/trotz Kontakt kein Interview 525 12.5 14.1
Ablehnung Haushaltsmitglied 785 18.7 21.1
Ablehnung/ Abbruch Zielperson 356 8.5 9.6
Abschluss des Interviews 2048 48.8 55.1
3.2 Sorgen um die eigene Gesundheit durch Umwelteinflüsse
91 Prozent (95%-Konfidenzintervall (K.I.) 89 – 92%) der Bevölkerung machten sich wegen
mindestens einer der genannten Umwelteinflüsse starke oder ziemliche Sorgen (Details
siehe Anhang Tabelle 15). Am meisten Personen waren besorgt wegen des Gesundheits-
risikos Luftverschmutzung: 69 Prozent (K.I. 66 – 71%) schätzten dieses Risiko als „stark“
oder „ziemlich stark“ ein (siehe Abbildung 3). Für die Mobilfunkbasisstationen lag diese
Risikoeinschätzung bei 36 Prozent (K.I. 34 – 38%) der Personen. Die restlichen vier EMF-
Quellen sind auf den untersten vier Positionen in Abbildung 3 zu finden. Bei diesen vier
Quellen lag der Anteil der Besorgten zwischen 18 Prozent (schnurlose Festnetztelefone) und
30 Prozent (Hochspannungsleitungen). 57 Prozent (K.I. 55 – 60%) der Bevölkerung machten
sich Sorgen wegen mindestens einer der genannten EMF-Quellen.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 16/51
Abbildung 3: Risikoeinschätzung verschiedener Umweltexpositionen anhand der Frage: „Machen Sie
sich wegen folgender Einflüsse auf Ihre Gesundheit Sorgen?“ Sortierung anhand der
Anteile „starke“ und „ziemliche“ Sorgen
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Nutzung schnurloser
Festnetztelefone
Strahlung von elektr. Geräten
Handynutzung
Hochspannungsleitungen
Verkehrslärm
Mobilfunkbasistationen
Lebensmittelzusätze
Stress
Teilnahme an
Strassenverkehr
Gentechnologie
UV Strahlung
Luftverschmutzung
stark ziemlich wenig gar nicht trifft nicht zu/ weiss nicht/ keine Antwort
3.3 EMF-attribuierte Gesundheitsbeschwerden
Eine der Fragen lautete, ob bereits einmal (zur Zeit oder in der Vergangenheit)
gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der Einflüsse Lärm, Luftverschmutzung,
Wetter, Stress oder „Elektrosmog“ aufgetreten waren. 67 Prozent bejahten dies (Details
siehe Anhang Tabelle 16). Am häufigsten wurden Gesundheitsbeschwerden wegen Stress
oder wegen des Wetters genannt (siehe Abbildung 4). Luftverschmutzung und Lärm folgten
an dritter beziehungsweise vierter Stelle. Am seltensten wurden Beeinträchtigungen durch
EMF genannt. 2.7 Prozent (K.I. 2.0-3.5%) gaben an, zur Zeit an Beschwerden wegen EMF
zu leiden, 2.2 Prozent (K.I. 1.6%-2.9%) hatten früher solche Beschwerden.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 17/51
Abbildung 4: Anteil der Personen mit Gesundheitsbeschwerden auf die Frage: „Nun möchten wir von
Ihnen wissen, ob Sie jetzt oder früher einmal wegen der folgenden Einflüsse
gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten haben.“ Vertikale Striche bezeichnen 95%-
Vertrauensintervalle.
Anteil [%]
0 5 10 15 20 25 30
Wetter Stress Luftverschmutzung Lärm EMF
zur Zeit
früher
Tabelle 2 stellt die drei jeweils am häufigsten genannten Gesundheitsbeschwerden aufgrund
des jeweiligen Einflusses dar. Mit Stress und Lärm wurden hauptsächlich Nervosität und
Schlafstörungen attribuiert, mit „Elektrosmog“ Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Der
Wettereinfluss wurde deutlich am häufigsten mit Kopfschmerzen in Verbindung gebracht und
bei der Luftverschmutzung dominierten eindeutig die Atemwegsprobleme.
Tabelle 2: Die drei jeweils am häufigsten genannten Beschwerden, im Zusammenhang mit einer
bestimmten Exposition. Prozentangaben beziehen sich auf die Häufigkeit der Nennung
innerhalb der Gruppe, die Beschwerden auf den jeweiligen Einflussfaktor zurückführte.
Mehrfachnennungen waren möglich.
Einfluss Häufigste Beschwerde Zweithäufigste Be
schwerde
Dritthäufigste Beschwerde
Stress
23% Nervosität 21%
Schlafstörung 18% Kopfschmerzen
Lärm
36% Schlafstörung 21%
Nervosität 14% Aggressivität/ Reizbarkeit
EMF
43% Schlafstörung 34%
Kopfschmerzen 10%
Müdigkeit/
Konzentrations-
beschwerden
Wetter
55% Kopfschmerzen 14%
anderes 12%
Rheuma/ Gelenk-
erkrankungen
Luftverschmutzung
73% Atemwegsprobleme 9% Hautausschlag 7% anderes
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 18/51
3.4 Personen mit EMF-attribuierten Gesundheitsbeschwerden
3.4.1 Definition der elektromagnetisch hypersensiblen Personen
5 Prozent (K.I.: 4.0 – 6.0%) aller Befragten berichteten über gegenwärtige oder vergangene
Gesundheitsbeschwerden, die sie auf EMF zurückführen (siehe Abbildung 4). Die Personen
dieser Gruppe wurden als „elektromagnetisch hypersensibel“ (EHS-Personen) betrachtet. Im
Weiteren werden zunächst die EHS-Personen genauer charakterisiert. Im Kapitel 3.5 werden
dann die EHS-Personen mit der restlichen Bevölkerung verglichen.
3.4.2 Gesundheitsbeschwerden
Wie oben erwähnt gaben 2.7 Prozent der Bevölkerung an, gegenwärtig unter Gesundheits-
beschwerden zu leiden, die sie auf die Exposition von elektromagnetischen Feldern
zurückführen. 2.2 Prozent hatten früher solche Symptome. Im Durchschnitt wurden 1.3
Symptome genannt, hauptsächlich unspezifische Gesundheitsbeschwerden oder Einschrän-
kungen des Wohlbefindens (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5: Art und Häufigkeit von EMF-attribuierten Gesundheitsbeschwerden. Prozentangaben
beziehen sich auf die Häufigkeit der Nennung innerhalb der Gruppe der EHS-Personen.
Mehrfachnennungen waren möglich. Waagrechte Striche: 95%-Vertrauensintervall.
(RLS=Restless Legs Syndrom).
Anteil von allen EHS-Personen in Prozent
0 10 20 30 40 50
Durchfall/Verstopfung/Bauchkrämpfe
Hautausschlag/Ekzem/Hautallergien/Haarprobleme
Tinnitus
Depression
Herzleiden/Herzbeschwerden
Sensibilitätsstörungen/Kribbeln/Brennen/RLS
Beeinträchtigung kann nicht genau benannt werden
Aggressivität/Reizbarkeit
Ohrenschmerzen
Wärmegefühl am Ohr
Schwindel/Benommenheit/Übelkeit
Atemwegprobleme/Reizungen der Schleimhäute
Anderes
Rheuma/Gelenkerkrankungen/Rückenschmerzen
Nervosität
Konzentrationsprobleme/Müdigkeit
Kopfschmerzen
Schlafstörungen
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 19/51
Deutlich am häufigsten wurden Schlafstörungen und Kopfschmerzen genannt. Andere
Symptome wurden nur gelegentlich genannt (bezogen auf die ganze Bevölkerung im
Promillebereich). Die grossen 95%-Vertrauensintervalle sind eine Folge der insgesamt relativ
geringen Anzahl von EHS-Personen.
3.4.3 Vermutete Ursache
Personen mit EMF-attribuierten Gesundheitsbeschwerden führten diese am häufigsten auf
Hochspannungsleitungen und auf Handys zurück (siehe Abbildung 6). Nur gerade 20% der
EHS-Personen führten ihre Beschwerden nicht auf eine (oder mehrere) spezifische EMF-
Quelle zurück, sondern auf EMF generell. Mobilfunkbasisstationen wurden von 13 Prozent
der EHS-Personen als Ursache der Beschwerden genannt. Die Reihenfolge der
Ursachennennung unterliegt einer statistischen Unschärfe, die anhand der
Vertrauensintervalle abgeleitet werden kann.
Abbildung 6: Die am häufigsten vermuteten Ursachen für EMF-attribuierte Beschwerden. Waagrechte
Striche: 95%-Vertrauensintervall. Mehrfachnennungen waren möglich.
Anteil von allen EHS-Personen in Prozent
0 10 20 30 40
Mikrowellenherde
schnurlose Festnetztelefone
Mobilfunk-Basisstationen
andere Geräte
Radio- und Fernsehantennen
unspezifisch
Fernseher und Computer
Handy
Hochspannungsleitungen
In Tabelle 3 sind den fünf am häufigsten genannten Beschwerden die jeweils am häufigsten
vermuteten EMF-Quellen gegenübergestellt. Nicht für alle Symptome wurden die gleichen
Ursachen in Betracht gezogen. Es wurde jedoch keine Kombination von Symptom und
vermuteter Ursache auffällig häufig genannt.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 20/51
Tabelle 3: Die fünf häufigsten Gesundheitsbeschwerden, die mit EMF in Verbindung gebracht
wurden, und die drei jeweils am häufigsten angegebenen Ursachen (EMF-Quellen).
Mehrfachnennungen möglich. Prozentangaben beziehen sich auf die Häufigkeit der
Kombinationsnennung innerhalb der ganzen EHS-Personengruppe.
am häufigsten
vermutete Ursache
am zweithäufigsten
vermutete Ursache
am dritthäufigsten
vermutete Ursache
Schlafstörungen
Fernseher/ Computer
(11.0%)
Radio- und
Fernsehantennen
(10.6%)
Hochspannungs-
leitungen (10.2%)
Kopfschmerzen Handynutzung (9.6%)
Hochspannungs-
leitungen (8.4%)
Mobilfunkantennen
(6.5%)
Müdigkeit/ Konzentra-
tionsbeschwerden
Fernseher/ Computer
(3.5%)
Keine spezifische Quelle
(3.4%)
Hochspannungs-
leitungen (2.2%)
Nervosität
Hochspannungs-
leitungen (4.3%)
Fernseher/ Computer
(3.3%)
Andere elektrische
Geräte (2.2%)
Rheuma/ Gelenk-/
Rückenschmerzen
Fernseher/ Computer
(3.3%)
Hochspannungs-
leitungen (0.7%)
Mobilfunkantennen
(0.5%)
3.4.4 Zeitliches und räumliches Auftreten der Symptome
40% der EHS-Personen beschrieben „dauernd“ oder „täglich“ auftretende Beschwerden. Die
häufig genannten Beschwerden wie Schlafstörungen oder Kopfschmerzen wurden von ca.
einem Drittel bis der Hälfte der Betroffenen als täglich oder dauernd auftretend beschrieben.
Bei den etwas selteneren Beschwerden wie Rheuma oder Gelenk-/Rückenschmerzen gaben
dagegen fast alle Betroffenen tägliches oder dauerndes Auftreten an.
Jede/r Zweite (50.4%) beschrieb seine Beschwerden als zuhause auftretend, ein weiteres
Viertel (24.5%) als „überall, wo es elektromagnetische Felder gibt“. Der Rest beschrieb
Beschwerden „überall“ (9.8%), bei der Arbeit (5.8%), an anderen Orten oder konnte es nicht
genauer beschreiben. Dabei traten Schlafstörungen am häufigsten zuhause (81%) auf.
Kopfschmerzen traten am häufigsten „zuhause“ (42%) oder „überall, wo es EMF gibt“ (33%)
auf. Diese Reihenfolge trifft auch für Nervosität zu („zuhause“: 47%; „überall“: 26%).
Konzentrationsbeschwerden und Müdigkeit traten „überall, wo es EMF gibt“ (43%) und
„zuhause“ (37%) auf. Rheuma, Gelenk- oder Rückenschmerzen traten deutlich am
häufigsten „überall“ (76%) auf.
3.4.5 Medizinische Behandlung
Die EHS-Personen wurden gefragt, ob sie bereits einmal medizinische oder komplementär-
medizinische Leistungen wegen der genannten Beschwerden in Anspruch genommen
hatten. Dabei fiel auf, dass lediglich 13% der Betroffenen ihren Hausarzt oder ihre Haus-
ärztin zu Rate gezogen hatten (siehe Tabelle 4), wogegen fast ein Drittel komplementär-
medizinische Leistungen genutzt hatte. Aus einer Liste von 14 verschiedenen komplementär-
medizinischen Angeboten wurden dabei am häufigsten die klassische Homöopathie, „andere
Methoden“ sowie die traditionelle chinesische Medizin (TCM, inklusive Akupunktur) genannt
(Details siehe Anhang Tabelle 17). Niemand hatte eine Selbsthilfegruppe, Gemeindebe-
hörden, eine der Mobiltelefongesellschaften oder Gerätehersteller zu Rate gezogen.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 21/51
Tabelle 4: Inanspruchnahme therapeutischer Leistungen von EHS-Personen. Prozentangaben
beziehen sich auf die Gruppe der EHS-Personen. Mehrfachnennungen möglich.
Anteil der EHS-Personen in %
(95% K.I.)
Hat schon mal Komplementärmedizin wegen der
Beschwerden konsultiert
32.1
(24.0 – 41.4)
Hat schon mal den Hausarzt/ -ärztin wegen der
Beschwerden konsultiert
13.4
(8.2 – 21.1)
Hat schon mal irgendeine/n andere Therapeuten/in
wegen der Beschwerden konsultiert
7.8
(4.1 – 14.5)
3.4.6 Gesundheitsausgaben
34 Prozent der EHS-Personen gaben an, in den letzten vier Wochen Ausgaben für die
Gesundheit getätigt zu haben, die von der Krankenkasse nicht übernommen wurden. Dabei
hatten 21.9 Prozent bis hundert CHF ausgegeben, 10.7 Prozent zwischen 100 und 500 CHF
und immerhin noch 1.6 Prozent über 500 CHF.
3.4.7 Chronische Erkrankungen
Die EHS-Personen wurden analog zur repräsentativen Schweizerischen Gesundheits-
befragung von 2002 gefragt, ob sie im Laufe der letzten 12 Monate wegen bestimmten
Krankheiten behandelt worden waren.
Tabelle 5: Anteil von Personen, die in den letzten 12 Monaten wegen einer der genannten
Krankheiten in Behandlung war. Vergleich der Gruppe der EHS-Personen mit der
repräsentativen Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2002.
geschätzte Prävalenz in der
CH Bevölkerung (SGB), in %
EHS-Personen, in %
Rheumatismus 8.6 10.4
Chronische Bronchitis, Emphysem 3.4 5.7
Hoher Blutdruck 13.6 11.8
Herzinfarkt (Herzschlag) 2.2 2.6
Schlaganfall (Schlägli) 1.0 2.6
Nierenkrankheit, Nierensteine 2.2 5.1
Krebs, Geschwulst 2.7 5.3
Heuschnupfen oder andere Allergie 10.0 19.7
Nervenzusammenbruch, Depression 5.1 7.2
Auffällig ist in Tabelle 5, dass alle aufgezählten Erkrankungen, mit Ausnahme von
Behandlungen von hohem Blutdruck, in der Gruppe der EHS-Personen häufiger genannt
wurden als in der Schweizerischen Gesundheitsbefragung. Allerdings ist die statistische
Unschärfe der Häufigkeitsschätzung bei den relativ wenigen EHS-Personen so gross, dass
diese Unterschiede nicht signifikant sind. Lediglich Behandlungen wegen Heuschnupfen und
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 22/51
anderen Allergien wurden von EHS-Personen signifikant häufiger genannt als in der
Schweizerischen Gesundheitsbefragung.
3.4.8 Vergleich der Personen mit gegenwärtigen und vergangenen EMF-attribuierten
Beschwerden
Eine der Fragen, die sich stellte, war, ob Personen mit aktuellen EMF-attribuierten
Beschwerden über andere Symptome berichteten als Personen mit Beschwerden in der
Vergangenheit. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die jeweils fünf häufigsten Gesundheits-
beschwerden in diesen beiden Untergruppen.
Tabelle 6: Die fünf am häufigsten genannten Beschwerden von Personen mit gegenwärtigen bzw.
vergangenen EMF-attribuierten Beschwerden.
Reihenfolge gegenwärtige Beschwerden Beschwerden in der Vergangenheit
1. Kopfschmerzen Schlafstörungen
2. Schlafstörungen Kopfschmerzen
3. Konzentrationsbeschwerden, Müdigkeit Nervosität
4. Rheuma, Gelenkerkrankungen Konzentrationsbeschwerden, Müdigkeit
5. Atemwegsbeschwerden Schwindel, Benommenheit, Übelkeit
Es fällt auf, dass in beiden Untergruppen jeweils Kopfschmerzen und Schlafstörungen an
den ersten beiden Stellen in der Häufigkeit stehen, wenn auch in vertauschter Reihenfolge.
Konzentrationsbeschwerden und Müdigkeit kommen einmal an dritter, einmal an vierter
Stelle. Bei den geringen Fallzahlen sind zufällige Reihenfolgeunterschiede zu erwarten, so
dass wenig Evidenz besteht, dass sich die Beschwerden zwischen den beiden Gruppen
systematisch unterscheiden.
Als weitere Frage stellte sich, ob EHS-Personen mit Gesundheitsbeschwerden in der
Vergangenheit andere, ev. effizientere Massnahmen gegen EMF ergriffen hatten, als EHS-
Personen mit aktuellen Beschwerden. Tabelle 7 stellt die verschiedenen Massnahmen im
Vergleich der beiden Gruppen dar. Insbesondere fällt auf, dass Personen mit Beschwerden
in der Vergangenheit häufiger angeben, die EMF-Quelle selber abgeschaltet zu haben. Dies
ist natürlich nicht bei allen Quellen möglich. Angegeben wurde das Abschalten insbesondere
bei elektrischen Geräten und Computern. Im Vergleich zu Personen mit gegenwärtigen
Symptomen gaben Personen mit Beschwerden in der Vergangenheit seltener an, das
Mobiltelefon möglichst wenig zu nutzen.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 23/51
Tabelle 7: Vergleich der Massnahmen, die EHS-Personen mit aktuellen bzw. in der Vergangenheit
aufgetretenen Gesundheitsbeschwerden ergriffen haben, um die Beeinträchtigungen zu
reduzieren. Prozentangaben beziehen sich auf das jeweilige Gruppetotal.
Mehrfachnennungen möglich. Der p-Wert quantifiziert die Wahrscheinlichkeit, dass die
beobachteten Unterschiede auf Zufall zurückzuführen sind, wenn in Wahrheit kein
Unterschied besteht.
EHS-Personen
Berichtet gegenwärtig
Beschwerden [%]
Beschwerden in der
Vergangenheit [%]
p-Wert
Die Quelle wurde abgeschaltet 4.9 8.3 0.58
Selber die Quelle abgeschaltet 11.1 33.8 0.07
Wohnort gewechselt 8.3 8.9 0.93
Zimmer gewechselt 13.8 6.1 0.36
Arbeitsort gewechselt 0.0 4.9 0.18
Abschirmvorrichtungen/ -vorhänge 1.5 5.7 0.27
Abschirmgeräte/ Kristalle 14.2 15.7 0.87
Exposition vermeiden 18.0 24.4 0.54
Konsultation von Hausarzt, Komplementärmediziner oder
anderen Therapeuten
50.3 54.9 0.72
Baubiologische Sanierung/ Abklärung/ Messung 14.0 8.7 0.55
Sich an Behörden wenden 0.0 3.1 0.32
Mobiltelefon wenig nutzen, oft ausschalten 23.3 3.2 0.03
Mobiltelefon nicht am Körper tragen 8.7 11.0 0.80
SAR-Werte beim Mobiltelefonkauf beachten 0.0 3.3 0.32
Tragen eines Headsets 5.9 0.0 0.30
Anderes 15.6 13.5 0.81
3.5 Vergleich der EHS-Personen mit der gesamten Bevölkerung
Neben der bereits beschriebenen Gruppe der 5% „elektromagnetisch Hypersensiblen“ (EHS)
wurden für die weitere Betrachtung zwei weitere Gruppen definiert (siehe auch Tabelle 8):
Q Gruppe „EMF-Besorgte“: 52.9% (K.I.: 50.5 – 55.2%) aller Personen äusserten
Sorgen in Bezug auf ihre eigene Gesundheit wegen mindestens einer der genannten
EMF-Quellen, ohne jedoch eigene Gesundheitsbeschwerden mit EMF in Verbindung
zu bringen.
Q Gruppe „EMF-Unbesorgte“: Besteht aus 42.2% (K.I.: 39.8 – 44.5%) aller
Personen, die weder über Beschwerden noch über Sorgen wegen EMF berichteten.
Diese Gruppe wird im Weiteren als die „EMF-Unbesorgten“ bezeichnet. Es ist
möglich, dass sich Personen in dieser Gruppe Sorge wegen Nicht-EMF-
Umweltexpositionen Sorgen machten.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 24/51
Tabelle 8: Definition und Anteil der Gruppen "EHS-Personen", "EMF-Besorgte" und "EMF-
Unbesorgte". Angaben in % der gesamten Stichprobe
Berichtet Sorgen wegen EMF Summe
ja nein
ja 4.5 0.5 5.0
„EHS-Personen“
Berichtet
Beschwerden wegen
EMF
nein
52.8
„EMF-Besorgte“
42.2
„EMF-Unbesorgte“
95.0
Summe
57.3 42.7 100
Aus Tabelle 8 ist ersichtlich, dass sich die meisten, jedoch nicht alle EHS-Personen, besorgt
wegen gesundheitlicher Auswirkungen äusserten.
3.5.1 Demographische Charakterisierung
Insgesamt war die Altersverteilung der Personen in den drei Gruppen nicht sehr unterschied-
lich (siehe Tabelle 9). Tendenziell waren Personen zwischen 35 und 44 Jahren bei den EHS-
Personen etwas stärker vertreten als bei den EMF-Unbesorgten. Ältere Personen (>75
Jahre) fanden sich dagegen bei den EMF-Unbesorgten etwas häufiger als bei den EHS-
Personen. Dementsprechend lag bei den EMF-Unbesorgten der Prozentanteil der Personen
mit Erwerbstätigkeit etwas niedriger und derjenige der Rentner etwas höher.
Frauen waren bei den EMF-Besorgten und EHS-Personen in der Mehrzahl, während Männer
in der Gruppe der EMF-Unbesorgten häufiger waren (siehe Tabelle 9). Verheiratete waren
bei den EMF-Besorgten im Vergleich zu den EHS-Personen und den EMF-Unbesorgten
etwas übervertreten. Andere soziodemographische Faktoren unterschieden sich wenig
zwischen den drei Gruppen.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 25/51
Tabelle 9: Demographische Charakteristika der EHS-Personen, der EMF-Besorgten und der EMF-
Unbesorgten. Angaben in Prozent und mit 95%- Vertrauensintervall in Klammern.
EHS-Personen
EMF-Besorgte
EMF-
Unbesorgte
Alter
14 bis 24-jährige 15.0
(9.5 – 23.0)
12.7
(10.2 – 15.2)
17.7
(14.6 – 20.8)
25 bis 34-jährige 13.1
(8.0 – 20.8)
15.3
(12.9 – 17.6)
17.5
(14.9 – 20.0)
35 bis 44-jährige 26.3
(18.9 – 35.4)
22.5
(19.9 – 25.0)
16.1
(13.6 – 18.6)
45 bis 54-jährige 16.0
(10.3 – 24.1)
18.1
(15.6 – 20.6)
14.5
(12.0 – 17.0)
55 bis 64-jährige 17.1
(11.1 – 25.3)
14.2
(12.0 – 16.4)
13.5
(11.1 – 15.9)
65 bis 74-jährige 7.7
(4.0 – 14.3)
10.3
(8.3 – 12.3)
9.3
(7.3 – 11.3)
75-jährige + 4.8
(2.1 – 10.6)
7.0
(5.2 – 8.8)
11.4
(8.9 – 13.9)
Geschlecht
Weiblich
(95% K.I.)
54.5
(45.1 – 63.6)
55.2
(52 – 58)
47.2
(44 – 51)
Zivilstand
Ledig
36.5
(28.0 – 45.9)
30.7
(27.7 – 33.9)
36.9
(33.4 – 40.4)
Verheiratet
46.5
(37.3 – 55.9)
57.1
(54.0 – 60.2)
50.1
(46.4 – 53.8)
verwitwet, geschieden, getrennt
17.1
(11.1 – 25.3
12.2
(10.3 – 14.0)
13.1
(10.9 – 15.3)
Bildung
Keine Ausbildung/ obligatorische
Schulbildung
12.2
(7.3 – 19.7)
14.5
(12.0 – 17.0)
18.2
(15.1 – 21.3)
Lehre/ Maturität/ Diplommittelschule 60.5
(51.0 – 69.2)
55.4
(52.1 – 58.7)
52.6
(48.9 – 56.3)
Höhere Fachschule, Fachhochschule,
Universität
27.3
(19.8 – 36.4)
30.0
(27.1 – 32.9)
29.1
(26.0 – 32.2)
Erwerbstätigkeit
mind. zum Teil erwerbstätig 68.4
(59.1 – 76.4)
60.8
(57.6 – 64.0)
56.9
(53.2 – 60.5)
in Pension/ Rente 15.9
(10.2 – 24.0)
19.7
(17.2 – 22.3)
22.7
(19.6 – 25.8)
in Ausbildung 9.1
(5.0 – 16.1)
9.9
(7.5 – 12.1)
13.2
(10.3 – 16.1)
nicht erwerbstätig, erwerbslos, in
Erziehungsurlaub
6.7
(3.3 – 13.1)
9.6
(7.7 – 11.5)
7.2
(5.5 – 9.0)
durchschnittliche
Haushaltsgrösse
2.6
(0.9 – 7.6)
2.8
(2.7 – 2.9)
2.7
(2.5 – 2.8)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 26/51
3.5.2 Allgemeiner Gesundheitszustand
Der Gesundheitszustand wurde von den EMF-Besorgten im Durchschnitt fast gleich bewertet
wie von der Gruppe der Unbesorgten. Bei den EHS-Personen war die Einschätzung des
Gesundheitszustands erwartungsgemäss etwas in Richtung schlechterer Gesundheit
verschoben. Sie berichteten etwas seltener über einen „ausgezeichneten“ oder „sehr guten“
allgemeinen Gesundheitszustand.
Abbildung 7: Selbstberichteter allgemeiner Gesundheitszustand der EHS-Personen, der EMF-
Besorgten und EMF-Unbesorgten.
0.0
1
0.0
20.0
3
0.0
40.0
50.0
60.0
Ausgezeichnet Sehr gut Gut Weniger gut Schlecht
EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
Der allgemeine Gesundheitszustand von Personen mit EMF-attribuierten Beschwerden im
Vergleich zu Personen mit Beschwerden einer anderen Quellenzuordnung (Lärm, Wetter,
Luftverschmutzung oder Stress) war dabei tendenziell ähnlich. Etwas seltener wurde ein
„sehr guter“ Gesundheitszustand beschrieben und etwas häufiger ein „guter“ (Details siehe
Anhang, Abbildung 9).
3.5.3 Exposition gegenüber EMF
Mobiltelefon
80 Prozent aller Personen gaben an, ein Mobiltelefon zu benutzen. 37 Prozent nutzten das
Handy täglich. Der Median der geschätzten täglichen Nutzungszeit lag bei fünf Minuten.
7.3 Prozent aller Personen berichteten den Gebrauch des Handys während einer halben
Stunde bis zu 1½ Stunden pro Tag, zusätzliche 1.6 Prozent aller Personen berichteten den
Gebrauch von täglich 1½ Stunden oder mehr. Frauen nutzten das Handy weniger oft als
Männer und ältere Menschen seltener als Jüngere.
Bemerkenswerterweise gab es keine Unterschiede in der mittleren täglichen
Mobiltelefonnutzungsdauer und dem Anteil von Viel-Mobiltefonierern (>30 Minuten pro Tag)
zwischen den Gruppen der EHS-Personen, der EMF-Besorgten und -Unbesorgten (siehe
Tabelle 10). Sogar EHS-Personen, welche ihre Beschwerden explizit auf das Handy
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 27/51
zurückführten, benutzten das Handy im Durchschnitt gleich häufig wie die restliche
Bevölkerung.
Schnurlose Festnetztelefone
Drei Viertel der Bevölkerung benutzt ein schnurloses Festnetztelefon. Am höchsten ist der
Anteil dieser Art von Telefonnutzung bei den EHS-Personen (Tabelle 10).
Mobilfunkbasisstation
20 Prozent der Bevölkerung gaben an, dass es in der Nähe ihres Wohnortes eine
Mobilfunkbasisstation gebe. Die Distanz der nächsten Mobilfunkbasisstation wurde dabei mit
Entfernungen zwischen 4 Metern und 4,5 Kilometern angegeben. EHS-Personen gaben
häufiger an, in der Nähe von Mobilfunkbasisstationen zu wohnen als EMF-Besorgte. Am
wenigsten häufig nannten EMF-Unbesorgte diese Expositionssituation. Diese Gruppe gab
dafür am häufigsten an, noch nie darauf geachtet zu haben.
Tabelle 10: Vergleich der berichteten Exposition gegenüber EMF Quellen zwischen den drei
Gruppen. Dargestellt sind die Häufigkeiten in Prozent sowie das 95%-Vertrauensintervall.
EHS Personen
[%, (95% K.I.)]
EMF-Besorgte
[%, (95% K.I.)]
EMF-Unbesorgte
[%, (95% K.I.)]
Nutzt eigenes Mobiltelefon
81.1
(72.7 – 87.4)
79
(76.4– 81.6)
80.3
(77.4 – 83.2)
Nutzt aus gesundheitlichen Gründen
kein Mobiltelefon
6.2
(3.0 – 12.5)
2.4
(1.5 – 3.4)
0.2
(0.09 – 0.6)
Nutzt ein schnurloses Telefon
79.1
(70.5– 85.7)
74.4
(71.6 – 77.2)
74.4
(71.2 – 77.6)
Berichtet über eine Mobilfunkantenne
in der „Nähe“ des Wohnortes
26.1
(18.7 – 35.1)
21.1
(18.4 – 23.7)
18.5
(15.5 – 21.4)
Hat noch nie auf Antennen geachtet
5.2
(2.3 –11.2)
8.1
(6.3 – 9.9)
9.2
(7.2 – 11.3)
Berichtet über eine Hoch-
spannungsleitung in der Nähe
13
(7.9 – 20.7)
11.6
(9.5 – 13.7)
8.4
(6.4 – 10.5)
Berichtet über eine
Eisenbahnfahrleitung in der Nähe
34.3
(26.0 – 43.7)
30.6
(27.6 – 33.6)
32.3
(28.9 – 35.8)
Potenziell gegenüber Mobilfunk-
basisstationen exponiert
1)
8.1
(4.3 – 14.8)
4.2
(2.9 - 5.5)
1.5
(0.6 - 2.3)
Potenziell gegenüber Über-
tragungsleitungen exponiert
1)
10.7
(6.1 - 18.0)
8.6
(6.7 – 10.5)
7.9
(5.8 – 10)
1)
Definition siehe Kapitel 2.2.5.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 28/51
Hochspannungsleitungen und Eisenbahnfahrleitungen
10.4 Prozent der Personen berichteten, in der Nähe einer Hochspannungsleitung zu wohnen
und 31.5 Prozent in der Nähe einer Eisenbahnfahrleitung. Der Median der Entfernungs-
angabe lag dabei für beide Anlagetypen bei 200 Metern. Während bei den Hochspannungs-
leitungen Gruppenunterschiede ersichtlich sind, ist dies bei den Eisenbahnfahrleitungen nicht
der Fall (siehe Tabelle 10).
Alle abgefragten (potenziellen) Expositionsmasse wie z.B. die Nähe zur nächsten Mobilfunk-
antenne, Hochspannungs- oder Eisenbahnfahrleitung, aber auch die Nutzung von schnur-
losen Festnetztelefonen und von Mobiltelefonen wurden von den EHS-Personen häufiger
genannt als von den EMF-Besorgten oder den -Unbesorgten (siehe Tabelle 10). Bei der
Interpretation der Resultate ist zu beachten, dass es sich um Expositionsangaben der
Befragten handelt und nicht um objektiv erhobene Expositionen (siehe auch Kapitel 2.2.5).
Die Tatsache, dass EMF-Unbesorgte weniger auf die Präsenz von Mobilfunkantennen an
ihrem Wohnort achten als EMF-Besorgte und EHS-Personen, führt dazu, dass EMF-
Unbesorgte weniger wahrscheinlich als potenziell gegenüber Mobilfunkbasisstationen
exponiert klassiert werden. Möglicherweise ist auch die Distanzeinschätzung von der
emotionalen Betroffenheit abhängig, was sich ebenfalls auf die Klassierung als "potenziell
exponiert" bzw. "nicht exponiert" auswirken würde.
3.5.4 Ergriffene Massnahmen
21.3% aller Personen gaben an, bereits eine Massnahme ergriffen zu haben, um sich vor
möglichen negativen Auswirkungen von Elektrosmog zu schützen, wobei zwischen den drei
Gruppen ein grosser Unterschied bestand (siehe Abbildung 8). Die EHS-Personen ergriffen
am häufigsten irgendeine Massnahme (63% aller EHS Personen), die EMF-Unbesorgten am
seltensten. Konsequenterweise wurden medizinisch/therapeutische Massnahmen fast
ausschliesslich von Personen mit Gesundheitsbeschwerden getroffen, häufig kombiniert mit
Massnahmen zur Expositionsreduktion. Auch in Bezug auf Massnahmen zur
Expositionsreduktion ohne medizinische/therapeutische Massnahmen waren deutliche
Gruppenunterschiede zu verzeichnen (Details siehe Anhang Tabelle 17).
In Bezug auf einzelne konkret genannte Massnahmen zur Expositionsreduktion berichteten
EHS-Personen signifikant häufiger, dass sie den Wohnort gewechselt hätten (5% der EHS-
Personen gaben dies an) oder das Mobiltelefon nicht mehr am Körper trugen (Details siehe
Anhang Tabelle 17). Die drei am häufigsten genannten Massnahmen zur Verringerung der
Exposition sind in Tabelle 11 dargestellt. Innerhalb jeder der drei Gruppen findet man für die
häufigsten Massnahmen die gleiche Reihenfolge.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 29/51
Abbildung 8: Überblick über getroffene Massnahmen, 95%-Vertrauensintervalle sind mit vertikalen
Strichen dargestellt.
Anteil [%]
0 10 20 30 40 50 60 70
Massnahme getroffen
Medizinsche Therapie
Expositionsreduktion
EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
Tabelle 11: Die am häufigsten genannten Massnahmen zur Expositionsreduktion.
EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
Anteil Personen, mit
expositionsvermindernden
Massnahmen (95% K.I.)
57%
(47 – 66%)
25%
(22 – 28%)
10%
( 8 – 12%)
am häufigsten genannte
Massnahme [Häufigkeit (95%-
Vertrauensintervall)]
Selber Quelle
abschalten
[14% (9-22%)]
Selber Quelle
abschalten
[10% (8-12%)]
Selber Quelle abschalten
[4% (3-6%)]
Am 2.- häufigsten genannte
Massnahme [Häufigkeit (95%-
Vertrauensintervall)]
Exposition vermeiden
[13% (8-21%)]
Exposition vermeiden
[9% (8-11%)]
Exposition vermeiden
[3% (2-5%)]
Am 3.- häufigsten genannte
Massnahme [Häufigkeit (95%-
Vertrauensintervall)]
Abschirmgeräte/
Kristalle
[9% (5-16%)]
Abschirmgeräte/
Kristalle
[4% (3-6%)]
Abschirmgeräte/ Kristalle
[1% (0-2%)]
3.5.5 Einspruch gegen eine Mobilfunkbasisstation
EMF-Besorgte haben vergleichbar häufig wie EHS-Personen bereits einmal Einspruch
gegen eine Mobilfunkbasisstation erhoben. Auch knapp 2 Prozent der Unbesorgten haben
einmal Einspruch erhoben (siehe Tabelle 12).
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 30/51
Tabelle 12: Häufigkeit des Einspruchs gegen eine Mobilfunkantenne sowie 95%- Vertrauensintervalle
in Klammern.
EHS-Personen
[
%, (95% K.I.)]
EMF-Besorgte
[
%, (95% K.I.)]
EMF-Unbesorgte
[
%, (95% K.I.)]
Hat schon mal Einspruch
wegen einer Mobilfunkantenne
erhoben
6.4
(3.1 – 12.7)
5.4
(4.0 – 6.8)
1.8
(0.8 – 2.8)
Je älter die Personen waren, desto grösser war die Wahrscheinlichkeit, dass sie bereits
einmal Einsprache erhoben hatten. Das Geschlecht hatte dabei keinen Einfluss. Personen
mit einer Mobilfunkbasisstation „in der Nähe“ haben signifikant häufiger Einspruch erhoben
als Personen, die keine Antenne in Wohnungsnähe angaben, oder Personen, die noch nie
darauf geachtet hatten. Dabei war die Einspruchshäufigkeit jedoch nicht abhängig von der
tatsächlichen Entfernung der Antenne zum Wohnort.
3.6 Zusammenhang zwischen Exposition und Beschwerden
Es ist wissenschaftlich umstritten, ob zwischen der Exposition gegenüber elektromag-
netischen Feldern, wie sie in der Umwelt auftreten, und Gesundheitsbeschwerden ein
Zusammenhang besteht. Ein Indiz in diese Richtung wäre gegeben, wenn Personen bei
Exposition gegenüber EMF häufiger an bestimmten Gesundheitsbeschwerden leiden als
Nicht-Exponierte.
Um dafür einen Anhaltspunkt zu erhalten, wurde bei den EHS-Personen für die am
häufigsten genannten Gesundheitsbeschwerden geprüft, ob sie bei Personen, die ein
Mobiltelefon benützen, oder die als potenziell exponiert gegenüber Mobilfunkbasisstationen
oder Übertragungsleitungen klassiert wurden (siehe Kapitel 2.2.5), häufiger auftraten als bei
Nicht-Exponierten.
Tabelle 13: Die am häufigsten genannten Gesundheitsbeschwerden der EHS-Personen in Bezug auf
die Expositionsmasse Handynutzung, Exposition durch Mobilfunkbasisstationen oder
durch Übertragungsleitungen. Angaben in Prozent, mit 95% Konfidenzintervall.
Symptom Handy Mobilfunkbasisstation Übertragungsleitungen
Nutzer Nicht-Nutzer
potenziell
exponiert
nicht exponiert
potenziell
exponiert
nicht exponiert
N=84 =100% N=23 =100% N=7=100% N=100=100% N=10=100% N=97=100%
Schlafstörungen
43.9
(33.8 - 54.5)
37.9
(21.2 - 58.1)
52.9
(22.1 - 81.6)
41.9
(32.7 - 51.7)
51.1
(24.5 - 77.1)
41.7
(32.4 - 51.6)
Kopfschmerzen
35.5
(26.1 - 46.2)
26.2
(12.6 - 46.6)
53.9
(22.8 - 82.2)
32.0
(23.7 - 41.7)
49.9
(23.6 - 76.3)
31.8
(23.4 - 41.6)
Konzentrationspro-
bleme, Müdigkeit
9.2
(4.7 - 17.3)
15.9
(6.1 - 35.5)
20.0
(4.6 - 56.7)
9.6
(5.2 - 17.0)
13.8
(3.1 - 44.6)
10.0
(5.5 - 17.6)
Nervosität
9.9
(5.2 - 18.1)
3.1
(0.4 - 19.2)
27.5
(7.7 - 63.2)
6.9
(3.4 - 13.6)
0.0
(0.0 - 27.8)
9.6
(5.2 - 17.1)
Rheuma, Gelenk-
beschwerden
4.7
(1.8 - 11.5)
9.4
(2.7 - 27.7)
33.3
(10.5 - 67.9)
3.2
(1.1 - 8.7)
8.9
(1.5 - 39.2)
5.2
(2.2 - 11.6)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 31/51
Es ist ersichtlich, dass im Allgemeinen die Symptome bei der potenziell exponierten
Personengruppe häufiger auftraten als bei der nicht exponierten Gruppe (Tabelle 13).
Allerdings sind die Gruppen derart klein, dass sich die Unterschiede innerhalb der
statistischen Unschärfe bewegen. Wegen der kleinen Gruppengrösse sind die Vergleiche
auch nicht adjustiert für Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, etc. Zudem ist anzumerken,
dass nicht systematisch nach dem Auftreten von Gesundheitsbeschwerden gefragt wurde,
sondern in der obigen Tabelle nur Beschwerden berücksichtigt sind, die von den Befragten
selbst im Zusammenhang mit den fünf abgefragten Umwelteinflüssen genannt wurden (siehe
auch Kapitel 4.2.3).
3.7 Vergleich der EHS-Personen der vorliegenden repräsentativen
Befragung mit einer selbstselektierten EHS-Gruppe
Um ein besseres Verständnis für die „EMF-Problematik“ zu erhalten, wurde in der Schweiz
zwischen Juni 2001 und Juni 2002 eine nicht-repräsentative Befragung bei betroffenen Per-
sonen durchgeführt (Röösli et al., 2004). Es wurde ein umfangreicher Fragebogen für
Personen entwickelt, die gesundheitliche Beschwerden auf die Exposition gegenüber
elektromagnetischen Feldern zurückführten. Die Befragung wurde bei potenziellen
Anlaufstellen für solche Personen bekannt gemacht wie z.B. Bundesämtern, kantonalen
Umweltfachstellen oder Baubiologen. Es wurde gebeten, dass Personen mit
gesundheitlichen Beschwerden motiviert werden, einen solchen Fragebogen auszufüllen.
Damit traf man eine selektive Auswahl von betroffenen Personen. Es handelte sich dabei um
Betroffene, die entweder von sich aus aktiv wurden und sich bei einer Fachstelle meldeten,
oder die in ein Netzwerk von Betroffenen eingebunden waren und den Fragebogen auf
diesem Weg erhielten. Diese Gruppe von Personen repräsentiert also in erster Linie die
öffentlich wahrnehmbare Gruppe von elektromagnetisch hypersensiblen Personen. Im
Gegensatz dazu sind mit der vorliegenden repräsentativen Befragung allenfalls auch
Personen erfasst, die ihre Beschwerden nicht thematisieren und so öffentlich nicht wahr-
genommen werden. Aus diesem Grund erscheint es interessant, die beiden Gruppen von
Personen mit EMF-attribuierten Gesundheitsbeschwerden aus den beiden Erhebungen zu
vergleichen (siehe Tabelle 14).
In Bezug auf soziodemographische Faktoren zeigt sich, dass die Geschlechterverteilung in
den beiden Gruppen ähnlich ist. Die selektiv ausgewählten EHS-Personen sind in der
ältesten Altersgruppe etwas übervertreten, dafür weniger häufig zwischen 20 und 39 Jahre
alt. Bei beiden Gruppen machen die 40-59-jährigen die grösste Kategorie aus. Die selektiv
ausgewählten Personen sind durchschnittlich etwas besser gebildet und häufiger verheiratet.
Die genannten Symptome sind in beiden Gruppen ähnlich. Deutlich am häufigsten wurden
Schlafstörungen genannt, am zweithäufigsten Kopfschmerzen. Mit etwas Abstand folgen
dann eine Reihe anderer Symptome, hauptsächlich unspezifischer Art. Die bevölkerungs-
basierte EHS-Gruppe nannte im Durchschnitt weniger Symptome pro Person als die selektiv
gewählte Gruppe. Deutliche Unterschiede bestehen in der Ursachenvermutung. Während in
der bevölkerungsbasierten Gruppe keine Quelle deutlich häufiger genannt wurde, gaben in
der anderen Gruppe drei Viertel an, dass die Symptome von Mobilfunkbasisstationen
hervorgerufen würden. Der Anteil der Personen, die mindestens eine Massnahme ergriffen
hatten, ist in beiden Gruppen ungefähr gleich gross, die bevölkerungsbasierte Gruppe ergriff
jedoch weniger Massnahmen pro Person als die andere Gruppe. Der hohe Anteil von
komplementärmedizinischen Konsultationen in der bevölkerungsbasierten Gruppe ist
wahrscheinlich auf die explizite Abfragung dieses Punktes zurückzuführen. Ansonsten
bestehen deutliche Unterschiede in der Häufigkeit von Hausarztkonsultationen und im
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 32/51
Abschirmen der eigenen Wohnung. Letzteres wurde in der bevölkerungsbasierten EHS-
Gruppe nur in insgesamt drei Fällen angegeben.
Tabelle 14: Vergleich der elektromagnetisch hypersensiblen Personen aus der vorliegenden bevöl-
kerungsbasierten Studie mit einem selbstselektierten Kollektiv (aus Röösli et al. 2004).
Vorliegende Erhebung Erhebung Röösli et al. 2004
EHS Personen
bevölkerungsbasiert
(n=107)
EHS Personen
selektiv
(n=394)
Geschlecht
Frauen (55%)
Männer (45%)
Frauen (57%)
Männer (43%)
Alter
0-19 (5%)
20-39 (29%)
40-59 (48%)
>60 (19%)
0-19 (5%)
20-39 (18%)
40-59 (43%)
>60 (33%)
Bildung
max. obligatorische Schulbildung (12%)
Lehre/ Maturität/ Diplommittelschule (61%)
Höhere Fachschule, Universität (27%)
max. obligatorische Schulbildung (16%)
Lehre/ Maturität/ Diplommittelschule (42%)
Höhere Fachschule, Universität (38%)
Zivilstand
ledig (37%)
verheiratet (47%)
ledig (21%)
verheiratet (63%)
Häufigste Symptome
Schlafstörungen (43%)
Kopfschmerzen (34%)
Konzentrationsprobleme/Müdigkeit (11%)
Schlafstörungen (58%)
Kopfschmerzen (41%)
Nervosität/Stress (19%)
Anzahl Symptome pro Person 1.3 2.7
Vermutete Ursache
Hochspannungsleitung (28%)
Handy (25%)
Fernseher/Computer (21%)
Mobilfunkbasisstation (74%)
Handy (36%)
Schnurlostelefon (29%)
mind. 1 Massnahme ergriffen 63% 70%
Häufigste Massnahmen
Komplementärmed. Konsultation (32%)
Selber Quelle abschalten (14%)
Hausarzt konsultieren (13%)
Exposition vermeiden (13%)
Hausarzt konsultieren (38%)
Exposition vermeiden (29%)
Abschirmung der Wohnung (16%)
Quelle entfernen (15%)
3.8 Vergleich der Resultate mit anderen bevölkerungsbasierten
Untersuchungen
Es gibt eine Reihe bevölkerungsbasierter Untersuchungen zu Sorgen und gesundheitlichen
Beeinträchtigungen wegen elektromagnetischer Felder, die sich jeweils auf verschiedene
Aspekte konzentrierten. Einige der Untersuchungen waren nur auf bestimmte Quellen wie
Mobilfunk oder Bildschirme fokussiert, andere waren allgemeiner gehalten und
berücksichtigten ein breiteres Spektrum von EMF-Quellen, wie dies auch in der vorliegenden
Untersuchung der Fall ist. Zum Teil stand die Art der Symptome im Vordergrund, bei
anderen Untersuchungen ging es mehr um gesundheitliche Sorgen und um die Exposition
bzw. die Benutzung von EMF-emittierenden Geräten. Dabei war auch bei Erhebungen über
die Besorgnis der Fokus unterschiedlich: teilweise ging es um die eigene Gesundheit,
teilweise mehr um die Schädlichkeit im Allgemeinen. Aufgrund dieser Unterschiede in der
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 33/51
Methodik ist die Vergleichbarkeit limitiert, Grössenordnungen sind jedoch ableitbar. Die
wichtigsten methodischen Aspekte der nachfolgend diskutierten Untersuchungen sind im
Anhang in Kapitel 7.1 aufgeführt.
3.8.1 Gesundheitliche Sorgen wegen elektromagnetischer Felder
Verschiedene, insbesondere im deutschen Raum durchgeführte Befragungen der letzten
Jahre (2001 – 2003) zeigten, dass ungefähr jede/r Dritte (ca. 30 – 42% der Befragten)
Sorgen im Zusammenhang mit Mobilfunkantennen oder Hochspannungsleitungen
beschreibt. In etwa jede/r Vierte (ca. 17 – 37% der Befragten) hat Sorgen wegen der
Exposition durch Mobiltelefone oder schnurlose Festnetztelefone (Anonymus, 2002; Bülligen
et al., 2002; Schroeder, 2002; Anonymus, 2003; Infas, 2003; Karus, 2003). Insgesamt liegt
also der Besorgnisgrad wegen gesundheitlicher Risiken von EMF in diesen Erhebungen in
etwa im gleichen Bereich wie in der vorliegenden Untersuchung: bezogen auf einzelne
Quellen liegt der Anteil Besorgter in der vorliegenden Studie zwischen 18 und 36 Prozent.
Wie in anderen Untersuchungen (v.a. Schroeder 2002 und Infas 2003) ist die EMF-
Besorgnis etwa gleich gross wie gesundheitliche Befürchtungen wegen des Strassenlärms.
Die Luftbelastung wird generell als bedrohlicher eingeschätzt. Unter den verschiedenen
EMF-Quellen bereiten die selbst nicht oder kaum beeinflussbaren Expositionen von Hoch-
spannungsleitungen und Mobilfunkantennen grössere Sorgen als die eher kontrollierbaren
Expositionen, die von Mobiltelefonen oder schnurlosen Festnetztelefonen ausgehen. Dieser
Befund deckt sich ebenfalls mit früheren Untersuchungen.
Aufschlussreich ist der Vergleich der Resultate der vorliegenden Studie mit einer anderen
repräsentativen Befragung, die zum selben Zeitpunkt bei 1508 Personen in der Schweiz
durchgeführt wurde (Peters, 2004). Dabei wurde zwar nicht explizit nach der eigenen
Gesundheitsbesorgnis wegen EMF gefragt, jedoch wurde eine offene Frage gestellt, welche
Faktoren als „die grössten Risiken für die eigene Gesundheit“ erachtet werden. Umwelt-
verschmutzung wurde von 18 Prozent der Personen genannt, Elektrosmog von nur einem
Prozent. Die Frage, ob Elektrosmog „ein Thema“ sei, bejahten 30 Prozent, mehrheitlich
wegen Sorgen um die eigene Gesundheit. Von allen Befragten erachteten es 71 Prozent als
plausibel, dass Elektrosmog gesundheitliche Beschwerden verursachen kann. Obwohl die
Prozentzahlen dieser Befragung aufgrund der unterschiedlichen Fragestellungen nicht direkt
mit der vorliegenden Studie vergleichbar sind, geben beide Befragungen ein ähnliches Bild:
ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung ist besorgt um die eigene Gesundheit wegen
elektromagnetischer Feldquellen. EMF wird jedoch nicht als grösster aller möglicher
Risikofaktoren für die eigene Gesundheit erachtet.
3.8.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen EMF
Eine repräsentative Befragung in Stockholm ergab, dass sich 1.5 Prozent der Bevölkerung
als hypersensibel gegenüber magnetischen Feldexpositionen einstuften (Hillert et al., 2002).
Eine ähnliche Befragung in Kalifornien ergab einen Anteil von 3.2% (95%-CI: 2.8%-3.7%)
(Levallois et al., 2002). Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz hat im Herbst 2001
sowie im Jahr 2003 je eine repräsentative Befragung zu Sorgen und Beschwerden im
Zusammenhang mit Mobilfunkstrahlung in Auftrag gegeben. Bei der ersten Befragung fühlten
sich 6 Prozent durch die elektromagnetischen Felder des Mobilfunks beeinträchtigt; zwei
Jahre später stieg dieser Anteil auf 8 Prozent. Ein ähnlich grosser Bevölkerungsanteil
„Magneto-Elektrosensibler“ wurde in einer Studie aus Österreich mit einem experimentellen
Ansatz geschätzt (Leitgeb und Schröttner, 2003). In der ebenfalls in der Schweiz
durchgeführten repräsentativen Telefonbefragung (Peters, 2004) sagten insgesamt 1.5%
aller Befragten aus, dass „elektromagnetische Strahlen oder Elektrosmog für sie ein Thema
seien [...], da sie selber unter gesundheitlichen Problemen wegen der Strahlung litten“.
Allerdings wurde diese Frage offen gestellt ohne explizite Nennung von verschiedenen
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 34/51
Quellen. Es ist zu erwarten, dass nicht in der gesamten Bevölkerung alle EMF-Quellen
explizit mit dem Begriff „elektromagnetische Felder“ assoziiert werden. Eine tiefere
Schätzung als bei der vorliegenden Untersuchung ist daher zu erwarten.
Zusammenfassend lässt sich schliessen, dass bevölkerungsbasierte Schätzungen der
elektromagnetischen Hypersensibilität in verschiedenen Ländern im einstelligen Prozent-
bereich liegen. Auch die Ergebnisse der vorliegenden Studie liegen in diesem Bereich: Zur
Zeit führen 2.7 Prozent der Schweizer Bevölkerung gesundheitliche Beschwerden auf EMF
zurück. Insgesamt fünf Prozent der Bevölkerung erachtet sich als elektromagnetisch hyper-
sensibel, da gegenwärtige oder frühere Gesundheitsbeschwerden mit EMF assoziiert
werden.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 35/51
4. Diskussion
4.1 Überblick über die wichtigsten Ergebnisse
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (91%) macht sich „starke“ oder „ziemliche"
Sorgen um die eigene Gesundheit wegen mindestens einer der genannten Umwelteinflüsse.
53 Prozent sind besorgt wegen einer oder mehrerer EMF-Quellen, ohne aber eigene
gesundheitliche Beschwerden auf EMF zurückzuführen (EMF-Besorgte). Sorgen wegen
Mobilfunkbasisstationen als die am häufigsten genannte einzelne EMF-Quelle stehen an
siebter Stelle aller zwölf vorgegebenen Umwelteinflüsse. 2.7 Prozent der Bevölkerung
schreiben gegenwärtige Gesundheitsbeschwerden der Exposition elektromagnetischer Feld-
quellen zu. Weitere 2.2 Prozent berichten, früher, also nicht mehr zum Zeitpunkt der
Befragung, unter Beschwerden aufgrund von EMF gelitten zu haben. Damit ergibt sich ein
Bevölkerungsanteil von 5% elektromagnetisch hypersensibler Personen (EHS-Personen).
Die EHS-Personen bringen hauptsächlich unspezifische Gesundheitssymptome mit EMF in
Verbindung, besonders Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Als Verursacher wurden am
häufigsten Hochspannungsleitungen und Mobiltelefone angegeben. EMF von Mobilfunk-
basisstationen wurden weniger häufig als Ursache in Betracht gezogen als es sich aufgrund
der geäusserten Besorgnis und der öffentlichen Diskussion hätte erwarten lassen. Mass-
nahmen gegen EMF wurden von 63 Prozent der EHS-Personen, von 26 Prozent der EMF-
Besorgten und von 10 Prozent der EMF-Unbesorgten getroffen. Am häufigsten wurden
Massnahmen genannt, die auf eine Reduktion der Exposition gegenüber EMF zielten.
4.2 Methodische Aspekte
4.2.1 Selektionsbias
Mittlerweile kann man sich die Frage stellen, ob eine Zufallsstichprobe der Bevölkerung aus
dem Telefonbuch, wie sie für diese Untersuchung verwendet wurde, tatsächlich noch einen
repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung darstellt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit,
dass die nicht im Telefonbuch Registrierten hauptsächlich Personen mit Handys, jedoch
ohne Festnetzanschluss sind. Solche Personen unterscheiden sich möglicherweise von der
restlichen Bevölkerung in Bezug auf Sorgen und Beschwerden wegen elektromagnetischer
Felder. Sollte dies zutreffen und es sich um eine bedeutsame Gruppengrösse handeln,
würde dies eine Verzerrung der Resultate ergeben (Selektionsbias). Die aktuellsten verfüg-
baren schweizerischen Daten über Personen ohne Telefonbucheintrag stammen aus dem
Jahr 2000 (LINK Institut). Diese Erhebung zeigte, dass zu diesem Zeitpunkt 8.5 Prozent der
Schweizer Bevölkerung nur ein Mobiltelefon und keinen Festnetzanschluss hatten. Von
dieser Gruppe waren jedoch die meisten im Telefonbuch registriert. Insgesamt waren 5
Prozent der Bevölkerung nicht im Telefonbuch registriert: 1.25 Prozent der Bevölkerung
besass ein nicht im Telefonbuch eingetragenes Mobiltelefon und war nicht über einen
Festnetzanschluss erreichbar; weitere 1.8 Prozent der Bevölkerung hatten nur einen Fest-
netzanschluss, der nicht eingetragen war und 2 Prozent hatten überhaupt keinen Telefon-
anschluss. Es ist davon auszugehen, dass sich bis heute der Anteil der Personen mit
Mobiltelefon aber ohne Festnetzanschluss vergrössert hat. Es gibt aber keine Hinweise,
dass sich Personen ohne Festnetzanschluss mit ihrem Mobiltelefon nicht mehr im
Telefonbuch registrieren lassen. Damit ist ein möglicher Einfluss dieses Selektionsbias auf
das Ergebnis der Studie marginal. Wenn beispielsweise im schlimmsten Fall davon
ausgegangen würde, dass 10 Prozent der Haushalte nicht im Telefonbuch eingetragen sind,
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 36/51
und diese alle ohne Sorgen und Beschwerden im Zusammenhang mit EMF wären, wäre in
der vorliegenden Untersuchung die Gruppe EHS-Personen und der EMF-Besorgten in ihrer
Grösse nur wenig überschätzt. Der elektromagnetische hypersensible Bevölkerungsanteil
wäre dann tatsächlich 4.5 statt der geschätzten 5 Prozent.
Selektionsbias kann auch durch Antwortverweigerung zustande kommen. Wenn sich
diejenigen Personen, die nicht bereit sind ein Interview zu geben, systematisch von den
Antwortenden unterscheiden, wird das Resultat der Studie verzerrt. In Bezug auf die
Antwortrate ist festzuhalten, dass der erzielte Rücklauf von 55 Prozent für diese Art von
Befragung relativ hoch ist. Das spricht für die Akzeptanz der Befragung und stellt sicher,
dass die Resultate tatsächlich repräsentativ sind. Nichtsdestotrotz ist anzunehmen, dass die
Motivation zur Teilnahme an der Befragung abhängig von der Betroffenheit zur Thematik ist,
was wohl wiederum mit der Besorgnis und der gesundheitlichen Beeinträchtigung korreliert.
Aus diesem Grund wurde die Befragung nicht als EMF-Befragung, sondern als Befragung
zum Thema Umwelt und Gesundheit angekündigt. Mit diesem Vorgehen und der hohen
Antwortrate ist keine bedeutende Verzerrung der Resultate zu erwarten.
4.2.2 Bias durch Suggestion
Ein methodisches Grundproblem bei Befragungen ist die Gefahr, dass gestellte Fragen
suggestiv wirken können. Das hat zur Folge, dass die Befragten dazu tendieren, Antworten
zu geben, von denen sie denken, dass sie vom Interviewer erwartet werden. Die
Ankündigung der Studie als Umwelt- und Gesundheitsbefragung hatte zum Ziel, eine
möglichst freie Einschätzung der Interviewten zum Thema EMF zu erhalten. Die Fragen zu
Sorgen und Beschwerden wurden am Anfang des Interviews gestellt und es wurden nicht
nur elektromagnetische Feldquellen abgefragt.
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Terminologie. Die Begriffe
„elektromagnetische Felder“, „Elektrosmog“ oder „nicht-ionisierende Strahlung“ besitzen
nicht den gleichen Bekanntheitsgrad und erzeugen ausserdem unterschiedliche Emotionen
(Peters, 2004). Wir haben uns entschieden, wenn immer möglich nur von spezifischen EMF-
Quellen zu sprechen, wie beispielsweise von Handys, Hochspannungsleitungen oder
Computern. Bei Mobilfunkbasisstationen wurde im Rahmen eines Pretests evaluiert, welche
Formulierung die wenigsten Missverständnisse erzeugt. Wir haben dann die Bezeichnung
„Mobilfunksendeanlagen, das heisst Natelantennen“ verwendet. Bei einigen wenigen
Gelegenheiten, bei denen eine allgemeine Formulierung für alle EMF-Quellen unumgänglich
schien, wurde entschieden, den Begriff „Elektrosmog“ zu verwenden. Beim durchgeführten
Pretest hatte sich gezeigt, dass dieser Ausdruck am besten verstanden wird. Beim Gebrauch
dieser Formulierung wurde jedoch immer durch Nennung der wichtigsten Quellen präzisiert,
was gemeint war: „Elektrosmog wie Handy, Natelantenne, Hochspannungsleitung,
Schnurlos-Festnetztelefone oder andere elektrische Geräte“.
4.2.3 Kausalitätsableitungen
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass diese Befragung auf den subjektiven Angaben der Inter-
viewten beruht. Damit werden in erster Linie die Ansichten und Einschätzungen dieser
Personen wiedergegeben. Folgerungen kausaler Zusammenhänge – also die Frage, ob EMF
gesundheitliche Probleme erzeugen können - sind in einer Querschnittsuntersuchung, wie
sie hier durchgeführt wurde, grundsätzlich nicht möglich und waren auch nicht das Ziel.
In Bezug auf Kausalitätsableitungen ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits in der
Definition der elektromagnetischen Hypersensibilität implizit eine Kopplung zwischen einem
gesundheitlichen Symptom und einer EMF-Exposition angelegt ist. Für die Symptom-
attribution spielt nämlich die wahrgenommenen Expositionssituation eine Rolle: fühlt man
sich nicht EMF-exponiert, wird man konsequenterweise auch keine Gesundheitsbeschwer-
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 37/51
den auf EMF zurückführen. Beispielsweise wird eine Person, die noch nie ein Mobiltelefon
benutzt hat und unter Kopfschmerzen leidet, nicht angeben, dass ihre Beschwerden durch
(eigenen) Gebrauch von Mobiltelefonen verursacht seien. Analog wird niemand Gesund-
heitsbeschwerden auf eine Basisstation zurückführen, wenn im Umkreis von mehreren
Kilometern vom Wohnort keine solche Anlage steht. Es ist daher zu erwarten, dass die
Wahrscheinlichkeit gegenüber EMF exponiert zu sein, für EHS Personen höher ist als für
andere Personen. Der Befund, dass EHS-Personen tendenziell häufiger in der Nähe von
Mobilfunkbasisstationen wohnen (siehe Tabelle 10) darf jedenfalls nicht als Beweis für die
Schädlichkeit von Mobilfunkbasisstationen interpretiert werden. Ob ein kausaler Zusammen-
hang besteht oder ob dieser Befund nur eine Folge der definitorischen Kopplung der
Exposition mit EHS ist, kann mit dieser Art von Erhebung nicht unterschieden werden.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe, ob sich eine Basisstation am Wohnort
befindet, von der Wahrnehmung der befragten Person abhängig ist. Es ist anzunehmen,
dass EHS-Personen ihre Wohnumgebung in Bezug auf die Präsenz von Basisstationen
bewusster wahrnehmen. Entsprechend war der Anteil von Personen, die angaben, noch nie
auf Basisstationen in ihrer Wohnumgebung geachtet zu haben, bei den EMF-Unbesorgten
am grössten. Kausale Assoziationen zwischen Beschwerden und Expositionen können nur
mit sorgfältig geplanten und entsprechend aufwendigen experimentellen oder
epidemiologischen Studien nachgewiesen werden.
4.3 Gesundheitsbesorgnis im Zusammenhang mit EMF
Eine grundsätzliche Problematik bei der Erhebung der Besorgnis um die eigene Gesundheit
besteht darin, dass diese wahrscheinlich ähnlich wie die Symptomattribution von der
gegenwärtigen Expositionssituation abhängig ist. Wenn man gegenüber einem bestimmten
Faktor nicht exponiert ist, bereitet dieser Faktor tendenziell wohl weniger Sorgen. Diese
implizite Kopplung ist wahrscheinlich nicht so stark wie bei der Symptomattribution, da man
sich auch über Sachen Sorgen machen, denen man nicht direkt ausgesetzt ist. Um dennoch
die Vergleichbarkeit sicher zu stellen, wurden bei der Frage nach gesundheitlichen Sorgen in
erster Linie Einflüsse gewählt, die für alle relevant sind, also Faktoren, gegenüber denen alle
Personen potenziell exponiert sind. Weiter wurde darauf geachtet, dass sich die Faktoren in
drei Dimensionen unterscheiden (siehe Abbildung 2):
i) wissenschaftlicher Kenntnisstand,
ii) Kontrollierbarkeit der Exposition sowie
iii) natürlich/altbekannt vs. technisch/neu.
Es stellt sich die Frage, ob ein offensichtlicher Einfluss dieser Dimensionen auf den Grad der
Besorgnis festzustellen ist, unabhängig von der Höhe des Risikos. Es scheint, dass
bekannte Risikofaktoren am meisten Sorgen auslösen. Unter den fünf am häufigsten
genannten Faktoren finden sich vier bekannte Risikofaktoren: Luftbelastung, UV-Strahlung,
Teilnahme am Strassenverkehr und Stress. Zusätzlich scheint die Kontrollierbarkeit der
Exposition und die Vertrautheit auch eine Rolle zu spielen. Zum Beispiel wurde eine hohe
Besorgnis gegenüber Gentechnologie geäussert, obwohl das gesundheitliche Risiko kontro-
vers diskutiert wird und wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist. Bei der Gentechnologie
kann die Exposition individuell kaum kontrolliert werden und es handelt sich um eine neue
Technik.
Ein Einfluss der Dimension „individuelle Kontrollierbarkeit“ der Exposition zeigt sich auch bei
der Einschätzung der EMF-Quellen: Am besorgtesten waren die Befragten wegen
Mobilfunkbasisstationen und Hochspannungsleitungen. Die geringste Besorgnis wurde
wegen schnurloser Festnetztelefone, elektrischer Geräte und Handys angegeben. Die
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 38/51
Exposition gegenüber den letzteren drei Emittenten kann man individuell kontrollieren, es
besteht also eher eine freiwillige Exposition, während die Exposition z.B. von Mobilfunk-
basisstationen in der Regel unfreiwillig erfolgt. Es ist bekannt, dass sich Menschen als viel
weniger gefährdet einschätzen, wenn sie eine Wahl haben. Hinzu kommt noch, dass die
Akzeptanz potenzieller Risiken dann höher ist, wenn ein unmittelbarer eigener Nutzen
erkannt wird (WHO, 2002).
Inwiefern die persönliche Betroffenheit einen Einfluss auf das Ausmass der eigenen
gesundheitlichen Besorgnis hat, zeigte eine österreichische Studie, die Befürchtungen
wegen der Mobilfunkstrahlung bei Anwohnern einer geplanten Mobilfunkbasisstation mit den
Befürchtungen einer Studentengruppe verglichen hatte (Hutter et al., 2004). Anhand eines
schriftlichen Fragebogens wurden Teilnehmende einer öffentlichen Veranstaltung im
Zusammenhang mit einer geplanten Mobilfunkbasisstationen in Wien (d.h. vom Thema
Betroffene) und Medizinstudierende im vorklinischen Teil des Studiums verglichen. Es zeigte
sich, dass alle Umweltrisiken ausser dem Mobilfunk von beiden Gruppen ähnlich beurteilt
wurden. Die vom Thema betroffenen Veranstaltungsteilnehmer bewerteten den Mobilfunk als
deutlich risikoreicher als die Studenten. Beide Gruppen beurteilten das Risiko durch
Mobilfunkbasisstationen ein wenig höher als das Risiko durch Mobiltelefone.
McMahan et al. (2002) berichteten, dass insbesondere demographische Charakteristika wie
Geschlecht oder Ausbildung in der Risikowahrnehmung eine Rolle spielen, aber auch die Art
der Arbeit (in diesem Fall wissenschaftliche Experten versus Angestellte in der
Stromversorgungsbrache) (McMahan et al., 2002). In unserer Untersuchung wurde die Art
der Berufstätigkeit nicht erhoben. Es wurde jedoch im Durchschnitt eine höhere Besorgnis
bei besser gebildeten Personen beobachtet (Details siehe Anhang Tabelle 19). Wir fanden
auch einen Einfluss des Geschlechts und des Alters auf die Risikoeinschätzung; und zwar
nicht nur in Bezug auf EMF-Risiken, sondern auf alle beurteilten Risikofaktoren: Frauen
äusserten sich im Allgemeinen etwas häufiger als „stark“ oder „ziemlich“ besorgt als Männer
(Details siehe Anhang Abbildung 10). In den Altersgruppen der zwischen 25 und 65-jährigen
ist die Besorgnis jeweils höher als bei den Personen der jüngsten oder ältesten Alters-
kategorie (Details siehe Anhang Abbildung 11). Zu erkennen ist auch ein Unterschied
zwischen den beiden Sprachregionen: Personen aus der französischsprachigen Schweiz
äusserten sich in Bezug auf viele der genannten Umweltrisiken besorgter als Personen aus
der deutschsprachigen Schweiz. In Bezug auf EMF-Risiken bestanden jedoch wenig
Unterschiede. Auf der anderen Seite geben fast drei Mal so viele Personen aus der
französischsprachigen Schweiz an, noch nie auf Mobilfunkantennen in der Wohnumgebung
geachtet zu haben (Details siehe Anhang Tabelle 19).
Im Gegensatz zu den EHS-Personen bilden sich die (nur) EMF-Besorgten ihre Meinung nicht
aufgrund eigener Erfahrung, sondern aufgrund der allgemein zugänglichen Information und
Berichterstattung über EMF-Risiken. Schütz und Wiedemann (2004) stellen fest, dass EMF-
Besorgte bzw. EMF-Unbesorgte bereits eine Risikobewertung durchgeführt haben, d.h. dass
sie ihre Meinung bezüglich des Risikos von EMF bereits gebildet haben und in der Folge
einstellungskonträre Informationen oder Argumente nicht mehr berücksichtigen. Lediglich die
„Unsicheren“ seien noch „ergebnisoffen“. EMF-Besorgte und -Unbesorgte werden als
„änderungsresistent“ beschrieben. (Schütz und Wiedemann, 2004). Sollte dies zutreffen, so
würden den Möglichkeiten der Risikokommunikation relativ enge Grenzen gesetzt: In unserer
Untersuchung konnten lediglich 7.2 Prozent der Teilnehmenden zu mindestens einer der
genannten fünf EMF-Expositionen keine Einschätzung ihrer Sorgen abgeben („weiss nicht“,
„keine Antwort“ oder „trifft nicht zu“). Alle befragten Personen hatten sich eine Meinung in
Bezug auf mindestens eine der abgefragten EMF-Expositionen gebildet. Ob diese Meinung
sehr stark verankert ist, darf jedoch bezweifelt werden. So zeigte sich in einer anderen
schweizerischen Befragung, dass das Wissen in der Öffentlichkeit über EMF ziemlich limitiert
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 39/51
ist: Zum Beispiel hatten in dieser Untersuchung 24 Prozent aller Befragten angegeben, dass
ihnen elektromagnetische Felder oder Elektrosmog unbekannt seien. Weitere 13 Prozent
gaben eine falsche oder keine Antwort auf die Frage, wo es solche Felder gebe (Peters,
2004).
Auf den ersten Blick erstaunlich wirkt, dass immerhin 10 Prozent der EMF-Unbesorgten
angeben, eine Massnahme zur Verringerung der EMF-Exposition ergriffen zu haben. Dieser
scheinbare Widerspruch könnte sich dadurch ergeben, dass diese Personen sich eigentlich
Sorgen um ihre Gesundheit machen, nach Ergreifen einer Massnahme jedoch überzeugt
sind, das Problem unter Kontrolle zu haben (und sich dementsprechend keine Sorgen mehr
machen).
4.4 Häufigkeit von EHS in der Bevölkerung
Von „elektromagnetischer Hypersensibilität“ EHS spricht man dann, wenn Betroffene
gesundheitliche Beschwerden auf die Exposition gegenüber elektromagnetischen
Feldquellen zurückführen (Bergqvist, 1997). Objektive Kriterien, die eine Diagnose EHS
erlauben, gibt es nicht. Das stellte für die vorliegende Untersuchung ein methodisches
Problem dar. Grundsätzlich hätte die Möglichkeit bestanden, die Interviewten direkt zu
fragen, ob sie sich als elektromagnetisch hypersensibel einschätzen. Diese Methode hatte
sich aber im Pretest nicht bewährt. Der Begriff war nicht allen bekannt, weckte sehr
unterschiedliche Assoziationen und die Übereinstimmung mit der Frage nach Symptomen im
Zusammenhang mit EMF war nur moderat. Aus diesem Grund wurde analog zur EHS-
Definition gefragt, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen auf EMF-Expositionen
zurückgeführt werden. Um möglichst keine suggestive Wirkung zu erzielen, wurde der Faktor
EMF randomisiert in einer Liste von fünf verschiedenen Umweltfaktoren „versteckt“.
Bei diesem Vorgehen ist jedoch zu beachten, dass eine implizite Kopplung zwischen einer
EMF-Exposition und einem gesundheitlichen Symptom besteht (siehe Kapitel 4.2.3). Fühlt
man sich nicht exponiert, wird man konsequenterweise auch keine Gesundheits-
beschwerden auf EMF zurückführen. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden
Befragung auch die zeitliche Dimension erfasst, nämlich ob die Symptome zur Zeit oder
früher aufgetreten sind. Damit ist gewährleistet, dass auch Personen erfasst wurden, die
beispielsweise aufgrund ihrer Beschwerden umgezogen waren oder eine andere
Massnahme erfolgreich umgesetzt hatten. Nichtsdestotrotz werden Personen, die gegenüber
einer bestimmten EMF-Quelle nie exponiert sind (oder sich als nie exponiert erachten), auch
keine gesundheitliche Beschwerden damit in Verbindung bringen. Diese definitorische
Kopplung erklärt auch ein auf den ersten Blick paradoxes Resultat dieser Studie: EHS-
Personen benutzen gleich häufig Mobiltelefone und schnurlose Festnetztelefone wie die
restliche Bevölkerung. Im Prinzip würde man eher erwarten, dass EHS-Personen auf die
Nutzung solcher Geräte verzichten oder zumindest deren Gebrauch stark einschränken. So
gaben in einer deutschen Studie 64 Prozent der Befragten an, dass sie ihr Verhalten ändern
würden, sollte sich ein Gesundheitsrisiko bestätigen. Fünf Prozent zogen einen generellen
Verzicht des Mobiltelefons in Erwägung (Anonymus, 2003).
Diese implizite Kopplung von EHS mit dem Expositionsstatus ist eine Folge der fehlenden
Objektivierbarkeit der Diagnose EHS. Würden klar definierte Diagnosekriterien bestehen,
könnte man Personen unabhängig von ihrem Expositionsstatus als elektromagnetisch
hypersensibel diagnostizieren. Dass dies zur Zeit nicht möglich ist hat zur Folge, dass eine
EHS-Prävalenzschätzung in der Bevölkerung mit Schwierigkeiten behaftet ist. Prävalenz ist
die Erkrankungshäufigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt. Entspricht die Prävalenz nur dem
Anteil von Personen, die gegenwärtige Gesundheitsprobleme auf EMF zurückführen, oder
umfasst die EHS-Prävalenz alle Personen, die sich als potenziell sensibel in Bezug auf EMF-
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 40/51
Expositionen erachten? Also auch Personen, die früher einmal unter einer Exposition gelitten
haben, aber heute vielleicht nicht mehr exponiert sind? Bisher hat sich für die EHS-
Prävalenzschätzung kein Standardvorgehen durchgesetzt. Je nachdem welches Konzept
man anwendet, liegt die EHS-Prävalenz in der Schweiz gemäss vorliegender Untersuchung
zwischen 2.7 und 5 Prozent. Dieser Bereich stimmt mit Untersuchungen in anderen Ländern
überein.
Es stellt sich die Frage, ob sich der Anteil von EHS-Personen zeitlich verändert hat oder in
Zukunft verändern wird. Dies kann man nur abschätzen, wenn die gleichen Fragen über
einen längeren Zeitraum wiederholt gestellt werden. Aus dieser einmaligen Untersuchung
kann das nicht beantwortet werden. Die einzige Untersuchung dazu wurde in Deutschland
gemacht. Mit einer ähnlichen (leider nicht ganz identischen) Methodik wurde zwischen dem
Jahr 2001 und 2003 eine Zunahme von EHS-Personen von sechs auf acht Prozent
beobachtet (Schroeder, 2002; Infas, 2003). Ob dies ein Effekt der öffentlichen Diskussion
oder der Zunahme von EMF-Quellen im alltäglichen Leben, insbesondere Mobilfunkbasis-
stationen, ist, kann nicht beantwortet werden (Informationszentrum Mobilfunk e.V., 2004).
4.5 Art der Beschwerden von EHS-Personen
Sowohl in dieser wie auch in anderen Befragungen wurden hauptsächlich unspezifische
Gesundheitsbeschwerden mit EMF in Verbindung gebracht. Unter den vier am häufigsten
genannten Beschwerden tauchen dabei insbesondere Schlafstörungen, Nervosität oder
Unruhe und Kopfschmerzen auf. Das ist wohl in erster Linie auf die starke Verbreitung
solcher Symptome in der Bevölkerung zurückzuführen. Zudem gibt es für diese Symptome
nicht eine einzige klar definierte Ätiologie. Der Grund für die Erkrankung ist im Einzelfall
häufig unklar und eine Vielzahl von Faktoren könnten eine Rolle spielen. Im Zusammenspiel
mit der grossen Verbreitung von EMF ist es nachvollziehbar, dass persönliche Erfahrungen
zu einer entsprechenden Ursachenvermutung führen können. Dies schliesst einen kausalen
Zusammenhang weder aus, noch stellt es dafür einen Beweis dar. Wissenschaftlich ist die
Kausalität entsprechender Zusammenhänge noch ungenügend untersucht. Bisher standen in
der Wissenschaft in Bezug auf die Schädlichkeit von EMF andere Themen, hauptsächlich
kanzerogene Wirkungen, im Vordergrund. Einflüsse auf das Wohlbefinden des Einzelnen
werden erst seit kurzer Zeit vermehrt untersucht. Solche Studien sind nötig, um eine
aussagekräftige Antwort auf die Befürchtungen der Bevölkerung geben zu können.
4.6 Risikowahrnehmung und Grenzwerte
International kontrovers diskutiert wird die Frage, welchen Einfluss die Höhe der Grenzwerte
auf die öffentliche Diskussion und Wahrnehmung des EMF-Problems habe. Es wird
vertreten, dass strengere Vorsorgewerte, die zusätzlich zu wissenschaftsbasierten Grenz-
werten eingeführt wurden (wie beispielsweise in der Schweiz), die Glaubwürdigkeit der
wissenschaftlichen Risikoanalyse und der Grenzwerte untergrabe. Dies könnte in der Folge
dazu führen, dass tiefere Grenzwerte eine erhöhte Besorgnis in der Bevölkerung
hervorrufen, da sie als Anerkennung eines umstrittenen Risikos durch die amtlichen
Instanzen angesehen werden (Wiedemann und Schütz, 2005). Im wik-Report (Bülligen et al.,
2002) wird zum Beispiel erwähnt, dass in der Schweiz der Widerstand gegen Mobilfun-
kantennen besser organisiert sei als in anderen Ländern. Abgesehen davon, dass sich die
Frage stellt, was zuerst war, der Widerstand oder die Grenzwerte, liefert die vorliegende
Studie kaum Hinweise für diese Hypothese. Es wurde ein mit den Nachbarländern vergleich-
bares Ausmass von Besorgnis und gesundheitlichen Beschwerden im Zusammenhang mit
EMF beobachtet. Die Höhe der Grenzwerte scheint daher keinen offensichtlichen Einfluss zu
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 41/51
haben. Weder scheint sich die Bevölkerung in den umliegenden Ländern mit den höheren
Grenzwerten weniger gut geschützt zu fühlen und entsprechend besorgter zu sein, noch ist
das Umgekehrte der Fall, nämlich eine höhere Besorgnis in der Schweiz infolge „amtlich
anerkannter“ Risiken. Offen ist jedoch die Frage, ob die EMF-Grenzwerte in der allgemeinen
Bevölkerung überhaupt hinreichend bekannt sind, um einen solchen Einfluss haben zu
können.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 42/51
5. Schlussfolgerungen
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass rund die Hälfte der Bevölkerung sich
wegen EMF um die eigene Gesundheit besorgt äussert, ohne selber gesundheitliche
Beschwerden zu erleben. Zusätzlich zu den wegen EMF Besorgten kommen ungefähr fünf
Prozent der Bevölkerung, die gegenwärtige oder frühere gesundheitliche Beschwerden der
Exposition von EMF zuschreiben. In Anbetracht der Tatsache, dass wissenschaftlich ein
Zusammenhang im Niedrigdosisbereich nicht konsistent nachgewiesen ist, scheinen diese
Anteile relativ hoch. Dies erklärt sich wohl mit dem ubiquitären Vorkommen solcher Felder im
täglichen Leben und dem Mangel an validen Forschungsergebnissen und der damit
verbundenen limitierten Möglichkeit, die Schädlichkeit von EMF zu quantifizieren. Angesichts
der zunehmenden Präsenz von elektromagnetischen Quellen im Alltag ist anzunehmen,
dass ohne wissenschaftliche Daten für die Risikobeurteilung die Besorgnis weiter zunehmen
könnte. Das hätte Auswirkungen auf die Akzeptanz von gegenwärtigen und zukünftigen
Technologien. Am offensichtlichsten präsentiert sich dieser Konflikt zur Zeit beim Ausbau der
Mobilfunknetze bei der Standortfestlegung von Mobilfunkbasisstationen.
6. Verdankungen
Herzlichen Dank an Steffen Niemann, Sabine Bucher und die ganze Telefonlaborcrew für die
Organisation und das Durchführen der Interviews. Grossen Dank auch an Bernhard Cloetta
für die hilfreichen Inputs bei der Konzeption des Fragebogens.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 43/51
7. ANHANG
7.1 Literaturübersicht
Autor/en Jahr
der
Studie
Art der Studie Land
Fragestellungen
Bergqvist
1997
NA* Literaturreview und zusätzlich Erfassung der
„EHS“ per Fragebogen in Arbeitsmedizinischen
Zentren und Selbsthilfegruppen in
europäischen Ländern
S Prävalenz, Symptome und
Auftreten von EHS
Silny 1999 Überblicksartikel Prävalenz von EHS in Europa
Hillert et al.
2002
1997 Repräsentative Querschnittsbefragung von
10670 Personen des Bezirks Stockholm
S Erfassung der Prävalenz von
EHS und vorherrschender
Symptome
Levallois
2002
1998 Befragung im Rahmen des California Adult
Tobacco Survey, Telefonbefragung von 2072
Personen
USA Erfassung von EHS und
selbstberichteter chemischer
Sensitivität
Leitgeb,
Schroettner
2003
NA Untersuchung von 708 repräsentativ
ausgewählten Erwachsenen
AUT Experimentelle Untersuchung
der Elektrosensitivität
Karus 2003 NA Repräsentative Telefonbefragung von 1985
Personen
D Risikowahrnehmung des
Mobilfunks und häufigste
Gesundheitsbeeinträch-
tigungen
Bülligen et al.
2002
NA Repräsentative Telefonbefragung von 1000
Personen (wik Report)
D Risikowahrnehmung und –
bewertung des Mobilfunks
Anonymus
2003
NA Telefonische Befragung 300 zufällig
ausgewählter Mobiltelefonnutzer (Soreon-
Research)
D Risikowahrnehmung und –
bewertung des Mobilfunks
Hutter et al.
2004
NA Fragebogen bei 123 Teilnehmern einer öff.
Veranstaltung zu Mobilfunkbasisstationen,
Vergleich mit 366 Medizinstudenten
AUT Risikoeinschätzung verschie-
dener Umweltexpositionen,
Schroeder
2002,
Anonymus
2002
2001 Repräsentative Telefonbefragung von 2000
Personen (BfS)
D Sorgen/ Gesundheitsbeein-
trächtigungen durch Mobilfunk,
Exposition Handy/ Mobilfunk
Infas 2003 2003 Repräsentative Telefonbefragung von 2000
Personen (BfS)
D Sorgen/ Gesundheitsbeein-
trächtigungen durch Mobilfunk,
Exposition Handy/ Mobilfunk
Röösli et al.
2004
2001 –
2002
Schriftliche Befragung von 394
elektromagnetisch Hypersensiblen
CH Erfassung der häufigsten
Symptome und vermuteten
Quellen, selbstselektierte
Gruppe
Peters 2004 2004 Telefonische Befragung von 1508 Personen CH Erfassen des Stands des
Wissens der Bevölkerung zum
Thema NIS und Schall, sowie
Informationsbedürfnisse.
*NA = nicht angegeben
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 44/51
7.2 Zusätzliche Tabellen und Abbildungen
Tabelle 15: Sorgen um die Gesundheit wegen verschiedener Umweltbelastungen (w.n.: weiss nicht /
k.A.: keine Antwort). Angaben in Prozent.
EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
Sorgen UV-Strahlung
Ja 68.8 67.2 39.3
Nein 31.2 31.9 59.6
w.n. / k.A. 0.0 0.9 1.1
Sorgen Verkehrslärm
Ja 44.5 41.9 18.1
Nein 55.5 58.2 81.6
w.n. / k.A. 0.0 0.0 0.3
Sorgen Luftverschmutzung
Ja 76.5 81.3 51.8
Nein 23.6 18.6 48.1
w.n. / k.A. 0.0 0.1 0.2
Sorgen Teilnahme am Strassen-
Ja 55.5 58.4 33.1
Verkehr
Nein 44.5 41.4 66.7
w.n. / k.A. 0.0 0.3 0.2
Sorgen Lebensmittelzusätze
Ja 64.6 59.7 27.8
Nein 35.4 40.1 71.9
w.n. / k.A. 0.0 0.2 0.4
Sorgen Gentechnologie
Ja 61.0 61.4 32.2
Nein 35.5 36.1 63.5
w.n. / k.A. 0.4 2.6 4.3
Sorgen Handys
Ja 61.1 48.8 0.0
Nein 37.9 50.9 99.5
w.n. / k.A. 1.0 0.3 0.6
Sorgen Mobilfunksendeanlagen
Ja 68.1 62.4 0.0
Nein 28.1 37.1 97.7
w.n. / k.A. 3.8 0.5 2.4
Sorgen Hochspannungsleitungen
Ja 58.2 51.8 0.0
Nein 40.3 47.2 98.6
w.n. / k.A. 1.5 1.0 1.4
Sorgen elektrische Geräte
Ja 61.5 44.2 0.0
Nein 38.5 55.2 99.3
w.n. / k.A. 0.0 0.6 0.7
Sorgen schnurlosen Festnetztelefone
Ja 43.1 29.5 0.0
Nein 55.3 69.3 98.6
w.n. / k.A. 1.6 1.3 1.4
Sorgen Stress
Ja 59.5 55.1 35.2
Nein 40.5 44.5 64.7
w.n. / k.A. 0.0 0.3 0.0
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 45/51
Tabelle 16: Gesundheitsbeschwerden, die auf verschiedene Umweltbelastungen zurückgeführt
werden (w.n.: weiss nicht / k.A.: keine Antwort). Angaben in Prozent.
EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
Beschwerden Luftverschmutzung
Ja, jetzt 19.3 14.6 7.8
Ja, früher 12.1 4.5 3.0
nein 63.0 77.7 87.2
w.n. / k.A. 5.6 3.2 2.0
Beschwerden Wetter
Ja, jetzt 37.7 29.7 26.0
Ja, früher 6.2 6.0 4.4
. nein 54.6 63.8 69.2
w.n. / k.A. 1.5 0.5 0.3
Beschwerden Stress
Ja, jetzt 28.0 23.5 16.1
Ja, früher 34.6 24.8 18.4
nein 35.3 50.7 64.5
w.n. / k.A. 2.1 1.0 1.1
Beschwerden Elektrosmog
Ja, jetzt 55.1 0.0 0.0
Ja, früher 44.9 0.0 0.0
nein 0.0 95.0 98.8
w.n. / k.A. 0.0 5.0 1.2
Beschwerden Lärm
Ja, jetzt 16.1 10.6 7.2
Ja, früher 16.4 6.8 5.4
nein 67.5 82.1 87.4
w.n. / k.A. 0.0 0.6 0.0
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 46/51
Abbildung 9: Selbstberichteter allgemeiner Gesundheitszustand derjenigen Personen, die Beschwerden
mit EMF (EHS-Personen), Wetter, Luftverschmutzung, Stress oder Lärm in Zusammenhang
bringen.
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
Ausgezei chnet Sehr gut Gut Weniger gut Schlecht
EMF Wetter Luft Stress Lärm
Tabelle 17: Getroffene Massnahmen der EHS-Personen, der EMF-Besorgten und der EMF-
Unbesorgten, Angaben in Prozent. Der p-Wert quantifiziert die Wahrscheinlichkeit, dass
die beobachteten Gruppenunterschiede auf Zufall zurückzuführen sind, wenn in Wahrheit
kein Unterschied zwischen den Gruppen besteht.
Massnahme EHS-Personen EMF-Besorgte EMF-Unbesorgte
p-
Wert
Quelle abschalten 6.6 8.4 3.4 0.30
selber Quelle abschalten 22.4 36.9 41.1 0.08
Wohnort wechseln 8.6 0.5 0 0.00
Zimmer wechseln 10 4.2 8.5 0.14
Arbeitsort wechseln 2.4 0 0 0.01
Abschirmvorhang 3.6 5.4 8 0.54
Abschirmkristall 15 16.6 9.6 0.27
Exposition vermeiden 21.2 36 31.5 0.11
Therapeutische Behandlung 52.4 0.5 0 0.00
Sanierung/ Messung durchführen 11.4 7.3 2.3 0.11
sich an Behörden wenden 1.5 0 1.2 0.15
Handy wenig nutzen 13.4 8.8 3.5 0.14
Handy nicht am Körper tragen 9.9 1.5 1.3 0.00
SAR-Werte Handykauf beachten 1.6 0.7 0 0.50
Head-Set benutzen 2.9 2 2.3 0.90
Anderes 14.6 4.4 1.7 0.00
weiss nicht 0 0.3 1.5 0.29
keine Antwort 2.2 0.7 0 0.34
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 47/51
Tabelle 18: Inanspruchnahme von komplementärmedizinischen Therapien von EHS-Personen.
Prozentangaben bezieht sich auf die gesamte Gruppe der EHS-Personen.
Mehrfachnennungen möglich.
EHS-Personen
[%]
95% Konfidenz-
intervall [%]
Klassische Homöopathie 19.8 13.4 - 28.3
Anderes 7.1 3.6 - 13.6
Traditionelle chinesische Medizin, inkl. Akupunktur 4.7 2.0 - 10.5
Bachblütentherapie 3.1 1.1 - 8.3
Shiatsu/Fussreflexzonenmassage 2.9 1.0 - 8.1
Bioresonanztherapie (BIT) 2.7 0.9 - 7.8
Ernährungstherapie 2.1 0.6 - 6.9
Kinesiologie 1.9 0.5 - 6.6
Akupressur 1.9 0.5 - 6.6
Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) 1.4 0.3 - 5.8
Anthroposophisch erweiterte Medizin 1.0 0.2 - 5.2
Aurikulomedizin (Ohrakupunktur) 0 0.0 - 3.5
Neuraltherapie 0 0.0 - 3.5
Lichttherapie 0 0.0 - 3.5
Ayurvedische Medizin 0 0.0 - 3.5
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 48/51
Abbildung 10: Anteil der Personen in %, die wegen verschiedener Faktoren „stark“ oder „ziemlich“ um
ihre Gesundheit besorgt sind; nach Geschlecht.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
UV-Strahlung
Verkehrslärm
Luftverschmutzung
Strassenverkehr
Lebensmittelzusätze
Gentechnologie
Handy
Mobilfunksendeanlagen
Hochspannungsmasten
elektrische Geräte
schurlose Festnetztel.
Stress
Männer
Frauen
Abbildung 11: Anzahl der Personen, die wegen verschiedener Faktoren „stark“ oder „ziemlich“ um ihre
Gesundheit besorgt sind; nach Altersgruppen.
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
14 bis 24-
jährige
25 bis 34-
jährige
35 bis 44-
jährige
45 bis 54-
jährige
55 bis 64-
jährige
65 bis 74-
jährige
75-jährige +
UV-Strahlung
Verkehrslärm
Luftverschmutzung
Strassenverkehr
Lebensmittelzusätze
Gentechnologie
Handy
Mobilfunksendeanlagen
Hochspannungsmasten
elektrische Geräte
schurlose Festnetztel.
Stress
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 49/51
Tabelle 19: Einfluss der Sprachregion und der Ausbildung auf die Einschätzung der Besorgnis
wegen verschiedener Faktoren. Angegeben ist die Odds Ratio (OR), adjustiert für Alter
und Geschlecht, inkl. 95%-Konfidenzintervall in Klammern. (Lesebeispiel: Die Wahr-
scheinlichkeit, dass eine Person aus der französischsprachigen Schweiz wegen
Verkehrslärm besorgt ist, ist 2.18 mal höher als für eine gleichaltrige Person desselben
Geschlechts aus der Deutschschweiz.)
Personen der französisch-
versus der
deutschsprachigen Schweiz
Personen mit Ausbildung der
Sekundarstufe II im Vergleich
zur obligatorischen Stufe
Personen mit Tertiär-
ausbildung im Vergleich zur
obligatorischen Stufe
UV-Strahlung
0.77
(0.61 - 0.98)
2.13
(1.53 - 2.97)
2.16
(1.51 - 3.09)
Verkehrslärm
2.18
(1.71 - 2.78)
1.81
(1.28 - 2.57)
2.55
(1.76 - 3.68)
Luftverschmutzung
1.61
(1.22 - 2.12)
1.74
(1.27 - 2.38)
1.73
(1.24 - 2.40)
Teilnahme am
Strassenverkehr
1.43
(1.13 - 1.82)
1.44
(1.04 - 2.01)
1.94
(1.36 - 2.77)
Lebensmittel-
zusätze
1.92
(1.50 - 2.46)
1.03
(0.74 - 1.45)
1.24
(0.86 - 1.78)
Gentechnologie
1.39
(1.09 - 1.77)
1.24
(0.88 - 1.74)
1.10
(0.76 - 1.59)
Handys
1.28
(0.99 - 1.66)
1.17
(0.81 - 1.70)
1.16
(0.78 - 1.74)
Mobilfunkantennen
0.88
(0.68 - 1.13)
1.87
(1.30 - 2.68)
1.61
(1.09 - 2.37)
Hochspannungs-
leitungen
1.26
(0.99 - 1.62)
1.36
(0.97 - 1.90)
1.35
(0.94 - 1.93)
Elektrische Geräte
0.67
(0.51 - 0.88)
1.04
(0.73 - 1.49)
1.14
(0.77 - 1.70)
schnurlose
Festnetztelefone
0.88
(0.63 - 1.23)
1.18
(0.75 - 1.86)
1.45
(0.89 - 2.35)
Stress
2.02
(1.58 - 2.59)
1.20
(0.86 - 1.69)
1.49
(1.03 - 2.15)
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 50/51
8. Literaturverzeichnis
Anonymus (2002). Ergebnisse der bundesweiten repräsentativen Umfrage zu Befürchtungen
und Sorgen in der Bevölkerung mit dem Mobilfunk - eine kurze Zusammenfassung.
Umweltmedizin in Forschung Praxis 7(3): 172 - 174.
Anonymus (2003). Schleichende Angst - Studien von WIK und Soreion zur Einschätzung der
Risiken des Mobilfunks. EMF-Monitor. 3: 12 - 14.
Bergqvist U (1997). Possible health implication of subjective symptoms and electromagnetic
fields: a report by a European group of experts for the European Commission DG V.
National Institute for Working Life Arbete och Hälsa.
Bülligen F, Hillebrand A, Wörter M (2002). Elektromagnetische Verträglichkeit zur Umwelt
(EMVU) in der öffentlichen Diskussion. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie.
Bundesamt für Statistik (2004). Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes 2003 (ESPOP).
Neuchatel.
Hillert L, Berglind N, Arnetz BB, Bellander T (2002). Prevalence of self-reported
hypersensitivity to electric or magnetic fields in a population-based questionnaire
survey. Scandinavian Journal of Work, Environment and Health 28(1): 33-41.
Hutter HP, Moshammer H, Wallner P, Kundi M (2004). Public perception of risk concerning
celltowers and mobile phones. Sozial- und Präventivmedizin 49(1): 62-66.
Infas (2003). Ermittlungen der Befürchtungen und Ängste der breiten Öffentlichkeit
hinsichtlich möglicher Gefahren der hochfrequenten elektromagnetischen Felder des
Mobilfunks - jährliche Umfragen. B. f. Strahlenschutz. Bonn, Institut für angewandte
Sozialwissenschaft GmbH: 1 - 34.
Informationszentrum Mobilfunk e.V. (2004). Kommunikation und Öffentlichkeit. Thema
Mobilfunk. Berlin: 1 - 31.
Karus M (2003). Jeder Zweite hat Angst vor Elektrosmog. ElektrosmogReport. 9: 1.
Leitgeb N, Schröttner J (2003). Electrosensibility and electromagnetic hypersensitivity.
Bioelectromagnetics 24(6): 387-394.
Levallois P, Neutra R, Lee G, Hristova L (2002). Study of self-reported hypersensitivity to
electromagnetic fields in California. Environmental Health Perspectives 110 Suppl 4:
619-23.
LINK Institut. Sind die SchweizerInnen überhaupt noch zu erreichen? Telefonanschlüsse der
privaten Haushalte in der Schweiz im Jahr 2000. Luzern.
McMahan S, Lutz R, Meyer J (2002). Attitudes about electric and magnetic fields: do
scientists and other risk experts perceive risk similarly? Journal of Environmental
Health 65(5): 9-12.
Peters M (2004). Informiertheit und Bedürfnisse der Bevölkerung im Bereich
nichtionisierende Strahlung (NIS) und Schall – Ergebnisse einer repräsentativen
Bevölkerungsbefragung. Zürich, econcept AG im Auftrag des Bundesamtes für
Gesundheit, Kompetenzzentrum für Evaluation.
Repräsentative EMF-Befragung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Seite 51/51
Röösli M, Moser M, Baldinini Y, Meier M, Braun-Fahrländer C (2004). Symptoms of ill health
ascribed to electromagnetic field exposure--a questionnaire survey. International
Journal of Hygiene and Environmental Health 207(2): 141-150.
Schroeder E (2002). Stakeholder-Perspektiven zur Novellierung der 26.BlmSchV.
Ergebnisse der bundesweiten Telefonumfrage im Auftrag des Bundesamtes für
Strahlenschutz (BfS). 2002.
Schütz H, Wiedemann P (2004). Mobile Ängste: Gruppenspezifische Rezeption von
Risikoargumenten beim Mobilfunk.
WHO (2002). Herstellen eines Dialogs über die Risiken elektromagnetischer Felder.
Strahlenschutz und Umwelthygiene, Abteilung Schutz der menschlichen Umwelt,
Weltgesundheitsorganisation Genf, Schweiz, WHO: 1 - 70.
WHO (2004). Electrical Hypersensitivity Workshop. Prague, 25-27 October 2004. Book of
Abstracts. World Health Organization, Geneva.
Wiedemann PM, Schütz H (2005). The precautionary principle and risk perception:
experimental studies in the EMF area. Environmental Health Perspectives, online 10
January 2005 at http://dx:doi.org