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iF
Institut für
Forschungsinformation
und Qualitätssicherung Q
iFQ-Working Paper No. 14 | November 2012
Stefan Hornbostel (Hg.)
WER PROMOVIERT IN DEUTSCHLAND?
MACHBARKEITSSTUDIE ZUR
DOKTORANDENERFASSUNG UND QUALITATSSICHERUNG
VON PROMOTIONEN AN DEUTSCHEN HOCHSCHULEN
..
Das diesem Bericht zugrunde liegende Vorhaben wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
unter dem Förderkennzeichen M508100 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei
den Autoren.
iFQ – Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung
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ISSN 1864-2799
November 2012
Stefan Hornbostel (Hg.)
Wer promoviert in Deutschland?
Machbarkeitsstudie zur
Doktorandenerfassung und Qualitätssicherung
von Promotionen an deutschen Hochschulen
iFQ-Working Paper No. 14 | November 2012
Inhalt
Stefan Hornbostel, André Lottmann
Promotionsstrukturen zwischen Autonomie und Koordination
Einleitung zur Studie
1. Zur Ausgangssituation des Promotionswesens zwischen Strukturierung und
Zergliederung 9
2. Zur Definition von neuen Verantwortlichkeiten 12
3. Ziele dieser Studie 15
4. Literatur 17
Teil I
Florian Meinel, Christoph Möllers
Rechtsfragen der statistischen Erfassung von Doktoranden zur
Qualitätssicherung im Promotionswesen
1. Sachverhalt und Gutachtenauftrag 21
2. Mögliche Regelungsansätze zur Registrierung von Doktoranden 23
2.1 Freiwillige Regelungen 23
2.2 Registrierung von Doktoranden durch die sie betreuenden Hochschullehrer 23
2.3 Erhebung bei den Doktoranden 25
2.4 Zeitliche Erfassung der Promotionsphase 26
3. Zur Reichweite der vorhandenen landeshochschulrechtlichen Regelungen 28
3.1 Regelungen über die Erhebung und Verarbeitung von Daten über den Auflauf von
Promotionsverfahren 28
3.2 Zur Ausgestaltung des Verhältnisses von Doktoranden zur Universität 31
3.2.1 Der Status als Doktorand bzw. Promotionsstudierender 32
3.2.2 Vorgeschaltetes Annahmeverfahren am Beginn der Promotionsphase 33
4. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur einheitlichen Erfassung von Doktoranden 35
5. Bundeseinheitliche Regelungen? 37
6. Zur Reichweite des Selbstverwaltungsrechts der Universitäten und des Vorbehalts
des Gesetzes 39
7. Datenschutzrechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Registrierung von
Doktoranden 42
7.1 Allgemeine Anforderungen 42
7.2 Anforderungen an eine bereichsspezifische Rechtsgrundlage 43
7.3 Adressat der Datenerhebung 44
7.4 Nutzung der Daten innerhalb der Universität 44
7.5 Reichweite des Forschungsdatenprivilegs 45
7.6 Übermittlung der Daten an die staatliche Kultusverwaltung 46
7.7 Übermittlung der Daten an die amtliche Statistik 46
8. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen 48
Teil II
Clemens Blümel, Stefan Hornbostel, Sanna Schondelmayer
Wirklichkeit und Praxis der Doktorandenerfassung und
Qualitätssicherung von Promotionen an deutschen Hochschulen
1. Promotionsordnungen an deutschen Hochschulen als Abbilder der Wirklichkeit 53
1.1 Allgemeines zur Datengrundlage 53
1.2 Regelungen zur Erfassung von Promovierenden zu Promotionsbeginn 55
1.2.1 Immatrikulation 55
1.2.1.1 Immatrikulation im Regelfall 55
1.2.1.2 Immatrikulation für Promovierende in Graduierteneinrichtungen 57
1.2.1.3 Immatrikulation für Beschäftigte 58
1.2.1.4 Zeitpunkte der Immatrikulation 59
1.2.2 Registrierung 60
1.2.2.1 Registrierung im Regelfall 60
1.2.2.2 Registrierung für Promovierende in Graduierteneinrichtungen 62
1.2.2.3 Zeitpunkte der Registrierung 62
1.2.3 Weitere erfassungsrelevante Regelungen in Promotionsordnungen 63
1.3 Registrierung im Rahmen des Prüfungsverfahrens 65
1.4 Regelungen im Zusammenhang mit Betreuung der Promotion 65
1.4.1 Regelungen im Kontext der Promotionsannahme 65
1.4.2 Regelungen im Kontext der Promotionsbetreuung 67
1.5 Fazit 68
2. Praktiken der Doktorandenerfassung und Qualitätssicherung von Promotionen
anhand von Fallstudien 71
2.1 Allgemeines zur Datengrundlage und zur Methode 72
2.2 Immatrikulation von Promovierenden 72
2.3 Zeitpunkt der Erfassung 77
2.4 Promotionsdauer und -abbruch 78
2.5 Informationskultur 80
2.6 Die Universitäten im Vergleich 87
2.6.1 Universität A 87
2.6.2 Universität B 89
2.6.3 Universität C 90
2.6.4 Universität D 92
2.6.5 Universität E 93
2.6.6 Universität F 94
2.7 Fazit 96
3. Literatur 98
4. Abkürzungsverzeichnis 99
5. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 100
Stefan Hornbostel, André Lottmann
Promotionsstrukturen zwischen Autonomie
und Koordination
Einleitung zur Studie
9
1 In dieser Studie wird für Aussagen und Angaben, die sich auf weibliche und männliche Personen gleichermaßen
beziehen, in der Regel die männliche Sprachform im Sinne eines generischen Maskulinums verwendet. Sofern
eine Differenzierung nach Geschlecht erfolgt, wird darauf explizit hingewiesen.
1. Zur Ausgangssituation des Promotionswesens zwischen
Strukturierung und Zergliederung
Die 1838 erlassenen Statuten für die Berliner Universität markieren einen Wendepunkt für das deut-
sche Promotionswesen. Gleichermaßen für die theologische, die juristische, die medizinische und die
philosophische Fakultät wird festgeschrieben, dass der Doktorkandidat1 eine „von der Fakultät zuvor
gebilligte lateinische Dissertation […] auf seine Kosten drucken“ muss und dabei schriftlich zu versi-
chern hat, „daß er selbst und ohne fremde Hülfe sie verfasst habe“ (Koch 1839: 163/164). Außerdem
muss der Doktorand an einem mündlichen Examen sowie einer Disputation teilnehmen, bei der die
abgefasste Dissertation zugrunde gelegt wird (ebd.: 162-164). Für alle Fakultäten wird außerdem auf
den besonderen Anspruch der Promotion im Unterschied zum jeweiligen Staatsexamen bzw. zum
Magisterabschluss hingewiesen; mit Blick auf die philosophische Fakultät heißt es exemplarisch:
„Der wesentliche Unterschied beider Grade, in Rücksicht der zu ihrer Erlangung erforderlichen Eigenschaften,
besteht darin, daß der Magistergrad demjenigen ertheilt wird, der das Erlernte mit Fertigkeit zu erneuern und
wohl zu ordnen versteht, und auf diese Weise ein taugliches Glied in der Kette der wissenschaftlichen Ueberliefe-
rung zu werden verspricht; der Doktorgrad aber demjenigen, der in seiner Behandlung der Wissenschaft Eigent-
hümlichkeit und Erfindungsvermögen zeigt.“ (ebd.: 160)
Wer also von nun an einen Doktortitel an der Berliner Universität erwerben wollte, musste vier
Pflichten erfüllen: das selbstständige Verfassen einer Doktorarbeit, deren mündliche Verteidigung
und deren anschließende Veröffentlichung sowie insgesamt den Nachweis einer wissenschaftlichen
Innovation. Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, bedeutete eine riskante Reform des Promoti-
onswesens, da sich seinerzeit die deutschen Universitäten in der Konkurrenz um zahlungskräftige
Doktoranden gegenseitig überboten. Zu den probaten Mitteln im Konkurrenzkampf gehörte die im
19. Jahrhundert durchaus üblich gewordene Promotion in absentia, bei der der Kandidat davon befreit
war, zur Prüfung zu erscheinen. Nicht selten war auch das Angebot, die Dissertationsschrift durch die
Professoren der Fakultät selbst verfassen zu lassen (Präsesdissertation). Nicht befreit waren die Dokto-
randen hingegen davon, Gebühren an die Fakultäten zu zahlen. Dass noch 40 Jahre nach dem Erlass
der neuen Statuten für die Berliner Universität solche äußerst fragwürdigen Promotionspraktiken den
universitären Alltag prägten, zeigt eindrücklich Theodor Mommsens harsche Kritik am „Mißbrauch
akademischer Grade“ (Mommsen 1905: 409) von 1876 (vgl. Hornbostel 2009: 216-220). Grund dafür,
dass Mommsens heftige Polemik zwar viel Zuspruch und seine Forderungen politischen Rückhalt
erhielten, aber gleichzeitig die Durchsetzung einheitlicher Qualitätsstandards für die Promotion nur
zögerlich voranging, war nicht zuletzt das Ausweichen der Doktoranden auf Universitäten anderer
deutscher Kleinstaaten, deren Vorschriften weniger rigide waren. Dennoch war der Weg vorgezeichnet,
der im Verlauf des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts sukzessive aus der stark ritualisierten
Promotion der universitas mit einem „Vorherrschen von Statusfragen, von Würde und Ehre“
(Schwinges 2012: 19) einen rechtlich halbwegs einheitlich bestimmten Abschluss der modernen
Forschungsuniversität machen sollte. Das gesamte darauf auf bauende Promotionsrecht zielte auf eine
10
2 Auch der Wissenschaftsrat verweist in seinen Empfehlungen zur Vergabe des Promotionsrechts an nichtstaatliche Hoch-
schulen auf drei für das gegenwärtige Promotionswesen wesentliche Punkte: den Innovationsimperativ, die Publika-
tionspflicht und die mündlichen Prüfungen. (Wissenschaftsrat 2009: 7-9)
Regelung der Promotionsprüfung, der Rolle der Fakultät bei der Qualifikationsfeststellung, der Titel-
vergabe und der damit verbundenen wissenschaftlichen Würdigung – ein Umstand, der bis heute
hochschulrechtliche Gültigkeit besitzt.2
Kein Gegenstand der sich zum Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts herausbildenden
rechtlichen Normierung des Promotionswesens war hingegen die Frage, wie Doktoranden erfolgreich
die notwendigen Qualifikationen für eine Promotion erwerben konnten. Das hochgradig individuell
ausgestaltete Verhältnis zwischen Doktorvater oder Doktormutter und Doktorand galt als Basis der
Wissensvermittlung und wurde rechtlich ebenso wenig normiert wie die Stellung der Doktoranden
innerhalb der Universitäten.
Vor diesem historischen Hintergrund wird schnell ersichtlich, welch andere Stoßrichtung die aktu-
ellen Debatten um die Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung der Promotion besitzt. Schon der
in diesem Zusammenhang häufig ins Feld geführte Begriff der ‚strukturierten Promotion‘ deutet an,
dass es nicht mehr länger nur um das ‚Ob‘ der Promotion, sondern immer mehr um dessen ‚Wie‘ geht,
dass also die Promotion gewissermaßen nicht mehr allein vom Ende her gedacht wird, sondern mit
Blick auf ihr Werden. Die derzeitigen Reformen des Promotionswesens, deren erste Anfänge mehr als
40 Jahre zurückliegen und die zuletzt durch den Bologna-Prozess und die Exzellenzinitiative zu einer
breiten Bewegung geworden sind, unterscheiden sich aber auch in anderer Hinsicht von der Reform-
situation vor gut 100 Jahren. Waren damals die Hoffnungen, wie sie etwa Theodor Mommsen vortrug,
auf eine Art politischen Masterplan gerichtet, der durch Unterstützung des Staates einheitliche Bedin-
gungen und hohe Qualitätsstandards in einem ruinösen Wettbewerb herstellen sollte, scheint sich
heute eher eine entgegengesetzte Bewegung zu vollziehen. Der Staat zieht sich aus der Detailsteue-
rung mehr und mehr zurück, die Hochschulen erleben einen erheblichen Zuwachs an Autonomie
und Reformen vollziehen sich als wettbewerblich organisierte kleinräumige Lösungen, angetrieben
von vielen, sehr unterschiedlichen Akteuren und Financiers. Systemische Effekte werden vor allen
Dingen von marktförmigen Adaptionsprozessen und der Diffusion erfolgreicher Modelllösungen
erwartet.
Erst mit Blick auf diesen Paradigmenwechsel wird verständlich, warum die bereits seit Jahren andau-
ernden Reformen nicht ohne Weiteres ein einheitliches Ziel erkennen lassen und gelegentlich das
Bild einer Dauerbaustelle abgeben. Die zugrunde liegende Dynamik treibt die über Wettbewerbsme-
chanismen in Gang gesetzten Differenzierungsprozesse immer weiter voran. Mit Blick auf das Promo-
tionswesen lassen sich drei Vektoren identifizieren, die für diesen Ausdifferenzierungsprozess einen
Raum beschreiben, in dem sich die Bedingungen für Promovierende immer weiter auseinander
bewegen – mit der Gefahr, dass sich die Promotion in kaum vergleichbare, partikulare Abschlüsse
auflöst, auf der einen Seite und der Chance, dass sich eine Fülle von unterschiedlichen Wegen zur
Promotion entwickelt, auf der anderen Seite.
Zu diesen Vektoren gehören:
– Die fachkulturelle Ausdifferenzierung: Sie lässt sich an ganz unterschiedlichen Merkmalen
festmachen. Die ‚Üblichkeit‘, mit der Hochschulabsolventen nach ihrem Studium auch eine
Promotion abschließen, variiert zwischen mehr als 50 Prozent in der Physik, der Chemie, der
11
Biologie sowie der Human- und Zahnmedizin und weniger als 10 Prozent in den Wirtschafts-
oder Erziehungswissenschaften (vgl. Hauss et al. 2012: Kap. 2.1). Die Strukturierung der
Promotion ist durch Bindung an Forschungsprojekte und materielle Infrastruktur in den
Laborwissenschaften ungleich größer als in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Ebenso
variieren Betreuungsintensität und inhaltliche Anforderungen zwischen den Disziplinen
erheblich. Schließlich bieten die fachlichen Arbeitsmärkte außerhalb der akademischen Karri-
erewege höchst unterschiedliche Verwertungschancen für den Doktortitel.
– Der Grad der Strukturiertheit: Derzeit genießt ein sehr kleiner Teil der Doktoranden in jeder
Hinsicht gute Bedingungen in einigen hochkarätigen – in der Regel extern finanzierten –
Promotionsprogrammen. Ein weiterer Teil partizipiert an mehr oder weniger exzellenten
Programmen oder an anderweitigen Angeboten für Doktoranden. Über eine deutliche Mehr-
heit von Individualpromotionen lässt sich hingegen kaum etwas sagen, außer dass sich hier die
ganze Spannweite zwischen gut betreuten, finanziell abgesicherten Promovierenden und
Promovierenden in prekären Verhältnissen ohne engere Anbindung an ein Forschungsprojekt
auftut. Zu den strukturellen Bedingungen gehört auch das Ausmaß an Kooperation mit außer-
universitären Einrichtungen. Je nach Ausgestaltung derartiger Kooperationen entstehen für die
Promovierenden besondere Zugänge zu Forschungsinfrastrukturen sowie symbolische Reputa-
tionsgewinne.
– Die lokalen Bedingungen: Die Promotionsbedingungen unterscheiden sich mittlerweile
zwischen und innerhalb der Hochschulen erheblich. Das betrifft nicht nur die Frage, inwieweit
die Doktorandenausbildung Teil einer hochschulischen Gesamtstrategie ist und inwieweit
innerhalb der Hochschule Transparenz über das Promotionsgeschehen herrscht, sondern auch
die Einheitlichkeit der Bewertungsstandards. Zumindest die Verteilung der Promotionsnoten
deutet in einigen Fachgebieten auf ausgeprägte Lokalidiosynkrasien hin. Hinzukommen
uneinheitliche landesrechtliche Regelungen, die seit der Föderalismusreform weiter auseinan-
derdriften.
Innerhalb des so aufgespannten Raumes ergibt sich eine derart große Vielfalt von Positionen, dass es
schwer fällt, noch von ‚der‘ Promotion zu sprechen. Längst haben sich Verfahren, Anforderungen,
Qualifikationsprofile und neuerdings auch institutionelle Renommees auseinanderentwickelt. Da
die Position von Hochschulen, Programmen, Fächern und Personen nur in einigen Regionen dieses
Raums transparent ist, entsteht für die deutsche Promotion insgesamt eine gewisse Vulnerabilität.
Dies ist seit Längerem in den Diskussionen um die Promotion in der Medizin zu erkennen, für die der
Wissenschaftsrat wiederholt grundlegende Veränderungen gefordert hat (vgl. zuletzt Wissen-
schaftsrat 2011: 29). Dass die Auswirkungen nationaler und fachspezifischer Promotionspraxen
keineswegs trivial sind, zeigt sich hier beispielsweise sehr deutlich daran, dass der European Research
Council den deutschen Abschluss eines „Dr. med.“ nicht per se als Qualifikationsvoraussetzung für
die Einwerbung von Starting Grants anerkennt (vgl. Beisiegel 2009). Noch gravierender aber sind die
in Deutschland durch ‚Plagiatsjäger‘ ausgelösten Affären um zweifelhafte Promotionen. Sie haben
ein tiefgreifendes Glaubwürdigkeitsproblem mit schwer kalkulierbaren, negativen Ausstrahlungs-
effekten auf die deutschen Promotionsabschlüsse insgesamt erzeugt.
12
2. Zur Definition von neuen Verantwortlichkeiten
In dieser Situation stellt sich notwendigerweise die Frage nach der Verantwortung für die Etablierung
und Kontrolle der in den meisten Promotionsordnungen sehr hoch angesetzten Standards neu. Die
rechtliche Fixierung auf den Prüfungsakt, der unklare Status von Doktoranden und die damit verbun-
dene Unkenntnis über wesentliche Parameter des Promotionsprozesses erschweren allerdings eine
Neudefinition von Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen erheblich. Dabei sind diese Probleme
keineswegs unbekannt. Bereits in der 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes aus dem Jahre 2002
war der Versuch erkennbar, die Hochschulen für den Prozess des Promovierens, insbesondere im
Zusammenhang mit der Betreuung, stärker in die Verantwortung zu nehmen und die Promovierenden
über eine verpflichtende Immatrikulation zumindest so zu erfassen, dass Fakultäten, Hochschulen,
Länder und auch die Bundesstatistik über belastbare Informationen verfügen konnten. Dass dieser
Vorstoß keinen verfassungsrechtlichen Bestand hatte, war für die weitere Entwicklung keineswegs
förderlich.
Der von Theodor Mommsen im Jahr 1876 geäußerte Wunsch, dass gerade die Universitäten die Initi-
ative ergreifen sollten und „damit die deutschen Regierungen sowie die öffentliche Meinung baldigst
der Mühe überhöben darüber Erwägungen anzustellen, wie trotz der Universitäten geholfen werden
könnte, wenn es durch sie nicht geht“, (Mommsen 1905: 409) scheint unter den heutigen Bedin-
gungen nicht mehr durchsetzbar. Eher ist das Gegenteil geboten: eine Ausschöpfung der Hochschul-
autonomie, verbunden mit einer wissenschaftspolitischen Koordination, die so viel Transparenz und
Vergleichbarkeit sicherstellt, dass einerseits keine Zweifel an der Qualität deutscher Promotionen
entstehen und andererseits hinreichend Raum für die Entwicklung einer wünschenswerten Vielfalt
von Promotionswegen und -formen bleibt.
Der (regelmäßige) Bundesbericht zur Förderung des Wissenschaftlichen Nachwuchses (BMBF 2008)
oder neuere promotionsbezogene Erhebungen (Statistisches Bundesamt 2012) – um zwei Beispiele
zu nennen – sind diesbezüglich Schritte in die richtige Richtung. Dennoch kann gegenwärtig noch
immer nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie viele Personen an deutschen Hochschulen promo-
vieren, wie viel Zeit diese benötigen, wie viele gegebenenfalls ihre Promotion abbrechen oder wie
erfolgreiche Promotionen letztlich verlaufen. Wenn Daten überhaupt erfasst werden, dann selten mit
dem Ziel der Gewinnung eines Gesamtbildes. Vor diesem Hintergrund müssen Bewertungen von ein zel-
nen Promotionsmodellen zwangsläufig ohne Vergleich mit geeigneten Referenzgruppen stattfinden.
Es gilt also zu verhindern, dass aus der inspirierenden Vielfalt und den beeindruckenden Promotions-
programmen lediglich insulare Modellvorhaben werden, die den Blick auf das gesamte Promotions-
wesen verstellen. Solche Tendenzen der Zergliederung führen erst zu der derzeitigen öffentlichen
Debatte, die stark auf die Defekte des deutschen Promotionssystems konzentriert ist und erfolgreiche
Elemente bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den Hintergrund drängen.
Um dies zu ändern, sind mindestens zwei Handlungsdimensionen von entscheidender Bedeutung.
Zum einen muss die Promotion als Prozess nicht nur innerhalb von einzelnen strukturierten Promo-
tionsprogrammen, sondern insgesamt als Verantwortung der Hochschule wahrgenommen werden.
Dies sollte keineswegs zu einem völlig homogenen, aber doch zu einem transparenten und besser
beurteilbaren Promotionswesen führen. Mit einer stärkeren institutionellen Verantwortung der
Hochschule für die Promotion ist nicht gemeint, dass die Zuständigkeiten der Betreuer oder der
Fakultät geschmälert würden, wohl aber, dass eine Neuverteilung von Verantwortlichkeiten und eine
13
Veränderung der Informationsflüsse notwendig werden. Es ist Aufgabe der Hochschule, die innerhalb
ihrer Autonomie liegenden Gestaltungsspielräume zu nutzen.
Zum anderen muss für eine auf einheitlichen Prinzipien beruhende Promotion, die auch im interna-
tionalen Verkehr anerkannt ist, eine hochschulübergreifende Koordination erfolgen. Hier sind
zunächst die Länder gefragt – insbesondere im Hinblick auf eine einheitliche rechtliche Regelung des
Doktorandenstatus sowie durch klare datenschutzrechtliche Regelungen, die sowohl eine effiziente
Administration als auch ein gehaltvolles Monitoring des Promotionsprozesses ermöglichen. Aber
auch der Bund sollte diesen Prozess sowohl durch eine Promovierendenstatistik, die über die abge-
schlossenen Promotionen hinaus unter anderem Zahl, Zusammensetzung, Alter und Verweildauer
der Promovierenden erfasst, als auch durch eine regelmäßige Berichterstattung, wie sie mit dem
Bundesbericht zur Förderung des Wissenschaftlichen Nachwuchses bereits angelegt ist, unterstützen.
Mit einer solchen Berichterstattung, die deutlich über die statistischen Zeitreihen hinausgeht, sollte es
möglich sein, die sich dynamisch entwickelnden Differenzierungsprozesse im Blick zu behalten und
die wünschenswerte Vielfalt von Promotionsformen in einer analytischen Perspektive auf ihre spezifi-
schen Stärken und Schwächen vergleichend zu untersuchen. Dabei wird es entscheidend sein, die
bereits angesprochenen strukturellen Merkmale der Promotionswege besser verstehen und verglei-
chen zu können. Wie sind die entstandenen Strukturierungselemente – von der Mehrfachbetreuung
über schriftlich vereinbarte Promotionsvereinbarungen bis zu begleitenden Kursphasen und einer
stärkeren internationalen Orientierung – zu bewerten? Was sind Vor- und Nachteile? Welche Stan-
dardbildung ist wünschenswert und wie lässt sie sich forcieren? In diesem Zusammenhang bleibt auch
die Frage virulent, welche Rolle die traditionelle Individualpromotion künftig spielen soll. Derzeit
steht zu befürchten, dass sich ein Zweiklassensystem entwickelt, in dem sehr komfortable, ausfinan-
zierte und internationales Renommee genießende Bedingungen auf der einen Seite und finanziell
prekäre, unsystematische und uneingebundene Promotionen auf der anderen Seite koexistieren.
Das Geschehen außerhalb der gesondert geförderten Strukturierungsprogramme spielt sich überwie-
gend im Dunkeln ab. Eine Verstärkung dieses Nebeneinanders durch wachsende Informations-
asymme trien ist nicht wünschenswert. Aber auch die unter dem Begriff der ‚strukturierten Promotion‘
firmierenden Programme und Aktivitäten weisen eine enorme Vielzahl von unterschiedlichen
Modellen auf: von den Graduiertenkollegs der Deutschen Forschungsgemeinschaft und den Interna-
tional Max Planck Research Schools über vereinzelte Importe von Graduate Schools nach strikt
angloamerikanischem Vorbild und Promotionsstudiengängen bis zuletzt zu den im Rahmen der
Exzellenzinitiative geförderten Graduiertenschulen, die ihrerseits sehr unterschiedlich ausgestaltet
sind (vgl. ausführlicher Hauss et al. 2012: Kap. 2.3).
Im Bereich des Promotionsrechts verfügen Hochschulen seit jeher – nicht erst seit der Einführung
neuer Governancemodelle – über große Autonomie gegenüber den staatlichen Regelungsinstanzen.
Einmal verliehen, fällt das Promotionsrecht in den Bereich der hochschulischen Selbstverwaltung;
der Einfluss des Staates ist auf eine ausschließlich rahmengebende Funktion reduziert. Mehr noch als
das, fällt die Ausübung des Promotionsrechts in der Konsequenz – je nach Ausgestaltung der Selbst-
verwaltung – nicht der Hochschule als Ganzes, sondern den Fakultäten oder ähnlichen Entitäten zu
und erfährt dadurch einen starken fachlichen Zuschnitt. Dieses hohe Maß an Gestaltungsfreiheit
muss keineswegs zwangsläufig zu undurchsichtigen Verhältnissen führen, aber es bedarf in jedem Fall
einer über die Fakultät bzw. die Hochschule hinausgehenden Perspektive, um ein glaubwürdiges
System der Qualitätssicherung zu etablieren. Beispielsweise führt eine vergleichende Betrachtung der
Promotionsnoten – immerhin eine Größe, über die deutschlandweit Gewissheit besteht – solche
Unterschiede in den Bewertungen zwischen Standorten, aber auch zwischen Fachgebieten zutage,
14
3 Das auf einer Sonderauswertung von Daten des Statistischen Bundesamtes basierende „Informationssystem
Promotionsnoten in Deutschland“ ist frei zugänglich unter: www.forschungsinfo.de/promotionsnoten.
dass sie nicht mehr in einen Zusammenhang mit den tatsächlich erbrachten Leistungen gebracht
werden können. Genauere Einblicke ermöglicht das im Internet verfügbare „Informationssystem
Promotionsnoten in Deutschland“ des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung
(iFQ).3 Es haben sich offensichtlich zahlreiche kleine Fach-, aber auch lokale Vergabekulturen entwi-
ckelt, die eine vergleichende Bewertung von Promotionen über Standorte oder gar über Fächergrenzen
hinweg schwer machen. Nicht grundlos hat der Wissenschaftsrat die Umstellung der Benotungspraxis
auf eine binäre Skala („Bestanden“ oder „Mit besonderem Lob/Ausgezeichnet“) angeraten (Wissen-
schaftsrat 2011: 25). Vor diesem Hintergrund sind nicht nur die Hochschulen sowie Länder und Bund
bei der Weiterentwicklung des Promotionswesens gefragt, sondern auch überregional agierende Fach-
gesellschaften sowie Mittel- und Stipendiengeber, die inzwischen nicht unerheblichen Einfluss auf
die Ausgestaltung des Promotionswesens haben.
Schließlich ist ein verantwortungsvoller und transparenter Umgang mit dem Promotionswesen auch
ein Prüfstein für die Funktionsfähigkeit der Hochschulautonomie. Das Promotionsrecht ist nach wie
vor das ‚Markenzeichen‘ der Universität. Es ist nicht nur das älteste, über weite Strecken auch einzige
Prüfungsrecht in völliger Eigenverantwortung der Universität; es ist auch dasjenige Institut, das die
Nachwuchsrekrutierung der Wissenschaft und die Versorgung anderer gesellschaftlicher Bereiche mit
forschungserfahrenem, wissenschaftlich hoch qualifiziertem Personal sicherstellt und eine Scharnier-
funktion für die Verbindung zwischen universitärer und außeruniversitärer Forschung einnimmt. Da
das Promotionsprivileg der Universität keineswegs in Stein gemeißelt ist, muss es in ihrem Eigeninte-
resse liegen, sowohl die hohen Standards der Promotion zu halten als auch Mechanismen transpa-
renter Qualitätssicherung zu implementieren, die den verantwortungsvollen Umgang mit der Promo-
tion als universitärem Privileg dokumentieren.
15
3. Ziele dieser Studie
Der erste Schritt zu einer verbesserten Informationslage – die Erfassung von Promovierenden – mutet
vergleichsweise klein und technisch an. Tatsächlich sind aber eine ganze Reihe von Hürden zu über-
winden, um diesem Ziel näher zu kommen. Dazu möchte die vorliegende Studie beitragen. Sie
verfolgt insgesamt drei Ziele.
(1.) Die Studie möchte dafür sensibilisieren, dass die stattfindenden Veränderungen des Promotions-
wesens keinen Selbstzweck darstellen, sondern einer Zielbestimmung bedürfen. Dabei geht es
nicht um die Definition eines Einheitsweges zum Doktortitel, sondern um Transparenz und
Vergleichbarkeit. Nahziel ist es dabei, eine informative und regulative Klarheit über die Promo-
tionsphase und ihren Verlauf zu gewinnen. Die Praxis kennt hier unterschiedliche, teilweise
einander widersprechende, teilweise einander überlagernde Instrumente der Erfassung von
Promovierenden: die Anmeldung zum Promotionsverfahren, die Betreuungszusage, die Imma-
trikulation als Promotionsstudent, die Registrierung, die Mitgliedschaft in einem strukturierten
Promotionsprogramm usw. Jedes dieser Instrumente hat Vor- und Nachteile. Daher nähert sich
die Studie ihrer titelgebenden Frage „Wer promoviert in Deutschland?“ zunächst durchaus in
einem technisch-praktischen Sinn.
(2.) Im ersten umfangreicheren Teil dieser Studie machen Florian Meinel und Christoph Möllers die
rechtlichen Rahmenbedingungen der Doktorandenerfassung zum Gegenstand. Unter den
bereits angerissenen Praktiken werden – rechtsgutachterlich – insbesondere die juristischen
Spielräume einer allgemeinen und möglichst frühzeitigen Registrierung von Doktoranden
ausgelotet. Die Autoren weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Normierung der
eigentlichen Erstreckung der Promotionsphase ein wichtiges Desiderat darstellt. Landeshoch-
schulrechtlichen Regelungen sind hier teilweise deutliche Grenzen gesetzt, weil Promovierende
nicht über einen einheitlichen Mitgliedstatus an den Hochschulen verfügen und daher auch
nicht unter die Selbstverwaltungskompetenzen der Hochschulen fallen. Eine stärkere Ausgestal-
tung des Verhältnisses zwischen Doktorand und Hochschule erscheint den Autoren vor diesem
Hintergrund erforderlich. Die rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten werden in diesem
Zusammenhang dargelegt und die dabei verschiedentlich auftretenden datenschutzrelevanten
Fragen finden ebenfalls Beantwortung.
(3.) In Teil II dieser Studie beschreiben Clemens Blümel, Stefan Hornbostel und Sanna Schondel-
mayer sodann den Status quo der Doktorandenerfassung, wie er sich derzeit in den aktuellen
Promotionsordnungen an deutschen Hochschulen in Hinsicht auf die dort verankerten Erfas-
sungsregeln darstellt. Dabei wird das breite Panorama deutlich, das im Zuge der Vermischung der
strukturierten Promotion mit den traditionell auf die Promotionsprüfung konzentrierten Rege-
lungen entstanden ist. Die Autoren zeigen die große Regelungsheterogenität und die geringe
Verbreitung von Vorschriften zur frühzeitigen Erfassung von Doktoranden. Allenfalls einige
neue Registrierungs- und Immatrikulationsregelungen kommen diesem Normierungsbedarf
zumindest teilweise nach – nicht selten verbunden mit Rechtsunsicherheiten, widersprüchlichen
Regelungen und nicht intendierten Effekten. Um die Chancen und Risiken der existenten bzw.
fehlenden Erfassungspraktiken genauer in den Blick zu nehmen, werden in einem zweiten
Schritt sechs Universitäten als Fallbeispiele umrissen. Die Autoren können sich auf diesem
Weg nicht nur der Auslegungspraxis der jeweiligen Promotionsordnungen und den jeweiligen
Prozessen zur Datenerhebung nähern, sondern auch Verschiebungen der Kräfteverhältnisse
16
zwischen allen Prozessbeteiligten erkennen. Es wird ersichtlich, welche Auswirkungen sich
dadurch ergeben, dass in das ehemals quasi-private Verhältnis zwischen Doktorand und betreu-
endem Hochschullehrer andere Akteure auf der Ebene von Fakultät, Graduierteneinrichtung
und Hochschulleitung eindringen. Dabei wird nicht zuletzt auch auf gelungene Umgestaltungs-
prozesse im Zusammenhang mit der Erfassung von Promotionen und die sozialen und techni-
schen Voraussetzungen für erfolgreiche Implementierungen von Erfassungssystemen aufmerk-
sam gemacht.
Im Sinne einer Machbarkeitsstudie möchte die vorliegende Publikation einen Beitrag zur zukünftigen
Ausgestaltung der Promotionspraxis leisten und Anregungen für einen Erfahrungsaustausch und eine
Klärung des Regelungs- und Handlungsbedarfs bei den unterschiedlichen Akteuren liefern. Eine
intensive Diskussion zwischen allen Verantwortlichen über den Sinn und Zweck der laufenden Bemü-
hungen sollte die Hochschulen mit ihren Hochschullehrern, Fakultäten, Graduierteneinrichtungen
und Präsidien, die Wissenschaftspolitik von Bund und Ländern sowie die wissenschaftlichen Förder-
organisationen und Fachgesellschaften, die Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungs-
einrichtungen einbinden.
Die Aufmerksamkeit für die Risiken und Chancen im Promotionswesen in einem weiteren Schritt
auch dafür zu nutzen, dass das Promotionswesen insgesamt an Transparenz und Qualitätssicherheit
gewinnt, ist eine noch zu bewältigende Aufgabe aller Beteiligten. Die dargelegten Differenzierungen
der Promotion machen dabei deutlich, dass das Wissenschaftssystem und seine Akteure längst eine
Gesamtverantwortung für den Prozess des Promovierens und die einzelnen Doktoranden besitzen;
allerdings ist die Entwicklung der notwendigen Instrumente zur Wahrnehmung dieser Verantwortung
über weite Strecken ein Desideratum. Zweifelsohne ist es dabei von entscheidender Bedeutung, dass
ein Mindestmaß an belastbaren und vergleichbaren Informationen über die im Werden befindlichen
Promotionen vorhanden ist. Die im Zentrum der vorliegenden Studie stehende Weiterentwicklung
der Modelle zur Doktorandenerfassung bildet hierfür ein Schlüsselmoment.
Um die gemeinsamen Überlegungen zur Erfassung und Qualitätssicherung von Promotionen in
Deutschland anzuregen, hat das iFQ die vorliegende Studie im Rahmen einer Tagung am 30. Novem-
ber 2012 in Berlin präsentiert und diskutiert. Um außerdem eine über diese Studie hinausgehende
Basis bereitzustellen, hat das iFQ gleichzeitig zwei weitere Publikationen aus dem thematischen
Umfeld veröffentlicht. Unter dem Titel „Promovierende im Profil. Wege, Strukturen und Rahmenbe-
dingungen von Promotionen in Deutschland“ (Hauss et al. 2012) werden erstmals umfassende Daten
des vom iFQ durchgeführten ProFile-Promovierendenpanels zur Verfügung gestellt. Es wird umfas-
send Aufschluss über die Biografien von Promovierenden, über ihre Betreuungsverhältnisse, ihre
finanziellen Rahmenbedingungen, ihren wissenschaftlichen Alltag sowie über ihre anschließenden
beruflichen Perspektiven gegeben. Des Weiteren wird besonders auf die Merkmale der strukturierten
Promotion und die Internationalisierung der Promotionswege eingegangen. Außerdem werden unter
dem Titel „Der Doktortitel zwischen Status und Qualifikation“ die Beiträge der letztjährigen Jahres-
tagung des iFQ gesammelt zur Verfügung gestellt. Gemeinsam kreisen sie die gegenwärtige Bedeutung
der Promotion in der Wissenschaft, aber auch in diversen nicht-wissenschaftlichen Gesellschafts-
bereichen deutlich ein. Alle drei Publikationen erscheinen in der Working Paper-Reihe des iFQ
und sind frei verfügbar.
Das iFQ dankt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Förderung der vorlie-
genden Studie.
17
4. Literatur
Beisiegel, Ulrike, 2009: Promovieren in der Medizin – die Position des Wissenschaftsrates. In:
Forschung und Lehre 07/2009. S. 491.
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Florian Meinel, Christoph Möllers
Teil I
Rechtsfragen der statistischen Erfassung
von Doktoranden zur Qualitätssicherung im
Promotionswesen
Rechtsgutachten im Auftrag des
Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ)
Berlin, Mai 2012
21
4 Werner Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 3. Aufl. 2004, Rdnr. 434; Michael Hartmer, Das Recht des wissenschaft-
lichen Nachwuchses, in: ders./Hubert Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2. Aufl. 2011, S. 205, Rdnr. 16.
5 Siehe nur Volker Epping, in: Dieter Leuze/Volker Epping (Hrsg.), Hochschulgesetz NRW, Losebl., § 67 (Stand: Nov.
2009), Rdnr. 92; Elvira Wendelin, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, in: Max-Emanuel Geis (Hrsg.),
Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, Rdnr. 340, 345.
6 Hartmer (Fußn. 4), S. 205, Rdnr. 16.
7 BVerwG, NJW 1967, S. 72; Winfried Kluth, Verfassungsrechtliche Aspekte des Promotionsrechts, in: Dieter Dörr
u.a. (Hrsg.), Festschrift für Hartmut Schiedermair, 2001, S. 569 ff. (579); Hartmut Maurer, in: Christian Flämig u.a.
(Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 753 ff. (772).
8 Über die verschiedenen Definitionen der Promotionsdauer siehe nur Deutsche Forschungsgemeinschaft, Monitoring
des Förderprogramms Graduiertenkollegs – Bericht, Mai 2011, <www.dfg.de>, S. 38 f.
9 Siehe zuletzt Deutsche Forschungsgemeinschaft (Fußn. 8), S. 35 ff.
10 Siehe Statistisches Bundesamt, Fachserie 11 Reihe 4.2. Prüfungen an Hochschulen (2010), <www.destatis.de>;
Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion – Positionspapier des Wissenschaftsrates (Drs. 1704-11),
<www.wissenschaftsrat.de>, S. 5.
11 Hans-Jürgen Block, Die hochschulstatistischen Erhebungen aus der Sicht der Hochschulplanung, in: RdJB 1990,
S. 242 ff. (247); Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Doktorandenausbildung v. 15.11.2002 (Drs. 5459-02), <www.
wissenschaftsrat.de>, S. 50 f.
1. Sachverhalt und Gutachtenauftrag
Es gehört zu den Besonderheiten des traditionellen deutschen Promotionsverfahrens, dass ein
Rechtsverhältnis zwischen Doktorand und Universität zumeist erst dann beginnt, wenn die Prüfungs-
leistung im Wesentlichen erbracht, die Dissertation also geschrieben ist.4 Denn erst mit dem Antrag
des Kandidaten auf Zulassung zur Promotion beginnt das Verfahren.5 Sicherlich: Das vom eigentli-
chen Promotionsverhältnis zu unterscheidende6 Doktorandenverhältnis zwischen dem Kandidaten
und dem ihn betreuenden Hochschullehrer ist rechtlich nicht völlig bedeutungslos. Man mag es
sogar verwaltungsrechtsdogmatisch als quasivertragliches, unvollkommen zweiseitiges, öffentliches
Rechtsverhältnis eigener Art kategorisieren.7 Der Nutzen einer solchen Konstruktion ist aber ephemer.
Das Betreuungsverhältnis ist in den Promotionsordnungen weithin nicht institutionalisiert und wird
deswegen auch nicht aktenkundig, Pflichtverletzungen bleiben folgenlos.
So kommt es, dass die Universitäten keine einheitlichen Daten über die eigentliche Promotionsphase,
das heißt über die Zeit zwischen dem Beginn der Arbeit an der Dissertation und deren Abgabe8
erheben und erheben können. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft erfasst lediglich die Verläufe
von Promotionen innerhalb der von ihr geförderten Graduiertenkollegs.9 Immerhin, doch machen
diese nur einen sehr geringen Teil aller Promotionen aus. Die amtliche Statistik wiederum erfasst über
die Prüfungsstatistik des Statistischen Bundesamtes nur die Zahl der erfolgreich abgeschlossenen
Promotionen,10 aber weder den Verlauf der eigentlichen Arbeitsphase noch den Status der Dokto-
randen oder andere Merkmale und vor allem nicht die vor der Zulassung zur Prüfung abgebrochenen
Promotionsvorhaben.
Solche Daten erscheinen aber zum Zweck der Evaluierung und Qualitätssicherung im Bereich des
Promotionswesens unerlässlich. Seit langem wird deshalb beklagt, wie wenig die Wissenschaftspolitik
über die Doktorandenausbildung, über die Situation von Doktoranden und über die Promotionsver-
läufe weiß.11 Das Positionspapier des Wissenschaftsrates über die Anforderungen an die Qualitäts-
22
12 Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion – Positionspapier (Fußn. 10), S. 5.
13 Maßgebliche Fassungen und benutzte Abkürzungen: Gesetz über die Hochschulen in Baden-Württemberg (LHG
BW) v. 1.1.2005, zul. geänd. durch VO v. 25.1.2012; Bayerisches Hochschulgesetz (BayHG) v. 23.5.2006, zul.
geänd. durch G v. 23.2.2011; Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin (BerlHG) i.d.F. v. 26.6.2011; Gesetz
über die Hochschulen des Landes Brandenburg (BbgHG) v. 18.12.2008, zul. geänd. durch G v. 26.10.2010;
Bremisches Hochschulgesetz (BremHG) v. 9.5.2007, zul. geänd. durch G v. 24.1.2012; Hamburgisches Hoch-
schulgesetz (HambHG) v. 18.7.2001, zul. geänd. durch G v. 20.12.2011; Hessisches Hochschulgesetz (HHG) v.
14.12.2009; Gesetz über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LHG M-V) i.d.F. d. Bek. v.
25.1.2011; Niedersächsisches Hochschulgesetz (NdsHG) i.d.F. v. 26.2.2007, zul. geänd. durch G v. 17.11.2011;
Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG NRW) v. 31.10.2006, zul. geänd. durch G v.
31.1.2012; Hochschulgesetz des Landes Rheinland-Pfalz (RPfHG) v. 19.11.2010, zul. geänd. durch G v.
20.12.2011; Gesetz Nr. 1556 über die Universität des Saarlandes (SaarlUG) v. 23.6.2004, zul. geänd. durch G v.
12.6.2006; Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (SächsHG) v. 10.12.2008, zul. geänd. durch G v.
4.10.2011; Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (LHG SAnh) v. 14.12.2010, zul. geänd. durch G v.
21.12.2011; Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (LHG SH) v.
28.2.2007, zul. geänd. durch G v. 4.2.2011; Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG) v. 21.12.2006, zul. geänd.
durch G v. 21.12.2011.
sicherung der Promotion aus dem Jahr 2011 bezeichnet den Mangel einer validen Datengrundlage
gar als Grundproblem.12
Gegenstand des folgenden Rechtsgutachtens ist es, die Möglichkeiten einer allgemeinen und
möglichst frühzeitigen Erfassung von Doktoranden de lege lata und de lege ferenda auszuloten. Dazu
sollen zunächst typologisch einige Regelungsmöglichkeiten skizziert werden, die eine einheitliche
Erfassung von Doktoranden ermöglichen könnten (vgl. Kapitel 3). Davon ausgehend sind sodann
die existierenden Regelungen der Landeshochschulgesetze13 und ausgewählte Promotionsordnungen
daraufhin zu untersuchen, ob und inwiefern sie schon jetzt eine Handhabe zu einer einheitlichen
statistischen Erfassung von Doktoranden durch die Universitäten oder staatliche Stellen bieten. Die
Problematik besteht dabei in dem notwendigen Ineinandergreifen von Datenschutz- und materi-
ellem Hochschulrecht (vgl. Kapitel 4). Des Weiteren ist zu untersuchen, ob das Recht der Europäi-
schen Union für den Bereich der Statistik des Promotionsstudiums Vorgaben macht (vgl. Kapitel 5)
und welche Möglichkeiten bundeseinheitlicher Regelungen im Rahmen der grundsätzlichen Landes-
kompetenz für das Hochschulwesen bestehen (vgl. Kapitel 6.). Zu klären ist auch, in welchem Umfang
die Universitäten die Erfassung von Doktoranden kraft ihres Selbstverwaltungsrechts selbst durch
Satzung regeln können bzw. inwieweit der Vorbehalt des Gesetzes eingreift (vgl. Kapitel 7). Abschlie-
ßend werden die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine einheitliche Erfassung von Dokto-
randen erörtert (vgl. Kapitel 8).
23
14 Siehe unten bei Fußn. 54 und 55.
2. Mögliche Regelungsansätze zur Registrierung von
Doktoranden
Die für die Zukunft denkbaren Regelungsstrukturen sind so vielgestaltig, dass im Folgenden nur
grundlegende Alternativen skizziert werden können.
2.1 Freiwillige Regelungen
Eine ganz unproblematische, wenn auch nicht sehr weitreichende Lösung des Problems der Dokto-
randenerfassung stellen freiwillige Selbstauskünfte, namentlich über Beginn, Dauer und konkrete
Ausgestaltung der Promotionsphase dar, die in Form von Evaluationsbögen standardmäßig mit dem
Antrag auf Zulassung zur Promotion oder bei Abgabe der Dissertation angefordert werden können.
Weder bieten solche Selbstauskünfte freilich Gewähr für ihre Richtigkeit noch erfassen sie die Abbre-
cher und geben deswegen keine valide Datengrundlage ab. Immerhin könnte ein solches Modell auf
Ebene der Fakultäten sofort, also noch vor Schaffung einschlägiger Rechtsvorschriften, eingesetzt
werden. Bei der Befragung könnte von den Doktoranden zugleich die datenschutzrechtliche Einwilli-
gung zur Speicherung und Nutzung der Angaben zur Evaluierung etc. erteilt werden.
Auf der Ebene der Freiwilligkeit bewegen sich auch die an zahlreichen Universitäten existierenden
Promovierendeninitiativen und -netzwerke, die im Wesentlichen dem wissenschaftlichen und
persönlichen Austausch zwischen Doktoranden dienen, für die Universitäten aber auch als Ansprech-
partner für die Situation von Doktoranden fungieren können. Auch sie erfassen aber naturgemäß nur
einen geringen, nicht repräsentativen Teil der Zielgruppe. Auf hochschulübergreifender Ebene exis-
tiert das interdisziplinäre Netzwerk Thesis, das jedoch zum einen ausdrücklich nur Doktoranden
ansprechen will, die sich „an das Abenteuer einer wissenschaftlichen Karriere wagen“, zum anderen
auch an Postdocs adressiert ist.
2.2 Registrierung von Doktoranden durch die sie betreuenden
Hochschullehrer
Das effektivste Modell einer einheitlichen Erfassung von Doktoranden bestünde darin, die Daten
über diese bei den Hochschullehrern zu erheben, die sie zur Promotion annehmen und ihre Betreuung
übernehmen. Die Hochschullehrer könnten dienstlich verpflichtet werden, den Beginn eines Betreu-
ungsverhältnisses unter Angabe der Daten des Doktoranden bei der Fakultät aktenkundig zu machen.
Schon heute sind manche Promotionsordnungen diesen Weg gegangen.14 Ohne Weiteres ließen sich
auf diese Weise zumindest der Name, das in Aussicht genommene Thema, der Arbeitsbeginn, das
Geschlecht und der Status (Mitarbeiter/Stipendiat/extern) erfassen, weil der Betreuer diese Umstände
in der Regel kennt. Schon über den Studienverlauf der Doktoranden ließe sich auf diese Weise aber
schwerlich etwas in Erfahrung bringen. Ein großer Vorzug dieses Modells ist die vergleichsweise leicht
zu regelnde Inpflichtnahme der Hochschullehrer. Wohl nur auf diese Weise ließe sich eine flächende-
ckende Erfassung von Doktoranden ohne eine grundlegende und kurzfristig nicht zu realisierende
Umgestaltung der Promotionsphase insgesamt erreichen. Eingebettet werden könnte dieser Ansatz in
die Bestrebungen, individuelle Betreuungs- oder Zielvereinbarungen zwischen Betreuer und Dokto-
24
15 Hierzu Hartmer (Fußn. 4), S. 203, Rdnr. 17.
16 Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion – Positionspapier (Fußn. 10), S. 18 f.
17 Grundlegend Wilhelm Karl Geck, Promotionsordnungen und Grundgesetz, 2. Aufl. 1969, S. 31 ff.; ebenso Maurer
(Fußn. 7), S. 772 f.; Kluth (Fußn. 7), S. 579; Guy Beaucamp/Jens Seifert, Rechtsschutz von Kandidatinnen und
Kandidaten im Promotions-, Habilitations- und Berufungsverfahren, in: WissR 44 (2011), S. 24 ff. (32 f.).
18 Siehe die Regelung der Regensburger Philosophischen Fakultäten, unten Fußn. 53.
19 Hierzu Klaus Herrmann, in: Lothar Knopp/Franz-Joseph Peine (Hrsg.), Brandenburgisches Hochschulgesetz,
2010, § 29, Rdnr. 30.
20 Näher dazu unten, S. 35 ff.
21 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 58.
rand als Instrument der Qualitätssicherung im Promotionswesen zu etablieren.15 Der Wissen-
schaftsrat hat solche Vereinbarungen vor kurzem als Mittel zur Verbesserung der Situation von Dokto-
randen empfohlen.16 Auf Ebene der Fakultäten ginge es insofern um die Speicherung und Nutzung
der in derartigen Zielvereinbarungen enthaltenen Daten.
Nicht erfasst werden könnten auch nach diesem Modell freilich Doktoranden, die erst mit einem
fertigen oder weit fortgeschrittenen Arbeitsvorhaben auf die Fakultät zukommen. Hierbei handelt es
sich jedoch um einen Sonderfall, der statistisch kaum ins Gewicht fallen dürfte. Jedenfalls aber
können die Betroffenen aus Rechtsgründen nicht einfach in das übliche Modell der betreuten Promo-
tion hineingezwungen werden. Die Promotionsordnungen dürfen die Betreuungszusage durch einen
Hochschullehrer nicht zur Voraussetzung der Zulassung zur Promotion machen, da dies nach einhel-
liger Meinung gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 3 Abs. 1 GG verstieße.17 Wo sie zwingendes Zulassungser-
fordernis ist,18 begegnet dies deshalb – wenn nicht durch einen Dispens im Einzelfall Abhilfe
geschaffen werden kann – durchgreifenden verfassungsrechtlichen Einwänden. Viele Promotionsord-
nungen enthalten die Betreuung immerhin als Soll-Vorschrift (z.B. § 29 Abs. 6 S. 3 BbgHG).19
Größere Probleme wirft dieser Regelungsansatz jedoch in anderer Hinsicht auf: Die indirekte Erhe-
bung personenbezogener Daten über den Doktoranden bei Dritten bedarf regelmäßig einer geson-
derten datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage. Die Betroffenen müssen zudem über die Datener-
hebung benachrichtigt werden.20 Auch würde dieses Regelungsmodell zweifellos erheblichen politi-
schen Widerständen vonseiten der Hochschullehrer ausgesetzt sein – dies zunächst unabhängig von
der verfassungsrechtlichen Frage ihrer Vereinbarkeit mit Art. 5 Abs. 3 GG. Was letztere betrifft, so
stellte eine dienstrechtliche Verpflichtung zur Weitergabe der gewünschten Daten einen Eingriff in die
Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG dar. Ohne Zweifel ist nämlich der
betreuende Hochschullehrer bei der Promotion nicht einfach Erfüllungsgehilfe der Fakultät21 und in
allen Angelegenheiten, die den Inhalt und die Art und Weise der Förderung der Promotion betreffen,
dementsprechend auch keinen dienstlichen Weisungen unterworfen. Nicht nur die inhaltliche Ausge-
staltung des Promotionsverhältnisses ist vom grundrechtlichen Schutz der Freiheit der Forschung
und Lehre umfasst, sondern grundsätzlich auch der freie, d.h. nicht staatlich institutionalisierte
wissenschaftliche Austausch zwischen Doktorand und Betreuer. Es sind vielfältige Gründe denkbar,
weshalb Doktoranden und Betreuer eine Registrierung ablehnen mögen, seien es Unsicherheiten am
Anfang eines Promotionsprojekts oder einfach ihr Freiheitsgefühl.
Gleichwohl ließe sich eine derartige Dienstpflicht zur Registrierung von Doktoranden wohl verfas-
sungsrechtlich rechtfertigen. Denn das Grundrecht der Lehr- und Forschungsfreiheit ist zwar vorbe-
25
22 Siehe beispielsweise BVerfG (K), NVwZ-RR 1998, S. 175; allgemein Rupert Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz,
Losebl., Art. 5 Abs. 3 (Erstbearb.), Rdnr. 11 ff.; Bernhard Kempen, in: Volker Epping/Christian Hillgruber (Hrsg.),
Beck’scher Online Kommentar zum Grundgesetz, Stand: 1.1.2012, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 198.
23 Siehe unten bei Fußn. 53.
24 Dazu noch unten, S. 15 ff.
haltlos, aber nicht schrankenlos gewährleistet.22 Einschränkungen können deswegen zulässig sein,
wenn sie zum Schutz anderer Rechtsgüter mit Verfassungsrang erforderlich und nicht unverhältnis-
mäßig sind. Ein solches Rechtsgut ist, wie sich ebenfalls aus Art. 5 Abs. 3 GG ergibt, auch die Funkti-
onsfähigkeit der Wissenschaft selbst. Hierzu gehört an zentraler Stelle die Schaffung der institutio-
nellen Voraussetzungen einer gelungenen wissenschaftlichen Nachwuchsförderung, da das Wissen-
schaftssystem auf funktionierende Verfahren der Selbstrekrutierung existentiell angewiesen ist. Schon
jetzt besteht eine allgemeine Dienstpflicht von Hochschullehrern zur wissenschaftlichen Nachwuchs-
förderung (z.B. § 2 Abs. 2 HRG; § 4 Abs. 3 S. 3 BerlHG; § 3 Abs. 1 S. 1 LHG BW; § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
NdsHG), die man ebenfalls als Eingriff in die Freiheit der Lehre ansehen kann. Bei der Einschätzung,
welche Regelungen insoweit angezeigt sind, hat der Gesetzgeber einen weiten Einschätzungsspiel-
raum, der umso größer ist, je weniger schwer der Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit im Einzelfall
wiegt. Insofern kann man hier von keiner sonderlich intensiven Beeinträchtigung sprechen, zumal
kein inhaltlicher Einfluss auf das Betreuungsverhältnis genommen würde. Käme der Gesetzgeber –
oder die Universität im Rahmen ihrer Selbstverwaltung also zu der Einschätzung, dass eine Registrie-
rung zur Nachwuchsförderung erforderlich ist, so wäre dies hinzunehmen. Die Regelung wäre auch
nicht unverhältnismäßig, weil ein anderes, ebenso wirksames Verfahren der Erfassung nicht zur Verfü-
gung steht.
2.3 Erhebung bei den Doktoranden
Den zurzeit angestellten Bemühungen um eine stärkere Strukturierung und Formalisierung der
Promotionsphase würde eher eine Lösung entsprechen, die bei einer Formalisierung des Doktoran-
denstatus und einer dementsprechend frühzeitigen Annahme der Doktoranden durch die Fakultät
ansetzen würde. Die noch zu erörternde, in manchen Ländern bereits bestehende Verpflichtung zur
Einschreibung von Promotionsstudierenden müsste hierzu ausgebaut und – dies vor allem – auf
Ebene der Universitäten durch entsprechende Regelungen in den Promotionsordnungen näher
ausgestaltet werden. Hierbei ginge es dann weniger um den studentischen Status als solchen als um
die Formalisierung der Annahme als Doktorand am Beginn der Promotionsphase, wie etwa in dem
noch zu schildernden Modell der Regensburger Philosophischen Fakultäten.23 Weitere Vorausset-
zung wäre die Schaffung einer – in vielen Ländern schon vorhandenen – Rechtsgrundlage zur Nutzung
der in diesem Zusammenhang erhobenen Daten zum Zweck der Evaluation und Qualitätssiche-
rung.24 Erforderlich zur Gewinnung aussagekräftiger Daten wäre zumindest die Erhebung von Alter,
Themengebiet, Arbeitsbeginn, Studienverlauf und Finanzierung (Stipendium, wissenschaftliche oder
nichtwissenschaftliche, neben- oder hauptberufliche Tätigkeit).
Jedes derartige Modell wäre allerdings Durchsetzungsschwierigkeiten in jenen vor allem geistes- und
sozialwissenschaftlichen Fächern einschließlich der Rechtswissenschaften ausgesetzt, in denen der
Doktorand zur Promotion nicht auf die Nutzung von Universitätsressourcen (etwa Laborplätzen)
angewiesen ist und in denen deshalb eine förmliche Annahme nicht zur Bedingung der Promotion
gemacht werden kann. Gewisse Lenkungseffekte ließen sich durch die Gewährung von Vergünsti-
26
25 Stefan Hornbostel, Promotion im Umbruch – Bologna ante Portas, in: Martin Held/Gisela Kubon-Gilke/Richard
Sturn (Hrsg.), Jahrbuch Normative und institutionelle Grundfragen der Ökonomik, Band 8: Bildungsökonomie
in der Wissensgesellschaft, Marburg 2009, S. 213 ff. (228); Wendelin (Fußn. 5), Rdnr. 339 ff.
26 Hierzu und zum Folgenden Deutsche Forschungsgemeinschaft (Fußn. 8), S. 38 f.
27 Die überwiegend studienbegleitenden Promotionen im Fach Medizin stellen einen hier nicht zu behandelnden
Sonderfall dar.
28 Dies entspricht den Empfehlungen des Wissenschaftsrates: Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promo-
tion – Positionspapier (Fußn. 10), S. 18 f.
29 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 100.
30 Vgl. die Nachweise in Fußn. 7.
gungen für angenommene Doktoranden etwa bei der Nutzung der Bibliotheken erzielen. Das gleiche
gilt für die Einrichtung spezieller Lehrangebote für angenommene Doktoranden („forschungsorien-
tierte Studien“, „Schlüsselqualifikationen“), wie sie bereits manche Landeshochschulgesetze vorsehen
(etwa § 67 Abs. 2 S. 1 HG NRW). Gleichwohl wären solche Unschärfen bei der Erfassung von Indivi-
dualpromotionen hinzunehmen.
2.4 Zeitliche Erfassung der Promotionsphase
Zur Gewinnung statistischer Aussagen zur Qualitätssicherung wären insbesondere Beginn und Ende
der Promotionsphase erfassungsbedürftig. Gerade dabei bestehen im Hinblick auf die unterschiedli-
chen Fächerkulturen beträchtliche Schwierigkeiten. Die Promotion gibt es schließlich ebenso wenig
wie das institutionelle Modell ihrer Durchführung.25 Als Beginn der Promotionsphase lassen sich
ganz unterschiedliche Zeitpunkte ansetzen:26 Den frühestmöglichen stellt der Erwerb des die Berech-
tigung zur Promotion herstellenden Hochschulabschlusses dar, also in der Regel der Erwerb des
Masters bzw. des Staatsexamens.27 Diese Daten lassen sich zwar leicht erheben, sind aber im Hinblick
auf die Evaluierung gerade der Promotionsphase nur von begrenztem Wert. Denn dass sogleich nach
dem Studienabschluss mit der Arbeit an der Dissertation begonnen wird, kann in der Regel nicht
unterstellt werden. Referendariat, Praktika oder eine Berufstätigkeit können dazwischen liegen. Ein
leicht zu erhebendes Datum ist der Eintritt in ein Graduiertenkolleg oder in ein strukturiertes Promo-
tionsstudium; außerhalb der strukturierten Promotion gibt es dieses Datum nicht.
Als Beginn der Promotionsphase könnte weiterhin die Annahme als Doktorand durch den Hoch-
schullehrer angesetzt werden. Hier müsste die Erhebung aber beim Betreuer geschehen, er müsste die
erfolgte Annahme gegenüber der Fakultät aktenkundig machen. Auch dies dürfte sich aber solange
schwierig gestalten, wie die Annahmepraxis sich mit mündlichen Abreden von gerade zu Beginn
noch vager Verbindlichkeit bewegt, solange mit anderen Worten nicht die förmliche, registrierbare
Betreuungsvereinbarung zwischen Doktorand und Betreuer zum Standard geworden ist.28 Das
einfache persönliche Promotionsverhältnis entbehrt bislang weithin fester rechtlicher Konturen. Ein
öffentlichrechtlicher Vertrag ist es jedenfalls nicht, weil dieser nach §§ 57, 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m.
§ 125 BGB regelmäßig formnichtig wäre.29 Vielmehr handelt es sich um ein öffentlichrechtliches
Verhältnis eigener Art.30
Übrig bleibt schließlich die Möglichkeit, im Nachhinein eine Selbsteinschätzung über den – natur-
gemäß nicht dokumentierten – tatsächlichen Beginn der Arbeit an der Dissertation abzufragen. Trotz
27
31 Deutsche Forschungsgemeinschaft (Fußn. 8), S. 39.
aller Nachteile neigt die DFG für den Bereich ihrer Graduiertenkollegs dieser Lösung zu,31 was sich
aber für das gesamte Promotionswesen möglicherweise nicht verallgemeinern lässt. Dies schon
deswegen nicht, weil Doktoranden sich hier im Hinblick auf § 2 WissZeitVG einem Interessenkon-
flikt ausgesetzt sehen, da der Beginn der Arbeit an der Promotion für die zulässige Höchstbefristung
ausschlaggebend sein kann.
28
32 Karl Linnenkohl, Datenschutz in Schulen und Universitäten, in: Alexander Roßnagel (Hrsg.), Handbuch Daten-
schutzrecht, 2003, Kap. 8.11, Rdnr. 25, 59.
33 Siehe die Regelungen der Hochschul-DatenschutzVO v. 28.8.1992 (GBl. S. 667).
34 Vgl. die Sächsische Studentendatenverordnung v. 19.7.2000 (SächsGVBl. 2000, S. 390). § 11 SächsStudDatVO
regelt nur die Verwendung von Daten zur Erstellung von fachspezifischen anonymisierten Lehrberichten.
3. Zur Reichweite der vorhandenen landeshochschulrecht-
lichen Regelungen
Die bisher vorhandenen landesrechtlichen Regelungen der Datenerhebung von Doktoranden unter-
scheiden sich untereinander ganz wesentlich. Einheitliche bundesgesetzliche Standards existieren
insoweit nicht, weil Datenverarbeitung und Datenschutz im Hochschulbereich kompetentiell unselb-
ständige Annexmaterien zur Gesetzgebungszuständigkeit der Länder im Hochschulrecht (Art. 70
GG) darstellen.32 Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob Daten auch von Doktoranden erhoben
werden dürfen, die nicht Mitglieder der Hochschulen sind, und ob die Zwecke, zu denen diese Daten
genutzt werden dürfen, über das Technische des Prüfungsablaufs hinaus auch Evaluation und Quali-
tätssicherung umfassen. Im Hinblick auf die hier untersuchte Fragestellung existieren bislang nur
zaghafte Regelungsansätze.
3.1 Regelungen über die Erhebung und Verarbeitung von Daten über
den Auflauf von Promotionsverfahren
Eine der weitestgehenden Ermächtigungen zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener
Daten zur Qualitätssicherung enthält § 12 Abs. 1 LHG BW: Danach sind unter anderem Studienbe-
werber, Studierende, Prüfungskandidaten, Mitglieder und Angehörige der Hochschule sowie externe
Nutzer von Hochschuleinrichtungen verpflichtet, der Hochschule die zur Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlichen personenbezogenen Daten, insbesondere zum Hochschulzugang, zum Studium, zum
Studienverlauf, zu den Prüfungen und zur Nutzung weiterer Angebote der Hochschule, anzugeben.
Ihre Verarbeitung ist – nach Maßgabe einer Rechtsverordnung (§ 12 Abs. 1 S. 4 LHG BW) – insbeson-
dere für das Qualitätsmanagement und zur Evaluation zulässig. Von dieser Möglichkeit wurde aber
noch kein Gebrauch gemacht.33
Ähnlich weit reicht § 17 Abs. 2 S. 1 und 2 NdsHG, wonach Hochschulen von ihren Mitgliedern und
Angehörigen personenbezogene Daten namentlich zur Beurteilung der Lehr- und Forschungstätig-
keit und des Ablaufs von Studium und Prüfung verarbeiten und in diesem Umfang durch Ordnungen
selbst Auskunfts- und Duldungspflichten begründen können. Zulässig sind derartige Erhebungen
auch nach § 2 Abs. 5 S. 1 und 2 SaarlUG.
Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 SächsHG dürfen die Hochschulen personenbezogene Daten unter
anderem von Mitgliedern, Angehörigen und Prüfungskandidaten erheben und insbesondere zur
Evaluation (vgl. § 9 Abs. 1 und 5 SächsHG) und für Leistungsfeststellungen verarbeiten. Die Konkre-
tisierungsbefugnis ist dabei zwischen Staat und Hochschule geteilt: Während die Arten der erho-
benen Daten durch eine Verordnung festgesetzt werden (§ 14 Abs. 3 S. 1 SächsHG), regelt die Hoch-
schule selbst durch Ordnung Art und Gewichtung der zu verarbeitenden Daten sowie die inneruni-
versitäre Zuständigkeitsverteilung. Allerdings hat das Land von der Möglichkeit, die Datenverarbei-
tung zum Zwecke der Evaluation zu erlauben, bislang keinen Gebrauch gemacht.34
29
35 Thüringer Verordnung zur Erhebung personenbezogener Daten der Studienbewerber, Studierenden und Prüfungs-
kandidaten der Hochschulen des Landes v. 10.11.1992 (ThürGVBl. 1992, S. 572).
36 Vgl. die Datenschutzsatzung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald v. 11.08.2005 zul. geänd. durch Ände-
rungssatzung v. 16.11.2011. Die entsprechende Satzung der Universität Rostock ist online nicht verfügba
Ähnliches gilt im Freistaat Thüringen. Hier bietet die Verordnungsermächtigung in § 10 Abs. 1
ThürHG viel Raum für eine statistische Erfassung von Doktoranden. Die Ermächtigung erstreckt sich
ausdrücklich auch auf die Erhebung solcher Daten, die im Rahmen der Hochschulplanung, zur
Bewertung der Arbeit der Hochschulen in Forschung und Lehre sowie zur Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses und zu statistischen Zwecken erforderlich sind. In anonymisierter Form
dürfen diese Daten an das zuständige Ministerium weitergegeben werden (§ 10 Abs. 1 S. 3 2. HS
ThürHG). Auf untergesetzlicher Ebene gilt jedoch eine aus dem Jahr 1992 stammende, hinter der
gesetzlichen Ermächtigung durchaus zurückbleibende Verordnung.35
Nach § 7 i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 1 LHG M-V sind Promotionsstudierende grundsätzlich verpflichtet, zur
Aufgabenerfüllung der Hochschule erforderliche personenbezogene Daten unter anderem zum
Studium, zum Studienverlauf und zu Prüfungen anzugeben. Die Universitäten des Landes haben von
der Satzungsermächtigung zum Zweck der Qualitätssicherung jedoch bisher – soweit ersichtlich –
keinen Gebrauch gemacht.36
Nach Art. 10 Abs. 1 BayHSchG müssen die Arbeit der Hochschulen in Forschung und Lehre und bei
der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses regelmäßig bewertet und diese Bewertung veröf-
fentlicht werden. Nach Art. 10 Abs. 2 BayHSchG sind die Hochschulen verpflichtet, Qualitätsma-
nagement zu betreiben und regelmäßig externe Evaluationen durchführen zu lassen. Insoweit sind
sie nach Art. 10 Abs. 2 S. 2 BayHSchG auch befugt, Datenerhebungen und -verarbeitungen vorzu-
nehmen; die Duldungs- und Mitwirkungspflicht erstreckt sich nach Art. 10 Abs. 2 S. 3 BayHSchG auf
Mitglieder der Hochschule.
Sehr weitgehend erlaubt auch § 11 BremHG die Datenverarbeitung. In personaler Hinsicht umfasst
die Vorschrift zunächst neben Studienbewerbern, Studierenden, Angehörigen und Nutzern der
Einrichtungen auch externe Prüfungskandidaten. Die Zwecke der Datenverarbeitung sind hier relativ
weit gezogen und umfassen unter anderem Hochschulplanung, Evaluation und Akkreditierung (§ 11
Abs. 1 S. 1 Nr. 9 BremHG) sowie die Hochschulstatistik (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 BremHG).
Eine Regelung wie die des § 111 Abs. 1 HambHG, wonach von (Promotions)Studierenden personen-
bezogene Daten lediglich für Verwaltungszwecke im engeren Sinne sowie zur Nutzung von Hoch-
schuleinrichtungen, zur Hochschulplanung und zur Kontaktpflege mit ehemaligen Hochschulmit-
gliedern erhoben werden dürfen, ist dagegen für den hier interessierenden Zweck unzureichend.
Denn die Daten über Promotionsverläufe gehören zweifellos nicht zur Hochschulplanung. Ähnli-
ches gilt im Land Brandenburg. Nach § 13 Abs. 8 BbgHG sind die Hochschulen unter anderem
berechtigt, von Promotionsstudierenden und externen Nutzern von Hochschuleinrichtungen die
personenbezogenen Daten zu verarbeiten, die für die Hochschulplanung erforderlich sind. Eine
ausdrückliche Ermächtigung zur Datenerhebung für Zwecke der Qualitätssicherung findet sich
hierbei ebenso wenig wie eine Erstreckung der Befugnis auf Nicht-Universitätsangehörige.
Die zuletzt genannte Einschränkung bildet eine gemeinsame Schwäche aller bisher zitierten Rege-
lungen: Sie erstrecken sich in der Regel nur auf Hochschulmitglieder. Anders im Land Berlin. Hier
30
37 StudierendendatenVO v. 9.9.2005, zul. geänd. durch G v. 20.5.2011. Nach § 1 Nr. 38−40 StudDatVO können
insoweit bei der Zulassung zur Promotion im Wesentlichen der Studienverlauf und die nach der Promotionsord-
nungen erforderlichen Daten erhoben werden.
38 Siehe etwa die Satzung der Humboldt-Universität zur Erhebung von Daten über Abschluss- und Qualifikationsar-
beiten v. 6.10.2009, Amtliches Mitteilungsblatt der Humboldt-Universität zu Berlin Nr. 63/2010.
39 Hierzu allgemein Klaus Globig, Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung im öffentlichen Bereich, in:
Alexander Roßnagel (Hrsg.), Handbuch Datenschutzrecht, 2003, Kap. 4.7, Rdnr. 131.
40 Siehe im Einzelnen Franz-Josef Peine, in: Lothar Knopp/Franz-Joseph Peine (Hrsg.), Brandenburgisches Hoch-
schulgesetz, 2010, § 36, Rdnr. 14 ff.
existiert mit den §§ 6 bis 6b BerlHG die wohl detaillierteste Regelung der Datenerfassung von Hoch-
schulangehörigen. Sie erlaubt die Erhebung personenbezogener Daten unter anderem von Hoch-
schulmitgliedern, Prüfungskandidaten und – ausdrücklich – von Dritten etwa „zur Promotion“ (§ 6
Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BerlHG), für Zwecke der Evaluation von Forschung und Studium (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr.
4 BerlHG) und zum Einsatz von Steuerungsinstrumenten, insbesondere Zielvereinbarungen, Leis-
tungsbewertungen und Mittelvergabesystemen (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 BerlHG). Die Erhebung perso-
nenbezogener Daten von Nicht-Hochschulmitgliedern („Dritten“) ist zulässig, sofern dies gemessen
am Zweck der Erhebung erforderlich ist. Auf diese Weise ließen sich Daten sogar über externe Dokto-
randen am Beginn ihrer Arbeitsphase erheben, wenn sie – in der Terminologie der Hochschulgesetze
(vgl. z.B. § 12 Abs. 1 S. 1 LHG BW) – weder als „Studienbewerber“ noch als „Prüfungskandidaten“
und auch nicht als „externe Nutzer von Hochschuleinrichtungen“ erfasst werden können.
Die Befugnis zum Erlass untergesetzlichen Ausführungsrechts ist zwischen Senatsverwaltung und
Hochschulen in der Weise geteilt, dass die Datenerfassung im Zusammenhang mit dem Immatrikula-
tionswesen gem. § 6b Abs. 1 BerlHG durch Rechtsverordnung geregelt werden kann,37 während die
Hochschulen die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Evaluation und Qualitätssicherung
durch Satzung selbst regeln können (§ 6b Abs. 2 S. 1 BerlHG).38
Geringe Bedeutung dürfte im hier interessierenden Zusammenhang dagegen den in manchen
Landeshochschulgesetzen besonders getroffenen Bestimmungen des Arbeitnehmerdatenschutzes39
(beispielsweise § 36 BbgHG) zukommen, und zwar auch nicht, sofern die Doktoranden als wissen-
schaftliche Mitarbeiter angestellt sind. Zwar erlaubt § 36 BbgHG namentlich für Zwecke der Hoch-
schulstatistik, unter anderem zur Beurteilung der Lehr- und Forschungstätigkeit, die Verarbeitung
personenbezogener Daten von Hochschulpersonal, deren Erhebung durch Rechtsverordnung festge-
legt werden kann (§ 36 S. 2 und 3 BbgHG; ähnlich § 111 Abs. 3 HambHG). Diese Vorschriften40
geben auch wirklich eine Handhabe zur Erfassung der als wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigten
Doktoranden. Zum einen betrifft dies aber nur einen geringen Teil der Doktoranden und kann
deswegen keine sinnvolle Erhebungsgrundlage sein. Zum anderen erscheint es zweifelhaft, ob die
Befugnis zur Erhebung personenbezogener Daten zur Beurteilung der Lehr- und Forschungstätigkeit
dann greift, wenn die Mitarbeiter – wie weithin üblich – auf einer halben Stelle neben ihrer Anstellung
promovieren, die Promotion also nicht Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses ist.
Nahezu vollständige Übereinstimmung gibt es länderübergreifend insoweit, als es die Hochschulen
selbst sind, denen die Datenerhebung und -verarbeitung zu Evaluationszwecken zugewiesen ist, wie
dies ja auch dem Prinzip der akademischen Selbstverwaltung entspricht. Von dieser Regelungspraxis
ist insbesondere der nordrhein-westfälische Gesetzgeber mit dem sog. Hochschulfreiheitsgesetz von
2006 abgewichen. Es verleiht dem Landeswissenschaftsminister unter der Überschrift „Berichtswesen“
31
41 Im Einzelnen Klaus Peters, in: Dieter Leuze/Volker Epping (Hrsg.), Hochschulgesetz NRW, Losebl., § 8 (Stand:
März 2011), Rdnr.1 ff.
42 Hierzu Hartmer (Fußn. 4), S. 124.
43 Lothar Knopp, Neue Personalstrukturen an den Hochschulen und neue Professorenbesoldung, ZBR 2003, S. 149 ff.
44 Begründung des Regierungsentwurfs zum 5. HRGÄndG, BT-Drucks. 14/6853, S. 22. Kritisch zu dieser Regelung
insgesamt Thieme (Fußn. 4), Rdnr. 425.
45 BVerfGE 111, 226 (270 ff.) – Juniorprofessur.
46 Allgemein zu föderalen Disparitäten und Homogenitäten auf dem Gebiet des Wissenschaftsrechts Sigrid Boysen/
Stefan Oeter, Wissenschafts- und Bildungspolitik im föderalen Staat – ein strukturelles Problem?, in: RdJB 2005,
S. 296 ff. (306 ff.).
die Befugnis, für die Zwecke des Controllings, der Finanzierung, der Planung, der Evaluierung und der
Statistik anonymisierte Daten bei den Hochschulen anzufordern (§ 8 Abs. 1 HG NRW).41 Das Minis-
terium darf die so erhaltenen Daten selbst oder durch Beauftragte weiterverarbeiten (§ 8 Abs. 3 HG
NRW). Denkbar erscheint danach etwa die Inanspruchnahme privater Dienstleistungen im Bereich
Qualitätsmanagement unmittelbar durch die Landesverwaltung. Insbesondere kann das Ministerium
hochschulübergreifende, vergleichende Begutachtungen der Qualitätssicherungssysteme der Hoch-
schulen und Forschungsevaluationen in Auftrag geben (§ 7 Abs. 3 HG NRW). Gleichwohl bleibt
auch im Land NRW die Qualitätssicherung des Promotionsstudiums originäre Universitätsaufgabe
(§ 7 Abs. 2 HG NRW), wobei die Universitäten in Satzungen das Nähere einschließlich der zur Evalu-
ation notwendigen Datenverarbeitung regeln können. Eine der nordrhein-westfälischen Regelung
vergleichbare Vorschrift enthalten §§ 9 und 10 ThürHG.
3.2 Zur Ausgestaltung des Verhältnisses von Doktoranden zur Universität
Es hat sich gezeigt, dass die Hochschulen nach geltender Rechtslage ganz überwiegend nur von ihren
Angehörigen und Mitgliedern Daten erheben können. Die einschlägigen Regelungen bleiben
deswegen im Hinblick auf Doktoranden solange wirkungslos, als sie diese in personaler Hinsicht
nicht erfassen. Denn das Doktorandenverhältnis als solches vermittelt ein Mitgliedschaftsrecht an
der jeweiligen Hochschule i.S.v. § 36 Abs. 1 HRG und bewirkt damit auch die Erstreckung der
Satzungsgewalt nur dann,42 wenn und soweit das Landesrecht die Einschreibung von Promotionsstu-
dierenden vorsieht. Es liegt deshalb nahe, die Lösung des Problems zunächst in einer festeren rechtli-
chen Strukturierung des Verhältnisses des Promovierenden zu „seiner“ Universität zu suchen.
Die zurzeit existierenden landesrechtlichen Regelungen dieses Verhältnisses ergeben ein recht unein-
heitliches Bild. Erst im Jahr 2002 hatte der Bundesgesetzgeber zwar mit der 5. HRG-Novelle den
Doktorandenstatus rahmenrechtlich institutionalisiert. Der später vom BVerfG für nichtig erklärte § 21
HRG i.d.F. d. 5. HRG-Novelle bestimmte, dass Doktoranden nach Maßgabe des Landesrechts an der
für die Promotion in Aussicht genommenen Hochschule eingeschrieben werden sollen, und verpflich-
tete die Universitäten im Gegenzug, auf die wissenschaftliche Betreuung ihrer Doktoranden hinzu-
wirken.43 Damit wurde der Doktorandenstatus erstmals in seinen Grundzügen formalisiert. Ziel der
Regelung war es, den Universitäten einen realistischen Überblick über die Anzahl der Promovierenden
und deren tatsächliche Promotionsdauer zu verschaffen und damit die Qualitätssicherung zu erleich-
tern.44 Schon zwei Jahre später fiel die Vorschrift dem Urteil des BVerfG in Sachen Juniorprofessur
zum Opfer, das das gesamte 5. HRGÄndG wegen Verstoßes gegen Art. 72 Abs. 2 GG a.F. verwarf.45
Es folgte die umfassende Reföderalisierung des Hochschulrechts durch die Föderalismusreform I.46
32
47 Anders – im Sinne einer Verpflichtung – Herrmann (Fußn. 19), § 29, Rdnr. 3.
48 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 58.
49 Siehe beispielsweise die Promotionsordnung der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen
i.d.F. v. 1.10.2009, <www.uni-goettingen.de/de/37182.html>.
50 Herrmann (Fußn. 19), § 29, Rdnr. 31 a.E.
3.2.1 Der Status als Doktorand bzw. Promotionsstudierender
Etliche Landeshochschulgesetze hatten vor der Juniorprofessur-Entscheidung § 21 HRG wörtlich
(§ 25 des Gesetzes über die DHV Speyer; § 34 RPfHG) oder der Sache nach übernommen. Letzteres
gilt etwa für Hamburg (§ 70 Abs. 5 HambHG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 44 Abs. 1 S. 1 LHG
M-V) und Nordrhein-Westfalen (§ 67 Abs. 5 HG NRW). Diese Länder kennen als einzige eine prinzi-
pielle Verpflichtung von Doktoranden zur Einschreibung als Promotionsstudierender unabhängig
vom Status im Übrigen. Die nordrhein-westfälische Regelung eröffnet auch die Möglichkeit, die
Einschreibung im Maß einer Promotionsregeldauer zu befristen (§ 67 Abs. 5 S. 2 HG NRW). Auch in
diesen Ländern ist aber nicht ersichtlich, dass die Einschreibeverpflichtung durchsetzbar oder ihre
Verletzung irgendwie sanktionierbar wäre.
Ähnliches gilt in Berlin. Nach § 25 Abs. 2 BerlHG sind Doktoranden zwar Mitglieder der Universität,
an der sie zur Promotion zugelassen wurden. Auch sind sie als Studierende zur Promotion einzu-
schreiben, wenn sie nicht Mitarbeiter der jeweiligen Universität sind. Jedoch wird die förmliche Zulas-
sung zur Promotion bei externen Doktoranden in der Regel erst kurz vor Abgabe der Arbeit beantragt,
wenn nicht mit der Einschreibung als Promotionsstudierender andere Vorteile (Semesterticket) erlangt
werden sollen; die Regelung läuft mithin teilweise leer.
In Niedersachen sollen sich Doktoranden als Promotionsstudierende einschreiben, die Universitäten
sollen umgekehrt Promotionsstudiengänge anbieten (§ 9 Abs. 2 S. 3 und 4 NdsHG).47 Eine solche
Verpflichtung des Doktoranden, sich zu einem Promotionsstudium einzuschreiben, hält die betrof-
fenen Universitäten zugleich dazu an, das Rechtsverhältnis der Doktoranden im Einzelnen zu
regeln.48 In den Promotionsordnungen ist dann die Einschreibung zur regelmäßigen Voraussetzung
der Zulassung zur Prüfung gemacht; freilich kann sie auch erst kurz vorher erfolgen.49
Andere Länder haben den Status des Doktoranden von vornherein als fakultativ ausgestaltet.
Entschärft findet sich die Intention des HRG-Gesetzgebers etwa in § 29 Abs. 5 BbgHG: „Dokto-
randen werden als Promotionsstudierende an der Universität immatrikuliert, sofern sie nicht in einem
hauptberuflichen Beschäftigungsverhältnis an der Universität stehen oder wegen einer Berufstätigkeit
außerhalb der Universität oder aus anderen Gründen auf die Einschreibung verzichten.“ (Hervorhebung
nur hier) Solche anderen Gründe sind in großer Zahl denkbar; insbesondere mag der Doktorand erst
abwarten, ob er mit der Themenstellung zurechtkommt, so dass die Immatrikulation letztlich völlig
freiwillig ist. Zwar liegt den Universitäten in diesen Fällen zumindest eine ausdrückliche Verzichtser-
klärung vor,50 doch mehr als der Beginn der Promotionsphase lässt sich hieraus nicht ableiten.
Dasselbe gilt in Baden-Württemberg. Hier bestimmt § 38 Abs. 5 LHG BW, dass Personen, die eine
Doktorarbeit anfertigen und als Doktoranden angenommen worden sind, im Rahmen der von der
Promotionsordnung festgelegten zulässigen Höchstdauer als Doktoranden immatrikuliert werden
können und in diesem Fall die Rechte und Pflichten anderer Studierender erwerben. Relativ offen ist
33
auch die Regelung in § 67 HG NRW. Nach dessen Abs. 2 sollen die Hochschulen in einem Promotions-
studium für ihre Doktoranden forschungsorientierte Studien anbieten und ihnen den Erwerb von
akademischen Schlüsselqualifikationen ermöglichen, ohne dass damit eine Verpflichtung der Univer-
sitäten zur Schaffung einer generellen Einschreibepflicht begründet wäre. Jedoch steht es ihnen frei,
das Promotionsstudium als echten Vollstudiengang mit Regelstudienzeit auszugestalten (§ 67 Abs. 2
S. 2 HG NRW).
Der bayerische Gesetzgeber hat auf eine Regelung des Rechtsverhältnisses der Doktoranden zur
Universität weitgehend verzichtet (vgl. Art. 64 BayHG). Immerhin besteht die Möglichkeit zur Imma-
trikulation während der Promotion (Art. 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BayHG), die jedoch – was im Hinblick
auf die höchst unterschiedlichen Fächerkulturen einigermaßen erstaunlich ist – einheitlich auf
maximal drei Jahre befristet ist (Art. 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BayHG). Auch die thüringische Regelung (§ 54
Abs. 2 ThürHG) ist rudimentär geblieben.
Einer einheitlichen Erfassung von Doktoranden über die Festschreibung eines obligatorischen Status
als Promotionsstudierender stünde de lege lata die in einer Reihe von Landeshochschulgesetzen
entsprechend § 21 HRG a.F. (2002) enthaltene Vorschrift entgegen, nach der als Promotionsstudie-
render nur eingeschrieben werden kann, wer nicht als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt ist
(§ 29 BbgHG; § 25 Abs. 2 BerlHG; § 34 Abs. 1 RPfHG). Diese Regelung, die ihren Grund offenbar in
der – nicht zwingenden – Zuordnung der Doktoranden zur Studierendenschaft statt zum Mittelbau
hat, ist freilich entbehrlich. Sie wird auch heute schon vielfach nicht beachtet, da viele Mitarbeiter
sich im Hinblick auf Statusvorteile trotzdem einschreiben, zumal eine konkurrierende Zugehörigkeit
zum Mittelbau bei der Immatrikulation nicht überprüft wird, erst recht, wenn der Doktorand Mitar-
beiter an einer anderen Universität ist. Die bisherige Regelung könnte daher durch eine punktuelle
Regelung des Hochschulwahlrechts der Doktoranden ersetzt werden. Auch die promovierenden
wissenschaftlichen Mitarbeiter könnten sich dann zugleich als Promotionsstudierende einschreiben.
3.2.2 Vorgeschaltetes Annahmeverfahren am Beginn der Promotionsphase
Eine andere Regelungsmöglichkeit besteht darin, nicht beim hochschulverfassungsrechtlichen Status
als Promotionsstudierender anzusetzen, sondern das Institut der Promotion aus seiner Bezogenheit
auf das die Promotionsphase abschließende Prüfungsverfahren herauszulösen. Während nämlich
nach wie vor die meisten Promotionsordnungen in traditioneller Weise das Verfahren mit dem Antrag
auf Zulassung zur Promotion, und das heißt in der Regel zu einem Zeitpunkt beginnen lassen, zu
dem die Arbeit an der Dissertation mehr oder weniger beendet ist, wurde mancherorts inzwischen ein
dem Zeitraum der Anfertigung der Dissertation vorgeschaltetes, eigenes Annahmeverfahren einge-
führt. Die Annahme als Doktorand wird damit der Zuständigkeit des einzelnen Hochschullehrers
enthoben und der Fakultät als Ganzer zugewiesen.
So bestimmt etwa § 18 Abs. 6 SachsAnhHG – auf gesetzlicher Ebene einmalig –, dass beim Fachbe-
reich unter Angabe seines in Aussicht genommenen Themas die Annahme als Doktorand beantragen
kann, wer die dafür geltenden Zulassungsvoraussetzungen erfüllt und die Anfertigung einer Disserta-
tion beabsichtigt. Diese Annahme, die keine vorherige Betreuungszusage eines Hochschullehrers
voraussetzt, dient vornehmlich dem Schutz des Doktoranden, der auf diese Weise Rechtssicherheit
über die Erfüllung der Voraussetzungen hat und aus diesen Gründen nicht mehr abgewiesen werden
kann. Dies namentlich dann, wenn der Betreffende auf den Dispens von bestimmten Zulassungsvor-
34
51 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 96; Kluth (Fußn. 7), S. 580.
52 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 94; .
53 Vom 10.8.2000, zul. geänd. durch Satzung v. 20.7.2006, <www.uni-regensburg.de/studium/pruefungsordnungen/
medien/promotion/0112_promphil_kons_2006.pdf> (15.4.2011).
54 Vom 31.10.1969 i.d.F. v. 10.2.2011, <www.uni-regensburg.de/studium/pruefungsordnungen/
medien/promotion/1011__10promorecht_voll_kons_2011.pdf>.
55 V. 21.2.2007, <www.jura.uni-hannover.de/fileadmin/fakultaet/pdf/Rechtsgrundlagen/PromO_2008.pdf>.
aussetzungen angewiesen ist. In solchen Fällen ist schließlich schon auf der Basis der bisher verbrei-
teten Rechtslage die frühzeitige Zulassung zur Promotion ratsam.51 Denn sie bewirkt dann einen
Bestandsschutz, wenn die Zulassungsvoraussetzungen durch eine Änderung der Ordnung verschärft
werden. Auch kann ein solches Annahmeverfahren dazu dienen, einen fachlich geeigneten Betreuer
auszuwählen, sofern sich noch keiner gefunden hat.52 Nach § 18 Abs. 7 SachsAnhHG regeln die
Promotionsordnungen das Nähere. Art, Umfang und Zwecksetzung der durch die Fakultäten erho-
benen und verarbeiteten Daten ließen sich an dieser Stelle ebenso festschreiben wie etwa gar eine
Pflicht von Doktoranden zur Abgabe regelmäßiger Fortschrittsberichte.
Auf untergesetzlicher Ebene finden sich z.T. noch weitergehende Regelungen eines vorgeschalteten
Annahmeverfahrens. So hat etwa die gemeinsame Promotionsordnung der Philosophischen Fakultäten
der Universität Regensburg53 das Annahmeverfahren am Beginn der Promotionsphase selbständig
ausgestaltet. Nach § 6 Abs. 1 S. 2 dieser Promotionsordnung ist die Annahme als Doktorand durch
die Fakultät Voraussetzung der späteren Zulassung zur Promotion. Voraussetzungen der Annahme
sind im Wesentlichen die fachlichen Qualifikationsanforderungen. Deren Prüfung entfällt dann bei
der Zulassung. Schon zum Zeitpunkt der Annahme kann ein Dispens erteilt werden. Möglich ist auch
die Annahme auf Probe (§ 6 Abs. 6 PromO). Bei der Annahme als Doktorand ist das Promotions-
thema mit einer kurzen Schilderung des Arbeitsziels anzugeben und die schriftliche Betreuungszusage
eines hierzu Berechtigten beizubringen (§ 6 Abs. 9 Buchst. g und h PromO). Die Annahme erfolgt
durch schriftlichen Bescheid, der widerrufen werden kann, wenn innerhalb von zwei Jahren kein Fort-
gang der Arbeit festzustellen ist (§ 7 Abs. 4 S. 1 PromO). Diese Gestaltung dient – dies ist hier entschei-
dend – nicht zuletzt der einheitlichen Erfassung der Doktoranden durch die Fakultät. Diese ist auf-
grund § 6 Abs. 10 2. HS PromO verpflichtet, ein „Register der Doktoranden und ihrer Betreuer“ zu führen.
Freilich ist auch bei dieser Gestaltung nicht sichergestellt, dass die Annahme am Beginn der Promoti-
onsphase wirklich erfolgt. Sie kann vielmehr, dies lässt zwar nicht der Sinn und Zweck, wohl aber der
Wortlaut der genannten Regelungen eindeutig zu, auch kurz vor der Zulassung beantragt werden. Es
bleibt in die Verantwortung der Betreuer gestellt, auf ihre Doktoranden einzuwirken, die den Annah-
meantrag letztlich im eigenen Interesse stellen müssen.
Einen anderen Weg hat – innerhalb desselben landesrechtlichen Rahmens – die Juristische Fakultät
der Universität Regensburg eingeschlagen. Nach ihrer Promotionsordnung54 ist der Hochschullehrer
nach der Annahme eines Doktoranden verpflichtet, diese Annahme und das mit dem Doktoranden
vereinbarte Thema dem Dekan und dem Doktoranden schriftlich mitzuteilen (§ 7 Abs. 2 S. 1). Noch
rigider verfährt die Promotionsordnung der freilich durch einen einschlägigen Skandal hindurchge-
gangenen Juristischen Fakultät der Universität Hannover.55 Nach deren § 2 Abs. 3 S. 1 wird die zur
Betreuung verpflichtende Annahme als Doktorand durch einen Hochschullehrer sogar erst mit ihrer
schriftlichen Anzeige bei der Fakultätsleitung wirksam.
35
57 Anhang Bereich 1 Nr. 3 lit. a-c der VO 452/2008 des EP und des Rates über die Erstellung und die Entwicklung von
Statistiken über Bildung und lebenslanges Lernen, ABl. Nr. L 145 v. 4.6.2008, S. 227 (232).
58 VO Nr. 88/2011 der Kommission v. 2.2.2011 zur Durchführung der VO (EG) Nr. 452/2008 des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Erstellung und die Entwicklung von Statistiken über Bildung und lebenslanges
Lernen im Hinblick auf Statistiken über die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, ABl. Nr. L 29 v.
3.2.2011, S. 5.
59 Vgl. Anhang I (Titel: Zahl der Studierenden nach Bildungsbereich) der VO Nr. 88/2011 der Kommission v.
2.2.2011 zur Durchführung der VO (EG) Nr. 452/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erstel-
lung und die Entwicklung von Statistiken über Bildung und lebenslanges Lernen im Hinblick auf Statistiken über
die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, ABl. Nr. L 29 v. 3.2.2011, S. 5 (7).
60 Vgl. Anhang I der VO Nr. 88/2011, ABl. Nr. L 29 v. 3.2.2011, S. 5 (15 ff., insbes. 17: „durchschnittliche Dauer der
Bildungsgänge im Tertiärbereich“).
61 S.o., Fußn. 12.
4. Keine unionsrechtliche Verpflichtung zur einheitlichen
Erfassung von Doktoranden
Es fragt sich, inwiefern bereits aufgrund von Vorgaben des Rechts der Europäischen Union eine
Verpflichtung besteht, Daten über Doktoranden zu erheben. Denn seit dem Erlass der VO 452/2008
über die Erstellung und die Entwicklung von Statistiken über Bildung und lebenslanges Lernen wird
im Rahmen der sog. „Lissabon-Strategie“ von Eurostat eine Unionsstatistik über den Bildungsbereich
geführt, die auch die tertiäre Bildung mit Forschungsqualifikation umfasst.
In diesem Zusammenhang trifft die Mitgliedstaaten eine Berichtspflicht über „alle inländischen
Bildungstätigkeiten […], und zwar unabhängig davon, […] wie sich die Vermittlung der Bildung im
Einzelnen vollzieht.“ Er kommt also – was das Promotionswesen betrifft – gerade nicht darauf an, ob
die Doktorandenausbildung im Rahmen eines strukturierten Promotionsstudiums oder Graduierten-
kollegs erfolgt oder als freie Promotion. In personaler Hinsicht soll die Statistik „Studenten aller Arten
und Altersklassen“ erfassen,56 unabhängig von der rechtlichen Form der Zugehörigkeit zur jeweils
betroffenen Bildungsinstitution. Erhoben werden sollen dabei durch die Mitgliedstaaten insbeson-
dere die Zahl der Studierenden, die Zugänge und die Abschlüsse.57
Die von den Mitgliedstaaten im Einzelnen zu übermittelnden Daten ergeben sich aus der Durchfüh-
rungsverordnung 88/2011 der Kommission.58 Zu erheben sind danach insbesondere die Zahl der
Studierenden in Bildungsgängen nach den Bologna-Strukturen, wozu PhD- und andere formalisierte
Promotionsstudiengänge gehören, aber auch die nicht formalisierten Promotionsstudien, weil sie
unter Level 6 der ISCED (International Standard Classification of Education) fallen.59 Hier soll neben
der Zahl der Studierenden, dem Geschlecht, der Fachrichtung, der Beteiligungsintensität (Vollzeit/
Teilzeit), der Art der Bildungseinrichtung, der Mobilität und der absoluten Zahl der Abschlüsse auch
die Gesamtdauer der Promotion erfasst werden.60
Diese Verpflichtung ist für Deutschland auf der Basis des derzeitigen Landeshochschulrechts schwer
zu erfüllen, was nicht zuletzt in den schon zitierten Monita des Wissenschaftsrates deutlich zum Aus-
druck gebracht wurde.61 Es erscheint deswegen naheliegend, dass die Kommission aus den zitierten
Verordnungen die Verpflichtung ableiten könnte, innerstaatlich solche Strukturen und Regelungen
zu schaffen, die es der Bundesrepublik erlauben, zutreffende Angaben über die Dauer der Promoti-
onen und die anderen Daten über den Bereich der tertiären Bildung zu erheben und zu übermitteln.
36
62 Vgl. Clemens Ladenburger, in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, 6. Aufl. 2003,
Art. 285 EG, Rdnr. 6.
63 Thorsten Kingreen, in: Christian Calliess/Matthias Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 338, Rdnr. 4.
64 Winfried Boecken, in: Kai Hailbronner/Heinrich Wilms (Hrsg.), Recht der Europäischen Union, Bd. III, Losebl.,
Art. 149 EGV, Rdnr. 46; Matthias Ruffert, in: Christian Calliess/Matthias Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl.
2011, Art. 165, Rdnr. 22.
65 Hierzu im Überblick Claus Dieter Classen, Forschung, Bildung, Kultur und Rundfunk, in: Thomas Oppermann/
Claus Dieter Classen/Martin Nettesheim, Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 34, Rdnr. 30 ff.; Markus Kotzur, Kultur,
Forschung und Technologie, in: Reiner Schulze/Manfred Zuleeg/Stefan Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl.
2010, § 38, Rdnr. 35 f.
Eine derartige unionsrechtliche Verpflichtung besteht jedoch mangels entsprechender Kompetenz
der Union nicht. Rechtsgrundlage der VO 452/2008 ist Art. 338 AEUV (Art. 285 EG a.F.). Dessen
Abs. 1 schafft eine Kompetenz der Union für Maßnahmen zur Erstellung von Statistiken. Hierzu
zählen aber schon begrifflich keine Regelungen, die über Statistikpflichten hinausgehen und tatsäch-
lich ganz neue Informationsverfahren und Informationsgewinnungspflichten statuieren. Von Art. 338
AEUV sind nur solche Regelungen gedeckt, die die Aufbereitung und Übermittlung vorhandener
Daten betreffen, nicht aber Regelungen, die die Gewinnung von Informationen durch nationale
Behörden und ihre Weitergabe an die Kommission vorschreiben.62 Eine Auslegung der VO 452/2008
im Sinne einer Verpflichtung zu weitergehender Informationsgewinnung wäre demnach nicht von der
Rechtsgrundlage gedeckt.
Das gleiche Ergebnis folgt aus einem weiteren Gesichtspunkt. Die Kompetenznorm des Art. 338
Abs. 1 AEUV steht unter der Einschränkung, dass die Maßnahmen für die Durchführung der Tätig-
keiten der Union erforderlich sein müssen. Durch Art. 338 AEUV wird mit anderen Worten keine
neue Unionspolitik im Bereich der Statistik begründet.63 Dies bedeutet, dass die Kompetenz jeweils
eine andere Sachkompetenz der Union voraussetzt und nur in deren Rahmen Wirkung entfaltet. Der
hier geregelte Sachverhalt fällt in die begrenzte Kompetenz der Union für allgemeine und berufliche
Bildung (Titel XII AEUV). Die Ziele der Bildungspolitik der Union sind in Art. 165 AEUV niederge-
legt. Aus der Kompetenz zur Schaffung von Statistiken der Europäischen Union kann dabei keine
Befugnis zur Schaffung sachlicher Regelungen im Hochschulbereich folgen, die weiter geht als
Art. 165 AEUV selbst. Ausdrücklich schließt Art. 165 Abs. 4 1. Spstr. AEUV64 jedoch jegliche Harmo-
nisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten aus und beinhaltet damit ein
umfassendes Verbot der Rechtsangleichung aufgrund aller anderen Kompetenzen nach dem AEUV.
Aus diesem Grunde bewegt sich auch der sog. „Bologna-Prozess“ ausschließlich im Rahmen intergou-
vernementaler Koordination.65 Aus der VO 452/2008 oder der dazu ergangenen Durchführungsver-
ordnung lässt sich deshalb keine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Schaffung institutioneller Strukturen
ableiten, die sodann die Erstellung der genannten Statistiken ermöglichen.
37
66 Vgl. Michael Kloepfer, Informationsrecht, 2003, § 8 Rdnr. 9 ff.
67 Eingehend Marie-Theres Tinnefeld/Eugen Ehmann/Rainer W. Gerling, Einführung in das Datenschutzrecht, 4. Aufl.
2005, S. 156 ff.; speziell für den Hochschulbereich Linnenkohl (Fußn. 32), Rdnr. 25, 59.
68 G über die Statistik für das Hochschulwesen v. 2.11.1990 (BGBl. I, S. 2414), zul. geänd. durch G v. 25.6.2005.
69 Christoph Degenhart, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 125a, Rdnr. 7.
70 Christian Seiler, in: Volker Epping/Christian Hillgruber, Grundgesetz, Art. 125a, Rdnr. 4; ausführlich Arndt Uhle,
in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 125a (Stand: 2006), Rdnr. 27.
71 Beispielhaft BVerfGE 106, 62 (110 ff.); zum Ganzen Rupert Stettner, in: Horst Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2. Aufl.
2006, Art. 70, Rdnr. 32.
72 Philip Kunig, in: Ingo von Münch/Philip Kunig, Grundgesetz, 6. Aufl. 2012, Art. 73, Rdnr. 47; Uhle (Fußn. 71),
Art. 73 (Stand 2010), Rdnr. 257.
5. Bundeseinheitliche Regelungen?
Grundsätzlich fallen mögliche Regelungen im Zusammenhang mit der Registrierung von Dokto-
randen nach Art. 70 GG in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Dies gilt nach der Abschaffung von
Art. 75 GG a.F. zunächst für das einschlägige materielle Hochschulrecht. Es gilt aber auch für Daten-
schutzregelungen im Hochschulbereich, da das Datenschutzrecht als Querschnittsmaterie66 der
Zuständigkeitsverteilung für die jeweilige Materie folgt, innerhalb derer die Datenverarbeitung
erfolgen soll.67
Eine bundeseinheitliche Regelung der statistischen Erfassung von Doktoranden käme damit nach
geltendem Verfassungsrecht allein unter dem Gesichtspunkt der Bundeskompetenz für die Statistik in
Betracht. Dies namentlich in Form einer entsprechenden Änderung des Hochschulstatistikgesetzes.68
Nach diesem Gesetz wird bisher eine Bundesstatistik zum Zweck der Gesetzgebung und Planung im
Hochschulbereich geführt, die Bund, Ländern und Hochschulen im Rahmen ihrer jeweiligen Zustän-
digkeiten dienen soll (§ 1 HStatG). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 HStatG wird von allen Studierenden jähr-
lich Alter, Geschlecht, Mobilität, Studienverlauf und Studienerfolg erfasst.
Dem Bund fehlt zu einer derartigen Änderung des HStatG nach der Föderalismusreform auch nicht
die Gesetzgebungskompetenz. Insbesondere ist die derzeitige Fassung des Gesetzes nicht durch
Art. 125a Abs. 1 GG „eingefroren“. Danach gilt kompetenzgemäß erlassenes Bundesrecht nach dem
Wegfall der maßgeblichen Kompetenznormen fort, kann aber – was im Einzelnen recht streitig ist –
vom Bund nicht mehr69 oder nur noch im Detail70 geändert werden. Auf diese Frage käme es aber nur
an, wenn das HStatG überhaupt gerade aufgrund des Wegfalls von Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a GG a.F.
nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte.
Dies ist aber nicht der Fall. Grundlage des HStatG war und ist die ausschließliche Gesetzgebungskom-
petenz des Bundes für die Statistik zu Bundeszwecken (Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG). Bei der Zuordnung
zu Kompetenztiteln kommt es nach der Rechtsprechung des BVerfG maßgeblich auf den „Schwer-
punkt der Gesamtregelung“ an.71 Zwar betrifft das HStatG das Hochschulwesen und damit nunmehr
einen Gegenstand der alleinigen Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Es trifft aber über diesen
Bereich keine Sachregelungen, sondern regelt nur seine statistische Erfassung. Statistik ist dabei zu
verstehen als Erhebung, Sammlung, Darstellung und Auswertung von Daten und Fakten im Wege
eines methodischen Vorgehens72 und steht damit im Gegensatz zu Sachregelungen, die auf die
Lebenssachverhalte selbst einzuwirken bestimmt sind.
38
73 Uhle (Fußn. 71), Art. 73 (Stand 2010), Rdnr. 256.
74 BVerfGE 8, 104 (119).
75 Uhle (Fußn. 71), Art. 73 (Stand 2010), Rdnr. 261.
76 Helmut Siekmann, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 91b, Rdnr. 21.
77 Rolf Schwartmann, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Losebl., Art. 73 Nr. 11 (Stand: Dezember 2006),
Rdnr. 9; Stettner (Fußn. 71), Art. 73, Rdnr. 48, jeweils m.w.N.
78 Hierzu die Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des HStatG, BT-Drucks. 11/5832, S. 9.
79 Vgl. oben Fußn. 10.
Damit ist aber noch nicht gesagt, dass der Bundesgesetzgeber eine Änderung des HStatG tatsächlich
auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG stützen könnte. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz besteht
nämlich allein für die Statistik für Bundeszwecke. Wenn nun Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG die Gesetzge-
bungskompetenz – wenn auch nur lose – an einen bundeseigenen Zweck knüpft, so kann sich diese
nicht schon aus der Kompetenznorm selbst, sondern nur aus einem anderen Gesichtspunkt ergeben.
Zwar setzt die Kompetenznorm gerade keine verfassungsmäßige Zuständigkeit des Bundes für die
Regelung der Sachmaterie voraus, die eine Statistik betrifft, da ansonsten die Kompetenz zur Statistik
als Annexkompetenz anzusehen und Nr. 11 überflüssig wäre. Die Bundesstatistik ist also nicht an die
übrige Verteilung der Sachgesetzgebungskompetenzen gebunden, sondern in Inhalt und Umfang
autark.73 Gleichwohl muss der Gegenstand der Statistik zumindest der „Bewältigung einer Bundesauf-
gabe“ dienen.74 Dies geht wesentlich weiter als die Gesetzgebung des Bundes. Bundesaufgaben liegen
überall dort, wo der Bund verfassungsrechtlich abweichend von Art. 30 GG zum Handeln ermächtigt
ist, also im gesamten Tätigkeitsbereich der Bundesregierung und der Bundesverwaltung.75 Vor der
Föderalismusreform waren diese Voraussetzungen mit Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 a.F. GG (Gemeinschafts-
aufgabe Hochschulbau) und Art. 91a S. 1 GG a.F. (Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung und
Forschungsförderung) unproblematisch gegeben. Allerdings wurden diese Gemeinschaftsaufgaben
durch die Reform in ihrer bisherigen Form beendet. Nun hat der Bund nach Art. 91b Abs. 2 GG n.F.
weiterhin Aufgaben im Bereich der Evaluation des Bildungswesens, zu dem auch der gesamte Hoch-
schulbereich gehört,76 und, wenn auch unter restriktiven Voraussetzungen, im Bereich der Förderung
von Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen (Art. 91b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GG).
Nach alledem dürfte nach wie vor der für Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG erforderliche Bundeszweck zu
bejahen sein. Es ist auch durchaus unschädlich und steht dem Bundeszweck nicht entgegen, wenn
durch die Statistik zugleich – und womöglich sogar im Schwerpunkt – Landeskompetenzen tangiert
werden.77
Trotz der also im Grundsatz bestehenden Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Änderung des
HStatG bliebe deren Wirkung – gemessen am hier interessierenden Ziel einer einheitlichen Erfassung
von Doktoranden während der Promotionsphase – bescheiden. Denn ohne eine gleichzeitige Ände-
rung des einschlägigen materiellen Hochschulrechts, die ihm jedenfalls nach dem Wegfall von Art. 75
GG ganz verwehrt ist, käme der Bund mit der Verpflichtung der Länder, über die Situation von Dokto-
randen Auskunft zu erteilen, über den bisherigen Rechtszustand kaum hinaus. Die Länder könnten
dieser Auskunftsverpflichtung – abgesehen von der schon bisher aufgrund § 1 Abs. 3 HStatG („Art
des Studiums“, „Art des Prüfungsabschlusses“)78 erhobenen Zahl der abgeschlossenen Promoti-
onen79 – gar nicht entsprechen. Eine Verpflichtung zur Schaffung der institutionellen Vorausset-
zungen solcher Erhebungen liefe auf eine Verpflichtung zur flächendeckenden Formalisierung der
Promotionsphase hinaus und wäre offensichtlich von Art. 73 Abs. 1 Nr. 11 GG nicht gedeckt.
39
80 Hartmer (Fußn. 4), S. 203, Rdnr. 12; Kluth (Fußn. 7), S. 578.
81 Maurer (Fußn. 7), S. 760; Thieme (Fußn. 4), Rdnr. 194.
82 Wolfgang Kahl, Hochschule und Staat, 2004, S. 71 ff.; Ulrich Karpen/Manuela Freund, Hochschulgesetzgebung und
Hochschulautonomie, 1992, S. 3 ff.
83 Michael Fehling, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Losebl., Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit) (Stand:
März 2004), Rdnr. 26; Ingolf Pernice, in: Horst Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. I, 2. Aufl. 2004, Art. 5 Abs. 3
(Wissenschaft), Rdnr. 21 m.w.N.
84 Max-Emanuel Geis, in: Kai Hailbronner/Max-Emanuel Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern,
Losebl., § 58 HRG (2001), Rdnr. 41.
85 Thieme (Fußn. 4), Rdnr. 191; Scholz (Fußn. 22), Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 162.
86 Epping (Fußn. 5), Rdnr. 61; Herrmann (Fußn. 19), § 29, Rdnr. 7, 37.
87 Fehling (Fußn. 83), Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit) (Stand: März 2004), Rdnr. 206.
88 In diese Richtung aber Scholz (Fußn. 22), Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 162.
89 Hierzu und zum Folgenden VerfGH Berlin, WissR 2005, 67 (zit. n. juris); krit. zu dieser Entscheidung Epping
(Fußn. 5), Rdnr. 61
6. Zur Reichweite des Selbstverwaltungsrechts der
Universitäten und des Vorbehalts des Gesetzes
Die entscheidende Kompetenzfrage liegt daher weniger im föderalen Verhältnis zwischen Bund und
Ländern, sondern im grundrechtlichen Verhältnis zwischen Land und Universitäten. Sie betrifft das
Problem, inwiefern die hier in Frage kommenden Regelungen aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes
durch formelles Landesgesetz erfolgen müssen und inwiefern die Universitäten sie selbst treffen
können oder kraft ihres Rechts auf akademische Selbstverwaltung sogar allein treffen dürfen. Hoch-
schulintern sind in der Regel die Fakultäten Träger des Promotionsrechts und befugt zur Gestaltung
der Promotionsordnungen. Letztere müssen teilweise durch den Senat beschlossen werden80 und
unterliegen überwiegend auch einem rechtsaufsichtlichen Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbe-
halt des zuständigen Ministers.81
Das Recht der Universitäten auf akademische Selbstverwaltung82 ergibt sich nicht nur aus den landes-
gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayHG; § 2 Abs. 1 S. 2 BerlHG; § 54 S. 1 LHG
SAnh), sondern nach ganz herrschender Meinung unmittelbar aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG83 bzw. den
Garantien des Landesverfassungsrechts.84 Hierzu gehören neben Forschungs- und Lehrorganisation
insbesondere die satzungsmäßige Gestaltung der Verfahren von Promotion und Habilitation.85 Die
gesetzliche Steuerungstiefe ist deshalb in diesen Bereichen naturgemäß recht gering.86 Es handelt
sich aber hierbei von vornherein nicht um eine Universalkompetenz der Hochschulen für alle die
Promotion betreffenden Angelegenheiten.87 Die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten „typischen
Autonomiebereiche“ sind dem Zugriff der staatlichen Gesetzgebung und der Staatsverwaltung auch
nicht prinzipiell entzogen.88
Sehr weit ausgedehnt wurde die Selbstverwaltungsgarantie (in diesem Fall aus Art. 21 S. 1 Verf. von
Berlin) gegenüber dem Gesetzgeber zuletzt durch ein Grundsatzurteil des Berliner Verfassungsge-
richtshofes aus dem Jahr 2004, das der Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung des Verfah-
rens der Promotion enge Grenzen gesetzt hat.89 Die Selbstverwaltungsgarantie verleihe den Hoch-
40
90 VerfGH Berlin, Urt. v. 1.11.2004, Az. 203/03, Rdnr. 56.
91 VerfGH Berlin, Urt. v. 1.11.2004, Az. 203/03, Rdnr. 57; ebenso Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Bd. IV/2, 2011, § 117 IX 4 a) γ) γγ); Geis (Fußn. 84), § 58 HRG (2001), Rdnr. 51; zurückhaltender
Maurer (Fußn. 7), S. 753 ff. (758); siehe auch Fehling (Fußn. 83), Art. 5 Abs. 3 (Wissenschaftsfreiheit) (Stand: März
2004), Rdnr. 210; Andreas Reich, Hochschulrahmengesetz und Wissenschaftszeitvertragsgesetz, 10. Aufl. 2007,
§ § 58 HRG, Rdnr. 3.
92 VerfGH Berlin, Urt. v. 1.11.2004, Az. 203/03, Rdnr. 60; ebenso Geis (Fußn. 84), § 58 HRG (2001), Rdnr. 65.
93 Siehe auch die Kurzwiedergabe in FuL 2004, 684.
94 Dazu oben, unter III.2.
schulen ein Abwehrrecht auch gegen Eingriffe des Gesetzgebers.90 Zum Kernbereich der Selbstver-
waltungsgarantie gehöre insbesondere „die Verleihung akademischer Grade, Würden und Ehrungen
sowie die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, mithin das Verfahren von Promotion
und Habilitation nebst Erlass von Promotions- und Habilitationsordnungen. Promotionen werden
als ausschließlich wissenschaftsbezogene Prüfungen in besonderer Weise von der Garantie der akade-
mischen Selbstverwaltung umfasst; sie fallen durch die enge Verbindung mit Forschung und Lehre in
deren Kernbereich“.91 Die staatliche Aufsicht in Form etwa der Genehmigung von Promotionsord-
nungen beschränke sich deshalb hier auf eine reine Rechtsaufsicht. Einschränkungen des Selbstver-
waltungsrechts seien nur zum Schutz anderer Verfassungsgüter zulässig, wobei die Beschränkung
verhältnismäßig sein müsse.92 So hat der Berliner Verfassungsgerichtshof namentlich Regelungen
beanstandet, die den Universitäten die Prüfungsform der Disputation und einen externen Gutachter
bei der Promotion zwingend vorschrieben.93
Selbst wenn man die exklusive Selbstverwaltungsbefugnis so großzügig bemisst wie das zitierte Urteil:
Die verbindliche allgemeine Erfassung von Doktoranden am Beginn der Promotionsphase lässt sich
nicht als notwendige Selbstverwaltungsangelegenheit ansehen, die nur durch Hochschulsatzung
geregelt werden kann. Diese dürfte der Landeshochschulgesetzgeber vielmehr selbst vorsehen und
könnte den Universitäten die nähere Ausgestaltung der Beziehung von Fakultät und Doktorand über-
lassen. Dies ergibt sich daraus, dass eine solche Streckung der Promotion und die rechtsverhältnis-
hafte Ausgestaltung der eigentlichen Arbeitsphase von der bisherigen Form der Ausübung des univer-
sitären Promotionsrechts ganz erheblich abwiche: Neben das Prüfungsverfahren einschließlich seiner
Voraussetzungen und die Verleihung des Grades träte die Betreuungsphase als selbständiges Element
dazu. Kern einer solchen Regelung wäre überhaupt keine innere Angelegenheit der Universität als
Körperschaft, sondern die äußere Zugehörigkeit zu ihr. Damit ist der das Promotionswesen im
engeren Sinne umfassende Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie jedenfalls verlassen.
In den engeren Bereich der Selbstverwaltungsgarantie würden dagegen Regelungen fallen, die Hoch-
schullehrer zwängen, die Annahme eines Doktoranden gegenüber der Fakultät anzuzeigen und den
Doktoranden auf diese Weise zu registrieren.94 Denn eine solche Vorschrift beträfe nicht die Gestal-
tung des Rechtsverhältnisses der Universität zu einem ihr zunächst nicht angehörenden Doktoranden,
sondern ausschließlich die Beziehungen zwischen der Fakultät/Universität und den Hochschulleh-
rern. Hierfür könnte – jedenfalls nach der Auslegung der Selbstverwaltungsgarantie durch den VerfGH
Berlin – nur in Promotionsordnungen eine verbindliche Regelung geschaffen werden.
Eine Regelungspflicht des Landesgesetzgebers aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3
GG) besteht dagegen für keine der hier diskutierten Regelungen. Zwar gilt auch für Eingriffe in das
41
95 Geis (Fußn. 84), § 58 HRG (2001), Rdnr. 66.
96 Ausführlich Hans-Heinrich Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionali-
sierung, 1994, S. 229 ff., 297 ff.; speziell im Hinblick auf das Promotionsrecht Kluth (Fußn. 7), S. 569 ff. (585 ff.).
97 Kluth (Fußn. 7), S.582.
98 Hierzu Thieme (Fußn. 4), Rdnr. 424.
99 Kluth (Fußn. 7), S. 588 f.
100 So mit Recht – allerdings ohne nähere Begründung – Kluth (Fußn. 7), S. 592.
vorbehaltlose Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aufgrund kollidierenden Verfassungsrechts, dass
der Gesetzgeber die wesentlichen Regelungen grundsätzlich selbst treffen muss.95 Fällt die Materie
aber, wie hier, in den Bereich des akademischen Selbstverwaltungsrechts und damit einer originären
Rechtsetzungskompetenz der Universitäten selbst, so steht dem Gesetzgeber damit eine Regelungsin-
stanz mit einer eigenständigen institutionellen Legitimation gegenüber.96 Das Eingreifen des Wesent-
lichkeitsvorbehalts setzte damit allemal eine Schwere der Grundrechtsbetroffenheit voraus, die bei
den hier zu regelnden Fragen jedenfalls überwiegend ausscheidet.
So greift der allgemeine Parlamentsvorbehalt namentlich nicht bereits dort, wo durch sachlich-inhalt-
liche oder – wie im Fall der statistischen Erfassung – verfahrensmäßige Beschränkungen in die aus
Art. 5 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG abzuleitende Zulassungsfreiheit der Doktoranden97 einge-
griffen wird. Denn die Registrierung von Doktoranden am Beginn ihrer Promotionsphase hat nur
eine vergleichsweise geringe Eingriffsintensität, verglichen etwa mit dem verbreiteten Örtlichkeitser-
fordernis,98 ganz zu schweigen von den fachlichen Qualifikationsanforderungen der Promotionsord-
nungen, die, obwohl sie in den Zulassungsanspruch des Doktoranden eingreifen, ebenfalls keine
spezielle gesetzliche Grundlage haben.99
Allenfalls die Einführung von Promotionsstudiengängen mit obligatorischen Lehrveranstaltungen
als ausschließliche Form der Promotionsphase und die Abschaffung der „freien Promotion“ wird man
einer Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten müssen.100 Denn dies wäre eine wahrhaft grund-
stürzende Veränderung der tradierten Form der Promotion, es sei denn, die Universitäten schüfen
zugleich großzügige Dispensmöglichkeit namentlich für Berufstätige.
42
7. Datenschutzrechtliche Probleme im Zusammenhang mit
der Registrierung von Doktoranden
Sämtliche Daten, deren Erfassung bei Doktoranden zu statistischen Zwecken zweckmäßig ist, sind
personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutzgesetze, da sie Einzelangaben über persönliche
und sachliche Verhältnisse bestimmter natürlicher Personen enthalten (§ 3 Abs. 1 BDSG): Name und
persönliche Stammdaten, Angaben zu Thema und Betreuer, zum Studienverlauf, zum Verlauf der
Promotion, zu Stipendien und Beschäftigungsverhältnissen und anderes mehr.101 Wie bei der Erhe-
bung und Nutzung von Daten über Studierende überhaupt102 stellt sich die Frage, welche daten-
schutzrechtlichen Anforderungen hierbei zu beachten sind.
7.1 Allgemeine Anforderungen
Grundsätzlich ist die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten dann
zulässig, wenn entweder der Betroffene eingewilligt hat, wenn die Datenerhebung und -verarbeitung
von einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage gedeckt oder schon aufgrund der allgemeinen
Bestimmungen der Datenschutzgesetze zulässig ist. Erstere Möglichkeit – die Rechtfertigung der
Datennutzung ausschließlich durch die Einwilligung des Betroffenen – kommt freilich im Bereich
der öffentlichen Verwaltung nur eingeschränkt in Betracht, weil sie in einem Grundwiderspruch zur
Gesetzesgebundenheit der Verwaltung steht. Die rechtfertigende Einwilligung ist auch zu einer
flächendeckenden Erfassung von Doktoranden auf nicht nur freiwilliger Basis104 ungeeignet, da sie
schließlich auch versagt werden kann und etwa die Entscheidung über die Zulassung zur Promotion
in Abhängigkeit von der erfolgten Einwilligung letztere unwirksam machen würde.105
Nicht ausreichend sind auch die §§ 14, 15 BDSG entsprechenden allgemeinen datenschutzrechtli-
chen Rechtsgrundlagen zur Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen (z.B. § 9 Abs. 1 LDSG
Berlin). Hiernach ist die Erhebung und Verarbeitung von Daten im Wesentlichen dann zulässig, wenn
es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich
ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. Erforderlich in diesem Sinne
ist eine Information dann, wenn die Aufgabe ohne sie nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder
nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllt werden könnte.106 Die Problematik liegt hier darin,
dass bei Aufgaben statistischer, wissenschaftlicher und planerischer Art das Erforderlichkeitskrite-
rium nur schwer anzuwenden ist.107 Die statistische Erfassung und Evaluierung des Promotionswe-
101 Sensible Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG, etwa politische, philosophische oder religiöse Überzeugungen,
werden dagegen wohl kaum erhoben werden. Wo dies aufgrund bestimmter Themen und Fachbereich einmal der
Fall sein sollte, gelten strengere Anforderungen.
102 Dazu den Überblicksaufsatz von Michael Wettern, Schutz von Studierenden-Daten, in: RDV 2006, S. 14 ff.
103 Globig (Fußn. 39), Rdnr. 38 f.; grundsätzlich zur rechtfertigenden Einwilligung im öffentlichen Recht Ernst Forst-
hoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl. 1973.
104 Dazu oben unter III.1.
105 Vgl. allgemein Globig (Fußn. 39), Rdnr. 40 ff.
106 Globig (Fußn. 39), Rdnr. 57 m.w.N.
107 Ulrich Dammann, in: Spiros Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl. 2011, § 14, Rdnr. 22.
43
108 Grundsätzlich zum Vorrang bereichsspezifischer Regelungen im Datenschutzrecht Spiros Simitis, in: ders. (Hrsg.),
Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl. 2011, Einleitung, Rdnr. 48.
109 Oben II.1.
110 Dammann (Fußn. 107), § 14, Rdnr. 97.
111 Vgl. Dirk Heckmann, in: Jürgen Traeger/Detlev Gabel (Hrsg.), Kommentar zum BDSG, 2010, § 14, Rdnr. 101.
112 Globig (Fußn. 39), Rdnr. 78.
113 Ausführlich Dammann (Fußn. 107), § 14, Rdnr. 40 ff.
sens ist schließlich überhaupt keine Aufgabe, zu deren Erfüllung die Universitäten rechtlich
verpflichtet wären. Deshalb lassen sich hier auch schlecht Verhältnismäßigkeitserwägungen anstellen.
Eine Erhebung und Verarbeitung von Doktorandendaten durch die Universitäten zum Zwecke der
statistischen Auswertung und Evaluation ist deswegen nur dann zulässig, wenn es hierfür eine
bereichsspezifische Rechtsvorschrift gibt.108
7.2 Anforderungen an eine bereichsspezifische Rechtsgrundlage
Zu fordern ist damit im Regelfall, dass die statistische Erfassung von Doktoranden im Landeshoch-
schulgesetz oder, sofern dieses für datenschutzrechtliche Satzungen der Hochschulen Raum lässt, in
einer Satzung ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist – wie oben gezeigt109 – bislang keineswegs überall
der Fall. Wenn solche Regelungen neu eingeführt, insbesondere wenn eine wie in vielen Ländern
bislang nicht ausgeschöpfte Regelungsermächtigung für Datenverarbeitung zur Evaluation genutzt
wird, können zu diesem Zeitpunkt bereits erhobene Daten zu diesem neuen Zweck weiterhin genutzt
werden, wenn die Rechtsvorschrift dies vorsieht (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 BDSG bzw. z.B. § 11 Abs. 2 S. 1
Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 LDSG Berlin). Eine Regelung durch formelles Gesetz ist dabei nicht
zwingend erforderlich, da die Universitäten Datenschutzregelungen im Zusammenhang mit ihren
Selbstverwaltungsangelegenheiten im Rahmen der einschlägigen landesrechtlichen Regelungen
grundsätzlich selbst treffen können. Die grundrechtlichen Anforderungen an die für Eingriffe in das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung erforderliche gesetzliche Grundlage werden durch das
gegenläufige Recht auf Selbstverwaltung abgesenkt.
Wo entsprechende Regelungen fehlen, bieten auch § 14 Abs. 3 S. 1 BDSG entsprechende Vorschriften
keinen Ausweg, wonach unter anderem dann keine Zweckänderung vorliegt, wenn die Nutzung der
Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen oder der Durchführung von Organisations-
untersuchungen dient. Kontrolle meint hier nur die Verwaltungskontrolle im engeren Sinne,110 Orga-
nisationsuntersuchungen können nur den Innenraum der Verwaltung betreffen,111 nicht aber die
Situation der außerhalb der Verwaltung stehenden Doktoranden.
Entscheidende Bedeutung bei der Gestaltung der Rechtsvorschriften kommt der Angabe der Verwen-
dungszwecke zu. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 BDSG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
dürfen personenbezogene Daten nur zu dem Zweck gespeichert und genutzt werden, für den sie
erhoben worden sind. Erst dieser Verwendungszusammenhang macht nämlich dem Betroffenen die
Relevanz der Datenverarbeitung deutlich.112 Maßgeblich für die Reichweite der Zweckbindung ist
derjenige Zweck, den die der Datenerhebung zugrundeliegende Rechtsvorschrift mit der Aufgabe
verknüpft, hilfsweise der bei der Erhebung tatsächlich verfolgte konkrete Zweck.113 Dabei muss die
44
114 Eingehend zum Zweckbindungsgrundsatz Marion Albers, Umgang mit personenbezogenen Informationen und
Daten, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des
Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 22, Rdnr. 123 ff.
115 Dazu Globig (Fußn. 39), Rdnr. 63 ff.
116 Bettina Sokol, in: Spiros Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl. 2011, § 4, Rdnr. 30 ff.
117 In diesem Sinne aber ausdrücklich Michael Wettern/Jan von Knop, Datenschutz im Hochschulbereich, in: Jahrbuch
der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 2004, 2005, S. 575 ff. (576).
Zweckbestimmung hinreichend genau getroffen sein, was bei der Festschreibung von Evaluation und
Statistik als Verwendungszweck der Fall ist. Beide Begriffe genügen ohne Weiteres den datenschutz-
rechtlichen Bestimmtheitsanforderungen. Eine weitere Aufschlüsselung der Verfahren der Evaluation
und Statistik durch Rechtsvorschrift ist deshalb nicht erforderlich.
Eine Zweckänderung ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BDSG aufgrund einer besonderen Rechtsvor-
schrift zulässig.114 Bereits vorhandene Daten über Doktoranden dürften deswegen nach der Schaf-
fung einer einschlägigen Rechtsgrundlage zu statistischen Zwecken weitergenutzt werden.
7.3 Adressat der Datenerhebung
Sofern die Daten beim Doktoranden selbst erhoben werden, also etwa durch die zentrale Speiche-
rung der bei der Annahme zur Promotion, bei der Einschreibung zum Promotionsstudium oder beim
Eintritt in ein Graduiertenkolleg gemachten Angaben zur Person und zum Promotionsvorhaben,
ergeben sich keine besonderen Probleme, da § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG als Regelfall die Erhebung beim
Betroffenen vorsieht.115 Anders, wenn die Daten bei einem Dritten erhoben werden. Dies wäre
namentlich dann der Fall, wenn die Hochschullehrer, die als Betreuer fungieren, bei Annahme von
Doktoranden die Fakultät über das Betreuungsverhältnis in Kenntnis setzen sollen. Diese indirekte
Erhebung muss nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 1. Alt. BDSG bzw. § 10 Abs. 4 LDSG Berlin durch Rechts-
vorschrift besonders vorgesehen sein, wobei wiederum neben hochschulgesetzlichen Bestimmungen
auch universitäre Satzungen ausreichen können.116 In der Regel muss der Betroffene über die Daten-
erhebung dann benachrichtigt werden (§ 10 Abs. 5 LDSG Berlin).
7.4 Nutzung der Daten innerhalb der Universität
Sofern unter Beachtung der vorgenannten Bestimmungen des Datenschutzrechts Daten über Dokto-
randen erfasst werden können, ergeben sich für die Nutzung der Daten durch verschiedene Stellen
innerhalb der Universitäten keine besonderen Anforderungen. Zur Beachtung des Datenschutzes
verpflichtet ist zwar die jeweilige verantwortliche Stelle i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG, § 3 Abs. 3 LDSG NRW,
§ 3 Abs. 3 LDSG BW bzw. datenverarbeitende (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 LDSG Berlin) oder speichernde Stelle
(Art. 4 Abs. 9 BayDSG). Daraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass jede Organisationseinheit,
insbesondere jede Fakultät für sich eine verantwortliche Stelle und die Weitergabe von Daten inner-
halb der Universitäten eine nur beschränkt zulässige Übermittlung i.S.v. § 15 Abs. 1 BDSG wäre.117
45
118 Gregor Thüsing, Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance, 2010, Rdnr. 411; Peter Gola/Rudolf Schomerus, BDSG,
10. Aufl. 2010, § 3, Rdnr. 48; Thilo Weichert, Rechtsquellen und Grundbegriffe des allgemeinen Datenschutzes, in:
Wolfgang Kilian/Benno Heussen (Hrsg.), Computerrechts-Handbuch, Losebl. (Stand: 2008), Teil 13, Rn. 31.
119 Allgemein Peter Wedde, Verantwortliche Stellen, in: Alexander Roßnagel (Hrsg.), Handbuch Datenschutzrecht,
2003, Kap. 4.3, Rdnr. 32.
120 Ausführlich Linnenkohl (Fußn. 32), Rdnr. 27 ff.; siehe auch Tinnefeld/Ehmann/Gerling (Fußn. 67), S. 602 ff.; Simitis
(Fußn. 108), § 40, Rdnr. 18 ff.
121 Linnenkohl (Fußn. 32), Rdnr. 26.
Der Begriff der verantwortlichen Stelle ist vielmehr nach juristischen und nicht nach funktionalen
Kriterien zu bestimmen.118 Verpflichtete Stellen sind nach den Datenschutzgesetzen insbesondere
die Behörden der Länder (§ 2 Abs. 2 BDSG). Behörde i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG ist aber – ungeachtet
etwaiger Selbstverwaltungszuständigkeiten der Fakultäten – die Universität als Ganze. Einige Landes-
datenschutzgesetze (etwa § 2 Abs. 1 S. 1 LDSG Berlin) haben die landesunmittelbaren Körperschaften
ausdrücklich als Adressaten genannt.119 Unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes ist die Univer-
sität deshalb grundsätzlich als Einheit zu behandeln. Die Datenverschiebung innerhalb der Univer-
sität fällt deshalb unter den Begriff der Nutzung (§ 3 Abs. 5 BDSG), stellt aber keine Weitergabe
personenbezogener Daten an eine andere öffentliche Stelle dar.
7.5 Reichweite des Forschungsdatenprivilegs
Soweit die Landesdatenschutzgesetze Ausnahmeklauseln zugunsten der wissenschaftlichen For-
schung vorsehen (siehe etwa § 19 DSG BW; Art. 15 Abs. 3 S. 2, 23 BayDSG; § 30 LDSG Berlin; § 28
BbgDSG; § 33 HessDSG),120 stellt sich die Frage, inwiefern diese für die Nutzung von Daten über
Doktoranden Geltung besitzen. Diese datenschutzrechtlichen Sonderregelungen lockern den Grund-
satz der Zweckbindung bei der wissenschaftlichen Datennutzung, enthalten aber überwiegend die
Pflicht zur Anonymisierung, sobald der Forschungszweck dies zulässt. So bestimmt etwa § 30 Abs. 1
S. 1 Nr. 2 LDSG Berlin, dass datenverarbeitende Stellen (hier also die Universitäten) zum Zwecke
wissenschaftlicher Forschung personenbezogene Daten ohne Einwilligung des Betroffenen für
bestimmte Forschungsvorhaben übermitteln dürfen, wenn das öffentliche Interesse an der Durchfüh-
rung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen erheblich überwiegt und
der Zweck der Forschung nicht auf anderer Weise erreicht werden kann. Unter den gleichen Voraus-
setzungen kann die Universität die Daten auch selbst zu Forschungszwecken nutzen (§ 30 Abs. 6
LDSG Berlin). Nahezu identisch ist die Regelung in Brandenburg (§ 28 BbgDSG). In solchen Fällen
ist auch bundesrechtlich eine Zweckänderung zulässig (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSG).
Hierbei handelt es sich allerdings um Ausnahmebestimmungen von den allgemeinen Regeln des Daten-
schutzes, die deswegen eng auszulegen sind. Sie dienen dazu, eigentliche Forschungsdaten in weiterem
Umfang verfügbar zu machen. Sie gelten dagegen nicht für den Bereich der hochschulinternen
Ver wal tung.121 Die Erfassung und Registrierung von Doktoranden erfüllt indes nur eine Aufgabe des
Immatrikulations- und Prüfungswesens, hat aber keine eigenständige Forschung zum Gegenstand.
Dies grundsätzlich auch dann nicht, wenn die Daten von vornherein zum Zwecke der Evaluation der
Promotion erhoben werden. Denn Formen der Selbstkontrolle gehören ohne Weiteres zur Verwaltung,
auch wenn sie nach „wissenschaftlichen“ Methoden erfolgen. Somit finden die allgemeinen Regelungen
des jeweiligen Landesdatenschutzgesetzes Anwendung. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Hoch-
schulen die Daten etwa zum Zwecke der hochschulpolitischen Meinungsbildung einsetzen wollen.
46
122 Dammann (Fußn. 107), § 14, Rdnr. 24.
123 Hierzu Albers (Fußn. 114), Rdnr. 109 ff.
124 Gola/Schomerus (Fußn. 118), § 3a, Rdnr. 10.
Etwas anderes gilt, sofern die Daten durch die Universität oder durch Dritte zur wissenschaftssoziolo-
gischen, wissenschaftsrechtlichen etc. Forschung über die Situation von Doktoranden genutzt werden.
Hier werden die Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 6 LDSG Berlin bzw. entsprechender
landesrechtlicher Bestimmungen regelmäßig gegeben sein. Zu fordern ist aber allemal, dass das
Forschungsvorhaben von einer anderen Stelle als der zuständigen Universitätsverwaltung durchge-
führt wird. Allerdings werden bei einer auf die Verbesserung des Promotionswesens ausgerichteten
Forschung regelmäßig auch die Voraussetzungen von § 30 Abs. 2 LDSG Berlin erfüllt und die Daten
zu anonymisieren sein, wenn die Untersuchungsziele auch mit anonymisierten oder pseudonymi-
sierten Daten erreicht werden können. Dies ist bei der Datennutzung zu statistischen Zwecken in der
Regel der Fall.122
7.6 Übermittlung der Daten an die staatliche Kultusverwaltung
Will die zuständige Ministerialverwaltung auf Landesebene auf der Grundlage von Daten, die die
Universitäten über ihre Doktoranden erhoben haben, Erhebungen und Evaluationen durchführen,
so stellt sich die Frage, in welchem Umfang dies zulässig ist. Grundsätzlich ist nach § 15 Abs. 1 BDSG
die Datenübermittlung an inländische öffentliche Stellen zulässig, wenn sie einerseits zur Erfüllung
der Aufgaben der übermittelnden Stelle oder des Adressaten erforderlich ist und andererseits auf
beiden Seiten die Voraussetzungen einer Verarbeitung und Nutzung der Daten (§ 14 BDSG) vorliegen.
Eine allgemeine Anonymisierungspflicht ergibt sich aus § 3a BDSG und den jeweiligen Parallelrege-
lungen der Landesdatenschutzgesetze.123 Danach sind personenbezogene Daten zu anonymisieren
oder zu pseudonymisieren, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist und keinen im
Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Bei der Ver-
wendung zur Statistik und Evaluation werden diese Voraussetzungen regelmäßig erfüllt sein, so dass
eine Weitergabe der Daten in personenbezogener Form nicht möglich ist. Die Anonymisierung hat
dabei, weil sie die Bestimmung des Betroffenen ausschließen muss,124 nicht nur den Namen, sondern
etwa auch die gespeicherte Themenstellung zu umfassen.
Auch dort, wo eine ausdrückliche Zuständigkeit der Kultusverwaltung für die Evaluation des Hoch-
schulwesens besteht, wie in Nordrhein-Westfalen oder Thüringen, begnügt sich das Gesetz mit dem
Recht, von den Universitäten anonymisierte Daten für Zwecke des Controllings, der Finanzierung, der
Planung, der Evaluierung und der Statistik anzufordern (§ 10 Abs. 1 S. 3 2. HS ThürHG; § 8 Abs. 1 S. 1
HG NRW) und verweist hinsichtlich personenbezogener Daten auf die allgemeinen datenschutz-
rechtlichen Bestimmungen (§ 8 Abs. 1 S. 2 HG NRW).
7.7 Übermittlung der Daten an die amtliche Statistik
Keine besonderen datenschutzrechtlichen Probleme bestehen schließlich bei der Weitergabe von
Daten über Doktoranden an die amtliche Statistik, d.h. an das Statistische Bundesamt im Rahmen
47
125 Holger Poppenhäger, Datenschutz in der amtlichen Statistik, in: Alexander Roßnagel (Hrsg.), Handbuch Daten-
schutzrecht, 2003, Kap. 8.10, Rdnr. 10.
126 Vgl. allgemein zum Vorrang anonymer Daten in der Statistik Albers (Fußn. 114) , Rdnr. 111.
der Durchführung des HStatG und die statistischen Landesämter, die soweit ersichtlich allesamt
eigene Hochschulstatistiken führen. Für den Bereich der amtlichen Statistik gelten die Regelungen
des allgemeinen Datenschutzrechts zunächst nur subsidiär, die speziellen Vorschriften über die statis-
tische Geheimhaltung gehen den Regelungen des BDSG als leges speciales vor.125
Bei der Anordnung von Statistiken im Hochschulbereich ist zu beachten, dass diese in der Regel einer
formellgesetzlichen Grundlage nicht bedürfen. Eine solche ist nämlich nach den einschlägigen
landesrechtlichen Regelungen nur dann erforderlich, wenn personenbezogene Daten erhoben
werden sollen (vgl. exemplarisch § 4 Abs. 1 S. 1 LStatG Bremen; Art. 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b)
BayStatG). Eben dies ist aber im Bereich einer möglichen Statistik über Doktoranden nicht der Fall.
Wie nämlich generell bei statistischen Erhebungen schon der Einsatz anonymisierter Daten in der
Regel zu sachgerechten Ergebnissen führt,126 tut er es auch speziell im Bereich der Hochschulsta-
tistik. Eine direkte Befragung von Doktoranden wäre zur Gewinnung von belastbaren Daten weder
erforderlich noch überhaupt sinnvoll. Zur Auskunft verpflichtet wären nur die Universitäten selbst.
Alle Daten, nämlich Zahl der Doktoranden, Fachrichtung, Studienverlauf, Status etc. lassen sich,
ohne dass ein Qualitätsverlust ersichtlich wäre und ohne erkennbare technische Schwierigkeiten, vor
der Weitergabe anonymisieren oder pseudonymisieren. Wie dies funktioniert, zeigt nicht zuletzt die
bisher bestehende Regelung der Bundeshochschulstatistik. Hier beschränken sich auch die Erhe-
bungsmerkmale (§ 3 Abs. 1 HStatG) auf solche Angaben, die eine Zuordnung zu bestimmten Personen
unmöglich machen. Die Matrikelnummern werden dagegen nur als Hilfsmerkmale (§ 4 Abs. 1 Nr. 2
HStatG) erhoben. Ihre Nutzung ist nach § 10 Abs. 1 BStatG nur zur technischen Durchführung der
Statistik erlaubt. Nicht nur dürfen sie zu einem anderen Zweck grundsätzlich nicht verwendet werden,
sie müssen auch gelöscht werden, sobald dies technisch möglich ist (§ 12 Abs. 1 S. 1 BStatG).
48
8. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen
1. Mögliche Regelungen der statistischen Erfassung von Doktoranden sind danach zu unter-
scheiden, ob sie auf eine direkte Erfassung und Datenerhebung beim Doktoranden selbst
oder auf eine Erhebung von Daten über Doktoranden bei den sie betreuenden Hochschul-
lehrern abzielen. Regelungsbedürftig ist für eine Erfassung in jedem Fall auch die zeitliche
Erstreckung der Promotionsphase.
2. Die vorhandenen landeshochschulrechtlichen Regelungen über die Datenerfassung von
Doktoranden erlauben eine Evaluierung des Promotionswesens nur sehr eingeschränkt.
Überwiegend steht dieser entgegen, dass Doktoranden nicht Mitglieder der Hochschule sind,
sich deren Selbstverwaltungskompetenzen aber auf jene beschränken. Teilweise sind gesetz-
liche Befugnisse zur Datenverarbeitung auf untergesetzlicher Ebene nicht ausgeschöpft.
3. Notwendig ist auf jeden Fall eine stärkere rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen
Doktorand und Universität. Hier sehen viele Länder inzwischen eine Einschreibung als
Promotionsstudierender als Regelfall vor. Damit konkurriert das stärker verfahrensrechtlich
gedachte Modell einer bindenden Annahme durch die Fakultät zu Beginn der Promotions-
phase.
4. Über die bisherigen Möglichkeiten hinausgehende europarechtliche Anforderungen an die
statistische Erfassung von Doktoranden bestehen nicht.
5. Die verbleibenden Regelungskompetenzen des Bundes im Bereich der Hochschulstatistik
können zur besseren statistischen Erfassung der Promotionsphase keinen bedeutsamen
Beitrag leisten.
6. Regelungen der flächendeckenden Erfassung von Doktoranden durch die Hochschule fallen
in deren Recht auf akademische Selbstverwaltung. Einer formellgesetzlichen Grundlage
bedürfen sie daher in der Regel nicht. Eine einheitliche Regelung durch Landesgesetz wird
dadurch aber nicht ausgeschlossen.
7. Auch die Schaffung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Grundlagen fällt im Wesentli-
chen in die eigene Zuständigkeit der Universitäten, sofern das Landesrecht allgemeine Rechts-
grundlagen für Satzungen zur Datenverarbeitung bereithält. Solche bereichsspezifischen
datenschutzrechtlichen Satzungen der Hochschulen sind notwendig; das allgemeine Daten-
schutzrecht erlaubt die Nutzung von Doktorandendaten zur Evaluation alleine nicht. Beson-
dere Bedeutung kommt dabei einer präzisen Definition des Verwendungszwecks durch den
Satzungsgeber zu.
8. Sofern die Datenerhebung indirekt, also durch den Betreuer erfolgt, bedarf dies einer beson-
deren Regelung, die auch die Unterrichtung des Doktoranden über die Datenerhebung
vorsehen muss.
9. Das Forschungsdatenprivileg der Landesdatenschutzgesetze gilt nur, wenn die Hochschulen
aufgrund der erhobenen Daten originäre Forschung über die Situation von Doktoranden
betreiben. Im Bereich der Promotionsverwaltung gilt es nicht.
49
10. Die Weitergabe der Daten innerhalb der Universität begegnet keinen datenschutzrechtlichen
Bedenken, weil die Universität als Ganze verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutz-
rechts ist. Die Datenübermittlung zwischen ihren Untergliederungen stellt deswegen keine
Weitergabe im Rechtssinne dar, sondern bloße Nutzung der Daten.
11. Die Weitergabe von Daten über Doktoranden an die staatliche Verwaltung und die amtliche
Statistik lässt sich ohne Weiteres datenschutzkonform ausgestalten, weil die Übermittlung
personenbezogener Daten für Zwecke der Evaluation und Statistik weithin nicht nötig sein
wird. Vielmehr lassen sich mit anonymisierten oder pseudonymisierten Daten qualitativ
gleichwertige Ergebnisse erzielen.
Clemens Blümel, Stefan Hornbostel, Sanna Schondelmayer
Teil II
Wirklichkeit und Praxis der
Doktorandenerfassung und Qualitätssicherung
von Promotionen an deutschen Hochschulen
53
127 Die jüngste Studie des Bundesamts für Statistik (Statistisches Bundesamt 2012) beruhte zum ersten Mal auf einer
zweistufigen Erhebung zur Bestimmung der Zahl von Doktoranden. Die dabei ermittelte Zahl von 200 400 Dokto-
randen liegt deutlich über den bisherigen Schätzungen.
1. Promotionsordnungen an deutschen Hochschulen als
Abbilder der Wirklichkeit
Die Reformmaßnahmen, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf den Weg gebracht
wurden, strahlen bis heute aus. Der Blick auf das gegenwärtige Promotionswesen ist geprägt durch
zentrale Elemente dieser Reformen wie die rechtliche Regelung des Prüfungsverfahrens und der
Voraussetzungen für eine Zulassung als Doktorand, die Definition von einheitlichen fachlichen
Qualitätsstandards und die Frage nach Ausmaß und Grenzen der universitären Autonomie bei der
Definition von Verfahren und Voraussetzungen der Promotion, ebenso wie bei der Festlegung der
Bedingungen der Titelführung. Unmittelbar äußert sich dies in der amtlichen Statistik, die im Unter-
schied zur Datenerfassung bei Studierenden den Fokus im Falle der Doktoranden ausschließlich auf
den Abschluss des Promotionsverfahrens legt. Abgeschlossene Vorhaben werden in vollem Umfang
durch das Statistische Bundesamt ausgewiesen.127 Dass dieser enge Blick auf den formalen Abschluss
des Promotionsverfahrens nicht zeitgemäß ist, wird seit vielen Jahrzehnten beklagt. Inhaltliche Anfor-
derungen, einheitliche Qualifikationsstandards, Erwartungen an eine transparente Prozessbegleitung,
Verhinderung von Missbrauch, Zulassungskriterien und erwünschte Kompetenzprofile sind nur
einige der Stichworte, die seit Jahrzehnten die Reformprozesse um die Promotion begleiten.
Im Folgenden werden die Ergebnisse einer Durchsicht aller verfügbaren deutschen Promotionsord-
nungen dargestellt. Eine ähnliche Analyse, die 2008 durchgeführt wurde, hatte vor allen Dingen die in
den Promotionsordnungen niedergelegten Qualifikationsanforderungen im Blick (vgl. Hornbostel
2009). In der aktuellen Auswertung werden die inhaltlichen Anforderungen an die Doktoranden
nicht thematisiert; im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage danach, ob und in welcher Weise in den
Promotionsordnungen Verantwortlichkeiten der Hochschule für den Prozess des Promovierens
verankert sind und inwieweit sich Regelungen finden, die zur Ausfüllung dieser Verantwortlichkeit die
Erhebung von Daten (insbesondere der Erfassung von Doktoranden) regeln. Einheitliche Erfassungs-
regeln wären zugleich die Grundlage zur Behebung der immer wieder beklagten Unkenntnis über die
Zahl der Doktoranden in Deutschland und über basale Parameter des Promotionsprozesses.
1.1 Allgemeines zur Datengrundlage
Untersucht wurden 677 Promotionordnungen von Hochschulen in Deutschland, die über das Promo-
tionsrecht verfügen. 25 Ordnungen konnten aufgrund einer aktuellen Bearbeitung durch die Fakultät
nicht erfasst werden. In einem weiteren Fall war eine Ordnung zum Stichtag 31.01.2012 noch nicht
endgültig durch die Gebietskörperschaft genehmigt worden. Die Promotionsordnungen der Kunst-
akademie Düsseldorf sowie der Kunstakademie Münster wurden aufgrund zu geringer Promovieren-
denzahlen nicht berücksichtigt.
Hinsichtlich der Fächerzuordnung orientierte sich die Studie an der Systematik der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG 2006: 15). Hiermit konnten 95 Prozent der Ordnungen eindeutig
zugeordnet werden. Auf der Grundlage dieser Systematik nehmen die Geistes- und Sozialwissen-
schaften den größten Anteil unter den Promotionsordnungen insgesamt ein. Die Zahl von
54
215 Ordnungen ist auch ein Beleg für die große Fächervielfalt und das Vorhandensein einer Vielzahl
kleiner und kleinster Fächer (Orchideenfächer) innerhalb dieser Fächergruppe. Mit deutlichem
Abstand folgt die Fächergruppe der Naturwissenschaften mit 100 Ordnungen. Hierzu gehören nach
der DFG-Systematik Mathematik, Physik und Geowissenschaften (einschließlich Geografie).
73 Ordnungen entfallen auf die Ingenieurwissenschaften und 64 auf die Wirtschaftswissenschaften.
Angesichts der vergleichsweise geringen Größe des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften fällt die
hohe Zahl von erlassenen Promotionsordnungen auf. Sie erklärt sich zum Teil durch die Entwicklung
im Bereich der privaten Hochschulen; einige von diesen Einrichtungen mit einem Schwerpunkt in
den Wirtschaftswissenschaften (Business Schools) haben in den letzten Jahren ein Promotionsrecht
erhalten und konnten demzufolge eigene Promotionsordnungen beschließen. Die Lebenswissen-
schaften und die Medizin bilden mit 43 Ordnungen die kleinste Gruppe.
Der erhebliche Reformdruck im Bereich des Promotionswesens wird nicht zuletzt an der Intensität
der Überarbeitung von Promotionsordnungen bzw. dem Erlass neuer Ordnungen erkennbar. Mit
66,6 Prozent ist der überwiegende Teil der gültigen Promotionsordnungen zwischen 2005 und 2012
erlassen worden. Zu dieser jüngsten Gruppe hinzuzurechnen sind ferner jene Ordnungen, die sich
derzeit in Bearbeitung befinden und daher nicht Gegenstand der Untersuchung sind. Auch die
zwischen 1995 und 2004 erlassenen Regelungen nehmen mit 24,7 Prozent noch einen beträchtlichen
Anteil ein. Ordnungen mit einem Erlassdatum vor 1995 stellen jedoch nur 8,5 Prozent der analy-
sierten Dokumente dar (vgl. Abbildung 1). Die älteste unverändert noch gültige Promotionsordnung
im zugrunde gelegten Sample stammt aus dem Jahre 1958 und regelt die Promotionsbestimmungen
einer medizinischen Fakultät.
Abbildung 1: Promotionsordnungen nach Zeitraum ihres Erlasses
500
400
300
200
100
vor 1965 1965 -1974 1975-1984 1985-1994 1995 -2004 2005 -2012
Häufigkeit
Quelle: eigene Berechnungen
55
Noch deutlicher wird die Anpassungsdynamik der letzten Jahre, wenn man ausschließlich die geän-
derten Promotionsordnungen betrachtet. Es zeigt sich, dass der größte Teil der Änderungen zwischen
2006 und 2012 vorgenommen wurde. Nahezu die Hälfte aller Änderungen wurde an Ordnungen
vorgenommen, die in diesem Zeitraum erst erlassen worden sind und daher zu diesem Zeitpunkt
noch nicht lange in Kraft waren (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1: Änderungen und Alter der Promotionsordnungen
Datum der letzten Änderung
Gesamt
vor 2000 2000-2005 2006-2012
Zeitraum des Erlasses der
Promotionsordnungen
vor 1965 0 (0%) 0 (0%) 1 (0%) 1 (0%)
1965-1974 1 (0%) 0 (0%) 2 (1%) 3 (1%)
1975-1984 5 (2%) 9 (4%) 7 (3%) 21 (9%)
1985-1994 4 (2%) 8 (4%) 10 (4 %) 22 (10%)
1995-2004 6 (3%) 21 (9%) 38 (17%) 65 (29%)
2005-2012 8 (4%) 10 (4%) 97 (43%) 115 (51%)
Gesamt 24 (11%) 48 (21%) 155 (68%) 227 (100%)
Quelle: eigene Berechnungen
Anmerkung: Die Prozente hinter den absoluten Angaben beziehen sich auf die Gesamtzahl der Änderungen
(und nicht die Anzahl der untersuchten Promotionsordnungen).
1.2 Regelungen zur Erfassung von Promovierenden zu
Promotionsbeginn
Im Folgenden werden zunächst zwei unterschiedliche Regelungsmomente thematisiert, die zu einer
Erfassung der Promovierenden zu Beginn ihrer Promotion führt: die Immatrikulation und die Regis-
trierung. Darüber hinaus beinhalten Promotionsordnungen auch solche Regelungen, die zumindest
implizit eine frühe Erfassung voraussetzen und daher als ‚erfassungsrelevant‘ bezeichnet werden
können. Dabei wird jeweils von der Individualpromotion als dem traditionellen Regelfall in den
Promotionsordnungen ausgegangen und sodann die Situation von Promovierenden in strukturierten
Promotionsprogrammen gesondert thematisiert.
1.2.1 Immatrikulation
1.2.1.1 Immatrikulation im Regelfall
Für Schätzungen der Promovierendenzahlen wird häufig auf die in der amtlichen Statistik geführten
immatrikulierten Doktoranden verwiesen (vgl. Hauss et al. 2012). Nach den jüngsten Schätzungen
des Statistischen Bundesamts macht diese Zahl immatrikulierter Doktoranden etwa die Hälfte aller
tatsächlich Promovierenden aus (vgl. zur methodischen Einschätzung genauer Hauss et al. 2012:
Kap. 3.3). Regelungen zur Immatrikulation wurden in der vorliegenden Untersuchung in 197 Fällen
und damit in 29 Prozent aller Promotionsordnungen gefunden. Die häufigste Form ist eine verpflich-
tende Immatrikulation. Sie ist in 126 Promotionsordnungen zu finden (vgl. Tabelle 2).
56
128 Als ein Beispiel für nicht explizite gruppenspezifische Regelungen zur Immatrikulation bzw. Registrierung kann
auf § 5 Abs. 1 der Promotionsordnung der Freien Universität Berlin verwiesen werden: „Doktorandinnen oder Dokto-
randen, die nicht bereits aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder der Immatrikulation in einem Studiengang Mitglieder
der Freien Universität Berlin sind, müssen sich an der Freien Universität Berlin als Studierende zur Promotion registrieren oder
immatrikulieren lassen.“ Hier wird nicht deutlich, ob die Registrierung an der Fakultät oder an zentraler Stelle der
Universität vorgenommen wird. Dies kann nur durch eine empirische Untersuchung der Registrierungspraktiken
der Fakultäten erfasst werden, wie sie im Kapitel 2 vorgenommen wird. Ebenso wird lediglich erwähnt, dass es
gruppenspezifische Regelungen zur Immatrikulation bzw. Registrierung gibt, nicht aber, worin sie bestehen. Diese
werden durch die Landeshochschulgesetze häufig eindeutig spezifiziert.
Tabelle 2: Regelungen zur Immatrikulation allgemein
Häufigkeit Prozent
keine Angabe 480 70,9
Verpflichtung zur Immatrikulation 126 18,6
Möglichkeit zur Immatrikulation 49 7,2
nicht explizite Regelung 22 3,2
Gesamt 677 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
In 49 Ordnungen bzw. 7 Prozent der Fälle ist die Immatrikulation nicht verpflichtend, sondern ledig-
lich optional möglich. Doktoranden haben an diesen Fakultäten die Möglichkeit, sich im Rahmen
ihrer Promotion zu immatrikulieren. Hinsichtlich der Fachzuordnung überrascht es, dass die geistes-
und sozialwissenschaftlichen Promotionsordnungen mit 48 Fällen bzw. 22,2 Prozent den höchsten
Anteil an verpflichtenden Regelungen zur Immatrikulation aufweisen. Der durchschnittliche Anteil
der verpflichtenden Regelungen beträgt demgegenüber lediglich 18 Prozent. Die niedrigste Quote
weisen die ingenieurwissenschaftlichen Promotionsordnungen mit 11 Prozent auf (vgl. Tabelle 3).
Tabelle 3: Immatrikulationsvorschriften nach Fächern
Immatrikula-
tionsvorschrift
Fachzuordnung Gesamt
GeiSoz WiWi ReWi LeWi HuMed Math-
Nat
Ing LwNat unklar Rahmen-
promo-
tions-
ordnung
keine Angabe 146
(68%)
47
(72%)
33
(73%)
35
(80%)
34
(76%)
67
(68%)
63
(85%)
9
(90%)
17
(68%)
29
(54%)
480
(71%)
Pflicht 48
(22%)
11
(17%)
5
(11%)
5
(11%)
8
(18%)
20
(20%)
8
(11%)
0
(0%)
7
(28%)
14
(26%)
126
(19%)
Möglichkeit 13
(6%)
4
(6%)
3
(7%)
3
(7%)
2
(4%)
8
(8%)
3
(4%)
1
(10%)
1 (4%) 11
(20%)
49
(7%)
nicht explizite
Regelung 128 9
(4%)
3
(5%)
4
(9%)
1
(2%)
1
(2%)
4
(4%)
0
(0%)
0
(0%)
0
(0%)
0
(0%)
22
(3%)
Gesamt 216 65 45 44 45 99 74 10 25 54 677
Quelle: eigene Berechnungen
Anmerkung: Die gerundeten Prozentzahlen hinter den absoluten Angaben beziehen sich jeweils auf die Anteile
innerhalb der Fächer (Spaltenwerte). Die hier verwendeten Abkürzungen finden sich im Abkürzungsver-
zeichnis erklärt.
57
1.2.1.2 Immatrikulation für Promovierende in Graduierteneinrichtungen
Eine nicht zu vernachlässigende Gruppe im Zusammenhang mit der Erfassung stellen diejenigen
Promovierenden dar, die im Kontext einer Graduierteneinrichtung oder ähnlichen strukturierten
Promotionsprogrammen promovieren (im Folgenden kurz: Graduierteneinrichtungen). Im Rahmen
dieser Studie werden deren gruppenspezifische Besonderheiten daher berücksichtigt.
In 92 Ordnungen werden solche spezifische Regelungen zur Immatrikulation für Mitglieder in
Graduierteneinrichtungen identifiziert. In diesen Fällen wird in der Regel die Immatrikulation
verpflichtend vorgeschrieben. Auffällig ist, dass sich eine optionale Regelung für die Immatrikulation
in Graduierteneinrichtungen nicht finden lässt. Dies steht in deutlichem Gegensatz zur beschrie-
benen Regelungspraxis im Regelfall (vgl. Tabelle 4).
Tabelle 4: Immatrikulationsregelungen an Graduierteneinrichtungen
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
Verpflichtung zur
Immatrikulation
82 89,1 89,1 89.1
Möglichkeit zur
Immatrikulation
0 0 0 89,1
nicht explizite
Regelung
10 10,9 10,9 100,0
Gesamt 92 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Detaillierte Informationen liefert eine Betrachtung nach Fachzuordnung. Dabei zeigt sich, dass die
meisten Regelungen zur Immatrikulation für Graduierteneinrichtungen in geistes- und sozialwissen-
schaftlichen Fächern erlassen werden. Eine hohe Anzahl an verpflichtenden Regelungen zur Immat-
rikulation für Mitglieder in Graduierteneinrichtungen findet sich auch in den Lebenswissenschaften
sowie in den Mathematik- und Naturwissenschaften (vgl. Tabelle 5a).
58
Tabelle 5a: Immatrikulationsregelungen an Graduierteneinrichtungen nach Fachzuordnung
Immatrikula-
tion an
Graduierten-
einrichtungen
Fachzuordnung Gesamt
GeiSoz WiWi ReWi LeWi HuMed Math-
Nat
Ing LwNat unklar Rahmen-
promo-
tions-
ordnung
Pflicht
26
(81%)
9
(82%)
3
(100%)
15
(100%)
2
(67%)
13
(100%)
4
(100%)
3
(100%)
1
(100%)
5
(71,4%)
81
(88%)
Verbot
0 0 0 0 0 0 0 0 0 1
(14,3%)
1
(1%)
Möglichkeit
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
nicht explizite
Regelung
6
(19%)
2
(18%)
0 0 1
(33%)
0 0 0 0 1
(14%)
10
(11%)
Gesamt 32 11 3 15 3 13 4 3 1 7 92
Quelle: eigene Berechnungen
Anmerkungen: Die gerundeten Prozentzahlen hinter den absoluten Angaben beziehen sich jeweils auf die
Anteile innerhalb der Fächer (Spaltenwerte).
1.2.1.3 Immatrikulation für Beschäftigte
Eine weitere relevante Gruppe bei der Erfassung von Promovierenden stellen Beschäftigte der Univer-
sitäten dar. Daher wurde auf der Grundlage der Promotionsordnungen auch für diese Gruppe unter-
sucht, inwiefern spezifische Immatrikulationsregelungen erlassen worden sind.
Tabelle 5b: Immatrikulationsregelungen für Beschäftigte
Immatrikulation für Beschäftigte Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
keine Angabe 638 94,2 94,2
Ausschluss von der Immatrikulation 39 5,8 5,8
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
In der deutlichen Mehrzahl der Ordnungen finden sich keine spezifischen Regelungen für Beschäf-
tigte (vgl. Tabelle 5b). Es zeigt sich, dass für die Gruppe der Beschäftigten aus der Sicht der Fakultäten
offensichtlich wenig Regelungsbedarf besteht. Bei den identifizierten Regelungen handelt es sich um
Ausschlussregelungen: Beschäftigte werden dabei von der Verpflichtung zur Immatrikulation explizit
ausgenommen. Ein Beleg hierfür findet sich beispielsweise in § 5 der Promotionsordnung des Fach-
bereichs Biologie, Chemie und Pharmazie der Freien Universität Berlin:
„Doktorandinnen oder Doktoranden, die nicht bereits aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder der
Immatrikulation in einem Studiengang Mitglieder der Freien Universität Berlin sind, müssen sich an der
Freien Universität Berlin als Studierende zur Promotion registrieren oder immatrikulieren lassen.“
59
129 Diese Zahl setzt sich zusammen aus der Gesamtzahl der Ordnungen (N=677) abzüglich derjenigen Ordnungen,
die keine Angaben zum Zeitpunkt der Immatrikulation machen (N=535).
Deutlich weniger eindeutig ist eine Formulierung in § 5 der Promotionsordnung des Fachbereichs 5
der Goethe Universität Frankfurt am Main: „Jeder Doktorand sollte an der Johann Wolfgang Goethe-
Universität immatrikuliert oder aus einem anderen Grund Mitglied der Universität sein.“ Dass die Forde-
rung, Doktoranden sollten „aus einem anderen Grund (als der Immatrikulation) Mitglied der Univer-
sität sein“ auf Beschäftigte abzielt, ergibt sich in diesem Fall nur aus dem rechtssystematischen
Kontext. Verweise auf den rechtlichen Kontext bei den identifizierten Regelungen sind vergleichs-
weise selten. Ein Beispiel findet sich in der gemeinsamen Promotionsordnung aller Fakultäten der
Technischen Universität Berlin:
„Mit der Anmeldung der Promotionsabsicht wird die Antragstellerin oder der Antragsteller Doktorandin oder
Doktorand. Soweit nicht bereits ein Beschäftigungsverhältnis mit der Technischen Universität Berlin besteht,
hat sich die Doktorandin oder der Doktorand gemäß § 25 Abs. 4 BerlHG an der Technischen Universität
Berlin zu immatrikulieren.“
1.2.1.4 Zeitpunkte der Immatrikulation
Nicht in allen Fällen, in denen eine Immatrikulationsmöglichkeit oder -verpflichtung festgehalten ist,
werden auch Regelungen zum Zeitpunkt der Immatrikulation getroffen. Wie Tabelle 2 zeigte, sind in
197 Fällen verpflichtende (126) bzw. optionale (49) oder uneindeutige (22) Regelungen zur Immatri-
kulation erlassen worden. Demgegenüber stehen jedoch nur 142 Fälle, in denen ein konkreter Zeit-
punkt der Immatrikulation benannt wurde (vgl. Tabelle 6).129 Unter diesen Promotionsordnungen
mit Festlegung eines Immatrikulationszeitpunkts ist in der Mehrzahl der Fälle die Einschreibung zu
Beginn des Promotionsstudiums (40) bzw. der Bearbeitungsphase (77) vorgesehen. In fünf Fällen
kann die Immatrikulation auch erst im Rahmen des eigentlichen Prüfungsverfahrens vorgenommen
werden (vgl. Tabelle 6).
Tabelle 6: Zeitpunkt der Immatrikulation im Regelfall
Immatrikulationszeitpunkt Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
keine Angabe 535 79,0 79,0 79,0
zu Beginn des Promotionsstudiums 40 5,9 5,9 84,9
zu Beginn der Bearbeitungsphase 77 11,4 11,4 96,3
während der Bearbeitungsphase 20 3,0 3,0 99,3
zur Anmeldung zum Prüfungsverfahren 5 0,7 0,7 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
60
Deutlich strenger wird der Zeitpunkt der Immatrikulation an Graduierteneinrichtungen gehandhabt.
In 68 von 82 Fällen, in denen überhaupt ein Immatrikulationszeitpunkt festgelegt wird, muss die
Immatrikulation zu Beginn des Promotionsstudiums erfolgen. Alle anderen Regelungen sind
Ausnahmen (vgl. Tabelle 7). Dies deutet auf einen besonderen Stellenwert der Immatrikulation für
Graduierteneinrichtungen und strukturierte Promotionsprogramme hin.
Tabelle 7: Zeitpunkt der Immatrikulation an Graduierteneinrichtungen
Immatrikulationszeitpunkt Häufigkeit Prozent
keine Angabe 10 10,9
zu Beginn des Promotionsstudiums 68 73,9
zu Beginn der Bearbeitungsphase 8 8,7
während der Bearbeitungsphase 5 5,4
zur Anmeldung zum Prüfungsverfahren 1 1,1
Gesamt 92 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Die scheinbar klare Angabe „zu Beginn des Promotionsstudiums“ sollte insgesamt nicht darüber
hinwegtäuschen, dass sie nicht identisch mit der Aufnahme der Arbeit an der Promotion ist. Wie viel
Zeit unter Umständen bereits vor dem Eintrittsdatum in die Graduierteneinrichtung in die Promo-
tion investiert wurde, bleibt unbekannt.
1.2.2 Registrierung
1.2.2.1 Registrierung im Regelfall
Die Registrierung von Doktoranden findet im Unterschied zur Immatrikulation nicht unter klaren
rechtlichen Rahmenbedingungen statt. Mit ihr werden keine korporationsrechtlichen Ansprüche
oder Verpflichtungen eingegangen. Das entbindet die Registrierung einerseits von möglichen Prob-
lemen, wie sie in den Fallstudien von Kapitel 2 geschildert werden (Studiendauer, Gebühren,
Ansprüche auf Arbeitslosengeld etc.), bedeutet aber andererseits erhebliche, wenn auch nicht unüber-
windliche Hürden für die Allgemeinverbindlichkeit derartiger Regelungen, wie sie bereits im Teil I
dieser Studie verhandelt wurden. Auf Freiwilligkeit basierende Registrierungsverfahren sind rechtlich
weniger problematisch im Hinblick auf Teilnahmeerzwingung, als vielmehr relevant für die Norm-
kompatibilität in Bezug auf Erhebung, Speicherung und Verwendung der Daten; die Teilnahme ist in
diesen Fällen nicht rechtlich, sondern sozial geregelt und hängt von der Verbindlichkeit einer lokalen
Promotionskultur ab. Aus der Sicht der amtlichen Statistik ist allerdings eine bundesweite Erfassung
von Doktoranden mittels Registrierung nicht möglich, da nur in Kombination mit einer Immatriku-
lation eine statistische Erfassung erfolgt.
61
Tabelle 8: Registrierung vor Anmeldung zum Prüfungsverfahren
Registrierung vor Anmeldung zum Prüfungsverfahren Häufigkeit Prozent
keine Angabe 574 84,8
Möglichkeit zur Registrierung 34 5,0
Verpflichtung zur Registrierung 69 10,2
Verbot zur Registrierung 0 0
Gesamt 677 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
In dieser Untersuchung wurden alle Formen der Registrierung vor Beginn des Prüfungsverfahrens
aufgenommen, die in Promotionsordnungen geregelt werden (vgl. Tabelle 8). Registrierungen vor
Beginn des Prüfungsverfahrens sind derzeit noch vergleichsweise selten in den Promotionsordnungen
geregelt. Das schließt allerdings nicht aus, dass Registrierungsmodelle auf völlig freiwilliger Basis auch
ohne Erwähnung in der Promotionsordnung existieren. Nur 103 bzw. 15 Prozent aller 677 Promoti-
onsordnungen sehen eine Möglichkeit oder Verpflichtung zur Registrierung vor; 69 dieser Ordnungen
schreiben eine Registrierung verpflichtend vor (z. B. durch die Eintragung in ein Doktorandenre-
gister), 34 Ordnungen bieten eine optionale Regelung. Damit ist die Anzahl der Registrierungsregeln
zu Beginn der Promotion nur etwa halb so groß wie die Anzahl der in Tabelle 2 dargestellten Immatri-
kulationsvorschriften.
Wie häufig Immatrikulation und Registrierung kombiniert auftreten, lässt sich der folgenden Kreuz-
tabelle entnehmen. In den 117 Fällen mit verpflichtend vorgeschriebener Immatrikulation wurde eine
optionale oder verpflichtende Regelung zur Registrierung nur in neun Ordnungen gezählt. Auf der
anderen Seite finden sich in 56 von 69 Fällen mit verpflichtend vorgeschriebener Registrierung keine
Angaben zur Immatrikulation. Die Überschneidungen zwischen beiden Erfassungsformen sind
damit relativ gering.
Tabelle 9: Immatrikulation und Registrierung im Regelfall
Immatrikulation
Norm
Registrierung Norm Gesamt
keine Angabe Möglichkeit zur
Registrierung
Verpflichtung zur
Registrierung
Verbot zur
Registrierung
keine Angabe 396 26 56 2 480
Verpflichtung zur
Immatrikulation
117 3 6 0 126
Möglichkeit zur
Immatrikulation
42 2 5 0 49
nicht explizite
Regelung
17 3 2 0 22
Gesamt 572 34 69 2 677
Quelle: eigene Berechnungen
62
1.2.2.2 Registrierung für Promovierende in Graduierteneinrichtungen
Analog zur Immatrikulation werden auch bei der Analyse der Registrierungsvorschriften die Gradu-
ierteneinrichtungen gesondert betrachtet. Wie zu erwarten, ist der Verpflichtungsgrad dieser Registrie-
rungsregeln relativ gering. In 50 Fällen wird lediglich auf die Existenz von Registrierungssystemen
verwiesen. In nur zwölf Ordnungen wird eine Registrierung für Mitglieder von Graduierteneinrich-
tungen bzw. strukturierten Promotionsprogrammen verpflichtend vorgeschrieben. Optional ange-
boten wird die Registrierung demgegenüber in 20 Ordnungen.
Eine Kreuztabelle der Regelungen zu Immatrikulation und Registrierung für Graduierteneinrich-
tungen zeigt, dass in genau diesen 20 Fällen die Immatrikulation für Teilnehmer auch verpflichtend
ist. Im Gegensatz dazu finden sich unter den wenigen Ordnungen mit verpflichtenden Regelungen
zur Registrierung nur drei mit vorgeschriebener Immatrikulation, während in 48 Ordnungen, die eine
Immatrikulation für Mitglieder der Graduierteneinrichtung vorschreiben, überhaupt keine Angaben
zur Registrierung zu finden sind (vgl. Tabelle 10). Diese Asymmetrie ist ein Indiz dafür, dass in den
Promotionsordnungen verbindlich geregelte Registrierungsverfahren (noch) nicht als das zentrale
Instrument zur Erfassung von Promovierenden in Graduierteneinrichtungen angesehen werden
können.
Tabelle 10: Immatrikulation und Registrierung für Promovierende an Graduierteneinrichtungen
Immatrikulation Registrierung an Graduierteneinrichtungen Gesamt
keine Angabe Möglichkeit zur
Registrierung
Verpflichtung zur
Registrierung
keine explizite
Aussage
keine Angabe 0 0 9 36 45
Verpflichtung zur
Immatrikulation
48 20 3 10 81
Verbot zur
Immatrikulation
1 0 0 0 1
nicht explizite
Regelung
6 0 0 4 10
Gesamt 55 20 12 50 137
Quelle: eigene Berechnungen
1.2.2.3 Zeitpunkte der Registrierung
Die Registrierung vor der Anmeldung zum Prüfungsverfahren kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten
erfolgen. Insgesamt wurden 96 Regelungen erfasst, die einen Registrierungszeitpunkt benennen. Dies
entspricht nahezu der Gesamtzahl der identifizierten Regelungen zur Registrierungsverpflichtung
bzw. Registrierungsoption. Angaben zur Registrierung gehen damit häufiger mit der Festlegung eines
Zeitpunkts einher als bei der Immatrikulation (vgl. Tabelle 11).
63
Tabelle 11: Zeitpunkt der Registrierung im Regelfall
Zeitpunkt der Registrierung Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente
keine Angabe 581 85,8 85,8 85,8
zu Beginn des Promotionsstudiums 22 3,2 3,2 89,1
zu Beginn der Bearbeitungsphase 54 8,0 8,0 97,0
während der Bearbeitungsphase 9 1,3 1,3 98,4
zur Anmeldung zum Prüfungsverfahren 11 1,6 1,6 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Ähnlich stellt sich die Situation hinsichtlich der Promovierenden in Graduierteneinrichtungen dar.
Im vorliegenden Datensatz wurden insgesamt 65 Angaben zum Zeitpunkt der Registrierung an
Graduierteneinrichtungen gezählt. Dabei sollen sich Teilnehmer an Graduiertenprogrammen
vorrangig zu Beginn des Promotionsstudiums oder zu Beginn der Bearbeitungsphase registrieren
lassen (vgl. Tabelle 12).
Tabelle 12: Zeitpunkt der Registrierung für Promovierende in Graduierteneinrichtungen
Zeitpunkt der Registrierung Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente
keine Angabe 612 90,4 90,4 90,4
zu Beginn des Promotionsstudiums 29 4,3 4,3 94,7
zu Beginn der Bearbeitungsphase 24 3,5 3,5 98,2
während der Bearbeitungsphase 2 0,3 0,3 98,5
zur Anmeldung zum Prüfungsverfahren 10 1,5 1,5 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
1.2.3 Weitere erfassungsrelevante Regelungen in Promotionsordnungen
Neben den dargestellten expliziten Regelungen zur Immatrikulation und Registrierung von Dokto-
randen finden sich weitere Regelungen, die für die Thematik der Doktorandenerfassung relevant sein
können. Hier ist insbesondere auf zwei Regelungsbereiche hinzuweisen, die eine Erfassung der Dokto-
randen zumindest implizit voraussetzen können, auch wenn eine Immatrikulation oder Registrie-
rung in der jeweiligen Promotionsordnung nicht expliziert wird: die Festsetzung einer Bearbeitungs-
zeit für die Dissertation und die Teilnahme an Kursphasen. Beide Bereiche wurden bei der Kodierung
der Promotionsordnungen berücksichtigt, um ein möglichst vollständiges Bild über die faktisch statt-
findende Erfassung von Doktoranden zu erhalten.
Angaben zur Bearbeitungszeit konnten in 240 Fällen identifiziert werden (vgl. Tabelle 13). Diese Zahl
ist höher als die Gesamtzahl der Promotionsordnung mit Immatrikulations- (vgl. Tabelle 2) oder
Registrierungsverpflichtung (vgl. Tabelle 8). Hier kann insbesondere dann von einem impliziten
Registrierungsverfahren ausgegangen werden, wenn es darüber hinaus Verfahren zur Kontrolle der
Einhaltung dieser Soll-Vorgaben gibt.
64
Tabelle 13: Angaben zur Bearbeitungszeit in Promotionsordnungen
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
Angaben zur Bearbeitungszeit 240 35,4 35,4 35,4
keine Angaben 437 64,6 64,6 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Bei der Festlegung von Bearbeitungszeiten wird in der Regel die Zahl von 36 Monaten genannt.
Beachtlich ist in diesem Zusammenhang aber auch die Zahl an 80 Promotionsordnungen, die eine
Bearbeitungszeit für die Dissertation von 60 und mehr Monaten zulassen. Diese Bearbeitungszeit
ergibt sich beispielsweise durch den Prozess der Annahme eines Doktoranden zur Promotion an der
jeweiligen Fakultät, der durch eine Doktorandenliste dokumentiert wird (fakultätsinternes Verfahren
der Registrierung). Hier kann exemplarisch auf § 5 der Promotionsordnung der Fakultät für Maschi-
nenwesen der Technischen Universität Dresden verwiesen werden:
„Die Fakultät führt eine Doktorandenliste. Ein Antrag auf Annahme als Doktorand ist eine Äußerung der
Absicht des Bewerbers, innerhalb der nächsten sechs Jahre an der Fakultät Maschinenwesen eine Dissertation
einreichen zu wollen. Ein solcher Antrag ist nicht gleichbedeutend mit der späteren Einreichung des konkreten
Antrages auf Eröffnung eines Promotionsverfahrens. Die Antragstellung auf Annahme als Doktorand ist
zwingend.“
Eine zweite Gruppe von Regelungen, für die die Erfassung eine implizite Voraussetzung sein kann,
bilden Vorschriften zur Absolvierung einer Kursphase im Rahmen der Promotion. 254 Promotions-
ordnungen haben für Doktoranden derartige Regelungen erlassen. 111 davon beziehen sich jedoch
lediglich auf Absolventen, die nicht die Regelzulassungsvoraussetzungen erfüllen (z. B. Absolventen
von Fachhochschulen oder Absolventen mit einem Abschluss auf dem Bachelor-Niveau) und
beziehen sich daher auf Sonderfälle. 77 Promotionsordnungen sehen die Kursphase im Rahmen
einer Graduierteneinrichtung vor (vgl. Tabelle 14).
Tabelle 14: Kursphase als geregelte Bestandteile der Promotionsordnungen
Häufigkeit Prozent
keine Angabe 416 61,4
Ja 66 9,7
Ja, im Rahmen einer Graduierteneinrichtung 77 11,4
Ja, aber nur für Sonderfälle (FH-Absolventen oder BA-Absolventen) 111 16,4
Nein 7 1,0
Gesamt 677 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
65
1.3 Registrierung im Rahmen des Prüfungsverfahrens
Die Registrierung im Rahmen des Prüfungsverfahrens ist der Regelfall der Erfassung von Doktoran-
den in Deutschland. Alle analysierten 677 deutschen Promotionsordnungen beinhalten Regelungen
für die Prüfungszulassung. Der Verfahrensführer für die Zulassung ist in der Regel die Fakultät; abwei-
chende Formen finden sich beispielsweise an einigen Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft oder
an Kunst- und Musikhochschulen, an denen die Promotion zentral angemeldet wird (vgl. Tabelle 15).
Tabelle 15: Stelle der Registrierung im Rahmen des Prüfungsverfahrens
Häufigkeit Prozent
keine Angabe 40 5,9
universitätsweit 36 5,3
Fakultät 586 86,6
Graduierteneinrichtung 15 2,2
Gesamt 677 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
1.4 Regelungen im Zusammenhang mit Betreuung der Promotion
Die Regelungen zur Betreuung der Promotion stehen in enger Beziehung zur Thematik der Doktoran-
denerfassung. So setzt eine institutionelle Regelung des Betreuungsverhältnisses in der Regel eine
mehr oder minder formale Erfassung des jeweiligen Doktoranden voraus.
1.4.1 Regelungen im Kontext der Promotionsannahme
Regelungen zur Annahme eines Doktoranden für eine Promotion (z. B. durch die Abgabe und
Prüfung eines Exposés und weiterer Unterlagen) können auf eine Erfassungspraxis hinweisen, auch
wenn die jeweils relevante Promotionsordnung keine Vorgaben zur Registrierung oder Immatrikula-
tion macht. In 482 Fällen finden sich solche Regelungen zur Annahme eines Doktoranden. Dies
übersteigt die Anzahl der beschriebenen Registrierungs- und Immatrikulationsvorschriften insge-
samt. Dabei können mindestens drei Regelungsvarianten in Verbindung mit der Anmeldung unter-
schieden werden: die Annahme als notwendige Voraussetzung für die Zulassung zum Prüfungsver-
fahren, die Möglichkeit der Annahme vor der Zulassung zum Prüfungsverfahren sowie die Annahme
im Zuge der Zulassung zum Prüfungsverfahren.
Lediglich in der Hälfte der Ordnungen, die überhaupt Vorschriften zum Prozess der Annahme eines
Doktoranden für die Promotion enthalten, ist diese Annahme eine notwendige Voraussetzung für
dessen spätere Zulassung zum Promotionsverfahren. Folglich ist der Annahmeprozess nicht geeignet,
um Doktoranden allgemein mit Beginn ihrer Promotion zu erfassen. In 143 Ordnungen ist explizit
die Möglichkeit vorgesehen ist, den Nachweis der Annahme als Doktorand bis kurz vor Beginn des
Prüfungsverfahrens nachzureichen; in 56 Fällen wird sogar keine formelle Annahme für die Zulassung
zum Prüfungsverfahren vorausgesetzt (vgl. Tabelle 16).
66
130 Diese Zahl ergibt sich aus der Gesamtzahl der Fälle, in denen eine Regelung zur Annahme als Doktorand erfolgt ist
und gleichzeitig keine Regelung zur Registrierug erlassen wurde. Das entspricht der Summe der Werte in Tabelle 18
(N=572) abzüglich derjenigen, ohne Angaben zum Annahmeprozess (N=138).
Tabelle 16: Regelungen der Annahme eines Doktoranden zur Promotion
Annahme eines Doktoranden zur Promotion Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
keine Angabe 144 21,3 21,3 21,3
Annahme als notwendige Voraussetzung für
die Zulassung zum Prüfungsverfahren
283 41,8 41,8 63,1
Annahme vor der Zulassung zum Prüfungs-
verfahren möglich
143 21,1 21,1 84,2
keine formelle Annahme vor der Zulassung
zum Prüfungsverfahren
56 8,3 8,3 92,5
keine explizite Aussage 51 7,5 7,5 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Um genauer beurteilen zu können, ob es möglich ist, aus der Kombination von Annahmeprozess
und Registrierung Daten zum Promotionsprozess insgesamt zu generieren, werden beide Merkmale
kreuztabuliert. Dabei wird deutlich, dass der Nachweis der Annahme als Doktorand lediglich in
80 Promotionsordnungen mit der Verpflichtung zur Immatrikulation einhergeht. Dies entspricht
63,5 Prozent aller Fälle mit verpflichtender Immatrikulation. In der Mehrzahl der Ordnungen
(N=345), in denen die Annahme als Doktorand geregelt ist, finden sich keinerlei Vorschriften zur
Immatrikulation (vgl. Tabelle 17).
Tabelle 17: Immatrikulation und Annahme eines Doktoranden zur Promotion im Regelfall
Immatrikulation Annahme eines Doktoranden zur Promotion im Regelfall Gesamt
keine Angabe notwendige
Bedingung
Annahme vor
der Zulassung
zum Prüfungs-
verfahren
möglich
keine
formelle
Annahme
keine
explizite
Aussage
keine Angabe 135 174 96 42 33 480
Verpflichtung 5 80 19 11 11 126
Möglichkeit 2 17 25 2 3 49
nicht explizite
Regelung
2 12 3 1 4 22
Gesamt 144 283 143 56 51 677
Quelle: eigene Berechnungen
Auch hinsichtlich der Registrierung kann ein Zusammenhang mit der Annahme als Doktorand zur
Promotion hergestellt werden (vgl. Tabelle 18). In 434 Promotionsordnungen mit Regelungen zum
Annahmeprozess finden sich keine Angaben zur Registrierung.130 Dies hängt jedoch in erster Linie
67
mit der geringen Anzahl der Regelungen zur Registrierung insgesamt zusammen. Eine genauere
Analyse zeigt, dass verpflichtende Registrierungsvorschriften, die mit der notwendigen Bedingung zur
Annahme als Doktorand zusammenfallen, in immerhin 51 Promotionsordnungen zu finden sind.
Berücksichtigt man die geringe Anzahl der Fälle mit verpflichtender Registrierungsvorschrift (N=69),
ist dieser Wert beachtlich. Die verpflichtende Registrierung geht damit häufiger mit der Bedingung zur
notwendigen Annahme als Doktorand einher als mit einer verpflichtenden Immatrikulation (vgl.
Tabelle 2).
Tabelle 18: Registrierung und Annahme eines Doktoranden zur Promotion
Registrierung Annahme eines Doktoranden zur Promotion im Regelfall Gesamt
keine
Angabe
notwendige
Bedingung
Annahme vor
der Zulassung
zum Prüfungs-
verfahren
möglich
keine formelle
Annahme
keine explizite
Aussage
keine Angabe 138 219 122 43 50 572
Möglichkeit zur
Registrierung
0 13 18 3 0 34
Verpflichtung
zur Registrierung
6 51 2 9 1 69
Verbot zur
Registrierung
0 0 1 1 0 2
Gesamt 144 283 143 56 51 677
Quelle: eigene Berechnungen
1.4.2 Regelungen im Kontext der Promotionsbetreuung
Wie bereits dargelegt, liegt der Fokus der Promotionsordnungen traditionell auf Regelungen zum
Prüfungsverfahren. Inzwischen finden sich allerdings vermehrt auch Erwähnungen, Regelungen und
Soll-Bestimmungen, die den Promotionsprozess selbst betreffen. Das gilt zuallererst für die Betreuung
des Doktoranden im Verlauf der Promotion. Dass es sich dabei keinesfalls um eine selbstverständ-
liche Entwicklung handelt, wurde bereits mit Blick auf die in Teil I dargelegte juristische Auffassung
deutlich, wonach kein Junktim zwischen Betreuung und Zulassung zur Promotion hergestellt werden
darf und außerdem die im Rahmen einer Betreuungsverpflichtung anfallenden Daten nicht ohne
Weiteres für Zwecke einer statistischen Erfassung genutzt werden können. In immerhin 383 Promoti-
onsordnungen (56,6 Prozent) finden sich Regelungen zur Betreuungsverpflichtung mit Beginn der
Promotion. In weiteren 48 Fällen soll die Betreuung spätestens mit dem Beginn der Bearbeitung der
Dissertation aufgenommen werden. 98 Promotionsordnungen sehen die Betreuung als Möglichkeit
vor (vgl. Tabelle 19). Eine Regelung der Betreuung ab Beginn der Promotion kann vor diesem Hinter-
grund als Normalfall angesehen werden. Wie verbindlich diese Regelungen allerdings sind und wie
die jeweiligen Betreuungsverpflichtungen durch die Hochschulen kontrolliert werden können und
sollen, bleibt jedoch zumeist unklar.
68
Tabelle 19: Regelungen zur Betreuung ab Promotionsbeginn
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
Gültig keine Angabe 117 17,3 17,3 17,3
Verpflichtung zur Betreuung ab
Beginn der Promotion
383 56,6 56,7 74,0
Verpflichtung zur Betreuung
während der Bearbeitung
48 7,1 7,1 81,1
Möglichkeit zur Betreuung 98 14,5 14,5 95,6
andere Regelung / keine
explizite Aussage
30 4,4 4,4 100,0
Gesamt 676 99,9 100,0
Fehlend System 1 0,1
Gesamt 677 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
Eine Reihe von Promotionsordnungen bietet auch ausdrücklich die Möglichkeit einer Promotion
ohne Betreuung. Die Dissertationsschrift wird dabei mit der Anmeldung zum Prüfungsverfahren
eingereicht, ohne dass vorher ein formaler Anmeldeprozess stattgefunden hat. Damit ist der Dokto-
rand bis zum Beginn des Promotionsverfahrens nicht sichtbar. Diese Möglichkeit der Promotion
wurde in 114 Promotionsordnungen identifiziert. Davon erlauben 39 Promotionsordnungen diese
nur unter bestimmten Voraussetzungen. In 53 Ordnungen wird die Möglichkeit der betreuungslosen
Promotion dadurch relativiert, dass ein fachlicher Kontakt mit betreuenden Hochschullehrern
explizit verlangt wird. Dies ist überwiegend in den Ingenieurwissenschaften und in den Geistes- und
Sozialwissenschaften der Fall. Gelegentlich wird dieser fachliche Kontakt auch als Betreuungserfor-
dernis und somit als indirekter Ausschluss einer Promotion ohne Betreuung interpretiert.
Tabelle 20: Regelung zur Promotion ohne Betreuung
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
keine Angabe 510 75,3 75,3 75,3
Möglichkeit 75 11,1 11,1 86,4
Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen 39 5,8 5,8 92,2
nur möglich, wenn fachlicher Kontakt gewährleistet ist 53 7,8 7,8 100,0
Gesamt 677 100,0 100,0
Quelle: eigene Berechnungen
1.5 Fazit
Die Dynamik im Bereich der rechtlichen Regelungen des Promotionswesens lässt sich deutlich an der
starken Häufung der Änderungen bzw. der Neuerlässe von Promotionsordnungen in den letzten
Jahren ablesen. Die überwiegende Mehrheit der aktuellen Promotionsordnungen stammt aus den
vergangenen fünf Jahren oder wurde in diesem Zeitraum geändert. Bei deren Analyse wird beeindru-
69
ckend deutlich, wie unterschiedlich die Referenzmodelle für die Gestaltung der Prüfungsordnungen
gewählt sind. Zwei maßgebliche Modelle lassen sich unterscheiden.
In dem ersten Modell ist die Disziplin und mit ihr die einzelne Fakultät als Organisationseinheit
maßgeblich; entsprechend heterogen sind die Regelungen innerhalb der einzelnen Hochschulen.
Fragt man unter diesen Bedingungen nach Aspekten der Qualitätssicherung, nach Standards und
Prozessverantwortlichkeiten müssten hochschulübergreifende und auf die jeweilige Disziplin bezo-
gene Instanzen wie z. B. Fachgesellschaften in Erscheinung treten, um ggf. partikulare Entwicklungen
bei der Promotion korrigieren zu können. Das ist allerdings nicht der Fall.
In dem zweiten Modell erscheint zunehmend die Hochschule als Referenzgröße. Rahmenprüfungs-
ordnungen und Vereinheitlichungen, die gegebenenfalls auch den disziplinären Besonderheiten
Rechnung tragen können, weisen darauf hin, dass eine abgestufte Verantwortlichkeit der gesamten
Hochschule und der Fakultäten oder Graduierteneinrichtungen entsteht. Beide Modelle sind dabei
nicht als exklusive zu verstehen; sie tauchen vielmehr häufig als Mischformen auf.
Spuren hinterlassen hat in Bezug auf beide Modelle die durch den Bologna-Prozess, die Exzellenzin-
itiative und vielfältige Förderprogramme stimulierte Debatte um die strukturierte Promotion. Sonder-
regelungen für Graduierteneinrichtungen, Regelungen zur Teilnahme an promotionsbegleitenden
Kursen und Veranstaltungen sowie Verpflichtungen und Kann-Bestimmungen zum Erwerb
bestimmter Qualifikationen tauchen inzwischen vermehrt in den Promotionsordnungen auf. Eine
Ausdehnung der Verantwortlichkeit der Hochschule und ihrer Organe für den Prozess der Promotion
wird dabei immer deutlicher erkennbar. Dies wird auch daran deutlich, dass inzwischen immerhin
mehr als die Hälfte der Promotionsordnungen Regelungen zur Betreuung aufweisen. Auch wenn
dabei meist vielerlei Dispensformen vorgesehen sind, die Nachweispflichten vage bleiben und der
Konnex zwischen Prüfungszulassung und Betreuungsnachweis unscharf bleibt, ist zu erkennen, wie
sich allmählich auch in den normativen Vorgaben ein grundsätzlicher Wandel abzeichnet.
Dies ist allerdings auch in vielerlei Hinsicht der neuralgische Punkt eines Umgestaltungsprozesses.
Aus rechtsdogmatischer Perspektive ist hier die Frage nach dem Status der Doktoranden aufgeworfen.
Kommt ihnen ein – wie auch immer gearteter – Mitgliedsstatus an der Hochschule zu (oder sollte
ihnen dieser Status zukommen) oder bleibt es bei der herrschenden Auffassung, dass die Promotion
nur im Hinblick auf die Prüfung geregelt ist, aber alle vorgängigen Prozesse nicht oder nicht notwen-
digerweise im Verantwortungsbereich der Hochschule liegen? Damit verbunden ist die Frage, wie der
individuelle Qualifikationserwerb arbeitsvertraglich geregelt werden kann, aber auch welche Art von
Betreuung einem eigenständigen Nachwuchswissenschaftler zuträglich ist.
Zugleich ist die Frage der Prozessverantwortlichkeit aber auch auf das Engste mit der in dieser Analyse
zentralen Frage der Erfassung von Doktoranden und der Prozessierung von Daten, die zur Erfüllung
dieser Verantwortlichkeit notwendig sind, verbunden. Abgesehen von klärungsbedürftigen daten-
schutzrechtlichen und technischen Fragen, die mit einer Erfassung verbunden sind, wird sich ein
einigermaßen einheitliches Modell zur Registrierung von Doktoranden (analog zur Regelung des
Studierendenstatus) nur entwickeln lassen, wenn die grundsätzliche Frage nach dem Status der
Doktoranden geklärt ist.
Der jetzige Stand der Behandlung des Erfassungsproblems in den Promotionsordnungen lässt sich so
wie folgt resümieren: Die Erfassung von Doktoranden ist bislang an den Fakultäten und Fachberei-
70
chen der Hochschulen sehr uneinheitlich geregelt. Vor allem die Doktorandenerfassung zu Promoti-
onsbeginn ist wenig verbindlich. In der Mehrzahl der Fälle finden sich zu diesem Zeitpunkt gar keine
Regelungen zur Erfassung von Doktoranden. Am häufigsten wird der Prozess der Annahme eines
Doktoranden zur Promotion in den Promotionsordnungen als eigener Verfahrensschritt beschrieben.
Dies geht aber nur in wenigen Fällen mit dem Erlass von Registrierungs- und Immatrikulationsvor-
schriften einher. Regelungen zur Immatrikulation oder Registrierung zum Promotionsbeginn gibt es
nur in gut einem Drittel der analysierten Promotionsordnungen. Dabei finden sich Immatrikulati-
onsregelungen deutlich häufiger als Registrierungsregelungen zu Promotionsbeginn. Beide Formen
der Erfassung werden komplementär verwendet, d. h. Fachbereiche, welche eine Immatrikulation
verpflichtend vorschreiben, verzichten häufig auf eine zusätzliche Registrierung zu Promotionsbe-
ginn. Zwischen den Fächern zeigen sich in dieser Hinsicht kaum Unterschiede. Die Geistes- und
Sozialwissenschaften erlassen durchschnittlich etwas häufiger verpflichtende Regelungen zur Imma-
trikulation.
Wie in den folgenden Fallbeispielen noch deutlich wird, sind die Graduierteneinrichtungen zwei-
fellos ein Motor in der Reform des Promotionswesens. Aufgrund von deren inhaltlicher und organi-
satorischer Vielfalt sind die Wirkungen auf die Ausgestaltung von Promotionsordnungen allerdings
sehr unterschiedlich. Je nach Konstruktion der Graduierteneinrichtungen kann deren normativer
Regelungsbedarf entweder zu einem Spannungsverhältnis mit den traditionell zuständigen Fakul-
täten führen, das nicht selten durch Sonderbestimmungen für die Graduierteneinrichtungen neutra-
lisiert wird, (vgl. Sondermann et al. 2008) oder Auswirkungen auf die Neugestaltung der (Rahmen-)
Promotionsordnungen haben, ohne dass traditionelle Zuständigkeiten zur Disposition gestellt
werden. Insofern überrascht es nicht, dass spezifische Regelungen selten von den übrigen abweichen.
Regelungen zur Immatrikulation und zur Registrierung sind auch im Falle der strukturierten Promo-
tionsprogramme vergleichsweise selten. Auch die Regelungen, die eine Erfassung von Doktoranden
zumindest implizieren, sind kaum häufiger zu finden als in Bezug auf die Individualpromotion. Die
Einführung strukturierter Promotionsprogramme hat bisher nicht zu einer tiefgreifenden Verände-
rung der Erfassungsregelungen von Doktoranden in den Promotionsordnungen geführt.
Vor diesem Hintergrund bleibt es zunächst dabei, dass der Regelfall der Erfassung von Promovie-
renden an deutschen Hochschulen (immer noch) die Registrierung im Rahmen des Prüfungsverfah-
rens ist. In allen Promotionsordnungen finden sich Regelungen dieses Zuschnitts. Gleichwohl zeigen
die noch seltenen Regelungen zur Doktorandenerfassung bei Promotionsbeginn, dass nicht nur in
die Erfassungspraxis Bewegung gekommen ist, sondern auch in die normative Ausgestaltung des
Promotionsprozesses – allerdings derzeit noch häufig verbunden mit Rechtsunsicherheit bei den
betroffenen Akteuren, widersprüchlichen Regelungen und unerwarteten Kollateraleffekten.
71
2. Praktiken der Doktorandenerfassung und Qualitäts-
sicherung von Promotionen anhand von Fallstudien
Informationen über alle aktuell Promovierenden bereitzustellen, fällt den meisten Hochschulen
ausgesprochen schwer. Häufig muss dazu direkt bei den jeweiligen Dekanaten oder sogar bei den
Betreuern abgefragt werden, wie viele Doktoranden sie derzeit betreuen. Fundierte Aussagen über die
Anzahl laufender Promotionen, die finanzielle und soziale Lage der Promovierenden, die Promoti-
onsdauer, die Betreuungsqualität, die Abbruchhäufigkeit und -gründe oder die Karrierevorstellungen
der Promovierenden sind daher nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Diese Situation ist nicht
nur für eine nationale Berichterstattung misslich, sondern auch für die Hochschul- und Fakultätslei-
tungen, die als Prozessverantwortliche nicht nur handlungsrelevante Informationen benötigen,
sondern zunehmend auch Rechenschaftspflichten hinsichtlich des Umfangs und der Qualität der
Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses nachkommen müssen.
Wie in den vorangegangenen Kapiteln deutlich wurde, schaffen Promotionsordnungen selten klare
Regelungen zur Erfassung von Doktoranden. Darüber hinaus bestehen zwischen den normativen
Vorgaben und der Promotionspraxis durchaus erhebliche Diskrepanzen, die sich in unterschiedlicher
Intensität weit in der Geschichte des Promotionswesens zurückverfolgen lassen (vgl. Hornbostel
2009: 229/230 sowie 232 und 234). Da eine umfassende qualitative Annäherung an die Doktoranden-
erfassungspraxis den Rahmen dieser Studie sprengen würde, werden im Folgenden nur exemplarische
Fallstudien vorgestellt, die keinesfalls alle in den Promotionsordnungen aufgeführten Sonderfälle
berücksichtigen. Vielmehr wurden aus der Vielfalt der Erfassungspraxen sechs Universitäten ausge-
wählt, die eine maximale Unterschiedlichkeit im Umgang mit dem Problem vermuten ließen.
Die Erfassung von Doktoranden ist nur vordergründig ein technisches Problem. Mit der Einführung
von Registrierungsverfahren ist zunächst einmal der rechtliche Handlungsrahmen tangiert und die
Frage, welche Freiheitsgrade im Rahmen