“www.wahlkampfchance-verpasst.de” hieß es zum Wahltermin in der Welt am Sonntag (Beckermann, 2005, S. 9), “Under Construction” kommentierte die Financial Times Deutschland (Virtel, 2005, S. 25) und von einem “Wahlkampf wie vor dreißig Jahren” sprach gar die FAS (Niggemeier, 2005, S. 33) — das
Fazit der journalistischen Beobachter zum Online-Wahlkampf 2005 hätte kaum einhelliger formuliert werden können. Während die
vorangegangene Parlamentswahl in Großbritannien und die US-Präsidentschaftswahl des Jahres 2004 neue Maßstäbe in der interaktiven
und dezentralen Wahlkampfführung setzten, bewiesen deutsche Online-Kampagnen eine erschreckende “Mutlosigkeit der Parteien”
(Wenzel, 2005, S. 2). Die Internetauftritte seien “bunt, banal und bisweilen auch polemisch” (Hannemann & Lehmkuhl, 2005,
S. 88), in jedem Fall jedoch “höchst einfallslos” (Virtel, 2005, S. 25) und kaum mehr als “eine Fortführung des herkömmlichen
Wahlkampfes“ (Schemel, 2005, S. 15). Es fehle “die Interaktivität, die Metakommunikation und die Denke vom ‚Netz‘ aus” (ebd.),
vor allem aber eine Riege an “Visionäre[n]” (Wenzel, 2005, S. 1), um die Potenziale des OnlineEngagements auch hierzulande
richtiggehend auszuschöpfen. “Willkommen [also] im Internetwahlkampf, unterste Schublade” (Virtel, 2005, S. 25), im “digitale[n]
Entwicklungsland” (Beckermann, 2005, S. 9)?