ArticlePDF Available

Mehr als nur ein Bollwerk - Das Darmepithel als integraler Bestandteil der Barriere und Abwehrfunktion im Darm

Authors:

Abstract

Die Häufigkeit entzündlicher, atopischer oder metabolischer Erkrankungen nimmt in industrialisierten Ländern dramatisch zu. Die Interaktion von Stoffwechsel und Immunsystem sind wichtige Faktoren bei der Entstehung dieser chronisch degenerativen Krankheiten. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gehören zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Obwohl deren Ätiologie noch weitestgehend unbekannt ist, sind Umweltfaktoren in Kombination mit einer genetischen Prädisposition der Patienten entscheidend für die Entstehung dieser Krankheitsbilder. Darmepithelzellen, die als Einzelzellschicht die gesamte Oberfläche der Darmschleimhaut überziehen, werden nicht mehr nur als „inerte und mechanische” Barriere zwischen Darmbakterien und Körperinnerem angesehen, sondern sind vielmehr ein integraler Bestandteil der Immunantwort im Darm. Zelluläre Stressmechanismen sind Teil der Pathogenese chronischer Entzündungsprozesse und die unkontrollierte Aktivierung von Zelltod (Apoptose) führt zum Funktionsverlust von Geweben bzw. Organen. Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist an der Regulation dieser zellulären Stressmechanismen beteiligt. ER Stress spielt nicht nur bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle, sondern auch bei anderen Zivilisationskrankheiten, wie Dickdarmkrebs oder Diabetes.
Mehr als nur ein Bollwerk ± Das Darmepithel
als integraler Bestandteil der Barriere und
Abwehrfunktion im Darm
More than a Fortress ± The Intestinal Mucosa is an Integral Part of the Gut Acting
as Barrier and Defence
Autor D. Haller
Institut Zentralinstitut für Ernährungs- und Lebensmittelforschung, Lehrstuhl für Biofunktionalität der Lebensmittel, TU München
Schlüsselwörter
l
"
metabolischer Stress
l
"
Entzündung
l
"
chronisch entzündliche
Darmerkrankungen
l
"
Darmflora
l
"
Darmepithel
l
"
endoplasmatisches
Retikulum
Key words
l
"
metabolic stress
l
"
inflammation
l
"
inflammatory bowel disease
l
"
intestinal flora
l
"
intestinal epithelium
l
"
endoplasmic reticulum
Bibliografie
DOI 10.1055/s-2007-986417
Aktuel Ernaehr Med 2008;
33, Supplement 1: S7±S10
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart ´ New York ´
ISSN 1862-0736
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Dirk Haller
Zentralinstitut für Ernährungs-
und Lebensmittelforschung
Am Forum 5
85350 Freising-Weihenstephan
Tel.: 08161/712026
Fax: 08161/712097
haller@wzw.tum.de
Übersicht S7
Der Darm als zentrales Kommunikationsorgan
zwischen Faktoren der Umwelt und dem Immun-
system übernimmt eine wichtige Steuerungs-
funktion in der Regulation der lokalen darmasso-
ziierten als auch der zentralen Immunfunktion
[1]. Von der Nahrung bis zu den Bakterien durch-
laufen viele Umweltfaktoren den Darm. Er bietet
mit rund 300 m
2
eine enorme Kontaktfläche. Bei
genauer Betrachtung des Darmes zeigt sich, dass
den Organismus lediglich die einzellige Darmepi-
thelschicht von der enormen Zahl an Mikroorga-
nismen im Darm trennt. Unter dieser Schicht
liegt das darmassoziierte Immunsystem mit sei-
nen Zellen. Immunzellen stehen in enger Verbin-
dung zum Darmepithel. Spezialisierte Zellen, so-
genannte M-Zellen in Peyer'schen Plaques, sind
in der Lage, bestimmte Stoffe aufzunehmen, zu
prozessieren und zu entscheiden, ob das Immun-
Zusammenfassung
!
Die Häufigkeit entzündlicher, atopischer oder
metabolischer Erkrankungen nimmt in industria-
lisierten Ländern dramatisch zu. Die Interaktion
von Stoffwechsel und Immunsystem sind wichti-
ge Faktoren bei der Entstehung dieser chronisch
degenerativen Krankheiten. Morbus Crohn und
Colitis ulcerosa gehören zu den chronisch ent-
zündlichen Darmerkrankungen (CED). Obwohl
deren ¾tiologie noch weitestgehend unbekannt
ist, so sind Umweltfaktoren in Kombination mit
einer genetischen Prädisposition der Patienten
entscheidend für die Entstehung dieser Krank-
heitsbilder. Darmepithelzellen, die als Einzelzell-
schicht die gesamte Oberfläche der Darm-
schleimhaut überziehen, werden nicht mehr nur
als ¹inerte und mechanischeª Barriere zwischen
Darmbakterien und Körperinnerem angesehen,
sondern sind vielmehr ein integraler Bestandteil
der Immunantwort im Darm. Zelluläre Stressme-
chanismen sind Teil der Pathogenese chronischer
Entzündungsprozesse und die unkontrollierte
Aktivierung von Zelltod (Apoptose) führt zum
Funktionsverlust von Geweben bzw. Organen.
Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist an der
Regulation dieser zellulären Stressmechanismen
beteiligt. ER Stress spielt nicht nur bei chronisch-
entzündlichen Darmerkrankungen eine Rolle,
sondern auch bei anderen Zivilisationskrankhei-
ten, wie Dickdarmkrebs oder Diabetes.
Abstract
!
In developed countries there is a dramatic in-
crease in the prevalence of inflammatory, atopic,
and metabolic disorders. In the development of
these chronic degenerative diseases the interac-
tion of metabolism and the immune system are
important factors. Crohn's disease and colitis ul-
cerosa are inflammatory bowel diseases (IBD).
Although the etiology is essentially unknown en-
vironment factors along with a genetic predispo-
sition are crucial for the development of IBD. Epi-
thelial cells of the gut, a monolayer which covers
the entire surface of the intestinal mucosa, is not
only understood as an inert and mechanical bar-
rier between intestinal bacteria and the body but
also an integral part of the intestinal immune re-
sponse. Cellular stress plays an important role in
the pathogenesis of chronic inflammation. The
uncontrolled activation of cell death (apoptosis)
leads to the loss of function of tissues and organs.
The endoplasmic reticulum (ER) is involved in
the regulation of stress on the cellular level. ER-
related cellular stress plays a role not only in IBD
but also in disease of civilization e. g. colorectal
cancer and diabetes.
Haller D. Mehr als nur ¼ Aktuel Ernaehr Med 2008; 33, Supplement 1: S7±S10
system angeschaltet (Immunität) oder abgeschaltet (Toleranz)
werden soll (l
"
Abb. 1).
Die Häufigkeit entzündlicher, atopischer oder metabolischer Er-
krankungen nimmt in industrialisierten Ländern dramatisch zu.
Die Interaktion von Stoffwechsel und Immunsystem ist ein
wichtiges Element bei der Entstehung dieser chronisch degene-
rativen Krankheiten. Umweltfaktoren in Kombination mit einer
genetischen Prädisposition der Patienten sind entscheidend für
die Entstehung dieser Krankheitsbilder (l
"
Abb. 2).
Im Gegensatz zu den chronischen Krankheiten sinkt die Häufig-
keit von Infektionskrankheiten wie Hepatitis A, Tuberkulose
oder Mumps in den zivilisierten Ländern deutlich. Der Hygiene-
theorie zufolge, die schon mehrfach revidiert und angepasst
wurde, spielt ein unzureichend trainiertes Immunsystem eine
groûe Rolle bei der Entwicklung chronisch degenerativer Patho-
logien. Aus naiven T-Zellen entstehen unterschiedliche Arten
von Effektor-T-Zellen, die Infektionen effizient bekämpfen ± auf
der einen Seite virale, auf der anderen Seite parasitäre Infektio-
nen. Sind die Infektionsherde eliminiert, sollte sich eine Regula-
tion bzw. Terminierung der Immunreaktion einstellen. Zu die-
sem Zweck senden regulatorische T-Zellen-Botenstoffe wie In-
terleukin-10 (IL-10) aus, die ihre Nachbarzellen beruhigen. Stellt
sich die Regulation nicht ein, richtet sich die T-Zell-vermittelte
Immunantwort in Form von chronischen Entzündungsprozessen
gegen körpereigenes Gewebe [2]. Die Entwicklung von Autoim-
munität oder Allergie kann die Folge sein (l
"
Abb. 3).
Mikroorganismen als Ursache chronischer
Darmentzündung
!
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) mit Morbus
Crohn und Colitis ulcerosa als den beiden wichtigsten Verlaufs-
formen gehören zu den immunvermittelten, chronisch wieder
auftretenden Erkrankungen des Verdauungstrakts. Die klinisch
manifeste Entzündung beider Krankheitsbilder ist das Ergebnis
eines komplexen Prozesses, dessen Entwicklung durch Umwelt-
faktoren (Ernährung, Rauchen und Zusammensetzung der
Darmflora) und eine genetische Vorbelastung (Prädisposition)
der Patienten stark beeinflusst wird. Die Ergebnisse vieler klini-
scher als auch experimenteller Untersuchungen der letzten Jah-
re verdeutlichen, dass ein unkontrolliertes Miteinander zwi-
Muzin
Epithel
Krypte
M-Zellen
Lymphe
T-Zellen
B-Zellfollikel
B-ZellenT-Zellen
DC
Zirkulation im
Blut
Mesenterial-
lymphknoten
Peyersche
Plaques
sIgA
Immun-
botenstoffe
Abb. 1 Der Darm als immunkompetente Barriere
ist ein essenzielles Organ für die Steuerung von Im-
munität und Toleranz.
Mikroorganismen
Autoimmunität
Mikroorganismen
Allergie
regulatorische
T-Zellen
Effektor-
Th1/17-Zellen
Effektor-
Th2-Zellen
Typ-1-Diabetes
Morbus Crohn
Asthma
Dermatitis
naive T-Zellen
Darm
Abb. 3 Fehlende Regulation des adaptiven Immunsystems führt zu
chronischer Entzündung und den Immunpathologien chronisch degene-
rativer Krankheiten.
chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Dickdarmkrebs
neurodegenerative
Krankheiten
Autoimmunität
und Allergien
Adipositas und Insulinresistenz
Typ-2-Diabetes
metabolischer
Stress
Entzündung
Abb. 2 Chronische Entzündung und metabolischer Stress als integraler
Bestandteil der Pathogenese chronisch degenerativer Krankheiten.
ÜbersichtS8
Haller D. Mehr als nur ¼ Aktuel Ernaehr Med 2008; 33, Supplement 1: S7 ± S10
schen Bakterien und dem Immunsystem entscheidend zur Ent-
stehung der chronischen Entzündungsprozesse im Darm bei-
trägt. Eine fehlerhafte Abstimmung der Ein- und Abschaltme-
chanismen von Immunzellen führt dabei zu einer dauerhaft un-
kontrollierten Aktivierung von Entzündungsprozessen und zur
Überproduktion von Entzündungsmediatoren im Darm. Die
Konsequenz der wechselseitigen Aktivierungsprozesse zwi-
schen Darmepithel- und Immunzellen sind Gewebezerstörun-
gen, die bei Morbus Crohn über alle Schichten der Darmwand
(transmural) verlaufen und bei der Colitis ulcerosa vor allem
die oberflächliche Epithelzellschicht im Dickdarm betreffen [3].
Untersuchungen in Tiermodellen für chronisch entzündliche
Darmerkrankungen konnten einen eindeutigen Zusammenhang
zwischen der Zusammensetzung der Darmflora, der genetischen
Prädisposition des Wirtes und der Entwicklung chronischer Ent-
zündungsprozesse herstellen. Beispielsweise führt die Behand-
lung von keimfreien (sterilen) Mäusen, denen der Botenstoff In-
terleukin-10 fehlt (IL-10KO), mit dem Bakterium Enterococcus
faecalis, nicht aber Bacteroides vulgatus, zu Entzündungen im
Dickdarm (Kolitis). Im Gegensatz dazu wirkt B. vulgatus, nicht
aber E. faecalis entzündungsfördernd in genveränderten Ratten
(HLA-B27tg). Genetisch intakte Kontrolltiere, deren Darm mit B.
vulgatus und E. faecalis besiedelt wurde, entwickeln keine krank-
haften Veränderungen im Darm. Das unterstreicht die nicht pa-
thogene Natur dieser ¹normalenª im Darm vorkommenden Bak-
terien (Darmkommensalen). Diese einfachen Experimente be-
stätigen eindrucksvoll, welche Bedeutung das spezifische Zu-
sammenspiel zwischen dem Wirt mit seinem gegebenen Bau-
plan (Gene) und den Darmbakterien für die Entstehung chroni-
scher Entzündungsprozesse im Darm hat [4].
Darüber hinaus verdeutlicht der klinische und experimentelle
Einsatz therapeutisch wirksamer Mikroorganismen (auch Pro-
biotika genannt) die Tatsache, dass im Darm lebende, ¹freundli-
cheª Bakterien sowohl an der Entstehung als auch an der Hem-
mung chronischer Entzündungsprozesse beteiligt sein können.
Hierbei haben sich vor allem der Escherichia-coli-Stamm Nissle
und VSL#3 als wirksam erwiesen. Der Verzehr von E. coli Nissle
verringert signifikant die Rückfallrate bei Patienten mit Colitis
ulcerosa und hat dabei die gleiche Wirksamkeit wie Mesalamin,
ein Standardmedikament bei der Behandlung von CED-Patien-
ten. Darüber hinaus war VSL#3, ebenfalls ein probiotisches Prä-
parat mit acht unterschiedlichen Milchsäurebakterien, wirksam
in der Remissionserhaltung und Behandlung akuter Pouchitis.
Rege Unterhaltung zwischen Wirt und
Mikroorganismen
!
Immunkompetente Zellen besitzen genetisch festgelegte ¹Emp-
fängerª (Rezeptortypen), die Oberflächenstrukturen von Bakte-
rien, Viren und Parasiten erkennen. Geeignete Zielstrukturen
auf diesen Mikroorganismen sind spezifische Baubestandteile,
für die der Wirt die passenden Mustererkennungsrezeptoren be-
sitzt. Die Familie der Toll-like-Rezeptoren (TLR) und der Nucleo-
tide-binding Oligomerization Domain(NOD)-Mustererkennungs-
rezeptoren sind ein wichtiger Bestandteil der unspezifischen Im-
munabwehr. Deren Aktivierung durch intra- und/oder extrazel-
luläre Mikroorganismen bzw. deren Zellstrukturen signalisiert
Gefahr und führt im Gewebe zur Freisetzung von Entzündungs-
mediatoren, die den Wirt in erhöhte Alarm- und Abwehrbereit-
schaft versetzen. Der Nachweis von Variationen (Polymorphis-
men) in TLR2-, TLR4- und dem NOD2-Gen bei Patienten mit chro-
nisch entzündlichen Darmerkrankungen unterstreicht die Be-
deutung der Mustererkennungsrezeptoren bei der Entstehung
dieser degenerativen Entzündungsprozesse im Darm.
Aus diesem Grund wurde in den letzten Jahren die Frage nach
dem Nutzen oder Schaden der Aktivierung des unspezifischen
Immunsystems über Mustererkennungsrezeptoren experimen-
tell in Mausmodellen untersucht. Es wurde festgestellt, dass der
Schweregrad einer experimentell induzierten Entzündung im
Dickdarm von TLR-defizienten Mäusen im Vergleich zu den
Wildtyp-Kontrolltieren dramatisch verschlimmert war. Diese
Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Mustererken-
nungsrezeptoren im Darm einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle
von chronischen Entzündungsprozessen leisten. Eine unvoll-
ständige Aktivierung der unspezifischen Immunabwehr über
Mustererkennungsrezeptoren zu Beginn einer Entzündung ist
möglicherweise beteiligt an einer Fehlprogrammierung der
adaptiven Immunantwort und dem chronischen Entzündungs-
verlauf von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa [5].
Das dynamische Zusammenspiel mikrobieller und wirtseigener
Signale an der epithelialen Grenzfläche reguliert das Gleichge-
wicht zwischen Hervorrufen und Hemmen der Darmepithelzell-
aktivität (Zellvermehrung und -teilung, Produktion von Entzün-
dungsmediatoren und Botenstoffen des Immunsystems) und ist
möglicherweise beteiligt an der Fähigkeit des darmassoziierten
Immunsystems zwischen harmlosen Bakterien und Infektions-
erregern in der Darmflora zu unterscheiden. Diese Fähigkeit des
Immunsystems, zwischen ¹Gut und Böseª zu unterscheiden,
geht bei Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verlo-
ren. Die Konsequenz davon sind chronisch immunvermittelte
Entzündungsprozesse in der Darmschleimhaut, die durch Darm-
bakterien angetrieben werden. Die Suche nach Infektionserre-
gern im Darm als primäre Ursache für die Entstehung chroni-
scher Entzündungsprozesse, war bisher erfolglos. Vielmehr
geht man davon aus, dass Vertreter der ¹normalenª Darmflora
nicht mehr durch das Immunsystem toleriert werden. Es besteht
also ein komplexes Wechselspiel zwischen mikrobiellen Signa-
len und Wirtssignalen, die am Epithel zusammenkommen.
Als kontinuierlich erneuerbare Einzelzellschicht sind Darmepi-
thelzellen möglicherweise auf körpereigene Signale angewiesen,
um ihre Barriere- und Immunfunktionen zu erfüllen. Um diese
Signale zu entschlüsseln, werden zum Beispiel Proteomanalysen
durchgeführt [6]. Die identifizierten Proteine lassen sich in ei-
nem komplexen Netzwerk darstellen ± und es ist möglich, Daten
aus Zellkulturen, Mausmodellen und Patienten zusammenzu-
fassen und bestimmte Mechanismen herauszulesen. Die Zell-
funktion wird kontrolliert durch rezeptorvermittelte Signalpro-
zesse, aber auch durch die Funktion von Zellorganellen wie Mi-
tochondrium und endoplasmatisches Retikulum (l
"
Abb. 4).
Die Summe aller Signalprozesse, die unter Entzündungssituatio-
nen angeschaltet werden, entscheidet dann über den Zustand
der Zellen im Gewebe.
Endoplasmatischer Retikulumstress an der
Schnittstelle zwischen Stoffwechsel und
Immunfunktion
!
Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist eine membranum-
schlossene Zellorganelle und an der Lipid- und Proteinsynthese
beteiligt. Infektionen, Sauerstoffmangel (Hypoxie) und Glukose-
defizite hemmen die Funktion dieser Zellorganelle, was letzt-
endlich zu einer Anhäufung fehlgefalteter Proteine und zur Initi-
Übersicht S9
Haller D. Mehr als nur ¼ Aktuel Ernaehr Med 2008; 33, Supplement 1: S7±S10
ierung einer ER-Stressantwort führt. Eine dauerhaft aktivierte
ER-Stressantwort führt zum Zelltod (Apoptose), was oft mit der
Fehlfunktion von Geweben bzw. Organen einhergeht. ER-assozi-
ierter Stress ist mitbeteiligt an der Entwicklung von Insulinresis-
tenz (Typ-2-Diabetes) und Inselzelldepletion im endokrinen
Pankreas (Typ-1-Diabetes), neuroendokrinen Erkrankungen
und Dickdarmkrebs.
Darmepithelzellen durchlaufen einen streng kontrollierten Pro-
liferations- und Differenzierungszyklus, der eng gekoppelt ist an
die absorptive, integrative und immunologische Funktion dieser
Grenzflächenzellen. Mit der Hilfe der Proteomanalyse wurde das
ER-Stress-assoziierte glukoseregulierte Protein 78 (grp-78) und
weitere mitochondriale Proteine in Darmepithelzellen identifi-
ziert, die unter den Bedingungen chronisch entzündlicher Pro-
zesse beim Mensch und Tiermodell differenziell exprimiert wa-
ren [7]. Mit Hinblick auf die Mechanismen zur Initiierung und
Regulierung pathophysiologischer Prozesse war interessant zu
sehen, dass der entzündungshemmende Immunbotenstoff IL-10
einen Einfluss auf die ER-assoziierte und mitochondriale Stress-
homöostase hat. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass das
Fehlen von Signalen aus der Mustererkennung (TLR-defiziente
Mäuse) ebenfalls zur zellulären Stressaktivierung im Darmepi-
thel führt, ohne dass diese Tiere pathologische Veränderungen
im Darm entwickeln (l
"
Abb. 5).
Die Frage ist, wann und warum der genetisch prädisponierte
Wirt die vielen Bakterien der Darmflora als Gefahr erkennt und
welche Umweltfaktoren noch dazu beitragen, die Kontrolle über
subklinische Entzündungsprozesse zu verlieren?
Die Betrachtung dieser zellulären Stressmechanismen in unter-
schiedlichen Geweben und Pathologien chronisch degenerativer
Krankheiten zeigt jedoch, dass die Funktion von ER und Mito-
chondrium eng mit der Aktivierung von Entzündungssignalen
verknüpft ist und durch unterschiedliche immunologische Sig-
nale beeinflusst wird. Die Möglichkeit, zentrale Mechanismen
der zellulären Stressantwort durch nutritive Intervention in un-
terschiedlichen Geweben zu beeinflussen, wird ein zentrales
Thema unserer Forschung im Verlauf der nächsten Jahre darstel-
len [8].
Literatur
1 Nagler-Anderson C. Man the barrier! Strategic defences in the intes-
tinal mucosa. Nat Rev Immunol 2001; 1: 59 ± 67
2 Bach JF. The effect of infections on susceptibility to autoimmune and
allergic diseases. N Engl J Med 2002; 347: 911±920
3 Sartor RB. Mechanisms of disease: pathogenesis of Crohn's disease
and ulcerative colitis. Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol 2006; 3:
390±407
4 Haller D. Intestinal epithelial cell signalling and host-derived negative
regulators under chronic inflammation: to be or not to be activated
determines the balance towards commensal bacteria. Neurogastroen-
terol Motil 2006; 18: 184 ± 199
5 Bouma G, Strober W. The immunological and genetic basis of inflam-
matory bowel disease. Nat Rev Immunol 2003; 3: 521±533
6 Werner T, Haller D. Intestinal epithelial cell signalling and chronic in-
flammation: From the proteome to specific molecular mechanisms.
Mutat Res 2007; 622: 42±57
7 Shkoda A, Ruiz PA, Daniel H, Kim SC, Rogler G, Sartor RB, Haller D. Inter-
leukin-10 blocked endoplasmic reticulum stress in intestinal epitheli-
al cells: impact on chronic inflammation. Gastroenterology 2007;
132: 190 ± 207
8 Clavel T, Haller D. Bacteria- and host-derived mechanisms to control
intestinal epithelial cell homeostasis: implications for chronic inflam-
mation. Inflamm Bowel Dis 2007; 13: 1153± 1164
Bakterien TNF
TLR TNFR
IKKa/b/g
NF-kB
ROS
ROS
Mitochondrium
Nukleus
endoplasmatisches
Retikulum (ER)
Entzündungs- und
Abwehrgene (>190)
ReIA
ReIA
Abb. 4 Die Summe der bakteriellen und wirtsei-
genen Entzündungssignale in Verbindung mit der
Organellenfunktion von Mitochondrium und endo-
plasmatischem Retikulum entscheiden über den
Zustand der Zelle während chronischer Entzün-
dungsprozesse.
IL-10
IL-10R1 IL-10R2
metabolische
Signale
TNF
TNFR
Adaptation
Gewebeheilung
Zelltod
Gewebezerstörung
ATF-6 PERK
IRE-1a/b
grp-78
Abb. 5 Die Regulation der endoplasmatischen Retikulum(ER)-Stressant-
wort wird moduliert durch pro- (TNF) und antiinflammatorische (IL-10)
Signale des Immunsystems.
ÜbersichtS10
Haller D. Mehr als nur ¼ Aktuel Ernaehr Med 2008; 33, Supplement 1: S7 ± S10
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Article
Immunologists typically study the immune responses induced in the spleen or peripheral lymph nodes after parenteral immunization with antigen and poorly defined experimental adjuvants. However, most antigens enter the body through mucosal surfaces. It is now clear that the microenvironment in these mucosal barriers has a marked influence on the immune response that ultimately ensues. Nowhere is the microenvironment more influential than in the gut-associated lymphoid tissue (GALT). The GALT must constantly distinguish harmless antigens that are present in food or on commensal bacteria from pathogenic assault by microbes. It is perhaps not surprising, then, that the GALT contains more lymphocytes than all of the secondary lymphoid organs combined.
Article
The hygiene hypothesis postulates that an environment with a high incidence of infectious diseases protects against allergic and autoimmune diseases, whereas hygienic surroundings increase the incidence of these disorders. This review examines the evidence in support of the hygiene hypothesis and offers a number of mechanisms that could explain the relation between sanitary conditions and susceptibility to allergic and autoimmune diseases.
Article
The inflammatory bowel diseases (IBDs), Crohn's disease and ulcerative colitis, are chronic inflammatory disorders of the gastrointestinal tract. Enormous progress has been made recently in understanding the pathogenesis of these diseases. Through the study of patients and mouse models, it has emerged that Crohn's disease is driven by the production of interleukin-12 (IL-12) and interferon-gamma (IFN-gamma), whereas ulcerative colitis is probably driven by the production of IL-13. A second area of progress is in the identification of specific genetic abnormalities that are responsible for disease. The most important finding is the identification of mutations in the gene that encodes NOD2 (nucleotide-binding oligomerization domain 2) protein in a subgroup of patients with Crohn's disease. Here, we discuss these recent findings and the implications for therapy.
Article
Advancing knowledge regarding the cellular mechanisms of intestinal inflammation has led to a better understanding of the disease pathology in patients with chronic disorders of the gut including inflammatory bowel disease, coeliac disease, lymphocytic colitis and irritable bowel syndrome. An emerging new paradigm suggests that changes in the homeostasis of bacteria- and host-derived signal transduction at the epithelial cell level may lead to functional and immune disturbances of the intestinal epithelium. It has become clear from numerous studies that enteric bacteria are a critical component in the development and prevention/treatment of chronic intestinal inflammation. Signal-specific activation of mitogen-activated protein kinases (MAPK), interferon-regulated factors (IRF) and the transcription factor NF-kappaB through pattern recognition receptor signalling effectively induce inflammatory defence mechanisms. Unbalanced activation of these innate signalling pathways because of host genetic predispositions and/or the lack of adequate anti-inflammatory feedback mechanisms may turn a physiological response into a pathological situation including failure of bacterial clearance and development of chronic inflammation. Host-derived regulators from the immune and enteric nerve system crosstalk to the innate signalling network of the intestinal epithelium in order to shape the extent and duration of inflammatory processes.
Article
Crohn's disease and ulcerative colitis are idiopathic, chronic, relapsing, inflammatory conditions that are immunologically mediated. Although their exact etiologies remain uncertain, results from research in animal models, human genetics, basic science and clinical trials have provided important new insights into the pathogenesis of chronic, immune-mediated, intestinal inflammation. These studies indicate that Crohn's disease and ulcerative colitis are heterogeneous diseases characterized by various genetic abnormalities that lead to overly aggressive T-cell responses to a subset of commensal enteric bacteria. The onset and reactivation of disease are triggered by environmental factors that transiently break the mucosal barrier, stimulate immune responses or alter the balance between beneficial and pathogenic enteric bacteria. Different genetic abnormalities can lead to similar disease phenotypes; these genetic changes can be broadly characterized as causing defects in mucosal barrier function, immunoregulation or bacterial clearance. These new insights will help develop better diagnostic approaches that identify clinically important subsets of patients for whom the natural history of disease and response to treatment are predictable.
Article
The initiation of endoplasmic reticulum (ER)-mediated stress responses in intestinal epithelial cells (IEC) may contribute to the pathogenesis of chronic intestinal inflammation. The aim of the study was to use functional epithelial cell proteomics to characterize anti-inflammatory mechanisms of interleukin 10 (IL-10). Primary IEC were isolated from Enterococcus faecalis-monoassociated IL-10-deficient (IL-10-/-) and wild-type mice to perform 2D-gel sodium-dodecyl-sulfate polyacrylamide gel electrophoresis and matrix-assisted laser desorption/ionization-time of flight mass spectrometry. In addition, IEC from 6 patients with active Crohn's disease, ulcerative colitis, and sigmoid diverticulitis as well as noninflamed controls were purified. Molecular protective mechanisms of IL-10 were characterized in tumor necrosis factor (TNF)-stimulated IL-10 receptor (IL-10R) reconstituted epithelial cells. Primary IEC from IL-10-/- mice as well as inflammatory bowel disease patients revealed increased expression levels of the glucose-regulated ER stress protein (grp)-78 under conditions of chronic inflammation. Consistent with the observation that TNF induced ER stress responses through grp-78 redistribution from the ER lumen to the cytoplasmic IkappaB kinase complex, grp-78 knockdown completely abolished TNF-induced nuclear factor-kappaB RelA phosphorylation in epithelial cell cultures. Interestingly, IL-10 inhibited grp-78 protein and messenger RNA expression in IL-10R reconstituted IEC. Chromatin immunoprecipitation analysis and immunofluorescence microscopy revealed that IL-10-mediated p38 signaling inhibited TNF-induced recruitment of the ER-derived activating transcription factor (ATF)-6 to the grp-78 promoter likely through the blockade of ATF-6 nuclear translocation. Primary IEC from inflamed IL-10-/- mice and inflammatory bowel disease patients revealed activated ER stress responses in the intestinal epithelium. IL-10 inhibits inflammation-induced ER stress response mechanisms by modulating ATF-6 nuclear recruitment to the grp-78 gene promoter.
Article
The genetic predisposition to deregulated mucosal immune responses and the concurrent prevalence of certain environmental triggers in developed countries are strong etiologic factors for the development of inflammatory bowel diseases in human subjects, including Crohn's disease and ulcerative colitis. Numerous clinical and experimental studies have shown that the intestinal microbes are critical for the initiation and progression of chronic intestinal inflammation. Activation of pattern recognition receptor signaling via members of the Toll-like receptor (TLR) and the nucleotide-binding oligomerization domain (NOD)-like families initiates inflammatory defense mechanisms that are required to alert and protect the host. Key inflammatory mechanisms such as nuclear transcription factor kappaB (NF-kappaB) activation and endoplasmic reticulum stress responses are controlled by a complex network of pathways that includes intrinsic feedback effectors and is targeted by immunosuppressive cytokines such as interleukin 10 (IL-10) and transforming growth factor (TGF)-beta. In the absence or after functional loss of these antiinflammatory feedback signals, physiological defense mechanisms may turn into pathological responses. The data discussed in the present review suggest that disturbances in the homeostasis between bacteria- and host-derived signals at the epithelial cell level lead to a break in the intestinal barrier function and to the development of mucosal immune disorders in genetically susceptible hosts.
Article
Advancing knowledge regarding the cellular mechanisms of intestinal inflammation has led to a better understanding of the disease pathology in patients with inflammatory bowel disease (IBD) including Crohn's disease and ulcerative colitis. It has become clear from numerous studies that enteric bacteria are a critical component in the development and prevention/treatment of chronic intestinal inflammation. An emerging new paradigm suggests that changes in the homeostasis of bacteria- and host-derived signal transduction at the intestinal epithelial cell (IEC) level may lead to a break in barrier function and the development of adaptive immune disturbances. The functional loss of anti-inflammatory host-derived signals in the gut including the immunosuppressive cytokines Interleukin 10 (IL-10) and transforming growth factor (TGF)-beta are of high relevance to the pathogenesis of IBD. The development of analytical tools including two-dimensional (2D) high-resolution protein separation techniques and peptide mass fingerprinting via high-sensitivity mass-spectrometers (MS) allows the quantitative assessment of protein expression changes in disease-relevant cell types. By using these advanced methods, the characterization of the epithelial cell proteome from murine models of experimental colitis and human IBD patients identified novel disease-related mechanisms with respect to the regulation of the glucose-regulated endoplasmic reticulum stress response protein 78 (grp-78). In conclusion, the identification and functional analysis of differentially expressed proteins in purified intestinal target cell types will help to add important insights to the understanding of the molecular pathogenesis of these immune-mediated chronic intestinal disorders.