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Sonderdruck für private Zwecke des Autors
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Wissen
Homöopathie und Quantentheor ie
Von Karl-Heinz Fichtner, Lars Fichtner und Christa Fichtner
..
Naturwissensc haft und Homöo pathie
Das analytische Prinzip
In einer Zusammenfassung von Stephan Baumgartner [2]
ist zu lesen:
„Währenddem die gegenwärtige Universitätsmedizin, welche
nicht nur auf den Resultaten, sondern auch auf der Weltan-
schauung der modernen Naturwissenschaft fusst, mit der Tat-
sache eines Arzneimittelbildes noch recht gut leben kann, muss
ihr das Simile-Prinzip und insbesondere das Verfahren der ho-
möopathischen Potenzierung ungewohnt und fremd, wenn
nicht sogar völlig im Widerspruch zum derzeitigen Stand der
Wissenschaft stehend erscheinen. Wie soll z.B. eine homöo-
pathische Potenz eine spezifische Wirkung hervorbringen kön-
nen, wenn in ihr kein einziges Molekül der Ausgangssubstanz
mehr enthalten ist? … Allen Schwierigkeiten zum Trotz …
ein eindeutiger Wirkungsnachweis hoher homöopathischer Po-
tenzen wurde in verschiedenen unabhängigen Untersuchungen
höchster methodologischer Qualität erbracht.“
Zudem zeigt die Praxis, dass Homöopathie wirkt , was
eine wachsende Akzeptanz seitens der Patienten und ge-
rade in letzter Zeit auch der Krankenkassen zur Folge hat.
Wenn trotzdem Vorbehalte innerhalb der konventio-
nellen Medizin gegenüber der Homöopathie noch weit
verbreitet sind, so ist das wesentlich in dem Mangel
an „Wissenschaftlichkeit“ der Homöopathie begründet.
Diesen Mangel empfinden auch einige Homöopathen –
anders Wolfgang Würger, der schreibt [10]:
„Um dieses vermeintliche Defizit auszugleichen, zeigt man sich
bemüht, die homöopathische Medizin als Naturwissenschaft
wahrzunehmen und deren Standards und sogar Teile ihres
Paradigmas zu übernehmen. Würde man dieses Programm
konsequent durchführen, so resultiert dies in der Auflösung
dessen, was wir seit Hahnemann als die Substanz der homöo-
pathischen Medizin begreifen. ….. Für Hahnemann zeichnet
sich der Organismus durch eine ‚geistartige, den Körper des
Menschen belebende Kraft‘ aus, die er als ‚Lebensprincip‘
oder ‚Lebenskraft‘ versteht, die einem jeden physikalisch-quan-
tifizierenden Denkansatz verschlossen bleiben muss.“
Zusammenfassung
Immer mehr im Bereich Life Science aktive Wissen-
schaftler sind überzeugt, dass ausschließlich auf den
Prinzipien der klassischen Physik basierend eine
vollständige Beschreibung bzw. Modellierung von
Prozessen der Informationsverarbeitung und Steue-
rung von Lebensprozessen nicht möglich ist – man
benötigt die Quantentheorie. Wir diskutieren Bezie-
hungen zwischen dem Konzept der Homöopathie
und einem quantentheoretischen Modell für Hirn-
aktivitäten.
Schlüsselwörter
Konzepte der Homöopathie, Quantentheorie, Hirn-
modelle.
Summary
More and more specialists of modern life sciences are
convinced that based only on the principles of clas-
sical physics processing of information cannot be
described in fully – one needs quantum theory.
We discuss some relations of homoeopathic concepts
to a certain quantum model of brain activities.
Keywords
Homoeopathic concepts, quantum theor y, brain
models.
..
76 Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84
Sonderdruck für private Zwecke des Autors
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Betreffend diese Überzeugung von Würger ist klarzu-
stellen, was er unter Wissenschaftlichkeit in der medizi-
nischen Forschung versteht und was dabei dem Konzept
der Homöopathie entgegensteht. Seine Ausführungen
[10] machen deutlich, dass für Würger die Wissenschaft-
lichkeit in der medizinischen Forschung ausschließlich
auf der naturwissenschaftlichen Denkweise des 19. Jahr-
hunderts beruht. Ein Kernpunkt ist dabei das sog. analy-
tische Prinzip, nach dem jedes System vollständig be-
kannt ist, wenn man seine Teile und deren Wechselwir-
kung kennt.
Die Quantentheorie
Die im 20. Jahrhundert entwickelte Quantentheorie und
ihre vielfältigen, naturwissenschaftlichen und techni-
schen Anwendungen zeigen aber, dass dieses Prinzip
bei hochkomplexen Systemen in der Regel nicht anwend-
bar ist – das Ganze also mehr ist als die Summe seiner
Teile. Dass sich die Quantentheorie bzw. ihre Denkweisen
trotzdem nicht in der medizinischen Forschung etablie-
ren konnten, lieg t wesentlich in 2 Aspekten begründet.
Zum einen widersprechen ihre Erkenntnisse häufig unse-
rer Primärerfahrung, basierend auf unseren Sinnen, und
dem darauf beruhenden „gesunden Menschenverstand“.
Zum anderen, damit in Verbindung, können sie nur über
die nicht leicht zu erlernende Sprache der Mathematik
umfassend verstanden werden.
Inzwischen hat Lars Fichtner den Versuch unternom-
men, im Hirn ablaufende Prozesse (
●●
Abb. 1) mittels
Quantentheorie zu modellieren [3]. Die entwickelten
Ideen scheinen auch für eine wissenschaftliche Erklärung
von Prinzipien der Homöopathie geeignet zu sein. Im ers-
ten Abschnitt dieser Arbeit wird nun zunächst an einige
Grundideen der Homöopathie erinnert, soweit sie für das
Nachfolgende relevant sind. Im zweiten Abschnitt wer-
den dann am Beispiel des von Fichtner entwickelten Mo-
dells der Signalerkennung im Hirn [3] einige Grundsätze
der Qua ntentheorie erläutert. Deren Beziehungen zur
Homöopathie werden abschließend im dritten Abschnitt
diskutiert.
Erwähnt sei, dass die Entwicklung der verschiedensten
Messtechniken besonders in den letzten Jahren die Ent-
deckung einer Vielzahl an Effekten ermöglicht hat, die bei
der Informationsverarbeitung und Steuerung von Le-
bensprozessen biologischer Systeme auftreten. Das be-
trifft besonders die Bereiche Genetik und Hirnforschung.
In diesem Zusammenhang setzt sich immer mehr die Er-
kenntnis durch, dass sich diese Prozesse nicht auf der
Grundlage von Prinzipien der klassischen Physik umfas-
send erklären oder gar modellieren lassen. Der interes-
sierte Leser sei dazu auf die Beiträge von Derek Abbott
et al. [1], Stuart Hameroff und Roger Penrose [4], Jeffrey
Schwartz et al. [7] und sowie auf das Literaturverzeichnis
in Lars Fichtners Arbeit [3] verwiesen. Einen ersten Ein-
druck dazu vermitteln auch die Ausführungen im zweiten
Abschnitt dieses Artikels.
Abschließend sei noch bemerkt, dass es bereits eine
ganze Reihe von Untersuchungen und Ideen betreffend
die Beziehung von Quantentheorie und Homöopathie
gibt. Zu nennen sind Namen wie Harald Walach, Otto
Weingärtner, Lionel R. Milgrom, aber auch Walter von
Lucadou oder die quantenlogische Medizin von Walter
Köster. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen,
darauf detailliert einzugehen.
Was ist Homöopathie?
Gerhard Köhler schreibt in seinem Lehrbuch zur Homöo-
pathie [6]:
„Homöopathische Therapie hat das Ziel, die körpereigene Regu-
lation zur Selbstheilung anzuregen und sinnvoll zu steuern …
mit Hilfe einer Arznei, die jedem Kranken in seiner personalen
Lebensweise entspricht. Steuerung der körpereigenen Reaktio-
nen ist nur möglich durch Anpassung an die Ausgangslage jedes
einzelnen Kranken, erkennbar an der Symptomatik. … Im Rah-
men der Gesamtmedizin läßt sich die Homöopathie definieren
als Regulationstherapie.
Als personale Medizin bemüht sich die Homöopathie um die
Integration der Seelenheilkunde und der Körperheilkunde …
Abb. 1 Lars Fichtner versucht im Gehirn ablaufende Prozesse mittels
Quantentheorie zu modellieren. © TVG, R. Stockinger
Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84
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Wahl und Wirkung der homöopathischen Arznei umfaßt die
Gesamtheit der geistig-leiblichen Krankheitsäußerungen.“
Jeder homöopathisch tätige Arzt wird auch alle schul-
medizinischen Möglichkeiten nutzen, um die Beschwer-
den eines Patienten, die Symptome, abzuklären. Aus-
gangspunkt ist dabei, was Kurt-Hermann Illing [5] die k li-
nische Anamnese nennt, ergänzt durch Befunde (Labor,
Fachärzte usw.). Im Ergebnis dessen kann der Arzt zu-
nächst entscheiden, ob der Patient überhaupt homöopa-
thisch behandelt werden kann. Die homöopathische
Anamnese beinhaltet zwar die klinische Anamnese, ist
aber wesentlich umfassender. Ihr Ziel besteht nämli ch
nicht nur darin, eine bestimmte Krankheit zu diagnosti-
zieren und dann eine Standardtherapie zum Einsatz zu
bringen, sondern speziell darin, die Individualität des
Patienten berücksichtigend ein spezielles Medikament
zu dessen Behandlung zu ermitteln.
Folgend sei noch auf einige erkenntnistheoretische Be-
trachtungen zum Verhältnis klinische Anamnese bzw.
Diagnose und homöopatische Anamnese eingegangen.
Wolfgang Würger schreibt dazu [10]:
„Das Erkenntnismodell, das der naturwissenschaftlich orien-
tierten Medizin zugrunde liegt, folgt dem Vorbild der klassi-
schen Naturwissenschaften, vor allem der mechanistischen
Physik. Der Objektivismus besteht in der Überzeugung, es
wäre möglich, eine strikte Trennung zwischen Erkenntnissub-
jekt und Erkenntnisobjekt vorzunehmen. Das erkennende Sub-
jekt (Arzt) erscheint als neutrale Beobachtungs- und Registrie-
rungsinstanz, durch welche das Beobachtungsobjekt (Patient
bzw. dessen Krankheit) als ‚Faktum‘ so aufgenommen wird,
wie es (angeblich) tatsächlich ist. … Während das naturwissen-
schaftliche Erkenntnismodell eine strikte Trennung zwischen
Erkenntnisobjekt und Erkenntnissubjekt postuliert und auch
herstellt, … geht die homöopathische Medizin völlig anders
vor. Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt, Therapeut und
Patient werden in ihrem Erkenntnismodell als in einem perma-
nenten Kommunikationsprozess befindlich begriffen.“
Letzteres trifft wohl auch für die Psychotherapie zu, da
hier oft keine scharfe Trennung möglich ist, wo die Diag-
nose aufhört und die Therapie anfängt.
Die Grundidee des Simileprinzips geht auf Samuel
Hahnemann (1796) zurück. Bei ihm findet sich folgende
Formulierung [6]:
„Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper
eine Art eigene Krankheit. Man ahme die Natur nach, welche
zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andere hinzu-
kommend heilt, und wende in der zu heilenden Krankheit das-
jenige Arzneimittel an, welches eine andere, möglichst ähnliche
künstliche Krankheit zu erregen imstande ist.“
Damit in Verbindung steht das folgende Prinzip der
Arzneimittelfindung bzw. Arzneimittelprüfung (siehe [6]):
Was eine Arznei bewirkt, wird durch Prüfung am Ge-
sunden ermittelt. In ihrer klassischen Form lautet die
Ähnlichkeitsregel: Wähle, um sanft, schnell, gewiß und
dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei,
welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie
heilen soll. …–lateinische Kurzform Similia similibus
curentur als Aufforderung: Ähnliches möge durch Ähn-
liches behandelt werden. Speziell das oben genannte
Prinzip der Arzneimittelprüfung macht deutlich, dass
es sich um eine Art Reiztherapie handelt.
Wie bereits einleitend erwähnt, hängen die meisten
Vorbehalte der Schulmedizin gegenüber der Homöopa-
thie mit der Potenzierung der Ar znei zusammen. Selbst
bei einer Potenz D 6 beträgt der Anteil der Urtink tur
(Wirkstoff) in 1 Gramm der Arznei nur noch
0,000001 g, d.h. 1 Mikrogramm. Bei den Hochpotenzen
kann man erwarten, dass kein einziges Molekül der Ur-
tinktur im Medikament enthalten ist. Trotzdem können
gerade die Hochpotenzen sehr intensiv wirken. Auch
bei gleichen Symptomen ist neben der Wahl des Medi-
kaments (Wirkstoffart) auch die Potenz für die Wirksam-
keit wichtig, d.h. sie kann für verschiedene Patienten in
verschiedener Weise erfolgen müssen.
Grundideen de r Quantentheorie am
Beispiel der Signalerkennung im Hirn
Ein erkenntnistheoretisches Problem
Ausgehend von Erkenntnissen der modernen Hirnfor-
schung hat Lars Fichtner ein Modell für die Signalerken-
nung im Hirn entwickelt [3]. Eingangs wird dabei erläu-
tert, dass ein solches Modell nicht auf den Prinzipien der
klassischen Physik basieren kann, da sich in diesem Fall
Widersprüche zu Erkenntnissen der modernen Hirn-
forschung ergeben bzw. Effekte, wie sie z.B. hinter dem
sogenannten Bindungsproblem stehen, nicht erklärt wer-
den können.
Wolf Singer schreibt dazu [8]:
„… soll ein erkenntnistheoretisches Problem in Erinnerung
gerufen werden, das alle angeht, aber jemandem, der Hirnfor-
schung betreibt, besonders oft und eindringlich begegnet. …
Unsere kognitiven Funktionen sind an eine makroskopische
Umwelt angepasst. … Prozesse im Bereich von Nanometern
sind zwar berechenbar, aber verwehren sich der Anschaulich-
keit und widersprechen nicht selten unserer Primärerfahrung.
Wir betrachten diese Weltbeschreibungen als zutreffend, wenn
sich die aus ihnen abgeleiteten Voraussagen durch Experi-
mente, durch intersubjektiv vereinbarte Beobachtungsverfah-
ren bestätigen lassen. Doch sind auch diese Beobachtungsstra-
tegien von uns erdacht. Sie beruhen auf Verabredungen, deren
Akzeptanz sich just aus den gleichen rationalen Beschreibungs-
systemen herleitet, die zur Erzeugung der zu testenden Hypo-
thesen führt.“
Wie kann man das verstehen? Die Wahrnehmung
unserer Umwelt geschieht primär über unsere Sinnesor-
gane. Auch wenn wir, verglichen etwa mit einem Regen-
wurm, recht gut ausgestattet erscheinen, können wir
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vieles nicht wahrnehmen – beispielsweise selbst starke
radioaktive Strahlung, die doch verheerende Wirkung
auf unseren Körper hat. Wir behelfen uns deshalb mit
Messtechniken, die uns Zahlenwerte liefern (ggf. sehr
viele!). Um diese verstehen bzw. interpretieren zu kön-
nen, machen wir uns ein „Bild“ vom betrachteten Vor-
gang. „Passen“ die Messwerte zum Bild, so sehen wir die-
ses als richtige Widerspiegelung des betrachteten Vor-
gangs an.
Welle und Teilchen
Jeder hat nun schon einmal einen Ball geworfen und des-
sen Flugbahn beobachtet. Auch die Ausbreitung einer
Welle (
●●
Abb. 2) hat jeder schon einmal gesehen. In bei-
den Fällen liegt eine Bewegung vor, die nach unserer ma-
kroskopischen Erfahrungswelt aber völlig verschiedene
Dinge zum Gegenstand hat.
Als Schlagwort hat nun wohl jeder schon etwas vom
„Dualismus von Welle und Teilchen“ in der Quantenme-
chanik gehört. Betrachten wir z.B. ein Elektron. Ein ge-
wisser Typ von Messungen liefert Werte, die zum Bild
eines sehr kleinen, sich im Raum bewegenden Teilchens
passen – gewissermaßen ein Ball, dessen Ausmaße zu
einem Punkt zusammengeschrumpft sind. Ein anderer
Typ von Messungen am gleichen Objekt liefert nun das
Bild einer sich im Raum ausbreitenden Welle. Man
kann noch andere Messungen ausführen, deren Ergeb-
nisse weder zu einem Teilchenbild noch zu einem Wel-
lenbild passen – weitere Bilder wären erforderlich, um
eine Deutung entsprechend unserer Erfahrungswelt zu
ermöglichen. Jedes dieser Bilder hat einen Sinn und
kann nützlich für das Verständnis einzelner Aspekte
sein. Keines der Bilder reicht jedoch aus, um das Verhal-
ten des Elektrons umfassend zu beschreiben. Das und die
scheinbare Widersprüchlichkeit der Bilder macht es prak-
tisch unmöglich, Quantensysteme mit auf unserer Pri-
märerfahrung basierenden Bildern umfassend zu veran-
schaulichen bzw. zu beschreiben. Das kann man nur
mit mathematischen Formeln, wie das auch in der Physik
gehandhabt wird.
Unvorhersagbare Messergebnisse
Auch die von den Fachleuten gewonnenen Erkenntnisse
über die Funktionsweise des Hirns sind nur auf der Basis
von Messungen erstellte „Bilder“. Das Problem ist , dass
diese sich, ähnlich dem Fall des Elektrons, nicht auf klas-
sische Weise zu einer umfassenden Darstellung zusam-
menfügen lassen. Wären Hirnaktivitäten klassisch zu
modellieren, würde dies implizieren, dass man bei präzi-
ser Kenntnis aller Parameter, Eingangsinformationen und
Funktionsweise eines individuellen Hirns sowie darüber
hinaus Beseitigung aller Störquellen den Ausgang eines
Denkprozesses vorhersagen könnte und damit ein freier
Wille nicht existieren würde.
In diesem Zusammenhang ist Lars Fichtner [3] auf
einen der wesentlichen Unterschiede zwischen klassi-
scher Physik und Quantentheorie eingegangen. Aus-
gangspunkt ist die Feststellung, dass ein klassisches Sys-
tem durch einen genügend großen Satz von Messwerten
vollständig bestimmbar ist. Fichtner fährt dann fort:
„Aus der Kenntnis der entsprechenden Messwerte lässt sich
also völlig determiniert auf das Ergebnis jeder weiteren Mes-
sung schließen. Der Zufall bei einem klassischen System lässt
sich also durch genügend viele Messungen an dem realisierten
Abb. 2 Das Bild einer sich im Raum ausbreitenden Welle kennen wir alle.© creativ collection
Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84
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System vollständig beseitigen – er ist gewissermaßen subjekti-
ver Natur, d.h., er beruht nur auf der eigenen Unwissenheit, die
sich zumindest theoretisch beseitigen lässt.
Messungen an Quantensystemen hingegen induzieren eine
Veränderung des Systems (in der Physik bekannt als das von
Neumannsche Messpostulat). Wiederholungen einer Messung
können deshalb verschiedene Messergebnisse liefern, wenn
zwischenzeitlich ein anderer Typ von Messung ausgeführt wur-
de.
Der Zustand eines Quantensystems lässt sich auf diese Weise
niemals vollständig bestimmen. Egal wie viele bzw. welche
Messungen man bereits ausgeführt hat, immer wird es Mess-
prozeduren geben, deren Ergebnis nicht vorhersagbar ist. Der
Zufall bei Quantensystemen ist in diesem Sinne objektiver Na-
tur.“
Hirnaktivitäten mittels Quantensystemen zu modellie-
ren, hat also die Konsequenz, dass man diese Aktivitäten
niemals vollständig kontrollieren kann und damit das Er-
gebnis dieser Aktivitäten nicht vollständig vorausgesagt
werden kann.
Vorgänge im Hirn
Folgend sollen nun die wesentlichen Bestandteile des ge-
nannten Modells der Signalerkennung anschaulich erläu-
tert werden [3]. Auf Details muss dabei verzichtet wer-
den, da dies einen hohen Aufwand bei der Darstellung
des mathematisch-physikalischen Apparates erfordern
würde.
Spezialisten der modernen Hirnforschung sind sich
weitgehend einig in der Auffassung, dass Signale im
Hirn durch Populationen angeregter Neuronen codiert
werden. Ein geringes Quantum an elektrischer Energie
macht dabei den Unterschied zwischen einem angereg-
ten und einem nicht angeregten Neuron aus. Hinsichtlich
ihres Aktivierungsgrades, speziell des Wechsels vom an-
geregten Zustand zum nicht angeregten Fall, verhalten
sich einzelne Neuronen zufällig. Modelle für Signale soll-
ten also statistischer Natur sein.
Im Rahmen der klassischen Stochastik wird dazu die
Theorie neuronaler Netze genutzt. Das macht insbeson-
dere mit der heute verfügbaren Technik Simulationen
möglich. Etwas allgemeiner könnte man zufällige Punkt-
systeme in einem Raum G betrachten, der physikalisch
das Volumen des Hirns repräsentiert. Das Vorhandensein
eines dieser Punkte am Ort eines Neurons würde dabei
charakterisieren, dass dieses Neuron sich im angeregten
Zustand befindet.
Wie bereits angesprochen, gibt es nun eine Vielzahl ex-
perimentell belegter Erkenntnisse, die sich nicht durch
solche klassischen Modelle beschreiben bzw. erklären
lassen. Allen voran ist hier das sogenannte Bindungspro-
blem zu nennen, bei dem es nach Wolf Singer [8] um die
Koordination der Vielzahl gleichzeitig ablaufender Verar-
beitungsprozesse als Teile eines hochkomplexen Selbst-
organisationsprozesses geht. Dieses Bindungsproblem
ist eng verknüpft mit dem folgenden Sachverhalt: Aktivi-
tät in einigen Arealen des Hirns hat sofort Wirkungen auf
andere Areale.
Versuche, dieses Phänomen mit Methoden der klassi-
schen Stochastik zu beschreiben, setzen eine hierarchi-
sche Struktu r des Hirns voraus, an deren Spitze ein ge-
wissermaßen über alle Informationen verfügender „Ko-
ordinator“ steht. Man weiß aber nun seit ca. 10 Jahren,
dass es dieses Koordinationszentrum im Hirn nicht
gibt. Wir zitieren wieder Singer [8]:
„… ergibt sich eine Netzwerkarchitektur, die jeden Hinweis auf
eine pyramidale Organisation mit einem Konvergenzzentrum
an der Spitze vermissen läßt. Man sieht sich vielmehr einem
hoch distributiv und parallel organisierten System gegenüber,
das auf außerordentlich komplexe Weise reziprok vernetzt ist.
Und dies wirft die kritische Frage auf, wie diese vielen gleich-
zeitig ablaufenden Verarbeitungsprozesse koordiniert werden
können. Es gibt hier keinen Agenten, der interpretiert, kontrol-
liert und befiehlt.“
Prinzipiell bietet nun die Quantentheorie eine Mög-
lichkeit, das Bindungsproblem zu erklären. So führt z.B.
eine lokale, abgegrenzte Messung am System zu einem
Kollaps des Gesamtsystems und damit zu einer mathe-
matisch präzise beschreibbaren, globalen Änderung des
Zustands des Systems. Im Gegensatz zu klassischen Sys-
temen, bei denen sich eine Information lokal über ge-
wisse Träger fortpflanzt, ist die Quantentheorie in diesem
Sinne nichtlokal, was sich im Rahmen eines klassischen
Modells nicht erklären lässt.
Bosonensysteme
Im Gegensatz zu Systemen unterscheidbarer Teilchen
und damit allen klassischen Teilchensystemen repräsen-
tieren Bosonensysteme nun eine völlig neue Qualität von
„Zusammengehörigkeit“. Deren Bedeutung für die Mo-
dellierung von Hirnprozessen wurde von Henry Stapp
[9, 7] analysiert. Von ihm stammt auch das folgende Zitat:
„Classical Physics cannot explain consciousness because it can-
not explain how the whole can be more than the parts.“
Der vorangehenden Argumentation folgend werden
wir die in den Sinnesorganen durch Umsetzung äußerer
Reize im Körper sich ausbreitender Signale als Bosonen-
systeme auffassen.
Zur Kodierung bzw. Modellierung von Signalen wird
also ein spezieller Typ von Quanten-Teilchensystemen,
sogenannte Bosonensysteme, verwendet. Die Bosonen
als Teilchen sind dann in einem gewissen Raum G loka-
lisiert, in dem alle Effekte des Signals messbar sind, also
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Sonderdruck für private Zwecke des Autors
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der gesamte Körper des Lebewesens und ggf. darüber hi-
naus. Lars Fichtner führt dazu weiter aus [3]:
„Wir wollen uns jedoch auf die Modellierung kognitiver Pro-
zesse (Wahrnehmen, Erkennen von Signalen, …) beschränken.
Es reicht dazu, als Raum G den Bereich zu wählen, in dem diese
Prozesse stattfinden. Nach Singer ist das bei Säugetieren im we-
sentlichen die Großhirnrinde.“
Für unser Modell in seiner allgemeinen Fassung ist die
konkrete Form von G zunächst unerheblich. Die Ortsver-
teilung eines Bosonensystems beschreibt dann eine zu-
fällige Konfiguration von Punkten, also ein zufälliges
Punktesystem in G. Bezogen auf unser Modell wird diese
zufällige Konfiguration von Punkten mit den Positionen
der angeregten Neuronen identifiziert. Es sei bemerkt,
dass nicht die Neuronen (
●●
Abb. 3) selbst das Quanten-
system repräsentieren, sondern die geringen elektri-
schen Ladungseinheiten, die den Unterschied zwischen
einem angeregten und einem nicht angeregten Neuron
ausmachen. Die Neuronen selbst stellen nur die Orte
dar, wo diese Ladungen lokalisiert sind.
Unsere Wahrnehmung bzw. das Erkennen von Signa-
len hängt nun von unseren Erfahrungen, Wissen etc.
ab. Wolf Singer schreibt dazu in [8] im Abschnitt
Wahrnehmung ist Überprüfung von Hypothesen:
„Das Gehirn ist nie ruhig, sondern generiert ständig hochkom-
plexe Erregungsmuster … Diese Muster hätten dann de facto
die Funktion intern generierter Hypothesen und formten ein-
treffende Sinnessignale gemäß ihren Erwartungen so um,
daß diese ihrerseits Muster aufgeprägt bekommen, in denen
sich der Grad der Übereinstimmung zwischen Erwartung
und tatsächlich Vorhandenem ausdrückt. Das ‚Vorwissen‘
über die jeweils wahrscheinlichsten Zuordnungen müßte … ge-
speichert sein.“
Diese Vorstellung entspricht einer Grundidee des be-
trachteten Modells betreffend die Erkennung von Sig-
nalen. Dabei gehen wir der Einfachheit halber davon
aus, dass die Hypothese selbst ein Signal darstellt, das
aus dem Gedächtnis „abgerufen“ wird, wobei es für un-
sere Zwecke zunächst unwichtig ist, zwischen Kurzzeit-
und Langzeit- bzw. episodischem Gedächtnis zu unter-
scheiden. Der augenblickliche Zustand des Gedächtnisses
sollte also durch ein System von Signalen repräsentiert
werden.
Bei der Beschreibung des Gedächt nisses im Rahmen
eines klassischen Modells würde man nun davon ausge-
hen müssen, dass im Hirn ein spezielles Areal existiert, in
dem das Gedächtnis seinen Sitz hat. Nach Singer existiert
jedoch ein solches Areal nicht, es gibt sogar nicht einmal
Neuronen, die entsprechend spezialisiert sind. Dabei ist
zu bemerken, dass diese Neuronen nicht von Neuronen
abgegrenzt sind, die einzelne Signale tragen. Jedes Neu-
ron kann mal als Träger des Gedächtnisses und schon k ur-
ze Zeit danach als Träger eines von den Sinnesorganen
kommenden Signals mitwirken. Wie auch Singer fest-
stellt, wechseln die Neuronen häufig ihre Bestimmung
in diesem Sinn. Gerade dieser Wechsel, d.h. ein Austausch
ihrer Träger zwischen 2 Signalen, ist ein wichtiger Teil der
Modellierung der Erkennung von Signalen.
Das Modell der Signalerkennung
Die von Fichtner [3] vorgenommene Modellierung des
Gedächtnisses als ein Quantensystem, das selbst ein Sys-
tem von Bosonensystemen (einzelne Signale repräsentie-
rend) ist, trägt diesem Sachverhalt Rechnung. Speziell
tritt der für den Fall klassischer Modelle genannte Wider-
spruch nicht auf. Auf Details betreffend die konkrete Mo-
dellierung des Prozesses der Erkennung eines Signals
kann hier aus den bereits genannten Gründen nicht
eingegangen werden. Erwähnt werden sollen lediglich
folgende Sachverhalte:
●●
Der Prozess besteht aus sehr vielen Teilschritten, für
die jeweils nur eine sehr kurze Zeit benötigt wird,
so dass für den Gesamtprozess nur eine Zeit von
ca. 1/10 Sekunde und zum Teil noch weniger benötigt
wird.
●●
Jeder einzelne Schritt beinhaltet etwas, was der Quan-
tenphysiker de n Kollaps der Wellenfunktion nennt.
Dessen Auftreten geht einher mit einem mit Mess-
techniken wie EEG oder MEG messbaren Verlust an
angeregten Neuronen.
Singer formuliert dazu als Basispostulat [8]:
„Erfolgreiches Gruppieren von Zellen zu Ensembles drückt sich
in der Synchronisation der Entladungstätigkeit der respektiven
Neurone aus. … Zellen, die sich zu einem Ensemble zusammen-
geschlossen haben, entladen im gleichen Takt.“
●●
Das Hirn setzt sich aus verschiedenen Arealen zusam-
men, die für unterschiedliche Aufgaben zuständig
sind. Entsprechend ist jedes Signal in Teile zerlegbar,
deren Verarbeitung parallel erfolgt.
Abb. 3 Neuronennetzwerk. © Fotolia, ktsdesign
Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84
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Es ist nun bekannt, dass Signale oder Teile davon nur
dann erkannt bzw. wahrgenommen werden können,
wenn sie gewisse Elementarsignale enthalten, die be-
stimmte Merkmale repräsentieren. Singer redet in die-
sem Zusammenhang von Merkmalsrepräsentationen
durch Ensembles. Nur Signale, die sich aus solchen Ele-
mentarsignalen in gewisser Weise zusammensetzen,
sollten also im Gedächtnis gespeichert sein.
Das hier betrachtete Modell zeigt entsprechend [3]:
●●
Von den Sinnesorganen kommende Signale können
nur dann erkannt werden, wenn sie solche Elementar-
signale enthalten.
Dazu sei noch erwähnt, dass bei der Zerlegung des ge-
samten Volumens G des Hirns in für unterschiedliche
Aufgaben zuständige Areale nicht nur die Teile des Hirns
erfasst werden, die direkt für die Verarbeitung von den
Sinnesorganen erzeugter Signale zuständig sind, sondern
alle Areale – also z.B. auch motorische Zentren bzw. deren
Teile. Ein von den Sinnesorganen erzeugtes Signal ist
dann dadurch gekennzeichnet, dass es betreffend diese
Teile nur das leere Signal enthält. Singer zufolge sind
diese nicht direkt mit den Sinnesorganen in Verbindung
stehenden Areale ebenfalls Bestandteile des komplexen
Prozesses der Selbstorganisation mit Rückkopplung zu
den sensorischen Zentren. Schließlich enthalten auch
diese Teile des Hirns Informationen (und verarbeiten
diese), die ebenfalls durch Populationen angeregter Neu-
ronen kodiert sind und deshalb im Sinne des Modells als
Signale beschrieben werden können.
Das von Lars Fichtner als „Gedächtnis“ bezeichnete
und durch ein Quantensystem modellierte Objekt reprä-
sentiert also die gesamte Information, die das Individuum
für die Verarbeitung von Informationen aus der Umwelt
in Gestalt von Signalen und der Steuerung aller Reaktio-
nen benötigt. Das Verschwinden dieses Quantensystems
würde den Tod des Individuums bedeuten. In der Sprache
der Quantenphysik heißt das, das Quantensystem würde
in den Vakuumzustand übergehen. In der Sprache der
Hirnforscher würde es bedeuten, dass alle Neuronen
„entladen“ wären, d.h. kein Neuron wäre mehr in einem
angeregten Zustand.
Homöopathie und das Modell
der Signalerkennung
Die Lebenskraft als Quantensystem
Bei dem zuvor erläuterten Modell der Signalerkennung
[3] wird das gesamte Wissen des Individuums durch
ein Quantensystem (dort Gedächtnis genannt) repräsen-
tiert. Für das Modell in seiner allgemeinen Fassung ist es
nun unerheblich, dass dieses Quantensystem im Hirn
lokalisiert sein soll. Vielmehr erscheint es natürlicher,
den gesamten Körper als den physikalischen Raum zu be-
trachten, in dem das die Prozesse im Körper „steuernde“
Quantensystem lokalisiert ist. Schließlich sind auch Lebe-
wesen, die gar kein Hirn und nicht einmal Neuronen be-
sitzen, in der Lage, Signale zu erkennen und darauf zu rea-
gieren.
Im vorherigen Abschnitt wurde bereits erläutert, dass
●●
das Vorhandensein des Qua ntensystems den Unter-
schied zwischen einem Lebewesen und seiner nach
dem Tod noch vorhandenen „sterblichen Hülle“ aus-
macht.
●●
der Zustand eines Quantensystems niemals durch
Messungen vollständig bestimmbar ist.
●●
die Entwicklung und Wirkungsweise eines Quanten-
systems nicht vorhersagbar ist.
Abb. 4 Signale werden nur erkannt,
wenn Sie Elementarsignale enthal-
ten. © PhotoDisc
82 Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84
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Berücksichtigt man ferner, dass die einzelnen „Teilchen“
des betrachteten Quantensystems keine Masse besitzen,
also nicht körperlicher Natur sind, so wird zumindest eine
formale Analogie zu dem erkennbar, was Hahnemann
„Lebenskraft“ bzw. „eine geistartige, den Körper des Men-
schen belebende Kraft“ nennt.
Weiter wurde ausgeführt, dass ein von den Sinnesor-
ganen kommendes Signal, betrachtet als Bosonensystem,
mit dem das Gedächtnis repräsentierenden Quanten-
system in Wechselwirkung tritt, wobei im Ergebnis ein
modifiziertes Signal entsteht. Dieses verändert das das
Gedächtnis repräsentierende Quantensystem, was einer
Form von Lernen entspricht. Konkret wird dieser Prozess
in Fichtners Abhandlung [3] zwar nicht betrachtet, aber
ein mathematisch-physikalisch präziser Ansatz dafür
existiert bereits. Das von den Sinnesorganen kommende
Signal stellt also einen Reiz dar, der eine Reaktion des In-
dividuums hervorruft, als deren Ergebnis sich dessen Zu-
stand verändert. Man erkennt die Analogie zu dem Wir-
kungsprinzip homöopathischer Medikamente. Insbeson-
dere im Fall der Hochpotenzen, die ja materiell keinen
Anteil des eigentlichen Wirkstoffes mehr enthalten, er-
scheint eine Modellierung als Quantensystem, wie bei
dem von den Sinnesorganen kommenden Signal, sinnvoll
zu sein. Wie dieses durch den Wirkstoff bestimmte Quan-
tensystem von seiner materiellen Basis im Verlaufe des
Potenzierungsverfahren „abgetrennt“ wird, ist jedoch
noch unklar. Hinweise dazu könnten moderne physikali-
sche Theorien zur Entstehung von Materie aus Quanten-
systemen geben (siehe z.B. [9]).
„Gewöhnliche“ Medikamente enthalten nun eine rela-
tiv große Menge an Wirkstoffen, die sich direkt auf den
Körper, also den Raum, in dem unser Quantensystem lo-
kalisiert ist, auswirken. Dabei ist zu beachten, dass nicht
nur die anatomische Beschaffenheit des Körpers bis hin
zu den einzelnen Zellen diesen Raum charakterisiert,
sondern auch vorhandene chemische Substanzen, z.B.
Hormone. Eine der Besonderheiten von Quantensyste-
men gegenüber klassischen Systemen besteht nun darin,
dass Veränderungen am Raum, in dem sie lokalisiert sind,
gravierende, oft schwer kalkulierbare Str ukturänderun-
gen des Gesamtsystems zur Folge haben können. Die Ver-
abreichung eines „gewöhnlichen“ Medikaments kann
also einerseits über die im obigen Sinne bewirkte „Raum-
veränderung“ positiv auf das die „Lebenskraft“ beschrei-
bende Quantensystem wirken. Anderseits kann es jedoch
unkalkulierbare „Nebenwirkungen“ haben. Gerade das ist
bei homöopathischen Medikamenten prakti sch ausge-
schlossen.
Individuelle Abstimmung zwischen der Arznei
und dem Quantensystem „Lebenskraft“
Bekanntlich ist es problematisch, die Wirksamkeit ho-
möopathischer Medikamente oder gar deren Überlegen-
heit gegenüber klassischen Medikamenten auf der Basis
statistischer Methoden nachzuweisen. Nicht zuletzt liegt
das daran, dass die Wahl bzw. Wirksamkeit des homöo-
pathischen Medikaments von der Individualität des Pati-
enten abhängt. Auch dieser Fakt kann möglicherweise
durch Übertragung des Modells der Signalerkennung er-
klärt werden. Dort wird nämlich deutlich, dass ein Signal
von den Sinnesorganen nur dann in einem bestimmten
Areal des Hirns direkt wirksam wird, wenn es für das Are-
al charakteristische Elementarsignale enthält. Damit
wird verständlich, dass zum Beispiel ein vom Auge kom-
mendes Signal primär nur im Sehzentrum Reaktionen
hervorruft, obwohl bei der hochgradigen Vernetzung
des Hirns auch eine Ausbreitung des Reizes auf andere
sensorische Zentren erwartet werden muss. Nun sind
Auge und Sehzentrum bei jedem Individuum so aufeinan-
der abgestimmt, dass die visuelle Wahrnehmung funkt io-
niert, d.h. der vom Augekommende Reiz ist zum Sehzent-
rum passend, ansonsten wäre das Individuum nicht in
der Lage zu sehen. Ein künstlich erzeugter Reiz, wie
etwa bei gewissen Tierversuchen mit Elektroden im
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Fichtner KH, Fichtner L, Fichtner C. Homöopathie und Quantentheorie. ZKH 2010; 54 (2): 76–84 83
Sonderdruck für private Zwecke des Autors
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Hirn, muss deshalb sehr genau abgestimmt sein, um beim
Individuum in einem bestimmten Areal des Hirns eine
konkrete „Scheinwahrnehmung“ erzeugen zu können.
Soll entsprechend die Gabe eines Medikaments, aufge-
fasst als Reiz, stimulierend auf einen ganz bestimmten
Bereich (nicht unbedingt räumlich zu verstehen) unseres
die „Lebenskraft“ repräsentierenden Quantensystems
wirken, muss dieses genau angepasst sein, d.h. zumindest
Typ (entspricht Wirkstoff) und Intensität des den Reiz
darstellenden Quantensystems (entspricht Potenz) müs-
sen der Beschaffenheit des Bereichs beim konkreten Indi-
viduum entsprechen. Dabei dür ften dem Modell zufolge
Mischungen nicht verwendet werden, was ja ebenfalls
einem Grundsatz der Homöopathie entspricht.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das
aus den Erkenntnissen der modernen Hir nforschung in
präziser Weise abgeleitete mathematisch-physikalische
Modell der Signalerkennung im Hirn, geeignet modifi-
ziert, durchaus eine naturwissenschaftliche Fundierung
von Grundsätzen der Homöopathie auf der Basis der
Quantentheorie ermöglichen kann.
Online zu finden unter:
http://dx.doi.org//10.1055/s-0029-1242603
Prof. Dr. Karl-Heinz Fichtner: Promo-
tion 1972 zum Dr. rer. nat., Habilitation
1977, Ordentlicher Professor für
Stochastik an der Universität Jena 1983,
Mitglied des Zentrums für Quanten-
Bio-Informatik in Japan, aktueller For-
schungsschwerpunkt: Modellierung
von Hirnprozessen, ca. 60 Publikatio-
nen in wissenschaftlichen Zeitschriften
Dr. Lars Fichtner: Abschluss Studium
Psychologie 2006, Promotion 2009
zum Dr. phil., 6 Publikationen in
wissenschaftlichen Zeitschriften, bisher
Tätigkeit am Lehrstuhl für Klinische
Psychologie und der Klinik für Psy-
chiatrie der Universität Jena
Dr. Christa Fichtner: Approbation
1974, Promotion 1976 zum Dr. med.,
Facharzt für Kinderheilkunde 1979,
nach Tätigkeit an verschiedenen Klini-
ken seit 1991 niedergelassen als Prak-
tischer Arzt/Homöopathie
gemeinsame Postanschrift:
Emil-Klingner-Str. 16
07646 Stadtroda
Telefon: 03642841868
fichtnerkh@web.de
●●
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gnalerkennung im Hirn. Dissertation erstellt
am Lehrstuhl Klinische Psychologie der Uni-
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