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Der Olympiastützpunkt (OSP) Bayern ist mit über 800 Bundeskaderathleten aus 17 olympischen Fachverbänden der größte von 20 OSPs in Deutschland. Von ihm ging die Initiative aus, eine Arbeitsgruppe „Ernährungsberatung an den Olympiastützpunkten“ zu gründen. Ziel ist es, die Vernetzung und den Austausch mit den anderen Stützpunkten zu fördern und so die Ernährungsberatung als wichtigen Bestandteil in der Betreuung der Kaderathleten zu etablieren.
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Ernährung 2008 · 2:210–212
DOI 10.1007/s12082-008-0181-0
© Springer Gesundheits- und
Pharmazieverlag 2008
C. Osterkamp-Baerens
Olympiastützpunkt Bayern, München
Ernährungsberatung an
den Olympiastzpunkten
Leitthema: Sport und Ernährung
Der Olympiastützpunkt (OSP) Bay-
ern ist mit über 800 Bundeskader-
athleten aus 17 olympischen Fach-
verbänden der gßte von 20 OSPs in
Deutschland. Von ihm ging die Initia-
tive aus, eine Arbeitsgruppe „Ernäh-
rungsberatung an den Olympiastz-
punkten“ zu gründen. Ziel ist es, die
Vernetzung und den Austausch mit
den anderen Stützpunkten zu för-
dern und so die Ernährungsberatung
als wichtigen Bestandteil in der Be-
treuung der Kaderathleten zu etab-
lieren.
Fallbeispiele
Anna ist 14 Jahre alt und gehört zu den
besten Nachwuchseistänzerinnen in
Deutschland. Training und Schule sind
anstrengend. Ihre Mutter macht sich Sor-
gen, ob ihre Ernährung auch alle Nähr-
stoffe abdeckt, zumal ihre Tochter sport-
bedingt sehr auf ihre Figur achten muss.
Zwei Nordische Kombinierer sind im letz-
ten Winter bei den Weltcup-Dreier-Se-
rien eingebrochen, weil sie die Verpfle-
gung an der Schanze und der Loipe nicht
in den Griff bekommen haben. Sie wol-
len wissen, wie sie es nächstes Jahr besser
machen können. Und eine Sportschützin
will ihre Ernährung am Wettkampftag bei
den Olympischen Spielen in Peking opti-
mal planen.
Olympiastzpunkte
Hilfe bei so spezifischen Problemen im
Leistungssport bekommen zumindest die
bundesweit Besten ihrer Sportart die so
genannten Bundeskaderathleten und
-athletinnen sowie ihre Trainerinnen
und Trainer bei der Erhrungsbera-
tung an den Olympiastützpunkten (OSP).
Während die Sportfachverbände und der
Deutsche Olympische Sportbund (DOSB)
als Dachorganisation in erster Linie Inter-
essenvertreter der in ihnen organisierten
Vereine sind, haben die bundesweit der-
zeit 20 OSPs
1
die Aufgabe, die deutschen
Topathleten durch qualitativ hochwertige
Betreuungsangebote im glichen Trai-
ning, aber auch bei zentralen Trainings-
maßnahmen der Nationalmannschaften
optimal zu unterstützen. Im Fokus die-
ser Betreuung steht ein erfolgreiches Ab-
schneiden der deutschen Topathleten bei
den Olympischen Spielen. Als Non-Profit-
Organisationen gibt es für OSPs je nach
regionalen Gegebenheiten unterschied-
liche Trägerschaftsmodelle. Sie werden fi-
nanziert aus Mitteln dernder, Kommu-
nen und Landessportbünde, mit Hilfe von
Sponsorenverträgen und Kooperationen
mit der freien Wirtschaft sowie aus Bun-
desmitteln.
Das Service- und Betreuungsange-
bot der OSPs umfasst grundsätzlich al-
le leistungssportrelevanten Felder, wo-
bei die OSPs je nach regionalen Gegeben-
heiten die Bereitstellung dieser Diens-
1
s. a. http://www.hochschulfuehrer-spitzen-
sport.org/cms/Olympiastuetzpunkte.103.0.html
Abb. 1 8 Die verschiedenen Sportarten stellen unterschiedliche Anforderungen an die Ernährungs-
bedürfnisse der Sportler
Sportarten mit
unterschiedlichen
Anforderungen
Kraftausdauer-
Ausdauer-
Technisch-
kompositorische
Kampf-
Konzentrations-
Spiel-
Kraft-
Schnellkraft-
Marathon Straße > 5 km
Sprint / Wurf
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te unterschiedlich gestalten. Die Kernbe-
reiche Sportmedizin und Trainingswis-
senschaften decken zum Beispiel eini-
ge OSPs mit eigenem Personal ab, einige
kooperieren mit nahe gelegenen Univer-
siten. Die Physiotherapie wird meist in
eigenen umen auf freiberuflicher Basis
abgedeckt. In entlegenen Regionen mit ei-
ner geringeren Zahl von Athleten beste-
hen für alle genannten Bereiche meist Ko-
operationen mit vor Ort niedergelassenen
Sportärzten und Physiotherapeuten sowie
ansässigen Trainern.
Ernährungsberatung
Die Ernährungsberatung ist das ngs-
te Betreuungsangebot an den OSPs in
Deutschland und befindet sich zur-
zeit noch in der Entwicklung. Entspre-
chend heterogen ist die Situation. So bie-
ten nicht alle OSPs Ernährungsberatung
an. Bei einigen gehört die Ernährungs-
beratung zum Aufgabengebiet der Sport-
ärzte, die meisten OSPs arbeiten jedoch
mit Freiberuflern zusammen. Dabei sind
die Budgets sehr unterschiedlich. Volle
Stellen gibt es in diesem Betreuungsbe-
reich bundesweit nicht. Gerade weil die
Sportlerernährung weder im deutschen
Sport noch im Ausbildungsplan der Er-
nährungswissenschaften eine echte Tra-
dition hat, lebt die Ernährungsberatung
an den OSPs vom Engagement und Ein-
satz des jeweiligen Beraters. Die deutsch-
sprachige Sporternährungsliteratur reicht
für die Anforderungen in diesem Spezi-
albereich der Ernährungsberatung nicht
aus. Originalliteratur, die Standardwerke
aus Australien und den USA sowie die
Konsensusberichte des IOC sind Pflicht-
lektüre.
Dreh- und Angelpunkt in der Ernäh-
rungsberatung von Athleten und de-
ren Trainern ist die Frage, wie die aktu-
ellen, sportspezifischen Anforderungen
an den Körper durch die Ernährung un-
terstützt und optimiert werden können
(. Abb. 1). In der Erstanamnese sind da-
her Fragen nach Trainingsdauer, Intensi-
tät, Trainingshäufigkeit, Außentempera-
turen beim Training und Saisonzielen ein
absolutes Muss. Auf der Grundlage die-
ser Daten muss abgeschätzt werden, wel-
che Nährstoffe der Athlet in welcher Men-
ge zuführen muss. Geklärt werden muss
beispielsweise auch, ob ein Carboloading
für den Wettkampf sinnvoll ist oder ob
die Nachteile des schlechteren Kraft-Last-
Verhältnisses aufgrund des höheren r-
pergewichts durch die übervollen Gly-
kogenspeicher überwiegen. Auch ist es
wichtig herauszufinden, welches Getränk
während der Belastung am günstigsten ist.
Hinzu kommen Spezialthemen, wie zum
Beispiel Empfehlungen für die Ernährung
im Höhentrainingslager, in extremer Käl-
te auf der Loipe oder der Piste, in der ex-
tremen Hitze Pekings, nach dem Wiegen
bei Gewichtsklassensportarten… Grund-
kenntnisse in der Trainingslehre sind ei-
ne wichtige Voraussetzung und Eigener-
fahrung im Leistungssport natürlich von
grem Vorteil.
Erfahrung ist überhaupt wie in den
meisten Fachbereichen eine wichtige
Komponente. Für sportartspezifische
und unter den teilweise widrigen Umstän-
den beim Training oder Wettkampf auch
umsetzbare Ernährungspläne und Tipps
muss man die Sportart, deren Trainings-
abläufe und Wettkampfbedingungen in-
klusive Pausenregelung sowie die Mög-
lichkeiten und Grenzen der Verpflegungs-
logistik vor Ort kennen. In Deutschland
ist es unüblich, dass Ernährungsberater
mit auf Wettkämpfe fahren. Die Tipps
und Empfehlungen müssen daher so
sein, dass sie von den Athleten und de-
ren Betreuerteam alleine umgesetzt wer-
den können. Da es schwierig ist, in allen
derzeit 35 olympischen Sommer- und 15
Wintersportarten diese Erfahrungswerte
zu haben, ist der Austausch mit anderen
Olympiastützpunktberatern natürlich
sehr wertvoll.
Arbeitsgruppe Ernährungsbe-
ratung an den OSPs
Anfang der 90er Jahre, fanden einige
Weiterbildungsveranstaltungen für Er-
nährungsberater und Sportärzte an den
OSPs statt. Durch das enggestrickte Vor-
tragsprogramm kam der Austausch un-
tereinander jedoch zu kurz, so dass es zu
keiner Vernetzung der Ernährungsbera-
ter kam. Daher lud die Ernährungsbe-
ratung des Olympiastzpunktes Bayern
im Frühjahr 1997 alle Stützpunkte zu ei-
ner Arbeitstagung nach München ein,
um über die Situation der Ernährungs-
beratung an den OSPs und die Gründung
einer Arbeitsgruppe zu diskutieren. Am
Ende der intensiven Gespräche wurde
die Arbeitsgruppe (AG) „Ernährungsbe-
ratung an den Olympiastzpunkten, ge-
tragen von den 7 anwesenden Kollegen,
gegründet.
Neben dem fachlichen Austausch lie-
gen die Ziele der AG vor allem in einer
stärkeren Standardisierung des Beratungs-
angebots an den Stützpunkten, der Erar-
beitung sportspezifischer Erhrungs-
konzepte und einer Verbesserung der
Integration der Ernährungsberatung in
Tab. 1 Projekte der AG „Ernährungsberatung an den Olympiastützpunkten
a
1998/99 Pilotprojektes „Diagnosekonzept Ernährungsstatus“ zum Test und zur Validierung eines
für die besonderen Anforderungen im Spitzensport modifizierten 24-h-recalls zur
Ernährungserhebung
2000 Analyse der Gemeinschaftsverpflegung im Sportzentrum Kienbaum, wo sich ein Groß-
teil der Olympiamannschaften auf die Sommerspiele 2000 vorbereiten
2001 Analyse der Verpflegung in der Sportfördergruppe Oberhof / Thüringen und der
Ernährungssituation der dort stationierten Olympiakandidaten in Vorbereitung auf die
olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City
2003 Analyse der Gemeinschaftsverpflegung in den „Häusern der Athleten“
2004 Organisation des 1. Weiterbildungs- und Diskussionsforums „Leistungssportler als
Tischgäste“ für chenleiter in Einrichtungen des deutschen Spitzensports in
Kooperation mit dem Schulungszentrum der Nestlé FoodServices in Heppenheim
2005 Erarbeitung des Leitfadens „Leistungskatalog und Qualitätskriterien für das
Verpflegungsangebot in Einrichtungen des deutschen Spitzensports“
2006 Organisation des 2. Weiterbildungs- und Diskussionsforums „Sportgerecht und kosten-
orientiert kochenam OSP Potsdam in Kooperation mit F&B support Uwe Ladwig
2007 Erarbeitung der Ernährungsempfehlungen „Essen und Trinken in China“ als Leitfaden
für die Topathleten hrend der Testwettkämpfe und der Spiele in Peking
a
Alle Projekte wurden mit Mitteln des DOSB finanziert; das Projekt im Jahr 2004 außerdem durch das Schulungs-
zentrum der Nestlé FoodServices; das Projekt im Jahr 2006 durch F&B support Uwe Ladwig
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das bestehende Athleten-Betreuungssys-
tem. Seit 1997 trifft sich die AG regelmä-
ßig zweimal jährlich und hat in dieser Zeit
verschiedene bundesweite Projekte bear-
beitet (. Tab. 1). Von 2000 bis 2006 kon-
zentrierte sich die AG besonders auf den
Bereich der Gemeinschaftsverpflegung
und erarbeitete nach der Erhebung der Ist-
Situation mit dem „Leistungskatalog und
Qualitätskriterien für das Verpflegung-
sangebot in Einrichtungen des deutschen
Spitzensports“ den ersten Leitfaden spe-
ziell für Küchenleiter in den Häusern der
Athleten, Bundesleistungszentren und an-
deren Sporteinrichtungen.
Derzeit arbeiten die Erhrungsbe-
rater der OSPs Bayern, Cottbus/Frank-
furt O., Freiburg, Hamburg, Hessen, Nie-
dersachsen, Potsdam und Rheinland aktiv
in der AG mit. Die hohe personelle Fluk-
tuation, die die freiberufliche Organisati-
on der Ernährungsberatung an OSPs mit
sich bringt, bremst die fachliche Entwick-
lung der AG zwar etwas. Dennoch hat die
AG in der Welt des deutschen Sports ei-
niges bewegt. Dazu zählen:
F der Leistungskatalog für die Gemein-
schaftsverpflegung,
F die Organisation der zwei Weiterbil-
dungs- und Diskussionsforen für Kü-
chenleiter und
F die Ernährungstipps „Essen und Trin-
ken in China“ für die Olympiakandi-
daten 2008, die in den „Medizinischen
Ratgeber Peking 2008“ des Bundesins-
titutsr Sportwissenschaften und des
DOSB aufgenommen wurden.
Ausblick
Seit dem gemeinsamen Auftreten als AG
hat sich auch die Wahrnehmung der Er-
nährungsberatung bei DOSB, OSP-Lei-
tern und Bundestrainern deutlich ver-
bessert. In den nächsten Jahren möchte
die AG ein Weiterbildungsangebot für
die Küchenleiter in Einrichtungen des
Deutschen Spitzensports im Zwei-Jahres-
Rhythmus etablieren. Darüber hinaus
soll der Leistungskatalog als Maßstab für
die Beurteilung der Verpflegung in Ein-
richtungen für Athleten noch stärker ver-
ankert werden. Vorangetrieben werden
soll auch die Erarbeitung von sportspezi-
fischen Ernährungskonzepten. Des Wei-
teren sollen die Einflussmöglichkeiten ei-
ner individuellen, auf die Situation und
die Trainingsumfänge abgestimmten Er-
nährung auf die Leistung noch besser her-
ausgearbeitet werden.
Korrespondenzanschrift
Dr. Claudia Osterkamp-Baerens
Diplom-Oecotrophologin
Ernährungsberatung Olympia-
stützpunkt Bayern
Spiridon-Louis-Ring 25
80809 München
costerkamp@ospbayern.de
Leitthema: Sport und Ernährung
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