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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2012) 106, 185—194
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SCHWERPUNKT II
Anreize für Eigenverantwortung: Begriffsbestimmung
und Evidenzlage
Incentivising personal responsibility: conceptual clarification and evidence
Harald Schmidt
∗
Center for Health Incentives and Behavioral Economics, Leonard Davis Institute of Health Economics, University of Pennsylvania,
Philadelphia
SCHLÜSSELWÖRTER
Eigenverantwortung;
Prävention;
Bonusprogramme;
public health;
Ethik
Zusammenfassung Zwei Bedeutungen von Eigenverantwortung werden unterschieden und
unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten gesundheitsförderliches Verhalten und Eigenverant-
wortung zu bewirken werden vorgestellt. Zentralen Einsichten aus Studien über die Förderung
von Eigenverantwortung durch die Bereitstellung von Gesundheitsinformation und durch Anreiz-
systeme wie Bonusprogramme werden beschrieben, und unter den Gesichtspunkten des
Gesundheitsförderungs- und Kostensenkungspotenzials diskutiert. Weiterhin wird behandelt,
welche Populationsgruppen Anreizprogramme zu welchem Maß nutzten. Es wird geschlossen,
dass aufgrund verschiedener Faktoren die Datenlage zur Effektivität von Anreizprogrammen
ungenügend ist. Evaluationsbestimmungen nach SGB V sollten nicht allein auf Kosten fokussie-
ren, sondern auch auf das sozioökonomische Profil der Nutzer von Anreizprogrammen, sowie
auf tatsächliche Gesundheitsverbesserung, und entsprechend revidiert werden.
(Wie vom Gastherausgeber eingereicht)
KEY WORDS
personal
responsibility;
prevention;
wellness incentives;
public health;
ethics
Summary Two meanings of personal responsibility are distinguished, and different policy
options for promoting health and responsibility are presented. Key insights from
research seeking to promote personal responsibility through health information and incen-
tives are outlined and discussed with regard to their potential to improve health and
reduce cost. Data is presented on the socioeconomic characteristics of incentive pro-
gramme users. It is concluded that due to different factors the availability of data regarding
the effectiveness of incentive programmes is unsatisfactory. Evaluation requirements set out in
the German Social Security Code (SGB V) should focus not only on cost, but should also extend
to changes in health status and the socioeconomic status of users: provisions should be revised
accordingly.
(As supplied by publisher)
∗
Korrespondenzadresse: Harald Schmidt, Research Associate,
Center for Health Incentives and Behavioral Economics, Leonard
Davis Institute of Health Economics, University of Pennsylva-
nia, 1129 Blockley Hall, 423 Guardian Drive, Philadelphia, PA
19104-6021.
E-Mail: schmidth@mail.med.upenn.edu
Einleitung
Eigenverantwortung ist ein schillernder Begriff mit unter-
schiedlichen und oft sich überlagernden Bedeutungen im
lebensweltlichen, medizinischen, juristischen und ethischen
1865-9217/$ – see front matter
doi:10.1016/j.zefq.2012.03.017
Author's personal copy
186 H. Schmidt
Sprachgebrauch. Nach einer kurzen Einführung in zwei
zentrale Aspekte des Begriffs werden unterschiedliche Rege-
lungsmöglichkeiten vorgestellt, gesundheits-förderliches
Verhalten und Eigenverantwortung zu erwirken. Anschlie-
ßend wird ein Überblick zu zentralen Einsichten aus
Studien über die Förderung von Eigenverantwortung durch
die Bereitstellung von Gesundheitsinformation und durch
verschiedene Anreizsysteme gegeben, wobei der Fokus
auf letzteren liegt. Es werden verschiedene Motivationen
betrachtet, die Regelungsmöglichkeiten zugrunde liegen
können, und die von besonderer Relevanz für die Gene-
rierung, Analyse und Bewertung von Evidenz bei den
Maßnahmen der Förderung von Eigenverantwortung sind.
Am Beispiel der Evaluationsdaten einer großen deutschen
Krankenkasse wird das Potenzial in Bezug auf Kosteneinspa-
rungen illustriert. Eine Annäherung an die Frage, welche
Personengruppen zu den Gewinnern und Verlieren von
Bonusprogrammen gehören, wird anhand von Daten des Ber-
telsmann Gesundheitsmonitors vorgenommen. Ich schließe
mit Anmerkungen zu Herausforderungen in der Evaluation
und Regelung von Anreizprogrammen.
Zwei Aspekte der Eigenverantwortung
Es gibt keinen kanonischen Sinn von Eigenverantwortung. In
der Literatur sind zahlreiche Unterscheidungen zu finden,
die nicht immer aufeinander Bezug nehmen, und unter ande-
rem auf prospektive, retrospektive, kausale, moralische und
Haftbarkeits-Eigenverantwortung abzielen [1,2]. Für die fol-
genden Ausführungen soll der Einfachheit halber lediglich
zwischen zwei Aspekten differenziert werden.
Bei Apellen an Eigenverantwortung kann man in einem
nicht-normativen Sinn darauf abstellen, dass bestimmte
Gesundheitszustände maßgeblich vom eigenem Verhalten
abhängen, und selbst bei idealen sozialen und sonstigen
wichtigen Bedingungs- und Ermöglichungsfaktoren indivi-
duelle Tätigkeit erfordern. In diesem Sinn muss man sich
überlegen, ob und wieviel man isst, trinkt und raucht,
Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nimmt, oder zum Bei-
spiel Sport betreibt: niemand kann diese Dinge für einen tun,
und sie bleiben in diesem Sinn der eigenen Verantwortung
überlassen. Entsprechende Entscheidungen und Handlungen
haben zentral mit individuellen Vorstellungen eines guten
oder gelingenden Leben zu tun. Maßnahmen, die versuchen,
Eigenverantwortung in dieser Hinsicht zu stärken, haben als
Hauptziel, informierte Entscheidungen im Sinn von Empo-
werment zu ermöglichen. Verantwortlich sind Personen nach
dieser Lesart hauptsächlich sich selbst gegenüber.
Individuelle gesundheitsrelevante Handlungen haben
aber oft auch Konsequenzen für andere. Sie können dann
Gerechtigkeitsfragen aufwerfen, und in diesem Sinn eine
normative Bedeutung bekommen. Oft wird dabei ange-
nommen, dass gesund zu sein erstrebenswert ist, weil es
mit geringeren Kosten für das Gesundheitssytem verbun-
den ist. Ziel von Regelungen, die Eigenverantwortung in
diesem Sinn stärken, ist daher typischerweise, Gesundheit
als Zustand zu fördern, wie auch solches Verhalten, das zu
effizienter Nutzung von Gesundheitsleistungen führt. In die-
ser Form der Eigenverantwortung sind Personen in einem
abstrakten Sinn verantwortlich gegenüber der solidarischen
Versicherungsgemeinschaft, oder — konkreter — gegenüber
den Krankenkassen, die auf wahrgenommene oder fehlende
Eigenverantwortung mit Sanktionen durch finanzielle Vor-
und Nachteile reagieren können [3—5].
Regelungsmöglichkeiten
In einem Bericht zur Ethik von Public Health-Interventionen
unterschied das englische Nuffield Council on Bioethics
Regelungsmöglichkeiten individuellen Verhaltens im Rah-
men einer acht-stufigen ,,Interventions-Leiter‘‘. Bei dieser
stehen Maßnahmen, die als wenig eingreifend oder Zwang
ausübend empfunden werden, am unteren Ende der Leiter,
und solche, die Freiheit und Autonomie stärker einschrän-
ken, weiter oben. Je weiter oben eine Maßnahme rangiert,
umso umfassender sollte die Evidenz zur Wirksamkeit, wie
auch die Rechtfertigung für die Einführung der Interven-
tion insgesamt sein [6]. Entsprechend findet sich auf der
untersten Stufe die Option Nichts tun, wobei die Annahme
sein kann, dass Menschen selber am besten wissen, was
gut für sie ist. Auf der nächsten Stufe ist der Fokus darauf
gerichtet, Informationen bereitzustellen, und zwar unter
Anerkennung des Umstandes, dass Gesundheitsmündigkeit
ein Zustand ist, den man erlangen muss, und den man nicht
von vornherein hat. Mögliche Formen schließen zum Bei-
spiel Ernährungskunde in Schulen, Gesundheitsinformations-
Broschüren, Seminare oder Kalorienangaben auf Lebens-
mitteln ein. Auf der nächsten Stufe geht es darum,
Wahlmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, beispielsweise
Radwege, günstige und gesunde Ernährung, oder Screening-
Angebote. Denn nach dem Diktum ,sollen impliziert können’
kann man Menschen nur dann zur Verantwortung ziehen,
wenn sie sich auch auf die richtige Weise verhalten hät-
ten können — allerdings können Wahlmöglichkeiten auch
als Druck ausübend empfunden werden. Eine weitere Mög-
lichkeit, Verhalten zu beeinflussen, ergibt sich aus der
nächsten Stufe, bei der es darum geht, die Grundposi-
tion zu verändern, oder Menschen einen Anstoß zu geben,
sich auf Weisen zu Verhalten, die dem Gesundheitssystem
dienen, auch wenn sie frei sind, sich in andere Richtun-
gen zu bewegen. Beispielsweise kann man in Kantinen
gesündere Speisen einfacher zugänglich machen oder bei
der Organspende eine opt-out statt einer opt-in Rege-
lung einführen. Eine direktere Form der Steuerung ist auf
den nächsten beiden Stufen mit Anreizen und Bestrafun-
gen gegeben. Wie noch weiter unten ausgeführt werden
wird, ist die Unterscheidung allerdings nicht ganz trenn-
scharf, da das nicht-Erhalten eines Anreizes durchaus einer
Strafe gleichkommen kann, und umgekehrt Bestrafungen
auch eine Anreizfunktion haben können. In der Folge meint
der Begriff ,,Anreizprogramme‘‘ hier daher sowohl Rege-
lungen, die als Belohnung präsentiert werden, als auch
solche, die einen expliziten Bestrafungs-Charakter haben.
Bei den letzten beiden Stufen der Interventions-Leiter des
Councils geht es darum, den Individuen Eigenverantwortung
in gewisser Weise abzunehmen, indem Wahlmöglichkeiten
eingeschränkt werden, zum Beispiel dadurch, dass unge-
sunde Lebenmittelzutaten verboten werden, Trinkwasser
fluoridiert oder das Autofahren ohne Gurt unter Strafe
gestellt wird. Auf der letzten Stufe schließlich werden Wahl-
möglichkeiten ausgeschlossen, etwa indem Patienten mit
Hochrisiko-Infektionskrankheiten zwangsisoliert werden.
Author's personal copy
Anreize für Eigenverantwortung: Begriffsbestimmung und Evidenzlage 187
Im Folgenden stehen Informations-Angebote und Anreiz-
programme im Mittelpunkt. Diese Einschränkung soll
keineswegs bedeuten, dass die anderen Optionen vernach-
lässigenswert wären, sondern ergibt sich allein daraus,
dass sich diese Interventionen typischerweise direkt auf
individuelles Verhalten und Eigenverantwortung beziehen,
wenngleich sie immer im Gesamtzusammenhang der Rege-
lungsmöglichkeiten insgesamt gesehen werden müssen.
Insbesondere sind weder Informations- noch Anreizpro-
gramme von Nutzen, wenn Menschen nicht auch geeignete
Wahlmöglichkeiten haben, sich gesund zu verhalten.
Förderung der Eigenverantwortung durch
Gesundheitsinformationen
Das Prinzip der Förderung der Eigenverantwortung durch
Gesundheitsinformationen ist einfach, die Praxis jedoch
alles andere als trivial. Denn Information muss valide,
und für die relevanten Zielgruppen zugänglich und ver-
ständlich sein [7]. Obwohl es vorbildliche evidenzbasierte
Materialen [8] und auch großes Interesse in der Bevölkerung
gibt, Gesundheitsinformationen zu nutzen, bestehen in der
Qualität verfügbar Informationen beträchtliche Differenzen
[9], wie auch hinsichtlich der Nutzung von verschiedenen
Alters- und sozialen Gruppen, wobei Menschen mit positiver
Gesundheitsorientierung ein größeres Informationsinteresse
zu haben scheinen [10]. Mehrere Studien belegen auch,
dass sich in der Praxis Probleme zum Beispiel dadurch erge-
ben, dass Ärzte nicht angemessen informieren, selbst wenn
es valide und breit konsentierte Informationen gibt, wie
im Fall des Mammographie-Screenings [11]. Unvollständige
und anderweitig mangelhafte Aufklärung durch Ärzte wurde
auch bezüglich der Einnahme von Medikamenten belegt [12].
Aber selbst wenn Barrieren dieser Art entfallen oder
überwunden werden, kann es sein, dass informationsba-
sierte Eigenverantwortungs-Förderung nicht automatisch
dazu führt, dass medizinische angeratene Interventionen
mehr genutzt werden. Eine aktuelle randomisierte Studie, in
der die offizielle Informations-Broschüre des Gemeinsamen
Bundesauschusses zum Darmkrebsscreeing mit neu erstell-
ten Materialien verglichen wurde, die auch evidenzbasierte
Risiko-Information zur Intervention bereit stellten, zeigte
etwa, dass, obwohl Versuchspersonen im Interventions-Arm
besser informiert waren, diese Informationen keinen Effekt
bezüglich der Kombination von tatsächlicher und geplan-
ter Nutzung des Darmkrebsscreeing hatten [13]. Weiterhin
zeigten frühere Studien zu Bluthochdruck-Interventionen,
dass die Neigung Medikamente zu nehmen zurückging, wenn
die Risiken vollständig erklärt wurden [14]. In diesen Fällen
wäre also Eigenverantwortung im ersten Sinn — wie oben
dargestellt — gefördert, da sich die informierte Entschei-
dungen verbesserte, nicht jedoch im zweiten Sinn, insofern
die Nutzung von Screening und Compliance zu mehr Effizienz
im Gesundheitssystem führen.
Die Evaluation der Effekte von Gesundheits- oder
Patienteninformationen bezieht sich auf eine komplexe
Intervention, in der sich eine Vielzahl von Einzelkomponen-
ten wechselseitig bedingen, und miteinander interagieren
können [15]. Drei aktuelle Cochrane-Reviews belegen
darüber hinaus exemplarisch weitere Herausforderungen.
Bezüglich der Edukation nierenkranker Diabetiker fanden
Li et al., dass aufgrund von nur zwei vorliegenden Stu-
dien mit kleinen Fallzahlen und zum Teil inadäquater
Forschungsqualität keine robusten Schlüsse möglich seien
[16]. Ein Review von 12 randomisierten Studien zu Asthma-
Edukationsprogrammen fand inkonsistente Evidenz, die es
nicht ermöglichte, den basalen Inhalt oder das optimale
Setting von Programmen zu identifizieren [17]. Ein Review
von 86 Studien, die sich mit Entscheidungshilfen zu Behand-
lung oder Screening befassten, schloss unter anderem,
dass diese die Beteiligung von Patienten erhöhten, und
deren Wissen verbesserten, wenngleich Effektgrößen und
letztliche Entscheidungen variierten, und wenig Klarheit
darüber besteht, inwieweit die Detailliertheit von Entschei-
dungshilfen wesentlich Attribute der Entscheidung oder
des Entscheidungsprozesses beeinflusst, was zum Teil auch
durch ein breites Spektrum an Outcomeparametern bedingt
ist [18].
Die Frage, ob Eigenverantwortung durch Gesundheits-
informationen effektiv gefördert werden kann, lässt sich
daher derzeit nicht allgemein beantworten, sondern kann
nur für einzelne Bereiche belegt werden. In jedem Fall sind
Gesundheitsinformationen allein von beschränkter Steue-
rungskraft, was das Erzielen von Entscheidungen betrifft,
die als gesundheits- oder effizienzförderlich angesehen
werden, weshalb insbesondere zur Förderung der Eigenver-
antwortung im normativen Sinn Anreizprogramme Vorzüge
haben können.
Anreizprogramme: Direkte und indirekt Ziele
Es wurde anfangs erwähnt, dass Anreizprogramme das Ziel
haben, die Gesundheit einzelner zu fördern, wie auch zu
Effizienz und Kostenkontrolle innerhalb einer Versicherungs-
gemeinschaft beizutragen. Neben diesen beiden expliziten
Zielen sind jedoch weitere zu beachten, die zum Teil die
empirische und konzeptuelle Bewertung von Programmen
maßgeblich beeinflussen können. So wurden verschiedene
Formen von Anreizprogrammen unter dem Wettbewerbs-
stärkungsgesetz (GKV-WSG) eingeführt, insbesondere in den
modifizierten
§§52, 53, 62, 65a SGB V. Diese Programme
können gesetzlichen Krankenkassen (GKVs) bei bestehen-
der Wahlfreiheit einen Wettbewerbsvorteil bieten, indem
sie es ermöglichen, überproportional gesunde und besser-
verdienende Versicherte anzuziehen und zu halten, in der
gleichen Weise, wie Bonusprogramme etwa von Fluglinien
genutzt werden [19,20]. Ferner können Anreizprogramme
auch interessant sein, insofern sie das Potenzial haben,
die Produktivität am Arbeitsplatz zu verbessern. Dies ist
insbesondere in den USA relevant, wo die meisten großen
Arbeitgeber selbst die Kosten der Versicherung übernehmen
und Umfang von Versicherungsleistungen und Kostenstruk-
turen aktiv bestimmen.
Im besten Fall erreichen Anreizprogramme alle Ziele:
Versicherte sind gesünder, GKVs können effizienter arbei-
ten und in gesundem Wettbewerb miteinander stehen, und
die Wirtschaft profitiert von weniger krankheitsbedingten
Fehlzeiten und produktiveren, weil gesünderen Mitarbei-
tern. Aber diese Ziele können — wie noch gezeigt wird —
auch in problematischer Weise in Konflikt miteinander kom-
men. Ferner ist ein Verständnis der unterschiedliche Ziele
von Anreizprogrammen wichtig, um zu verstehen, warum
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es gegenwärtig welche Programme und Evaluationskriterien
gibt, und warum es besonders schwierig ist, generelle
Aussagen über die Effektivität von Anreizprogrammen zu
treffen, wie ebenfalls noch weiter ausgeführt werden
wird.
Komplexitäten im Design und der Evaluation
von Anreizprogrammen
Wie Gesundheitsinformationen sind Anreizprogramme kom-
plexe Interventionen, wobei die Mechanik der Anreizge-
staltung eine besondere Vielfalt ermöglicht, die näher
zu betrachten ist. Zunächst können Anreize für eine
große Bandbreite von gesundheits-relevantem Verhalten
angeboten werden, und sich auf sogenannte ,,einfache‘‘
Verhaltensweisen [21] beziehen, wie beispielsweise Gripp-
eimpfungen oder das Einhalten von Arzt-Terminen, oder
,,komplexe‘‘ Verhaltensweisen, wie das Befolgen von
Disease Management Programmen oder von Initiativen
zu Raucher-Entwöhnung oder Gewichtsverlust. Weiterhin
können Anreize an einzelne Individuen oder Gruppen
gerichtet sein (wie zum Beispiel Familien oder Arbeitskol-
legen). Sie können in nicht-materieller Form angeboten
werden (etwa als Ehrungen, wie Sportabzeichen); als
Sachprämien- oder Leistungen (Sportartikel oder Gebüh-
ren für Fitness-Clubs), oder in materieller Form (als
Geld, der Veränderungen von Versicherungs- oder Zuzah-
lungsbeiträgen oder durch die Möglichkeit, bei einer
Verlosung zu gewinnen). Finanzielle Anreize können als
Belohnung implementiert werden, und zu einer Reduzie-
rung der Versicherungskosten führen, oder als Bestrafung
in Erhöhungen resultieren. Anreize können lediglich für
die Teilnahme an bestimmten Aktivitäten angeboten wer-
den (etwa Gymnastikkurse oder Vorträge) oder separat,
oder auch zusätzlich an das Erreichen bestimmter Stan-
dards geknüpft sein (etwa Werte für Körpergewicht oder
Cholesterin, die im normalen Bereich sind). Zeitlich kön-
nen Anreize unmittelbar an die entsprechende Tätigkeit
gebunden sein (etwa in der Form täglicher Möglichkeiten
des Lotteriegewinns, wenn man sich auf einer proji-
zierten Gewichtsverlustkurve befindet), mittelfristig (wie
etwa Bonusprämien nach
§
65a SGB V, die am Jahresende
für die Teilnahme an verschiedenen Präventionsmaßnah-
men gegeben werden) oder wesentlich zeitferner (wie
die Möglichkeit, eine Verdopplung der Zuzahlungsgrenze
durch Einhalten der Bestimmungen der Chronikerricht-
line nach
§62 SGB V zu vermeiden, wobei sich der
Vorteil durchaus erst Jahrzehnte nach dem erforderlichen
Beratungsgespräch einstellen kann). Was die Höhe finanziel-
ler oder geldwerter Vorteile oder Leistungen angeht, kann es
um vergleichsweise kleiner Summen gehen, wie die Erstat-
tung der Praxisgebühr, um Summen, die einem monatlichen
Versicherungsbeitrag entsprechen (nach
§53 SGB V) oder,
wie in den USA, wo viele der verfügbaren Studien erstellt
wurden, um 30% der individuellen Versicherungs-Kosten, in
besonderen Fällen mit der Option auf 50% [22].
Was die Evaluation von Anreizprogrammen angeht, kann
diese wissenschaftlichen Goldstandards in der Form von
randomisierten Studien folgen, oder pragmatischere For-
mate wählen, wie matched pairs, die mit existierenden
Datensätzen zur Nutzung von Gesundheitsleistungen und
Ausgaben kombiniert werden. Als minimale Aussage kann
man erfassen, wie viele Versicherte Programme nutzen, und
wie viele dies nicht tun. Prinzipielle Fragen, die für alle
Evaluationen relevant sind, sind dabei, ob, und wenn wie,
Gesundheitsverbesserung oder Beiträge zur Effizienz gemes-
sen werden, welche Surrogat-Endpunkte bestimmt werden,
und über welchen Zeitraum Messungen erhoben werden.
Letzterer Punkt ist gerade bei Interventionen, die Verhal-
tensänderungen zum Ziel haben, wichtig, da man nicht
davon ausgehen kann, dass das Verhalten am Ende eines
Evaluationszeitraums konstant bleibt.
Evidenz: Gesundheitsverbesserung
Wie im Fall der Gesundheitsinformationen ist klar, dass ange-
sichts der Vielfalt der Möglichkeiten des Programmdesigns
und der Evaluation generelle Aussagen über die Effektivität
von Anreizprogrammen nahezu unmöglich sind. Zudem gibt
es weder in Deutschland noch etwa in den USA gesetzlich
oder anderweitig implementierte Anforderungen an Anbie-
ter von Anreizprogrammen, Gesundheitsverbesserungen zu
dokumentieren — wie noch ausgeführt wird, erfordert
§
65a
SGB V lediglich Nachweise zum Kostenprofil der Bonuspro-
grammteilnehmer.
Mit Blick auf die Forschungsliteratur ist gleichwohl
festzustellen, dass Anreizprogramme bessere Erfolgsraten
bezüglich ,,einfacher‘‘ Verhaltensweisen zu haben scheinen
als bei ,,komplexen‘‘ [23,24]. So konnte gezeigt werden,
dass in Populationen mit niedrigem Einkommen Anreize in
der Form des möglichen Gewinns eines Einkaufsgutscheinen
im Wert von $50 die Raten der Kinder- und Grippeimpfungen
um durchschnittlich 17% verbessern konnten, von 6% auf 23%
[25]. Die Hepatitis b-Impfraten unter Obdachlosen konnten
durch die Gewährung von $20 pro Monat (über sechs Monate
hinweg) von 23% auf 69% verbessert werden, und waren
daher wesentlich effektiver als traditionelle Methoden der
Information und Aufklärung [26]. Post et al. zeigten, dass bei
afro-amerikanischen Patienten mit Depressionen die Gewäh-
rung von $10 für jeden wahrgenommenen Therapietermin
die Raten von 69% auf 86% verbesserten [27].
Ein weniger klares Bild ergibt sich jedoch hinsichtlich der
,,komplexen Verhaltensweisen‘‘, die generell aufgrund der
mit chronischen Erkrankungen assoziierten Gesundheitsbe-
lastungen und Kosten im Vordergrund stehen. Im Folgenden
sollen anhand zweier Studien, die von Experten als gute
Beispiele des Potenzials der Nutzung von Anreizen angese-
hen werden, insbesondere Erfahrungen mit Programmen zur
Rauchentwöhnung und zum Gewichtsverlust betrachtet wer-
den. Anschließend werden Erfahrungen mit Programmen,
die routinemäßig im Rahmen der Krankenversicherung ange-
boten werden, vorgestellt.
Ein aktueller Cochrane-Review zu 19 Rauchentwöhnungs-
Studien mit insgesamt mehr als 4.500 Teilnehmern stellt
fest, dass mit der Ausnahme einer einzigen Studie Anreiz-
programme nicht effektiv waren, längerfristig zur Aufgabe
des Rauchens zu motivieren [28]. In der hervorgehobenen
erfolgreichen Studie, die auch den 2009 Research Into Prac-
tice Award des British Medical Journal erhielt, wurden
878 Angestellte der Firma General Electrics, die mehr als
fünf Zigaretten pro Tag rauchten, in zwei Arme randomi-
siert [29]. Im Kontrollarm bekamen Teilnehmer Information
Author's personal copy
Anreize für Eigenverantwortung: Begriffsbestimmung und Evidenzlage 189
Abbildung 1 Stop-Raten (in %) in zwei Armen eines RCTs zur Rauchentwöhnung.
über Programme zur Rauchentwöhnung im Umkreis von
30 km der Arbeitsstätte, und über die vom Arbeitgeber im
Rahmen der Krankenversicherung angebotenen Hilfsmittel
wie bupropion. Im Interventionsarm bekamen die Teilneh-
mer dieselbe Information, jedoch zusätzlich $100 für das
Absolvieren eines Kurses zur Rauchentwöhnung, $250, wenn
sie nach sechs Monaten nicht mehr rauchten, und $400,
wenn sie auch nach 12 Monaten noch nicht wieder ange-
fangen hatten zu rauchen, was über einen biochemischen
Test geprüft wurde. Wie aus Abbildung 1 ersichtlich wird,
waren die Stop-Raten des Interventionsarms mit 14,7 und
9,4% nach 12 Monaten 2,9-fach, und nach 18 Monaten noch
2,6-fach höher als diejenigen des Kontrollarms, in dem ledig-
lich Information bereitgestellt wurden.
In einer anderen dreiarmigen randomisierten Studie
mit 57 US-Veteranen mit einem Body-Mass-Index zwi-
schen 30-40 wurden zwei unterschiedliche Strategien für
Gewichtsverlust mit einem Kontrollarm verglichen [30].
Zu Studienbeginn nahmen alle Teilnehmer an einem ein-
stündigen Beratungsgespräch teil, in dem über nachhaltige
Strategien zum Gewichtsverlust informiert wurde. Als Ziel
wurde vereinbart, über 16 Wochen pro Woche 1lb (0,45 kg)
abzunehmen. Die Teilnehmer erhielten eine Präzisionswaage
und eine Tabelle, die für jeden Tag den erforderlichen Fort-
schritt beim Gewichtsverlust angab. Alle Teilnehmer wurden
monatlich unter Aufsicht des Studienteams gewogen. Im
ersten Interventionsarm hatten Teilnehmer zusätzlich die
Möglichkeit, täglich an einer Lotterie teilzunehmen, sofern
ihr Gewichtsverlust dem für den jeweiligen Tag projizier-
ten Wert entsprach, den sie telefonisch dem Studienteam
bekanntgaben. Die Preise hatten einen gemittelten Wert
von $3 pro Tag mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:5, $10
zu gewinnen, bzw. von zu 1:100, $100 zu gewinnen. Im
zweiten Interventionsarm konnten Teilnehmer selbst pro
Tag zwischen $0,01-3 einsetzen, und die Beträge wurden
vom Studienteam verdoppelt. In beiden Interventionsarmen
bekamen die Teilnehmer ihre akkumulierten täglichen
Gewinne dann ausgezahlt, wenn sie beim Wiegen zum
Monatsende den jeweiligen Zielwert erreicht hatten. Wenn
der Zielwert nicht erreicht wurde, verfielen alle Gewinne,
inklusive der eigenen Beträge, die Teilnehmer im Einsatz-
Vertragsarm gemacht hatten. Wer es über die 16 Wochen
schaffte, mehr als 9 kg anzunehmen, bekam zudem einen
extra Bonus von $50. Tabelle 1 zeigt, dass über die Studi-
endauer in den beiden Anreiz-Armen etwa fünffach mehr
Teilnehmer das Ziel erreichten, als im Kontrollarm, und
ein etwa dreifach höherer Gewichtsverlust erreicht werden
konnte.
Das erreichte Körpergewicht konnte jedoch in dieser
Form oftmals nicht längerfristig gehalten werden. Nach sie-
ben Monaten war der Gewichtsverlust im Lotterie-Arm auf
9,2 lb reduziert, und auf 6,2 lb im Einsatz-Vertrags-Arm,
gegenüber 4,4 lb im Kontroll-Arm, obwohl diese Unter-
schiede nicht statistisch signifikant waren (t = 1.21; P = .23;
95% CI, −3.20 bis 12.66lb im Lotterie-Arm; t = 0.52; P = .61;
95% CI, −5.17 bis 8.75 lb im Einsatz-Vertrags-Arm). Gleich-
wohl wogen die Teilnehmer der beiden Anreizarme nach
sieben Monaten signifikant weniger als zum Studienbegin (t
18
= −2.87, P = .01; 95% CI, −15.89 bis −2.47 im Lotterie-Arm;
t
18
= −2.41; P = .03; 95% CI, −11.67 bis −0.81 im Einsatz-
Vertrags-Arm) was im Kontroll-Arm nicht der Fall war (t
18
=
−1.97; P = .06, 95% CI, −9.19 bis 0.29). Eine spätere Stu-
die, die auf das Einsatz-Vertrags-Programm fokussierte, aber
über einen längeren Zeitraum von 32 Wochen stattfand, kam
zu sehr ähnlichen Ergebnissen zum 16 Wochen-Zeitpunkt,
und zeigte ebenso, dass die Gewichtabnahme nicht über
längere Zeit gehalten werden konnte. 36 Wochen nach
Abschluss des 32 Wochen-Programms hatten die Teilnehmer
der Interventionsarme das meiste Gewicht zurückgewonnen:
in den Interventionsarmen war der Gewichtsverlust über die
68 Wochen 1.2lb, und 0.3 in der Kontrollgruppe, ein stati-
stisch nicht-signifikanter Unterschied [31].
Tabelle 1 Erfolgsraten (in % und lb) in drei Armen eines RCTs zur Gewichtsverlust.
12 3
monatliches Wiegen Lotterie + tägl. Wiegen Einsatz-Vertrag + tägl. Wiegen
Auszahlung über 16 Wochen n/a $273 $378
Erreichen des 16lb (7,2 kg) Ziels
95% CI
10,5%
1,3 — 33,1
52,6%
28,9 — 75,6
47,4%
24,5 — 71,1
Gewichtsverlust (16w, lb M (SD)
95% CI
3,9 (9,1)
0,20 — 13,2
13,1 (12,6), P=.02
7,4 — 18,8
14,0 (10,2), P=.006
9,4 — 18,6
Author's personal copy
190 H. Schmidt
Unter anderem zeigen diese Studien, dass bezüglich kom-
plexen Verhaltens Anreize über kürzere Zeiträume (16 bis
32 Wochen) wesentlich effektiver als informationsbasierte
Programme sind, um Verhaltensänderung herbeizuführen,
wobei die gewählten Formate im Fall der Gewichtsverlust-
Studien im Gegensatz zur Raucher-Entwöhnungs-Studie
jedoch keinen nachhaltigen Erfolg bescherten.
Evidenz: Kostenreduktion
Die Grundannahmen vieler Anreizprogramme ist, das Ben-
jamin Franklin zugeschriebene Diktum ,,An ounce of
prevention is worth a pound of cure‘‘. Entsprechend wird
angenommen, dass gesündere Menschen weniger Gesund-
heitsausgaben verursachen, und Investitionen in Prävention
höhere spätere Behandlungskosten vermeiden können,
wenngleich beide Annahmen nicht unproblematisch sind
[32,33].
§
65a SGB V schreibt zudem vor, dass die Aufwen-
dungen für Bonusprogramme ,,mittelfristig aus Einsparungen
und Effizienzsteigerungen, die durch diese Maßnahmen
erzielt werden, finanziert werden [müssen]. Werden keine
Einsparungen erzielt, dürfen keine Boni für die entsprechen-
den Versorgungsformen gewährt werden.‘‘ Dieser Ansatz
soll unter anderem auch vermeiden, dass Personen, die
sich nicht an Programmen beteiligen wollen oder können,
indirekt die Boni der erfolgreichen Teilnehmer finanzieren,
und so den der gesetzlichen Krankenkasse zugrundeliegen-
den Solidaritätsgedanken potenziell unterminieren.
§
65a
SGB V schreibt weiterhin vor, dass GKVs in regelmäßigen
Abständen, und mindestens alle drei Jahre, der zuständigen
Aufsichtsbehörde gegenüber Rechenschaft über die Kosten-
einsparungen ablegen.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der ersten Evaluati-
onsperiode der Barmer Ersatzkasse (BEK) zusammengefasst,
die ca. 9% der gesetzlich Versicherten abdeckt [34,35]. Die
BEK bietet mehr als 25 Bonusprogramme in der Primär-
und Sekundärprävention an, die sich unter anderem auf
Krebsvorsorge, Grippeimpfungen, Schwangerschaftscheck-
ups, aktive Sportvereinsmitgliedschaft und Erlangung des
Deutschen Sportabzeichens beziehen. Pro Aktivität können
zwischen 100-150 Punkte erlangt werden, und je nach-
dem wieviele Punkte erreicht werden, und ob Versicherte
an Einzel- oder Familienprogrammen teilnehmen, wird ein
Bonus im Wert von D30-140 gewährt.
In einer Kohortenstudie (Januar 2004 - Dezember 2006)
wurden Unterschiede in Gesundheitsausgaben zwischen
mehr als 70.000 Teilnehmern an Bonusprogrammen und
ebensovielen Versicherten ermittelt, die nicht an die-
sen Programmen teilgenommen hatten, jedoch hinsichtlich
Geschlecht, Alter, Postleitzahl, Versicherungsstatus und
Nutzung von Leistungen in den Kategorien Krankenhaus-,
Arzneimittel- und Heilmittel-Kosten gematcht werden
konnten (matched pair Studie). Zum Ende des Evaluati-
onszeitraumes hatten die Bonusnutzer insgesamt signifikant
niedrigere Kosten als Versicherte, die Programme nicht
nutzten. Der Unterschied betrug im Durchschnitt 177 D
pro Versichertem pro Jahr, oder 101 D, wenn administra-
tive Kosten abgezogen wurden. Allerdings zeigte sich auch,
dass die Programmteilnahme nicht bei allen Versicherten
zu niedrigeren Kosten führte: Diejenigen, die 2003 keiner-
lei Ausgaben in allen drei Kostenkategorien hatten, hatten
höhere Kosten als ihre gematchten Gegenüber (wenngleich
in beiden Fällen die Kosten insgesamt niedriger als in den
Interventions- und Kontrollgruppen waren, siehe Tabelle 2).
Dieser letzte Umstand kann verdeutlichen, dass der allzu
enge Fokus auf die Kosten zu Verkürzungen führen kann:
denn es wäre gemäß den Anforderungen von
§65a SGB V
paradox, Anreizprogramme einzustellen, die zwar nicht zu
Kosteneinsparungen führen, jedoch durch die Nutzung von
Präventionsmaßnahmen möglicherweise zu Gesundheitsver-
besserungen. Die qualifikation ,,möglicherweise‘‘ ist nötig,
da die GKVs den Aufsichtsbehörden keine Daten zur Auswir-
kung der Programmteilnahme auf die Gesundheit der Nutzer
bereitstellen müssen. Dieser Umstand ist wenig hilfreich,
und stellt eine verpasste Gelegenheit dar, das Potenzial von
Anreizprogrammen zur Gesundheitsförderung besser zu ver-
stehen.
Was das Kostenprofil der Bonusprogrammnutzer der BEK
angeht, kommen Studien anderer deutscher GKVs zu ähn-
lichen Schlüssen [36,37], und auch eine Meta-Analyse von
36 amerikanischen Studien kommt zu einer vergleichba-
ren return-on-investment Ratio, wobei die Analysen hier
sowohl auf die Gesundheitsausgaben, wie auch auf die
mit Krankheiten assoziierten Produktivitätsverluste abstel-
len: ,,[net] medical costs fall by about $3.27 for every
Tabelle 2 Gesundheitsausgaben (in D) in drei Kategorien für zwei matched pair Kohorten und Subgruppen.
Gesamtstudienpopulation Subgruppen-Analyse: Versicherte, die 2003
keine Kosten verursachten
Bonus-Programm-
Teilnehmer
(n = 70,429)
Versicherte ohne
Bonus-Programm-
Teilnahme (Matched)
(n = 70,429)
Bonus-Programm-
Teilnehmer
(n = 4,822)
Versicherte ohne
Bonus-Programm-
Teilnahme (n = 4,822)
Krankenhaus (2006 Mittelwert) 469 613 576 226
Arzneimittel (2006 Mittelwert) 365 413 34 26
Heilmittel (2006 Mittelwert) 88 81 155 108
Gesamt
*
922 1107 765 360
*
Der im Text genannte Betrag von 177 D reflektiert die Differenz der durchschnittlichen individuellen Ausgabenzuwächse von
Interventions- bzw. Kontrollgruppe. Diese Summe ist daher nicht identisch mit der Differenz zwischen den Gesamtsumme der hier
abgebildeten drei Kostenkategorien.
Author's personal copy
Anreize für Eigenverantwortung: Begriffsbestimmung und Evidenzlage 191
Abbildung 2 Bonusprogrammnutzer nach Altersgruppen (Bertelsmann Gesundheitsmonitor).
dollar spent on [bonus] programs and... absenteeism
costs fall by about $2.73 for every dollar spent’’ [38].
Allerdings heben die Autoren in Bezug auf mögliche Limi-
tationen hervor, dass sich 90% der Studien auf Firmen
mit mehr als 1.000 Beschäftigen beziehen; dass erfolgrei-
che Programme möglicherweise überproportional evaluiert
wurden; außerdem, dass Publikations-Bias dazu geführt
haben könnten, dass weniger erfolgreiche Studien sel-
tener veröffentlicht wurden. Insgesamt ist ein weiteres
Problem der Analyse amerikanischer Daten für den Deut-
schen Zusammenhang wie bereits oben angemerkt ferner,
dass Anreize wesentlich höher sein können. Die öffentlich
zugängliche Datenlage ist allerdings auch für die deut-
sche Situation problematisch: wenngleich alle größeren
GKVs Bonusprogramme anbieten, werden Evaluationen nur
spärlich publiziert. Die vorgenannte Funktion von Bonuspro-
grammen als Marketing- oder Kundenbindungsinstrument ist
eine mögliche Ursache für diesen Umstand, und sie ist neben
den unzureichenden Berichterstattungsbestimmungen des
§
65a SGB V wenig förderlich, ein besseres Verständnis
der Evidenzlage bezüglich des Potenzials von Bonus-
programmen als Mittel zur Gesundheitsverbesserung zu
bewirken.
Evidenz: Welche Nutzergruppen profitieren
am meisten?
Ein weiteres Problem der mangelhaften Datenlage in
Deutschland ist, dass sich den Aufsichtsbehörden aufgrund
der ihnen übermittelten und in der Literatur publizierten
Daten kein hinreichend detailliertes Bild ergibt, welche
Personengruppen am meisten von Bonusprogrammen pro-
fitieren, und welche weniger. Obwohl es beispielsweise
für GKVs aufgrund der einkommensabhängigen Beitrags-
bemessung durchaus möglich sein sollte, für Nutzer von
Bonusprogrammen festzustellen, zu welcher Einkommens-
gruppe sie gehören, ist dies nach
§
65a SGB V nicht
erforderlich.
Die Daten des Bertelsmann Gesundheitsmonitors erlau-
ben jedoch eine Annäherung, da die Befragung auch die
Nutzung von Bonusprogrammen umfasst und eine Auf-
schlüsselung nach Alter, Geschlecht, Einkommen, Gesund-
heitsstaus und chronischen Erkrankungen erlaubt [35].Wie
Abbildung 2 zeigt, hat die Nutzung über alle Altersgruppen
hinweg zwischen 2004 und 2008 von durchschnittlich 13% auf
25% zugenommen.
Abbildung 3 Bonusprogrammnutzer nach Gesundheitsstaus (Bertelsmann Gesundheitsmonitor).
Author's personal copy
192 H. Schmidt
Abbildung 4 Bonusprogrammnutzer nach Einkommensgruppen (Bertelsmann Gesundheitsmonitor).
Mit Bezug auf den Gesundheitsstatus von Nutzern zeigt
Abbildung 3, dass sich bei denjenigen mit schlechter Gesund-
heit über die fünf Jahre kaum Veränderungen in der Nutzung
ergeben haben. Bei den drei mittleren Gruppen hat hingegen
eine Verdopplung stattgefunden. Dabei ist hervorzuheben,
dass sich diese Verdopplung auch bei der Gruppe ergeben
hat, die ihre Gesundheit als ,,weniger gut‘‘ bezeichnet hat.
In Bezug auf das Einkommen zeigen sich bei der niedrig-
sten Gruppe — die 2004 zunächst die größte Nutzergruppe
ausmachte — über den Erhebungszeitraum hinweg wiederum
kaum Veränderungen: etwas weniger als ein Fünftel hat
Bonusprogramme genutzt. Genau wie beim Gesundheitssta-
tus hat sich die Nutzung bei den drei mittleren Gruppen
dagegen verdoppelt (Abb. 4).
In einer multivariaten Auswertung von Gesundheitssta-
tus, Alter, und sozioökonomischem Status ergab sich, dass
2004 kein Merkmal in statistisch signifikanter Weise mit
der Teilnahme an Bonusprogrammen assoziiert war. Für
2008 zeigt sich jedoch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass
Versicherte mit weniger guter Gesundheit Programme nutz-
ten, signifikant größer war. Hingegen war sie für chronisch
kranke Umfrageteilnehmer und auch für Männer signifi-
kant kleiner. Ebenso war es weniger wahrscheinlich, dass
Umfrageteilnehmer aus den niedrigsten und höchsten Ein-
kommensgruppen Bonusprogramme nutzen würden, wobei
die Unterschiede jedoch, wie aus Tabelle 3 ersichtlich wird,
statistisch nicht signifikant waren.
Eine häufige Kritik an Bonusprogrammen ist, dass sie
lediglich zu cream-skimming führen, und bereits Bes-
sergestellten weitere Vorteile verschaffen, wohingegen
Schlechtergestellte das Nachsehen haben. Die Bertelsmann
Daten legen hier ein gemischtes Bild nahe. So scheint es
nicht der Fall zu sein, dass etwa Ältere gegenüber Jünge-
ren in der Nutzung benachteiligt wären. Und wenngleich
diejenigen mit dem schlechtesten Gesundheitszustand, dem
niedrigsten Einkommen, und chronisch Kranke die niedrigs-
te Nutzung aufweisen, so zeigt sich auch, dass diejenigen,
deren Gesundheit weniger gut ist, weitaus wahrscheinlicher
zu den Nutzern gehören.
Schluss
Gute Gesundheit ist von einer Vielzahl von Fakto-
ren abhängig, inklusive genetischer Determinanten,
sozioökonomischen Position, Umweltfaktoren und des
eigenen Verhaltens. In der Diskussion um das angemes-
sene Ausmaß der Eigenverantwortung wäre es daher
kurzsichtig, den sozialen und weiteren Kontext zu igno-
rieren — ebenso wäre es jedoch nicht hilfreich, die Rolle
individuellen Verhaltens zu vernachlässigen. In einigen
Fällen haben Anreize demonstriert, dass sie über die
Bereitstellung von Informationen hinaus zu beträchtli-
chen Gesundheitsverbesserungen beitragen können, die
für das individuelle Wohlergehen der Betroffenen von
Relevanz sind. Ebenso legen Studien nahe, dass Anreiz-
programe zu Kostenreduktionen führen können, was für
die Effizienz innerhalb des Gesundheitssystems keineswegs
unwesentlich ist. In diesem Sinn können Anreize prinzi-
piell Eigenverantwortung im engeren, nicht-normativen
Sinn stärken, wie auch in der weiteren Bedeutung, die
Gerechtigkeitsaspekte beinhaltet.
Der Rahmen, in dem Evidenz zum Potenzial von Anreiz-
programmen generiert wird, ist allerdings verbesserungs-
würdig. Insbesondere erscheint es wenig hilfreich, dass sich
§65a SGB V allein auf die Analyse von Kosten bezieht — wie
angemerkt sollten auch die Auswirkungen auf Gesundheits-
verbesserungen Gegenstand von Evaluationen sein. Ebenso
sollten Angaben zum sozioökonomischen Profil der Bonuspro-
grammnutzer erhoben werden, da die Bertelsmann-Daten
nahelegen, dass es problematische Ungleichheiten der Nut-
zung gibt. Diese können in Spannung zu
§20 SGB V stehen,
der betont, dass das Ziel von Primärprävention Gesund-
heitsförderung sein soll, und dass die GKVs ,,insbesondere
einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleich-
heit von Gesundheitschancen erbringen.’’ Wie die zitierten
Amerikanischen Studien belegen, können Anreizprogramme
gerade hier wirksam sein. Anreizprogramme haben ihr
Ziel jedoch verfehlt, wenn sie lediglich im Wettbewerb
der Krankenkassen als Kundenbindungsmittel, oder zur
kurz- oder mittelfristigen Kostenreduzierung eingesetzt
werden.
Die Herausforderung besteht daher darin, die ange-
messene Position von Anreizprogrammen im Spannungsfeld
von Gesundheitswissenschaften und Ökonomie zu bestim-
men: erstere sollten den Vorrang haben, scheinen ihn jedoch
nicht immer zu haben. Regelungsanpassungen bezüglich
der Datenerhebung und -Analyse sind daher erforderlich,
um nicht nur ein bessere Evidenz zu den Auswirkun-
gen auf sozialverträgliche Gesundheitsverbesserung und
Author's personal copy
Anreize für Eigenverantwortung: Begriffsbestimmung und Evidenzlage 193
Tabelle 3 Assoziation von Eigenschaften von Versicherten und Bonusprogrammnutzung; Ergebnisse multipler logistischer
Regressions Analysen für die Jahre 2004 und 2008.
2004 2008
N (2008)
¶
Odds ratio 95% CI Odds ratio 95% CI
Alter 1375 1.01 0.99—1.02 1.00 0.99—1.01
Weiblich 752 1.21 0.81—1.82 1.66
†
1.24—2.22
Chroniker 362 1.36 0.77—2.40 0.68
†
0.48—0.96
Haushaltseinkommen
<D1,000 112 1 —– 1 —–
D1,000—1,999 427 0.84 0.42—1.67 1.87 0.99—3.50
D2,000—2,999 416 0.72 0.34—1.50 1.57 0.82—3.03
D3,000—3,999 200 0.68 0.28—1.67 1.31 0.64—2.69
D4,000+ 142 0.55 0.18—1.66 0.95 0.43—2.11
Gesundheitsstatus
Schlecht 30 1 —– 1 —–
Weniger gut 228 1.13 0.23—5.48 4.07
†
1.14—14.47
Gut 725 1.02 0.22—4.88 3.42 0.96—12.15
Sehr gut 327 1.23 0.25—6.16 3.54 0.96—13.09
Ausgezeichnet 60 1.43 0.24—8.63 3.20 0.73—13.90
Body Mass Index
<20 16 1 —– 1 —–
20—24.9 516 0.87 0.34—2.21 1.75 0.84—3.67
25—29.9 507 0.91 0.35—2.37 2.03 0.97—4.28
30—39.9 263 1.00 0.36—2.74 1.13 0.52—2.46
40+ 41
**
1.64 0.55—4.93
Sozio-ökonomischer Status
Niedrig 223 1 —– 1 —–
Mittel 758 0.91 0.56—1.47 1.43 0.95—2.14
Hoch 284 0.59 0.28—1.26 1.30 0.76—2.20
Model pseudo R
2
: 2004 = 0.015; 2008 = 0.037.
¶
Umfrageteilnehmer, die Fragen zu Bonusprogrammnutzung beantworteten (1375 von 1533 Teilnehmern insgesamt beantworteten
diese Fragen im Jahr 2008).
*
Vom Modell abgelehnt.
†
Statistisch signifikant (P < 0.05).
Eigenverantwortungsförderung durch Bonusprogramme
nach
§65a SGB V zu bewirken, sondern auch hinsichtlich
der hier nicht näher beleuchteten Wahltarife nach
§53, der
Chronikerrichtline nach
§62, und der Leistungsbeschrän-
kung bei Selbstverschulden nach
§
52, aus denen sich direkt
verwandte Fragestellungen ergeben.
Danksagung
Ich danke den Diskussionsteilnehmern des IQWiG Herbstsym-
posiums 2011 für hilfreiche Fragen und Anmerkungen im
Anschluss an den Vortrag, der diesem Artikel zugrundeliegt,
sowie Daniel Strech für Literaturhinweise und Diskussion zu
verschiedenen Aspekten der Patientinformation, und Doro-
thea Schmidt für kritische Durchsicht des Manuskriptes.
Weiterhin danke ich Guido Büscher, Tim Doran, Anna Drabik,
Andreas Gerber, Christian Graf, Markus Lüngen, Stephanie
Stock, und Björn Stollenwerk für de Zusammenarbeit an
Studien, auf denen die im Artikel reproduzierten Abbildun-
gen beruhen. Die üblichen Einschränkungen treffen zu, und
mögliche Fehler und Ungenauigkeiten sind allein mir zuzu-
schreiben.
Interessenkonflikte
Die beschriebenen Studien zur Rauchentwöhnung und
zum Gewichtsverlust wurden von Kollegen am Center for
Health Incentives and Behavioral Economics erstellt, es
ergibt sich jedoch keinerlei Vor- oder Nachteil aus der obigen
Darstellung. Ebenso habe ich keinerlei andere Interessen-
konflikte zu erklären.
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