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J Lab Med 2006;30(2):101–106 2006 by Walter de Gruyter •Berlin •New York. DOI 10.1515/JLM.2006.014 2006/10
Article in press - uncorrected proof
Stellungnahme Statement
Bedeutung von Epikutantest und Lymphozyten-
transformationstest fu¨ r die Diagnostik von Typ IV-
Sensibilisierungen
Stellungnahme des Deutschen Berufsverbandes der
Umweltmediziner
Significance of the patch test and the lymphocyte transformation test in
the diagnostics of type IV sensitization
Statement of the German Professional Association for Environmental
Medicine
Frank Bartram
1,
*, Hans-Peter Donate
2
, Kurt E.
Mu¨ ller
3
, Claus-Hermann Bu¨ ckendorf
4
, Peter
Ohnsorge
5
, Wolfgang Huber
6
und Volker von
Baehr
7
1
Praxis fu¨ r Allgemeinmedizin/Umweltmedizin,
Weissenburg, Deutschland
2
Praxis fu¨ r Allgemeinmedizin/Umweltmedizin, Losheim
am See, Deutschland
3
Praxis fu¨ r Dermatologie/Umweltmedizin, Isny,
Deutschland
4
Praxis fu¨ r Allgemeinmedizin/Umweltmedizin, Kiel,
Deutschland
5
Praxis fu¨ r Hals-Nasen-Ohrenheilkunde/Umweltmedizin,
Wu¨ rzburg, Deutschland
6
Praxis fu¨ r Innere Medizin/Umweltmedizin, Heidelberg-
Wieblingen, Deutschland
7
Institut fu¨ r Medizinische Diagnostik, Abteilung
Immunologie, Berlin, Deutschland
Zusammenfassung
Zum Nachweis einer Typ IV-Sensibilisierung auf Allergene
und Haptene ist der Epikutantest die am ha¨ ufigsten ver-
wendete diagnostische Methode. Auch wenn dieser Test
in der Hand erfahrener Untersucher in vielen Fa¨ llen fu¨r
die Allergenidentifizierung bei Kontaktallergien sehr hil-
freich ist, werden vom Kliniker dafu¨ r auch standardisierte
in vitro-Methoden gefordert, ganz besonders fu¨ r die
Testung potentiell sensibilisierender toxischer oder kar-
*Korrespondenz: Dr. med. Frank Bartram
Praxis fu¨ r Allgemeinmedizin/Umweltmedizin
Augustinergasse 8, 91781 Weissenburg, Deutschland
Tel.: q49 9141 86190
Fax: q49 9141 92506
E-mail: bartram_weissenburg@t-online.de
zinogener Substanzen. Die Entwicklungen der Zellkultur-
techniken in den letzten Jahren haben dazu gefu¨ hrt, dass
die heute in spezialisierten Laboratorien durchgefu¨ hrten
zellula¨ ren Verfahren, insbesondere bei umweltmedizi-
nisch vorbelasteten Patienten, fu¨ r den Nachweis von Typ
IV-Sensibilisierungen eine sichere Alternative darstellen.
Dabei sind die Mo¨ glichkeiten, aber auch die Grenzen
derartiger in vitro-Verfahren zu beru¨ cksichtigen.
Heute stellt der Lymphozytentransformationstest (LTT)
eine wichtige Alternative und Erga¨ nzung zum Epikutan-
test fu¨ r den Nachweis einer spezifischen Typ IV-Sensi-
bilisierung dar. Vor- und Nachteile beider Verfahren
hinsichtlich ihrer diagnostischen Spezifita¨ t und Sensitivi-
ta¨ t sowie die sich daraus ergebenden Schlussfolgerun-
gen fu¨ r den Einsatz in der Routinediagnostik werden
dargestellt.
Schlu¨ sselwo¨ rter: Allergen; Epikutantest; Hapten; Lym-
phozytentransformationstest; Typ IV-Sensibilisierung.
Abstract
The epicutaneous test is the most commonly used
method for the detection of type IV sensitization to aller-
gens and haptens.
This test is in the hands of experienced investigators
mostly very helpful in the evaluation of the role of aller-
gens in contact allergies. However, standardized in vitro
methods are also required, especially for the identifica-
tion of potentially sensitizing toxic or carcinogenic
substances.
Recent developments in cell culture technology have
led to the establishment of modern cellular techniques
carried out in specialized laboratories particularly in envi-
ronmentally challenged patients as a powerful alternative
for the assessment of type IV sensitization.
102 F. Bartram et al.: Diagnostik von Typ IV-Sensibilisierungen
Article in press - uncorrected proof
At the same time, when considering the potential of
such in vitro assays one should bear in mind their limi-
tations, too.
The lymphocyte transformation test (LTT) nowadays
represents an important alternative for the detection of a
specific type IV sensitization. Advantages and disadvan-
tages of both procedures regarding their diagnostic
specificity and sensitivity and the conclusions arising for
the application in routine diagnostics will be discussed.
Keywords: allergen; epicutaneous test; hapten; lympho-
cyte transformation test; type IV sensitization.
Epikutantest (ECT)
Bei der Diagnostik des allergischen Kontaktekzems (Typ
IV-Allergie) kommt am ha¨ufigsten der Epikutantest (Pflas-
tertest) zum Einsatz. Das Testprinzip beruht darauf,
dass allergenspezifische T-Lymphozyten in das mit dem
Testallergen versetzte Hautareal einwandern und damit
eine makroskopisch wahrnehmbare Hautinfiltration nach
24 bis 72 Stunden hervorrufen. Bei der Beurteilung von
positiven Testreaktionen muss zwischen allergischen und
irritativen Reaktionen der Haut unterschieden werden.
Viele Kontaktallergene besitzen, besonders bei Patienten
mit empfindlicher Haut, auch hautreizende Eigenschaf-
ten. Bei der Bewertung eines Epikutantestes mu¨ ssen
vom Untersucher zur Vermeidung von falsch positiven
und falsch negativen Ergebnissen einerseits die unter-
schiedliche Penetrierbarkeit und immunologische Reak-
tionsbereitschaft verschiedener Hauttypen sowie ander-
erseits auch die unterschiedliche Sensitivita¨ t und Repro-
duzierbarkeit bei den einzelnen Testallergenen beachtet
werden. Aus den genannten Gru¨ nden sollte die Durch-
fu¨ hrung von Epikutantestungen allergologisch versierten
Untersuchern vorbehalten bleiben, denen die Grenzen
dieses etablierten Routinetests bekannt sind.
Der Lymphozytentransformationstest (LTT)
Der LTT ist die derzeit einzige umfangreich validierte in
vitro-Methode zum Nachweis spezifischer zellula¨ rer Sen-
sibilisierungen. Er beruht auf dem Prinzip der Antigen-
(Allergen)-induzierten Zellteilung von spezifischen
T-Lymphozyten und der Analyse der induzierten DNA-
Synthese. Eine positive Reaktion im LTT beweist das Vor-
handensein von allergenspezifischen T-Geda¨ chtniszellen
im Patientenblut. Die seit 2002 verwendeten optimierten
LTT-Varianten haben durch Zusatz von rekombinantem
Interferon-alpha zur Lymphozytenkultur eine gesteigerte
Sensitivita¨ t und Spezifita¨ t erlangt w1–3x.
Bis vor wenigen Jahren hatte der LTT noch eine gerin-
gere Sensitivita¨ t und war dem Hauttest allenfalls eben-
bu¨ rtig. Die Spezifita¨ t war durch nicht seltene grenz-
wertige Reaktionen eingeschra¨ nkt. Die Diversita¨ t der
Methoden und die damals fehlende Standardisierung
erkla¨ ren die sehr unterschiedliche Bewertung des LTT vor
dem Jahr 2000. Neben Arbeiten, die dem LTT schon
damals eine hohe Sensitivita¨ t und Spezifita¨ t sowie klini-
sche Relevanz bescheinigten w4–6x, finden sich Publika-
tionen u¨ ber falsch positive Ergebnisse w7, 8x.
Wa¨ hrend der letzten fu¨ nf Jahre haben sich der Stellen-
wert des LTT sowie die Datenlage zur Sensitivita¨ t und
Spezifita¨ t grundlegend gea¨ ndert. Dazu haben die Weiter-
entwicklungen der Zellkulturtechniken, die Qualita¨ t der
verwendeten Antigene und nicht zuletzt die verbesserten
Messmethoden beigetragen. Die fru¨ her zur Tritiumbe-
stimmung verwendeten Flu¨ ssigszintillations-Gera¨ te sind
durch hochsensitive automatisierte Festphase-b-Counter
ersetzt worden. Als Konsequenz der methodischen Ent-
wicklungen wurde der LTT in der derzeit standardisierten
Form durch Fachgutachter der Deutschen Akkreditie-
rungsstelle Chemie DACH im Fru¨ hjahr 2003 nach DIN EN
17025 und seit Januar 2005 nach DIN EN 15189 als Pru¨f-
verfahren akkreditiert.
‘‘Unspezifisch mitogene Effekte’’ sind im LTT
auszuschließen
In der a¨ lteren Fachliteratur gibt es Diskussionsbeitra¨ge
(keine Studien), die postulieren, dass beim LTT unspezi-
fisch-mitogene Effekte bei der Testung auf Metalle auf-
treten. Dies kann heute durch validierte standardisierte
Konzentrationen der eingesetzten Allergene sicher aus-
geschlossen werden. Zudem handelt es sich nicht um
‘‘mitogene Effekte’’, da die im LTT proliferierenden Zellen
ausschließlich CD4-T-Helferzellen sind. Positive LTT-
Reaktionen ohne klinisch vorhandene Kontaktallergien
beruhen auf balancierten Sensibilisierungen, wobei durch
CD25qregulatorische T-Zellen eine Immuntoleranz auf-
rechterhalten wird w9x. Daneben sind auch IL10 sezernie-
rende CD4-Zellen beteiligt w10x. Die postulierten
‘‘unspezifischen Aktivierungen’’ im LTT sind zudem nicht
zu verwechseln mit den bei Hauttestungen auftretenden
toxisch-irritativen Entzu¨ ndungsreaktionen, da unspezifi-
sche Effekte im LTT durch den Einsatz standardisierter
Testkonzentrationen und parallele Antigen-Hemmversu-
che ausgeschlossen werden ko¨ nnen w11x.
Sensitivita¨ t und Reproduzierbarkeit des
Epikutantestes
Trotz großer Fortschritte bei der Standardisierung der
Testallergene liegen die ‘‘Schwachstellen’’ des Epikutan-
tests in der subjektiven Testbewertung und der unter-
schiedlichen Hautbeschaffenheit der Testpersonen. Die
noch heute ha¨ ufig gea¨ ußerte Meinung, dass der Epiku-
tantest dem LTT in der Aussage prinzipiell u¨ berlegen sei,
muss kritisch betrachtet werden.
Mehrere klinische Studien zeigen, dass die Sensitivita¨t
des Epikutantests fu¨ r einen ‘‘Goldstandard’’ zu gering ist.
Negative Epikutantests bei bestehender klinisch gesi-
F. Bartram et al.: Diagnostik von Typ IV-Sensibilisierungen 103
Article in press - uncorrected proof
cherter Sensibilisierung sind mehrfach beschrieben
w12–14x. Rustemeyer zeigte fu¨ r Nickel, dass von 74
Patienten mit klinisch gesicherter Nickelsensibilisierung
lediglich 40 eine positive Reaktion der Haut aufwiesen,
was einer Sensitivita¨ t von lediglich 54% entspricht w10x.
Bourke zeigte, dass Epikutantests mit verschiedenen
Kontaktallergenen, jeweils zweifach zeitgleich beidseits
der Wirbelsa¨ ule auf dem Ru¨ cken eines Patienten durch-
gefu¨ hrt, eine Intraassay-Reproduzierbarkeit von ca. 92%
aufwiesen w15x. Multicenter-Studien ergaben Zahlen von
84% w16xoder lediglich 56% w17x. In dieser von Gollhau-
sen an der Dermatologischen Klinik der Ludwig-Maxi-
milians-Universita¨t Mu¨ nchen durchgefu¨ hrten Studie
wurden die Patienten im Abstand von einer Woche zwei-
mal untersucht. In einer 2004 von Iris Ale publizierten
Review wird die Ratio nicht reproduzierbarer Reaktionen
bei neun erfassten Studien mit 4.2 bis 43.8% angegeben
w18x. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese in kontrol-
lierten Studien ermittelten ‘‘Abweichungen’’ in der klini-
schen Routinediagnostik noch ho¨ her sind.
Einsatz und wissenschaftliche Reputation des
Lymphozytentransformationstestes (LTT)
Der LTT hat sich in der Diagnostik von immunologisch
bedingten Arzneimittelreaktionen im Vergleich zum Epi-
kutantest in der Spezifita¨ t als gleich und in der Sensiti-
vita¨ t als u¨ berlegen erwiesen w11, 19, 20x. Dies fu¨ hrte fu¨r
diese Fragestellung zur positiven Bewertung durch das
Robert Koch-Institut (RKI) w21x. In der gleichen Stellung-
nahme wurde hingegen der Nachweis allergischer Reak-
tionen gegenu¨ ber Umweltschadstoffen (einschließlich
Metallen) kritisch gesehen, ‘‘da kein ausreichendes Un-
tersuchungsmaterial vorliegt’’. Dass hier dem identischen
Test fu¨ r Haptene wie Medikamentenderivate eine hohe
Sensitivita¨ t zugeschrieben wird, fu¨ r andere wie Metalle
dagegen nicht, ist unversta¨ndlich. Gerade fu¨ r Metalle wie
Chrom, Nickel und Kobalt zeigen neuere Untersuchun-
gen, dass der LTT eine ho¨ here Sensitivita¨ t im Vergleich
zur Epikutantestung hat w22, 23x.
In der genannten Stellungnahme des RKI wird zudem
postuliert, dass positive LTT-Befunde ‘‘lediglich eine
Exposition anzeigen’’, die nicht immer mit einer klini-
schen Symptomatik verbunden sein muss. Eine im LTT
(aber auch im Hauttest!) nachgewiesene Sensibilisierung
muss tatsa¨ chlich nicht zwingend mit einer klinischen
Symptomatik assoziiert sein, was aber die vorliegende
Sensibilisierung nicht in Frage stellt. Es ist bekannt, dass
nicht jede Sensibilisierung eine Allergie zur Folge hat.
Dass positive LTT-Befunde ‘‘lediglich eine Exposition
anzeigen’’ ist auch deshalb nicht schlu¨ ssig, weil in die-
sem Fall zweifelsohne die Rate positiver Reaktionen auf
Dentalmetalle, Nickel oder auch Cadmium (im Zigaretten-
rauch enthalten) weit ho¨ her als nachgewiesen sein mu¨ ss-
te. Die Pra¨ valenz positiver Reaktionen im LTT liegt weit
unter der hohen Zahl entsprechend exponierter Personen
w4, 22x.
Zum Nachweis einer Typ IV-Sensibilisierung auf Beryl-
lium stellt der LTT unbestritten das Mittel der Wahl dar
w21, 24x. Eine schlu¨ ssige Erkla¨ rung, warum dies fu¨ r Beryl-
lium, nicht aber fu¨ r andere Metalle der Fall sein sollte,
gibt es nicht. Gerade Metalle eignen sich sehr gut fu¨ r die
LTT-Testung, da diese im Vergleich zu Medikamenten
nicht metabolisiert werden. Am Institut fu¨ r Klinische
Immunologie der Universita¨ tsklinik Essen wurde ku¨ rzlich
die Korrelation der verschiedenen Testmethoden LTT,
Epikutantest und Zytokinanalysen untereinander und
zum klinischen Befund untersucht w25x. Es zeigte sich
eine gute Korrelation der Ergebnisse des LTT, des Epi-
kutantestes und der Zytokinanalysen. Im Vergleich zum
klinischen Bild zeigten sowohl der LTT als auch der
Epikutantest eine Korrelation (Epikutantest, rs0,73,
P-0,0001; LTT rs0,74, P-0,0001).
Bei Duftstoffunvertra¨ glichkeiten w26x, jodhaltigen Kon-
trastmitteln w27xund Methacrylaten w28xist belegt, dass
der LTT fu¨ r die ha¨ ufig problematische Differenzierung
zwischen allergischen und irritativen Reaktionen hilfreich
ist.
Alle neueren Studien zeigen, dass die Validita¨ t der
ermittelten LTT-Ergebnisse vielmehr von der Qualita¨ t der
Testdurchfu¨ hrung abha¨ ngt als vom methodischen Verfah-
ren an sich. Hier besteht jedoch kein Unterschied zu
anderen Labormethoden. Die ha¨ ufig aus a¨ lteren Publi-
kationen herru¨ hrende undifferenzierte Skepsis gegenu¨ ber
dem LTT ist unter Beru¨ cksichtigung der methodischen
Entwicklungen sowie aktueller Studien heute nicht mehr
gerechtfertigt.
Eine Sensibilisierung muss nicht in jedem Fall
mit einer lokalen Symptomatik an der
Kontaktstelle einhergehen
Vor allem in der zahna¨ rztlichen Praxis wird ha¨ ufig ange-
nommen, dass eine klinisch relevante Sensibilisierung
zwingend mit einer oralen Symptomatik einhergehen
muss. Dies ist nicht der Fall, da sich die Haptenaufbe-
reitung der oralen Mukosa und der Epidermis auf Grund
immunologischer Besonderheiten unterscheiden w13,
29x. Ursache sind unterschiedliche Lipidzusammenset-
zungen von Mukosa und Epidermis w30x, der schnellere
Abtransport von Allergenen durch die starke Durchblu-
tung des Stratum retikulare der oralen Mukosa w31xsowie
eine durch ca. 400 Bakterienarten im Mundraum beein-
flusste prima¨ re Immunantwort w32x. Die hauptsa¨ chlich fu¨r
die initiale lokale Entzu¨ ndungsreaktion verantwortlichen
Langerhanszellen zeigen funktionelle Unterschiede zwi-
schen Epidermis und Mukosa. Langerhanszellen der
Mukosa exprimieren vermehrt den Fc epsilon RI-Rezep-
tor w33, 34xund sind zu einer allogenen T-Zell-Stimulation
in vitro fa¨ hig w35x. Vergleichende Provokationstestungen
zeigten, dass die zur Auslo¨ sung einer Schleimhautreak-
tion notwendigen Allergenkonzentrationen 5- bis 12-mal
ho¨ her sind als an der Haut w36x.
104 F. Bartram et al.: Diagnostik von Typ IV-Sensibilisierungen
Article in press - uncorrected proof
Fu¨ r die Entwicklung einer allergischen Schleimhau-
treaktion gegen eine Fremdsubstanz ist es zudem ent-
scheidend, ob der Prima¨ rkontakt, das heißt der pra¨ gende
immunologische Erkennungsprozess, u¨ ber die Schleim-
haut, die Haut oder das Intestinum stattgefunden hat.
Sowohl im Mausmodell als auch beim Menschen kann
die Reaktivita¨ t der oralen Mukosa durch vorherige inte-
stinale Allergenexposition unterdru¨ ckt werden w37, 38x.
Die genannten Unterschiede erkla¨ ren, warum einer-
seits positive Epikutantestreaktionen nicht immer auch
mit oralen Manifestationen einhergehen, andererseits
aber auch, warum kontaktallergische Schleimhautreak-
tionen sich nicht in jedem Fall im Epikutantest manifes-
tieren w16x.
LTT und Epikutantest ko¨ nnen nur eine
Sensibilisierung, nicht aber eine Allergie
beweisen
Der Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung,
wie er mittels LTT und Hauttest erfolgt, ist nicht obligat
mit einer klinischen lokalen oder systemischen Sympto-
matik verbunden. Die Allergiediagnose kann nur in
Kenntnis des klinischen Befundes und der Anamnese
gestellt werden. Allergietests stu¨ tzen die Diagnose, da
eine Sensibilisierung zwingende Voraussetzung fu¨ r eine
Allergie ist. Aus unserer Sicht stellen der Epikutantest
und ein in einem dafu¨ r spezialisierten Zellkulturlabor
durchgefu¨ hrter LTT zwei Methoden dar, die sich bei
schwierigen Fragestellungen sehr gut erga¨ nzen.
Die von uns in den vergangenen vier Jahren gesam-
melten Erfahrungen zeigen, dass ein standardisiert
durchgefu¨ hrter LTT vor allem bei folgenden Fragestellun-
gen wichtig ist:
1. negatives Epikutantestergebnis bei dringendem klini-
schem Verdacht auf eine Kontaktallergie
2. fraglich positive Ergebnisse im Epikutantest (toxische
Reaktionen?)
3. pra¨ ventive Testung vor Einbringung von Zahnersatz-
material oder berufsgenossenschaftliche Fragestel-
lungen
4. Testung von potentiell sensibilisierenden oder karzi-
nogenen Substanzen
Bei pra¨ ventiven Fragestellungen sollte der LTT
verwendet werden
Prinzipiell sollte bei pra¨ventiven Fragestellungen bezu¨g-
lich bestehender Typ-IV-Sensibilisierungen, wie sie vor
allem im Bereich der Zahnmedizin behandelt werden, der
Epikutantest zuru¨ ckhaltend eingesetzt werden, da durch
die Applikation der Testsubstanz auf die Haut eine poten-
tielle Sensibilisierungsgefahr besteht w39, 40x. Agrup
zeigte in einer Studie mit zweimaliger Durchfu¨ hrung des
Epikutantestes auf Standardallergene, dass es bei der
wiederholten Testung nach sechs Monaten zu einer sig-
nifikanten Anzahl von ‘‘Neusensibilisierungen’’ gekom-
men war. Die Pra¨ valenz der iatrogenen Sensibilisierungen
betrug fu¨ r Kobalt 5%, p-Phenylendiamin 4.6%, Chrom
2.3% und p-Aminoazobenzene 9.9% w39x. Weitere Fall-
darstellungen gibt es zu Benzoylperoxid, Butylhydrochi-
non, Kompositen-Mix w41x, para-tertia¨ rem Butylcatechin
w42x, diversen Pflanzenextrakten w43x, Budesoniden w44x,
Formaldehyd w45x, Nickel w10xund Acrylaten w46x.Fu¨r
Penicillin gilt bis heute aufgrund der Sensibilisierungs-
gefahr die therapeutische kutane Applikation als Kunst-
fehler w41x. In Tierversuchen ließen sich Sensibilisie-
rungen zum Beispiel auf Chrom, Quecksilber und Nickel
induzieren w47x. Mit diesem Wissen ist die ha¨ ufig prakti-
zierte routinema¨ ßige Epikutantestung der kompletten
Standard-Allergenreihe als kritisch zu bewerten.
Die Verfahrensweise, ein positives LTT-Ergebnis durch
einen Epikutantest zu besta¨ tigen, sollte deshalb nur in
Ausnahmefa¨ llen, z.B. bei grenzwertigen Ergebnissen,
erfolgen, da eine Versta¨ rkung der klinischen Symptoma-
tik durch Exposition mit dem Test-Kontaktallergen
fu¨ r verschiedene Kontaktallergene gezeigt worden ist
w48–50x. Ohnehin limitieren die eingeschra¨ nkte Sensiti-
vita¨ t und die mangelnde Reproduzierbarkeit w12, 13xdie
Indikationen derartiger ‘‘Nachtestungen’’.
Aus der Sicht der kurativ ta¨ tigen
Umweltmedizin sind fu¨ r die Bewertung
positiver Testergebnisse folgende
Schlussfolgerungen zu empfehlen
1. Bei pra¨ ventiven Untersuchungen mit potentiell sensi-
bilisierenden Substanzen, allen Testungen mit karzi-
nogenen Stoffen und der Untersuchung von Patienten
mit pra¨ disponierenden immunologischen Erkrankun-
gen sollte der LTT als nicht belastendes Verfahren
dem Epikutantest vorgezogen werden.
2. Ein sicher positives Ergebnis im Epikutantest stellt
eine Sensibilisierung sicher. Fraglich positive und ver-
mutlich durch toxische Reaktionen bedingte Resul-
tate im Epikutantest sollten auch bei kurativen
Fragestellungen durch den LTT besta¨ tigt werden.
Der Qualita¨ tsanspruch muss bei zellula¨ren
Laborverfahren hoch sein
Der Einsatz des LTT in der klinischen Diagnostik stellt
hohe Anforderungen an den behandelnden Arzt fu¨ r die
Indikationsstellung und an das ausfu¨ hrende Labor fu¨ r die
Gewa¨ hrleistung einer konstant hohen Qualita¨ t der Test-
durchfu¨ hrung. Der LTT bleibt, wegen seiner im Vergleich
zum Epikutantest ho¨ heren Kosten, speziellen Fragestel-
lungen vorbehalten. Unter Beru¨ cksichtigung der darge-
stellten Studienlage wa¨ re es aber falsch, diese moderne
diagnostische in vitro-Methode nicht einzusetzen.
F. Bartram et al.: Diagnostik von Typ IV-Sensibilisierungen 105
Article in press - uncorrected proof
Zu fordern ist allerdings, dass diese anspruchsvolle
Zellkulturmethode ausschließlich von akkreditierten
medizinischen Instituten durchgefu¨ hrt wird, die u¨ ber aus-
reichende Erfahrungen mit dieser Methode verfu¨ gen. Die
fu¨ r ein nach DIN ISO 15189 akkreditiertes Labor zwin-
gend vorgeschriebenen Ring- und Vergleichsuntersu-
chungen mit Pru¨ flaboratorien sind eine entscheidende
Voraussetzung fu¨ r ein effizientes Qualita¨ tsmanagement
und die verla¨ ssliche Beru¨ cksichtigung der Testergebnisse
in der klinischen Praxis.
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