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Krise und Routine? als analytisches Paradigma in den Sozialwissenschaften (Abschiedsvorlesung)

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... It motivates them to adopt a perspective and to construct a "vision" (cf. Oevermann, 2008). They are asked to imagine themselves in a different time and to consider different scenarios. ...
... If school requirements in the texts recede as a problem and/or school proves to be a relativized institution in view of worldwide problems -or problems in the family and parents' working worlds -alternative fictional worlds and newly conceived future scenarios (Style 5) appear. Style 5 thus contains elements of a "routine narrative" (see also Oevermann, 2008). Following Oevermann, discontinuities in the worlds of life and school cannot be overcome by crisis-narratives in the immediacy of the here and now, but rather in spaces for a creative shaping of the future. ...
... In this sense, the latent styles represent forms of individual strategies of dealing with the crisis and experiences resulting from the tension between the analog and digital components of individual learning and life worlds. Exceeding the present by anticipating "crises of decision" (Oevermann, 2008) creates the possibility of distancing from the present threatening COVID situation and thus enables the creation of new "routines". 9 Following Serres' relational understanding of "space", we understand the term as something always imagined in relation to created and existing space. ...
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Children's crisis narratives as Futures Literacy Kurzfassung: Ziel der internationalen Studie "Futures Literacy-Children's Crisis Narrations as Spaces of Utopias of Solidarity" ist es, anhand von Krisennarrativen, die von Schulkindern in mehreren europäischen Ländern verfasst wurden, Einblicke in die (Lebens-)Welten und Perspektiven von Kindern auf schulangeleitetes Lernen zu Hause in Zeiten der Corona-Krise zu gewinnen. Die Datenerhebung basiert auf einer speziellen Schreibaufgabe, in der Schülerinnen und Schüler (10-13 Jahre) gebeten werden, zu beschreiben, wie sie ihren zukünftigen Enkelkindern die Zeit der Corona-Krise in einer fiktiven Zukunft, in der sie Großeltern sind-60 Jahre später-erzählen würden. Die Perspektive der Kinder wird ausdrücklich in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, um mehr über Themen zu erfahren, die Kinder dieser Altersgruppe in Krisenzeiten betreffen. Theoretisch knüpft die Studie an das Konzept der Zukunftskompetenz (inspiriert von Miller, 2007) an. Die von Schülern produzierten Texte werden durch eine systematische Kombination von quantitativer und qualitativer Inhaltsanalyse (mittels Latent Class Analysis) ausgewertet. Abstract: The aim of the international study "Futures Literacy-Children's Crisis Narrations as Spaces of Utopias of Solidarity" is to gain insights into children's (life) worlds and perspectives on home-schooling in times of the Corona Crisis by means of crisis narratives written by schoolchildren in several European countries. The data collection is based on a special writing assignment for pupils (10-13 years), in which they are asked to describe how they would tell their future grandchildren about the time of the Corona crisis in a fictional future where they are grandparents-60 years later. The perspectives of children are explicitly placed at the center of interest in order to draw conclusions about issues that concern this age group in times of crisis. Theoretically, the study ties in with the concept of futures literacy (inspired by Miller, 2007). Texts produced by students will be evaluated by means of a systematic combination of quantitative and qualitative content analyses (using Latent Class Analysis).
... Im Zuge dessen wird sich auf ein Begriffsverständnis gestützt, das Krise als zentrales Charakteristikum pädagogischen Handelns und Schlüsselelement pädagogischer Professionalität begreift. Grundlegend ist hierfür der Anschluss an die sozialisations-und professionalisierungstheoretischen Arbeiten Ulrich Oevermanns (Oevermann, 2016a;2016b;2002;1996), in dessen Gesamtwerk die -von ihm als Komplementärbegriffe gedachten -Begriffe ‚Krise' und ‚Routine' von tragender Bedeutung sind. Zum Aufbau des Beitrags: Im ersten Abschnitt werden die Begriffe ‚Krise' und ‚Routine' entlang des Oevermann´schen Zugangs erarbeitet und dann auf pädagogisches Handeln als Handlungstypus übertragen. ...
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Ausgehend von einem Krisenbegriff nach Ulrich Oevermann setzt sich der Beitrag mit der Krisenhaftigkeit pädagogischen Handelns auseinander und legt dar, inwiefern die Krise als zentrales Charakteristikum pädagogischen Handelns und Schlüsselelement pädagogischer Professionalität gesehen werden kann. In der Folge wird die Bedeutung des Zugangs anhand von Auszügen aus dem Forschungsprojekt „Inklusion als Herausforderung für integrative Kindertageseinrichtungen“ (2017-2019) veranschaulicht und diskutiert. Der Beitragschließt mit einem Plädoyer für die (Wieder-)Entdeckung des Krisenbegriffs für pädagogisches Handeln und einigen handlungspraktischen Anstößen.
... Verwiesen sei stattdessen auf die folgende Auswahl an einschlägigen Darstellungen:Oevermann 1981, 2000, 2008 sowie Garz & Raven 2015 ...
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Situationen der Promotionsbetreuung, wie wir sie in unserem Material vorliegen haben, zeichnen sich dadurch aus, dass es sich um offizielle Veranstaltungen handelt, die zu diesem Zweck einberufen wurden. Es sind keine Tür-und-Angel-Gespräche, sondern offiziell anberaumte Termine mit Akteur*innen, die sich in einer bestimmten Konfiguration begegnen: als Betreuungspersonen, als noch nicht fertige Wissenschaftler*innen, als Promovierende, die ebenfalls an ihrer Arbeit schreiben. Für die Konversationsanalyse ist es zentral, die Konstituierung eines Kontextes in der Situation als eine konstante Aufgabe für Mitglieder anzusehen und nicht als etwas Gegebenes, als eine externe Struktur.
... Adressiert sind Jugendliche als Akteur/innen von Schule und zugleich als Subjekte gesellschaftlicher Krisenverarbeitung. Der Umgang mit Nicht-Wissen, zukunfts-2 In Anlehnung an U. Oevermann (2008) verstehen wir den Begriff Krise im Verhältnis zur Routine. Krise bezeichnet keine Eigenschaft von Gegenständen, sondern ist immer in Relation zu einem prädikationsfähigen Subjekt zu verstehen. ...
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Zusammenfassung Ziel der internationalen Studie „ Futures Literacy – Krisennarrationen von Kindern als Räume von Utopien der Solidarität“ ist es, über Krisennarrationen von Schüler/innen Einblicke in ihre Schulsituation und (Lebens‑)Welt in Zeiten der Corona-Krise zu gewinnen. Die Datenerhebung erfolgt auf der Basis eines im Rahmen von Schulaufgaben gegebenen Schreibauftrages an die Schüler/innen, bei dem diese darstellen sollten, wie sie in der fiktiven Zukunft (in 60 Jahren) in der Rolle der Großeltern ihren Enkelkindern von der Zeit der Corona-Krise erzählen. Angelehnt ist diese Vorgehensweise an das Konzept der Futures Literacy, welches Möglichkeiten eröffnet, mittels der Imagination von Zukunft Gegenwart besser zu verstehen und Handlungsoptionen zu entwickeln. Die besondere Schreibaufgabe soll helfen, herauszufinden, wie Schüler/innen aus verschiedenen europäischen Ländern mit der Corona-Krise umgehen, wie sie diese mit Blick auf Schule und häusliche Umwelt erleben und kognitiv und emotional verarbeiten und welche „Post-Corona“ Zukunftsperspektiven sie entwickeln. Die Auswertung erfolgt auf Basis einer Latent Class Analyse von 237 von den Schüler/innen produzierten Texte. Sie legt typische narrative und argumentative Textmuster offen, die zu bestimmten Narrationsstilen führen, aus denen sich die verschiedenen Perspektiven der Schüler/innen auf die Institution Schule, den Covid-19 bedingten Fernunterricht und den Lebensalltag rekonstruieren lassen, und die in spezifischen Zusammenhangskonstellationen mit ihrem Lebens- und Familienalltag sowie subjektiven Zukunftsbildern angesichts der Krise stehen.
... Here, references toDewey (1909);Waldenfels (2006), andOevermann (2008) can be made since all of them, in their specific ways, emphasize the importance of a critical starting point in their epistemologies. For instance: "[..] the origin of thinking is some perplexity, confusion, or doubt"Dewey (1909, p. 12). ...
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The processual relation of thinking and perceiving shall be examined from a historical perspective as well as on the basis of methodically conducted first-person observation. Historically, these two psychological aspects of human knowledge and corresponding philosophical positions have predominant alternating phases. At certain historical points, thinking and perceiving tend to converge, while in the interim phases they seem to diverge with an emphasis on one of them. While at the birth of modern science, for instance, these two forms of mental life were deeply interlinked, today they seem to be separated more than ever before – as a number of scientific crises have shown. Turning from the outer to the inner aspect of this issue, a phenomenological view becomes relevant. In terms of the consciousness phenomenology developed by Steiner (1861–1925) and Witzenmann’s (1905–1988) Structure Phenomenology, this article will show how a methodical integration of thinking and perceiving can be carried out on the basis of first-person observation. In the course of a skilled introspective or meditative self-observation the individual’s own mental micro-actions of separating and integrating come into view, jointly constituting what we usually call thinking and perceiving. Consequently, this approach includes a conceptual as well as a perceptual dimension the experimental confluence of which ties in with the methodological core principle of modern natural science. At the same time, making this principle explicit may open the way to a further development of human consciousness and its scientific delineation.
... In einer strukturtheoretischen Perspektive stellen Wissensgehalte Deutungen, Konstruktionen oder Interpretationen dar, deren propositionaler Gehalt "im Sinne einer gültigen Krisenlösung" auf eine Problemlage bezogen ist (Oevermann 2006, S. 82). Dies gilt für komplexe und höheraggregierte Wissensbestände wie etwa Deutungsmuster ebenso wie für eine einfache Prädikation im Sinne einer begrifflichen Bestimmung von etwas (Unbestimmten) als Etwas (ein Bestimmtes) (bei Oevermann ausgedrückt in der Kurzformel "X" ist ein "P") und soll hier auch für a-theoretische, handlungsleitende Wissensbestände zugrunde gelegt werden (Oevermann 2001a(Oevermann und b, 2006(Oevermann , 2008vgl. auch Kramer u.a. ...
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Zusammenfassung Der Einsatz von Forschungsmethoden in bisher unerprobten Zugängen und Designs führt nicht selten zu deren kritischer Prüfung und Weiterentwicklung. Auch für den folgenden Beitrag markiert ein derart neuartiger Einsatz der dokumentarischen Methode in der biographischen Längsschnittforschung den Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen. Gefragt wird dabei besonders, wie über die bisherigen Überlegungen innerhalb der dokumentarischen Methode hinaus die Transformation von Orientierungsrahmen (bzw. des Habitus) theoretisch zu begründen und empirisch zu erschließen ist. Im Zentrum steht der Versuch, strukturtheoretische Konzepte (Krise und Bewährung) an die praxeologisch-wissenssoziologische Perspektive der Dokumentarischen Methode anzuschließen. Schlagworte: Dokumentarische Methode; Längsschnitt; Strukturtheorie; Habitus; Habitustransformation ----- Abstract Using resaerch methods in yet unexperienced approaches often leads to their critical review as well as to their further development and advancement. Therefore, the following article focuses on the innovative application of the Documentary Method in the field of biographical longitudinal research. Based on the methodological concept of the Documentary Method, the article asks for a theoretical framework to explain the transformation of orientation frames (German: Orientierungsrahmen) or respectively the transformation of the actors’ habitus as well as the empirical analysis of such a transformation. The attempt is to link structural theory approaches to the perspectives the Documentary Method is drawn upon, namely the praxeological sociology as well as the sociology of knowledge. Keywords: Documentary Method; longitudinal research; structure theory; habitus; habitus-transformation ----- Bibliographie: Kramer, Rolf-Torsten: »Habitus(-wandel)« im Spiegel von »Krise« und »Bewährung«, ZQF, 1-2013, S. 13-32. https://doi.org/10.3224/zqf.v14i1.15450
... Krisensituationen finden sich auf unterschiedlichen sozialen Ebenen: von der Naturkatastrophe über politische Skandale bis hin zu systemischen Krisenerfahrungen wie im Fall der Finanzkrise. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Formen eine Grenzerfahrung mit der routinierten Ordnung des Alltags (Oevermann, 2008), deren Kontinuität durch die Krise in Frage gestellt wird. (Berger & Luckmann, 2010, S. 166-168;Keller, 2003, Weichert, 2008 Auf Grundlage jenes Wechselspiels zwischen Routine und Krise gründet das dynamische Potential von Krisen, da sie durch den Bruch mit festen Gesellschaftsgefügen die Möglichkeit zur Veränderung liefern. ...
... Krise und Routine Oevermann (2008) bezeichnet Krise als ein dem Gebrauch von Sprache innewohnendes Grundverhältnis. Krise bezeichnet eine Eigenschaft zwischen einem Gegenstand X und einem konkreten Erfahrungssubjekt S, für das dieser Gegenstand unbestimmt ist. ...
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Zusammenfassung: In dem Beitrag wird an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Bildung und Ungleichheit in der qualitativ-empirischen Bildungsforschung angeschlossen. Dabei wird auf aktuelle gesellschaftspolitische Gemengelagen – nämlich der Deglobalisierung – rekurriert und die Grenzen der Theorie bzw. die Implikationen des transformatorischen Bildungsbegriffs als Dispositiv biografischer Bildung im Hinblick auf Weltbezüge ausgelotet. Es geht um die Frage, wie gesellschaftlich divergente Anforderungen in Biografien wirken und in welchem Verhältnis sie zu Bildung stehen. Abstract: This paper aims to discuss Bildung from a critical examination of the relationship between education and inequality in qualitative-empirical educational research. In doing so, it refers to current socio-political contexts – namely deglobalisation – and explores the limits of the theory and the implications of the transformational concept of Bildung as a dispositive of biographical trajectories with regard to world references. The question is how socially divergent demands affect biographies and how they relate to education.
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Thesis
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Der Soziologe Ulrich Oevermann und der Erziehungswissenschaftler Thomas Ziehe ent- stammen wissenschaftssoziologisch der Tradition der Frankfurter Schule bzw. der Kriti- schen Theorie. Oevermann studierte bei Adorno und Habermas, Ziehe bei Oskar Negt. Beide kreuzen sich in ihrem jeweiligen Werk auf dem Gebiet der Pädagogik, insbeson- dere der Schultheorie und -praxis. Damit liegt es nahe, oder wenigstens nicht allzu fern, in einer vergleichenden Untersuchung die sozialisatorische Forschung beider und de- ren potenziellen wie tatsächlichen Einfluss auf die Pädagogik auszuleuchten. Die Analy- se ist teils chronologisch, teils gesamtwerk-immanent ausgerichtet und bezieht verglei- chende Betrachtungen der Schriften Ziehes und Oevermanns direkt ein. Am Anfang steht zunächst eine biografisch-historische Einordnung beider in den Kontext ihrer aka- demischen Herkunft. Daran schließen Ausführungen über Ulrich Oevermann und des- sen pädagogische Bezugspunkte an, gefolgt von einem Kapitel über die Positionen Thomas Ziehes und deren epistemischer Genese. Den Abschluss bilden eine Zusam- menschau der hier entfalteten Positionen, Vergleiche und Kritiken sowie eine Schluss- bemerkung.
Chapter
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Die Hervorbringung eines (pädagogischen) professionellen Habitus (vgl. Oevermann, U. (1996). Theoretische Skizze einer revidierten Theorieprofessionalisierten Handelns. In: Combe, A., & Helsper, W. (Hrsg.), Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns (S. 70–182). Suhrkamp., Oevermann, U. (2002). Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisiertheit pädagogischen Handelns. In Kraul, M., Marotzki, W., & Schweppe, C. (Hrsg.), Biographie und Profession (S. 19–63). Klinkhardt.) bildet Inhalt und Ziel der akademischen Bildung im Kontext der universitären Lehrerbildung. Insbesondere während der Betreuung einer Promotion sollte dieser herausgebildet werden – und zwar durch die entsprechende Ausgestaltung eines Arbeitsbündnisses.
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In Zeiten der Corona-Pandemie dominieren Krisendiagnosen das Tagesgeschäft. Zu deren zentralen Bezugspunkten zählen neben (den Folgen) der Pandemiebekämpfung im engeren Sinne vor allem sogenannte Verschwörungstheorien und Verschwörungstheoretiker*innen. Zum einen mehren sich angesichts der von den "Querdenker*innen" initiierten "Hygiene-Demonstrationen" Krisendiagnosen, die in der gegenwärtigen Protestpraxis den vorläufigen Höhepunkt eines demokratiezersetzenden "postfaktischen Zeitalters" sehen. Zum anderen werden die Gründe für diesen vermeintlichen Popularitätszuwachs von Verschwörungstheorien ihrerseits in der Krisenhaftigkeit der Pandemie verortet. Das Moment der Krisenhaftigkeit wird also regelmäßig sowohl als Ursache wie auch als Folge von Verschwörungstheorien verhandelt. Der vorliegende Beitrag gewinnt sein Untersuchungsinteresse aus dieser prominenten diskursiven Verknüpfung von subjektiven und gesellschaftlichen Krisen einerseits sowie Verschwörungstheorien andererseits. Aus der Perspektive einer phänomenologisch-fundierten Wissenssoziologie will er auf eine theoretisch-konzeptionelle Alternative zur bis-lang öffentlich dominierenden Bestimmung dieses nicht nur gegenwärtig kulturbedeutsamen Phänomenbestands verweisen. Schlagwörter: Krise; Verschwörungstheorien; Phänomenologie; Konstruktivismus https://doi.org/10.3224/soz.v14i1.05
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Anhand ausgewählter Beiträge zur Ungewissheit des Unterrichts möchten wir problematisierend prüfen, inwiefern diese empirisch in den Blick genommen werden kann. Unsere Vermutung ist, dass „Ungewissheit“ sich nicht als Gegenstand interpretativer Unterrichtsforschung eignet und empirische „Ungewissheitsforschung“ diese daher zu verdinglichen droht. Nachdem wir das von uns zugrunde gelegte Verständnis von Ungewissheit pädagogischen Handelns expliziert haben, zeigen wir exemplarisch auf, worin wir Limitationen interpretativer Unterrichtsforschung sehen, „Ungewissheit“ zu erhellen.
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Der Beitrag befasst sich mit der Körpermodifikation Tätowierung bei jungen Menschen. Anhand eines Fallbeispiels werden unter Anlehnung an einen sequenzanalytischen und leibphänomenologischen Orientierungsansatz die Spuren leiblicher Erfahrungen und tätowierter Körperleiber verfolgt. Experimentelle Lesarten geben Aufschluss darüber, dass tätowierte Hautbilder u. a. als ein Sprachrohr lautloser Erfahrungen gedeutet werden können. Der Beitrag schließt mit einer offenen Diskussion über die Relevanz einer leiblichen Wahrnehmung für die Soziale Arbeit.
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Im Beitrag wird nach den Deutungs- und Handlungsmöglichkeiten, auf die von einer Fehl- oder Totgeburt Betroffene zurückgreifen, sowie nach den Bedingungen für Krisen gefragt. Anhand empirischen Datenmaterials aus einem Online-Trauerforum wird die These entfaltet, dass eine Krise durch den uneindeutigen Status des verstorbenen Ungeborenen bedingt sein kann. Die fehlende soziale Anerkennung des Ereignisses als ein Todesfall und somit als Verlust eines signifikanten Anderen führt im dargestellten Material zur (Selbst-)Delegitimierung der Trauernden. Die internalisierte Trauerintensitätsnorm, man habe um Ungeborene weniger zu trauern, steht im Widerspruch zu individuellen Gefühlen. Die Ergebnisse zeigen, dass im Todesfall am Lebensbeginn mitunter eine Orientierung an traditionellen Bestattungsformen und Abschiedsritualen besteht, die für Fehl- und Totgeburten nicht etabliert sind.
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Wie jede Krise, so konfrontiert uns auch die Corona Krise mit der Erfahrung, dass die liebgewonnenen Alltagsroutinen nicht mehr tragen oder zumindest auf eine harte Probe gestellt werden. Auch in der Hochschullehre. Einer der Brennpunkte der aktuellen Krise stellt die Präsenz und damit einhergehend die unmittelbare leibliche Anwesenheit dar. Was im Hochschulalltag als selbstverständlich galt, wird nun technisch und medial überformt, vermittelt und übermittelt. Und doch: Vielleicht hilft die plötzliche Suspendierung der leiblichen Anwesenheit, diese besser zu verstehen, sie zu begreifen. Der Statementband «(Digitale) Präsenz» geht der Frage nach, was die Präsenz in Lehrveranstaltungen und Studium ausmacht, welche wesentliche Merkmale, Bedingungen und Funktionen kommen ihr zu und welche Formen nimmt sie im digitalen Miteinander an. Der Band versammelt dabei essayistische Beiträge aus unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, die anhand theoriegeleiteter Reflexionen, empirischer Beobachtungen oder systematischer Fallvergleiche den Stellenwert der Präsenz unter den Bedingungen zunehmender Digitalisierung im Hochschulalltag erörtern.
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Robert Schäfer wendet die klassische Unterteilung in Alltäglichkeit und Außeralltäglichkeit auf das soziale Phänomen des Tourismus an und nimmt anstatt des häufig gewählten raumsoziologischen Analyserasters eine zeitsoziologische Perspektive ein, indem die Sinnstruktur dieses zeitlich begrenzten Phänomens ins Zentrum gestellt wird. Eines der Kriterien für außeralltägliche Erfahrungen ist dabei die Authentizität. Die leitende Frage seiner Untersuchung ist, wie diese im Rahmen von touristischen Bildproduktionen inszeniert wird. Als Fallbeispiel dienen drei Bilder aus dem Blog einer Weltreisenden, die einer hermeneutisch inspirierten Bildinterpretation unterzogen werden.
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Die Dissertation setzt sich mit der Wirkung des Leitbildes »Selbstbestimmung« auf die pädagogische Praxis im betreuten Wohnraum von Menschen auseinander, die als geistig behindert gelten. Der Übergang von einer stationären Wohneinrichtung in das Betreute Wohnen und die Beziehungspraxis der beteiligten Akteure stehen im Zentrum der Untersuchung. Das Erkenntnisinteresse gilt den strukturellen Bedingungen und den Erlebnisqualitäten, unter denen der Wohnformwechsel stattfindet, um aus den Ergebnissen Implikationen für die Praxis abzuleiten. Neben der Triangulierung empirischer Zugänge zum Phänomen Geistige Behinderung und zur autonomen Lebens- und Berufspraxis im Handlungsfeld wurden ausgewählte Professionalisierungstheorien auf den Selbstbestimmungsdiskurs übertragen, um die Frage nach dem Arbeitsbündnis als Handlungsrahmen zu diskutieren.
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Der vorliegende Beitrag führt eine kritische Auseinandersetzung mit der 2008 in Kraft getretenen UN­Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Dabei wird der Blick von der oberflächlichen Rezeption des manifesten Inhalts auf die latenten Bedeutungsstrukturen des ‚Textes‘ verlagert und unter anderem den Fragen nachgegangen, welche objektive Konstruktion von Behinderung der Konvention zugrunde liegt und inwiefern diese in Relation mit einem ‚demokratischen Grundverständnis‘ steht. Entgegen des verbreiteten Meinungsbildes kommt der Autor zu dem Schluss, dass innerhalb der UN­-Konvention ein demokratiespezifisches Bild von Behinderung vorherrscht, das mittels der weltweiten Sendungskraft der UN global verbreitet und im Zuge der Ratifizierung durchgesetzt wird. Das implizite Bestreben zur transnationalen Etablierung eines westlich­demokratisch geprägten Behinderungsbegriffs geht einher mit einer mehr oder minder indirekten Aufforderung zur Demokratisierung nicht­demokratischer Länder, sodass die Ratifizierung der Konvention durch nicht­demokratische Länder auch einen ‚cultural impact‘ mit sich bringt. Die UN­Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen lässt sich demnach auch als kulturimperialistisch anmutender Akt bezeichnen.
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Der Beitrag setzt sich auf der Grundlage eigener Forschungsarbeiten mit dem methodologisch-methodischen Problem einer empirischen Erschließung des Habitus auseinander. Dabei werden zwei etablierte Zugänge – die Dokumentarische Methode und die Habitushermeneutik – diskutiert. Aus der Kritik der beiden Ansätze wird der Vorschlag für eine alternative Erschließungsmethode entwickelt, die sich stark an der Konzeption der Sequenzanalyse und ihrer Begründung in der Objektiven Hermeneutik orientiert. Für die Fruchtbarmachung der zentralen Prinzipien der Sequenzanalyse der Objektiven Hermeneutik werden strukturtheoretische Annahmen auf das Habituskonzept bezogen und daraus in ersten Überlegungen der Entwurf einer Methode der Sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion entfaltet. Abschließend wird im Sinne einer Rekonstruktionsmethodologie herausgestellt, dass es bei Gegenstandskonzepten, die als modus operandi entworfen in Anspruch nehmen, latente Hervorbringungsprinzipien der Praxis zu sein – wie dies für das Habituskonzept zweifellos der Fall ist –, methodischer Operationen bedarf, die einerseits die Entwicklung von Hypothesen zu diesem Hervorbringungsmodus anleiten und unterstützen und andererseits eine systematische Geltungsprüfung dieser Hypothesen erlauben. Beides ist für die Analyse des Habitus notwendig und im Prinzip der Sequenzanalyse in gelungener Weise enthalten.
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Der Beitrag widmet sich dem Phänomen und Begriff der Bildungsarmut sowie dem zugehörigen akademischen Diskurs als Teilbereich der Ungleichheitsforschung aus strukturaler Perspektive. Hierbei wird der sinnlogisch universale Anspruch des Bildungsarmutsbegriffs problematisiert. Zu diesem Zweck stützt sich der Artikel auf die bildungstheoretischen Argumente Oevermanns in Verbindung mit dem für seine Arbeiten zentralen Begriff der Lebenspraxis sowie dem zugehörigen Modell von Krise und Routine. Diese werden auf ihre Implikationen hinsichtlich des Bildungsbegriffs befragt und mit dem Konzept des Bildungsselbst (Wernet 2012) kombiniert. Daran anknüpfend wird der Vorschlag gemacht, den Forschungsgegenstand konzeptionell in den umfassenden Rahmen einer Theorie der Bildung des Subjekts zu stellen.
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Angehende Lehrkräfte sollen sich zunehmend an der dokumentierten Wirklichkeit anhand von Videovignetten in ihrem Verstehen erproben und ihre Vorstellungen über ihre zukünftige Praxis an Videoaufnahmen dieser selbst prüfen. Kasuistik kann sodann zum Medium einer Weiterbildung werden, die methodisch gesichertes Fallverstehen zum Ausgangspunkt der Professionalisierung macht. Kern unseres Beitrags ist daher die Reflexion einer (auch Forschungs-)Praxis zum Zwecke der Ausbildung für diese Praxis. Die AutorInnen stellen dazu ausgehend von ihren gemeinsamen Erfahrungen mit studentischen Interpretationsgruppen und dortigen Fallanalysen eine forschungsbezogene (Videosequenzanalyse) und eine praxisbezogene Methode (Marte Meo) der Auswertung von Videos vor, um sie auf Möglichkeiten und Grenzen der Einbindung in die Lehrerbildung zu prüfen und im Rahmen eines hier vorzustellenden Projektes (MoSAiK) zur Diskussion zu stellen.
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Die Situation D.U.M.P.F. bedarf des Aufbaus bzw. der Stärkung neuer Kompetenzprofile und einer Haltung, die primär durch Offenheit, Freimut und strukturellen Optimismus gekennzeichnet ist. Diese sind notwendig, um innovativ denken und handeln zu können. Bei der Beantwortung der Frage, wie Kompetenzen und insbesondere Innovationen entwickelt werden, hilft das K.L.A.R.-Prinzip. Es steht für Krise, Lernen, Anwendung und Routine und zeigt den grundsätzlichen Entstehungsprozess von Neuem. Es liefert wertvolle Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen Lernen und Entwicklung stattfinden kann und welche Rahmung Führung ihren Mitarbeitern bieten muss, um Innovation zu ermöglichen.
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Zusammenfassung Ein systematischer Unterschied zwischen der Rekonstruktion der Bedeutung derselben Äußerung an zwei verschiedenen Sequenzstellen gab Anlass, seine begriffliche Fassung zu erarbeiten. In der Objektiven Hermeneutik scheint mit der Gegenüberstellung von ‚objektiver Bedeutungsstruktur‘ und ‚latenter Sinnstruktur‘ ein terminologischer Vorschlag hierfür vorzuliegen. Dieser ruft jedoch aufgrund seiner Komplexität – er amalgamiert drei verschiedene Oppositionen – Irritationen hervor. Der Beitrag skizziert zunächst die Verwendung der von Ulrich Oevermann eingeführten Termini, sodann wird anhand einer materialen Analyse das Klärungsproblem herausgestellt; schließlich wird mit Bezug auf Freges Unterscheidung von Bedeutung und Sinn ein Vorschlag zur begrifflichen und terminologischen Fassung des Unterschieds gemacht. Der begriffliche Unterschied von (a) manifester und latenter Bedeutung, (b) objektiv regelkonstitutierter und subjektiv gemeinter Bedeutung und schließlich (c) objektiver Sinnstruktur einer Äußerung und ihrer umfassenden objektiven Bedeutungsstruktur kann ohne die Konfundierung in der titelgebenden Unterscheidung terminologisch gefasst werden.
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Hendrik Trescher zeigt, dass der Heimalltag von Menschen mit Behinderungen oftmals von Regulierung, Überwachung und asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnissen geprägt ist. Er stellt fest, dass HeimbewohnerInnen vom Steuerungssystem der sogenannten Behindertenhilfe in ihrer persönlichen Handlungsökonomie und Persönlichkeitsentwicklung eingeengt werden, sodass Wohnen, verstanden als eine auch emotionale Aneignungspraxis von Raum, kaum gelingen kann. Menschen mit Behinderung werden ‚bürokratiebehindert‘. Heime, die eigentlich als Unterstützungssysteme gedacht sind, werden durch das von ihnen aufgefächerte allumfassende pädagogische Protektorat selbst zu Behinderungsfaktoren, da sie Teilhabe an alltäglichen Praxen jenseits der Institution teilweise massiv einschränken. Der Autor liefert abschließend konkrete konzeptionelle und pädagogisch-praktische Vorschläge und Anregungen. Der Inhalt: Diskurs, Bürokratie und Behinderung; Wohnen, Würde und das Private; Das Subjekt unter dem pädagogischen Protektorat; Bedarf eines neuen Behinderungs- und Inklusionsbegriffs
Chapter
Der Beitrag stellt den von Werner Helsper seit den 1990er Jahren entwickelten Ansatz der Schulkultur in das Zentrum und fragt nach der Anlage und der Reichweite dieser Schultheorie. Diskutiert werden dabei die folgenden Fragen: Welche theoretischen Implikationen und Annahmen verbinden sich mit diesem Ansatz?Wie kann sich mit diesem Ansatz auf Fragen der Bildungsungleichheit, der Lehrerprofessionalität und der Schulentwicklung bezogen werden?Welche empirischen Zugänge verbinden sich mit diesem Theorieansatz?Insgesamt geht es damit um die Frage, was trägt der Schulkulturansatz zum Verständnis des Bildungssystems und einzelner Schulen bei?
Chapter
1 Einleitung Die Diskurse um Professionen, Professionalisierung und professionelles Handeln haben unterschiedliche Zielsetzungen und theoretisch-empirische Grundlagen. Im Kern geht es dabei aus soziologischer Perspektive um die Frage, ob und wie gesellschaftlich relevante Problemlagen (vgl. Pfadenhauer/ Sander 2010; Stollberg 2012) gelöst werden (empirischer Zugang) und gelöst werden könnten (normativer Zugang). In modernen Gesellschaften, die sich der möglichst rationalen Problemlösung verschrieben haben, geht es um das Ringen um eine bestmögliche Problemlösung auf der Grundlage der überzeugendsten Argumente. Die sich um den Zentralbegriff der Profession rankende Begriffswelt steht dementsprechend sowohl in der Alltagssprache, wie auch in der wissenschaftlichen Sprache und Theoriebildung für einen normativen Qualitätsanspruch bzw. eine empirische Qualitätsabsicherung im Modus beruflicher Arbeit (vgl. Bollinger/Gerlach 2008). Dabei kann der Qualitätsbegriff von zwei Seiten her bestimmt werden: einerseits als eine im weitesten Sinne humanistische Qualität der beruflichen Arbeit – im Falle personenbezogener Dienstleistungen nicht nur für die Berufsausübenden, sondern auch, und vielleicht auch primär, für die Klient_innen – und andererseits – unter der Perspektive begrenzter finanzieller Ressourcen – um eine effiziente Berufsausübung. Diese sowohl in der Alltagswelt als auch in der wissenschaftlichen Theoriebildung verankerte Ausgangsposition wird auch in diesem Beitrag axiomatisch für den Zugang zum Thema gewählt, da damit einerseits sichergestellt ist, dass Theoriebildung und empirische Untersuchungen für die gesellschaftliche Praxis anschlussfähig sind und andererseits die Erkenntnisse und Einsichten aus unterschiedlichen professionstheoretischen Ansätzen unter einer Perspektive zusammengeführt werden können. Diese Zusammenführung soll in einem idealtypischen Transtheoretischen Professionalisierungsmodell (TraP) unter der Prämisse der bestmöglichen Bearbeitungsqualität gesellschaftlicher Probleme münden. Der Fokus liegt dabei zunächst auf dem gesellschaftlichen Problem der Bewältigung von Krankheit und deren Folgen bzw. der Sicherung des gesellschaftlichen Zentralwerts der Gesundheit, mit anderen Worten: den Gesundheitsberufen. Die folgenden Analyseschritte – zunächst im Sinne einer kritischen Aufarbeitung und Synthetisierung der einschlägigen Literatur – sollen helfen, die Grundlagen des anvisierten TraP zu erarbeiten: • eine Analyse der Merkmale, die als Professionen bezeichneten Berufen zugeschrieben werden, • eine Analyse der Eigenschaften des professionellen Handelns von Berufsangehörigen im Gesundheitssystem, • eine Analyse der notwendigen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen professionellen Handelns, damit dieses seine Qualitätspotenziale entfalten kann, • eine Analyse der Professionalisierungsprozesse, die zur Konstitution dieser Rahmenbedingungen geführt haben bzw. führen; ohne dass diese als per se unidirektional gerichtete und abschließbare Prozesse verstanden werden. • eine Analyse der (ggf. weiteren) Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisierbarkeit von Berufen, incl. derer, die bereits als Professionen bezeichnet werden. • eine exemplarische Analyse der therapeutischen Praxis der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie im Hinblick auf die Merkmale professionellen Handelns, deren Professionalisierungsbedürftigkeit und Professionalisierbarkeit und auf die entsprechenden institutionellen Rahmenbedingungen und Professionalisierungsprozesse. Diese Analyseschritte stehen für ein länger andauerndes, an der forschungslogischen Idee des Idealtypus orientiertes Forschungs- bzw. Analyseprogramm. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der wirtschaftlichen, demografischen und epidemiologischen Entwicklung ein anhaltender Spar- und Innovationsdruck sowie – auch und gerade im Hinblick auf die humanistische Qualität der Krankenversorgung – neue Anforderungen an das Gesundheitssystem und an die in ihm tätigen Berufsgruppen ergeben (vgl. Borgetto/Siegel 2009; Borgetto 2013). Die veränderten Versorgungs- und damit einhergehend Qualifikationsbedarfe machen neue Aufgabenzuschnitte und -verteilungen zwischen den Gesundheitsberufen für die Qualitäts- und Effizienzentwicklung im Gesundheitswesen erforderlich (vgl. Borgetto/Kälble 2007; Bollinger/Gerlach/Pfadenhauer 2005; Pundt 2006; 2012; Pundt/Kälble 2015; SVR 2008). Diese Anforderungen verweisen auf eine Bedeutungszunahme der Gesundheitsfachberufe, aber auch auf dringend erforderliche fachliche und berufspolitische Weiterentwicklungen (Adler 2012). Im Zentrum dieses Beitrags – aber nicht ausschließlich – sollen zunächst eine kritische Analyse des strukturtheoretischen Professionalisierungsansatzes von Ulrich Oevermann und eine erste Bestimmung von Eigenschaften des professionellen Handelns und der Professionalisierung für das TraP sowie eine darauf basierende vorläufige Analyse des therapeutischen Handelns und der Professionalisierung der Gesundheitsberufe Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie stehen. Wenn möglich sollen dabei auch für die gesellschaftliche Praxis anschlussfähige Schlussfolgerungen für die Qualitätsentwicklung im deutschen Gesundheitswesen abgeleitet werden. Nach einer ersten Annährung an die in Professionstheorien verwendeten Begrifflichkeiten (Abschnitt 2) und die Merkmale von Professionen (Abschnitt 3) erfolgen strukturtheoretische Betrachtungen des professionellen Handelns (Abschnitt 4) unter den Gesichtspunkten Autonomie und Heteronomie (Abschnitt 4.1), Spezifität und Diffusität Abschnitt 4.2) sowie Wissenschafts- und Fallbezug (Abschnitt 4.3) im professionellen Arbeitsbündnis, gefolgt von einer am therapeutischen Prozess orientierten Zusammenschau der genannten Gesichtspunkte (Abschnitt 4.4). Voraussetzungen professionellen Handelns werden unter der Perspektive der Formierung eines professionellen wissenschaftlichen, interventionspraktischen und ethischen Habitus und der machttheoretischen Ideologiekritik an der unterstellten Gemeinwohlorientierung von Professionen diskutiert (Abschnitt 4.5). Auf dieser Basis werden in einem Zwischenfazit erste Umrisse des TraP skizziert (Abschnitt 5). Die so erarbeitete Modellstruktur des TraP wird anschließend im Sinne eines idealtypenanalytischen Vorgehens mit dem Stand der Professionalisierung der therapeutischen Gesundheitsberufe konfrontiert (Abschnitt 6), dabei werden insbesondere das therapeutischen Arbeitsbündnis (Abschnitt 6.1) und der Fall- und Wissenschaftsbezug (Abschnitt 6.2) berücksichtigt. Die Formierung eines wissenschaftlichen Habitus als eine individuelle Voraussetzung professioneller Therapie wird im Hinblick auf die institutionell vorauszusetzende Wissensbasis und die akademische Bildung als habitusformierende Instanz analysiert, ergänzt durch eine Diskussion der rechtlichen und faktischen Entscheidungs- und Handlungsautonomie als institutionelle Voraussetzung potenziell stellvertretender Krisenbewältigung in der Therapie (Abschnitt 6.3). Eine Diskussion und ein Ausblick beschließen den Beitrag (Abschnitt 7).
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In den folgenden Ausführungen über Lehre, Unterricht und ihre Verschränkung in der Schule geht es darum, Grundprobleme zu benennen und Grundfragen aufzuwerfen, die weiteres Nachdenken über Begriff und Sache von Lehre und Unterricht erfordern und ermöglichen. Hierzu werden nach einem Rückgriff auf erfahrungstheoretische Grundlagen und zeitdiagnostische Hintergründe die Begriffe ›Lehre‹ und ›Unterricht‹ in allgemeiner Form expliziert und Konsequenzen dieser allgemeinen Explikation für die Konzeptualisierung von schulischem Unterricht angedeutet.
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Hendrik Trescher zeigt, dass der Heimalltag von Menschen mit Behinderungen oftmals von Regulierung, Überwachung und asymmetrischen Abhängigkeitsverhältnissen geprägt ist. Er stellt fest, dass HeimbewohnerInnen vom Steuerungssystem der sogenannten Behindertenhilfe in ihrer persönlichen Handlungsökonomie und Persönlichkeitsentwicklung eingeengt werden, sodass Wohnen, verstanden als eine auch emotionale Aneignungspraxis von Raum, kaum gelingen kann. Menschen mit Behinderung werden ‚bürokratiebehindert‘. Heime, die eigentlich als Unterstützungssysteme gedacht sind, werden durch das von ihnen aufgefächerte allumfassende pädagogische Protektorat selbst zu Behinderungsfaktoren, da sie Teilhabe an alltäglichen Praxen jenseits der Institution teilweise massiv einschränken. Der Autor liefert abschließend konkrete konzeptionelle und pädagogisch-praktische Vorschläge und Anregungen. Der Inhalt: Diskurs, Bürokratie und Behinderung; Wohnen, Würde und das Private; Das Subjekt unter dem pädagogischen Protektorat; Bedarf eines neuen Behinderungs- und Inklusionsbegriffs
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Differente und auch widerstreitende theoretische Annahmen und Modelle gehören zum Geschäft der Wissenschaft dazu wie die leidenschaftlich-diffuse – also durch die ganze Person eines Wissenschaftlers erfolgende – Parteinahme für einen jeweiligen theoretischen Ansatz. Darin – in der „vollständige[n], ausschließliche[n] Hingabe an die Sache“ – zeigt sich nach Oevermann (1996, S. 105) gerade ein Moment der Professionalisiertheit des Berufswissenschaftlers. Allerdings ist diese engagierte Parteinahme nur eine Seite der Medaille, denn es braucht auch das Vermögen der Distanzierung und spezifischen Begrenzung dieses diffusen Bezuges auf eine Sache.
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Der vorliegende Beitrag nimmt aus einer mikroanalytischen Perspektive Prozesse sozialer Ungleichheit in den Blick, die sich in den pädagogischen Generationsbeziehungen in Familie und Schule niederschlagen (können). Dafür werden erstens knapp die theoretischen Bezüge und zweitens das methodische Vorgehen dieser Herangehensweise vorgestellt. Kernstück dieses Artikels bildet das dritte Kapitel, in dem anhand einer rekonstruktiv erschlossenen Fallstudie das komplexe Zusammenspiel von Region, Schule und Familie bei der Generierung jugendlicher Bildungsorientierungen beleuchtet wird.
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Choosing a mainly ethnographic approach, this article addresses the downright programmatic and productive qualities of crisis in the artistic field of Noise music. It shows how interactional crisis is being brought about through specific modes of experience strongly associated with the often harsh and challenging features typical of this particular style of sound production. These modes of experience, then, can be seen as an actual catalyst for social interaction, giving rise to highly conflictual forms of exchange between Noise insiders and fleeting participants expressing their open dismissal through various forms of discourse and performance. It is argued that this very exchange, which is being reproduced continuously within the field at large, may be considered a form of paradoxical cooperation. The specific modes of participation are discussed with regard to the crisis-related practices and classified as indeed programmatic and, in the context of artistic practice in general, even productive.
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Zusammenfassung: Der Beitrag führt in die Thematik des Sonderhefts ein und schlägt eine idealtypische Systematisierung von Handlungs- und Interaktionskrisen vor. Ausgehend von einer Arbeitsdefinition werden exemplarisch Ansätze aufgegriffen und skizziert, in denen krisenhaften Situationen eine theoriesystematisch relevante Bedeutung zukommt. Auf dieser Grundlage und der Zusammenschau der im Sonderheft versammelten Beiträge werden drei analytische Perspektiven auf Handlungs- und Interaktionskrisen ausbuchstabiert: die Akteur_innenperspektive, die „distanzierte“ Beobachter_innenperspektive und die Darstellungsperspektive. Abschließend wird dafür votiert, Handlungs- und Interaktionskrisen jenseits der dichotomen Unterscheidung von Mikro- und Makro-Phänomenen in den Blick zu nehmen. // Abstract: The article introduces the special issue’s subject-matter and suggests a working definition and systematization of action and interaction crises. Based on the volume’s contributions as well as an outline of selected approaches to crises as theoretically relevant phenomena, it identifies three distinct analytical perspectives: that of the actor(s), that of the detached observer, and one that focuses on the crisis’s representation. Any productive analysis of action and interaction crises, the authors argue, must move beyond the traditional micro-macro dichotomy.
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Im Fokus des Forschungsvorhabens stand die Frage, unter welchen Bedingungen mathematische Lerngelegenheiten im Kindergartenalltag entstehen können. Um diese Frage zu beantworten, wurden mathematische Spielsituationen mit vorab auf ihr mathematisches Potenzial hin analysierten Spielen unter Einsatz von Videotechnik aufgezeichnet. In drei Erhebungsphasen, in denen das Setting, die eingesetzten Materialien sowie die Rolle der Forscherin gezielt variiert wurden, entstanden insgesamt 17 Videoaufnahmen aus dem Kindergartenalltag. Für die Datenanalyse wurden die Videodaten auf zwei verschiedene Arten aufbereitet: Videotranskripte mit schriftsprachlichen und bildlichen Elementen sowie sogenannte Segmentierungen. Standbilder bzw. Stills/Stillfolgen wurden primär zur Illustration und nicht zur Entwicklung von Konzepten verwendet. Die Datenanalyse erfolgte in Anlehnung an die Grounded Theory.
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Zusammenfassung Der Beitrag setzt sich anhand der von Luhmann für die rechtssoziologische Diskussion ins Spiel gebrachten Parabel vom zwölften Kamel aus hermeneutisch-pragmatischer Sicht mit der systemtheoretischen Perspektive auf das rechtspflegerische Handeln auseinander. Er zeigt auf, dass die systemtheoretische Deutung der Kamel-Parabel den metaphorischen Bereich nicht verlässt und damit belletristisch bleibt. Dies passt nicht zum erklärten Programm, das eine soziologische und juristische Analyse in Aussicht stellt. Beide Maßstäbe werden unterlaufen, indem der Grund des Streits zwischen den erbberechtigten Brüdern, die unvollständige Erbaufteilung, zu einem nichtigen Anlass verklärt wird. Darüber hinaus bleibt offen, wie durch das geliehene oder geschenkte zwölfte Kamel eine rechtskonforme Lösung entstehen soll. Die systemtheoretische Deutung gipfelt darin, dass durch die paradoxe Intervention eines Dritten eine harmonische Lösung entsteht, obwohl die streitenden Erbberechtigten in ihren irrigen Überzeugungen bestärkt werden. Bei diesem Interventionstyp handelt es sich nicht um Rechtsanwendung in einem modernen Sinn. Dies zeigt ein Rückblick auf Brecht, der die gleiche Interventionspraxis richtigerweise als Freundschaftsdienst interpretierte. Dagegen sind für rechtspflegerisches Handeln - jedenfalls in posttribalen und postabsolutistischen Zeiten - rollenförmige Sozialbeziehungen unabdingbar. Andererseits sind diese auch nicht unproblematisch, wie kontrastiv an Brechts Parabel vom kaukasischen Kreidekreis veranschaulicht wird. Der salomonisch inspirierte Richter urteilt gerecht, bricht aber insofern das Recht, als er sich nicht an einen vorhersehbaren Verfahrensablauf hält. Es bleibt Aufgabe der rechtssoziologischen Forschungspraxis, mit den Mitteln einer hermeneutisch vorgehenden juristischen Pragmatik, eingehender zu untersuchen, wie die beiden für eine Vergemeinschaftungslogik konstitutiven Momente, die Vorhersehbarkeit richterlichen Handelns und die Orientierung am Leitbild einer gerechten Entscheidung, in der rechtspflegerischen Praxis verbunden sind.
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Gegenstand der Objektiven Hermeneutik sind latente Sinnstrukturen. Nicht um manifeste Bedeutungen geht es ihr, also nicht um Motive, Interessen, Intentionen von Akteuren, sondern um die Strukturen, welche subjektive Bedeutungen, also Bewusstseinslagen, Werthaltungen, Zielvorstellungen erst hervorbringen. Anders formuliert: Die Objektive Hermeneutik will bei der Analyse sozialer Praxis (wie beispielsweise ein Interaktionsgeschehen) nicht die manifesten Intentionen, die Absichten und Beweggründe der beteiligten Personen ermitteln, sondern diejenigen Strukturen und Regeln, die gewissermaßen „hinter dem Rücken“ der Beteiligten deren Interaktionen zugrunde liegen.
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In diesem Beitrag wird anhand eines Ausschnittes aus einem nicht standardisierten Interview mit einer 66-jährigen Frau, die 12 Jahre zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatte, die Funktions- und Handlungsweise, die unter dem Begriffsnamen »Compliance« thematisch ist, unter Bezug auf die Strukturlogik des Arbeitsbündnisses zwischen Arzt und Patient exemplarisch mit der Methodik der objektiven Hermeneutik untersucht.
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Ulrich Oevermann stellt in seinem umfangreichen Kapitel mit Rekurs auf den genetischen Strukturalismus jene Elemente zusammen und begründet dies, die sozialisatorische Entwicklung vollumfänglich ausmachen, wobei ein Schwerpunkt auf der Erzeugung und Entstehung des Neuen liegt, das sich im Laufe der humanen Krisenbewältigung als zentral bedeutsam erwiesen hat. Das Wechselspiel von Krisenbewältigung und Entstehung des Neuen scheint bereits im Zusammenhang der Evolution des biologischen Lebens auf, so dass sich von dort eine Linie bis hin zu rezenten Prozessen sexueller Reproduktion und sozialisatorischer Entwicklung ziehen lässt. In diesem Kontext spielt neben der Ausbildung der Sprache das ‚Inzest-Tabu‘ eine ausschlaggebende, nicht hoch genug einzuschätzende Rolle. Im Verlaufe der Diskussion wird ebenfalls nachvollziehbar, wie sich der phylogenetische Übergang von der Paarung zum Paar vollzieht, und wie der Mann vom Vater zum Gatten im Sinne seiner Familiarisierung wird. In der Rekonstruktion dieser Entwicklung wird die Strukturgesetzlichkeit des Geschehens, der Prozess der Individuierung, insbesondere am Beispiel der ödipalen Triade im Rahmen der Kernfamilie, verbunden mit einer Semantik der Liebe, ebenso erkennbar wie der fortlaufende Prozess des Entstehens und Lösens von Krisen, zentral relevant sichtbar an den vier großen biographischen Ablösungskrisen, der für die immerwährende Entstehung des Neuen steht.
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Der Begriff der ‚biografischen Ressource‘ findet in den letzten Jahren insbesondere in Publikationen, die auf biografischen Studien beruhen, vermehrt Verwendung, eine besondere Bedeutung kommt ihm in der Bildungs- und Arbeitsmarktforschung zu. Der Begriff taucht indes in unterschiedlichen thematischen Zusammenhängen auf.
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