“Ordentliche Dachstuben-Wahrheit”1 erwarte den Besucher, das versprach Rahel Levin den Geselligen in ihrem ersten Berliner Salon. Wie Madame de Staël in ihrem Deutschlandbuch, wie Karoline de la Motte Fouqué in ihrer Entgegnung auf die französische Salonkünstlerin, wie ihre Rivalin Henriette Herz, hielt auch Rahel den Umgang “für das Menschlichste im Leben”2, dessen Inbegriff, der im geselligen
... [Show full abstract] Scherzen und Lachen seinen reinsten Ausdruck findet. Sie verherrlicht in späteren Äußerungen das französische Vorbild, “Ich bin der größte Franzosenleben-Schätzer”, sie preist “urbane Zerstreuungen, ein erwünscht geselliges Fortreißen”3 und kann in Madame de Staëls Kritik an den deutschen Verhältnissen nichts anderes erkennen als den “lyrischen Seufzer, nicht die Conversation in Paris machen zu können.”4 Die Geselligkeit bedingt die Persönlichkeit, anders läßt sich für Rahel deren Bedeutung nicht bestimmen:
“Wenn mir also die Geselligkeit beschädigt ist, bin ich es; wer mir die verdirbt, verdirbt mich: mein eigentlichstes Ich.”5