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Eine Beschwerdeliste mit den wichtigsten, in der Literatur mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten Befindlichkeitsstörungen: Testgütekriterien und erste Auswertungen im Rahmen der QUEBEB-Studie

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Eine Beschwerdeliste mit den wichtigsten, in der Literatur mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten
Befindlichkeitsstörungen: Testgütekriterien und erste Auswertungen im Rahmen der QUEBEB-Studie
Kowall B1, Frick U2, Berg G1, Breckenkamp J1, Schmiedel S3, Schlehofer B4, Potthoff P5, Reis U5 , Blettner M3
1Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Deutschland
2Psychiatrische Universitätsklinik, Universität Regensburg, Deutschland
3Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Universität Mainz, Deutschland
4AG Umweltepidemiologie, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, Deutschland
5TNS Healthcare GmbH, München
gabriele.berg@uni-bielefeld.de
Einleitung und Fragestellung Im Rahmen einer Querschnittsstudie zur Erfassung und Bewertung möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen
durch die Felder von Mobilfunkbasisstationen (QUEBEB) wurde eine von Frick et al. (2006) [1] entwickelte Beschwerdeliste eingesetzt, die die
wichtigsten, in der Literatur mit elektromagnetischen Feldern in Verbindung gebrachten Befindlichkeitsstörungen berücksichtigt. Die
Testgütekriterien dieser Beschwerdeliste werden anhand einer bundesweiten Befragung bestimmt. Sofern die Beschwerdeliste den Testgütekriterien
genügt, sollen Prävalenzen und Determinanten der Befindlichkeitsstörungen ermittelt werden.
Material und Methoden Datenbasis der Querschnittstudie ist eine bundesweite Panel-Befragung von Personen im Alter von 14 bis 69 Jahren, in der
neben Routinefragen auch Fragen zum Mobilfunk erfasst wurden. Die schriftliche Erhebung in den Haushalten erfolgte zwischen August und
November 2004. Von den angeschriebenen 51.444 Personen beteiligten sich 30.047 an der Befragung. Dies entspricht einer Responserate von 58,4 %.
Die Stichprobe ergibt für die Altersklassen, das Geschlecht und die Bundesländer eine gute Annäherung an die Zusammensetzung der in deutschen
Privathaushalten lebenden Bevölkerung.
Die Beschwerdeliste von Frick besteht aus 38 Items, von denen jedes auf einer vierstufigen Ratingskala die Ausprägung einer Beschwerde in den
letzten 30 Tagen erfasst. Die Größe der Stichprobe erlaubt es, die Testgütekriterien und die innere Struktur des Fragebogens zu ermitteln. Zur
Überprüfung der internen Konsistenz der Skala wurde Cronbach`s Alpha berechnet und der Split-Half-Test durchgeführt; die Kriteriumsvalidität
wurde anhand bekannter Gruppen überprüft. Als Faktorenanalyse wurde eine Hauptkomponentenanalyse mit anschließender Varimax-Rotation
durchgeführt. Als Prädiktoren des Beschwerdescores wurden in einer logistischen Regression das Geschlecht, das Alter, sozioökonomische Variablen
sowie die Überzeugung, in der Nähe einer Mobilfunkbasisstation zu wohnen, einbezogen.
Ergebnisse Die Trennschärfen der Items liegen – mit drei Ausnahmen – durchweg im Bereich zwischen 0,3 und 0,7. Die Skala weist eine hohe
Reliabilität auf (Cronbach´s Alpha = 0,91; Spearman-Brown-Koeffizient = 0,87). Der Vergleich von Gruppen, deren unterschiedliches
Beschwerdeniveau bekannt ist, bestätigt die Kriteriumsvalidität der Skala.
Eine Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation liefert sechs Faktoren, die sich inhaltlich gut interpretieren lassen und 46% der Gesamtvarianz
aufklären. Der Faktor mit der höchsten Varianzaufklärung bezieht sich auf physische und psychische Ermüdungserscheinungen.
Gruppen mit unterschiedlichem globalen Beschwerdeniveau – etwa Personen, die sich durch die von Basisstationen emittierten elektromagnetischen
Felder gesundheitlich beeinträchtigt fühlen und subjektiv nicht Beeinträchtigte – unterscheiden sich kaum im Profil ihrer Beschwerden; die
Reihenfolge der Itemschwierigkeiten – die Rangfolge der Items nach dem Grad der Ausprägung der Beschwerden - ist bei Gruppen mit
unterschiedlichem Beschwerdescore weitgehend identisch (Spearman´s Rho = 0,97 für subjektiv Beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Personen).
In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob die Skala den Anforderungen eines Rasch-Modells genügt.
Die logistische Regression mit einem dichotomisierten Beschwerdescore als Zielvariable zeigt, dass Frauen, Personen mit niedriger Schulbildung und
niedrigem Einkommen, Befragte mit geringen beruflichen Kontrollchancen sowie Personen, die glauben, in unmittelbarer Nähe einer
Mobilfunkbasisstation zu wohnen, ein erhöhtes Maß an Befindlichkeitsstörungen aufweisen.
Diskussion Die vorgestellte Beschwerdeliste, die die in der Literatur am häufigsten mit elektromagnetischen Feldern in Zusammenhang gebrachten
Befindlichkeitsstörungen berücksichtigt, weist sehr gute Testgütekriterien auf. Prädiktoren des Beschwerdescores sind Einflussvariablen, die in der
Literatur generell als Determinanten von Befindlichkeitsstörungen genannt werden. Im Vergleich zu den bekannten Beschwerdelisten von von
Zerssen (1976) [2], die nicht auf spezifische Umweltexpositionen zugeschnitten sind, enthält das vorgelegte Instrument alle im Kontext von
gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Mobilfunk wichtigen Beschwerden innerhalb einer Liste, ist aber mit 38 Items umfangreicher als die
Listen von von Zerssen. Genau wie bei den Listen von von Zerssen unterscheiden sich unterschiedlich stark durch Befindlichkeitsstörungen belastete
Gruppen nur durch das globale Niveau ihrer Beschwerden und nicht das Beschwerdeprofil.
Literatur
[1] Frick U, Mayer M, Hauser S, Binder H, Rosner R & Eichhammer P (2006). Entwicklung eines deutsprachigen Messinstrumentes für „Elektrosmog-
Beschwerden“. Umweltmed Forsch Prax (im Druck).
[2] Zerssen D v (1976). Die Beschwerden-Liste. Manual. Weinheim: Beltz.
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An einer repräsentativen Stichprobe (n = 758) der Bevölkerung Regensburgs (Alter 18-64 Jahre) wurde detailliert die 4-Wochen-Prävalenz einer Liste von 36 Beschwerden erhoben, die in der Literatur in einem möglichen Zusammenhang mit der Exposition an elektromagnetische Felder genannt waren. 19 dieser Symptome zeigten eine Prävalenz von mehr als 25% Betroffener. Am häufigsten waren Mattigkeit (67,5%), Tagesmüdigkeit (63,5%), Kopfschmerzen (56,3%) und Konzentrationsprobleme (54,9%). Die Beschwerden ließen sich trotz der extremen Heterogenität (betroffene Organsysteme, Art der Beschwerden) sehr gut auf eine gemeinsame, kontinuierliche latente Variable abbilden. Ein spezifisches Muster von Symptomen im Sinne eines Syndromes von Elektrosensibilität bei einer kleinen Personengruppe ließ sich nicht nachweisen. Die Bedingungen sowohl für eine Rasch-Skala (dichotomisierte Items) wie für das Partial-Credit Modell (ordinale Antworten) können als erfüllt gelten. Die inhaltliche Bedeutung dieser latenten Dimension körperbezogener Beschwerden wurde als Zustand der "Demoralisation" im Sinne von Frank gedeutet. Personen, die über EMF-bezogene Beschwerden klagen, oder die ihre Beschwerden auf EMF attribuieren, sollten wegen der weiten Verbreitung dieser Symptome unbedingt differenzialdiagnostisch von "demoralisierten" Personen unterschieden werden.