Für die vorliegende Studie wurden 330 Schüler der 13. Klasse aus vier verschiedenen Schulen
Santo Domingo de los Tsáchilas hinsichtlich Suizidalität und deren Prädiktoren befragt. Es
sollte untersucht werden, ob und in welchem Grad Suizidalität bei dieser Stichprobe
vorhanden ist und welche Faktoren diese beeinflussen. Es zeigte sich, dass passive
Suizidgedanken, das heißt, der Wunsch tot zu sein, bei mehr als der Hälfte der Jugendlichen
in den letzten 12 Monaten vorhanden waren. Aktive Suizidgedanken (Gedanken, sich das
Leben zu nehmen) und Suizidpläne lagen bei ca. einem Viertel der Teilnehmer(innen) in dem
genannten Zeitraum vor. Fast 17% der Stichprobe hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon
versucht das Leben zu nehmen, wobei das Verhältnis Männer - Frauen bei 7:1 lag. Durch die
Ausprägung von Depressionen, Sinnkrisen und psychosozialen Belastungen konnte sowohl
bei Männern als auch bei Frauen ein Großteil der Varianz für Suizidalität vorhersagt werden.
Schutzfaktoren waren dagegen nur bei Männern wirksam, Familienfunktionalität und
Sinnerfüllung wirkten bei diesen als Schutz gegen Suizidgedanken, -pläne und -versuche.
Zusätzlich wurde aufgrund theoretischer Annahmen und experimenteller
Untersuchungen verschiedener Forscher postuliert, dass interfamiliäre-, interpersonelle
Belastungen und traumatische Erfahrungen durch vermittelnde Prozesse (Mediatoren) wie
Depressionen und Sinnkrise zu Suizidalität führen könnten. Des Weiteren wurde
angenommen, dass Sinnerfüllung als Schutzfaktor gegen suizidale Gedanken und
Verhaltensweisen wirkt. Diese Annahmen ließen sich teilweise verifizieren. Erlebnisse wie
häusliche Gewalt, die Erkrankung oder der Unfall eines Familienmitgliedes, der Tod einer
Nahestehenden Person, Konflikte mit dem besten Freund und der Betrug des Partners wurden
nur dann als Prädiktoren für Suizidalität bestätigt, wenn die Jugendlichen auch depressiv
waren und keinen Sinn mehr in ihrem Leben sahen. Die traumatische Erfahrung des sexuellen
Missbrauches wirkte, bei Berücksichtigung von Mediatoren wie Depression, Sinnkrise und
Sinnerfüllung, in geringerem Grad auf Suizidalität, was für eine partielle Mediation spricht.
Dies bedeutet für die Suizidprävention bei ecuadorianischen Jugendlichen, dass der
Fokus auf Strategien zur Bewältigung von Depressivität und Sinnkrise, gelegt werden sollte.
Durch Verbesserung dieser beiden emotionalen und geistigen Zustände kann demnach ein
wichtiger Beitrag zur Suizidprävention geleistet werden. Jugendliche, die sich in schwierigen
Situationen befinden, wie z.B. dem Miterleben von Gewalt zuhause, können möglicherweise
vor Suizidgedanken, -plänen und versuchen geschützt werden, indem ihnen geholfen wird, Mechanismen zur Bewältigung von Depressionen zu entwickeln und ihrem Leben einen Sinn
zu geben, bzw. ihm einen Sinn zu entringen.
Die Hypothesen, welchen diese Studie zugrundeliegt, bauen auf theoretischen Annahmen
auf, die teilweise mit Längsschnittstudien belegt sind. Da die vorliegende Studie jedoch an einem
einzigen Erhebungsdatum durchgeführt wurde, kann nicht belegt werden, welche Variable die
andere tatsächlich beeinflusst hat. Weitere empirische Untersuchungen, insbesondere
Längsschnittstudien, sind notwendig um die Ergebnisse zu bestätigen und kausale Schlüsse ziehen
zu können.