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Zur Kopplung von OpenSource, OpenLS und
OpenStreetMaps in OpenRouteService.org
Pascal NEIS, Alexander ZIPF
1 Einführung
Offene Lösungen gewinnen in der Geoinformationswirtschaft seit geraumer Zeit an
Bedeutung. Mittlerweile sind gut nutzbare und stabile Open Source Bibliotheken und
Werkzeuge für die Verarbeitung, Management und Visualisierung räumlicher Daten
verfügbar. Neben dem Trend zu Open Source stellt das Thema Interoperabilität durch
offene Schnittstellen, wie sie durch das Open Geospatial Consortium (OGC) spezifiziert
werden, ebenfalls ein Dauerthema dar. Auch die Kombination dieser beiden Aspekte von
„Offen“ durch Open Source Frameworks wie deegree, 52°North oder GeoTools/JTS etc.
stellt als Konsequenz eine lange wohlbekannte Entwicklung dar. Diese Bibliotheken bieten
Implementierungen der gebräuchlichen OGC Service Spezifikationen. Mit unserer
Initiative zur Implementierung einer weiteren Familie von OGC-Spezifikationen wird eine
Lücke geschlossen. Hierbei handelt es sich um die im Rahmen der OGC Open Location
Services (OpenLS) Spezifikation definierten Dienste (vgl. Neis 2007, Zipf 2005). Neben
der bekannten Implementierung des Route Service (Neis et al. 2007), sind mittlerweile eine
Reihe der hier definierten Dienste umgesetzt worden. Hierzu zählt der OpenLS Presentation
Service, der OpenLS Location Utility Service (GeoCoder/Reverse GeoCoder), sowie (zur
Zeit noch nicht vollständig) der OpenLS Directory Service. Außerdem wird auch der im
Winter 2007 neu definierte OpenLS Tracking Service implementiert werden. Eine weitere
Idee für einen Dienst im Rahmen der OpenLS Initiative - der “Navigation Service” – wurde
zwar schon 2000 andiskutiert, aber blieb bisher ein Entwurf. Nachdem nun vor kurzem die
Version 1.2 der OpenLS Spezifikation herausgekommen ist, soll dieser Navigation Service
nun im Rahmen der Spezifikation der Version 1.3 der OpenLS Spezifikationen
hinzukommen. Dieser Dienst wird im Rahmen des Projektes MoNa3D (Mobile Navigation
mit 3D-Stadtmodellen) (Coors & Zipf 2007) eine zentrale Rolle spielen und hierbei
voraussichtlich implementiert werden. Ein Teil dieser Service-Implementierungen soll nun
in absehbarer Zukunft als neues Open Source Project unter
www.freeOpenLS.org
der GI-
Community zur Verfügung gestellt werden.
Allerdings sind das nicht die einzigen beiden aktuell relevanten Aspekte von „Openess“ im
Bereich Geoinformation. Denn gerade die Geoinformation selbst - die Geodaten - werden
zunehmend offener – in dem Sinne, dass seit dem Aufkommen des „Mitmach-Web“ 2.0
zunehmend raumbezogene oder verortbare Daten frei online gestellt werden und in Mash-
Ups mit anderen interaktiven Karteninhalten (Google Earth, Google Maps etc.) verknüpft
werden (Zipf 2007). Nun können bekanntlich auch Nicht-Spezialisten ihre eigenen Daten
(oder Anwendungen) leicht online veröffentlichen. Hierbei ist ein weiteres neues
Phänomen zu erkennen: Geodaten werden in einer gemeinschaftlichen Anstrengung
(collaborative effort) erfasst und zur Verfügung gestellt (Gillavry 2006, Holone et al.
2007). Frühere Untersuchungen zum Austausch von Geodaten konnten dies nur partiell
vorhersehen (De Motalvo 2003, El-Sayed 2007).
Tschirner und Zipf (2005) versuchten mit einem auf OGC Diensten basierenden Portal
(also einer GDI) für spezielle freie und wissenschaftliche Daten eine derartige Tauschbörse
(geoXchange.org) zu stimulieren. Mangels Ressourcen blieb dies aber ein Prototyp. Heute
finden wir für eine andere Art von Geodaten ein sehr erfolgreiches Projekt zum Austausch
freier Geodaten: es handelt sich hierbei um das Project OpenStreetMaps (OSM) als
Realisierung einer gemeinschaftlich erstellten freien Straßendatenbank. Mittlerweile ist es
bei OSM nicht nur bei Straßendaten geblieben, vielmehr werden inzwischen angefangen
bei Briefkästen, über POIs, bis hin zu Waldflächen viele verschiedene Objekte, Linien und
Flächen aufgenommen. Dabei werden teilweise diese Objekte mit einem GPS-Empfänger
abgelaufen/abgefahren oder zum Beispiel über „freie“ Luftbilder digitalisiert.
Im Bereich GI können wir folgende drei Aspekte von Offenheit unterscheiden:
• Open (GI) Standards (OGC)
• Open Source (GI) Software
• Open (GI) Data
Im Folgenden werden wir ein Beispiel vorstellen und diskutieren, bei dem alle drei
Bereiche durch einen neu entwickelnden Dienst kombiniert werden. Dieser wird zurzeit
erweitert und verbessert, um den Anforderungen eines Produktivsystems gerecht zu
werden. Es handelt sich dabei um die logischerweise bedeutsamste Nutzungsmöglichkeit
freier Straßendaten: der Routenplanung mittels eines freien Routenplanungsdienstes,
welcher offene OGC-Schnittstellen anbietet.
OpenRouteService.org
Seit dem 08. April diesen Jahres ist unser Dienst unter
www.openrouteservice.org
online.
Dabei nutzen wir die freien Straßendaten von OpenStreetMaps und bietet
Routenplanungsfunktionen gemäß der OGC OpenLS Route Service Spezifikation. Es gibt
durchaus erste Ansätze grundlegende Routenplanungsfunktionalität mit OSM Daten auch
in anderer Software oder sogar als Webdienst anzubieten (OSM routing 2008). Jedoch
werden hierbei nirgends OGC Standards wie OpenLS RS, WFS, WMS eingesetzt. Eine
OGC-konforme Lösung wird unseres Wissens bisher nur bei OpenRouteService.org
angeboten. Im Moment wird das zugehörige Web-Portal weiterentwickelt, um noch mehr
Funktionen, die mit OSM Daten möglich sind. bereitzustellen. Erste Tests mit größeren
Nutzerzahlen waren für den Routensuchdienst kein Problem. Allerdings sind bei der
Anzeige der Karte noch weitere Optimierungen nötig, die nun angegangen werden. Die
Datenmenge von OpenStreetMaps nimmt laufend zu. Daher haben wir uns als erstes
Beispiel auf den kompletten Datensatz von ganz Deutschland beschränkt, wobei aber die
Erweiterung auf weitere Länder kein Problem ist und dann angegangen werden soll. Für
Deutschland alleine gibt es schon mehr als 600.000 Straßen. Diese mussten in einen
topologischen Graphen transformiert und in das Routing-Modul eingelesen werden. Hierbei
entstehen dann Graphen mit ca. 1.3 Mio. Features -je nachdem ob es sich Fahrzeug- oder
Fußgängerroutenplanung handelt.– Tendenz wachsend
Bisher haben wir schon Performanztests mit unterschiedlichen Routing-Bibliotheken (z.B.
geotools, pgrouting), Algorithmen (Dijkstra, A*) und Routen-Längen durchgeführt. Dabei
ergaben sich bei kleinen Routenberechnungen keine großen Unterschiede. Müssen
allerdings größere Routen im Bereich von mehreren Hundert Kilometern ermittelt werden,
ergaben sich die schnellsten Ergebnisse mit unserer eigenen und optimierten Java-
Implementierung, die auf Basis von GeoTools entwickelt wurde. In der nächsten Zeit wird,
trotz mittlerweile guten Antwortzeiten, ein weiterer Test mit dem A*-Algorithmus
durchgeführt werden. Wahrscheinlich werden wir aber nicht an die Antwortzeiten von
kommerziellen Anbietern herankommen. Diese nutzen aber auch Server-Farmen und
Speziallösungen mit denen wir nicht konkurrieren wollen. Für eine erste Lösung mittels
freier Software erscheinen uns und der OSM-Community die bisherigen Ergebnisse jedoch
schon vielversprechend.
Neben der Routenberechnung erfordert auch die Visualisierung der Route, bei solch großen
Datensätzen weitere Optimierungen. Beispielsweise müssen hier noch mehr
maßstabsabhängige Layer der Datensätze über Generalisierung und Filterung erstellt und
als Multi-Resolution DB (MRDB) abgelegt werden.
Abb. 1: Screenshot von OpenRouteService.org mit berechneter Fussgängerroute vom
Hauptbahnhof in die Fußgängerzone der Stadt Bonn
Als besonderes Feature bietet OpenRouteService unter „extended routing version“ die
Möglichkeit auf der Karte Gebiete interaktiv zu digitalisieren, die vom Route Service als
gesperrt/nicht befahrbar behandelt werden sollen. Eine ähnliche Nutzung wurde für das
Szenario Katastrophenmanagement schon im Projekt OK-GIS mit dem Emergency Route
Service (ERS)(Neis et al. 2007) umgesetzt, wobei dort die Gefahrengebiete zentral von der
Einsatzzentrale definiert wurden, während hier jeder Nutzer am Client eigene
Ausschlussgebiete definieren kann(z.B. weil er Baustellen, typische Staus o.ä. kennt und
vermeiden möchte). Die Abbildung 2 zeigt, wie statt der gesperrten Autobahnbrücke, die
Kennedybrücke genutzt wird.
Abb. 2: Extended Route Version: Von Benutzer interaktiv rot markiertes Sperrgebiet
(Avoid Area) wird umfahren
OpenStreetMaps bietet zwar offene Daten an. ´Offen´ dabei in dem Sinne, dass diese frei
editiert und genutzt werden können (Nelson et al. 2006). Aus verschiedenen Gründen
werden die Daten bisher nicht über ein standardisierte OGC Schnittstelle angeboten,
sondern über eine eigene spezielle API und ein proprietäres XML Schema als
Austauschformat. Trotz dieser z.T. nachvollziehbaren Entscheidungen sind wir der
Überzeugung, dass die von OSM angebotenen Daten zu bedeutsam sind, um nicht in die
aktuellen Bemühungen zum Aufbau von Geodateninfrastrukturen (GDI) allerorten
einbezogen zu werden. Diese GDI basieren technisch bekanntlich auf offenen OGC
Standards, die als Web Services realisiert werden. Daher haben wir die OSM-Daten
(zunächst eingeschränkt auf unser Testgebiet Deutschland) in die entsprechenden OGC
Dienste eingelesen. Konkret zählt hierzu der WFS (Web Feature Service), WMS (Web Map
Service), OGC OpenLS Location Utility Service (Geo-/ReverseGeoocder) und natürlich
unser OGC OpenLS Route Service (RS). Außerdem werden die Datensätze in den im
Projekt OK-GIS (Offenes Katastrophenmanagement mit freiem GIS)(Weiser et al. 06)
aufgesetzten Catalogue Dienst (CS-W) mittels Metadaten beschrieben und referenziert
werden. Über diese Dienste werden die Daten in OGC-konformer Weise zur Verfügung
gestellt werden. Der Route Service bietet hierbei eine beachtliche Anzahl an Optionen mit
der die zurückgegeben Antwort beeinflusst werden kann. Hierzu werden in der
Spezifikation folgende Basisdatentypen definiert, die vielfältige Optionen bieten:
RouteSummary, RouteGeometry, RouteInstruction, RouteMaps. (vgl. Neis 2007)
Diskussion und Ausblick
Bisher wurden der Dienst, basierend auf einer modifizierten Version der Dijkstra Graph
Bibliothek von GeoTools mit OSM Daten mit mehr als 1 Mio. Straßensegmenten
erfolgreich getestet. Wenn allerdings zusätzliche Staaten oder ganz Europa verarbeitet
werden sollen steigt die Antwortzeit auf mehrere Sekunden und der
Arbeitsspeicherverbrauch steigt zusätzlich durch verschiedene Graphen für Fahrzeug-,
Fußgänger- und vielleicht zukünftig auch Fahrradroutenplanung stark an. Folglich sind
noch diverse Verbesserungen an den Services, der Weboberfläche und durch
Vorverarbeitung der Daten umzusetzen.
Dass die Umsetzung der OpenLS Spezifikation zahlreiches Potential für Anwendungen in
verschiedenen Anwendungsgebieten bietet, wird in verschiedenen Projekten, u.a. www.ok-
gis.de, www.heidelberg-3d.de und www.rewob.de gezeigt. Dabei entstanden folgende
spezielle Varianten des Dienstes:
• Emergency Route Service (ERS); Neis et al (2007)
• Accessibility Analysis Service (AAS); Neis and Zipf (2007)
• Route Service 3D (RS3D); Neis et al. (2007a)
• Route Service with Landmarks and Focus Maps; Neis et al (2007b)
• 3D Route Service with Landmarks and 3D Focus Maps; Neis et al (2008)
Vor kurzem ist zudem als weiteres Ausgabeformat für die Routengeometrie die Keyhole
Markup Language (KML) von Google Earth realisiert. Dies konnte ohne Veränderung der
Spezifikation, lediglich durch Angabe des entsprechenden Wunschformats realisiert
werden. Außerdem wurde der OpenLS Location Utility Service (Geocoder/ Reverse
Geocoder) umgesetzt. Dieser muss jedoch noch testen ausführlich getestet werden, bevor er
in der Version der Webseite integriert wird. Dies sollte in den nächsten Wochen geschehen.
Geplant ist weiterhin eine vollständige Implementierung des OpenLS Directory Service mit
OSM Points Informationen. Der oben erwähnte Dienst zur Berechnung der Erreichbarkeit
(Accessibility Analysis Service, AAS, Neis & Zipf 2007) soll ebenfalls unter Nutzung der
OSM-Daten integriert werden. Neben dieser Integration weiterer Dienste ist zudem die
Verbesserung der Benutzeroberfläche eine laufende Aufgabe. Insbesondere bietet der Route
Service noch eine Reihe bisher nicht über die Benutzeroberfläche zugängliche Optionen.
Diese sind zwar ausimplementiert und in anderen Versionen des Route Service und
zugehöriger Clients z.B. in OK-GIS) verfügbar, aber wurden noch nicht in der angepassten
neuesten Version für die OSM-Daten zur Verfügung gestellt. Dies liegt auch daran, dass
den Benutzer eine möglichst einfache, wenig überfrachtete Benutzeroberfläche geboten
werden soll. Dennoch sind weitergehende Optionen wie GPX Export oder eine spezielle
Druckfunktionalität für die berechnete Route in Planung.
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