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Erfolgskriterien in Projekten: eine empirische Studie zur Situation des Projektmanagements in digitalen Produktionen

Authors:

Abstract

Was macht Projekte im Umfeld digitaler Produktionen erfolgreich? Welchen Stellenwert besitzen grundlegende Erfolgskriterien bei den Produzenten digitaler Produktionen? Wo existieren Probleme im Projektmanagement? Diese Fragen werden nur zu einem geringen Teil von der wissenschaftlichen Literatur behandelt. Daher wurde im Rahmen des Forschungsprojekts WebCo@ch eine Interviewserie mit Unternehmen des betrachteten Umfelds durchgeführt. Neben der Schaffung eines Überblicks über die gegenwärtige Lage des Projektmanagements in digitalen Produktionen stand die Identifikation bestehender projektbezogener Problembereiche sowie die Bewertung und Priorisierung ausgewählter Erfolgskriterien durch die befragten Unternehmen im Mittelpunkt. Als wesentliche Ergebnisse der Interviewserie sind zum einen die im Vorfeld ausgewählten Erfolgskriterien durch die befragten Unternehmen in ihrer Relevanz und Bedeutung als maßgebliche Einflussfaktoren auf den Erfolg von Projekten im betrachteten Umfeld bestätigt worden. Zum anderen wurden auf Basis der Interviews die spezifischen Problembereiche Projektplanung und - steuerung, Teamqualifikation, Change Requests, Kommunikation sowie Wissensmanagement ermittelt, die im Projektmanagement der befragten Unternehmen die dominierenden Problembereiche darstellen.
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Erfolgskriterien in Projekten: eine empirische Studie
zur Situation des Projektmanagements in digitalen
Produktionen
Simone Rudolph, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Technische Universität München, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik
Beate Pracht
Deutscher Multimedia Verband e.V., Düsseldorf
Abstract
Was macht Projekte im Umfeld digitaler Produktionen erfolgreich? Welchen
Stellenwert besitzen grundlegende Erfolgskriterien bei den Produzenten
digitaler Produktionen? Wo existieren Probleme im Projektmanagement?
Diese Fragen werden nur zu einem geringen Teil von der wissenschaftlichen
Literatur behandelt.
Daher wurde im Rahmen des Forschungsprojekts WebCo@ch eine
Interviewserie mit Unternehmen des betrachteten Umfelds durchgeführt. Neben
der Schaffung eines Überblicks über die gegenwärtige Lage des
Projektmanagements in digitalen Produktionen stand die Identifikation
bestehender projektbezogener Problembereiche sowie die Bewertung und
Priorisierung ausgewählter Erfolgskriterien durch die befragten Unternehmen
im Mittelpunkt.
Als wesentliche Ergebnisse der Interviewserie sind zum einen die im Vorfeld
ausgewählten Erfolgskriterien durch die befragten Unternehmen in ihrer
Relevanz und Bedeutung als maßgebliche Einflussfaktoren auf den Erfolg von
Projekten im betrachteten Umfeld bestätigt worden. Zum anderen wurden auf
Basis der Interviews die spezifischen Problembereiche Projektplanung und -
steuerung, Teamqualifikation, Change Requests, Kommunikation sowie
Wissensmanagement ermittelt, die im Projektmanagement der befragten
Unternehmen die dominierenden Problembereiche darstellen.
1 Einleitung
Digitale Produktionen dienen, nach unserem Verständnis sowohl der Entwicklung und
Erstellung von Multimedia-Inhalten sowie der Bündelung und Bereitstellung dieser
Inhalte als auch der Entwicklung und Herstellung anwendungsorientierter
Unternehmenssoftware.
Der Erfolg von Projekten im Umfeld digitaler Produktionen ist oftmals nur schwer
bestimmbar. Mögliche Kriterien zur Definition von Projekterfolg können bspw. die
2 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Zufriedenheit des Auftraggebers, die (vollständige) Bezahlung der Abschlussrechnung
oder Kriterien, die die Zusammenarbeit des Projektteams messen, sein.
Das augenscheinlichste Kriterium, das Erreichen des ursprünglich (vertraglich)
vereinbarten Projektziels, eignet sich nicht unbedingt zum Messen des Projekterfolgs.
Ein Beispiel: Bei Beauftragung eines Projekts können abweichende Zielvorstellungen
seitens des Auftraggebers und Auftragnehmers bestehen. Während der Auftraggeber die
wirtschaftliche Verwertbarkeit des Projektergebnisses betont, besteht für den
Auftragnehmer das Projektziel in der Erstellung der vereinbarten Leistung. Wird dieses
Projektziel erreicht, ohne dass die wirtschaftliche Verwertbarkeit für den Auftraggeber
gegeben ist, gilt das Projekt für den Auftragnehmer zwar als erfolgreich, für den
Auftraggeber jedoch nicht. Die grundlegende Aufgabe des Projektmanagements besteht
also darin, das Projekt für alle Beteiligten „zum Erfolg zu führen“.
In diesem Beitrag wird nach einer Darstellung des Auswahlprozesses der
Interviewpartner der Aufbau der Untersuchung erläutert. Im ersten Teil der
Untersuchung werden die Rahmendaten der befragten Unternehmen sowie die
Bewertung und Priorisierung vorgelegter Erfolgskriterien vorgestellt. Im zweiten
Untersuchungsteil werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Interviews ausgeführt
und Problembereiche im Projektmanagement bei digitalen Produktionen identifiziert.
Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf.
Die Untersuchung wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung geförderten Projekts WebCo@ch1 durchgeführt. Die Ergebnisse der
Untersuchung dienen als eine Grundlage für die Ermittlung konkret benötigter
Unterstützungsleistungen für das Projektmanagement im Umfeld digitaler
Produktionen.
2 Untersuchungsansatz
2.1 Auswahl der Untersuchungsobjekte
Grundlage für die Auswahl der Interviewpartner war das New Media Service Ranking
2003 des Deutschen Multimedia Verbands und des Horizont Verlags [dmm03]. Die
Auflistung umfasst 200 Unternehmen aus dem Bereich der Internet- und Multimedia-
Dienstleister in Deutschland. Die Rangfolge der gelisteten Unternehmen leitet sich aus
dem Kriterium Honorarumsatz pro Geschäftsjahr ab. Da die Teilnahme am Ranking
freiwillig ist, kann nicht von einer vollständigen Abdeckung des New Media Service
Marktes ausgegangen werden. Für die Untersuchung wurde daher die Auflistung als
Grundgesamtheit angenommen, da die Liste einen Querschnitt des untersuchten
1 WebCo@ch (Förderkennzeichen: FKZ 01HW0205 des BMBF) ist ein vom BMBF gefördertes
Forschungsprojekt, dass vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Technischen Universität München
betreut wird. Ziel des Projekts ist die Entwicklung und Implementierung webbasierter Coaching-
Dienstleistungen im Projektmanagement im Umfeld digitaler Produktionen. Weitere Informationen unter
http://www.project-webcoach.de.
Erfolgskriterien in Projekten 3
Bereichs darstellt und die Unternehmen durch die Beteiligung am Ranking ihre
grundsätzliche Auskunftsbereitschaft signalisiert haben.
Im Vorfeld der Auswahl der Interviewpartner wurde die Grundgesamtheit anhand
des Kriteriums Unternehmensgröße (gemessen in Mitarbeiteranzahl) kategorisiert.
Basierend auf dem Gespräch mit einem Branchenexperten wurde dieses
Abgrenzungskriterium gewählt, da Unterschiede im Projektmanagement v.a.
hinsichtlich der Unternehmensgröße vermutet wurden.
Es wurden drei Kategorien gebildet: Kategorie 1 umfasst kleine Internet- und
Multimedia-Dienstleiter mit 1 bis 20 Mitarbeitern. Kategorie 2 schließt mittlere
Unternehmen mit 21 bis 100 Mitarbeitern ein. Bei mehr als 100 Mitarbeitern werden
die Unternehmen der Kategorie 3, den großen Unternehmen, zugeordnet. Bei
Anwendung dieser Größenkategorisierung ergibt sich eine Verteilung der 200
Unternehmen auf 113 kleine, 71 mittlere und 14 große Unternehmen. Bei zwei
Unternehmen war keine Größenangabe verfügbar.
Aus der angenommen Grundgesamtheit von 198 Unternehmen wurden im Rahmen
einer bewussten Auswahl 21 zu befragende Unternehmen selektiert2, von denen 17 an
der Untersuchung teilgenommen haben. Die Verteilung der Grundgesamtheit und der
teilnehmenden Unternehmen ist Tab. 1 zu entnehmen.
Tab 1.: Verteilung der Größenkategorien
Kategorisierung nach
Unternehmensgröße (in fest
angestellten Mitarbeitern, %)
Verteilung der
Grundgesamtheit
Verteilung der
Stichprobe
Klein (1-20) 113 57% 6 35%
Mittel (21-100) 71 36% 6 35%
Groß (> 100) 14 7% 5 30%
Summe 198 100% 17 100%
Die ausgewählten Unternehmen können dem Bereich der Full-Service-Dienstleister und
Softwarehersteller zugeordnet werden.
2.2 Aufbau der Untersuchung
Die Untersuchung besteht aus einem qualitativen und einem quantitativen
Untersuchungsteil [Bor95, Kel00] und umfasst elf Themenbereiche.
2 Für eine Beschreibung des Verfahrens der bewussten Auswahl siehe [Att00, 295] [Sch99, 279f.]
4 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Die Auswahl der Erfolgskriterien im quantitativen Untersuchungsteil erfolgte in
einem zweistufigen Prozess. Auf der Grundlage einer explorativen Sekundäranalyse3
wurden in einem ersten Schritt 30 mögliche Erfolgskriterien mittels bewusster Auswahl
ermittelt. Eine Vollständigkeit der Kriterien wird dabei nicht unterstellt. Die
Kriterienliste wurde im zweiten Schritt - dem Vortest - einem Experten vorgelegt, der
über langjähriges Erfahrungswissen im Projektmanagement der untersuchten Branche
verfügt. Im Gesprächsverlauf wurden die Erfolgskriterien auf 20 verdichtet.
Tab 2.: Erfolgskriterien
Sehr
wichtig
Wichtig Unwichtig Top-5-
Prioritäten
Erfolgskriterien
Externe Einflüsse
Interne Kostenkalkulation
Zeitrahmen
Qualität/Funktionalität
Konzeption
Kundenmanagement
Politische Widerstände
Vertragsmanagement
Netzwerk-Koordination
Qualitätssicherung
Ressourcenplanung
Teamkonflikte
Teamqualifikation
Zieldefinition
Partnermanagement
Angebots-Kalkulationen
Risikomanagement
Change Requests
Technologieeinsatz
Rahmenbedingungen
3 z.B. [Stan98], [Kot02], [Sch01], [Lec97], [Ste03], [Her03]
Erfolgskriterien in Projekten 5
Sie wurden den 17 Unternehmen im Interviewverlauf zur Bewertung vorgelegt
(Tab. 2). Die Bewertung wurde anschließend durch eine Priorisierung der Top-5-
Erfolgskriterien aus Sicht der befragten Unternehmen vervollständigt. Die Ergebnisse
werden in Abschnitt 3 vorgestellt.
Dieses methodische Vorgehen ist an die Informationsmanagementstudie des
Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik der Universität Hohenheim aus den Jahren 1989
bis 1991 angelehnt [Krc90; KrF90; Krc91].
Neben der Abfrage vorgegebener Erfolgskriterien wurden grundlegende
Rahmendaten wie bspw. durchschnittliche Projektgröße und -dauer, durchschnittliche
Anzahl der Projekte pro Jahr und durchschnittliche Anzahl abgeschlossener Projekte
pro Jahr abgefragt. Schwerpunkt des quantitativen Untersuchungsteils bildet die
Abfrage der 20 vorgegebenen Erfolgskriterien.
Im Mittelpunkt des qualitativen Untersuchungsteils steht die Ermittlung von
Erfahrungswerten der Interviewten. Im Rahmen eines explorativen Vorgehens wurden
in einer Sekundäranalyse zum Projektmanagement4 in digitalen Produktionen 15
Themenbereiche identifiziert. Diese wurden in einem anschließenden Expertengespräch
auf elf relevante Themenbereiche zusammengefasst. Ein Anspruch auf Vollständigkeit
wird nicht erhoben.
Abb. 1.: Themenbereiche der Untersuchung
Basierend auf den aus den Interviews gewonnenen Informationen werden bestehende
Problembereiche aus Sicht der befragten Unternehmen aufgezeigt. Anhand dieser
Problembereiche können die in Abschnitt 3 dargestellten Erfolgskriterien auf ihre
Bedeutung hin überprüft werden.
Die Ermittlung der Problembereiche erfolgt anhand eines zweistufigen Vorgehens.
Im ersten Schritt werden die Probleme im Projektmanagement der untersuchten
Unternehmen identifiziert. Diesen Problemen werden im zweiten Schritt Aussagen über
zukünftige Verbesserungsmaßnahmen gegenübergestellt. Hiermit wird überprüft,
4 z.B. [Sch01], [Cot95], [Ste03], [Her03], [Kot02]
6 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
inwieweit die beschriebenen Probleme tatsächlich Defizite im Projektmanagement
darstellen. Anschließend werden die identifizierten Probleme zu Problembereichen
verdichtet. Ein Überblick über bestehende Problembereiche gibt Abschnitt 4.
Die Interviewserie basiert auf teil-strukturierten Interviews [Att00, Sch99]. Die 17
Einzelinterviews wurden in persönlichen Gesprächen ohne direkte Beeinflussung durch
die Interviewer durchgeführt [Att00]. Mit Einverständnis der Befragten wurden die
Interviews zur besseren Auswertung mit einem Audio-Aufnahmegerät festgehalten.
Die befragten Personen der ausgewählten Unternehmen hatten die Positionen
Geschäftsführer, Account Manager, Projektmanager sowie Fachbereichsleiter inne. Die
Interviewserie fand im Zeitraum von September bis Oktober 2003 statt. Die einzelnen
Befragungen dauerten in Abhängigkeit vom Gesprächsverlauf und der Anzahl der
teilnehmenden Personen (ein bis zwei Interviewte und zwei Interviewer) zwischen 80
und 140 Minuten.
3 Auswertung der Erfolgskriterien und Rahmendaten
3.1 Rahmendaten der befragten Unternehmen
Die Auswertung des quantitativen Untersuchungsteils umfasst im ersten Schritt die
Ermittlung der Rahmendaten.
Das durchschnittliche Projektvolumen (Budgethöhe) der einzelnen Unternehmen
zeigt Abb. 2. Die Darstellung verdeutlicht, dass es keinen eindeutigen Zusammenhang
zwischen Unternehmensgröße und Projektvolumen gibt. Die Projektvolumina variieren
auch innerhalb der Größenkategorien. Die Mehrheit der befragten Unternehmen führt
kleinere bis mittlere Projekte mit einem Budgetrahmen bis 80.000 Euro durch.
Erfolgskriterien in Projekten 7
0 €
50.000 €
100.000 €
150.000 €
200.000 €
250.000 €
300.000 €
1 2 3 4 5 6 7 8 9 1011121314151617
Befragte Unternehmen
Projektvolumen (Budgethöhe) in Euro
Kleine Unternehmen (1-20 Mitarbeiter)
Mittlere Unternehmen (21-100 Mitarbe iter)
Große Unternehmen (>100 Mitarbeiter)
Abb. 2.: Durchschnittliche Projektvolumina (Budgethöhe) in Euro
Die Projektgröße gemessen in der Anzahl der Projektteammitglieder beträgt im Mittel
zwischen vier und fünf Projektteammitglieder, was einer kleinen bis mittleren
Projektgröße entspricht. Während die kleinen Unternehmen vorrangig eine
Projektteamgröße von drei bis fünf Personen aufweisen, umfassen Projektteams in
mittleren und großen Unternehmen meist vier bis sieben Personen (Abb. 3).
8 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
0
1
2
3
4
5
6
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Befragte Unternehmen
Projektteamgröße in Personen
Kleine Unternehmen (1-20 Mitarbeite r)
Mittlere Unternehmen (21-100 Mitarbeiter)
Große Unternehmen (>100 Mitarbeiter )
Abb. 3.: Durchschnittliche Projektteamgröße (in Personen)
Die durchschnittliche Projektdauer der einzelnen Unternehmen veranschaulicht Abb. 4.
Die Mehrheit der befragten Unternehmen führt unabhängig von der
Unternehmensgröße kurze Projekte im Zeitraum von zwei bis vier Monaten durch.
Mittlere (fünf bis acht Monate) oder längere Projekte (ab neun Monaten) werden nur
vereinzelt durchgeführt.
Erfolgskriterien in Projekten 9
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
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15
16
17
1234567891011121314151617
Befragte Unternehmen
Projektdauer in Monaten
Kleine Unternehmen (1-20 Mi tarbeiter)
Mittlere Unternehmen (21-100 Mitarbeiter)
Große Unter nehmen (>100 Mitarb eiter)
Abb. 4.: Durchschnittliche Projektdauer (in Monaten)
Die durchschnittliche Anzahl der Projekte pro Jahr ist unabhängig von der
Größenkategorisierung der Unternehmen. Kleine Unternehmen führen größtenteils bis
zu 50 Projekte pro Jahr durch, während mittlere und große Unternehmen mehrheitlich
bis 150 Projekte pro Jahr durchführen. Ein Unternehmensvertreter konnte diese Frage
nicht beantworten.
Eine mögliche Erklärung der starken Abweichungen der durchschnittlichen
Projektanzahl innerhalb der einzelnen Unternehmenskategorien findet sich in der
Korrelation der durchschnittlichen Projektanzahl mit der durchschnittlichen
Projektdauer.
Dies kann exemplarisch anhand der Unternehmen 1 und 4 verdeutlicht werden. Sie
weisen im Vergleich mit den anderen 4 Unternehmen dieser Größenkategorie eine hohe
durchschnittliche Projektanzahl auf, bei einer verhältnismäßig kurzen
durchschnittlichen Projektdauer. Bei den Unternehmen 2 und 5 hingegen verhält es sich
vice versa.
10 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
0
50
100
150
200
250
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Befragte Unternehmen
Anzhal der Projekte pro Jahr
Kleine Unternehmen (1-20 Mitarbeiter)
Mittlere Unt ernehmen (21-100 Mitarbeiter)
Große Unternehmen (>100 Mitar beiter)
Abb. 5.: Durchschnittliche Anzahl der Projekte pro Jahr
Der Anteil der planmäßig abgeschlossenen Projekte ist bei mittleren und großen
Unternehmen am höchsten. Er liegt mehrheitlich zwischen 75 und 80%. Bei den
befragten kleinen Unternehmen streut dieser Wert stärker. Auffällig sind hierbei die
beiden Extremwerte der Unternehmen 1 und 4 innerhalb einer Größenkategorie. Die
hohe Planungssicherheit des Unternehmens 1 kann u.a. auf die hohe Anzahl der in den
Projekten eingebundenen Kooperationspartner und Freelancer zurückgeführt werden,
was für eine zielorientierte, effektive und effiziente Zusammenarbeit eine optimale
Koordination voraussetzt. Die mangelhafte Planung des Unternehmens 4 ist eher
unternehmensspezifisch und weniger branchenspezifisch zu betrachten.
Erfolgskriterien in Projekten 11
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Befragte Unternehmen
Anteil der planmäßig
abgeschlossenen Projekte in %
Kleine Unternehmen (1-20 Mitarbeiter)
Mittlere Unternehmen (21-100 Mitarbeiter)
Große Unternehmen (>100 Mita rbeiter)
Abb. 6.: Anteil der planmäßig abgeschlossenen Projekte (in %)
3.2 Erfolgskriterien im Projektmanagement
Die Auswertung des quantitativen Untersuchungsteils erfolgte mittels
Häufigkeitsanalysen [Bor95]. Die 20 Erfolgskriterien wurden den befragten
Unternehmen als Tabelle vorgelegt und von ihnen bewertet. Tab. 2 zeigt diese
Erfolgskriterien inkl. ihrer Beschreibung. Die begriffliche Abgrenzung der
Erfolgskriterien erfolgte durch die Interviewer in mündlicher Form. Die Reihenfolge
der Kriterien entspricht der Abfrage im Interviewverlauf.
12
Tab 3.: Erfolgskriterien in Projekten
Nr. Erfolgskriterium Beschreibung
1 Externe Einflüsse Von den Unternehmen nicht zu beeinflussende Faktoren
wie rechtliche, politische oder wirtschaftspolitische Aspekte
2 Interne
Kostenkalkulation
Von den Unternehmen durchgeführte Kostenplanung und -
überwachung
3 Zeitrahmen Bezogen auf die Zeitplanung und -kontrolle
4 Qualität/Funktionalität Bezogen auf ein Produkt oder eine Dienstleistung
5 Konzeption Umsetzung der Anforderungen in einem Entwurf
6 Kundenmanagement Den Kunden betreffende Aktionen wie Kommunikation,
Kundenpflege
7 Politische Widerstände Bezogen auf das Umfeld beim Kunden
8 Vertragsmanagement Alle die Verträge betreffenden Aspekte
9 Netzwerkoordination Koordination von Freelancern und Kooperationspartnern
10 Qualitätssicherung Maßnahmen zur Sicherstellung der produkt- bzw.
prozessbezogenen Qualität
11 Ressourcenplanung Planung der Personal- und Sachressourcen
12 Teamkonflikte Konflikte zwischen Projektmanager und/oder Mitgliedern
des Teams
13 Teamqualifikation Qualifikation der Projektmanager und der Teammitglieder
14 Zieldefinition Definition des Projektziels
15 Partnermanagement Kommunikation, Integration und Zusammenarbeit von und
mit Kooperationspartnern und Freelancern
16 Angebotskalkulation Preisbildung der zu erbringenden Leistung
17 Risikomanagement Umfasst Risikoanalyse, -bewertung- und -überwachung
18 Change Requests Stellen von Anforderungsänderungen
19 Technologieeinsatz Verwendung spezieller Technologien im Rahmen der
Leistungserstellung
20 Rahmenbedingungen z.B. Wettereinflüsse, Umzug, Baulärm, Fehlzeiten durch
Urlaub, Feiertage
Erfolgskriterien in Projekten 13
Die 20 Erfolgskriterien wurden von den befragten Unternehmen hinsichtlich ihrer
Bedeutung anhand der Ausprägungen sehr wichtig, wichtig und unwichtig bewertet.
Die sich daraus ergebende Reihenfolge der Erfolgskriterien ist in Abb. 7 dargestellt.
Abb. 7.: Bewertete Erfolgskriterien
Die Verteilung zeigt, dass alle Erfolgskriterien von der Mehrheit der befragten
Unternehmen mit sehr wichtig und wichtig bewertet wurden. Hierbei wurden die ersten
elf Erfolgskriterien als sehr wichtig erachtet. Nach Meinung der Unternehmen gelten
interne Kostenkalkulation, Qualität/Funktionalität der Produkte/Dienstleistungen sowie
Zeitrahmen als die drei bedeutendsten Kriterien. Sie entsprechen den drei Eckpunkten
(Kosten, Qualität und Zeit) des „magischen Dreiecks“ im Projektmanagement [Lit02].
Neben diesen drei Kriterien wurden Qualitätssicherung, Kundenmanagement,
Teamqualifikation, Konzeption, Change Requests, Angebotskalkulation,
Ressourcenplanung und Zieldefinition ebenfalls als sehr wichtige Einflussfaktoren auf
den Projekterfolg bewertet. Partnermanagement wird als einziges Kriterium von den
Unternehmen nicht mit sehr wichtig bewertet. Wichtige Kriterien sind neben dem
14 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Partnermanagement bspw. Netzwerkkoordination, Risikomanagement,
Rahmenbedingungen und Technologieeinsatz.
Die Befragten wurden anschließend gebeten, auf Basis der 20 Erfolgskriterien die
Top-5-Erfolgskriterien mittels Rangfolge (1 als absolut wichtigstes und 5 als wichtiges
Kriterium) zu priorisieren. Die Darstellung dieser Rangfolge zeigt Abbildung 8, wobei
die priorisierten Erfolgskriterien in Abhängigkeit von der Häufigkeit ihrer Nennung
sortiert wurden (in Klammern dargestellt). Bei gleicher Anzahl an Nennungen wurde
zusätzlich nach der Ausprägung der Nennungen (1 bis 5) geordnet.1
012345678910
Vertragsmanagement (1)
Risikomanagement (2)
Angebotskalkulation (2)
Technologieeinsatz (3)
Ressourcenplanung (4)
Change Requests (4)
Zieldefinition (4)
Kundenmanagement (5)
Teamqualifikation (6)
Qualitätssicherung (7)
Zeitrahmen (7)
Konzeption (7)
Qualität / Funktionalität (8)
Interne Kostenkalkulation (9)
priorisierte Erfolgskriterien
Häufigkeit der Nennung
Priorisierung 1
Priorisierung 2
Priorisierung 3
Priorisierung 4
Priorisierung 5
Abb. 8.: Priorisierung der Top-5-Erfolgskriterien
Bei Betrachtung dieser Priorisierung wird ersichtlich, dass lediglich 14 der 20
Erfolgskriterien priorisiert wurden. Interne Kostenkalkulation und
Qualität/Funktionalität wurden von der Mehrheit der befragten Unternehmen genannt.
Die sechs Kriterien Teamkonflikte, externe Einflüsse, politische Widerstände,
Netzwerkkoordination, Rahmenbedingungen und Partnermanagement hingegen wurden
nie als Top-5-Kriterium priorisiert.
Die Erfolgskriterien Qualität/Funktionalität, Konzeption, Zeitrahmen,
Teamqualifikation, Kundenmanagement und Zieldefinition wurden sehr heterogen
priorisiert, während im Gegensatz dazu interne Kostenkalkulation, Qualitätssicherung,
Change Requests, Ressourcenplanung, Technologieeinsatz, Angebotskalkulation,
Risiko- und Vertragsmanagement relativ homogen priorisiert wurden.
1 Da ein befragtes Unternehmen keine Priorisierung vornehmen konnte, werden nur die Ergebnisse von 16
Unternehmen dargestellt.
Erfolgskriterien in Projekten 15
Der Vergleich zwischen den 20 bewerteten und den priorisierten Erfolgskriterien in
Abb. 9 veranschaulicht die Unterschiede der jeweiligen Platzierung jedes Kriteriums.
PlatzBewertete Erfolgskriterien
20
19
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Partnermanagement
Rahmenbedingungen
Netzwerkkoordination
Vertragsmanagement
Externe Einflüsse
Politische Widerstände
Risikomanagement
Teamkonflikte
Technologieeinsatz
Zieldefinition
Ressourcenplanung
Change Requests
Angebotskalkulation
Konzeption
Teamqualifikation
Kundenmanagement
Qualitätssicherung
Zeitrahmen
Qualität / Funktionalität
Interne Kostenkalkulation
PlatzBewertete Erfolgskriterien
20
19
18
17
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Partnermanagement
Rahmenbedingungen
Netzwerkkoordination
Vertragsmanagement
Externe Einflüsse
Politische Widerstände
Risikomanagement
Teamkonflikte
Technologieeinsatz
Zieldefinition
Ressourcenplanung
Change Requests
Angebotskalkulation
Konzeption
Teamqualifikation
Kundenmanagement
Qualitätssicherung
Zeitrahmen
Qualität / Funktionalität
Interne Kostenkalkulation
Priorisierte ErfolgskriterienPlatz
Teamqualifikation6
-
-
-
-
-
-
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1
Partnermanagement
Rahmenbedingungen
Netzwerkkoordination
Politische Widerstände
Externe Einflüsse
Teamkonflikte
Vertragsmanagement
Risikomanagement
Angebotskalkulation
Technologieeinsatz
Ressourcenplanung
Change Requests
Zieldefinition
Kundenmanagement
Qualitätssicherung
Zeitrahmen
Konzeption
Qualität / Funktionalität
Interne Kostenkalkulation
Priorisierte ErfolgskriterienPlatz
Teamqualifikation6
-
-
-
-
-
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14
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10
9
8
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4
3
2
1
Partnermanagement
Rahmenbedingungen
Netzwerkkoordination
Politische Widerstände
Externe Einflüsse
Teamkonflikte
Vertragsmanagement
Risikomanagement
Angebotskalkulation
Technologieeinsatz
Ressourcenplanung
Change Requests
Zieldefinition
Kundenmanagement
Qualitätssicherung
Zeitrahmen
Konzeption
Qualität / Funktionalität
Interne Kostenkalkulation
Abb. 9.: Divergenz zwischen Bewertung und Priorisierung der Erfolgskriterien
Divergenzen zwischen Bewertung und Priorisierung, die in der Abbildung durch Linien
gekennzeichnet sind, bestehen bei den Erfolgskriterien Konzeption, Zieldefinition,
Angebotskalkulation, Teamkonflikte, politische Widerstände und Vertragsmanagement.
Bei den verbleibenden Kriterien resultiert die Veränderung der Platzierung aus der
Verschiebung der zuvor genannten Erfolgskriterien, so dass eine nähere Betrachtung
nicht notwendig ist.
Konzeption, Zieldefinition und Vertragsmanagement wurden in der Priorisierung
viel höher platziert als in der Bewertung. Die Zieldefinition in Projekten dient der
Herstellung eines einheitlichen Verständnisses von der zu erbringenden Leistung für
Kunde und Auftragnehmer. Eine klare und gut ausformulierte Konzeption bildet dann
die Grundlage für die Leistungsbeschreibung, die Bestandteil des Vertrags ist, sowie für
die Umsetzung. Ein umfassendes Vertragsmanagement zielt insbesondere auf die
rechtliche Absicherung der Unternehmen. Alle drei Kriterien sind von den befragten
Unternehmen beeinflussbar.
Angebotskalkulation, Teamkonflikte und politische Widerstände wurden von den
Unternehmen in der Priorisierung im Gegensatz zur Bewertung niedriger eingestuft.
16 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Teamkonflikte wurden in der Priorisierung nicht berücksichtigt. Das kann an der hohen
Beeinflussbarkeit dieses Kriteriums durch die Unternehmen liegen, da bei Konflikten
im Projektteam die beteiligten Personen ausgetauscht oder umbesetzt werden.
Angebotskalkulation und politische Widerstände hingegen sind von den Befragten nur
indirekt oder gar nicht zu beeinflussen.
Ausgehend von den ermittelten Unterschieden zwischen Bewertung und
Priorisierung können die nachfolgenden Schlussfolgerungen gezogen werden: Die
Bewertung der Erfolgskriterien basiert auf Erfahrungswerten der befragten
Unternehmen und kann den Soll-Zustand aus Unternehmenssicht darstellen. Die
Bedeutung der bewerteten Erfolgskriterien wurde von den Unternehmensvertretern
zwar erkannt, was jedoch nicht voraussetzt, dass sie im gegenwärtigen
Projektgeschehen bereits entsprechend umgesetzt werden.
Bei der Priorisierung haben die Befragten solche Erfolgskriterien ausgewählt, die
sich auf ihre momentane wirtschaftliche Situation am stärksten auswirken. Die
Beeinflussbarkeit der Kriterien durch die befragten Unternehmen spielt hierbei
ebenfalls eine Rolle. Erfolgskriterien wie bspw. externe Einflüsse, politische
Widerstände oder Rahmenbedingungen, die von Auftragnehmerseite wenig oder gar
nicht beeinflussbar sind, wurden nämlich nicht priorisiert.
4 Auswertung der Interviews
4.1 Vorgehensweise
Die Auswertung der Interviews erfolgte anhand der qualitativen Inhaltsanalyse [May95;
Fli00]. Hierzu wurden die Interviews mit Hilfe der Audioaufzeichnungen und des
schriftlich festgehaltenen Gesprächsverlaufs dokumentiert. Auf dieser Grundlage
wurden in einem ersten Schritt die auszuwertenden Textpassagen gebündelt erfasst und
anschließend einer Verallgemeinerung, Reduktion und Paraphrasierung unterzogen.
Im zweiten Schritt wurden erklärende Informationen wie bspw. die Erfassung der
Interviewsituation und die Darstellung des Eindrucks von den Befragten in die
Auswertung miteinbezogen, um die Verständlichkeit der Aussagen zu erhöhen.
Zusätzlich wurden signifikante Zitate der interviewten Personen transkribiert.
Die Auswertung erfolgte mit der Absicht, bestehende Problembereiche im
Projektmanagement aufzudecken. Sie wurde in Abhängigkeit von der
Unternehmensgröße durchgeführt. Ein weiterer Kategorisierungsversuch nach der
Projektgröße hat sich im Verlauf der Auswertung nicht als praktikabel erwiesen, da die
Mehrheit der betrachteten Projekte keine nennenswerten Unterschiede hinsichtlich
Budgethöhe und Mitarbeiterzahl aufweist. Auf der Grundlage der untersuchten
Textpassagen wurden sämtliche bestehende Probleme im Projektmanagement jedes
Unternehmens identifiziert. In einem weiteren Schritt wurden einzelne, ähnliche
Probleme zusammengefasst.
Erfolgskriterien in Projekten 17
4.2 Problembereiche im Projektmanagement
Die im Untersuchungsverlauf ermittelten Probleme sind in Tab. 4 in Abhängigkeit von
der Unternehmensgröße aufgeführt. Bei ihrer Betrachtung ist feststellbar, dass der
Großteil der identifizierten Probleme in allen Unternehmensgrößen existent ist. Die
Tabelle beinhaltet die aus Unternehmenssicht predominanten Probleme. Von einer
vollständigen Aufstellung aller genannten Probleme wird abgesehen, da sie nur im
Einzelfall vorkommen und damit nicht typisch für die jeweilige Größenkategorie sind.
Tab 4.: Probleme in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße
Probleme
Kleine
Untern.
(1-20 MA)
Mittlere
Untern.
(21-100 MA)
Große
Untern.
(ab 100 MA)
Einordnung der
Probleme zu
Problembereichen
Ungenaue interne
Kostenkalkulation X X X Projektplanung
Unzureichende
projektbegleitende
Kostenkontrolle
X X X Projektsteuerung
Falscher Tooleinsatz bei
interner
Kostenkalkulation
X Projektplanung
Ungenaue Zeitplanung X X X Projektplanung
Ungenaue
Ressourcenplanung X X X Projektplanung
Planungsschwierigkeite
n durch unzureichende
Ressourcenübersicht
X X Projektplanung
Unzureichende
fachliche Qualifikation
des Projektmanagers
X X X Teamqualifikation
Unzureichende soziale
Qualifikation der
Projektteammitglieder
X X X Teamqualifikation
Unklare Regelung bei
der Abrechnung von
Change Requests
X X X Change Requests
Wenig direkte
Kommunikation mit dem
Kunden
X X X Kommunikation
Lange Entscheidungs- X X Kommunikation
18 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
und Abstimmungszeiten
mit dem Kunden
Fehlende Transparenz
im Kommunikationsfluss X X X Kommunikation
Wenig Kommunikation
im Projektteam X X X Kommunikation
Zwischenmenschliche
Konflikte im Projektteam X X X Kommunikation
Unzureichende
Dokumentation der
Kommunikation
X X X Kommunikation
Fehlende Akzeptanz
und Nutzung des
Wissensmanagements
X X X Wissensmanagement
Diese einzelnen Probleme können spezifischen Problembereichen des
Projektmanagements zugeordnet werden. Interne Kostenkalkulation,
Ressourcenplanung und Zeitplanung gehören zum Problembereich Projektplanung
respektive -steuerung. Sämtliche Probleme im kommunikativen Umfeld, sei es mit
Kunden oder dem Projektteam, sowie die Dokumentation der Kommunikation können
im übergeordneten Problembereich Kommunikation erfasst werden. Der
Problembereich Teamqualifikation umfasst die Qualifikationsprobleme von
Projektmanagern und Projektteammitgliedern. Für die verbleibenden Probleme Change
Requests und Wissensmanagement erweist sich eine Einordnung in übergeordnete
Problembereiche als nicht notwendig.
Nachfolgend werden die in Tabelle 4 dargestellten Ergebnisse und der Prozess ihrer
Entstehung näher erläutert. Jeweils bezogen auf die einzelnen Problembereiche werden
wichtige Äußerungen der befragten Unternehmensvertreter dargestellt; zudem werden
die sich daraus ergebenden Problembereiche näher erläutert.
4.3 Projektplanung und -steuerung
Die befragten Unternehmensvertreter berichteten in den Interviews über Probleme, die
dem Bereich der Projektplanung und -steuerung zuzuordnen sind. Projekte können ohne
eine ausreichende Planung oftmals nur mit viel Improvisation oder Erfahrungswissen
durchgeführt werden. Ein Beispiel für eine unzureichende Projektplanung ist das
folgende:
Erfolgskriterien in Projekten 19
„Wenn die Projekte klein sind und weniger bringen, steckt man automatisch weniger
Aufwand in die Planung. Hinterher merkt man, dass mehr Planung besser gewesen
wäre.“2
Ein grundlegendes Problem bei der Planung von Projekten besteht nach Aussagen der
Unternehmen darin, dass die Kunden die erbrachten Leistungen für Projektplanung und
-steuerung oftmals nicht bezahlen wollen. Den Kunden kann hierbei nicht verdeutlicht
werden, dass diese Leistungen - neben der Kommunikation mit dem Kunden - zu den
Stützpfeilern eines professionellen Projektmanagements gehören. Dennoch erbringen
einige der befragten Unternehmen solche Leistungen:
„Wir planen immer detailliert, auch wenn der Kunde das nicht zahlt.“3
Zu Projektbeginn erstmalig erstellte Planungen können sich bspw. auf Grund von
Change Requests, Ressourcenverschiebungen oder Zeitverzögerungen ändern. Nach
Aussagen der interviewten Unternehmen machen viele Kunden bei Planabweichungen
im Projekt in erster Linie bei der Qualität Zugeständnisse:
„Qualität ist immer das, woran man schrauben kann.“4
„Qualität kommt ganz klar zum Schluss. Hauptsache es läuft irgendwie: Der Kunde
kann es eh nicht einschätzen.“5
Die Einhaltung der Qualität wird zwar von den befragten Unternehmen hoch priorisiert,
kann aber von den Kunden oftmals nicht beurteilt werden, so dass hier die meisten
Kompromisse gemacht werden. Die Einhaltung des Zeitplans steht für die Kunden an
erster Stelle, da das Projektergebnis von digitalen Produktionen häufig Teil einer Multi-
Channel-Kampagne ist. An zweiter Stelle folgt die Einhaltung der Kosten auf Grund
des oftmals fest vorgegeben Budgets.
Interne Kostenkalkulation
Die interne Kostenkalkulation wird von der Mehrheit der befragten Unternehmen als
wichtigstes Kriterium für den Projekterfolg bezeichnet, obwohl sie v.a. in kleinen
Firmen nur sporadisch durchgeführt wird. Bei kleinen Unternehmen wird aus
Zeitmangel oft auch auf eine mitlaufende und eine Nachkalkulation verzichtet.
Beispiele für die häufig unzureichende Kostenkontrolle sind folgende:
„Wenn das Gefühl sagt, es kann nicht passen, wird nachkalkuliert.“6
„Es ist schwer in dieser ersten Phase zu kalkulieren. Meistens kann man später aber
auch nicht mehr nachkalkulieren.“7
2 Geschäftsführer in Interview 4.
3 Projektmanagerin Interview 14.
4 Projektmanager in Interview 6.
5 Geschäftsführer in Interview 4.
6 Geschäftsführer in Interview 5.
7 Projektmanager in Interview 14.
20 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
In mittleren und großen Unternehmen ist die interne Kostenkalkulation zwar i.d.R.
ausführlicher, jedoch tritt das Problem einer unzureichenden Kostenkontrolle auf Grund
von fehlenden Tools und Planungsunsicherheiten auf. Beim Großteil der befragten
Unternehmen besteht der Bedarf nach Kalkulationsvorlagen.
Zeitplanung
Das dominante Problem der Zeitplanung besteht in ungenauen Schätzungen des
benötigten Zeitbedarfs. Die Mehrheit der befragten Unternehmen plant ohne Zeitpuffer,
so dass sich in der Regel zeitliche Engpässe im Projektverlauf ergeben. Ein
Projektmanager berichtet:
„Oft ist der Terminplan so knapp, dass man nur hoffen kann, dass keine Änderungen
kommen.“8
Eine unzureichende Überwachung des Zeitrahmens begünstigt nach Aussagen der
Unternehmen ein falsches Zeitmanagement. Die Gründe liegen in falschen Schätzungen
durch Projektmanager und Projektteams sowie am Fehlen geeigneter Tools.
Ressourcenplanung
Die Mehrzahl der befragten Unternehmen bezeichnet ihre Ressourcenplanung als
unzureichend. Am Beispiel eines kleinen Unternehmens wird dies deutlich:
„Bei uns werden die Zuständigkeiten wöchentlich zugeordnet.“9
Aus den Aussagen der kleinen Unternehmen kann abgeleitet werden, dass die
Ressourcenplanung überwiegend ad hoc erfolgt. Das führt teilweise zu unklaren
Rollenzuordnungen, die im Laufe des Projekts wechseln können.
Mittlere und große Unternehmen mit einer hohen Projektgesamtzahl berichten von
Problemen hinsichtlich der Ressourcenverfügbarkeit, da die Ressourcen bei zeitlichen
Projektverschiebungen bereits in anderen Projekten eingeplant sind. Ein weiteres
Problem besteht in der falschen Zuordnung von Projektrollen. Die eingeplanten
Ressourcen sind dabei entweder unzureichend qualifiziert oder werden nicht der
Qualifikation entsprechend eingesetzt. Ein befragter Geschäftsführer in Interview 2
klagt bspw. über eine fehlende Ressourcenübersicht.
Während bei kleinen Unternehmen die Probleme in der Regel in einer sporadischen
Ressourcenplanung zu finden sind, resultieren sie in mittleren und großen Unternehmen
vorwiegend aus einem mangelhaften Multiprojektmanagement.
4.4 Teamqualifikation
Die Qualifikation des Projektteams, welches neben dem Teammitgliedern auch den
Projektmanager umschließt, stellt eine wichtige Voraussetzung für die
8 Projektmanager in Interview 14.
9 Geschäftsführer in Interview 4.
Erfolgskriterien in Projekten 21
Ressourcenplanung dar. Die befragten Unternehmen stellen hohe Anforderungen an die
fachliche und soziale Qualifikation ihrer Projektmitglieder:
„Man muss nur den richtigen Projektmanager für das richtige Projekt finden.“10
Qualifikationsprobleme sehen einige Unternehmen im technischen und methodischen
Bereich sowie bei den Soft Skills wie Motivations-, Führungs- und
Präsentationsaufgaben. Obwohl die Mehrheit der befragten Unternehmen derzeit keine
Schulungen für ihre Projektteams durchführen, werden unternehmensinterne Seminare
im Rahmen der Mitarbeiterentwicklung unterstützt.
Projektmanagement-Methoden nach einem wissenschaftlichen Vorgehen zu schulen
halten die Unternehmen jedoch oftmals nicht für sinnvoll:
„Die systematischen Projektmanagement-Ansätze haben den riesen Nachteil, dass
sie so standardisiert über die Menschen drüber laufen. Das würde bei uns nicht
funktionieren.“11
Die Notwendigkeit der Qualifikation und Weiterbildung der Mitarbeiter wird von den
meisten der befragten Unternehmen zwar erkannt, vielfach wird aber aus
Kostengründen darauf verzichtet und - speziell bei der Schulung von Projektmanagern
im technischen Bereich - auf Eigeninitiative verwiesen:
„Das [technische Verständnis] lässt sich aber fast nur über Neueinstellungen
erreichen, denn wer hat schon Lust, sich durch ein dickes Java-Buch zu baggern,
wenn er’s nicht versteht“12
Ein Projektmanager konkretisiert diese Aussage wie folgt:
„Bei fachlichen Kompetenzmängeln holen wir die notwendigen Kräfte einfach
rein.“13
Fehlende Qualifikationen bei eigenen Mitarbeitern werden i.d.R. durch die Einbindung
von Freelancern oder durch Neuseinstellungen ausgeglichen.
4.5 Change Requests
Abweichungen von der Planung gibt es regelmäßig, wenn ein Kunde neue
Anforderungen an ein Projekt stellt. Alle befragten Unternehmen berichten, dass
Änderungen von Anforderungen (Change Requests) als Regelfall aufzufassen sind und
es normalerweise zu Abweichungen von der ursprünglichen Projektplanung kommt.
Änderung vs. Korrektur
10 Projektmanager in Interview 15.
11 Geschäftsführer in Interview 15.
12 Account Manager in Interview 16.
13 Projektmanager in Interview 6.
22 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Das Stellen von Change Requests durch den Kunden führt zu Mehraufwänden für die
befragten Unternehmen. Da Änderungen immer vom Kunden initiiert werden,
existieren in den meisten Verträgen oder allgemeinen Geschäftsbedingungen der
interviewten Unternehmen Klauseln, die Änderungen als kostenpflichtige Leistung
deklarieren. Korrekturen stellen keine Änderungen der ursprünglichen
Leistungsbeschreibung dar, da sie auf Fehlern von Seiten der Auftragnehmer basieren.
Sie werden demnach auch von ihnen getragen.
Abrechnung von Change Requests
Ein Großteil der befragten Unternehmen berichtet, dass auf Wunsch der Kunden viele
Projekte zu Festpreisen angeboten werden. Das umschließt aus Sicht der Kunden
oftmals auch den Prozess der Change Requests. Das folgende Beispiel verdeutlicht die
unterschiedlichen Einstellungen der Kunden hinsichtlich des Angebotsumfangs:
„Das ist auch abhängig von der Branche: Baumittelhersteller und
Automobilzulieferer zahlen immer alles; bei Medienunternehmen und Verbänden
werden die Änderungen auf die Agentur abgewälzt.“14
Obwohl die Mehrheit der Interviewten eine Abgrenzung der Änderungen von
Korrekturen in ihre Vertragswerke aufnimmt, ist die Abrechnung durchgeführter
Änderungen beim Kunden meist nicht durchsetzbar. Der Abrechnung von Change
Requests stehen nach Aussagen der Unternehmen zwei wesentliche Gründe entgegen:
1. Der Kunde hat ein Festpreisangebot, das gleichzeitig seine Budgetgrenze
darstellt.
In diesem Fall übernimmt häufig das befragte Unternehmen aus Gründen der
Kundenbindung die entstehenden Kosten. Die Reaktion der Unternehmen zeigt
folgendes Beispiel:
„Ein Festpreisangebot braucht einen Puffer. Immer!“15
Viele befragte Unternehmen kalkulieren deshalb bei solchen Kunden zusätzliche
Puffer für potenzielle Abweichungen und Änderungen in das Festpreisangebot.
Dieser Vorgang ist für die Kunden nicht transparent.
2. Der Kunde erkennt die Unterscheidung von Änderung vs. Korrektur nicht an und
verweigert die Bezahlung.
Die meisten befragten Unternehmen versuchen das Problem zu umgehen, indem
sie versuchen Change Requests als Folgeprojekt zu definieren. Andere
interviewte Unternehmen hingegen integrieren mehrere Änderungs- und
Abnahmeschleifen in den Projektverlauf. Zahlt der Kunde die Änderungen trotz
14 Fachbereichsleiter in Interview 5.
15 Projektmanager in Interview 17.
Erfolgskriterien in Projekten 23
allem nicht, kommt es zu verschiedenen Reaktionsmustern von Seiten der
befragten Unternehmen.
Ein Geschäftsführer berichtet aus seiner Erfahrung:
„Es ist alles Verhandlungssache, ob etwas eine Korrektur oder Änderung ist.
Die Frage ist: ’Wer gibt zuerst auf? Der Ansprechpartner auf Kunden- oder
Agenturseite?’ “16
Während der Großteil der kleinen Firmen die durchgeführten Änderungen
übernimmt, sind die mittleren und großen Unternehmen eher dazu bereit ein
Projekt abzubrechen.
Ein Account Manager eines großen Unternehmens bemerkt hierzu:
„Wenn die Toleranzgrenze überschritten ist und der Kunde gibt kein Budget
mehr frei, dann hören wir auf zu arbeiten.“17
Die Abrechnung von Change Requests stellt für die meisten der großen Unternehmen
kein Problem dar. Das kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, dass große und
als kreativ und innovativ bekannte Internet- und Multimedia-Dienstleister bei ihren
Kunden ein besseres Standing besitzen.
Mit zunehmendem Projektfortschritt steigen Aufwand und Kosten der Einarbeitung.
Hierzu das Zitat eines Geschäftsführers:
„Natürlich versucht man als Dienstleister Maximales zu ermöglichen; das Timing zu
halten und gleichzeitig Änderungen einzubauen. Da kommt es schon mal zu
Nachtschicht und Wochenendarbeit.“18
Kleinere Änderungen akzeptieren die befragten Unternehmen meist noch bis kurz vor
der Endabnahme. Große Änderungen, die sich etwa aus einer Veränderung der
strategischen Projektzielsetzung ergeben, können zu einem späten Zeitpunkt mitunter
zum Abbruch des Projekts führen. Hierzu zwei gegenteilige Aussagen:
„Mal ein Projekt auch abzubrechen ist ein Zeichen von Seriosität, auch wenn wir
schauen, wie wir es doch leisten können.“19
„Keine Agentur in Deutschland kann es sich zur Zeit leisten, ein Projekt nicht zu
machen.“20
Obwohl für die Mehrzahl der interviewten Unternehmen ein Projektabbruch nur
vorstellbar ist, wenn sich Kunden weigern für Änderungen zu bezahlen, setzten dies nur
wenige der befragten Unternehmen auch tatsächlich um.
16 Geschäftsführer in Interview 15.
17 Account Manager in Interview 16.
18 Geschäftsführer in Interview 4.
19 Projektmanager in Interview 6.
20 Geschäftsführer in Interview 8.
24 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
4.6 Kommunikation
Kommunikation in Projekten dient dem Informationsaustausch vor dem Hintergrund
einer aufgabenbezogenen Verständigung. Diese kann auf Sach- und Beziehungsebene
erfolgen. Im Mittelpunkt der Sachebene steht der Austausch fachlicher Inhalte, die
Beziehungsebene bezieht sich auf die soziale Komponente. Die Kommunikation erfolgt
hierbei in verbaler (z.B. persönliche, schriftliche, telefonische Kommunikation) und
nonverbaler Form (z.B. Tonfall, Auftreten, Körpersprache).
Kommunikation mit Kunden und Projektteam
Transparenz, Kontinuität, Umfang und Qualität des Informationsaustauschs besitzen für
die befragten Unternehmen einen hohen Stellenwert und beeinflussen den Erfolg von
Projekten maßgeblich.
Internet- und Multimediaprojekte werden als internes oder als Auftragsprojekt
initiiert. Hieraus leiten sich verschiedene Kommunikationsschnittstellen ab. Die
durchgeführten Interviews beziehen sich ausschließlich auf Auftragsprojekte, so dass
Kommunikationsschnittstellen im Wesentlichen zwischen den Akteuren Auftraggeber
(Kunde), Projektmanager, Projektteammitgliedern, Kooperationspartnern (inkl.
Freelancer) sowie Management und Fachbereichsmitarbeiter (auf Kunden- und
Unternehmensseite) bestehen.
Eine zentrale Kommunikationsschnittstelle im Projekt liegt zwischen
Projektmanager und Auftraggeber. Beide werden nach den Ergebnissen der Interviews
im Vorfeld eines Projekts als feste Ansprechpartner bestimmt. Gegenstand der
Kommunikation bilden Entscheidungen, Abstimmungen, Abnahmen, Probleme sowie
Projektstatusinformationen. Einige Unternehmen räumen ein, dass zu wenig mit den
Kunden kommuniziert wird und die Gespräche nicht ausreichend dokumentiert werden.
Dementsprechend ist die folgende Aussage eines Projektmanagers zu interpretieren:
„Ich denke mir jetzt, was mein Kunde gemeint haben könnte.“21
Dadurch ergeben sich oftmals Schwierigkeiten bei der Formulierung der
Leistungsbeschreibungen. Beim Erkennen dieses Problem wird i.d.R. mit dem Kunden
über dessen Wünsche verhandelt, bis eine Einigung erzielt wird. Die vorhandene
Erfahrung mit dem Kunden spielt hierbei eine große Rolle.
Kleine und mittlere Unternehmen klagen v.a. über lange Entscheidungs- und
Abstimmungszeiten von Seiten der Kunden, wie ein Projektmanager verdeutlicht:
„Die Entscheidungswege sind halt manchmal sehr lang.“22
Ursache sind falsch besetzte oder zu viele Ansprechpartner auf Kundenseite. Lange
Entscheidungsphasen verkürzen die verbleibende Projektzeit, so dass zur Haltung des
Projektendtermins mehr Ressourcen eingesetzt und geplante Qualitätssicherungszeiten
verkürzt werden.
21 Projektmanager in Interview 7.
22 Projektmanager in Interview 8.
Erfolgskriterien in Projekten 25
Eine zweite zentrale Kommunikationsschnittstelle ist die zwischen den
Projektteammitgliedern und dem Kunden. Ein direkter Kontakt zwischen den Kunden
und Teammitgliedern wird von den Unternehmen nicht gewünscht. Dennoch besitzen
die Kunden in vielen Projekten Kenntnis von der Besetzung der Projektteammitglieder,
so dass sie bei fachlichen Abstimmungen die Hierarchiestufe des Projektmanagers
umgehen, um damit einer Fakturierung von direkt geäußerten Change Requests zu
entgehen. Ein befragtes Unternehmen beklagt die daraus resultierenden Probleme:
„Dabei geht natürlich viel Information verloren.“23
Insbesondere aus dem unzureichenden Informationsrückfluss zwischen
Teammitgliedern und Projektmanager können sich dabei neue Probleme für den
Auftragnehmer ergeben.
Ursachen für Kommunikationskonflikte
Alle befragten Unternehmen berichten von Kommunikationskonflikten, die auf Grund
von zwischenmenschlichen Problemen in Projekten entstehen. Hierzu ein
Geschäftsführer:
„Die Chemie zwischen Projektleiter bzw. mit dem Kunden stimmt nicht.“24
Antipathien zwischen Projektmanager und Ansprechpartner auf Kundenseite behindern
den Kommunikationsfluss. Persönliche Differenzen führen nach Aussagen der
befragten Unternehmen zu mangelnder, falscher oder verzögerter
Informationsweitergabe an der Schnittstelle Kunde-Projektmanager. Ein
Geschäftsführer:
[…] wenn es nötig ist, wird der Projektleiter ausgetauscht.“25
Die interviewten Unternehmen mittlerer und großer Größe reagieren mit dem
Austausch ihres Ansprechpartners. Kleine Unternehmen hingegen können aus Gründen
einer geringen Mitarbeiterzahl meist keinen Projektmanagerwechsel durchführen.
Unstimmigkeiten im Projektteam (hierzu zählen auch Freelancer und
Kooperationspartner) mittlerer und großer Unternehmen äußern sich nach deren
Aussagen durch Hierarchiegeplänkel, indem Informationen zurückgehalten oder
gefiltert weitergegeben werden. Ein Geschäftsführer berichtet:
[…] intern fliegen dann schon mal die Fetzen.“26
Die Art und Weise der Kommunikation, besonders in Stressphasen eines Projekts, spielt
für die befragten Unternehmen beim Entstehen von Teamkonflikten gleichermaßen eine
wesentliche Rolle.
23 Geschäftsführer in Interview 5.
24 Geschäftsführer in Interview 5.
25 Geschäftsführer in Interview 8.
26 Geschäftsführer in Interview 15.
26 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Nach Aussagen der Unternehmen bildet eine unzureichende Dokumentation der
geführten Kommunikation eine weitere Grundlage für viele Missverständnisse. Hierzu
das Zitat eines Geschäftsführers:
„Insgesamt wird zu wenig dokumentiert.“27
Besonders in den kleinen Unternehmen werden mündliche Absprachen meist aus
Gründen einer zeitlichen Überlastung des Projektmanagers nicht schriftlich
festgehalten. Eine fehlende Dokumentation des Informationsaustauschs erzeugt
Interpretationsspielräume bei Abstimmungen oder Entscheidungen.
4.7 Wissensmanagement
Der Problembereich Wissensmanagement beschreibt den Prozess, Erfahrungen und
Wissen aus abgeschlossenen Projekten strukturiert aufzubereiten und für zukünftige
Projekte verfügbar und verwertbar zu machen. Alle befragten Unternehmen führen
nach Projektabschluss interne und/oder externe Abschlussgespräche, in denen wichtige
Aspekte des Projekts wie Probleme, positive und negative Erfahrungen, Qualitätsfragen
oder Risiken aufgegriffen werden. Zudem scheinen einige Unternehmen nicht zu
erkennen, dass sich aus der Aufarbeitung von Projekterfahrungen konkretes Wissen und
damit eine Verbesserung der eigenen Leistungen ergeben kann. Die Mehrheit der
befragten Unternehmen agiert nach folgendem Beispiel:
„Sobald das Projekt bezahlt ist, ist das für keinen mehr interessant.“28
Interne Abschlussgespräche werden in kleinen Unternehmen erfahrungsgemäß sehr
informell unter Beteiligung des gesamten Projektteams durchgeführt. In Einzelfällen ist
auch ein Geschäftsführer involviert. Die Dokumentation erfolgt entweder gar nicht oder
anhand eines kurzen Protokolls. Als Gründe für die fehlende Dokumentation werden
Zeitmangel und eine fehlende technische Unterstützung zur Wissenssicherung
angeführt. In mittleren und großen Unternehmen erfolgen interne Abschlussgespräche
ebenfalls meist auf informeller Ebene. Der Gesprächsinhalt, der sich mit dem der
kleinen Unternehmen deckt, wird in Protokollform dokumentiert.
Externe Abschlussgespräche mit Kunden werden oftmals nur auf deren Wunsch
durchgeführt und selten dokumentiert. Erfahrungen und Wissen aus den Projekten
werden zumeist mündlich weitergegeben, so dass das Ausscheiden eines
Wissensträgers aus dem Unternehmen einem Wissensverlust gleichkommt. Bei
mittleren und großen Unternehmen finden externe Abschlussgespräche eher auf
formeller Ebene statt und werden umfassend dokumentiert.
Erfahrungen aus den Projekten werden in Checklisten und Standards umgesetzt oder
in Datenbanken archiviert, was jedoch mit Problemen verbunden ist wie folgendes
Beispiel zeigt:
27 Geschäftsführer in Interview 5.
28 Geschäftsführer in Interview 2.
Erfolgskriterien in Projekten 27
„Es werden im nächsten Projekt dann mal ein paar Checklisten eingeführt, aber das
ist meistens nicht von Dauer.“29
Der Umfang einer derartigen Wissenserfassung variiert sowohl zwischen den
Größenkategorien als auch zwischen den einzelnen Unternehmen einer Kategorie.
Obwohl viel dokumentiert wird, besteht in vielen der befragten Unternehmen das
gleiche Problem. Eine Projektmanagerin:
„Politisches und zwischenmenschliches Wissen sowie Strukturwissen wird nicht
schriftlich festgehalten. Die Weitergabe erfolgt nur mündlich.“30
Wertvolles Erfahrungswissen ist somit stets mit Personen verbunden und geht mit
einem Unternehmenswechsel des Wissensträgers verloren. Ein weiteres Problem der
Unternehmen besteht in der mangelnden Akzeptanz und Nutzung des vorhandenen
Wissens. Auch hier spielt der knappe Faktor Zeit die wesentliche Rolle.
5 Fazit
Die bisherigen Ausführungen geben einen Einblick in die gegenwärtige Lage des
Projektmanagements im Umfeld digitaler Produktionen
Die quantitative Auswertung hat gezeigt, dass die vorgelegten Erfolgskriterien von
der Mehrheit der befragten Unternehmen als sehr wichtig und wichtig bewertet wurden.
Ihnen kann daher eine hohe Relevanz als Faktoren für den Projekterfolg unterstellt
werden. Sehr wichtige Erfolgskriterien stellen aus Unternehmenssicht die interne
Kostenkalkulation, die Qualität/Funktionalität der zu erbringenden Leistung sowie der
Zeitrahmen dar. Bei der anschließenden Priorisierung der Erfolgskriterien wurden
Divergenzen zwischen Bewertung und Priorisierung einzelner Kriterien deutlich.
Erhebliche Unterschiede bestehen z.B. bei den Erfolgskriterien Konzeption,
Zieldefinition, Angebotskalkulation und Vertragsmanagement.
Die (qualitative) Auswertung der Interviews hat ergeben, dass in den Projekten der
befragten Unternehmen typische Probleme anzutreffen sind, die zu den
Problembereichen zusammengefasst werden können. Die bei der Bewertung und
Priorisierung der Erfolgskriterien als sehr wichtig ermittelten Faktoren lassen sich
diesen Problembereichen zuordnen. Daraus können dringende Handlungsbedarfe
abgeleitet werden. Die hohe Bewertung und Priorisierung von interner
Kostenkalkulation, Zeitrahmen, Angebotskalkulation und Ressourcenplanung zeigen
Verbesserungspotentiale im Problembereich Projektplanung auf. Hier kann bspw. die
Bereitstellung einer geeigneten Kalkulationssystematik in Form von
Referenzdokumenten ein geeignetes Mittel zur Abdeckung dieses Problembereichs
darstellen. Für die anderen identifizierten Problembereiche können
29 Geschäftsführer in Interview 4.
30 Projektleiter in Interview 1.
28 Simone Rudolph, Beate Pracht, Yuriy Taranovych, Sven Walter, Helmut Krcmar
Interventionsmöglichkeiten wie etwa ein situations- und problembezogenes Coaching
eingesetzt werden.
Ausgehend von den aufgezeigten Problembereichen und Handlungsbedarfen
müssen nun potenzielle Lösungsmöglichkeiten identifiziert und einer praktische
Überprüfung unterzogen werden. Die Umsetzung der Lösungsvorschläge in
entsprechende Plattformen zur Unterstützung des Projektmanagements spielt hierbei
eine große Rolle. Neben der technischen Umsetzung sind insbesondere Fragestellungen
der sozialen Akzeptanz und der ökonomischen Nutzung derartiger Systeme zu
beantworten.
Offene Fragen in Bezug auf die Erfolgskriterien und Problembereiche im
Projektmanagement können durch weiterführende Analysen der gesammelten Daten
wie auch durch spezielle Untersuchungen mit erweitertem (Branchen-) Fokus geklärt
werden.
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2003
Erfolgskriterien in Projekten 29
Anhang
Anhang 1: Auflistung der durchgeführten Interview
Interview-Nr. Datum des Interviews Zeitraum Interview
Interview 1 11.09.2003 14:05 – 15:10
Interview 2 17.09.2003 10:00 – 12:10
Interview 3 17.09.2003 14:00 – 16:15
Interview 4 19.09.2003 09:30 – 11:15
Interview 5 19.09.2003 12:00 – 13:35
Interview 6 24.09.2003 10:00 – 11:30
Interview 7 24.09.2003 14:00 – 16:00
Interview 8 01.10.2003 10:00 – 12:00
Interview 9 02.10.2003 11:00 – 13:00
Interview 10 02.10.2003 14:25 – 15:55
Interview 11 08.10.2003 14:30 – 16:30
Interview 12 09.10.2003 10:05 – 11:35
Interview 13 13.10.2003 10:00 – 12:00
Interview 14 15.10.2003 10:00 – 12:00
Interview 15 15.10.2003 14:10 – 16:00
Interview 16 16.10.2003 10:00 – 11:40
Interview 17 17.10.2003 10:00 – 11:35
Chapter
Ausgehend von den Fragen: Wie soll das Management der grundlegenden Bausteine von Informationssystemen, der Daten und Prozesse gestaltet werden? Wie wird der Lebenszyklus einer einzelnen Anwendung von der ursprünglichen Idee über Entwicklung und Betrieb bis hin zur Abschaffung so begleitet, dass er die Unternehmensstrategie sowohl unterstützt als auch umsetzt? Wie kann die gesamte Systemlandschaft in Organisationen harmonisch gestaltet werden, d. h. wie werden neue Informationssysteme aufeinander abgestimmt und Nutzen stiftend in das bestehende Portfolio eingefügt? befasst sich dieses Kapitel mit dem Management der Informationssysteme. Informationssysteme sind soziotechnische („Mensch-Maschinen-“)Systeme, die menschliche und maschinelle Komponenten (Teilsysteme) umfassen und zum Ziel der optimalen Bereitstellung von Information und Kommunikation nach wirtschaftlichen Kriterien eingesetzt werden.
Article
Full-text available
Der Beitrag beschreibt einen Ansatz systematischer, regelgeleiteter qualitativer Analyse von Text, der methodische Stärken der quantitativen Inhaltsanalyse teilweise übernimmt und zu einem qualitativ orientierten Instrumentarium ausweitet. Dazu werden historische Entwicklungslinien der Inhaltsanalyse aufgezeigt und die Grundlagen der Technik (Analyseeinheiten, Schrittmodelle, Arbeiten mit Kategoriensystemen, Gütekriterien) expliziert. Schließlich werden an Techniken Qualitativer Inhaltsanalyse die induktive Kategorienentwicklung und die deduktive Kategorienanwendung näher dargestellt. Es wird gezeigt, wo Computerprogramme diese qualitativen Analyseschritte unterstützen können, es werden Ansatzpunkte quantitativer Auswertungsschritte festgemacht und abschließend die Möglichkeiten und Grenzen des Ansatzes diskutiert.
Book
Abstract This book documents an empirical analysis of project management practices on 448 projects originating in a wide spectrum of German industries. The main objective of this contribution is to test the influence of people (Top management, Project Leader and the Project team), their activities (Communication/Information, Planning/Controlling, and Participation), and barriers to success (Conflict and Change of Goals) as critical success factors of project management. This research demonstrates the interdependencies among the eight success factors as well as showing the cumulative effects on various project success dimensions (such as Overall Success, Effectiveness, Efficiency, Social Success). Utilizing confirmatory LISREL analysis, this paper explores the impact of various critical project management factors on the success of the project. This work makes several significant contributions to previous work on critical success factors of project management. First, much of the existing empirical work is aimed at identifying new variables or limited to studying the impact of single variables on project success. This study incorporates all of the success factors identified in previous studies in a multi-factorial approach. It also examines the causal effects between the various success factors. Second, project success is recognized as a multidimensional construct but is often treated as uni-dimensional. This study examines the impact of the success factors on various dimensions of project success (Overall success, Effectiveness, Efficiency and Social Success). Third, this large sample, multi- industry study including both successful and unsuccessful projects provides the most comprehensive empirical study of this issue to date. Not surprisingly, the detailed analysis documents the primary importance of the factor category 'People', explaining 47% of the variance in project success. Integrating the two remaining factor categories (Activities, Barriers) into the model increases the variance explained by 12 percentage points. What is surprising, perhaps, is the small influence of project activities such as planning and control on project outcomes. This analysis supports the growing trend to recognize the “human” side of project management as crucial to project success. Key words: Success factors; Project management; Influence structure.
Hughes: Software Project Management New Media Service Ranking
  • M Cotterell
M. Cotterell, B. Hughes: Software Project Management, 1995 [dmm03] dmmv (2003): New Media Service Ranking 2003. In: http://www.dmmv.de/ww/de/7_pub/marktforschung/befragungen/newmediaranking.cfm zugegriffen am: 14.11.2003