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Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland

Authors:
  • ZEUS GmbH, Centre for Applied Psychology Environmental and Social Research
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume
in der Bundesrepublik Deutschland
Endbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit
N
ovember 2002
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume
in der Bundesrepublik Deutschland
Endbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit
vorgelegt von
ZEUS GmbH,
Zentrum für angewandte Psychologie,
Umwelt- und Sozialforschung
Universitätsstraße 142
D-44799 Bochum
Tel.: 02 34 / 70 99 23 - 30
Fax: 02 34 / 70 99 23 - 31
E-Mail: info@zeusgmbh.de
Projektbearbeitung
Sebastian Poschadel
Dr. Rainer Höger
Jens Schnitzler
Dirk Schreckenberg
unter Mitarbeit von
Michael Kramer, Silke Rabczinski,
Sonja Haustein, Lisa Bodamer,
Jens Gailus, Thomas Friedrichsmeier,
Gunther Ellers und Jürgen Niemarkt
N
ovember 2002
Zusammenfassung
i
Zusammenfassung
Um die Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland zu evaluieren, wurden im
Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit in einer Vollerhebung alle 19 zum Januar 2002 in der
BRD betriebenen Drogenkonsumräume untersucht.
Hierfür wurden die bisher erlassenen landesspezifischen Rechtsverordnungen zum Betrieb von
Konsumräumen miteinander verglichen, genaue Daten zur Inanspruchnahme der Konsumräume und
der angeschlossenen Kontakteinrichtungen erhoben, Interviews mit den Leiterinnen und Leitern
durchgeführt, Opiatabhängige in den einzelnen Konsumräumen befragt, die Einhaltung der
vorgeschriebenen gesetzlichen Mindeststandards überprüft, generelle Schwachstellen ermittelt,
Vorschläge zur Verbesserung gemacht und anhand von Zeitreihenanalysen überprüft, ob
Drogenkonsumräume einen spezifischen Einfluss zur Senkung der Drogentotenzahlen leisten.
Zusammenfassend kann für den Vergleich der Rechtsverordnungen festgestellt werden, dass sich die
bislang existierenden Rechtsverordnungen der Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-
Westfalen und Saarland in vielen Punkten nicht grundlegend voneinander unterscheiden. Dennoch gibt
es einige bedeutsame Unterschiede, so z. B. in der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen
Minderjährigen der Zugang zu den Drogenkonsum-Einrichtungen gestattet werden soll. Ebenso wird
die Frage der Zulassung von Personen, die sich in substitutionsgestützter Behandlung befinden,
unterschiedlich geregelt. Darüber hinaus findet sich allein in der Rechtsverordnung von Nordrhein-
Westfalen der Begriff der „ärztlichen Hilfe und Beratung“, während die übrigen Rechtsverordnungen
von „medizinischer Beratung und Hilfe“ sprechen.
Rechtsbegriffe, die aufgrund ihrer Unbestimmtheit der Auslegung bedürfen, gibt es sowohl in § 10 a
Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als auch in den Rechtsverordnungen der Länder, so z. B. den der
„fachlichen Ausbildung“ des Personals oder den der „aktiven Hilfe beim Konsum“. Rechtsprechung
zum Thema „Drogenkonsumräume“ fehlt bislang gänzlich, so dass es noch einige Zeit dauern wird,
bis sich die einzelnen Merkmale verfestigt und konkretisiert haben. Es sollte nicht unerwähnt bleiben,
dass die Hessische Rechtsverordnung „mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft“ tritt und damit
die rechtliche Grundlage zum Betrieb von Drogenkonsumräumen in Hessen entfällt.
Zur Überprüfung der Einhaltung von Mindeststandards wurden alle Konsumräume besichtigt, die
Leiter und Leiterinnen befragt und die Ergebnisse durch eine Befragung der Opiatabhängigen in den
Konsumräumen ergänzt. Alle zu einzelnen Konsumräumen zur Verfügung gestellten Daten wurden
statistisch aufbereitet und in Jahresübersichten differenziert nach Einrichtung graphisch dargestellt.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass die vorgeschriebenen Mindeststandards von allen Einrichtungen mit
wenigen Einschränkungen eingehalten werden. Insbesondere wird in allen Konsumräumen das
Überleben der Opiatabhängigen durch eine sofort einsatzbereite Notfallversorgung gesichert. Ebenso
werden Opiatabhängige in weitergehende (ausstiegsorientierte) Hilfeangebote vermittelt.
Für den Zeitraum von 1995-2001 sind insgesamt 2,1 Mio. Konsumvorgänge in Konsumräumen der
BRD dokumentiert. Dabei ist nicht ein einziger Todesfall in einem Konsumraum zu beklagen. Für den
gleichen Zeitraum sind insgesamt 5426 Notfälle dokumentiert, die ohne ein sofortiges Einschreiten
durch das Personal hätten tödlich enden können.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
ii
Die Befragungen und die Analyse der vorhandenen Daten zeigen weiterhin:
Es wird insgesamt die vom Gesetzgeber intendierte Zielgruppe erreicht.
Minderjährige sind bei den Befragungen in Konsumräumen nicht angetroffen worden.
96% der Befragten sind mehrjährig opiatabhängig.
Die gesundheitliche Betreuung verbessert sich durch den Konsumraum nach Angaben der
Befragten im Vorher-Nachher Vergleich signifikant.
Durch Konsumräume verbessert sich insgesamt der Zugang zum ärztlichen Hilfesystem.
Trotzdem konnten bei der Schwachstellenanalyse unter anderem folgende Probleme identifiziert
werden:
Dem Thema Hepatitis C wird gegenwärtig als Beratungsthema insgesamt eher wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Als Grund hierfür wird auch angegeben, dass beispielsweise noch nicht alle
Übertragungswege bekannt seien.
Ob Frauen derzeit in Konsumräumen unterrepräsentiert sind und ob frauenspezifische Hemmnisse bei
der Nutzung von Konsumräumen bestehen, kann anhand der Datenlage derzeit nicht beantwortet
werden. Es wird vorgeschlagen, dieser Frage in einer weiteren Untersuchung nachzugehen.
Problematisch ist auch das Thema Konsumräume und Substitution. Einige der befragten Nutzer und
Nutzerinnen befanden sich nach eigenen Angaben zum Befragungszeitpunkt in einer Substitutions-
behandlung. Grundsätzlich ergibt sich die Frage, ob es verantwortbar ist, Substituierten, die sonst in
einem ungeschützten Rahmen Drogen zum Beigebrauch applizieren, den Zugang zu Konsumräumen
zu verwehren, da dieser Personenkreis aufgrund der Substitution bei der Applikation von Heroin oder
Kokain besonderen Risiken ausgesetzt ist. In den letzten Jahren ist bundesweit ein deutlicher Trend in
der Zunahme der Todesursache „Mischintoxikation in Verbindung mit Methadon“ zu beobachten.
Im letzten Untersuchungsschritt wurde anhand von Zeitreihenanalysen untersucht, ob Drogenkonsum-
räume einen spezifischen Beitrag zur Reduktion der Drogentoten in den untersuchten Städten leisten.
Hierfür wurden die monatlichen Zahlen der Drogentoten – soweit sie noch vorlagen – für den
Zeitraum von 1990 bis 2001 bei den Polizeibehörden ermittelt. Als zeitreihenanalytisches Verfahren
wurde das ARIMA-Modell (Auto-Regressive Integrated Moving Average-Modell) herangezogen.
Hinsichtlich der zeitreihenanalytischen Prüfung des Effektes sind einige grundsätzliche Überlegungen
vorausgesetzt worden:
Da es sich bei der Einrichtung eines Drogenkonsumraums um eine dauerhafte Intervention handelt,
sollte die Intervention auch langfristig wirken und der Effekt über die Zeit aufrecht erhalten bleiben.
Da nicht vermutet werden kann, dass bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Drogenkonsumraums
ein Interventionseffekt auftritt, wurde für die vorliegenden Daten ein Interventionswirkungsmodell
spezifiziert, das von einer um 6 Monate verzögerten, jedoch dauerhaften Wirkung ausgeht.
Auf Basis dieses Modells kann zusammenfassend festgehalten werden, dass der Betrieb von Konsum-
räumen in den untersuchten Städten Saarbrücken, Hannover, Hamburg und Frankfurt statistisch
signifikant mit der Senkung der Drogentotenzahlen in diesen Städten in Zusammenhang steht. Daraus
kann gefolgert werden, dass Drogenkonsumräume neben anderen Faktoren einen spezifischen,
überzufälligen Beitrag zur Senkung der Drogentotenzahlen leisten können.
Abstract
iii
Abstract
In order to evaluate the work of German drug consumption rooms1, in January 2002 an extensive
investigation was carried out on all 19 centers that were operating in Germany at that time. The study
was conducted on behalf of the Federal Ministry of Health.
The investigation included a comparison of the hitherto issued state-specific executive order laws on
the work of drug consumption rooms and the collection of detailed data on the utilization of the
consumption rooms and affiliated contact points. Also interviews were conducted with the managers
of the institutions as well as with opiate addicts, and the consumption rooms` compliance with
statutory minimum standards was checked. Furthermore weak points were identified and suggestions
for improvement were made. Finally, it was investigated by means of time series analyses whether
drug consumption rooms make a specific contribution to the reduction of drug-related deaths in
Germany.
From the comparison of executive order laws it can be concluded that in most points there are no
fundamental differences between the existing orders in the federal states of Hamburg, Hessen (Hesse),
Niedersachsen (Lower Saxony), Nordrhein-Westfalen (North Rhine-Westphalia) and Saarland.
However there exist a few important differences, for example regarding the question whether underage
persons should be permitted access to drug consumption rooms, and if so under which conditions.
There also exist different regulations concerning the admission of persons undergoing drug
substitution therapy. Moreover, diverging terms are used in the wording of the orders2.
Ambiguous legal terms that require interpretation can be found in § 10a of the Controlled Substances
Legislation (BtMG) as well as in the state-specific orders. As examples of such cases the term
“fachliche Ausbildung” referring to the technical training of staff members or the expression “aktive
Hilfe beim Konsum” (active assistance with drug consumption) can be named. According to the lack
of dispensation of justice concerning drug consumption rooms it will take some time until the
characteristics and terminology in the field of drug consumption rooms will be consolidated and
substantiated.
It should also be mentioned that the Hessian executive law order will cease to be in force on 31 of
December 2006. The consequence will be that the legal basis for the work of drug consumption rooms
in Hesse will then no longer be applicable.
In order to check for compliance with statutory minimum standards all consumption rooms were
visited, the managers of the institutions were interviewed and a supplementary survey amongst opiate
addicts was conducted.
All the data that could be obtained from authorities for each institution were statistically analyzed and
graphic presentations depicting annual overviews for each consumption room were generated.
On the whole, it was found that all consumption rooms observed the statutory minimum standards
with only few reservations. In particular, all consumption rooms provide instantaneous medical care in
case of emergency to ensure the survival of opiate addicts. Likewise opiate addicts are placed in
further supportive (rehabilitation oriented) institutions. From 1995 to 2001 2.1 Mio. consumption
incidents have been documented for drug consumption rooms in Germany without any single death to
be registered. For the same period of time however, a total amount of 5426 emergency cases has been
registered which could have been deadly without the immediate medical care provided by the staff.
The interviews and the analysis of data furthermore revealed the following:
- the consumption rooms reach the target group intended by law,
1 Drug consumption rooms are also referred to as “safe injecting rooms” or “medically supervised injecting centers”.
2 In North Rhine-Westphalia the term “ärztliche Hilfe und Beratung” which refers to support and consultation provided by
doctors is used in executive order laws, whereas orders in other states contain the formulation “medizinische Beratung und
Hilfe”, referring more generally to medical care and consultation.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
iv
- no underage persons were met in the consumption rooms,
- 96% of the persons interviewed have been already addicted for several years,
- consumption rooms improve the medical attendance as reported by respondents (pre-post design
analysis revealed significant changes in the reported quality of medical attendance),
- consumption rooms generally improve the access to the health care system.
An analysis of weak points however, revealed the following problems:
Little attention is paid to the problem of hepatitis C as a matter of consultation. As one reason for this
deficit insufficient knowledge about ways of transmission was named. It is neither possible to say
whether women are currently underrepresented in drug consumption rooms, nor if there exist women-
specific restraints in the utilization of the consumption rooms. It is suggested to address these
questions in a subsequent investigation.
The issue “consumption rooms and substitution” is also a problematic one. Some of the interviewed
consumption room users reported to be currently undergoing substitution therapy. In principle, the
question arises if it was irresponsible to refuse access to persons undergoing substitutional treatment,
who otherwise apply substitutional drugs in unprotected settings. This subgroup is particularly at risk
when using heroin or cocaine. Within the last few years there has been a nationwide clear increase of
poly-intoxication in connection with methadone being the cause of death.
In the last step of this study time series analyses were carried out in order to examine whether drug
consumption rooms make a specific contribution to the reduction of drug-related deaths in the cities
included in the investigation. Therefore, the monthly figures of drug-related deaths (as far as they were
still available) were inquired of the police authorities for the time period 1990 – 2001. The ARIMA-
Model (Auto-Regressive Integrated Moving Average-Model) was the approach chosen to conduct the
time series analyses. Some basic considerations were taken into account with regard to testing the
effect by means of time series analyses:
The establishment of a drug consumption room being a permanent intervention, the effect of the
intervention should be long-lasting and stable over time as well. Since an intervention effect cannot be
assumed to occur immediately with the opening of the consumption room, an intervention-effect-
model was specified that acts on the assumption of a 6-months delayed but enduring effect. On the
basis of this model it can be resumed that for the investigated cities of Saarbrücken, Hannover,
Hamburg and Frankfurt the work of consumption rooms is statistically significantly related to the
reduction of drug-related deaths. Therefore, it can be derived that drug consumption rooms – besides
other factors – make a specific, statistically significant contribution to the reduction of drug-related
deaths.
Inhaltsverzeichnis
v
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung...................................................................................................................................i
Abstract................................................................................................................................................. iii
Inhaltsverzeichnis...................................................................................................................................v
1 Einleitung ........................................................................................................................................1
2 Methodische Vorgehensweise ........................................................................................................4
2.1 Überblick................................................................................................................................4
2.2 Arbeitsschritte ........................................................................................................................5
3 Ermittlung der zum 02.01.02 in der BRD betriebenen Drogenkonsumräume .........................9
4 Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von
Drogenkonsumräumen.................................................................................................................11
4.1 Einleitung .............................................................................................................................11
4.2 Vergleich der verschiedenen Landesverordnungen .............................................................12
4.3 Fazit: Vergleich der Rechtsverordnungen............................................................................30
5 Länderspezifische Checklisten ....................................................................................................33
5.1 Checkliste Hamburg.............................................................................................................34
5.2 Checkliste Hessen ................................................................................................................35
5.3 Checkliste Niedersachsen.....................................................................................................36
5.4 Chekliste Nordrhein-Westfalen............................................................................................37
5.5 Checkliste Saarland..............................................................................................................38
6 Beschreibung der Konsumräume................................................................................................39
6.1 Konsumräume in Hamburg ..................................................................................................39
6.2 Konsumräume in Frankfurt/Main (Hessen) .........................................................................60
6.3 Konsumräume in Niedersachsen..........................................................................................70
6.4 Konsumräume in Nordrhein-Westfalen ...............................................................................73
6.5 Konsumräume im Saarland ..................................................................................................89
7 Einhaltung der Mindeststandards in den Drogenkonsumräumen...........................................93
7.1 Einleitung .............................................................................................................................93
7.2 Einhaltung der Mindeststandards in Hamburg.....................................................................95
7.3 Einhaltung der Mindeststandards in Hessen ......................................................................100
7.4 Einhaltung der Mindeststandards in Niedersachsen...........................................................104
7.5 Einhaltung der Mindeststandards in NRW.........................................................................108
7.6 Einhaltung der Mindeststandards im Saarland...................................................................112
8 Befragung der Nutzer und Nutzerinnen...................................................................................116
8.1 Stichprobenbeschreibung ...................................................................................................116
8.2 Nutzung der Konsumräume ...............................................................................................116
8.3 Öffnungszeiten / Kontaktentstehung..................................................................................117
8.4 Erstberatung .......................................................................................................................118
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
vi
8.5 Kontaktgüte zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern .................................................... 119
8.6 Drogenkonsum in den letzten 24 Stunden......................................................................... 120
8.7 Nutzung der weiteren Angebote in Konsumräumen ......................................................... 121
8.8 Kontaktherstellung zu weitergehenden Hilfen durch das Personal ................................... 123
8.9 Medizinische Betreuung durch den Konsumraum ............................................................ 123
8.10 Therapieerfahrungen der Befragten................................................................................... 125
8.11 Zusammenfassung: Nutzerbefragung Konsumräume........................................................ 125
9 Fazit: Schwachstellen / “best practices” .................................................................................. 127
9.1 Hepatitis-C-Problematik.................................................................................................... 127
9.2 Niederschwelliger Zugang zu ärztlicher Hilfe................................................................... 128
9.3 Frauen und Drogenkonsumräume ..................................................................................... 128
9.4 Datendokumentation.......................................................................................................... 129
9.5 Konsumräume und Substitution ........................................................................................ 132
9.6 Konsumräume als ordnungsrechtliches / politisches Instrument....................................... 132
9.7 Zugangsbeschränkungen als ordnungsrechtliches Instrument........................................... 133
9.8 Hoch- / Niederschwelligkeit.............................................................................................. 134
9.9 Verhinderung von Straftaten (dealen) durch das Personal ................................................ 135
9.10 Verbindlichkeit von Regeln im Konsumraum und Kontaktbereich .................................. 136
9.11 Öffnungszeiten .................................................................................................................. 136
9.12 Unverzügliche ärztliche Hilfe und Beratung in NRW....................................................... 136
9.13 Welche Qualifikation für das Personal im Konsumraum? ................................................ 137
9.14 Hilfekonzepte für Crack-Konsumierende.......................................................................... 137
9.15 Standortwahl der Konsumräume ....................................................................................... 138
9.16 Zusammenarbeit mit Behörden / Polizei ........................................................................... 139
10 Zeitreihenanalysen zur Wirksamkeit der Drogenkonsumräume zur Senkung
der Zahl der Drogentoten.......................................................................................................... 140
10.1 Exkurs: Drogentodesfälle: Definition und Problematik .................................................... 140
10.2 Grundlagen der Zeitreihenanalyse..................................................................................... 142
10.3 Interventionsmodelle ......................................................................................................... 143
10.4 Typische Vorgehensweise in zeitreihenanalytischen Untersuchungen ............................. 145
10.5 Wirkung der Interventionen in den Städten Hannover, Saarbrücken,
Hamburg und Frankfurt..................................................................................................... 146
10.6 Zusammenfassung Zeitreihenanalyse................................................................................ 152
11 Konsumvorgänge und Drogennotfälle seit 1995 in Konsumräumen der
Bundesrepublik Deutschland.................................................................................................... 155
11.1 Konsumvorgänge in Konsumräumen der Bundesrepublik seit 1995 ................................ 155
11.2 Drogennotfälle in Konsumräumen der BRD seit 1995...................................................... 156
Literatur............................................................................................................................................. 157
Anhang ............................................................................................................................................... 159
Einleitung
1
1 Einleitung
„Im Jahr 2001 verstarben in Deutschland insgesamt 1835 Menschen infolge ihres Drogenkonsums...“
(Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2002). Gegenüber dem Jahr 2000 mit 2030
Drogentoten (Sucht- und Drogenbericht 2000) ist dieses ein Rückgang von 9,6%. „Nach einem
kontinuierlichen Anstieg der Anzahl der Drogentodesfälle in den letzten drei Jahren ist erstmals
wieder ein Rückgang zu verzeichnen.“ (Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2002.)
„Die Zahlen in den alten Ländern sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind
rückläufig, dabei wurden die prozentual deutlichsten Rückgänge in den Ländern Mecklenburg-
Vorpommern (-28,6%), Rheinland-Pfalz (-19,3%) und Schleswig-Holstein (-16,7%) registriert.
Lediglich in Brandenburg, Thüringen und Sachsen sind auf einem niedrigen Niveau absoluter Zahlen
Steigerungen zu verzeichnen, wobei die neuen Länder generell mit insgesamt 44 Drogentoten
(+29,4%) bei einer deutlichen Steigerungsrate nach wie vor nur gering belastet sind (Drogen- und
Suchtbericht der Bundesregierung 2002).
Im ersten Halbjahr des Jahres 2002 starben 586 Personen durch den Konsum von Drogen gegenüber
821 Personen in der ersten Hälfte des Jahres 2001. Diese Zahlen bedeuten einen Rückgang um fast
30% gegenüber dem Jahr 2001 (Pressemitteilung vom 08.08.2002 der Drogenbeauftragten der
Bundesregierung).
„Die Zahl der Drogentoten ist kein sicherer Maßstab für die Entwicklung des Rauschgiftmissbrauchs.
Die Gründe für die hohe Zahl der Drogenopfer sind vielfältig. Ursachen sind – bei anhaltender Zufuhr
harter Drogen und immer noch wachsendem Konsumentenkreis – beispielsweise der körperliche
Verfall nach langjährigem Rauschgiftmissbrauch, der zunehmende Mischkonsum und nicht zuletzt der
unterschiedliche Wirkstoffgehalt der illegalen Drogen.“ (Kriminalitätsstatistik des BKA, 2001.)
Den Ursachen und Auswirkungen des Rauschgiftkonsums stehen gesundheitspolitische Initiativen und
Maßnahmen gegenüber, die darauf abzielen, einerseits das Überleben und die Stabilisierung der
Gesundheit der Drogenabhängigen zu sichern, andererseits über ausstiegsorientierte Hilfen und
Therapieangebote eine gesundheitliche und soziale Rehabilitation zu ermöglichen. Neben den
klassischen Maßnahmen (Drogenberatung, Suchttherapien etc.) wird im Rahmen von Reform- und
Modellprojekten versucht, langjährig Opiatabhängigen, die bereits mehrere erfolglose Therapie-
versuche hinter sich haben oder von Hilfeangeboten bisher nicht erreicht werden konnten, alternative
Hilfen anzubieten. Hierzu gehören substitutionsgestützte Behandlungen sowie die Einrichtung von
Drogenkonsumräumen.
Nach einer langjährigen Praxis des Betriebs von Drogenkonsumräumen in den Städten Hamburg,
Frankfurt, Hannover und Saarbrücken ohne verbindliche Rechtsgrundlage hat der Gesetzgeber mit der
Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes (3. Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes [3.
BtMG-ÄndG] vom 1.4.2000) die Voraussetzungen zur rechtlichen Absicherung geschaffen.
Mit dem Gesetz wurde eine bundeseinheitliche Rahmenvorschrift geschaffen, nach der
Landesregierungen die Voraussetzungen für den Betrieb von Drogenkonsumräumen durch
Rechtsverordnung näher regeln und entsprechende Anträge genehmigen können. Das Gesetz wurde
mit einer 24-monatigen Übergangsregelung versehen. Innerhalb dieser Frist mussten für bereits
bestehende Drogenkonsumräume die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen (Rechtsverordnung
des Bundeslandes, Erlaubnis zum Betrieb des jeweiligen Drogenkonsumraums) beantragt sein.
Während sich einige Bundesländer (z. B. Thüringen und Bayern) bereits gegen den Erlass einer
Rechtsverordnung entschieden haben, wurden in den Ländern Hamburg (25.4.2000), Hessen
(10.09.2001), Nordrhein-Westfalen (NRW) (26.09.2000), Niedersachsen (06.03.2002) und im
Saarland (23.06.2001) entsprechende Verordnungen erlassen.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
2
In NRW wurde etwa ein halbes Jahr nach dem Erlass der Rechtsverordnung die Erlaubnis zum Betrieb
des landesweit ersten Drogenkonsumraums in Münster erteilt. In Hamburg, Hessen, Niedersachsen
und dem Saarland wurde mit den Erlassen der Rechtsverordnungen Rechtssicherheit für die
bestehenden Angebote geschaffen.
Trotz der verbindlich vorgegebenen Mindeststandards wurde das Gesetz auch international kritisiert.
Insbesondere der Internationale Ausschuss für Drogenkontrolle der UN hat sich im Februar 2000
entsprechend negativ geäußert.
Dazu erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die Parlamentarische Staatssekretärin
Christa Nickels in einer Pressemitteilung vom Februar 2000 u. a.:
„Das INCB hat keine Feststellung darüber getroffen, ob die geplante deutsche Regelung für
Drogenkonsumräume die Suchtstoff-Übereinkommen verletzt oder nicht. Das Amt weist vielmehr
abstrakt darauf hin, dass das Wiener Suchtstoffübereinkommen von 1988 die Vertragsstaaten
verpflichtet, "vorbehaltlich ihrer Verfassung und der Grundzüge ihres Rechtssystems, den Besitz und
den Kauf von Suchtstoffen für den persönlichen Verbrauch als Straftat einzustufen."
Aus deutscher Sicht verletzen Drogenkonsumräume auf der Grundlage der geplanten Gesetzgebung
nicht die völkerrechtlichen Verträge im Drogenbereich. Der unerlaubte Konsum selbst ist nach den
Suchtstoff-Übereinkommen keine Straftat.
Auch eine "Beihilfe zum unerlaubten Besitz" findet nicht statt, da das Bereitstellen von
Räumlichkeiten zum hygienischen Konsum von Betäubungsmitteln den diesen Konsum unmittelbar
begleitenden - in der Regel kurzzeitigen - Besitz keineswegs erst ermöglicht und auch nicht erleichtern
wird.
Schließlich leisten Drogenkonsumräume in Deutschland auch keine "Beihilfe zum unerlaubten
Drogenhandel". Dieser ist ausdrücklich verboten und strafbar. Zusätzlich müssen die Landes-
regierungen nach dem Gesetz zur rechtlichen Klarstellung von Drogenkonsumräumen konkrete
"Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten in Drogenkonsumräumen" sowie "im unmittelbaren
Umfeld der Drogenkonsumräume" ergreifen. Damit besteht im Bereich der geplanten
Drogenkonsumräume eine besonders hohe Sicherheit gegen illegalen Drogenhandel und eine
weitergehende Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Verhinderung und Verfolgung des
illegalen Drogenhandels als bei allen anderen offenen Hilfseinrichtungen, in denen täglich viele
Drogenabhängige verkehren.“
Drogenkonsumräume stellen für Opiatabhängige, die mit anderen Hilfeangeboten nicht erreicht
werden können, ein niederschwelliges Angebot dar. Sie sollen in erster Linie dazu beitragen, das
Überleben dieser hoch gefährdeten Personengruppe zu sichern. Zusätzlich soll durch das Personal der
Drogenkonsumräume der Zugang zu weitergehenden Beratungs- und Hilfeangeboten ermöglicht bzw.
erleichtert werden.
Vor Durchführung der vorliegenden Untersuchung gab es bereits deutliche Hinweise darauf, dass die
Einrichtung von Drogenkonsumräumen dem Anspruch gerecht wird, das Überleben von
Schwerstabhängigen zu sichern.
„Entgegen dem Bundestrend können die betreffenden Städte einen insgesamt deutlich niedrigeren
Stand an Drogentodesfällen aufweisen als vor der Etablierung dieser Hilfen“ [gemeint sind
Drogenkonsumräume, Anm. d. Verf.]. (Rede von Frau Caspers-Merk zur Eröffnung der Fachtagung
des Instituts für Therapieforschung (IFT) im Auftrag des BMG „Prävention von Drogentodesfällen“
am 22./23. Februar 2001 in Berlin.)
So ist etwa die Zahl der Drogentoten in Hamburg seit 1991 deutlich gesunken: 1991 waren in
Hamburg 184 Drogentote zu beklagen, 1994 – das Jahr, in dem der erste Drogenkonsumraum eröffnet
Einleitung
3
wurde – sank die Zahl bereits auf 151, 1997 waren es 127, 1999 waren es 115 und 2001 waren es
schließlich 101.
Für Frankfurt ist ein deutlicherer Trend für den selben Zeitraum zu beobachten: Die Zahl der
Drogentoten sank dort von 147 im Jahr 1991 auf 26 Drogentote im Jahr 1999, im Jahr 2001 waren es
36.
Ob diese regionalen Entwicklungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einrichtung und dem
Betrieb von Drogenkonsumräumen stehen, ist Gegenstand dieser Untersuchung.
Um die beschriebenen Trends wissenschaftlich abzusichern und den Einfluss der neuen Gesetzgebung
zu untersuchen, erfolgte die Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume anhand der vorliegenden
Studie.
Die Ziele dieser Studie bestehen darin,
die von den Bundesländern bisher erlassenen Rechtsverordnungen miteinander zu vergleichen
und deren unterschiedliche Auswirkungen abzuschätzen;
genaue Daten über die Inanspruchnahme der Einrichtungen (Inanspruchnahme des Hilfe-
angebotes, Drogennotfälle, Weitervermittlung zu anderen Hilfeangeboten) zu erheben;
den Betrieb der bereits existierenden Drogenkonsumräume anhand der vorgeschriebenen
Mindeststandards zu bewerten und dabei eine Schwachstellenanalyse durchzuführen;
„best practices“ zur Einhaltung der vorgeschriebenen Mindeststandards herauszuarbeiten und
anhand inferenzstatistischer Verfahren (Zeitreihenanalysen) zu überprüfen, ob Drogenkonsum-
räume einen spezifischen Einfluss auf die Senkung der Drogentotenzahlen ausüben.
Im Rahmen der Evaluation sollte auch der Einfluss der Konsumräume auf die „Drogen- und
Beschaffungskriminalität“ und „Entlastung der Öffentlichkeit“ untersucht werden. Bei der
Datenrecherche stellte sich jedoch heraus, dass hierzu keine oder nur sehr wenige polizeiliche
Daten vorliegen, die in der Regel auch nicht zentral gespeichert sind.
Um gesicherte Aussagen zur Arbeit der Drogenkonsumräume machen zu können, wurde im Januar
2002 eine Vollerhebung der Drogenkonsumräume durchgeführt.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
4
2 Methodische Vorgehensweise
2.1 Überblick
Die Einrichtung von Drogenkonsumräumen zielt im Wesentlichen auf folgende Punkte ab:
Sicherung des Überlebens Opiatabhängiger,
Sicherstellen medizinischer Versorgung in Notfällen,
Bereitstellen und Vermitteln weitergehender (ausstiegsorientierter) Hilfeangebote,
Inanspruchnahme der Drogenkonsumräume durch eine nach Ausschlusskriterien definierte
Personengruppe Opiatabhängiger,
Verhinderung von drogenbezogenen Straftaten im unmittelbaren Umfeld der Einrichtungen,
Beachtung des BtMG und der internationalen Suchtstoffübereinkommen beim Betrieb eines
Drogenkonsumraums.
Die Überprüfung der genannten Ziele wurde im Rahmen der Evaluationsstudie mit folgenden Arbeits-
schritten gewährleistet:
Zunächst wurden in einer Bestandsaufnahme die für die Fragestellung relevanten Daten erhoben.
Hierzu gehören ein Vergleich der länderspezifischen Rechtsverordnungen zum Betrieb von
Drogenkonsumräumen, die Ermittlung aller zum 02.01.02 betriebenen Drogenkonsumräume sowie
eine Sichtung des in den Einrichtungen vorhandenen Dokumentationsmaterials. Zu diesem Zweck
wurden vorbereitend länderspezifische Checklisten zur Überprüfung der Mindeststandards, eine
Kriterienliste zur Inanspruchnahme der Einrichtungen sowie der bereitgestellten Hilfeangebote
entwickelt. Um weitergehende Informationen zu identifizierten Problembereichen zu erhalten, erfolgte
eine Befragung der Betreiber und/ oder der Leitung der Drogenkonsumräume anhand standardisierter
Interviewleitfäden sowie eine Befragung der Opiatabhängigen in den Konsumräumen.
Weiterhin wurden für die Bestandsaufnahme statistische Kennzahlen über die monatliche Anzahl der
Drogentoten, Vergehen aus dem Bereich Beschaffungs- und Drogenkriminalität sowie die Anzahl
nachbarschaftlicher Beschwerden entweder vor Ort bei den Polizeibehörden oder zentral beim jeweils
zuständigen Landeskriminalamt eingeholt.
In der Auswertungsphase wurden die gewonnenen Daten mit Hilfe verschiedener Methoden analysiert.
Für jede Einrichtung erfolgte zunächst eine deskriptiv-statistische Auswertung der durch Check- und
Kriterienlisten quantifizierten Eckwerte (Nutzungshäufigkeiten, Anzahl der Mitarbeiter,
Öffnungszeiten etc.) zur Überprüfung der Mindeststandards. Die gesammelten Daten zur Einhaltung
von Mindeststandards, sowie die Ergebnisse der Interviews mit den Betreibern und Opiatabhängigen
wurden im Rahmen einer Schwachstellenanalyse verdichtet.
Die Kernfrage zum spezifischen Beitrag der Drogenkonsumräume auf die Reduktion der
drogenbedingten Todeszahlen wird mit einem zeitreihenanalytischen Design beantwortet.
Da die polizeiliche Datenlage zu Beschaffungskriminalität und nachbarschaftlichen Beschwerden
insgesamt sehr lückenhaft ist und kaum genaue Zahlen existieren, die sich auf einzelne Konsumräume
beziehen lassen, konnten zu diesen Aspekten – entgegen der ursprünglichen Planung – keine
Zeitreihenanalysen gerechnet werden.
Methodische Vorgehensweise
5
2.2 Arbeitsschritte
Im Rahmen einer Bestandsaufnahme wurden schrittweise die relevanten Informationen aller
betriebenen Drogenkonsumräume gesammelt und ausgewertet.
1. Ermittlung aller zum 02.01.02 bundesweit betriebenen Drogenkonsumräume.
Zum 02.01.02 wurden bundesweit 19 Drogenkonsumräume betrieben (8 in Hamburg, 4 in Frankfurt, 5
in NRW [Münster, Wuppertal, Köln, Essen und Aachen], 1 in Hannover, 1 in Saarbrücken). In der
Zwischenzeit (Stand Juni 2002) sind zwei weitere – in Dortmund und Frankfurt – eröffnet worden, ein
Konsumraum Hamburgs ist inzwischen (zum 31.05.02) geschlossen worden.
Konkrete Vorbereitungen zur Einrichtung von Drogenkonsumräumen laufen derzeit in Bonn und
Bochum. Weitere Konsumräume sind in Bielefeld und Hagen geplant.
Es wurden alle zum Stichtag am 2.1.2002 betriebenen Drogenkonsumräume in der Evaluationsstudie
berücksichtigt. Für jede Einrichtung wurde der Zeitpunkt der Inbetriebnahme ermittelt.
2. Vergleich der verschiedenen Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
Hierzu wurde eine juristische Expertise eingeholt, die die bestehenden Rechtsverordnungen
miteinander vergleicht und Unterschiede herausstellt.
3. Erstellen länderspezifischer Checklisten
Um den Betrieb der einzelnen Drogenkonsumräume evaluieren zu können, wurden auf Grundlage der
juristischen Expertise länderspezifische Checklisten erstellt, die es für jeden einzelnen Drogen-
konsumraum ermöglichen, zu überprüfen, ob beim laufenden Betrieb die landesspezifisch
verbindlichen Rechtsvorschriften im Einzelnen eingehalten werden.
Im Rahmen der bundesweit geltenden gesetzlichen Vorschriften (3. Gesetz zur Änderung des BtMG)
über den Betrieb eines Drogenkonsumraums sind bereits eine Reihe von Kriterien definiert, die die
Einhaltung von Mindeststandards gewährleisten sollen. Hierzu gehören:
1. Zweckdienliche sachliche Ausstattung der Räumlichkeiten, die als Drogenkonsumraum dienen
sollen,
2. Gewährleistung einer sofort einsatzfähigen medizinischen Notfallversorgung,
3. medizinische Beratung und Hilfe zum Zwecke der Risikominderung beim Verbrauch der von
Abhängigen mitgeführten Betäubungsmittel,
4. Vermittlung von weiterführenden und ausstiegsorientierten Angeboten der Beratung und Therapie,
5. Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten in Drogenkonsumräumen, abgesehen vom Besitz
von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 zum Eigenverbrauch in geringer Menge,
6. erforderliche Formen der Zusammenarbeit mit den für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
zuständigen örtlichen Behörden, um Straftaten im unmittelbaren Umfeld der Drogenkonsumräume
soweit wie möglich zu verhindern,
7. genaue Festlegung des Kreises der berechtigten Benutzer von Drogenkonsumräumen,
insbesondere im Hinblick auf deren Alter, die Art der mitgeführten Betäubungsmittel sowie die
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
6
erlaubten Konsummuster; offenkundige Erst- oder Gelegenheitskonsumenten sind von der
Benutzung auszuschließen,
8. eine Dokumentation und Evaluation der Arbeit in den Drogenkonsumräumen,
9. ständige Anwesenheit von persönlich zuverlässigem Personal in ausreichender Zahl, das für die
Erfüllung der in den Nummern 1 bis 7 genannten Anforderungen fachlich ausgebildet ist,
10. Benennung einer sachkundigen Person, die für die Einhaltung der in den Nummern 1 bis 9
genannten Anforderungen, der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anordnungen der
Überwachungsbehörde verantwortlich ist (Verantwortlicher) und die ihm obliegenden
Verpflichtungen ständig erfüllen kann.
Darüber hinaus ist es den Bundesländern überlassen, in den Rechtsverordnungen weitere Kriterien für
den Betrieb von Drogenkonsumräumen festzulegen.
4. Prüfung der Einhaltung von Mindeststandards
Mit den für die einzelnen Bundesländer erstellten Checklisten wurde überprüft, ob die vorgegebenen
Mindeststandards im Einzelnen eingehalten werden. Diese Prüfung wurde für jeden Drogenkonsum-
raum einzeln vorgenommen.
5. Dokumentation zur Inanspruchnahme der Einrichtungen und der bereitgestellten
Hilfeangebote
Um zu dokumentieren, in welchem quantitativen Umfang die einzelnen Einrichtungen von
Opiatabhängigen genutzt werden, wurde zunächst auf bei Behörden vorliegende Dokumentationen
über Drogenkonsumräume zurückgegriffen. Dabei wurde in Vorgesprächen ermittelt, von welcher
Institution welche Daten gesammelt werden und in welcher Form sie bereitgestellt werden können.
Bei der tatsächlichen Bereitstellung der Daten kam es in vielen Fällen zu erheblichen Verzögerungen.
Einige Daten wurden gar nicht bereitgestellt. Es hat sich ebenfalls gezeigt, dass Art, Umfang und
Erhebungsmodi der Daten in den einzelnen Konsumräumen stark differieren. Auch sind nicht alle
gesammelten Daten auffindbar gewesen. In den Ländern Hamburg und Nordrhein-Westfalen besteht
ein einheitliches Dokumentationssystem, so dass hier am ehesten vergleichbare Daten vorliegen.
Die gesammelten Daten wurden – soweit sie vorlagen – statistisch aufbereitet und in Jahresübersichten
differenziert nach Einrichtung graphisch dargestellt. Folgende Variablen sollten mindestens für jeden
Konsumraum erhoben werden:
Anzahl der Konsumvorgänge,
Anzahl der Notfälle,
Anzahl der Nutzer,
Anzahl der Sterbefälle,
Anzahl der Nutzung direkt angeschlossener Hilfeangebote,
Anzahl des Betreuungspersonals und dessen Qualifikation,
wöchentliche Öffnungszeiten (Anzahl Wochenstunden) und
Anzahl der Konsumenten, die zu anderen Hilfeangeboten weitervermittelt werden konnten.
Methodische Vorgehensweise
7
Die erhobenen Daten zu einzelnen Konsumräumen werden im Anhangsband zu diesem Bericht in
anonymisierter Form dargestellt.
6. Befragung des Leitungspersonals
Die Befragung des Leitungspersonals erfolgte in persönlichen standardisierten Interviews (face-to-
face). Sofern die Dokumentationen der Einrichtungen lückenhaft waren, wurde darum gebeten, noch
fehlende Daten für das Interview bereitzustellen.
Bei der Befragung wurden außerdem Schwierigkeiten erfragt, die mit der Einhaltung der
Mindeststandards in Zusammenhang stehen.
7. Befragung der Nutzerinnen und Nutzer
Um auch eine nutzerspezifische Sichtweise zu berücksichtigen, sollten in jedem Drogenkonsumraum
zehn Nutzer und Nutzerinnen befragt werden. Bis auf wenige Ausnahmen wurden die angestrebten
Interviewzahlen erreicht.
8. Erhebung polizeilicher statistischer Daten für die Zeitreihenanalysen
Um den Einfluss der Drogenkonsumräume ermitteln zu können, wurden die Daten über Drogentote,
Beschaffungskriminalität und Beschwerden der Öffentlichkeit bei den Polizeibehörden der jeweiligen
Städte oder den Landeskriminalämtern abgefragt. Sofern die Daten bei den einzelnen Polizeibehörden
vorhanden waren, wurde die monatliche Anzahl der Drogentoten seit 1990 erhoben. Diese
monatlichen Daten waren aber nicht immer verfügbar. Für Hannover konnten die monatlichen Zahlen
über Drogentote seit 1995, für Frankfurt seit 1993 und für Saarbrücken und Hamburg über den
gesamten Zeitraum von der Polizei zur Verfügung gestellt werden.
Das LKA Nordrhein-Westfalen konnte keine monatlichen Zahlen über Drogentote in einzelnen
Städten zur Verfügung stellen. Deshalb wurden die nordrhein-westfälischen Städte bei der
Zeitreihenanalyse nicht berücksichtigt.
Außerdem wurden entsprechende Daten über Drogen- und Beschaffungskriminalität und Beschwerden
der Öffentlichkeit für den jeweils gleichen Zeitraum bei den einzelnen Polizeibehörden abgefragt.
Detaillierte Angaben zur Drogen- und Beschaffungskriminalität in Zusammenhang mit
Konsumräumen konnten insgesamt nicht bereitgestellt werden. Angaben zu Anwohnerbeschwerden,
die bei der Polizei eingegangen sind, liegen nur für einige Konsumräume in Hamburg und den
Konsumraum in Hannover vor.
Um den spezifischen Einfluss auf die Senkung der Anzahl der Drogentoten besser einschätzen zu
können, sollten die gleichen Daten aus mindestens zwei Vergleichsstädten erhoben werden. Es war
allerdings keine Stadt bereit, die notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen.
Dabei sollten auch die weiteren polizeilichen Daten miteinander verglichen werden, ebenso Daten
etwa zu substitutionsgestützten Behandlungen. Wie oben bereits erwähnt, konnten polizeiliche Daten
zu Beschaffungskriminalität und Anwohnerbeschwerden von den meisten Polizeibehörden nicht
bereitgestellt werden. Auch genaue Angaben zu Methadonprogrammen konnten nur bruchstückhaft
ermittelt werden, da bisher keine zentrale Erhebung erfolgt.
Die oben beschrieben Arbeitsschritte stellen die Datengrundlage für die nachfolgend vorgestellten
Analysemethoden dar.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
8
9. Schwachstellenanalyse / „best practices”
In einer Analyse der Checklistenergebnisse werden zunächst Schwachstellen identifiziert, die sich für
einzelne Einrichtungen bei der Einhaltung der Mindeststandards ergeben. Dazu werden auch die
Befragungsdaten der Interviews mit den Betreibern herangezogen und inhaltsanalytisch ausgewertet,
um mögliche Ursachen identifizieren zu können.
Anschließend wird überprüft, ob sich Übereinstimmungen bei der Nichteinhaltung bestimmter
vorgeschriebener Standards für mehrere Einrichtungen gezeigt haben. Um diese identifizierten
Schwachstellen in Zukunft minimieren zu können, werden für entsprechende Problembereiche – falls
sich solche Problembereiche identifizieren lassen – die „best practices“ aus anderen untersuchten
Einrichtungen zusammengestellt, welche für eine Verbesserung der Situation herangezogen werden
können.
10. Zeitreihenanalyse
Zur Beantwortung der Frage, ob die Einrichtung von Drogenkonsumräumen einen Einfluss auf die
Senkung der Zahl der Drogentoten ausübt, wurden für alle Städte, die über Drogenkonsumräume
verfügen, entsprechende Zeitreihenanalysen durchgeführt.
Als zeitreihenanalytisches Verfahren wurde das sogenannte ARIMA-Modell (Auto-Regressive
Integrated Moving Average-Modell) herangezogen.
Im Rahmen des hier vorgestellten Projekts wurde mit Hilfe dieser Zeitreihenanalysen untersucht, ob
ein statistisch überzufälliger (signifikanter) Zusammenhang zwischen der Einrichtung von
Drogenkonsumräumen und der Reduktion drogenbedingter Sterbefälle in den untersuchten Städten
besteht.
Ermittlung der zum 02.01.02 in der BRD betriebenen Drogenkonsumräume
9
3 Ermittlung der zum 02.01.02 in der BRD
betriebenen Drogenkonsumräume
Für die Untersuchung sind folgende Drogenkonsumräume ermittelt und in der Untersuchung
berücksichtigt worden:
Hamburg
Konsumraum Eröffnungsdatum Adresse
Abrigado 5/94 Schwarzenbergstraße 74, 21073 HH-Harburg
Fixstern 8/95 Schulterblatt 75, 20357 HH-St. Pauli
Drob Inn 12/97 Kurt-Schumacher-Allee 42, 20097 HH-St. Georg
Kodrobs Altona 9/98 Hohenesch 13-17, 22765 HH-Ottensen
Stay Alive 9/98 Davidstraße 30, 20359 HH-St. Pauli
Café DREI 10/98 Kaiser-Friedrich-Ufer 28a, 20253 HH-Eimsbüttel
droBill 2/00 Legienstraße 28, 2111 HH-Billstedt
Ragazza 5/00 Brennerstraße 81 20099 HH-St. Georg
Hessen (Frankfurt)
Konsumraum Eröffnungsdatum Adresse
Eastside 11/94 Schielestr. 26, 60314 Frankfurt
La Strada 2/95 Mainzer Landstr. 93, 60329 Frankfurt
Niddastraße
(ehem. Moselstraße)
5/95 (Moselstraße)
seit 9/97 Niddastraße
Niddastr. 49, 60329 Frankfurt
Drogennotdienst
Elbestraße
8/96 Elbestr. 38, 60329 Frankfurt
Nicht berücksichtigt wurde in Frankfurt der Drogenkonsumraum am Ostpark, der am 26.03.02 nach
Angaben des Drogenreferates die offizielle Betriebserlaubnis erhalten hat. Dabei handelt es sich nach
Aussage des Drogenreferats Frankfurt um einen Drogenkonsumraum, der nicht öffentlich zugänglich
ist und ausschließlich von Bewohnern einer Unterkunft für Obdachlose genutzt werden darf. Dort gebe
es derzeit (Stand Juni 2002) ca. 150 Konsumvorgänge pro Woche.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
10
Niedersachsen (Hannover)
Konsumraum Eröffnungsdatum Adresse
Fixpunkt 12/97 Hamburger Allee 75, 30161 Hannover
Nordrhein-Westfalen
Konsumraum Eröffnungsdatum Adresse
Münster 4/01 Indro e.V., Bremer Platz 18-20,
48155 Münster
Wuppertal 6/01 Drogenhilfeeinrichtung Gleis 1, Döppersberg 1,
42103 Wuppertal
Essen 8/01 Krisenhilfe Essen, Hoffnungsstr. 24, 45127
Essen
Köln 9/01 Kontaktstelle für Drogenabhängige,
Bahnhofsvorplatz 2a, 50677 Köln
Aachen 1/02 Drogenhilfe Aachen e.V., Kaiserplatz 2,
52062 Aachen
Nicht berücksichtigt wurde für Nordrhein-Westfalen der Konsumraum Dortmund, der am 06.05.02
offiziell eröffnet wurde. Dort gab es im Eröffnungsmonat Mai 2002 etwa 110 Konsumvorgänge pro
Woche.
Saarland (Saarbrücken)
Konsumraum Eröffnungsdatum Adresse
Saarbrücken 4/99 Drogenhilfezentrum Saarbrücken,
Brauerstr. 39, 66123 Saarbrücken
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
11
4 Vergleich der bestehenden Rechtsver-
ordnungen zum Betrieb von Drogenkonsum-
räumen
4.1 Einleitung
§ 10 a BtMG3 wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (Drittes
BtMG-Änderungsgesetz – 3. BtMG-ÄndG) vom 28.03.2000 (BGBl I, 302), das gemäß Art. 2 am
01.04.2000 in Kraft getreten ist, neu in das BtMG eingefügt.
Räume, in denen Abhängige ihre mitgebrachten Betäubungsmittel konsumieren konnten, hat es bereits
vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in verschiedenen deutschen Städten gegeben, so z. B. Hamburg und
Frankfurt am Main. Der erste Raum – damals noch als „Gesundheitsraum“ bezeichnete – wurde
Anfang 1994 in Hamburg eröffnet. Vorbild waren die Schweizer „Gassenzimmer“, die 1986
eingeführt wurden und mittlerweile in Zürich, Bern, Basel und St. Gallen existieren. Der Betrieb
solcher Räumlichkeiten in Deutschland wurde zwar mit den örtlich zuständigen Strafverfolgungs-,
Ordnungs- und Gesundheitsbehörden abgestimmt, ihre rechtliche Zulässigkeit war jedoch bis zuletzt
heftig umstritten. Ein Großteil der juristischen Literatur bejahte die Strafbarkeit der Betreiber der
Räume unter dem Gesichtspunkt des Verschaffens einer Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von
Betäubungsmitteln gem. § 29 I 1 Nr. 10 BtMG (alte Fassung).
Außer in der Schweiz und in Deutschland gibt es Drogenkonsumräume seit 1996 auch in den
Niederlanden in Rotterdam und Arnheim.
Das oben genannte Änderungsgesetz verfolgte das Ziel, den Betrieb dieser Drogenkonsumräume in
Deutschland auf eine klare rechtliche Grundlage zu stellen und die vorhandene Rechtsunsicherheit zu
beseitigen.
Die unterschiedlichen drogenpolitischen Ansätze der Parteien bzw. Landesregierungen machten eine
bundesweite Zulassung von Drogenkonsumräumen durch eine Regelung im BtMG unmöglich. Als
Kompromiss wurde dann die nunmehr geltende Regelung gefunden, nach der die einzelnen Länder
ermächtigt wurden, durch Rechtsverordnung den Betrieb von Drogenkonsumräumen zuzulassen.
§ 10 a I 1 BtMG definiert den Begriff des Drogenkonsumraums als eine Einrichtung, „in deren
Räumlichkeiten Betäubungsmittelabhängigen eine Gelegenheit zum Verbrauch von mitgeführten,
ärztlich nicht verschriebenen Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt wird.“
Der Betrieb einer solchen Einrichtung bedarf der Erlaubnis der zuständigen obersten Landesbehörde
(§ 10 a I 1 BtMG) und „kann nur erteilt werden, wenn die Landesregierung die Voraussetzungen für
die Erteilung in einer Rechtsverordnung nach Maßgabe des Absatzes 2 geregelt hat“ (§ 10 a I 2
BtMG).
§ 10 a II 1 BtMG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen für
die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb von Drogenkonsumräumen nach § 10 a I BtMG zu
regeln. Von dieser Ermächtigung haben bislang folgende Länder Gebrauch gemacht: Hamburg durch
Rechtsverordnung vom 25.04.20004, in Kraft getreten am 04.05.2000, Hessen durch
Rechtsverordnung vom 10.09.20015, in Kraft getreten am 25.09.2001, Niedersachsen durch
3 Siehe Anhang
4 Siehe Anhang
5 Siehe Anhang
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
12
Rechtsverordnung vom 06.03.20026, in Kraft getreten am 21.03.2002, Nordrhein-Westfalen durch
Rechtsverordnung vom 26.09.20007, in Kraft getreten am 13.10.2000 sowie das Saarland durch
Rechtsverordnung vom 04.05.20018, in Kraft getreten am 23.06.2001.
4.2 Vergleich der verschiedenen Landesverordnungen
§ 10 a II 2 BtMG legt fest, welche „Mindeststandards für die Sicherheit und Kontrolle beim Verbrauch
von Betäubungsmitteln in Drogenkonsumräumen“ durch die jeweiligen Rechtsverordnungen der
Länder festgelegt werden müssen.
4.2.1 § 10 a II 2 Nr. 1 BtMG (Ausstattung der Räume)
§ 10 a II 2 Nr. 1 BtMG schreibt eine „zweckdienliche, sachliche Ausstattung der Räumlichkeiten, die
als Drogenkonsumraum dienen sollen“, vor.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Die Hamburger Rechtsverordnung sieht zunächst die räumliche Abgrenzung des Drogenkonsumraums
von der übrigen Einrichtung vor (§ 4 S. 1). Ferner „müssen sämtliche Flächen aus glatten,
abwaschbaren und desinfizierbaren Materialien bestehen“, um die „hygienischen Voraussetzungen zur
Drogenapplikation für einen ständig wechselnden Personenkreis“ zu bieten (§ 4 S. 2). Ferner muss
gewährleistet sein, dass „ausreichend sterile Einmalspritzen, Tupfer, Ascorbinsäure, Injektions-
zubehör, Desinfektionsmittel sowie durchstichsichere Entsorgungsbehälter bereitgestellt werden“ (§ 4
S. 3 Nr. 1). Der Drogenkonsumraum muss „ständig hinreichend belüftet und beleuchtet“ werden (§ 4
S. 3 Nr. 2), „ständig in sauberem Zustand gehalten sowie regelmäßig desinfiziert“ werden (§ 4 S. 3 Nr.
3).
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung schreibt in § 3 I 1 eine räumliche Trennung von anderen
Beratungseinrichtungen sowie ausreichende Beleuchtung und stets vollständige Einsehbarkeit des
Drogenkonsumraums vor. „Nur hier darf ein Konsum stattfinden“ (§ 3 I 2). Auch hier wird zum
Zwecke der Erfüllung der „für den Drogengebrauch wechselnder Personen notwendigen hygienischen
Voraussetzungen“ verlangt, dass die „Wände, Böden und Einrichtungsgegenstände abwaschbar und
desinfizierbar“ sind (§ 3 I 3 und 4). Ferner müssen gem. § 3 I 5 ausreichende sanitäre Anlagen
vorhanden sein. „Sterile Einmalspritzen und Kanülen, Tupfer, Ascorbinsäure und Injektionszubehör
sind in ausreichendem Umfang vorzuhalten“ (§ 3 II 1). Die „sachgerechte Entsorgung gebrauchter
Spritzbestecke“ ist gem. § 3 II 2 sicherzustellen.
6 Siehe Anhang
7 Siehe Anhang
8 Siehe Anhang
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
13
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen legt die Mindestausstattung von Drogen-
konsumräumen in ihrem § 3 fest. Auch sie schreibt eine räumliche Trennung des Drogenkonsumraums
von den Räumlichkeiten der übrigen Drogenhilfeeinrichtung vor (§ 3 I 1). Gem. § 3 I 2 muss der
Raum die „hygienischen Voraussetzungen zum Drogenkonsum für einen ständig wechselnden
Personenkreis bieten, insbesondere müssen sämtliche Flächen aus glatten, abwaschbaren, leicht zu
reinigenden und leicht desinfizierbaren Materialien bestehen.“ Ferner muss nach § 3 I 3 Nr. 1
„gewährleistet sein, dass ausreichend sterile Einmalspritzen und -kanülen, das sonstige erforderliche
Injektionszubehör sowie Haut- und Flächendesinfektionsmittel und durchstichsichere
Entsorgungsbehälter zur Verfügung stehen.“ „Gebrauchte Spritzen und Kanülen sowie andere
verunreinigte Gegenstände“ müssen „sachgerecht entsorgt werden“ (§ 3 I 3 Nr. 2). Gem. § 3 I 3 Nr. 3
muss „der Raum ständig hinreichend belüftet und beleuchtet sowie täglich gereinigt“ werden, nach § 3
I 3 Nr. 4 müssen „mit Blut verunreinigte Flächen sofort und die Arbeits- und Ablageflächen täglich
desinfiziert werden.“ „Der Raum muss für die Sichtkontrolle der Konsumvorgänge durch das
Fachpersonal stets vollständig überschaubar sein“ (§ 3 II 1). Diese Überschaubarkeit darf durch die
gem. § 3 II 2 Hs. 1 sichtbar bereit zu haltenden Trennwände nicht beeinträchtigt werden (§ 3 II 2 Hs.
2). In den Räumlichkeiten „müssen nach Geschlechtern getrennte sanitäre Anlagen in ausreichender
Zahl vorhanden sein“ (§ 3 II 3).
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Die Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen sieht in § 3 I 1 eine Ausstattung der Räumlichkeiten
„mit Tischen und Stühlen“, eine räumliche Trennung von den übrigen Beratungseinrichtungen,
ausreichende Beleuchtung sowie eine stets vollständige Einsehbarkeit vor. Nach § 3 I 2 „sind
gesonderte Wartebereiche einzurichten.“ „Die für den Drogengebrauch wechselnder Personen
notwendigen hygienischen Voraussetzungen“ muss der Raum gem. § 3 I 3 erfüllen, „insbesondere
müssen Wände und Böden sowie die Einrichtungsgegenstände abwaschbar und desinfizierbar sein“ (§
3 I 4). Das Erfordernis einer stets guten Be- und Entlüftung, eines sauberen Zustandes und der
regelmäßigen Desinfektion der Räume ergibt sich aus § 3 I 5. Auch in Nordrhein-Westfalen sind
„sterile Einmalspritzen und Kanülen, Tupfer, Ascorbinsäure und Injektionszubehör“ in
„ausreichendem Umfang vorzuhalten“ (§ 3 I 6). Die „sachgerechte Entsorgung gebrauchter
Spritzbestecke“ ist gem. § 3 I 7 sicherzustellen. Ferner sind den Nutzerinnen und Nutzern „geeignete
sanitäre Anlagen zur Verfügung zu stellen“ (§ 3 I 8).
Unter dem Punkt der „zweckdienlichen Ausstattung“ (§ 3 der Rechtsverordnung) findet sich noch die
Vorgabe, „dass Rettungsdiensten jederzeit ein ungehinderter Zugang möglich“ sein soll (§ 3 II). Hier
zeigt sich eine Überschneidung zwischen § 10 a II Nr. 1 („zweckdienliche sachliche Ausstattung“) und
Nr. 2 („Notfallversorgung“), da die Effektivität der Notfallversorgung, insbesondere durch externe
Rettungsdienste, auch von der Art der Ausstattung abhängt.
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung legt die Mindestausstattung von Drogenkonsumräumen in ihrem
§ 3 fest. Auch hier muss der Drogenkonsumraum von der übrigen Drogenhilfeeinrichtung „räumlich
abgegrenzt“ sein (§ 3 I). Der Raum „muss die hygienischen Voraussetzungen zur Drogenapplikation
für einen ständig wechselnden Personenkreis erfüllen“ (§ 3 II 1), insbesondere müssen „sämtliche
Flächen“ „aus glatten, abwaschbaren und desinfizierbaren Materialien bestehen“ (§ 3 II 2). „Im
Drogenkonsumraum müssen ausreichend sterile Einmalspritzen, Tupfer, Ascorbinsäure,
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
14
Injektionszubehör, Desinfektionsmittel sowie durchstichsichere Entsorgungsbehälter bereitgestellt
werden“ (§ 3 III).
Auch hier findet sich unter dem Punkt „Ausstattung“ in § 3 IV das Erfordernis, dass Rettungsdiensten
„jederzeit ein ungehinderter Zugang möglich sein“ muss.
Vergleich
Mit Ausnahme der erwähnten Überschneidungen mit dem Bereich „Notfallversorgung“ in der
Nordrhein-Westfälischen und der Saarländischen Rechtsverordnung (ungehinderter Zugang für
Rettungsdienste) finden sich keine größeren Unterschiede.
Erwähnenswert sind allenfalls die in Niedersachsen vorgeschriebenen verstellbaren Trennwände.
4.2.2 § 10 a II Nr. 2 BtMG (Notfallversorgung)
§ 10 a II Nr. 2 BtMG verlangt als Mindeststandard die „Gewährleistung einer sofort einsatzfähigen
medizinischen Notfallversorgung.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Die Rechtsverordnung von Hamburg regelt die Voraussetzungen, die bzgl. der Notfallversorgung
erfüllt sein müssen, in ihrem § 5. Danach ist während des Betriebs des Drogenkonsumraums „eine
ständige Sichtkontrolle der Applikationsvorgänge durch in der Notfallversorgung geschultes Personal
so sicherzustellen, dass im Notfall sofortige Beatmungs- und Reanimationsmaßnahmen und eine akute
Wundversorgung möglich sind“ (§ 5 S. 1). Außerdem sind „ständig technische Notfall-Vorrichtungen
im Drogenkonsumraum bereitzuhalten“ (§ 5 S. 2). Nach § 5 S. 3 „muss sichergestellt sein, dass der
Zugang zu diesem Raum für externe Rettungsdienste schnell und problemlos zu erreichen ist.“ Ein
Notfallplan muss erstellt werden, in dem die „Einzelheiten der Notfallversorgung“ festzuhalten sind.
Dieser muss dem „Personal zur Verfügung stehen“, ständig aktualisiert und „jederzeit umgesetzt
werden“ können (§ 5 S. 4). Der Plan ist gem. § 5 S. 5 „auf Verlangen der Überwachungsbehörde
vorzulegen.“ Die verantwortliche Person „unterliegt bei der Sicherstellung der Notfallversorgung einer
gesteigerten Sorgfaltspflicht“ (§ 5 S. 6).
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung übernimmt den Wortlaut von § 10 a II Nr. 2 BtMG in § 4 I 1.
Danach muss „eine sofort einsatzfähige medizinische Notfallversorgung“ gewährleistet sein. Hierfür
ist nach § 4 I 2 „eine ständige Sichtkontrolle der Verabreichungsvorgänge durch in der Notfall-
versorgung geschultes Personal erforderlich, um im Bedarfsfalle sofortige Wiederbelebungs-
maßnahmen oder eine akute Wundversorgung zu ermöglichen.“ Es muss ferner „sichergestellt sein,
dass der Zugang zum Drogenkonsumraum für externe Rettungsdienste schnell und problemlos zu
erreichen ist“ (§ 4 II). Auch in Hessen müssen die „Einzelheiten der Notfallversorgung“ in einem
„medizinischen Notfallplan“ festgehalten werden, „der ständig zu aktualisieren ist und dem Personal
zur Verfügung stehen muss“ (§ 4 III 1). Zum Inhalt dieses Plans gehören „auch die Unfallschutz-
prävention und Maßnahmen bei Verletzungen des Personals“ (§ 4 III 2).
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
15
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen legt in § 4 I fest, dass „eine sofort einsatzfähige
medizinische Notfallversorgung und eine ständige Sichtkontrolle der Konsumvorgänge durch
Fachpersonal gewährleistet sein“ müssen. „Der Drogenkonsumraum muss für Rettungsdienste leicht
zugänglich sein“ (§ 4 II). Auch in Niedersachsen sind „die Einzelheiten der Notfallversorgung“ in
einem „medizinischen Notfallplan festzuhalten“ (§ 4 III 1). Der Plan ist „ständig zu aktualisieren“ und
muss „dem Personal zur Verfügung stehen“, wobei dies durch die Erlaubnisbehörde in Auflagen
bestimmt wird (§ 4 III 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
§ 4 S. 1 der Nordrhein-Westfälischen Rechtsverordnung sieht die Erstellung von medizinischen
Notfallplänen vor, die „ständig zu aktualisieren“ sind. Während des Betriebs der Drogenkonsumräume
sind die Nutzer „durch regelmäßig in der Notfallversorgung geschultes Personal ständig zu
beobachten, um jederzeit eingreifen und im Bedarfsfall sofortige Reanimationsmaßnahmen sowie eine
akute Wundversorgung durchführen zu können“ (§ 4 S. 3). Für jeden Drogenkonsumraum ist
„mindestens ein medizinischer Notfallkoffer bereitzuhalten“ (§ 4 S. 4).
Die Vorgabe, „dass Rettungsdiensten jederzeit ein ungehinderter Zugang möglich“ sein soll, findet
sich in der Nordrhein-Westfälischen Rechtsverordnung in § 3 II und damit unter der Rubrik
„zweckdienliche Ausstattung“.
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Rechtsverordnung des Saarlandes schreibt ebenfalls eine „ständige Sichtkontrolle der
Applikationsvorgänge durch in der Notfallversorgung geschultes Personal“ vor und will damit
sicherstellen, „dass im Notfall sofortige Beatmungs- und Reanimationsmaßnahmen und eine akute
Wundversorgung möglich sind“ (§ 4 I 1). Außerdem „sind ständig technische Notfall-Vorrichtungen
bereitzuhalten“ (§ 4 I 2). Auch im Saarland sind „die Einzelheiten der Notfallversorgung“ in einem
Notfallplan festzuhalten, der „jederzeit umgesetzt werden kann, dem Personal zur Verfügung stehen
muss und ständig zu aktualisieren ist“ (§ 4 II 1). Der Plan muss „die Unfallschutzprävention und
Maßnahmen bei Verletzungen des Personals“ enthalten (§ 4 II 2).
Wie in Nordrhein-Westfalen findet sich auch in der Saarländischen Rechtsverordnung die Erfordernis,
dass Rettungsdiensten „jederzeit ein ungehinderter Zugang möglich sein“ muss, in den Regelungen
über die Ausstattung der Räumlichkeiten, nämlich in § 3 IV.
Vergleich
In Nordrhein-Westfalen und dem Saarland gibt es die konkrete Vorgabe, technische Notfall-
vorrichtungen (Saarland) bzw. pro Drogenkonsumraum mindestens einen Notfallkoffer (NRW)
bereitzuhalten.
Die Hessische und die Saarländische Rechtsverordnung verlangen (anders als die übrigen
Rechtsverordnungen) die Aufnahme der Themen Unfallschutzprävention und Maßnahmen bei
Verletzungen des Personals in den Notfallplan.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
16
4.2.3 § 10 a II Nr. 3 BtMG (medizinische Beratung und Hilfe)
§ 10 a II Nr. 3 BtMG soll eine „medizinische Beratung und Hilfe zum Zwecke der Risikominderung
beim Verbrauch der von Abhängigen mitgeführten Betäubungsmittel“ sichern.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Nach § 6 S. 1 und S. 2 der Hamburger Rechtsverordnung ist den Benutzern des Drogenkonsumraums
„in allen applikationsrelevanten Fragen medizinische Beratung und Hilfe zu gewähren“, insbesondere
zu infektiologischen Aspekten und zum „Risikozusammenhang zwischen der körperlichen
Konstitution der Konsumentin oder des Konsumenten und der Toxizität der von ihr oder von ihm
vorbereiteten Betäubungsmitteldosis.“ Diese Beratung und Hilfe erfordert nach § 6 S. 3 ausdrücklich
„kein ärztliches Handeln“, aber ein nachweislich medizinisch geschultes Personal.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Ähnlich gestaltet sich § 5 der Hessischen Rechtsverordnung. Auch hier ist den Nutzern „in allen
verabreichungsrelevanten Fragen medizinische Beratung und Hilfe zu gewähren“, insbesondere zu
„Infektions- und Gesundheitsrisiken bei bestimmten Betäubungsmitteln, soweit deren Zusammen-
setzung bekannt ist, sowie zu bestimmten Konsumformen“ (§ 5 I 1 und 2). „Auf zusätzliche Risiken
durch unbekannte Beimischungen“ ist nach § 5 I 3 „gesondert hinzuweisen.“ Gem. § 5 II dürfen
medizinische Beratung und Hilfe „nur durch nachweislich geschultes Personal erfolgen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Niedersächsische Rechtsverordnung legt die Voraussetzungen, unter denen medizinische Beratung
und Hilfe erfolgen müssen, in ihrem § 6 fest. Danach „muss sichergestellt sein, dass den
Benutzerinnen und Benutzern des Drogenkonsumraums in allen konsumrelevanten Fragen
medizinische Beratung und Hilfe zum Zweck der Risikominderung gewährt wird, insbesondere in
Bezug auf Infektionsrisiken, die Gefährlichkeit der mitgeführten Betäubungsmittel und die
Konsumart“ (§ 6 I).
Ferner regelt § 6 II, dass die Erlaubnisbehörde in einer Auflage bestimmt, „dass der Träger und das
Personal des Drogenkonsumraums nicht für den Besuch des Drogenkonsumraums werben, sondern im
Rahmen ihrer Aufklärungsarbeit nur Hinweise“ auf ihn geben dürfen.
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Nach § 5 I 1 der Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen muss der Drogenkonsumraum „personell
so ausgestattet sein, dass die Abhängigen insbesondere bei akuten oder chronischen Krankheiten über
Wundversorgung und über risikoärmeres Konsumverhalten einschließlich Infektionsrisiken und
Toxizität der verwendeten Betäubungsmittel beraten werden können sowie eine erforderliche
Krisenintervention geleistet werden kann.“ „Es muss sichergestellt sein, dass ärztliche Hilfe und
Beratung unverzüglich erfolgen können“ (§ 5 I 2).
Nach Auffassung des Landes NRW ergibt sich hieraus jedoch keine Präsenzpflicht für ärztliches
Personal in Konsumräumen.
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
17
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung verlangt in § 5 I 1, dass den Benutzern „medizinische Beratung
und Hilfe zu gewähren“ ist. Auch hier müssen sich diese insbesondere „auf Infektionsrisiken und
Toxizität der verwendeten Betäubungsmittel“ beziehen (§ 5 I 2) und unverzüglich erfolgen können (§
5 I 2). „Im Drogenkonsumraum muss mindestens eine Pflegekraft beschäftigt sein“ (§ 5 II 1), die
„auch für die Kontrolle des Notfallplanes und die Schulung des Aufsichtspersonals zuständig“ ist (§ 5
II 2).
Vergleich
Interessant ist, dass die Hamburger Rechtsverordnung ausdrücklich kein ärztliches Handeln für die
erforderliche Beratung und Hilfe verlangt. Demgegenüber findet sich allein in der Rechtsverordnung
von Nordrhein-Westfalen die Formulierung „Es muss sichergestellt sein, dass ärztliche Hilfe und
Beratung unverzüglich erfolgen können“, während die übrigen Rechtsverordnungen von
„medizinischer Beratung und Hilfe“ sprechen. Damit ist die nordrhein-westfälische Rechtsverordnung
die einzige, die die Möglichkeit der unverzüglichen ärztlichen Beratung und Hilfe fordert. Daraus lässt
sich nach Auffassung des Landes NRW jedoch nicht ableiten, dass eine Präsenzpflicht für Ärzte in
Konsumräumen besteht. Wie der Forderung nach unverzüglicher ärztlicher Hilfe und Beratung im
Einzelfall nachgekommen werden soll, wird nicht festgelegt.
Das Verbot der Werbung findet sich nur in Niedersachsen in der Vorschrift zur medizinischen
Beratung und Hilfe. In den Rechtsverordnungen der Länder Saarland und Nordrhein-Westfalen findet
sich das Verbot der Werbung in den Vorschriften zur Regelung des Betriebszweckes (Saarland § 2 IV,
NRW § 2 III), in Hamburg in den Regelungen über den zugelassenen Benutzerkreis (§ 10 I 6), die
Hessische Rechtsverordnung verzichtet auf eine solche Regelung.
Die Rechtsverordnung des Saarlandes verlangt ausdrücklich die Beschäftigung mindestens einer
Pflegekraft, die für die Kontrolle des Notfallplanes und die Schulung des Aufsichtspersonals zuständig
ist.
4.2.4 § 10 a II Nr. 4 BtMG (weiterführende und ausstiegsorientierte Angebote)
§ 10 a II Nr. 4 BtMG schreibt als Mindeststandard die „Vermittlung von weiterführenden und
ausstiegsorientierten Angeboten der Beratung und Therapie“ vor.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Nach § 7 S. 1 der Hamburger Rechtsverordnung „muss sichergestellt sein, dass über eine
suchtspezifische Erstberatung hinaus auch weiterführende und ausstiegsorientierte Beratungs- und
Behandlungsmaßnahmen aufgezeigt, initiiert und bei Bedarf veranlasst werden.“ „Personen, die einen
Entgiftungswunsch äußern, ist Hilfestellung beim Kontakt zu geeigneten Einrichtungen zu leisten“
(§ 7 S. 2). „Beratungs- und Hilfeangebote, die nicht einrichtungsintern realisiert werden können, sind
den Benutzerinnen und Benutzern des Drogenkonsumraums zugänglich zu machen“ (§ 7 S. 3). „Die
Wahrnehmung solcher Angebote ist durch Zusammenarbeit mit geeigneten anderen Einrichtungen zu
fördern“ (§ 7 S. 4).
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
18
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung schreibt dem Personal des Drogenkonsumraums in § 6 I vor, „über
eine suchtspezifische Erstberatung hinaus über weitergehende und ausstiegsorientierte Beratungs- und
Behandlungsangebote zu informieren und diese bei Bedarf zu vermitteln.“ Ferner hat es Personen, die
einen Entgiftungswunsch äußern, „die notwendigen Hilfestellungen bei der Kontaktaufnahme zu
geeigneten Einrichtungen zu gewähren“ (§ 6 II).
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Auch aufgrund der Niedersächsischen Rechtsverordnung muss sichergestellt sein, dass das
Fachpersonal „über eine suchtspezifische Erstberatung hinaus über weitergehende und
ausstiegsorientierte Angebote der Beratung und Therapie informiert und auf Wunsch Kontakte zu
geeigneten Einrichtungen vermittelt“ (§ 7 Nr. 1). Das Fachpersonal muss des Weiteren
„minderjährigen Drogenabhängigen in jedem Einzelfall Beratungsgespräche und Ausstiegshilfen
anbieten und auf jugendspezifische weitergehende Hilfemöglichkeiten“ hinweisen (§ 7 Nr. 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Die Rechtsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Vorgaben des § 10 a II Nr. 4 BtMG in
§ 5 II umgesetzt. Danach muss das Personal auch hier „über eine suchtspezifische Erstberatung hinaus
jeweils in der im konkreten Einzelfall angemessenen Weise über weitergehende und
ausstiegsorientierte Beratungs- und Behandlungsangebote“ informieren und diese bei Bedarf
vermitteln (§ 5 II 1). Nach § 5 II 2 sind Personen, die einen Entgiftungswunsch äußern, die
„notwendigen Hilfestellungen bei der Kontaktaufnahme zu geeigneten Einrichtungen zu gewähren.“
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Im Saarland ergibt sich die Verpflichtung aus § 6 I der Rechtsverordnung, dass „über eine
suchtspezifische Erstberatung hinaus weiterführende und ausstiegsorientierte Beratungs- und
Behandlungsmaßnahmen aufgezeigt und vermittelt werden“ müssen. Auch hier ist „Personen, die
einen Entgiftungswunsch äußern“, „Hilfestellung zum Kontakt mit geeigneten Einrichtungen zu
leisten“ (§ 6 II).
Vergleich
Herauszustellen ist, dass die Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen verlangt, minderjährigen
Drogenabhängigen in jedem Einzelfall Beratungsgespräche und Ausstiegshilfen anzubieten und auf
jugendspezifische weitergehende Hilfemöglichkeiten hinzuweisen.
Sämtliche Rechtsverordnungen regeln die „über eine suchtspezifische Erstberatung hinaus“ zu
treffenden Maßnahmen und beziehen sich somit auf die in § 10 a II Nr. 4 BtMG gewählte
Formulierung „Vermittlung von weiterführenden (...) Angeboten“, die implizit eine suchtspezifische
Erstberatung als selbstverständlich voraussetzt.
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
19
4.2.5 § 10 a II Nr. 5 BtMG (Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten)
Nach § 10 a II Nr. 5 BtMG müssen „Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten nach diesem Gesetz
in Drogenkonsumräumen, abgesehen vom Besitz von Betäubungsmitteln nach § 29 I 1 Nr. 3 zum
Eigenverbrauch in geringer Menge“, getroffen werden.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
§ 8 S. 1 der Hamburger Rechtsverordnung regelt, dass „Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz,
abgesehen vom Besitz von Betäubungsmitteln nach § 29 I 1 Nr. 3 BtMG zum Eigenverbrauch in
geringer Menge“, „innerhalb der Einrichtung nicht geduldet werden“ dürfen. Darauf ist nach § 8 S. 2
„durch einen Aushang hinzuweisen.“ Das Personal hat die Benutzer gegebenenfalls auf die
Verpflichtung nach § 8 S. 1 „anzusprechen und sie durchzusetzen“ (§ 8 S. 3). Ferner ist „durch
Anweisung und Schulung des Personals“ dafür Vorsorge zu treffen, dass „bei einer vom Personal
erkannten Vorbereitung oder Begehung von Straftaten im Sinne von Satz 1 die betreffende Handlung
unverzüglich unterbunden wird“ (§ 8 S. 4).
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Nach § 7 I 1 der Hessischen Rechtsverordnung „ist eine Hausordnung zu erlassen und sichtbar
auszuhängen.“ Darin sind die Nutzer „darauf hinzuweisen, dass Straftaten nach dem Betäubungs-
mittelgesetz, abgesehen vom Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenverbrauch in geringer Menge
nach § 29 I 1 Nr. 3 des Betäubungsmittelgesetzes, innerhalb des Drogenkonsumraums nicht geduldet
werden“ (§ 7 I 2). Die Einhaltung der Hausordnung ist nach § 7 II „durch das Personal zu
überwachen.“ „Bei erheblichen Verstößen gegen die Hausordnung sind die betreffenden Personen von
der weiteren Nutzung auszuschließen“ (§ 7 III 1), wobei die Leitung der Einrichtung über die Dauer
des Ausschlusses entscheidet (§ 7 III 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen sieht in § 5 I den Erlass einer „mit der unteren
Gesundheitsbehörde, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gemeinde“ abgestimmten
Hausordnung vor, „die die Benutzung des Drogenkonsumraums regelt.“ Nach § 5 IV muss
sichergestellt sein, dass „die Hausordnung deutlich sichtbar aushängt“, das Personal ihre Einhaltung
überwacht, Personen, die gegen sie „verstoßen, erforderlichenfalls von der Benutzung ausgeschlossen
werden“ und, dass „die Leitung der Einrichtung über die Dauer des Ausschlusses entscheidet.“
Nach § 8 I muss gewährleistet sein, „dass Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, abgesehen
vom Besitz von Betäubungsmitteln nach § 29 I 1 Nr. 3 BtMG zum Eigenverbrauch in geringer Menge,
innerhalb des Drogenkonsumraums nicht geduldet werden.“ Das Personal muss angewiesen sein, „den
Hinweis nach Absatz 1 erforderlichenfalls persönlich gegenüber den Benutzerinnen und Benutzern zu
wiederholen“ und die „genannten und nicht zu duldenden Straftaten unverzüglich zu unterbinden“ (§ 8
II).
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
§ 6 I 1 der Nordrhein-Westfälischen Rechtsverordnung schreibt den Erlass einer „mit den zuständigen
Gesundheits-, Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden“ abgestimmten Hausordnung vor, die „gut
sichtbar auszuhängen“ ist. Die Benutzer des Drogenkonsumraums sind „ausdrücklich darauf
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
20
hinzuweisen, dass Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, mit Ausnahme des Besitzes von
Betäubungsmitteln in geringer Menge zum Eigenverbrauch gem. § 8 III 3, innerhalb der Einrichtung
verboten sind und unverzüglich unterbunden werden“ (§ 6 I 2). Nach § 6 II ist die Einhaltung der
Hausordnung „durch das Personal zu überwachen.“ „Bei einem Verstoß gegen die Hausordnung sind
die Drogenabhängigen von der weiteren Nutzung auszuschließen“ (§ 6 III 1), wobei die Leitung der
Einrichtung über die Dauer des Nutzungsausschlusses entscheidet (§ 6 III 2).
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung regelt die Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten in der
Einrichtung in ihrem § 8. Der Hinweis, dass „Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, abgesehen
vom Besitz von Betäubungsmitteln nach § 29 I Nr. 3 des Betäubungsmittelgesetzes zum
Eigenverbrauch in geringer Menge“, „innerhalb der Einrichtung nicht geduldet werden“ dürfen, findet
sich hier in § 8 I 1. Auf dieses Verbot ist gem. § 8 I 2 „durch einen Aushang hinzuweisen.“ Das
Personal hat auch hier „dafür zu sorgen, dass bei der Vorbereitung oder Begehung einer Straftat im
Sinne von Absatz 1 die betreffende Handlung unverzüglich unterbunden wird“ (§ 8 II). Näheres soll
die Hausordnung regeln (§ 8 III), die gem. § 7 I in Abstimmung „mit dem Ministerium für Frauen,
Arbeit, Gesundheit und Soziales“ vom Träger des Drogenkonsumraums zu erlassen ist. § 7 II
bestimmt, dass diese Hausordnung in der Einrichtung „gut sichtbar“ ausgehängt und ihre Einhaltung
„vom Personal ständig überwacht“ wird.
Vergleich
Während die Hausordnung in Niedersachsen mit der unteren Gesundheitsbehörde, der Polizei, der
Staatsanwaltschaft und der Gemeinde, in Nordrhein-Westfalen mit den zuständigen Gesundheits-,
Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden und im Saarland mit dem Ministerium für Frauen, Arbeit,
Gesundheit und Soziales abgestimmt sein muss, ist der Erlass einer Hausordnung nach der Hamburger
Rechtsverordnung nicht zwingend erforderlich, wohl aber ein entsprechender Aushang.
Den möglichen Ausschluss bestimmter Drogenabhängiger von der Nutzung sehen nur die Regelungen
der Länder Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vor.
4.2.6 § 10 a II Nr. 6 BtMG (Zusammenarbeit mit Behörden zur Verhinderung von
Straftaten)
Nach § 10 a II Nr. 6 BtMG müssen die Rechtsverordnungen die erforderlichen Formen der
„Zusammenarbeit mit den für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen örtlichen Behörden“
regeln, „um Straftaten im unmittelbaren Umfeld der Drogenkonsumräume soweit wie möglich zu
verhindern.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
§ 9 S. 1 der Hamburger Rechtsverordnung legt die Pflicht der verantwortlichen Person fest, „die durch
den Drogenkonsumraum bedingten Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld der Einrichtung und
aktuelle Vorkommnisse“ „wöchentlich in einem Kurzprotokoll“ zu dokumentieren. „Eine
Zusammenarbeit mit den zuständigen Polizeidienststellen ist insbesondere erforderlich, wenn
vorangegangene Beeinträchtigungen Dritter oder Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
im unmittelbaren Umfeld des Drogenkonsumraums die Begehung von Straftaten erwarten lassen und
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
21
Maßnahmen der Einrichtung geeignet wären, bei deren Benutzerinnen oder Benutzern oder bei
auftretenden Szenebildungen im unmittelbaren Umfeld des Drogenkonsumraums eine Verhaltens-
änderung zu bewirken“ (§ 9 S. 2). „Über die Erforderlichkeit, Geeignetheit und Zumutbarkeit solcher
Maßnahmen“ hat sich die oder der Verantwortliche nach § 9 S. 3 mit den „zuständigen
Polizeidienststellen ins Benehmen zu setzen, zu denen sie oder er unabhängig davon regelmäßigen
Kontakt zu halten hat.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung regelt in § 8 S. 1, dass die Träger von Drogenkonsumräumen „mit
den zuständigen Gesundheits-, Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden Grundzüge ihrer
Zusammenarbeit verbindlich festzulegen“ haben. „Einrichtungsbedingte Auswirkungen auf das
unmittelbare räumliche Umfeld sind zu dokumentieren“ (§ 8 S. 2). Nach § 8 S. 3 haben die Träger
„insbesondere mit den zuständigen Polizeidienststellen regelmäßig Kontakt zu halten mit dem Ziel,
frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im unmittelbaren Umfeld des
Drogenkonsumraums zu verhindern.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
§ 9 I der Rechtsverordnung von Niedersachsen verlangt das Vorliegen einer schriftlichen
„Vereinbarung des Trägers des Drogenkonsumraums mit der unteren Gesundheitsbehörde, der Polizei,
der Staatsanwaltschaft und der Gemeinde über die Grundzüge ihrer Zusammenarbeit.“ Zu diesen
Grundzügen der Zusammenarbeit gehört nach § 9 II Nr. 1 insbesondere, dass die Leitung des
Drogenkonsumraums „zur Polizei ständigen Kontakt hält und mit dieser ihre Maßnahmen abstimmt,
damit frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit im unmittelbaren Umfeld des Drogen-
konsumraums verhindert werden.“ Ferner muss die Leitung nach § 9 II Nr. 2 „bei Beeinträchtigung
Dritter, bei Störungen der öffentlichen Sicherheit oder bei zu erwartenden Straftaten im unmittelbaren
Umfeld des Drogenkonsumraums“ versuchen, „auf Benutzerinnen und Benutzer sowie Anwesende
einer sich abzeichnenden Szenenbildung“ mit dem Ziel einzuwirken, „eine Verhaltensänderung zu
erreichen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Die Rechtsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen bestimmt in ihrem § 7 S. 1, dass die Träger
von Drogenkonsumräumen „mit den zuständigen Gesundheits-, Ordnungs- und Strafverfolgungs-
behörden Formen ihrer Zusammenarbeit schriftlich“ festzulegen und mit ihnen „regelmäßig Kontakt
zu halten“ haben, „um frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im unmittelbaren
Umfeld der Drogenkonsumräume zu verhindern.“ Außerdem hat die Leitung der Einrichtung „die
einrichtungsbedingten Auswirkungen auf das unmittelbare räumliche Umfeld zu beobachten und
besondere Vorkommnisse zu dokumentieren“ (§ 7 S. 2).
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
§ 9 S. 1 der Saarländischen Rechtsverordnung verpflichtet die Träger des Drogenkonsumraums zu
enger und kontinuierlicher Zusammenarbeit „mit den zuständigen Gesundheits-, Ordnungs- und
Strafverfolgungsbehörden.“ Auch hier sind „die Grundzüge der Zusammenarbeit“ „verbindlich und
schriftlich festzulegen“ (§ 9 S. 2). Der Träger hat nach § 9 S. 3 „insbesondere mit den zuständigen
Polizeidienststellen regelmäßig Kontakt zu halten, um frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung im unmittelbaren Umfeld der Drogenkonsumräume zu verhindern.“ Ferner obliegt es der
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
22
Leitung der Einrichtung, „einrichtungsbedingte Auswirkungen auf das Umfeld zu beobachten und
besondere Vorkommnisse zu dokumentieren“ (§ 9 S. 4).
Vergleich
Im Bereich der Regelungen zur Zusammenarbeit mit den für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
zuständigen örtlichen Behörden ergeben sich keine größeren Unterschiede zwischen den regionalen
Rechtsverordnungen.
4.2.7 § 10 a II Nr. 7 BtMG (Festlegung des Nutzerkreises)
§ 10 a II Nr. 7 BtMG verlangt die „genaue Festlegung des Kreises der berechtigten Nutzer von
Drogenkonsumräumen, insbesondere im Hinblick auf deren Alter, die Art der mitgeführten
Betäubungsmittel sowie die geduldeten Konsummuster; offenkundige Erst- oder Gelegenheits-
konsumenten sind von der Benutzung auszuschließen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Nach § 10 I 1 der Hamburger Rechtsverordnung darf die Benutzung des Drogenkonsumraums
„grundsätzlich nur volljährigen Personen angeboten werden.“ Die Benutzer müssen „aufgrund
bestehender Betäubungsmittelabhängigkeit einen Konsumentschluss gefasst haben und über
Konsumerfahrungen verfügen“ (§ 10 I 2).
„Bei reife- oder krankheitsbedingten Zweifeln an der Einsichtsfähigkeit einer Person in die durch die
Applikation erfolgende Gesundheitsschädigung ist die Person von der Benutzung des Drogen-
konsumraums auszuschließen“ (§ 10 I 3). Nach § 10 I 5 ist „alkoholisierten oder intoxikierten
Personen, bei denen die Nutzung des Drogenkonsumraums ein erhöhtes Gesundheitsrisiko
verursachen könnte, der Zugang zu verweigern.“ Bei Minderjährigen, die Einlass begehren, „hat das
Personal vorab durch direkte Ansprache zu klären, ob ein individuell gefestigter Konsumentschluss
und eine Einsichtsfähigkeit im Sinne von Satz 3 vorliegen“ (§ 10 I 4). Das Personal ist gem. § 10 I 7
„anzuhalten, dass offenkundige Erst- und Gelegenheitskonsumenten am Zugang zum Drogen-
konsumraum gehindert und durch direkte Ansprache an ein anderweitiges Beratungs- oder Hilfe-
angebot herangeführt werden.“
Der Konsum von Betäubungsmitteln im Drogenkonsumraum kann gem. § 10 II 1 „Opiate, Kokain,
Amphetamin oder deren Derivate betreffen und intravenös, oral, nasal oder inhalativ erfolgen.“ Das
Konzept des Betreibers „muss festlegen, für welche der in Satz 1 genannten Betäubungsmittel und
Konsumformen der Drogenkonsumraum vorgesehen ist“ (§ 10 II 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Nutzer des Drogenkonsumraums dürfen gem. § 9 I 1 „grundsätzlich nur volljährige Personen mit
Betäubungsmittelabhängigkeit und Konsumerfahrung sein.“ „Minderjährigen kann die Nutzung
gestattet werden, wenn die Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorliegt oder die Leitung der
Einrichtung dies nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall für begründet hält“ (§ 9 I 2). Das zuständige
Jugendamt ist in diesem Falle gem. § 9 I 3 einzubeziehen.
Von der Benutzung des Konsumraums sind gem. § 9 II „auszuschließen:
1. Offenkundige Erstkonsumenten,
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
23
2. Erkennbar alkoholisierte oder durch andere Suchtmittel vergiftete Personen,
3. Opiatabhängige, die sich erkennbar in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden,
4. Personen, denen erkennbar die Einsichtsfähigkeit in die durch die Verabreichung erfolgende
Gesundheitsschädigung fehlt.“
„Der Konsum von Betäubungsmitteln im Drogenkonsumraum kann u. a. Opiate, Kokain, Amphetamin
oder deren Derivate betreffen und intravenös, inhalativ, nasal oder oral erfolgen“ (§ 9 IV).
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Niedersächsische Rechtsverordnung setzt § 10 a II Nr. 7 BtMG in ihrem § 5 II und III um. Danach
wird der Benutzerkreis in der Hausordnung bestimmt (§ 5 II 1).
„Die Benutzung des Drogenkonsumraums darf grundsätzlich nur volljährigen Personen gestattet
werden, die aufgrund bestehender Drogenabhängigkeit über Konsumerfahrung verfügen“ (§ 5 II 2).
Von der Benutzung des Konsumraums sind gem. § 5 II 3 „auszuschließen:
1. Minderjährige unter 16 Jahren,
2. Erst- und Gelegenheitskonsumentinnen und -konsumenten,
3. alkoholisierte oder durch andere Suchtstoffe in ihrem Verhalten beeinträchtigte Personen,
4. Opiatabhängige, die sich in einer substitutionsgestützten Behandlung oder in einer Behandlung
aufgrund einer Genehmigung nach § 3 II BtMG befinden,
5. Personen, denen die Einsichtsfähigkeit in die durch den Konsum erfolgte Gesundheits-
beschädigung fehlt,
6. Personen, die sich nicht ausweisen können.“
In der Hausordnung ist gem. § 5 III „außerdem zu regeln,
1. dass die Benutzerinnen und Benutzer daraufhin zu überprüfen sind, ob sie zum zugelassenen
Benutzerkreis gehören,
2. dass alle Benutzerinnen und Benutzer die mitgeführten Betäubungsmittel einer Sichtkontrolle
durch das Fachpersonal zuzuführen haben,
3. welche Betäubungsmittel konsumiert werden dürfen, wobei andere Mittel als Opiate, Kokain,
Amphetamin und deren Derivate nicht zugelassen werden dürfen, und
4. welche Konsummuster geduldet werden, wobei ein anderer als intravenöser, oraler, nasaler oder
inhalativer Konsum nicht zugelassen werden darf.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Nach § 8 I 1 der Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen dürfen Nutzer von Drogenkonsum-
räumen „grundsätzlich nur volljährige Personen mit Betäubungsmittelabhängigkeit und Konsum-
erfahrung sein.“ „Jugendlichen mit Betäubungsmittelabhängigkeit und Konsumerfahrung darf der
Zugang nach direkter Ansprache nur dann gestattet werden, wenn die Zustimmung der Erziehungs-
berechtigten vorliegt oder sich das Personal im Einzelfall nach sorgfältiger Prüfung anderer
Hilfemöglichkeiten vom gefestigten Konsumentschluss überzeugt hat“ (§ 8 I 2).
Auszuschließen von der Benutzung des Drogenkonsumraums sind gem. § 8 II:
1. „Offenkundige Erst- oder Gelegenheitskonsumenten“,
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
24
2. „Erkennbar durch Alkohol oder andere Suchtmittel intoxikierte Personen“,
3. „Opiatabhängige, die sich erkennbar in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden, und“
4. „Personen, denen erkennbar, insbesondere wegen mangelnder Reife, die Einsichtsfähigkeit in die
durch die Applikation erfolgende Gesundheitsschädigung fehlt.“
„Der Konsum von Betäubungsmitteln im Drogenkonsumraum kann Opiate, Kokain, Amphetamine
oder deren Derivate betreffen und intravenös, inhalativ oder oral erfolgen“ (§ 8 III 3).
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
§ 10 der Saarländischen Rechtsverordnung regelt den zugelassenen Benutzerkreis. So darf die
Benutzung des Drogenkonsumraums gem. § 10 I 1 „grundsätzlich nur volljährigen Personen
angeboten werden.“ Diese „müssen aufgrund bestehender Betäubungsmittelabhängigkeit einen
Konsumentschluss gefasst haben“ (§ 10 I 2). Jugendlichen darf gem. § 10 I 3 „der Zugang nur dann
gestattet werden, wenn die Einwilligung der Erziehungsberechtigten vorliegt oder aufgrund besonderer
Umstände nicht vorgelegt werden kann und sich das Personal im Einzelfall nach besonderer Prüfung
anderer Hilfemöglichkeiten vom gefestigten Konsumentschluss überzeugt hat.“
Nach § 10 II sind von der Benutzung des Drogenkonsumraums „auszuschließen:
1. Offenkundige Erst- oder Gelegenheitskonsumenten und -konsumentinnen,
2. alkoholisierte oder durch andere Suchtmittel intoxikierte Personen,
3. Opiatabhängige, die sich in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden,
4. Personen, denen die Einsichtsfähigkeit in die durch die Applikation erfolgenden
Gesundheitsschädigungen fehlt.“
Der „Konsum von Betäubungsmitteln im Drogenkonsumraum“ kann auch im Saarland „Opiate,
Kokain, Amphetamin oder deren Derivate betreffen und intravenös, oral, nasal oder inhalativ
erfolgen“ (§ 11 II).
Vergleich
Unterschiedlich ist der Umgang der verschiedenen Rechtsverordnungen mit Minderjährigen. Die
Hamburger und die Saarländische Rechtsverordnung regeln, dass die Benutzung des Drogen-
konsumraums grundsätzlich nur volljährigen Personen angeboten werden darf. Etwas anders
formulieren dies die übrigen Rechtsverordnungen. Dort gilt der Grundsatz, dass nur Volljährige die
Einrichtung (be-)nutzen dürfen. Von diesem Grundsatz sind in allen Ländern unter bestimmten
Voraussetzungen Ausnahmen möglich, in Niedersachsen jedoch nur für Personen mit einem
Mindestalter von 16 Jahren.
Während es in Hamburg festgelegt wird, dass der minderjährige Nutzer einen individuell gefestigten
Konsumentschluss gefasst hat und eine Einsichtsfähigkeit besitzt, muss in Hessen, Nordrhein-
Westfalen und dem Saarland zusätzlich die Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorliegen oder
die Leitung der Einrichtung die Nutzungsanfrage nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall für begründet
halten. In letzterem Fall ist in Hessen das zuständige Jugendamt einzubeziehen. Die Niedersächsische
Rechtsverordnung regelt zwar, dass Personen unter 16 Jahren von der Nutzung auszuschließen sind,
lässt aber offen, wie neben einer vorgeschriebenen Βeratung mit nicht-volljährigen Personen über 16
Jahren verfahren werden soll. (Das Fachpersonal muss „minderjährigen Drogenabhängigen in jedem
Einzelfall Beratungsgespräche und Ausstiegshilfen anbieten und auf jugendspezifische weitergehende
Hilfemöglichkeiten“ hinweisen (§ 7 Nr. 2).) Der Wortlaut („grundsätzlich“) deutet jedoch darauf hin,
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
25
dass diese unter Umständen Zugang erhalten können, zumal sie nicht zwingend von der Nutzung
ausgeschlossen werden müssen.
Die Saarländische und die Niedersächsische Rechtsverordnung verlangen den Ausschluss
Opiatabhängiger, die sich in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden. Die Rechts-
verordnungen der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen verlangen den Ausschluss Opiat-
abhängiger, die sich erkennbar in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden. Unklar ist, wie
man die Teilnahme an einer solchen Behandlung erkennt. Einzig im Land Hamburg müssen
substituierte Abhängige nicht ausgeschlossen werden.
Die Vorgabe des Bundesgesetzgebers in § 10 a II Nr. 7 BtMG, dass offenkundige Erst- oder
Gelegenheitskonsumenten von der Benutzung des Drogenkonsumraums auszuschließen sind, wird so
nur in den Rechtsverordnungen der Länder Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Saarland
übernommen. Hessen übernimmt diese Vorschrift lediglich für offenkundige Erstkonsumenten, nicht
aber für offenkundige Gelegenheitskonsumenten und bleibt so hinter der bundesrechtlichen Vorgabe
zurück. Die Niedersächsische Rechtsverordnung dagegen verschärft die Ausschlussregelungen
dahingehend, dass sie auf das ohnehin sehr unklare Merkmal der Offenkundigkeit verzichtet. Dies ist
zulässig, da es sich bei den bundesrechtlichen Vorgaben um Mindestanforderungen handelt.
Nur nach der Rechtsverordnung von Niedersachsen sind Personen, die sich nicht ausweisen können,
von der Benutzung des Drogenkonsumraums auszuschließen.
4.2.8 § 10 a II Nr. 8 BtMG (Dokumentation der Arbeit)
§ 10 a II Nr. 8 BtMG fordert „eine Dokumentation und Evaluation der Arbeit in den Drogen-
konsumräumen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Die Hamburger Rechtsverordnung setzt diese Regelung in ihrem § 11 um. Danach muss „neben den
im Rahmen der Gewährung öffentlicher Mittel verbindlich durchgeführten Dokumentations- und
Evaluationsverfahren“ eine „ständige Dokumentation des Einrichtungsbetriebs erfolgen“ (§ 11 S. 1).
Hierzu sind gem. § 11 S. 2 „Tagesprotokolle zu fertigen, aus denen sich Ablauf und Umfang der
Kontakte von Benutzerinnen und Benutzern, das eingesetzte Personal und besondere Vorkommnisse
ersehen lassen.“ „Diese Protokolle sind monatlich intern auszuwerten“ (§ 11 S. 3).
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Rechtsverordnung des Landes Hessen schreibt „eine fortlaufende Dokumentation über den Betrieb
der Einrichtung unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen“ vor (§ 10 S. 1). Hierzu sind
auch in Hessen gem. § 10 S. 2 „Tagesprotokolle zu fertigen, die über Umfang und Ablauf der
Nutzerkontakte, Zahl und Tätigkeit des Personals sowie besondere Vorkommnisse Auskunft geben.“
Diese Protokolle sind gem. § 10 S. 3 „zu Monatsberichten zusammenzufassen und im Hinblick auf die
Zweckbestimmung auszuwerten.“ „Auf Verlangen sind die Monatsberichte der Überwachungsbehörde
vorzulegen“ (§ 10 S. 4).
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
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Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Niedersächsische Rechtsverordnung setzt § 10 a II Nr. 8 BtMG in ihrem § 10 um. Danach
bestimmt die Erlaubnisbehörde in Auflagen, dass „die Arbeit in dem Drogenkonsumraum unter
Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen ständig zu dokumentieren und zu evaluieren ist“
(§ 10 Nr. 1). Ferner sind „für die Aufgabe nach Nr. 1 Tagesprotokolle zu fertigen, die geschlechts-
spezifisch und altersbezogen über Ablauf und Umfang der Kontakte mit den Benutzerinnen und
Benutzern, insbesondere über die bei Minderjährigen unterbreiteten Beratungsangebote, Zahl und
Tätigkeit des Personals, einrichtungsbedingte Auswirkungen auf das unmittelbare räumliche Umfeld
sowie besondere Vorkommnisse Auskunft geben“ (§ 10 Nr. 2). Diese Protokolle sind nach § 10 Nr. 3
„zu Monatsberichten zusammenzufassen und im Hinblick auf die Betriebszwecke auszuwerten.“ Über
die Ergebnisse dieser Auswertung sind „die untere Gesundheitsbehörde, die Polizei und die Gemeinde
zu unterrichten“ (§ 10 Nr. 4). Die Monatsberichte sind nach § 10 Nr. 5 „auf Verlangen der
Überwachungsbehörde vorzulegen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Nach § 9 S. 1 der Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen haben die Leitungen „eine fortlaufende
Dokumentation über den Betrieb der Drogenkonsumräume in anonymisierter Form und unter
Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen sicherzustellen.“ Hierzu sind gem. § 9 S. 2
„Tagesprotokolle zu fertigen, die insbesondere über Umfang und Ablauf der Nutzerkontakte, Zahl und
Tätigkeit des eingesetzten Personals sowie alle besonderen Vorkommnisse Auskunft geben“ müssen.
„Diese Protokolle sind in einem monatlichen Bericht zusammenzufassen und im Hinblick auf die
Zielerreichung regelmäßig auszuwerten“ (§ 9 S. 3). „Über die Ergebnisse sind die zuständigen
Gesundheits-, Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden zu unterrichten“ (§ 9 S. 4). Die Berichte sind
gem. § 9 S. 5 „der Überwachungsbehörde regelmäßig vorzulegen.“
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung setzt § 10 a II Nr. 8 in § 12 um. Danach muss nach § 12 I 1 „eine
Dokumentation über den Betrieb des Drogenkonsumraums erfolgen.“ Hierbei sind gem. § 12 I 2
„unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Altersangaben, Geschlechtszugehörigkeit, Nationalität, Konsumverhalten, Drogenpräferenz,
Nutzungszahl und Nutzungsfrequenz, Gesundheitsschäden, AIDS und Hepatitis, Notfallsituationen,
Wundversorgungen, Ausstiegsvermittlungen und die Sicherheitsproblematik.“ Das Ministerium für
Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales erhält gem. § 12 II „hierzu einmal jährlich einen Bericht.“
Vergleich
Alle Rechtsverordnungen mit Ausnahme der des Landes Hamburg verlangen die Beachtung der
datenschutzrechtlichen Bestimmungen, was aber nur deklaratorische Wirkung hat, da das BDSG bzw.
das jeweilige Landesdatenschutzgesetz auch ohne diesen Hinweis beachtet werden muss.
4.2.9 § 10 a II Nr. 9 BtMG (Personal)
Nach § 10 a II Nr. 9 BtMG müssen die Rechtsverordnungen der Länder als Mindeststandard die
„ständige Anwesenheit von persönlich zuverlässigem Personal in ausreichender Zahl“ festlegen.
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
27
Dieses muss „für die Erfüllung der in den Nummern 1 bis 7 genannten Anforderungen fachlich
ausgebildet“ sein.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Die Rechtsverordnung von Hamburg legt in § 12 fest, dass während der Öffnungszeiten des
Drogenkonsumraums „persönlich zuverlässiges und für die Erfüllung der in den §§ 4 bis 10 genannten
Anforderungen fachlich ausgebildetes Personal in ausreichender Zahl anwesend sein“ muss.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung regelt in ihrem § 11 S. 1, dass während der Öffnungszeiten die
„ständige Anwesenheit von Personal in ausreichender Zahl zu gewährleisten“ ist. „Alle zum Personal
gehörenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen für die Erfüllung der in den §§ 3 bis 9 dieser
Verordnung genannten Anforderungen fachlich ausgebildet und zuverlässig sein“ (§ 11 S. 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen setzt die Vorschrift des § 10 a II Nr. 9 BtMG in § 11
um. Danach muss sichergestellt sein, dass „während der Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums
zuverlässiges und für die Erfüllung der Aufgaben fachlich ausgebildetes Personal (Fachpersonal) in
ausreichender Zahl anwesend ist“ (§ 11 Nr. 1). Ferner muss das „sonstige Personal“ gem. § 11 Nr. 2
„entsprechend seiner Aufgaben eingewiesen“ sein.
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Die Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen legt in § 10 S. 1 fest, dass während der
Öffnungszeiten „die ständige Anwesenheit von ausreichendem Fachpersonal zu gewährleisten“ ist.
„Die in der Erlaubnis festgelegte Zahl und die Qualifikation der für die Beratung der
Drogenkonsumentinnen und -konsumenten erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darf nicht
unterschritten werden“ (§ 10 S. 2). Die Nachweise persönlicher Zuverlässigkeit müssen im
Erlaubnisverfahren erbracht werden (§ 12 S. 2).
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung regelt in ihrem § 13, dass während der Öffnungszeiten des
Drogenkonsumraums „persönlich zuverlässiges und fachlich ausgebildetes Personal für die Erfüllung
der in den §§ 3 bis 11 genannten Anforderungen in ausreichender Zahl anwesend sein“ muss.
Vergleich
Die Rechtsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen verzichtet an dieser Stelle darauf, das
Merkmal der persönlichen Zuverlässigkeit des beschäftigten Personals zu übernehmen. Allerdings
muss die persönliche Zuverlässigkeit im Rahmen des Erlaubnisverfahrens erbracht werden.
Die Niedersächsische Rechtsverordnung verlangt zusätzlich zur fachlichen Ausbildung eine
Einweisung des sonstigen Personals entsprechend seiner Aufgaben.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
28
Die Frage, welche Anforderungen an die fachliche Ausbildung des Personals gestellt werden, bleibt
sowohl in § 10 a II Nr. 9 BtMG als auch in den jeweiligen Rechtsverordnungen der Länder
unbeantwortet. Die Praxis wird zeigen, welche Kenntnis- bzw. Ausbildungsnachweise in den
Erlaubnisverfahren der Länder von den jeweiligen Erlaubnisbehörden verlangt werden.
4.2.10 § 10 a II Nr. 10 BtMG (Verantwortliche Person)
Gem. § 10 a II Nr.10 BtMG muss eine sachkundige Person benannt werden, „die für die Einhaltung
der in den Nummern 1 bis 9 genannten Anforderungen, der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der
Anordnungen der Überwachungsbehörde verantwortlich ist (Verantwortlicher) und die ihr obliegenden
Verpflichtungen ständig erfüllen kann.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Nach § 3 der Rechtsverordnung von Hamburg hat der Betreiber des Drogenkonsumraums „spätestens
mit dem Antrag eine sachkundige Person zu benennen, die für die Einhaltung der in den §§ 4 bis 12
genannten Anforderungen, der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anordnungen der
Überwachungsbehörde (§ 19 I 4 BtMG) verantwortlich ist (Verantwortliche oder Verantwortlicher)
und die ihr obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen kann.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Rechtsverordnung des Landes Hessen setzt § 10 a II Nr. 10 BtMG in ihrem § 12 um. Danach muss
die Leitung eines Drogenkonsumraums „fachlich ausgebildet und zuverlässig sein“ (§ 12 I 1). Die
Leitung ist gem. § 12 I 2 „verantwortlich für die Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten
Anforderungen, der Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anordnungen der Überwachungs-
behörde“ und wird als Verantwortlicher im Sinne des § 10 a II Nr. 10 BtMG benannt.
Gem. § 12 II hat der Träger der Einrichtung „für die Einhaltung der in Abs. 1 aufgeführten
Anforderungen, Auflagen und Anordnungen ebenfalls Sorge zu tragen.“
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
Die Niedersächsische Rechtsverordnung regelt in § 12 S. 1, dass die Leitung des Drogenkonsumraums
„sachkundig und in der Lage sein“ muss, die ihr „obliegenden Aufgaben zu erfüllen.“ Sie ist „als
verantwortlich im Sinne von § 10 a II Nr. 10 BtMG zu benennen“ (§ 12 S. 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Die Rechtsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen setzt § 10 a II Nr. 10 BtMG in ihrem § 11 I
um. Danach sind die Leitungen der Drogenkonsumräume „verantwortlich für die Einhaltung der in
dieser Verordnung festgelegten Pflichten.“
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung bestimmt in § 14, dass der Träger des Drogenkonsumraums
„eine sachkundige Person und ihre Vertretung zu benennen“ hat, „die für die Einhaltung der in den
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
29
§§ 4 bis 13 genannten Anforderungen und der Auflagen sowie Anordnungen des Ministeriums für
Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales verantwortlich sind und die ihnen obliegenden
Verpflichtungen ständig erfüllen können.“
Vergleich
Auffallend ist, dass die Hessische Rechtsverordnung zusätzlich zu der verantwortlichen Person
explizit auch den Träger der Einrichtung mit in die Verantwortung nimmt. Diese muss außerdem
fachlich ausgebildet und zuverlässig sein. Auch hier bleibt offen, welche Anforderungen an die
Ausbildung zu stellen sind. Aufschlüsse hierüber werden sich wohl erst im Laufe der Zeit aus der
Verwaltungspraxis der hessischen Erlaubnisbehörde ergeben.
4.2.11 § 10 a IV BtMG (Verbot von Substanzanalysen / aktiver Hilfe beim Konsum)
Eine Erlaubnis nach § 10 a I BtMG „berechtigt das in einem Drogenkonsumraum tätige Personal
nicht, eine Substanzanalyse der mitgeführten Betäubungsmittel durchzuführen oder beim
unmittelbaren Verbrauch der mitgeführten Betäubungsmittel aktive Hilfe zu leisten“ (§ 10 a IV
BtMG).
Diese Vorschrift regelt anders als die oben besprochenen Vorschriften keinen der sogenannten
Mindeststandards (§ 10 a II Nr. 1 – 10 BtMG), die von den Rechtsverordnungen der Länder
übernommen werden müssen. Dennoch findet sie sich in vielen der bislang existierenden
Rechtsverordnungen wieder.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hamburg
Nach § 10 II 3 der Hamburger Rechtsverordnung muss sich aus dem Konzept des Betreibers des
Drogenkonsumraums, das die geduldeten Betäubungsmittel und Konsumformen festlegt, ergeben, „ob
Substanzanalysen im Sinne von § 10 a IV BtMG in einer hierzu betäubungsmittelrechtlich befugten
Stelle veranlasst werden sollen.“
§ 10 a IV BtMG wird nicht übernommen.
Die Ausgestaltung der Regelung in Hessen
Die Hessische Rechtsverordnung regelt in § 9 III 1, dass „die zum sofortigen Konsum mitgeführten
Betäubungsmittel“ „vor der Verabreichung einer Sichtkontrolle zu unterziehen“ sind. Nach § 9 III 2 ist
„eine Substanzanalyse durch das Personal“ nicht zulässig.
Der Träger der Einrichtung hat „dafür Sorge zu tragen, dass die Leitung und das Personal keine aktive
Hilfe beim unmittelbaren Verbrauch der Betäubungsmittel leisten“ (§ 12 II 2).
Die Ausgestaltung der Regelung in Niedersachsen
§ 5 III Nr. 2 der Rechtsverordnung des Landes Niedersachsen enthält lediglich die Regelung, dass die
Hausordnung bestimmen muss, „dass alle Benutzerinnen und Benutzer die mitgeführten
Betäubungsmittel einer Sichtkontrolle durch das Fachpersonal zuzuführen haben.“
§ 10 a IV BtMG wird nicht übernommen.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
30
Die Ausgestaltung der Regelung in Nordrhein-Westfalen
Nach § 8 III 1 der Nordrhein-Westfälischen Rechtsverordnung sind die von den Nutzern mitgeführten
Betäubungsmittel „einer Sichtkontrolle zu unterziehen.“ „Von einer näheren Substanzanalyse zur
Menge, Art und Zusammensetzung des Stoffes ist abzusehen“ (§ 8 III 2).
Die Träger von Drogenkonsumräumen haben gem. § 11 II „sicherzustellen, dass die Leitungen und
deren Personal weder selbst am Betäubungsmittelverkehr teilnehmen noch aktive Hilfe beim
unmittelbaren Verbrauch der Betäubungsmittel leisten.“ Gem. § 11 III wirken die Träger „an
allgemeinen Maßnahmen zur Prävention von Drogenkonsum mit.“
Die Ausgestaltung der Regelung im Saarland
Die Saarländische Rechtsverordnung regelt in ihrem § 11 I 1, dass „die von den Benutzerinnen und
Benutzern mitgeführten Betäubungsmittel“ einer „Sichtkontrolle zu unterziehen“ sind. „Von einer
näheren Substanzanalyse zu Menge, Art und Zusammensetzung des Stoffes“ ist gem. § 11 I 2
abzusehen.
Vergleich
Auch wenn die Rechtsverordnungen der Länder Hamburg und Niedersachsen die Regelung des § 10 a
IV BtMG nicht übernehmen (Durchführung von Substanzanalysen durch das Personal), bleibt es
dennoch bei der Geltung der bundesrechtlichen Regelung, nach der das in einem Drogenkonsumraum
tätigen Personal nicht berechtigt ist, eine Substanzanalyse durchzuführen. Die Übernahme der
Vorschrift durch die übrigen Länder hat lediglich deklaratorische Wirkung.
Bezüglich des Verbots der aktiven Hilfe beim Verbrauch heißt es in den (gleichlautenden)
Gesetzentwürfen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Bundesregierung:
„Die Regelung in Absatz 4 soll klarstellen, dass das Verschaffen einer Gelegenheit zum
Drogenkonsum nicht zu den vorrangigen Aufgaben eines Drogenkonsumraums und seines Personals
gehört und ihm daher jede aktive Unterstützung des Drogenkonsums verboten ist. Dies entspricht im
übrigen der mitgeteilten Praxis in den bestehenden Drogenkonsumräumen.“9
Ein Verstoß gegen § 10 a IV BtMG „kann je nach Ausgestaltung nach § 29 I 1 Nrn. 1, 3 oder 6 lit. b
BtMG strafbar sein“10. In jedem Fall aber könnte eine aktive Beteiligung des Personals am Konsum
aber zum Widerruf der Erlaubnis nach § 10 a I BtMG führen.
4.3 Fazit: Vergleich der Rechtsverordnungen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die bislang existierenden Rechtsverordnungen
der Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Saarland in vielen Punkten
nicht grundlegend voneinander unterscheiden. Dennoch gibt es einige bedeutsame Unterschiede, so
z. B. zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Minderjährigen der Zugang zu den
Drogenkonsum-Einrichtungen gestattet werden soll. Niedersachsen setzt ein Mindestalter von 16
Jahren fest und sieht vor, dass minderjährigen Drogenabhängigen in jedem Einzelfall
9 BT-Drucksache 14/1515 S. 7; BT-Drucksache 14/1830 S. 7
10 Katholnigg, Oskar „Die Zulassung von Drogenkonsumräumen und strengere Kriterien bei der Substitution – das Dritte
Gesetz zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes“ NJW 2000, 1217, 1221
Vergleich der bestehenden Rechtsverordnungen zum Betrieb von Drogenkonsumräumen
31
Beratungsgespräche und Ausstiegshilfen angeboten werden und auf jugendspezifische weitergehende
Hilfemöglichkeiten hingewiesen werden. Während in Hamburg minderjährige Nutzer einen
individuell gefestigten Konsumentschluss gefasst und eine Einsichtsfähigkeit besitzen müssen, muss
in Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland neben diesen Kriterien außerdem die Zustimmung
der Erziehungsberechtigten vorliegen oder die Leitung der Einrichtung die Nutzungsanfrage nach
sorgfältiger Prüfung im Einzelfall für begründet halten. In letzterem Fall ist in Hessen das zuständige
Jugendamt einzubeziehen. Die Niedersächsische Rechtsverordnung regelt zwar, dass Personen unter
16 Jahren von der Nutzung auszuschließen sind, lässt aber offen, wie neben einer durch die
Rechtsverordnung vorgeschriebenen Beratung – mit nicht-volljährigen Personen über 16 Jahren
verfahren werden soll. Der Wortlaut („grundsätzlich“) deutet jedoch darauf hin, dass diese unter
Umständen Zugang erhalten können, zumal sie nicht zwingend von der Nutzung ausgeschlossen
werden müssen.
Ebenso bedeutsam ist die unterschiedliche Umsetzung des § 10 a II Nr. 7 BtMG, dass offenkundige
Erst- oder Gelegenheitskonsumenten von der Benutzung des Drogenkonsumraums auszuschließen
sind. Hessen übernimmt diese Vorschrift lediglich für offenkundige Erstkonsumenten, nicht aber für
offenkundige Gelegenheitskonsumenten. Trotzdem ist nicht davon auszugehen, dass der hessische
Verordnungsgeber „offenkundigen Gelegenheitskonsumenten“ den Zutritt zu Konsumräumen
gestatten möchte.
Die Niedersächsische Rechtsverordnung dagegen verschärft die Ausschlussregelungen dahingehend,
dass sie auf das – ohnehin sehr dürftige, weil schwer greifbare – Merkmal der Offenkundigkeit
verzichtet. Dies ist zulässig, da es sich bei den bundesrechtlichen Vorgaben um Mindestanforderungen
handelt.
Die Saarländische und die Niedersächsische Rechtsverordnung verlangen den Ausschluss
Opiatabhängiger, die sich in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden. Die Rechts-
verordnungen der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen verlangen den Ausschluss Opiat-
abhängiger, die sich erkennbar in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden. Unklar ist, wie
man die Teilnahme an einer solchen Behandlung erkennt. Bemerkenswert ist diese fast einheitliche
Regelung – einzig im Land Hamburg müssen substituierte Abhängige nicht ausgeschlossen werden –
deswegen, weil sie von § 10 a BtMG nicht verlangt wird.
Nur nach der Niedersächsischen Rechtsverordnung sind Personen, die sich nicht ausweisen können,
von der Benutzung des Drogenkonsumraums auszuschließen.
Bei der Umsetzung des § 10 a II Nr. 3 BtMG verlangt die Hamburger Rechtsverordnung ausdrücklich
kein ärztliches Handeln für die erforderliche Beratung und Hilfe. Demgegenüber findet sich allein in
der Rechtsverordnung von Nordrhein-Westfalen die Formulierung „Es muss sichergestellt sein, dass
ärztliche Hilfe und Beratung unverzüglich erfolgen können“, während die übrigen
Rechtsverordnungen von „medizinischer Beratung und Hilfe“ sprechen.
Außerdem erwähnenswert erscheint die Tatsache, dass die Hessische Rechtsverordnung als einzige
darauf verzichtet hat, dem Träger der Einrichtung die Werbung für diese ausdrücklich zu verbieten. In
den übrigen Ländern ist den Trägern der Einrichtung lediglich der Hinweis auf den Drogen-
konsumraum im Rahmen ihrer Aufklärungsarbeit gestattet, wobei in der Praxis die Grenze zur
Werbung fließend sein dürfte.
Rechtsbegriffe, die aufgrund ihrer Unbestimmtheit der Auslegung bedürfen, gibt es sowohl in § 10 a
BtMG als auch in den Rechtsverordnungen der Länder, so z. B. den der „fachlichen Ausbildung“ des
Personals oder den der „aktiven Hilfe beim Konsum.“ Rechtsprechung zum Thema
„Drogenkonsumräume“ fehlt bislang gänzlich, so dass es noch einige Zeit dauern wird, bis sich die
einzelnen Merkmale verfestigt und konkretisiert haben.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
32
Die Zukunft wird zeigen, ob die mit dem Dritten BtMG-Änderungsgesetz geschaffene Rechts-
sicherheit die vermehrte Einrichtung von Drogenkonsumräumen zur Folge haben wird und ob auf
diesem Wege eine positive Wirkung auf die Drogensituation in Deutschland erzielt werden kann.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Hessische Rechtsverordnung „mit Ablauf des 31.
Dezember 2006 außer Kraft“ tritt und damit die rechtliche Grundlage zum Betrieb von
Drogenkonsumräumen in Hessen entfällt. Die anderen Rechtsverordnungen sind zeitlich nicht
befristet.
Länderspezifische Checklisten
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5 Länderspezifische Checklisten
Um die Einhaltung der in den Rechtsverordnungen vorgeschriebenen Mindeststandards überprüfen zu
können, wurde zunächst für jedes Bundesland eine Checkliste erstellt, in der die in der jeweiligen
Rechtsverordnung genannten Kriterien einzeln übernommen wurden. Bei der Überprüfung wurde
zwischen Kriterien unterschieden, die sich durch „in Augenschein-Nahme“ und gezielte Fragen im
Interviewleitfaden überprüfen bzw. sich durch einen einmaligen Besuch nicht überprüfen lassen.
In den nachfolgend aufgeführten Checklisten ist in der ersten Spalte vermerkt, wie die
Mindeststandards überprüft wurden. Bauliche / technische Standards wurden in der Regel bei der
Besichtigung der Einrichtung durch das Kriterium vorhanden / nicht vorhanden bzw. möglich / nicht
möglich überprüft, die anderen Mindeststandards wurden im Interview abgefragt und, sofern
vorhanden, die Angaben durch entsprechende Daten dokumentiert.
Die Behörde für Umwelt und Gesundheit (BUG) der Freien und Hansestadt Hamburg hielt eine
Prüfung von Sachverhalten, die bereits im offiziellen Genehmigungsverfahren durch die Fachbehörde
geprüft wurden, im Rahmen der Studie für nicht notwendig. Die Behörde händigte der ZEUS GmbH
den offiziellen Prüfkatalog der BUG zur Vorbereitung der Erlaubnisbescheide aus. Alle Hamburger
Einrichtungen sind gemäß dieses Prüfkataloges geprüft worden und verfügen über einen
Erlaubnisbescheid.
Dementsprechend wurden die zu prüfenden Kriterien mit der Behörde für Umwelt und Gesundheit
abgesprochen. Von den Untersuchern nicht überprüfte Kriterien sind durch den Text „geprüft von
Erlaubnisbehörde“ in der ersten Spalte der Checkliste für Hamburg gekennzeichnet.
Evaluation der Arbeit der Drogenkonsumräume in der Bundesrepublik Deutschland
34
5.1 Checkliste Hamburg
Prüfung Hamburg vorhanden / ja nicht vorh. /
nein
durch Erlaubnisbehörde Räumliche Abgrenzung von der übrigen Drogenhilfeeinrichtung.
durch Erlaubnisbehörde Sämtliche Flächen müssen aus glatten, abwaschbaren und desinfizierbaren Materialien bestehen.
durch Erlaubnisbehörde Ausreichende Bereitstellung steriler Einmalspritzen, Tupfer, Ascorbinsäure, Injektionszubehör,
Desinfektionsmittel sowie durchstichsicherer Entsorgungsbehälter.
durch Erlaubnisbehörde Raum muss ständig hinreichend belüftet und beleuchtet werden.
Sicht Raum muss ständig in sauberem Zustand gehalten werden und regelmäßig desinfiziert werden.
Sicht Ständige Sichtkontrolle der Applikationsvorgänge durch in der Notfallversorgung geschultes Personal. möglich? nicht möglich?
Fragebogen Es muss sichergestellt sein, dass im Notfall sofortige Beatmungs- und Reanimationsmaßnahmen und eine
akute Wundversorgung möglich sind.
Sicht Es sind ständig technische Notfall-Vorrichtungen im DK-Raum bereitzuhalten. vorhanden?
nicht
vorhanden?
durch Erlaubnisbehörde Schneller und problemloser Zugang zu dem Raum für externe Rettungsdienste muss sichergestellt werden.
Sicht
Dokumentation
Notfallplan, in dem die Einzelheiten der Notfallversorgung festgehalten sind, muss dem Personal zur
Verfügung stehen, ständig aktualisiert werden und jederzeit umgesetzt werden können.
Fragebogen
Medizinische Beratung und Hilfe der Benutzer des DK-Raums in allen applikationsrelevanten Fragen,
insbesondere infektiologische Aspekte sowie der Risikozusammenhang zwischen der körperlichen
Konstitution und der Toxizität der vorbereiteten BtM-Dosis.
Fragebogen Medizinische Beratung und Hilfe erfordern kein ärztliches Handeln, bedürfen aber eines nachweislich
medizinisch geschulten Personals.
Fragebogen
Über eine suchtspezifische Erstberatung hinaus müssen weiterführend ausstiegsorientierte Beratungs- und
Behandlungsmaßnahmen aufgezeigt, initiiert und bei Bedarf veranlasst werden; Personen, die einen
Entgiftungswunsch äußern, ist Hilfestellung beim Kontakt zu geeigneten Einrichtungen zu leisten.
Fragebogen
Beratungs- und Hilfeangebote, die nicht einrichtungsintern realisiert werden können, sind den Benutzern
zugänglich zu machen. Die Wahrnehmung solcher Angebote ist durch Zusammenarbeit mit geeigneten
anderen Einrichtungen zu fördern.
Fragebogen Straftaten nach dem BtMG, abgesehen vom Besitz von BtM zum Eigenverbrauch in geringer Menge,
dürfen innerhalb der Einrichtung nicht geduldet werden. Darauf ist durch Aushang hinzuweisen.
Die Einrichtung hat sich allg. Werbung zu enthalten und darf nur zielgruppenspezifische Informationen
erteilen.
nicht
überprüfbar
Fragebogen
Dokumentation der durch den DK-Raum bedingten Auswirkungen auf das unmittelbare Umfeld der
Einrichtung und aktueller Vorkommnisse durch die verantwortliche Person, unter Umständen ist eine
Zusammenarbeit mit den zuständigen Polizeidienststellen erforderlich, zu diesen ist regelmäßiger Kontakt
zu halten.
Fragebogen Wöchentliches Kurzprotokoll.
Fragebogen Benutzung darf nur volljährigen Personen angeboten werden.
Fragebogen Benutzer müssen aufgrund bestehender BtM-Abhängigkeit einen Konsumentschluss gefasst haben und
über Konsumerfahrungen verfügen.
Fragebogen
Bei reife- oder krankheitsbedingten Zweifeln an der Einsichtsfähigkeit einer Person in die durch die
Applikation erfolgende Gesundheitsschädigung ist die Person von der Benutzung des DK-Raumes
auszuschließen. Alkoholisierten oder intoxikierten Personen, bei denen die Nutzung des DK-Raumes ein
erhöhtes Gesundheitsrisiko verursachen könnte, ist der Zugang zu verweigern.
Fragebogen Bei Minderjährigen, die Einlass begehren, hat das Personal durch direkte Ansprache zu klären, ob ein
individuell gefestigter Konsumentschluss und eine Einsichtsfähigkeit vorliegen.
Fragebogen
Das Personal ist anzuhalten, dass offenkundige Erst- und Gelegenheitskonsumenten am Zugang zum DK-
Raum gehindert und durch direkte Ansprache an ein anderweitiges Beratungs- oder Hilfeangebot
herangeführt werden.
Fragebogen
Der Konsum von BtM im DK-Raum kann Opiate, Kokain, Amphetamin oder deren Derivate betreffen und
intravenös, oral, nasal oder inhalativ erfolgen. Das Konzept des Betreibers muss festlegen, für welche
genannten BtM und Konsumformen der DK-Raum vorgesehen ist.
Fragebogen
Ständige Dokumentation des Einrichtungsbetriebes: Tagesprotokolle, aus denen sich Ablauf und Umfang
der Kontakte von Benutzern, das eingesetzte Personal und besondere Vorkommnisse ersehen lassen; diese
sind monatlich intern auszuwerten.
durch Erlaubnisbehörde
Fragebogen
Während der Öffnungszeiten: Anwesenheit von persönlich zuverlässigem und fachlich ausgebildetem
Personal in ausreichender Zahl.
durch Erlaubnisbehörde
Benennung einer sachkundigen Person, die für die Einhaltung sämtlicher Anforderungen, der Auflagen der
Erlaubnisbehörde sowie der Anordnungen der Überwachungsbehörde verantwortlich ist und die ihr
obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen kann.
Eine Erlaubnis nach Absatz 1 berechtigt das in einem Drogenkonsumraum tätige Personal nicht, eine
Substanzanalyse der mitgeführten BtM durchzuführen oder beim unmittelbaren Verbrauch der
mitgeführten BtM aktive Hilfe zu leisten (§ 10 a IV BtMG).
nicht
überprüfbar