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Journalismusforschung

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Abstract

Journalism Switzerland
Vinzenz Wyss / Guido Keel
JOURNALISMUSFORSCHUNG
1 Einleitung: Historische Perspektive ....................339
2 Zwei Paradigmen – viele Zugänge .....................342
2.1 Berufsfeldforschung
...........................342
2.2 Traditionelle Ansätze der Gatekeeperforschung .......343
2.3 Redaktionsforschung ..........................344
2.4 Systemtheoretische Zugänge .....................345
2.5 Integrale Ansätze
.............................346
2.6 Cultural Studies ..............................347
3 Forschungsfelder und aktuelle Frage stellungen ...........348
3.1 Definitionsversuche und Analyseebenen
............348
3.2 Makroperspektive: Journalismus und Gesellschaft .....350
3.3 Mesoperspektive: Organisationale Strukturen ........355
3.4 Mikroperspektive: Akteursbezogene Merkmale
und Einstellungen ............................363
4 Ausblick: Die Agenda
..............................367
Literatur ..........................................370
337
1 Einleitung: Historische Perspektive
Die Journalismusforschung stellt eines der zentralen Forschungsfelder
der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft dar. Analysiert wird
mit Bezug auf die Gesellschaft, was Journalismus für die Öffentlichkeit
unter welchen Bedingungen leistet und welche Einflussfaktoren das
journalistische Handeln bestimmen bzw. inwiefern Journalismus mit
anderen gesellschaftlichen Teilbereichen wie Politik, Wirtschaft oder
Religion interagiert. Was kann überhaupt – angesichts medientechni-
scher und sozialer Entwicklungen – als Journalismus bezeichnet werden?
Welche Auswirkungen haben Trends der Digitalisierung, Kommerziali-
sierung und Medienkonzentration auf die Leistungsfähigkeit des Journa-
lismus? Inwiefern verändern organisationale Arbeitsbedingungen sowie
das berufliche Umfeld die Arbeit von Journalisten? Warum berichten
Redaktoren über bestimmte Ereignisse eher als über andere? Welche
Merkmale charakterisieren Journalisten, und von welchen Publikums-
konstruktionen gehen sie aus? Das sind beispielhafte Fragen, die man im
Rahmen der Journalismusforschung zu klären versucht.
Die Journalismusforschung versteht sich heute vorwiegend als
sozialwissenschaftliche Forschung, die sich empirisch mit den „Bedin-
gungen der organisatorischen Her- und Bereitstellung publizistischer
Aussagen“ beschäftigt (vgl. Rühl 1992: 129) – also mit den Strukturen,
Prozessen und Leistungen bei der Entstehung von Medienangeboten.
Damit begibt sie sich auf ein „pluralistisches, differenziertes und dyna-
misches Forschungsfeld“ (Löffelholz 2003: 31). Die Entgrenzung ihres
Gegenstands erfordert auch eine gewisse Offenheit etwa gegenüber
medienökonomischen, soziologischen oder kommunikationspoliti-
schen Perspektiven auf der einen und (sozial-)psychologischen oder
linguistischen Zugängen auf der anderen Seite. Mit dieser Vielfalt der
Blickrichtungen bildeten sich in der Geschichte der Journalismus-
forschung verschiedene, zum Teil aufeinander aufbauende, zum Teil
nebeneinander herlaufende Forschungstraditionen heraus, die sich in
ihrem Zugang zum Gegenstand unterscheiden. Die Vielfalt von Fra-
gestellungen und theoretischen Zugängen lässt sich entweder stärker
einem handlungstheoretischen oder einem strukturtheoretischen
Zugang zuordnen.
Die Herausbildung der Journalismusforschung geht etwa auf die
Mitte des 19. Jahrhunderts zurück und verläuft parallel zur Professio-
Entgrenzung des
Gegenstands
„Take off“ des
Journalismus
339
nalisierung des Journalismus als Beruf. Sie fällt zusammen mit dem
Anspruch der Presse, Unabhängigkeit gegenüber Regierung, Justiz und
Wirtschaft zu erlangen. Für den Medienhistoriker Jörg Requate kann die
Bedeutung des Unabhängigkeitsanspruches als korrektive Leitidee für
die Entwicklung der Presse seit dem 19. Jahrhundert kaum überschätzt
werden (Requate 2003: 58). Die 1848 in Deutschland und der Schweiz
erkämpfte Pressefreiheit gegenüber dem Obrigkeitsstaat als Inbegriff
feudaler Herrschaft brachte die Presse in eine Schrittmacherrolle für
Fortschritt und Demokratie (Schulz 2000: 71). Blöbaum (1994: 179)
spricht von dieser Zeit als der Phase des Take-off des Journalismus, in
der die Redaktion als journalistische Organisation entsteht. Zu diesem
Zeitpunkt finden sich denn auch im Werk des Historikers Eduard Prutz
(1816–1872) erste theoretische Beschreibungen des Journalismus –
lange bevor an Universitäten Zeitungskunde gelehrt wurde. Auch der
1924 erschienene „Vorbericht über eine vorgeschlagene Erhebung über
die Soziologie des Zeitungswesens“ des Soziologen Max Weber (1864–
1929) war der darauf folgenden Zeitungswissenschaft weit voraus, weil
bereits darin ein theoretischer und methodischer Pluralismus pos-
tuliert sowie die Beziehung zwischen Journalismus und Gesellschaft
betont wurde. Trotz dieser wichtigen Vorläufer einer gesellschaftsbe-
zogenen Journalismusforschung kümmerte sich die hiesige Zeitungs-
wissenschaft des frühen 20. Jahrhunderts kaum um eine sozialwis-
senschaftliche Auseinandersetzung mit dem Journalismus. Vielmehr
wurde das Fach von der nationalsozialistischen Herrschaft als Recht-
fertigungsinstanz instrumentalisiert. So hat sich die deutschsprachige
Journalismusforschung zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Zeitungs-
wissenschaft ausschliesslich normativ und individuumszentriert mit
den Eigenschaften herausragender journalistischer Persönlichkeiten
und einem idealistischen Journalismusbegriff befasst. Die Nestoren der
damaligen Publizistikwissenschaft waren meist langjährige journalisti-
sche Praktiker. Bekanntester Vertreter des gelehrten „Praktizismus“ war
der Zeitungswissenschaftler Emil Dovifat (1890–1969).
Erst in den 1960er-Jahren erfolgte die Rezeption der amerikani-
schen Journalismusforschung. Dies führte zu einer Umorientierung
der deutschsprachigen Forschung, die sich nun stärker den Prinzipien
der empirischen Sozialwissenschaft verpflichtet fühlte (vgl. Löffel-
holz 2003: 30 f.). Sowohl die Berufsforschung als auch die traditio-
nelle Kommunikator- und Gatekeeperforschung waren jedoch noch
Journalistische
Praktiker
Handlung und
Struktur
340 Journalismusforschung
lange von einer handlungstheoretischen Herangehensweise geprägt.
Hierbei interessierte beispielsweise die Frage, inwieweit die Inten-
tionen von Journalisten deren Medienangebote beeinflussen. Erst
spätere Forschungen sind demgegenüber eher strukturorientiert und
beziehen – etwa in der Redaktionsforschung – auch organisations- und
institutionstheoretische Aspekte mit ein, indem sie das journalistische
Handeln im Rahmen von Medienorganisationen und gesellschaft-
lichen Institutionen analysieren. Diese Perspektive fragt etwa danach,
inwiefern sich die Institutionalisierungsform von Rundfunkorganisa-
tionen auf deren Programmqualität auswirkt. Die moderne Journalis-
musforschung zeichnet sich dadurch aus, dass sie die scheinbar dicho-
tome Gegenüberstellung von Handeln und Struktur zu überwinden
versucht. Die Perspektive der subjektzentrierten Handlungstheorien
soll mit derjenigen objektivistischer Strukturtheorien vereint werden:
Die Beziehung zwischen Akteur (Handeln) und System (Struktur) wird
als rekursives Konstitutionsverhältnis konzipiert – quasi als zwei Seiten
einer Münze.
Im folgenden Kapitel wird entlang einer historischen Perspek-
tive dargestellt, inwiefern die beiden Paradigmen einer akteurs- bzw.
einer strukturbezogenen Perspektive in den verschiedenen Tradi-
tionslinien der Journalismusforschung ihren Niederschlag finden. Im
dritten Kapitel wird versucht, Journalismus in einem mehrstufigen
Verfahren zu definieren, und auf ein Modell Bezug genommen, das
es erlaubt, journalistisches Handeln in einem empirischen Zugang in
seinen Strukturzusammenhängen zu analysieren. Die Verknüpfung
einer Makro-, Meso- und Mikroperspektive ist eine zentrale Voraus-
setzung bei der Identifizierung und Analyse von handlungsprägenden
sowie strukturbildenden Einflussfaktoren. Im vierten Kapitel werden
schliesslich entlang der vorgeschlagenen analytischen Ordnung zent-
rale Ergebnisse und Befunde aus der aktuellen Journalismusforschung
referiert. Dabei steht zunächst das Verhältnis von Journalismus und
Gesellschaft im Zentrum, bevor dann auf das redaktionelle Handeln
im organisationalen Kontext und schliesslich auf den Rollenkontext der
Journalisten fokussiert wird.
341Vinzenz Wyss / Guido Keel
2 Zwei Paradigmen – viele Zugänge
Im Folgenden werden vier Zugänge unterschieden, die jeweils einem
handlungstheoretischen oder einem strukturtheoretischen Paradigma
zugeordnet werden können: die Berufs- und Gatekeeperforschung auf
der einen sowie die organisationstheoretische Redaktionsforschung
und systemtheoretische Konzepte auf der anderen Seite. Anschliessend
wird auf Ansätze verwiesen, mit denen in der Journalismusforschung
versucht wird, die Kluft zwischen akteurszentrierter Handlungstheorie
und strukturbezogener Systemtheorie zu überbrücken. Schliesslich
wird auf kulturbezogene Annäherungen verwiesen, die immer mehr
auch für die Journalismusforschung fruchtbar gemacht werden.
2.1 Berufsfeldforschung
Seit den 1970er-Jahren sind im angelsächsischen Raum (vgl. Weaver/
Wilhoit 1986), aber auch in Deutschland (vgl. Böckelmann 1993),
Österreich und zu Beginn der 1980er-Jahre auch in der Schweiz (vgl.
Saxer/Schanne 1981) unterschiedlich breit angelegte Erhebungen zur
Berufssituation von Journalisten durchgeführt worden. Die Fragestel-
lungen dieser Berufsfeldforschung beziehen sich meist auf die Her-
kunft, die Rekrutierung, die Ausbildung, die Arbeitsbedingungen, die
Einstellungen sowie auf das Selbstverständnis von Journalistinnen
und Journalisten. In der Schweiz konzentrierten sich die Berufsfeld-
studien lange auf die Untersuchung einzelner spezifischer Gruppen
wie beispielsweise Journalistinnen (Corboud 1988), freie Journalisten
(Hänecke 1994), Bundeshausjournalisten (Saxer 1992), Agentur-
journalisten (Blum/Hemmer/Perrin 1995), Auslandkorrespondenten
(Gysin 2000), Videojournalisten (Witsch 2006) oder Sportjournalisten
(Beck/Kolb 2009).
Die Einführung des dualen Rundfunksystems sowie die deut-
sche Wiedervereinigung waren in Deutschland Anlass, zu Beginn der
1990er-Jahre zwei repräsentative Journalistenenquêten durchzuführen
(vgl. Mahle 1993; Schneider/Schönbach/Stürzebecher 1993; Scholl/
Weischenberg 1998). Diese wurde zehn Jahre später von Weischen-
berg/Scholl/Malik (2006) in einer Longitudinalstudie wiederholt, was
interessante Daten für einen Zeitvergleich zutage förderte. Im interna-
tionalen Rahmen konnten Weaver (1998) bzw. Weaver/Willnat (2010)
Länderspezifische
Studien
342 Journalismusforschung
mehrfach eine vergleichende Synopse zur Situation der Journalisten in
den unterschiedlichsten Ländern erarbeiten. In der Schweiz lag 2001
erstmals eine repräsentative Journalistenbefragung vor, die an die
bestehende internationale Forschung anknüpfen konnte (vgl. Marr u. a.
2001) und 2008 ebenfalls zum Zweck des Zeitvergleichs wiederholt
wurde (vgl. Wyss/Keel 2010).
2.2 Traditionelle Ansätze der
Gatekeeperforschung
Die lange stark handlungstheoretisch ausgerichtete Gatekeeperfor-
schung hat ihren Ursprung in der empirischen Journalismusforschung
der USA, welche sich mit dem Entscheidungshandeln von Journalisten
beschäftigte. Sie stellt journalistische Selektions- und redaktionelle
Verarbeitungsprozesse ins Zentrum der Untersuchung. Ihr Gegenstand
war ursprünglich die Frage, welche Eigenschaften des einzelnen Jour-
nalisten die Nachrichtenauswahl beeinflussen. Das Konzept des Gate-
keepers (d. h. Torhüters, Schleusenwärters, Pförtners) wurde zuerst
simplifiziert von David M. White 1950 auf den Vorgang der Nach-
richtenauswahl in einer Zeitungsredaktion übertragen. White identi-
fizierte bereits mehrere Stufen innerhalb des Gatekeepingprozesses, bei
dem verschiedene Rollenträger (z. B. Reporter, Redaktor, Herausgeber)
am Entscheidungsprozess beteiligt sind. Er kam zum Schluss, dass der
„letzte Gatekeeper“ dem Publikum subjektiv nur das anbiete, was er
selbst für wahr und relevant hält. Warren Breed (1973 [1955]) führte
kurz danach strukturelle Bedingungen in die Gatekeeperforschung
ein und strich den Prozess der beruflichen Sozialisation heraus, durch
den sich Journalisten die Normen einer Redaktion aneignen. Er iden-
tifizierte beispielsweise die „redaktionelle Linie“ einer Zeitungsredak-
tion als wesentlichen Einflussfaktor auf das Handeln der Journalisten.
Damit wurde das Augenmerk der Forschung stärker auf die organisa-
tionalen Bedingungen des Selektionsprozesses gerichtet. Ein wesent-
licher Einfluss ging gleichzeitig von der Nachrichtenwerttheorie aus,
die anfänglich ereignisimmanente Nachrichtenfaktoren identifizierte,
welche das Auswählen von Ereignissen zur Veröffentlichung mitsteuern
(Staab 1990; vgl. dazu Abschnitt 3.3.3.).
Journalisten als
Gatekeeper
343Vinzenz Wyss / Guido Keel
2.3 Redaktionsforschung
Erst allmählich setzte sich im Rahmen der Redaktionsforschung eine
Ausweitung der individuumszentrierten Perspektive in Richtung einer
strukturorientierten Sichtweise durch. Bereits Walter Gieber (1956)
stellte die strukturellen Zwänge der Redaktionsarbeit in den Vorder-
grund. Er beschrieb einen eher passiven Nachrichtenredaktor, der in
seinem Entscheidungshandeln auch durch technische und organisa-
tionale Zwänge beeinflusst wird. Die Orientierung der Journalisten an
ihren Kollegen und Vorgesetzten sowie das Nachrichtenmaterial von
Agenturen begannen die Forschung als Einflussfaktoren zu interes-
sieren. Begriffe wie Macht und Herrschaft, Bürokratie und Sozialisa-
tion wurden nun in den Untersuchungen thematisiert. In der ameri-
kanischen Redaktionsforschung zeigten in der Folge strukturbezogene
Gatekeeperstudien, dass die Nachrichtenproduktion als ein weitgehend
standardisierter und routinisierter Prozess im Rahmen einer „news
factory“ erfolgt (vgl. Tuchman 1978). Mithilfe soziologischer Konzepte
(z. B. Routineproduktion, Standardisierung, Konzepte der Arbeitstei-
lung) wurden die vielfältigen Einflüsse der Organisation auf das Han-
deln der Journalisten analysiert (vgl. Donohue/Tichenor/Olien 1972).
Erst mit der verstärkten Rezeption systemtheoretischer Ansätze wendet
sich die Redaktionsforschung einer expliziten Organisationsperspek-
tive zu. Redaktionen sind demnach als Systeme organisierten Handelns
aufzufassen; als soziale Gebilde, die zu einem bestimmten Zweck auf
Dauer angelegt werden, in denen planvoll interessen- und zielorien-
tiert gehandelt wird, die dauerhaft (arbeitsteilige) Rollen- und Interak-
tionsstrukturen ausprägen, über Eigenkomplexität verfügen und sich
bei gleichzeitiger Anpassung von ihrer Umwelt abgrenzen. In dieser
Forschungstradition wird schliesslich in einer strukturationstheoreti-
schen Perspektive auf redaktionelle Praktiken fokussiert, die auf orga-
nisationsspezifische Regeln (z. B. Journalismuskonzepte, Nachrich-
tenwerte, Qualitätsstandards) und Ressourcen (Ausstattung, Personal,
Zeit, Kompetenzen, Abläufe, Hierarchien etc.) zurückgreifen und so
die journalistische Produktion ermöglichen bzw. begrenzen (vgl. Alt-
meppen 2000; Wyss 2004b).
Organisations-
perspektive
344 Journalismusforschung
2.4 Systemtheoretische Zugänge
Heute besteht Einigkeit darüber, dass eine Fokussierung auf die indi-
viduellen Aspekte der Komplexität von journalistischen Produktions-
bedingungen nicht gerecht wird und dass nur ein komplexer Journa-
lismusbegriff dem Gegenstand angemessen ist. Die Komplexität der
Entscheidungsprozesse und Einflussfaktoren in den Redaktionen und
Medienorganisationen hat systemtheoretische Erklärungsmodelle
herausgefordert. Bei seinem Theorieentwurf der Redaktion als orga-
nisiertes soziales System stützte sich Manfred Rühl (1979 [1969]) in
seiner Pionierstudie auf die funktional-strukturelle Systemtheorie von
Niklas Luhmann. Mit seiner Deutung des Journalismus als „organisa-
torische Herstellung und Bereitstellung durchsetzungsfähiger thema-
tisierter Mitteilungen zur öffentlichen Kommunikation“ (Rühl 1992:
129) ist es gelungen, sich gegen die individualistische Tradition der
deutschsprachigen Journalismusforschung durchzusetzen. In der Tra-
dition von Rühl haben weitere systemtheoretisch orientierte Journalis-
musforscher sogenannte Organisations-, Arbeits- und Entscheidungs-
programme identifiziert (vgl. Altmeppen 2000: 300 f.; Blöbaum 2000),
an denen Journalisten ihr Handeln ausrichten. Bei diesen Programmen
handelt es sich um vorentworfene Regeln oder Techniken in Form
von – formalisierten oder informellen – Handlungsanleitungen und
Ressourcen, auf die Journalisten beispielsweise bei der Auswahl oder
bei der Darstellung von Ereignissen zurückgreifen bzw. die der Infor-
mationsverarbeitung zugrunde liegen.
Die systemtheoretische Sichtweise auf den Journalismus als Funk-
tionssystem der Gesellschaft hat die deutschsprachige Journalismus-
forschung stark geprägt. Die Trennung von Journalisten als Einzelper-
sonen vom Journalismus als System versprach eine Überwindung der
Vorstellung eines Journalismus als Tätigkeit oder als Ansammlung von
Berufsrollen aus der Frühzeit der Journalismusforschung. Die an die
funktional-strukturelle Systemtheorie angelehnten Beschreibungen
und Erklärungen des redaktionellen Handelns werden aber auch einer
Kritik unterworfen. So liegen die Schwierigkeiten der Systemtheorie
gemäss Brosda (2008: 65) „in ihrem einseitigen Kommunikationsver-
ständnis, in ihrer Abstraktion von Akteuren und in ihrer Annahme
rigider Grenzziehungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen
Funktionsbereichen“. Es wird wird zudem bemängelt, dass dieser Theo-
Redaktion als
organisiertes,
soziales System
Journalismus als
gesellschaftliches
Funktionssystem
345Vinzenz Wyss / Guido Keel
rieansatz Strukturaspekte zu stark als gegeben voraussetzt und dem
redaktionellen Handeln als Ursprung der Strukturbildung zu wenig
Gewicht beimisst (vgl. Baum 1994: 322 ff.; Raabe 2005).
2.5 Integrale Ansätze
Um die Schwächen der Systemtheorie und damit die Dichotomie zwi-
schen System und Subjekt zu überwinden, schlagen einige Journalis-
musforscher die Anwendung „integrativer Sozialtheorien“ vor. Hohl-
feld (2003: 107) schlägt ein multiperspektivisches Vorgehen vor, das in
seinen Beschreibungs- und Erklärungsversuchen von einem „Neben-
einander von Kommunikation und Handlung, von System und Akteur,
von Autonomie und Fremdsteuerung“ ausgeht. So gibt es neuerdings
Versuche, makro- und mikrotheoretische Sichtweisen bzw. system-
und handlungstheoretische Theorienpfade in integralen Konzepten
zusammenzuführen bzw. zu verbinden (vgl. Bucher 2004: 245 ff.; Wyss
2004b; Neuberger 2004: 275 ff.; Raabe 2005; Brosda 2008). Mit der von
Anthony Giddens (1997 [1984]) entwickelten Strukturationstheorie
bietet sich ein theoretischer Zugang an, der sich insbesondere für die
organisationsbezogene Analyse der journalistischen Produktion eignet,
weil er den Dualismus von Handlung und Struktur zu überwinden ver-
sucht (vgl. Kapitel Grundlagen, Theorien und Modelle, i. d. B.). Integrale
Ansätze betonen, dass Journalisten zwar massgeblich am Prozess der
Strukturbildung beteiligt sind; ihr Handeln ist jedoch immer das Han-
deln von Akteuren im strukturellen Kontext unter Rekurs auf system-
und organisationsspezifische Regeln und institutionalisierte Praktiken,
die wiederum das vorläufige Ergebnis komplexer Strukturierungspro-
zesse darstellen.
Vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Systemtheorie ver-
folgte bereits auch Siegfried Weischenberg (1992: 67) eine integrative
Zielsetzung mit seinem sogenannten Zwiebelmodell (Abb. 1). Das
Modell veranschaulicht die Einflussfaktoren auf das journalistische
Handeln auf vier Ebenen (Schalen): Mediensysteme (Normenkontext),
Medieninstitutionen (Strukturkontext), Medienaussagen (Funktions-
kontext) und Medienakteure (Rollenkontext). „Normen, Strukturen,
Funktionen und Rollen bestimmen in einem Mediensystem, was Jour-
nalismus ist, der dann nach diesen Bedingungen und Regeln Wirklich-
keitsentwürfe liefert“ (Weischenberg 1992: 67).
Integrative
Sozialtheorien
Ebenen im
„Zwiebelmodell“
346 Journalismusforschung
Mediensysteme
(Normenkontext)
Gesellschaftliche
Rahmenbedingungen
Historische und
rechtliche Grundlagen
Kommunikationspolitik
Professionelle und
ethische Standards
Medienaussagen
(Funktionskontext)
Informationsquellen und
Referenzgruppen
Berichterstattungsmuster
und Darstellungsformen
Konstruktion von
Wirklichkeit
,Wirkungen‘ und
,Rückwirkungen‘
Medienakteure
(Rollenkontext)
Demographische
Merkmale
Soziale und politische
Einstellungen
Rollenselbstverständnis
und Publikumsimage
Professionalisierung und
Sozialisation
Medieninstitutionen
(Strukturkontext)
Ökonomische Imperative
Politische Imperative
Organisatorische
Imperative
Technologische
Imperative
Abbildung 1: Weischenbergs „Zwiebelmodell“
Quelle: Weischenberg 1992: 69
2.6 Cultural Studies
In der Journalismusforschung haben – wohl auch angesichts der
Dominanz der systemtheoretischen Perspektive – Implikationen der
Verschränktheit von journalistischem Handeln und Lebenswelt bisher
kaum systematisch Eingang gefunden. Solche lassen sich mit den
Ansätzen der Cultural Studies am ehesten rückkoppeln. Diese beziehen
sich auf die (Re-)Produktion kultureller Ressourcen und fokussieren
dabei verstärkt auf die Rezeption journalistischer Angebote, ohne mak-
rosoziale Fragen ausser Acht zu lassen. Für Klaus/Lünenborg (2000:
414 f.) ist unter dieser Perspektive der Journalismus „ein wesentlicher
Bereich gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion und -zirkulation. Er
trägt zur Selbstverständigung der Gesellschaft bei, indem er das aktuelle
Zeitgespräch initiiert und organisiert. Journalismus ist somit eine zen-
Gesellschaftliche
Bedeutungs-
produktion
347Vinzenz Wyss / Guido Keel
trale Instanz des kulturellen Diskurses mittels nonfiktionaler Medien-
angebote.“ Damit wird nicht in erster Linie auf die kognitive Wis-
sensvermittlung bzw. Informationsfunktion des Journalismus Bezug
genommen, sondern auf die narrative Herstellung eines gemeinsamen
kulturellen Verständnisses. Die Cultural Studies thematisieren in ihren
Forschungen primär das Zusammenspiel der Komplexe Kultur, Medien
und Macht. Arbeiten von Renger (2000) zum populären Journalismus
oder von Lünenborg (2005) zu einem Verständnis des Journalismus
als kultureller Prozess machen etwa deutlich, dass der Kulturbegriff
in der deutschsprachigen Journalismusforschung eher stiefmütterlich
behandelt wurde und für die journalismusbezogene Theoriebildung
erst seit Kurzem relevanter wird. So setzt sich auch Klaus (2008) vor
diesem Hintergrund kritisch mit der nur scheinbaren Trennung zwi-
schen Information/Fakten und Unterhaltung/Fiktion auseinander.
Angesichts vielfältiger Wurzeln und der Offenheit dieses Konzeptes
ist es nicht überraschend, dass es keinen geschlossenen theoretischen
Ansatz darstellt.
3 Forschungsfelder und
aktuelle Frage stellungen
3.1 Definitionsversuche und Analyseebenen
Bei der empirisch-systematischen Analyse der Einflussfaktoren auf das
journalistische Handeln wird oft stillschweigend vorausgesetzt, dass
klar sei, was unter Journalismus zu verstehen sei. Bei der theoreti-
schen Bestimmung dessen, was als Journalismus gelten soll, stellen sich
jedoch eine Reihe definitorischer Probleme. Diese resultieren aus der
ausserordentlichen Vielfalt des Handlungsfeldes. Die Schwierigkeiten
werden deutlich, wenn man etwa in Lexika unter „Journalismus“ nach-
schaut. Meist wird dabei einfach auf den scheinbar kleinsten gemein-
samen Nenner verwiesen; Journalismus wird als eine berufliche Tätig-
keit in und für Massenmedien bestimmt. Solche tätigkeitszentrierten
Definitionen sind jedoch in wissenschaftlicher Hinsicht gerade ange-
sichts der Ausdifferenzierung des Mediensystems höchst unbefriedi-
gend, weshalb in Studien zur Theorie des Journalismus noch immer
um überzeugende Definitionen gerungen wird. Die Befunde der Jour-
348 Journalismusforschung
nalismusforschung sind an die jeweiligen theoretischen Konzepte und
Methoden (etwa Befragungen, Beobachtungen und Inhaltsanalysen)
gebunden, welche die Forschenden anwenden, um den Journalismus
empirisch zu beschreiben.
Es gibt verschiedene Versuche, der Komplexität des Gegenstands
mit komplexen Analysemodellen zu begegnen, um das Forschungs-
feld zu strukturieren und zu systematisieren. Neben dem bereits unter
Abschnitt 2.5 erwähnten „Zwiebelmodell von Weischenberg (1992:
69) ist etwa das Modell von Donsbach (1987) zu erwähnen, in dem
vier Einflussfaktoren identifiziert werden, die das journalistische Han-
deln bestimmen: die Subjekt-Sphäre (Individual-Ebene), die Profes-
sionssphäre (Journalisten als Berufsgruppe), die Institutionssphäre
(Medienorganisationen) sowie die Gesellschaftssphäre (sozialpoliti-
sche Rahmenbedingungen). Shoemaker/Reese (1991) betrachten auch
Einflüsse von Produktionsroutinen und von medienexternen Instanzen
(Interessengruppen, Informationsquellen, Public Relations, Konkur-
renzmedien, Zielgruppen, Werbemarkt, Technik etc.). Rühl (2000: 66)
und Wessler (2002: 26 ff.) schlagen schliesslich eine Gliederung entlang
von Makro-, Meso- und Mikrodimensionen vor.
All die Ordnungsversuche machen deutlich, dass es nicht einen
Journalismus „an sich“ gibt, sondern dass ein mehrstufiger Defi-
nitionsversuch eher adäquat ist, bei dem eine systemtheoretische
Bestimmung der gesellschaftlichen Funktion des Journalismus als Aus-
gangspunkt genommen und mit einer empirischen Begriffsnutzung
auf verschiedenen Untersuchungsebenen kombiniert wird (vgl. auch
Scholl 1997). Im Folgenden sollen entlang einer Makro-, Meso- und
Mikrogliederung zentrale Fragestellungen aufgegriffen werden, welche
in verschiedenen Forschungsfeldern aktuell bearbeitet werden. Auf der
Makroebene wird danach gefragt, welche Beziehungen zwischen Jour-
nalismus und der Gesellschaft bzw. anderen gesellschaftlichen Funk-
tionssystemen bestehen. Auf der Mesoebene stehen Strukturaspekte
der den Journalismus hervorbringenden Medienorganisationen bzw.
Redaktionen im Vordergrund. Auf der Mikroebene wird auf das fokus-
siert, was Journalisten tun, wie sie denken und mit welchen Merkmalen
sie ausgestattet sind.
Komplexe
Analysemodelle
349Vinzenz Wyss / Guido Keel
3.2 Makroperspektive:
Journalismus und Gesellschaft
Journalismus als gesellschaftliches Funktionssystem
Nicht nur im Rahmen der Journalismusforschung, sondern auch in der
Praxis wird gegenwärtig intensiv darüber diskutiert, was journalisti-
sche Qualität ist und wie sie beispielsweise im Rahmen der Rundfunk-
aufsicht messbar ist. In der Journalismusforschung besteht weitgehend
Einigkeit darüber, dass entsprechende Qualitätsdiskussionen eine Refe-
renz voraussetzen, von der aus der Qualitätsbegriff deduktiv abgeleitet
werden kann (vgl. dazu Bucher 2003: 18 f.; Arnold 2008: 491 ff.). Als
solche Referenz bietet sich die gesellschaftliche Funktion des Journa-
lismus als Leistungssystem der Öffentlichkeit an (Löffelholz 2003: 42),
die aus einer systemtheoretischen Perspektive mit der „permanenten
Selbstbeobachtung und Synchronisation der Gesellschaft“ bezeichnet
wird. Journalismus knüpft die Kommunikationen der anderen, dyna-
misch auseinanderdriftenden Funktionssysteme sachlich, zeitlich und
sozial aneinander.
Das Publikum des Journalismus spielt bei dieser Leistungserbrin-
gung eine zentrale Rolle, weil nur über die kommunikative Rezeption
des Publikums Kommunikationsleistungen aus der Politik, der Wirt-
schaft, der Wissenschaft, der Religion etc. in andere Systeme „getragen“
werden, dort irritieren und Anschlusskommunikation auslösen können
(vgl. Wyss 2009). Die Publikumsrollen des Journalismus sind immer
zugleich auch die Leistungs- oder Publikumsrollen anderer Systeme:
Regierungen und Bürgerinnen, Unternehmensführerinnen und Kon-
sumenten, Religionsführer und Gläubige etc. Publikum wird „in Form
von Erwartungserwartungen und als in die Selbstreferenz professio-
neller Normen und Rollenselbstverständnisse eingebaute Fremdrefe-
renz in das System [Journalismus] inkludiert“ (Scholl 2004: 529). Der
Journalismus ermöglicht es den Publikumsrollen, „sich über Themen
zu orientieren, die gesellschaftliche Entscheidungsrelevanz erlangt
haben oder erlangen können, und die sie zumindest teil- oder fall-
weise in ihr individuelles Entscheidungsverhalten einbeziehen müssen“
(Jarren: 2008: 331). Die durch Journalismus erzeugte Aufmerksam-
keit kann am besten kollektive Relevanz erlangen, wenn die Themen
nicht nur aus der Perspektive einer Systemrationalität (etwa nur einer
politischen oder nur einer künstlerischen), sondern aus der Perspek-
Selbstbeobach-
tung und
Synchronisation
Inklusion des
Publikums
350 Journalismusforschung
tive mehrerer – sich meist irritierender – Rationalitäten Resonanz bzw.
Anschlusskommunikation erzeugen. Für die Publika des Journalismus
ist es wichtig, sich über Ereignisse in Kenntnis zu setzen, die möglicher-
weise ihr eigenes Handeln oder ihre Erwartungshaltungen verändern
können. Journalismus greift darum mit der Leitdifferenz „Mehrsys-
temrelevanz“ primär Ereignisse auf, die etablierten Erwartungen zuwi-
derlaufen bzw. soziale Ordnungen – durch systemfremde Rationalität –
stören (vgl. Nachrichtenwerte).
In Anlehnung an Kohring (2006) kann diese Kommunika-
tion des Journalismus als „mehrsystemrelevant“ bezeichnet werden,
womit ein erster Qualitätsstandard identifiziert ist. Ausgehend von
der journalistischen Leitdifferenz „Mehrsystemrelevanz“ bzw. von der
Beziehung zum Publikum muss vom Journalismus als weitere Quali-
tätsanforderung Unabhängigkeit erwartet werden – und damit die
Thematisierungsleistung und Bewertung nach systemeigenen Ein- und
Ausschlussregeln. Daran schliesst der Vielfaltsbegriff an, mit dem die
Erwartung ausgedrückt wird, dass die Leistung nicht exklusiv aus der
Perspektive eines bestimmten Systems, sondern eben gerade unter
Einbeziehung verschiedener – inkommensurabler – Systemlogiken
und Perspektiven erbracht wird. Die zur Synchronisation benötigte
Anschlussfähigkeit der gesellschaftlichen Selbstbeobachtung kann nur
erreicht werden, wenn sie mit der Jetzt-Zeit verbundene Gesellschafts-
beobachtung herstellt (Aktualität), und Glaubwürdigkeit setzt voraus,
dass sich Journalismus an sozial verbindlichen Wirklichkeitsmodellen
orientiert (Faktizität, Richtigkeit, Transparenz). Schliesslich wird Nar-
rativität als weitere zentrale Qualitätsnorm konzipiert, weil Verstehen
voraussetzt, dass gesellschaftliche Komplexität nicht nur diskursiv-ar-
gumentativ, sondern auch narrativ an die Lebenswelt des Publikums
anschliessen kann.
In der Journalismusforschung gibt es seit Anfang der 1990er-Jahre
Bestrebungen, Dimensionen journalistischer Qualität herzuleiten, zu
operationalisieren und einer Bewertung medialer Angebote zugänglich
zu machen (vgl. Schatz/Schulz 1992). Saxer (2000: 197) fordert noch
zehn Jahre später Qualitätsmodelle, die möglichst „komplex, integral,
kohärent, transparent und operationalisiert journalistische Qualität
konzipieren“. Am konsequentesten hat bisher Arnold (2008) in seiner
Habilitationsschrift dieses Postulat aufgenommen. Er ergänzt eine
systemtheoretische Perspektive mit einer normativ-demokratieorien-
Leitdifferenz
„Mehrsystem-
relevanz“
Journalistische
Qualität
351Vinzenz Wyss / Guido Keel
tierten und einer publikumsbezogenen-handlungsorientierten Pers-
pektive. Dabei wird deutlich, dass die deduktiv aus der journalistischen
Funktion und deren Leitdifferenz der Mehrsystemrelevanz abgeleiteten
Qualitätskriterien mit weiteren normativen Kriterien ergänzt werden,
die als spezifische Anforderungen etwa aus der Perspektive des politi-
schen, wirtschaftlichen oder religiösen Systems an den Journalismus
herangetragen werden (vgl. Arnold 2008: 497). Dort artikulierte Werte
wie beispielsweise Freiheit, Gleichheit, Integration, Deliberation, Legi-
timation (Politik), Effizienz und Zielgruppenpassgenauigkeit (Wirt-
schaft) sowie Solidarität oder Nächstenliebe (Religion) dienen dann
dazu, entsprechende Ansprüche zu untermauern.
Rekursivität zwischen Journalismus, Politik und Wirtschaft
Der Journalismus entwickelt sich weiter. Seine gesellschaftliche Funk-
tionsentfaltung hängt dabei massgeblich von anderen gesellschaft-
lichen Systemen ab. Die Anfänge des Journalismus reichen zurück in
das 19. Jahrhundert (vgl. Abschnitt 1), als man erstmals von einem
redaktionellen Journalismus sprechen konnte. Es entstand damals –
mit unterschiedlichen Ausprägungen in einzelnen Ländern (Requate
1995) – ein „differenziertes Berufs- und Arbeitsfeld mit komplexen
Organisationsstrukturen und vielfältigen Leistungen für unterschied-
liche Zielgruppen“ (Löffelholz 2003: 41). Seine Leistungen erbringt der
Journalismus auch heute unter spezifischen Bedingungen, die von der
Gesellschaft abhängig sind, in der er operiert. Journalismus reflektiert
so immer auch die herrschenden politischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Machtstrukturen. So wird im Rahmen der Journalismus-
forschung seit Längerem untersucht, inwiefern Leitplanken des Staates
bzw. des Marktes im Mediensystem Auswirkungen auf demokratie-
politische (gesellschaftliche Kontrolle, Legitimation) bzw. ökonomi-
sche Zielsetzungen (Profitmaximierung) haben.
Besonders deutlich wird der Einfluss des polit-ökonomischen Sys-
tems auf den Journalismus in der international vergleichenden Journa-
lismusforschung (vgl. Esser 2004; Beitrag Komparative Medienforschung,
i. d. B.). Gerade in der sogenannten Mediengesellschaft kann von einer
rekursiven Beziehung zwischen Journalismus und anderen gesell-
schaftlichen Teilsystemen ausgegangen werden (vgl. Hallin/Mancini
2003). Auch in der Schweiz hat die komparative Forschung wesentliche
Spuren hinterlassen. So konnten beispielsweise Hanitzsch/Seethaler
Komparative
Studien
352 Journalismusforschung
(2009: 464) in einer multinationalen Studie zum Vergleich von Jour-
nalismuskulturen in 17 Ländern zeigen, dass „jene Rollenmodelle, die
durch Diskurs und Nichtinvolviertheit gekennzeichnet sind, durchaus
zu den weltweit akzeptierten journalistischen Standards zählen“, hin-
gegen interventionistische Aspekte der Berufsauffassung umstritten
seien (vgl. auch Hanitzsch 2007: 374). Trappel (2008) konnte in einer
vergleichenden Fünfländerstudie entlang der Dimensionen Freedom,
Accountability und Deliberation/Participation einen Zusammenhang
zwischen Makro-, Meso- und Mikro-Faktoren feststellen (vgl. Abb. 2).
Abbildung 2: Indikatoren zur Messung demokratierelevanter Medienleistungen
Media
Freedom
Media
Accountability
Deliberation
and Participation
Macro level media laws
absence of censorship
Media ownership rules
legal/formal reporting
requirements
obligation and licences
diversity obligations by law/
licence
rules during times of elections
Meso level newsroom democracy
internal freedom of journalists
economic independence
corporate governance
codes of conduct for journalists
representation of voices of
minority groups
forum activities
Micro level content related performance balanced reporting
access of societal groups to
medium
level of interactivity online
Quelle: Trappel 2008: 42
Ökonomische und technologische Triebfedern des Wandels
In marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaften unterliegt der
Journalismus in besonderer Weise ökonomischen Einflüssen. Dies äus-
sert sich etwa im verstärkten unternehmerischen (Kosten-)Wettbewerb
zwischen Medienanbietern aufgrund eines ausgeweiteten und konso-
lidierten Medienmarktes. Es äussert sich zudem in der Profitorientie-
rung der meisten privatwirtschaftlich organisierten Medienorganisa-
tionen sowie in der Abhängigkeit von der Werbefinanzierung. Zudem
kämpfen heute aufgrund der grösseren Mobilität sowie aufgrund
branchenfremder News-Anbieter mehr Akteure um die Gunst von
Publikum und Werbewirtschaft, den beiden Finanzierungsquellen der
Medien. Dies hat in den letzten Jahren zu einer fortschreitenden Kon-
zentration und einem Verdrängungswettbewerb geführt. Strategien zur
Journalismus als
Business-Modell
353Vinzenz Wyss / Guido Keel
Bewältigung dieser verschärften Wettbewerbssituation lavieren dabei
zwischen einer stärkeren Anpassung an die Bedürfnisse von Publikum
und Werbung und einer Rückbesinnung auf journalismus-spezifische
Leistungen etwa im Rahmen der Public-Value-Debatte beim öffentli-
chen Rundfunk sowie bei traditionellen Verlagen.
Zu dieser Entwicklung kommt ein vor allem durch die Digitalisie-
rung technologisch angetriebener Wandel (Pavlik 2000). Dies führte
zu neuen journalistischen Prozessen und Produkten. Bereits vor dem
Internet hatte die Elektronisierung der Redaktionsräume (Redaktions-
systeme) Einfluss auf veränderte Produktionsformen. Das Internet mit
seinem Potenzial zur Verknüpfung von Massen- und Individualkom-
munikation hat seit Mitte der 1990er-Jahre einen zentralen Einfluss auf
den Journalismus, der nicht nur Auswirkungen auf die Produktions-
bedingungen (Bernet/Keel 2009) oder auf den Online-Journalismus
bzw. auf den konvergenten Journalismus hat (Neuberger 2000; Quandt
2008; Quandt/Schweiger 2008), sondern sich eben dadurch auch neue
publizistische Kommunikationsformen entfalten, die an die Stelle
der etablierten Kommunikator-Rezipienten-Beziehung treten (vgl.
Bucher/Schumacher 2008). Dass etwa im Zuge des Aufkommens neuer
Formen des „Citizen Journalism“ (Bürgerjournalismus) traditionelle
Leistungen durch Eigenleistungen des Publikums substituiert würden,
bleibt wohl eher noch unwahrscheinlich.
Die Kombination von ökonomischen und technologischen Ein-
flussfaktoren – beschleunigt durch die Verbreitung von Breitband-
Internet, Mobilfunktechnologien, neue Nutzungsgewohnheiten sowie
durch die fundamentale Krise der Medienunternehmen – scheint
zudem dem crossmedialen oder konvergenten Journalismus zum
Durchbruch zu verhelfen. Dabei werden mediale Inhalte kanalunab-
hängig produziert und publiziert (Quinn 2005). Im Zentrum stehen
nicht mehr das Medienprodukt oder der Kanal, sondern die Inhalte,
was neue Formen des Storytellings, aber auch Rationalisierungspoten-
ziale ermöglicht. Die Umsetzung von redaktioneller Konvergenz steckt
aber noch in den Anfängen. Erfolgsmodelle sind selten, und die Pro-
bleme, auf der Ebene der einzelnen Journalisten (Singer 2004), der
Redaktionen (García Avilés et al. 2009), aber etwa auch im Bereich der
Regulierung sind noch ungelöst (vgl. auch Trappel 2007).
Technologische
Triebfedern
Medien-
konvergenz
354 Journalismusforschung
3.3 Mesoperspektive:
Organisationale Strukturen
Medienorganisationen als intersystemische Organisationen
Die Erbringung journalistischer Leistungen ist auf formale Organisa-
tionen angewiesen. Spezialisierte Organisationen haben organisatio-
nale, spezifische Entscheidungsprogramme herausgebildet, die nun als
Operationalisierungen den Leitcode des Journalismussystems reprodu-
zieren (vgl. Marcinkowski/Bruns 2004: 493). Mit diesen journalistischen
Organisationen sind primär Redaktionen und nicht etwa Medienorga-
nisationen wie ein Verlagshaus oder ein Fernsehunternehmen gemeint.
Vielmehr macht Jarren (2008) deutlich, dass Medienorganisationen
komplexe Organisationen sind, die bekanntlich in der Regel auf zwei
Märkten – dem Werbe- und dem Publikumsmarkt – agieren. Dies hat
Konsequenzen sowohl für ihre Institutionalisierung wie auch für ihre
innere organisationale Verfasstheit. Jarren (2008) bezeichnet ihren
spezifischen Organisationstyp als „intersystemische Organisationen“.
Medienorganisationen verfolgen neben schwer evaluierbaren publi-
zistischen mindestens auch ökonomische Ziele. Sie sind also weder
„reine“ ökonomische noch politische oder publizistische Organisa-
tionen. Sie können nicht ausschliesslich einem Funktionssystem zuge-
ordnet werden. Vielmehr zeichnen sie sich durch eine hybride Struktur
aus, und an sie werden oft widersprüchliche Leistungserwartungen
herangetragen. Der intersystemische Status der Medienorganisationen
äussert sich in der organisationalen Trennung von Management und
Redaktion bzw. in der Trennung von Medien und Journalismus, wobei
beide nur gemeinsam den Prozess der öffentlichen Kommunikation
schaffen können: „Journalistische Organisationen produzieren infor-
mative Berichterstattung, deren Distribution die Medien übernehmen.
Für diese Zulieferung ‚bezahlen‘ die Medienorganisationen, sie statten
sie mit Ressourcen aus“ (Altmeppen 2008: 82). Es sind die Geschäfts-
führungszentralen und nicht die Redaktionen, die monetär und recht-
lich steuern. Der Journalismus benötigt also zur Finanzierung und
Verbreitung seiner nach systemeigener Logik konstruierten Angebote
die Medienorganisation bzw. die darüber zur Verfügung gestellten Res-
sourcen wie Personal, Etats, Technik, Rechte, Wissen etc.
Das Dilemma für Medienorganisationen besteht nun darin, dass
ihre publizistischen Leistungen ein typisches meritorisches Gut dar-
Intersystemische
Organisationen
Kommerzialisie-
rungstrends
355Vinzenz Wyss / Guido Keel
stellen, das aber in vielen Fällen nicht profitabel ist. Medienorganisa-
tionen versuchen deshalb, den Journalismus bzw. ihre journalistischen
Organisationen im Sinne der eigenen Ziele zu beeinflussen. Sie sind
in der Lage, dafür „ein breites Arsenal an zuvorderst ökonomischen
Mechanismen [zu] entfalten, mit dem das Verhältnis von Zahlung und
Nichtzahlung [von Ressourcen] an den Journalismus zu ihren Gunsten
beeinflusst werden kann“ (Altmeppen 2008: 86). Unter Rückgriff auf
Konzepte der Kommerzialisierung (vgl. Meier/Jarren 2001) werden
diese Einflussnahmen als problematisch erkannt, weil davon auszu-
gehen ist, dass sich journalistische Organisationen zunehmend öko-
nomischen Regeln unterwerfen und somit die Autonomie des Journa-
lismus bis hin zu seinen Veröffentlichungsentscheidungen gefährdet
wird (vgl. Altmeppen 2004). Weil also Journalismus an die Kontexte
der Medienorganisationen gebunden ist, bestimmen deren Entschei-
dungen über Strukturen und Ressourcen auch über das journalisti-
sche Handeln in den Redaktionen, was letztlich zu einer Dominanz
des Kosten- über den Qualitätswettbewerb (vgl. Heinrich 1996) führen
kann.
Das Überschreiben der ökonomischen Logik über die publizisti-
sche auf der Ebene der Medienorganisationen ist Gegenstand vieler
Untersuchungen, die meistens aus dem Bereich der Medienökonomie
stammen, aber Befunde der Journalismusforschung quasi als empiri-
sche Beweise für Trends der Kommerzialisierung heranziehen. So kann
seit den 1990er-Jahren beobachtet werden, dass sich die Nahtstelle, an
der versucht wird, ökonomische und publizistische Ziele miteinander
in Einklang zu bringen, immer mehr von der Geschäftsleitung in das
Redaktionsmanagement verschiebt (vgl. Russ-Mohl 1992: 146 f.; Haller
1997), auch wenn das Übertragen von einfach gestrickten Manage-
mentkonzepten betriebswirtschaftlicher Provenienz in Redaktionen
wegen der meist simplen Verwendung eines instrumentellen Organisa-
tionsbegriffs auch auf Skepsis stösst (vgl. Neumann 1997; Sjurts 2003).
Mit dem „Spagat zwischen publizistischem Anspruch und Marktakzep-
tanz, Moral und Moneten, Qualität und Quote“ (Esser 2000: 116) lässt
sich das Spannungsfeld zwischen Redaktion und Management nicht
einfach wegorganisieren, wie manche Managementkonzepte glauben
lassen: „Denn der hybride Charakter der Presse – journalistisches Pro-
dukt und Werbeträger in einem zu sein – beinhaltet zwei keineswegs
deckungsgleiche qualitätsrelevante Leitbilder […]: Hier die Stärkung
Spagat zwischen
Profitabilität und
Publizistik
356 Journalismusforschung
des publizistischen Profils (Renommee, Geltung), dort Verbesserung
der Erlösstruktur (Rendite)“ (Haller 2003: 186).
Die Marktbeziehungen des Journalismus (Zielgruppen und wer-
bungtreibende Wirtschaft) und die ökonomischen Handlungskriterien
verdeutlichen sich auf der Ebene der Medienorganisation nicht nur in
den Bereichen Redaktionsmanagement und redaktionelles Marketing
(vgl. Siegert 2004), sondern haben auch Auswirkungen auf die Pro-
duktionsprozesse in den Redaktionen und bei den Programmformaten
(vgl. Altmeppen 2004). Was Picard (2004: 54) für den amerikanischen
Zeitungsmarkt konstatiert, kann als allgemeiner Trend in der Medien-
branche beobachtet werden: Der wirtschaftliche Druck ist hauptver-
antwortlich für viele – aus publizistischer Perspektive dysfunktionale –
Auswirkungen auf der redaktionellen Ebene. McChesney (2003: 324)
spricht sogar von einem „commercial attack“ auf den Journalismus. So
beobachtet Blöbaum (2004: 212 f.) einen Strukturwandel des Journa-
lismus zugleich auf der Ebene der Organisation (z. B. Konsumenten-
statt Bürgerorientierung), der journalistischen Programme (z. B. Ver-
mischung von informations- und unterhaltungsorientierten Formaten
sowie Vermischung von redaktionellen und werblichen Leistungen)
sowie auf der Ebene journalistischer Rollen (z. B. „Ent-Beruflichung“).
Der beobachtbare Strukturwandel wird es in Zukunft noch schwieriger
machen, Journalismus zu identifizieren.
Redaktionsforschung zwischen Organisationstheorie
und Managementlehre
Die Organisationsdimension blieb in der Journalismusforschung bis
in die 1990er-Jahre stark unterbelichtet. Bereits Weischenberg (1992:
237 ff.) hat darauf hingewiesen, dass journalistisches Handeln inner-
halb verschiedener Strukturebenen (z. B. redaktionelle Hierarchie
oder Ressortgliederung) erfolgt und von technologischen, organisa-
tionalen und ökonomischen Imperativen sowie externen Einflüssen
geprägt wird. Mit der Aussage „organization matters“ hat Esser (2000)
diesen „organizational turn“ in der deutschsprachigen Journalismus-
forschung auf den Punkt gebracht. Meist unter Rekurs auf die frühe
Luhmann’sche Systemtheorie verfolgen in dieser Forschungslinie
Studien das Ziel, journalistische Handlungsprogramme aus einer
organisationalen Perspektive zu analysieren. Altmeppen (1999: 37 ff.)
unterscheidet Organisationsprogramme (Organisationsziele, Organi-
„Commercial
Attack“
„Organization
matters“
357Vinzenz Wyss / Guido Keel
sationsstruktur und Rollen) von Arbeitsprogrammen (Bearbeitungs-,
Selektions-, Darstellungs-, sowie Themenprogramme). Organisations-
bezogene Forschungen gehen der Frage nach, inwiefern sich redaktio-
nelle Organisationsprinzipien sowie Aufbau- und Ablaufstrukturen auf
die redaktionelle Leistung bzw. Qualität auswirken (vgl. Donges/Jarren
1997; Esser 1998). Altmeppen (1999) konnte deutlich machen, wie in
Redaktionen von kommerziellen Rundfunksendern durch koordinie-
rendes Handeln Journalisten selbstständig einzelne Arbeitsschritte zu
einem Arbeitsprozess kombinieren und dass vorgegebene Strukturen
der Organisation durch informell entstehende Strukturen der Koordi-
nation ergänzt oder sogar ersetzt werden. Analysen der Produktions-
bedingungen im aufkommenden Online-Journalismus verdeutlichten,
dass strukturelle Zwänge wie herkömmliche Organisationsprinzipien
sowie knappe Ressourcen die Herausbildung eines eigenständigen
Journalismustyps erschweren (vgl. Neuberger 2002; Quandt 2002; Wyss
2004a). Die meisten dieser Studien legen ihrem empirischen Zugriff
system-, strukturations- oder generell organisationstheoretische Kon-
zepte zugrunde. Ethnomethodologische Zugänge, wie sie von Witsch
(2006) angewandt wurden, bilden eher die Ausnahme.
Gleichzeitig entsteht aber seit Mitte der 1990er-Jahre auch ein
Forschungszweig, der sich primär an der Managementlehre orientiert
(vgl. Moss 1998; Meckel 1999; Karmasin/Winter 2000) und dabei das
anwendungsorientierte Ziel verfolgt, Erkenntnisse über eine höhere
organisatorische Effizienz und höhere journalistische und ökono-
mische Effektivität zu gewinnen sowie „aus Praxiserfahrungen und
-beobachtungen Honig für zukunftweisendes Redaktionsmanagement
zu saugen“ (Scholl/Weischenberg 1998: 43). Das Label „Redaktions-
management“ wird zum Schlüsselbegriff, um vorab definierte pub-
lizistische und ökonomische Ziele innerhalb der Redaktion umzu-
setzen. Redaktionsmanagement wird definiert als „die strategische
Implementierung, Steuerung und Sicherung publizistischer Qualität in
Verbindung mit Markterfolg auf dem Wege des konzeptuellen, orga-
nisatorischen, Personal- und Kostenmanagements“ (Meckel 1999: 22).
Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist an solchen management-
wissenschaftlich orientierten Ansätzen zu kritisieren, dass sie von
einem instrumentellen Organisationsbegriff ausgehen (vgl. Altmeppen
2000: 181 f.). Redaktionelle Organisationen werden dabei als (relativ)
geschlossene und rationale Gebilde verstanden. Ein solches Organisa-
Redaktions-
und Qualitäts-
management
358 Journalismusforschung
tions- und Managementverständnis reduziert das Gestaltungsproblem
von Organisationen auf die zu implementierenden Strukturen und ver-
nachlässigt das Gestaltungspotenzial der handelnden Akteure in einer
Organisation, worauf strukturationstheoretische Erkenntnisse ver-
weisen (vgl. Wyss 2004b). Die Forschungen zum redaktionellen Qua-
litätsmanagement (Wyss 2002; Hermes 2006) haben entsprechende
Erkenntnisse aus der sozialwissenschaftlichen Organisationstheorie
und aus der Managementlehre aufgegriffen und redaktionelle Quali-
tätssicherungssysteme sowohl in ihrer handlungsprägenden als auch in
ihrer strukturbildenden Dimension untersucht. So wird redaktionelles
Qualitätsmanagement als Set möglichst formalisierter, rationalisierter
und legitimierter Praktiken der reflexiven Steuerung von Organisa-
tionen in Bezug auf den qualitätsorientierten Umgang mit allokativen
und autoritativen Ressourcen konzipiert (Wyss 2010). Erkenntnisse
aus dieser Forschung wurden in der Schweiz jüngst von der Medien-
Regulierungsbehörde BAKOM aufgegriffen, welche die Vergabe von
Lizenzen an private Rundfunkveranstalter u. a. an die Implementie-
rung eines Qualitätsmanagements koppelt (vgl. Wyss/Keel 2009).
Neuere Studien der Redaktionsforschung gehen dem Trend zur Ent-
differenzierung von Ressortstrukturen nach. Linienorganisationen mit
klaren inhaltlichen Zuständigkeiten weichen vermehrt – und vor allem
bei neu sich institutionalisierenden Medien – funktionalen Organisa-
tionsprinzipien, bei denen ein einzelner Redaktor für mehrere Ressorts
gleichzeitig arbeitet (Meier 2002). Der Trend zur ressortübergreifenden
Zusammenarbeit ist ambivalent zu beurteilen, weil die Einführung von
Newsdesk bzw. Newsroom durchaus „seismografisches Potenzial“ frei-
setzen, aber auch eine Schwächung der organisationalen Verortung von
Fachwissen bedeuten kann (vgl. Meier 2006; Blöbaum 2008: 125 ff.).
Aufgrund von technologischen und ökonomischen Entwicklungen ist
in den letzten Jahren in zahlreichen Medienorganisationen bzw. Redak-
tionen eine Entwicklung in Richtung Medienkonvergenz zu beob-
achten (García Avilés et al. 2007a; Meier 2007a, 2009). Damit gemeint
ist die Produktion und Publikation von Medieninhalten unabhängig
von einzelnen Plattformen oder Medientypen. Ermöglicht wird diese
Entwicklung durch die Digitalisierung, dank der Inhalte mit geringem
Aufwand von einer medialen Plattform zur anderen transferiert werden
können. Für Redaktionen bedeutet Medienkonvergenz die intensivierte
Zusammenarbeit (bis hin zur vollständigen Zusammenführung) von
Newsroom und
Crossmedia
359Vinzenz Wyss / Guido Keel
bisher eigenständigen Redaktionen in einem sogenannten Newsroom,
einer Redaktion, die Inhalte für verschiedene Plattformen und Medien-
typen produziert (Deuze 2004: 140). Diese Form der Produktion wird
auch als „crossmedial“ oder „multi-channel“ bezeichnet, wobei sich
der Grad der Kooperation stark unterscheidet (Dailey et al. 2005). Die
verstärkte Zusammenarbeit crossmedialer Teams sowie die Senkung
von redaktionellen Produktionskosten sind zwei Ziele, die mit diesen
Strategien verbunden werden (Quinn 2005). Für Quandt/Singer (2008)
fallen erste Erfahrungen mit der Einführung von medienkovergenten
Organisationsformen denn auch ambivalent aus. Probleme zeigen
sich vor allem in der – kostenintensiven – Koordination verschiedener
Medientypen mit ihren unterschiedlichen Produktions- und Publika-
tionsrhythmen. Zudem stehen solchen Umstrukturierungen offenbar
noch immer historisch gewachsene, medientypische Journalismuskul-
turen und damit verbundene Kompetenzprofile im Weg.
Journalistische Selektion und Inszenierung als Organisationsprogramm
Die Organisationsperspektive hat in der Journalismusforschung auch
den Blick dafür geweitet, dass das Sammeln, Auswählen, Vereinfachen,
Verdichten, Präsentieren und Inszenieren von journalistischen Inhalten
nach (organisationsspezifischen) Entscheidungsprogrammen abläuft.
Unter Rückgriff auf die Nachrichtenwerttheorie (vgl. Staab 1990) hat
die Nachrichtenselektionsforschung deutlich gemacht, dass bei der
journalistischen Selektion von Ereignissen Nachrichtenwerte quasi
als berufskulturelle Normen eine wesentliche Rolle spielen. In Anleh-
nung an Galtung und Ruge (1987 [1965]) lassen sich folgende Nach-
richtenfaktoren unterscheiden: Zeit: Dauer, Thematisierung; Nähe:
räumliche Nähe, politische Nähe, kulturelle Nähe, Relevanz; Status:
regionale Zentralität, nationale Zentralität, persönlicher Einfluss, Pro-
minenz; Dynamik: Überraschung, Struktur, Intensität; Valenz: Konflikt,
Kriminalität, Schaden, Erfolg; Identifikation: Personalisierung, Eth-
nozentrismus. Darüber hinaus zeigen neuere, organisationsbezogene
Gatekeeperstudien aber auch, dass entsprechende Arbeits- und Selek-
tionsprogramme medien- bzw. organisationsspezifisch unterschied-
lich angewandt werden (Altmeppen 1999: 37 ff.) bzw. dass sogenannte
Konditional- bzw. Zweckprogramme (vgl. Rühl 1979) diesen Prozess
steuern. Die journalistische Zuschreibung von Nachrichtenfaktoren
beruht nicht auf einer rein input-orientierten Selektionsentschei-
News Values als
Zweckprogramm
360 Journalismusforschung
dung (Kausalprogramm), sondern wird durch ein output-orientiertes
Finalprogramm gesteuert. Nachrichtenfaktoren sind also nicht allein
die Ursachen, sondern auch die Folgen für – redaktionsspezifische –
Publikationsentscheidungen. Es sind also nicht nur die „objektiven“
Ereigniseigenschaften, welche das journalistische Selektionsverhalten
steuern, sondern vielmehr organisationale Einflussgrössen wie etwa
Zeit- oder Platzmangel, formale und inhaltliche Strukturvorgaben
sowie spezifische Organisationsprogramme bzw. die Anwendung eines
typischen Berichterstattungsmusters (z. B. Thesenjournalismus).
Zur Erklärung der redaktionsspezifischen Aktualisierung
bestimmter Nachrichtenfaktoren kann das Konzept des „Framing“
herangezogen werden (Dahinden 2006). Mit Frames sind Rahmen
oder Muster kognitiver Interpretationsleistungen gemeint, „die dabei
helfen, neue Ereignisse und Informationen sinnvoll einzuordnen und
effizient zu verarbeiten […]. Frames strukturieren die nachfolgende
Beurteilung von Sachverhalten, indem sie bestimmte Aspekte in den
Vordergrund rücken, während sie andere vernachlässigen“ (Scheufele/
Brosius 1999: 410). Frames helfen Journalisten dabei, im Rahmen der
redaktionsspezifischen Arbeits- und Selektionsprogramme – Gescheh-
nisse als journalistische Ereignisse zu begreifen bzw. zu klassifizieren.
Frames bestimmen, welche Aspekte eines Ereignisses für die Bericht-
erstattung ausgewählt werden, in welchen thematischen Kontext ein
Ereignis gestellt wird und wie der Nachrichtenwert eines Ereignisses
bestimmt wird (vgl. Kunczik/Zipfel 2001: 273). Auf der organisatio-
nalen Ebene können Berichterstattungsmuster oder Journalismuskon-
zepte als eine spezielle Realisierung eines Frames identifiziert werden
(vgl. auch Kunczik/Zipfel 2001: 162 ff.; Meier 2007b: 179 ff.):
Frames und
Berichterstat-
tungsmuster
361Vinzenz Wyss / Guido Keel
Abbildung 3: Journalismus-Konzeptionen
Journalismus-
Konzeption
Rollenbild Eigenschaft Intention
Informations-
journalismus
Übermittler distanziert „Realität“ abbilden
Meinungs-
journalismus
Parteigänger ideologisch Meinungsformung
Präzisions-
journalismus
Forscher akribisch Wissen herstellen
Interpretativer
Journalismus
Analytiker aufklärerisch Orientierung stiften
Literarischer
Journalismus
Stilist sprachbewusst Authentizität
schaffen
Anwaltschaftlicher
Journalismus
Anwalt engagiert Solidarität wecken
Investigativer
Journalismus
Detektiv hartnäckig Missstand
aufdecken
Thesen-
journalismus
Provokateur einseitig Aufmerksamkeit
schaffen
Marketing-
journalismus
Verkäufer kundenorientiert Publika
zufriedenstellen
Public
Journalism
Mediator dialogorientiert Lösungen anstreben
Quelle: eigene Darstellung
Das am stärksten verbreitete Konzept des Informationsjournalismus
versteht die journalistische Arbeit als neutral und passiv vermittelnde,
unparteiliche Informationsvermittlung und steht in der Tradition des
angelsächsischen „Objective Reporting“. Kritisch wird dem Konzept
entgegengehalten, dass es den Objektivitätsanspruch naiv verabsolu-
tiere. Die US-Wissenschaftlerin Tuchman (1978) hat bereits in den
1970er-Jahren das Konzept als strategisches Ritual entmythologisiert,
und Weischenberg (1983: 356 ff.) kritisiert, dass bei dem Konzept ob
all der Ritualisierung von Pro-Rede vs. Kontra-Rede nicht die Validität
und nicht die Hierarchisierung der Informationen und Deutungen im
Vordergrund stünde, sondern die ökonomische Effizienz-Logik. Den
Schwächen des „Objective Reporting“ sollen die Konzepte Präzisions-,
„Objective
Reporting“ als
strategisches
Ritual
362 Journalismusforschung
Interpretations-, Investigativer und Anwaltschaftlicher Journalismus
begegnen. Neuere Konzepte wie jenes des Public Journalism haben in
den letzten Jahren die Journalismusforschung in diesem Bereich erneut
angeregt. Es zielt darauf, aus gesellschaftlicher Sicht relevante Themen
auf den Alltagshorizont des Rezipienten zu bringen, näher an die All-
tagsprobleme der Menschen heranzurücken und einen lösungsorien-
tierten Dialog zwischen den gesellschaftlichen Akteuren zu organisieren
(Rosen 1996). Forster (2006) hat untersucht, mit welchen Schwierig-
keiten die Anwendung dieses Konzeptes im deutschsprachigen Raum
zu kämpfen hat. Im Zuge neuer technischer Möglichkeiten des Internet
sind schliesslich unter dem Label „Citizen Journalism“ auch neue
Konzepte entworfen worden, die die Interaktivität mit dem Publikum
betonen (O’Sullivan/Heinonen 2008).
2.4 Mikroperspektive: Akteursbezogene
Merkmale und Einstellungen
Soziodemografische Struktur
Die Frage nach der soziodemografischen Struktur, zu den Berufsmo-
tiven, der Ausbildungssituation, den Tätigkeitsmerkmalen, zur Pro-
fessionalisierung, zur Wahrnehmung externer Einflüsse sowie zum
Rollenselbstbild der Journalisten hat in der akteursorientierten Journa-
lismusforschung eine lange Tradition (vgl. Böckelmann 1993). In den
1970er-Jahren erregten solche empirischen Arbeiten, die Löffelholz
(2003) dem „legitimistischen Empirismus“ zuordnet, viel Aufsehen.
Damals wurde entsprechenden Selbstauskünften der Journalisten noch
weit mehr (medienpolitische) Relevanz zugeschrieben. Trotz stär-
kerer Beachtung einer system- bzw. organisationsbezogenen Perspek-
tive stellt dieses Themenfeld quantitativ noch immer den wichtigsten
Forschungszweig dar. In den folgenden Ausführungen stehen aktuelle
Daten aus der Schweiz im Zentrum.
Die föderalistische Struktur, die Kleinräumigkeit, die hohe Zei-
tungsdichte sowie die herausragende Rolle des öffentlichen Rundfunks
sind Gründe dafür, dass die Schweiz, gemessen an der Einwohnerzahl,
eine im internationalen Vergleich überdurchschnittliche Anzahl von
Journalisten aufweist (Blum 2003). Wyss/Keel (2010) bzw. Marr et
al. (2001) gehen von ca. 10 000 aktiven Journalisten aus, die in einem
der drei grossen Berufsverbände registriert sind. Dies entspricht einer
Hohe Journalis-
tendichte
363Vinzenz Wyss / Guido Keel
Relation von rund 130 Journalisten je 100 000 Einwohner. Dieser Wert
liegt mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland (58 J./100 000 E.;
Weischenberg et al. 2006) und fast dreimal so hoch wie in Frankreich.
Nur für Finnland gibt Weaver (1998: 457) noch eine höhere Quote an.
Mit 18 % aller Schweizer Journalisten beschäftigt die Schweizerische
Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) im prozentualen Vergleich mehr
Medienschaffende als die privaten und öffentlich-rechtlichen elektro-
nischen Medien in anderen Ländern zusammen.
In Bezug auf die soziodemografische Zusammensetzung weist
der Schweizer Journalismus deutliche Strukturähnlichkeiten mit der
Berufsgruppe in anderen Ländern auf (vgl. Weaver 1998; Weischenberg
et al. 2006). Das Durchschnittsalter lag 2008 mit 43 Jahren etwas höher
als 1998. Tendenziell ist in den letzten zehn Jahren in der Schweiz eine
verhaltene, aber kontinuierliche Zunahme des Frauenanteils von 32
auf rund 35 Prozent zu beobachten. 1981 lag der Anteil der Frauen im
Journalismus in den Kantonen Zürich und Waadt noch bei 17 % (Saxer/
Schanne 1981: 76). Frauen sind nach wie vor selten in höheren hierar-
chischen Positionen zu finden. Sie arbeiteten auch 2008 immer noch
eher in inhaltlichen Nischen bzw. in politikfernen Ressorts (z. B. Kultur).
In Europa haben sich verschiedene Konzeptionen für die Jour-
nalistenausbildung etabliert. Dieser Prozess erfolgte von nicht akade-
mischen zu akademischen Ausbildungsgängen. Auch bezogen auf die
berufsspezifische Ausbildung der Schweizer Journalisten, lässt sich
jedoch kein „Königsweg“ ausmachen (vgl. Marr et al. 2001; Wyss/Keel
2010). Dennoch überrascht der Befund, dass in der Schweiz der Anteil
der Journalisten ohne berufsspezifische Ausbildung über die letzten
zehn Jahre mit 15 Prozent etwa gleich hoch geblieben ist. Dabei ist zwi-
schen den Sprachregionen ein klarer Unterschied auszumachen, der
über das vergangene Jahrzehnt erhalten blieb: In der französischspra-
chigen Schweiz ist der Besuch der journalistischen Grundausbildung
am Centre Romand de la Formation des Journalistes (CRFJ) nach wie
vor die Regel, während sich in der Deutschschweiz der Bildungsweg
via Journalistenschule noch kaum durchzusetzen scheint. Insgesamt
bildet das Volontariat die am häufigsten genutzte Form der Berufsvor-
bereitung; gut ein Drittel aller Journalisten hat eines durchlaufen (in
Deutschland 60 %). 29 Prozent der Schweizer Journalisten haben eine
Ausbildung an einer von vier privaten Journalistenschulen absolviert.
Auch der Anteil der Journalisten, welche im Rahmen ihrer Hochschul-
Nur leichte
Feminisierung
Kein Königsweg
in der Ausbildung
364 Journalismusforschung
ausbildung Publizistikwissenschaft oder Journalistik studiert haben,
ist auf mehr als 20 Prozent gestiegen. Die Akademisierung des Berufes
schreitet auch in der Schweiz voran. Der Anteil der Journalisten mit
Hochschulabschluss hat sich in den letzten zehn Jahren leicht erhöht,
mit einer Zunahme von 44 auf 47 Prozent fällt diese im Vergleich zu
anderen Ländern allerdings gering aus.
Rollenselbstbilder und Orientierungen
In der journalistischen Berufsforschung hat die Frage nach dem beruf-
lichen Selbstverständnis der Journalisten eine lange Tradition, wobei
betont wird, dass solche Selbsteinschätzungen nicht auf die konkreten
Ausführungen der Rollen schliessen lassen (vgl. Weischenberg/Scholl/
Malik 2006: 98 ff.). Es wird danach gefragt, welche Vorstellungen die
Journalisten von ihrer eigenen Rolle haben und welche Ziele sie sich bei
der täglichen Arbeit setzen. Für die Schweiz zeigte sich 2008 ein weit-
gehend ähnliches Bild wie 1998 (vgl. Wyss/Keel 2010). Auch heute lässt
sich das journalistische Rollenselbstbild nicht auf „Entweder-Oder-
Kategorien“ reduzieren, sondern stellt eher einen Strauss pluralisti-
scher Rollenvorstellungen dar.
Nach wie vor führt das Rollenbild des neutralen Berichterstat-
ters die Rangliste über Sprachgrenzen hinweg an. Hohe Zustimmung
findet ebenfalls der „Analytiker, der komplexe Sachverhalte sorgfältig
nachzuprüfen und präzise zu analysieren versucht“. Eher zurückhal-
tende Zustimmung findet hingegen der „Vermittler, der verschiedenen
gesellschaftlichen Akteuren ein Forum zu geben versucht“, obwohl
auch dieses Verständnis im Unterschied zu aktiven Rollenbildern eher
die distanzierte Unbeteiligtheit betont und weitgehend den Normen
Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet ist. Von diesen passiven
Rollenbildern sind aktive wie diejenigen des Kritikers, Kommentators
oder Anwalts zu unterscheiden, die gegenüber 1998 eher an Bedeu-
tung zu verlieren scheinen. Hingegen werden die publikumsorientierte
Rollen des Ratgebers und des Dienstleisters wichtiger. Auf den letzten
Rängen bleiben ökonomisch geprägte Rollenbilder wie diejenigen des
Informations-Unternehmers oder des Vermarkters. Unterschiedliche
Ausprägungen des Rollenselbstbildes innerhalb der Berufsgruppe
sind weitgehend durch unterschiedliche Medientypen, organisatio-
nale Regeln und Arbeitsbedingungen und nicht durch Variabeln wie
Sprachregion, Geschlecht, Alter oder Ausbildung zu erklären.
Pluralistische
Rollenselbstbilder
365Vinzenz Wyss / Guido Keel
Die vorliegenden Daten zum journalistischen Rollenselbstver-
ständnis verdeutlichen für die Schweiz wie auch für Deutschland (Wei-
schenberg/Scholl/Malik 2006: 188 f.), dass ein erstaunlich robustes
Muster sichtbar wird, das sich im Laufe der letzten zehn Jahre kaum
wesentlich verändert hat. Dies zeigt sich auch in Bezug auf die von
Journalisten wahrgenommenen Einflüsse auf ihre redaktionelle Arbeit.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass Einflussgrössen als wirkungs-
mächtiger wahrgenommen werden, je stärker sie für die Befragten als
kontrollierbar erscheinen. So weisen sie „den eigenen Wertvorstel-
lungen und Überzeugungen“ am meisten Einfluss zu, gefolgt von den
von ihnen „erwarteten Interessen des Publikums“ (Erwartungserwar-
tungen) oder dem „publizistischen Selbstverständnis der Redaktion“.
Innerredaktionelle Referenzgrössen haben aus Sicht der befragten
Journalisten weit mehr Gewicht als ausserredaktionelle wie etwa die
„Ergebnisse der Leserschafts-/Publikumsforschung“ oder „Interessen
der Werbewirtschaft“, die letztlich auf eine ökonomische Referenz
verweisen. Weaver (2008: 190) hat ebenfalls bereits mehrfach darauf
hingewiesen, dass in letzter Zeit trotz wesentlicher Veränderungen im
Beruf stärker von Stabilität als von Wandel die Rede sein müsse und
dass solche Daten eher Ausdruck von „wishful and idealistic thinking
than actual practice“ seien. Auch für die Schweiz gilt, dass mit solchen
Messung eigentlich die Zustimmung zu einer offenbar robusten berufs-
kulturellen Norm abgefragt wird.
Hanitzsch (2007) attestiert in seiner international vergleichenden
Studie den Journalisten eine beispielhafte ethische Berufsauffassung.
Ethische Standards finden seit den 1970er-Jahren weltweit ihren Nie-
derschlag in Standesregeln der journalistischen Berufsorganisationen.
Diese haben sich in Form von Pflichtenheften und Ehrenkodizes ent-
sprechende Regeln der Selbstkontrolle gegeben. Auch in der Schweiz
soll der Presserat als Selbstkontrollorgan über die Einhaltung der
„Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Jour-
nalisten“ wachen. Die formulierten Standesregeln beinhalten bspw.
Fairnessgebote, Trennungsnorm, Achtung der Privatsphäre, Verbot
unlauterer Beschaffungsmethoden oder etwa die Berichtigungspflicht.
Journalistenkodizes richten sich nicht nur an die Tugend der Journa-
listen, sondern adressieren bei Beschwerdeentscheiden des Presserates
durchaus auch die Medienorganisationen. In einer Studie von Wyss et
al. (2007) stufen die Schweizer Journalisten jenes als faires und kompe-
Robuste Norm-
vorstellungen
Ethikkodex und
Presserat
366 Journalismusforschung
tentes Gremium ein, das Verletzungen berufsethischer Regeln brand-
markt und so auch einer möglichen Verrechtlichung entgegentritt. Im
abstrakten Bereich der Funktionszuweisung scheinen der Presserat und
der Kodex durchaus relevant zu sein, „handfeste“ Wirkungen auf das
konkrete journalistische Arbeiten werden aber kaum wahrgenommen.
Der Kodex wird von den Befragten im beruflichen Alltag kaum zu Rate
gezogen, und die Stellungnahmen des Presserates werden kaum redak-
tionsintern diskutiert. Immerhin hat die Studie aber deutlich gemacht,
dass sich Journalisten eher dann bewusst mit der Arbeit des Presserates
auseinandersetzen, wenn sie auch in der Ausbildung sowie im Rahmen
innerredaktioneller Qualitätssicherungsverfahren damit konfrontiert
werden. In international vergleichender Perspektive hat sich Puppis
(2009) mit entsprechenden Organisationen der Medienselbstregulie-
rung auseinandergesetzt.
4 Ausblick: Die Agenda
Die vorangegangenen Abschnitte haben gezeigt, dass die Journalis-
musforschung mit einer multi-perspektivischen Sichtweise ihre For-
schungsfelder bearbeitet. Dies mag als Eklektizismus wahrgenommen
werden; ein Pluralismus der theoretischen und methodischen Ansätze
scheint jedoch angesichts der Komplexität des Gegenstands adäquater
denn je. Deutlich geworden ist, dass gesellschaftliche Einflüsse auf die
Medienorganisationen und deren Einflüsse auf den Journalismus nicht
zu unterschätzen sind und also als Fragestellungen noch stärker als
bisher die Agenda der Journalismusforschung bestimmen sollten. Dies
gilt auch für organisationsbezogene Forschungen, die nur mit entspre-
chend komplexen Theorien bearbeitet werden können.
Wenn es zutrifft, dass der Journalismus zur Selbstbeobachtung
und Synchronisation der Gesellschaft beitragen soll und bei der Verge-
sellschaftung moderner Demokratien eine wesentliche Rolle spielt, so
muss die gesellschaftliche Relevanz des Journalismus auch die Referenz
für die Forschung sein. Dies setzt voraus, dass sich die Journalismus-
forschung weiterhin mit der Frage auseinandersetzt, was Journalismus
ist und worin sein Wert für die Gesellschaft besteht. Die Beantwortung
dieser Fragen setzt – möglicherweise auch unter Rückbesinnung auf
normative Gehalte – gesellschaftsbezogene Theoriekonzepte voraus,
Gesellschaftliche
Relevanz als
Referenzpunkt
367Vinzenz Wyss / Guido Keel
flankiert von sozial-integrativen Theorien, die die Dichotomie von
System und Subjekt bzw. Struktur und Handlung zu überwinden ver-
suchen. Nur so kann einer alten Herausforderung begegnet werden,
extra- und intramediale Einflussfaktoren auf das journalistische Han-
deln nicht nur zu beschreiben, sondern auch Beziehungen zwischen
diesen erklären zu können. Nur vor diesem Hintergrund sind auch
scheinbar aktuelle Fragen der Journalismusforschung, etwa nach dem
zunehmendem Aufkommen hybrider Formen des (Online- oder kon-
vergenten) Journalismus, nach der Entdifferenzierung von Redaktions-
strukturen in integrierten Newsrooms, nach den Auswirkungen der
Deprofessionalisierung, nach den Folgen der Kommerzialisierung auch
im Zeitalter von YouTube und Weblogs, nach der Bedeutung von Leit-
medien für das Publikum oder genereller Fragen nach dem Kern und
den Rändern eines sich wandelnden Journalismus zu bearbeiten.
Schliesslich muss die deutschsprachige Journalismusforschung
zugleich an zwei Baustellen weiterarbeiten und sich dadurch mögli-
cherweise in eine paradoxe Situation begeben. Soll sie auch interna-
tional besser wahrgenommen werden, so muss sie das Potenzial ihrer
Entwürfe auch in die Welt hinaustragen. Gleichzeitig – und darin liegt
wohl das Paradoxe – sollte sie sich auch als Anwendungswissenschaft
verstehen, die den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis nicht
aus den Augen verliert. Dies kann nicht an die Lehre delegiert werden,
sondern die Journalismusforschung sollte zumindest über kompetente
Strategien reflektieren, die sie dem Integrationspostulat von Theorie
und Praxis näherbringen, ohne jedoch das Potenzial der wechselsei-
tigen Irritation zu unterschätzen.
Paradoxien der
Journalismus-
forschung
368 Journalismusforschung
Übungsfragen:
Worin unterscheiden sich in ihrer Herangehensweise Zugänge der tra-
ditionellen Berufsforschung und Gatekeeperstudien von Ansätzen
der Redaktionsforschung und systemtheoretischen Zugängen?
Die Journalismusforschung beschäftigt sich mit den Strukturen, Pro-
zessen und Leistungen des Journalismus auf einer Makro-, Meso-
und Mikroebene. Nennen Sie dafür je beispielhafte Forschungs-
felder und Fragestellungen.
Inwiefern ist die Inklusion des Publikums und damit die Publikums-
orientierung des Journalismus eine zentrale Voraussetzung für
dessen gesellschaftliche Funktionserfüllung?
Warum ist es sinnvoll, Medienorganisationen als intersystemische
Organisationen zu verstehen, und was bedeutet deren spezifische
Institutionalisierung für die Durchsetzung publizistischer Ziele in
Redaktionen?
Die Journalismusforschung hat im Rahmen der Berufsfeldforschung
typische Merkmale und Einstellungen von Journalisten ermittelt.
Wie lässt sich der typische Schweizer Journalist beschreiben?
369Vinzenz Wyss / Guido Keel
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... In order to unveil these mechanisms, we first use quantitative data on newspaper coverage of the terms 'Staatsschulden' (sovereign debt), 'Fiskalpolitik' (fiscal policy), and 'Wettbewerbsfähigkeit' In the light of findings of the communication science literature which has proven a close linkage between political contestation and the intensity of media reports (Wyss and Keel, 2010;Jungherr, 2014: 240-241), we believe that this procedure allows us to measure the attention that German citizens attached to resolving the Eurozone crisis from early 2010 onwards. Secondly, we link the initial preferences of the German government on the most controversial issues contained in the selected proposals to the positions of both special interest groups and the broader public. ...
Article
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Do crises increase governmental responsiveness to citizens' policy demands in the European Union? Building on the responsiveness literature, we challenge the claim that well-organised business interests determine governmental preferences in times of crisis. We argue instead, that vote-seeking governments rather account for citizens' policy demands, given particularly high levels of saliency and public attention prevalent during crises. To test our theory, we analyse the formation of German governmental preferences on Economic and Monetary Union reforms during the Eurozone Crisis. We use novel data from the EMU Choices project, public opinion polls as well as newspaper articles and trace the development of the German government's positioning on reforms such as the new Eurozone bailout fund or the tightening of fiscal governance rules. Our analyses show that the German government, despite intensive lobbying efforts by banks and industry associations, responded rather closely to the demands of the public. On a normative ground this finding highlights that input legitimacy in European Union decision-making is stronger than oftentimes assumed, at least at the level of governmental preference formation in times of crises.
Chapter
Arbeitsroutinen haben sich in Sportredaktionen in den vergangenen Jahren verändert. Unter dem Oberbegriff des sogenannten Redaktionsmanagements wurden zahlreiche neue Steuerungsprozesse eingeführt, ohne die vor dem Hintergrund der angespannten ökonomischen Situation Sportmedien mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig nicht mehr konkurrenzfähig wären. Der digitale Medienwandel hat dabei die Ansprüche an den redaktionellen Output signifikant erhöht. Vor diesem Hintergrund wurden neue Redaktionsorganisationen etabliert. Sportredaktionen sind heute hocheffiziente, crossmedial agierende Entscheidungs-, Produktions- und Koordinationszentralen. Arbeitsabläufe, Kompetenzanforderungen und professionelle Rollen ändern sich durch diese Entwicklungen. Die Implementierung redaktioneller Strukturen im Sportjournalismus, die Prozesse in hinreichendem aber nicht mehr als notwendigem Maß komplex halten, um ein gemeinsames Endprodukt erfolgreich produzieren zu können, rücken in den Mittelpunkt (Meckel, Redaktionsmanagement. Ansätze aus Theorie und Praxis, Fischer, München, 1999, S. 21 f. ). Ziel des Redaktionsmanagements im Sportjournalismus ist die Steigerung der publizistischen Qualität. Dabei spielen die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Publikum eine immer wichtigere Rolle. Innovatives Agieren ist dabei eine zentrale Aufforderung an alle Sportjournalisten. Im Zuge dieser Entwicklung haben sich die Konzepte des Sportjournalismus geändert. Allem Wandel zum Trotz bleibt die Frage, welche Fähigkeiten den Kern des professionellen Handelns im Sportjournalismus ausmachen und damit als Redaktionskultur, Qualitätsmerkmal und Ausbildungsziel erhalten und gepflegt werden müssen.
Chapter
Im digitalen Zeitalter wandelt sich das Verhältnis von Journalismus und Publikum fortlaufend. Manche journalistischen Websites bieten Kommentarfunktionen, andere ermöglichen es den LeserInnen, selbst Artikel zu schreiben. Die kommunikationswissenschaftliche Theorie stellt diese neue Sichtbarkeit des Publikums vor Probleme: Tradierte theoretische Modelle zum Verhältnis von Journalismus und seinem Publikum vermögen es nicht angemessen, die neuartigen Interaktionsverhältnisse zu beschreiben. Das recht neue heuristische Modell der Publikumsinklusion versucht, Nutzerpartizipation in einen aktuellen analytischen und theoretischen Rahmen einzubetten. Die Modellierung wird in diesem Beitrag auf ihre Tauglichkeit als Erklärmodell hin untersucht und diskutiert.
Book
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Dieses Buch bietet eine umfassende Bestandsaufnahme zum Konzept des Framings, das eine breite Anwendung auf massenmediale Kommunikationsprozesse ermöglicht und deshalb auf zunehmendes Interesse stößt. Der Autor arbeitet die multidisziplinäre Geschichte des Framing-Begriffs auf und legt eine präzisierende Definition vor. Mit einer kriteriengeleiteten Literaturanalyse erschließt und systematisiert er das heterogene Feld der empirischen Forschung auf diesem Gebiet. Und schließlich demonstriert er anhand einer Fallstudie das Potenzial der Theorie für die integrierte Analyse von Medieninhalten und Medienwirkungen und diskutiert, unter welchen Bedingungen Framing als Paradigma für die Kommunikations- und Medienwissenschaft dienen kann.
Chapter
The claim of the media to be an independent „Fourth Estate“, which often seems self-evident in democracies nowadays, is everything but self-evident and “given by nature”. In many countries, the time of the rise of the press in the 19th century coincided with the establishment of political parties, for the formation of which the press, in turn, played a central role. It is, therefore, no accident that it was in England, where the early development of a parliament had brought along the creation of a stable, mostly bi-polar party-system, that the claim of the press to be the “Fourth Estate” was first articulated. ›The Times‹ took the lead in this process, asserting a special dignity of the press on the one hand, while accounting for the problem of not losing access to power and information in case of a change of government on the other hand. It will be shown how this claim was first made and legitimised in the mid 19th century, and how it was later reformulated under the impact of the rise of the mass press and of great entrepreneurs among the press publishers. It will be argued that the claim of independence combined with economic power secured a considerable influence of the press. This influence, however, could not be translated directly into political power. This will be shown with special regard to the example of Lord Northcliffe, whose impact as a publisher was not least founded in the belief of the tremendous power of the press and who finally failed due to his personal political ambitions.
Chapter
The overall picture from research on U.S. journalists from the early 1970s to the early years of this first decade of the 21st century is one of “more stability than change” (Weaver et al. 2007: 239). But there are some changes and contradictions that are worth noting, and I will concentrate more on these in this chapter than on those things that have not changed much over the past 30 years.
Chapter
Die komparative Analyse arbeitet grundsätzlich mit mindestens zwei Grundgesamtheiten. Im Bereich der Journalismusforschung werden auf Makroebene Systeme oder Kulturen bzw. Teilsysteme oder Teilkulturen verglichen. Wenngleich bei vielen Vergleichsstudien vorausgesetzt wird, dass sich Kultur und Nation überschneiden, so darf dies nicht den Blick dafür verstellen, dass diese beiden Größen nicht zwangsläufig deckungsgleich sind. Auch innerhalb von Nationalstaaten können widersprüchliche und diskrepante Prozesse und Phänomene der Massenkommunikation aufscheinen, wie der Vergleich der journalistischen Kulturen im frankophonen und angloamerikanischen Kanada (vgl. Pritchard/Sauvageau 1997) oder der Vergleich der Kommunikationsmuster ostdeutscher und westdeutscher Journalisten (vgl. Schneider, Schönbach/Stürzebecher 1993) zeigen.
Chapter
Der Journalismus hat s/ein Publikum und er benötigt s/ein Publikum, dem er seine Publikationsleistungen als Kommunikationsangebot zur Verfügung stellt — darin sind sich alle Journalismustheorien einig. Es reicht allerdings nicht aus, von dem Journalismus oder von dem Publikum zu sprechen. Sowohl der Journalismus als auch das Publikum lassen sich segmentieren, sodass nicht nur die Differenzen zwischen Journalismus und Publikum, sondern auch die Binnendifferenzen innerhalb des Journalismus und innerhalb des Publikums ins Blickfeld der Journalismusforschung geraten. Ungeklärt ist vor diesem Hintergrund allerdings die Frage, wie die Beziehung zwischen Journalismus und Publikum funktioniert bzw. welche Bedeutung der Journalismus und das Publikum füreinander haben. Diese Ausgangsproblematik lässt sich in mehrere Dimensionen aufteilen: Hier wäre zunächst grundlegend die skeptische Frage von Adorno zu klären, ob das Publikum (etwas) wollen kann (vgl. Adorno 1963) und ob es hinreichend spezifische Bedürfnisse hat, die in der journalistischen Berichterstattung Berücksichtigung finden können. Ist dies der Fall, ergibt sich das Problem, ob das Publikum diese Bedürfnisse auch artikulieren kann bzw. wie der Journalismus die Bedürfnisse des Publikums in Erfahrung bringen kann. Schließlich stellt sich die Frage, inwieweit der Journalismus die Bedürfnisse des Publikums berücksichtigen soll oder kann.
Chapter
Es herrscht ein Unbehagen in der Journalismusforschung. Kritik am systemtheoretischen ‚Mainstream‘ entzündet sich vor allem an der Vernachlässigung des journalistischen Akteurs, der sich in Strukturvorgaben aufzulösen droht. Das „Schisma von Akteur- und Systemtheorien“ (Schimank 1988: 619) in der Soziologie hat in der Kommunikationswissenschaft seine Fortsetzung gefunden und spaltet hier sogar die Forschungsbereiche: Auf der Kommunikatorseite dominiert die Systemtheorie, auf der Rezipientenseite der Blick auf den einzelnen Akteur und sein Handeln. Mittlerweile hat eine Gegenbewegung zur ‚halbierten‘ Journalismusforschung eingesetzt, bei der wieder der Journalist in den Mittelpunkt gerückt wird (vgl. Ruß-Mohl 1998a, 1997; Langenbucher 1993a). In diesem Beitrag soll der Versuch unternommen werden, einen analytischen Bezugsrahmen, der Akteur-, Institutionen- und Systemtheorie verbindet, auf den Journalismus zu übertragen. Dadurch soll einerseits der Akteur aufgewertet werden, andererseits soll dies aber nicht auf Kosten wichtiger systemtheoretischer Einsichten geschehen.1
Chapter
Der gesellschaftliche Sinnbezirk ‚Journalismus‘ lässt sich aus vielen Perspektiven beschreiben. Die hier vorgestellte Sichtweise fokussiert die Struktur, die das soziale System Journalismus1 konstituiert. Analytisch wird Journalismus damit auf der gleichen Ebene behandelt wie ‚Politik‘, ‚Wirtschaft‘, ‚Wissenschaft‘ oder andere Systeme der Gesellschaft (vgl. dazu und zum Folgenden Blöbaum 1994).