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Geometrische und physikalische Eigenschaften von Human-Haar

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Abstract

Im folgenden wird eine Übersicht über die geometrischen und physikalischen Eigenschaften von Haaren gegeben. Unter geometrischen Eigenschaften werden die axiale und die radiale Struktur, sowie die Haarlänge verstanden. Die physikalischen Eigenschaften umfassen die Zug-, Biege- und Torsionssteifigkeit, viskoelastisches Verhalten und Hysterese, sowie den Einfluss von Feuchtigkeit, Temperatur und kosmetischen Behandlungen auf eben diese Größen. Dazu zählen au�erdem die Reibung und die optischen Eigenschaften.
Geometrische und Physikalische Eigenschaften
von Human-Haar
Gerrit Sobottka
Institut f¨
ur Informatik II
Universit¨
at Bonn
53117 Bonn, Germany
sobottka@cs.uni-bonn.de
Andreas Weber
Institut f¨
ur Informatik II
Universit¨
at Bonn
53117 Bonn, Germany
weber@cs.uni-bonn.de
ZUSAMMENFASSUNG
Im folgenden geben wir eine ¨
Ubersicht ¨
uber die geometri-
schen und physikalischen Eigenschaften von menschlichen
Haaren. Unter geometrischen Eigenschaften werden die axia-
le und die radiale Struktur, sowie die Haarl¨
ange verstanden.
Die physikalischen Eigenschaften umfassen die Zug, Biege
und Torsionssteifigkeit, viskoelastisches Verhalten und Hy-
sterese, sowie den Einfluss von Feuchtigkeit, Temperatur
und kosmetischen Behandlungen auf eben diese Gr¨
oßen. Da-
zu z¨
ahlen ferner Reibung und optische Eigenschaften von
Haaren.
Stichworte
geometrische Eigenschaften, mechanische Eigenschaften,
menschliche Haare, Humanhaar
1. EINLEITUNG
Im folgenden soll ein kurzer ¨
Uberblick ¨
uber die physi-
kalischen Eigenschaften von menschlichen Haaren gegeben
werden. Als Informationsquellen dienen die Literatur aus
dem Bereich der Kosmetikbranche bzw. der Medizin, so-
wie diverse Zeitschriftenbeitr¨
age unterschiedlicher Fachrich-
tungen, die in den letzten Jahrzehnten zu diesem Thema
ver¨
offentlicht worden sind.
Die Aufkl¨
arung der Haar-Struktur bzw. die Verifikati-
on bestehender Modelle sowie die Aufdeckung von Zu-
sammenh¨
angen zwischen Krankheitsbildern und pathologi-
schen Ver¨
anderungen der Haareigenschaften stehen im Mit-
telpunkt des Interesses der nicht kosmetisch motivierten
Haarforschung. Infolgedessen werden Untersuchungen oft-
mals unter Bedingungen durchgef¨
uhrt, die in dieser Form im
Haar-Alltagnicht auftreten. Dennoch scheint die Angabe
qualitativer Zusammenh¨
ange unter unnat¨
urlichenBedin-
gungen sinnvoller, als bestimmte Themenbereiche g¨
anzlich
unbeleuchtet zu lassen.
Haare geh¨
oren zur Gruppe der Keratine und sind morpho-
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permission and/or a fee.
CG–2003/1, M¨
arz 2003, ISSN 1610-8892
Computer Graphics Technical Reports Series, Institut f¨
ur Informatik II.
Copyright University of Bonn, Germany
logisch und von ihren physikalischen Eigenschaften her eng
verwandt mit der Schafswolle, die sehr viel eingehender un-
tersucht worden ist. So sind zum Beispiel die Isothermen der
Feuchtigkeitsaufnahme bis zum 95%-Level praktisch iden-
tisch [21]. In der Literatur wird der Bezug zur Wolle oft
hergestellt, wenn empirische Befunde f¨
ur Haare nicht vor-
liegen. Dieser Vorgehensweise wollen wir uns im folgenden
anschließen.
2. STRUKTUR DER HAARFASER
In der Literatur findet man h¨
aufig den Hinweis, dass die
mechanischen Eigenschaften von Haaren prim¨
ar ¨
uber die
Struktur verstanden werden k¨
onnen. Deshalb wird im fol-
genden kurz auf den mikro-strukturellen bzw. molekularen
Aufbau der Haarfaser eingegangen.
Haare geh¨
oren zur Gruppe der Keratinfasern und beste-
hen im wesentlichen aus einer Ansammlung dichtgepackter,
keratinhaltiger Filamente. Keratine selbst sind Faserprote-
ine mit α-helicaler Struktur, die durch Disulfidbindungen
stabilisiert werden [24]. Der Begriff des Karatins wird in der
Literatur oftmals synonym f¨
ur biologische Materialien ver-
wendet, die solche Proteine enthalten. Als typische Beispiele
k¨
onnen hier neben Haaren auch Wolle, Horn, N¨
agel, Hufen,
Stacheln etc. angef¨
uhrt werden. Haare sind morphologisch
und von den physikalischen Eigenschaften her eng verwandt
mit der Schafswolle.
Die sogenannten α-Keratine1bestehen aus Polypeptid-
ketten, die durch Kondensation von Aminos¨
auren entste-
hen [29]. Keratine sind reich an Cystin, einer Aminos¨
aure,
die sich durch ihren Schwefelgehalt auszeichnet. Die Thiol-
gruppen zweier Cystinreste k¨
onnen durch Ausbildung einer
kovalenten Bindung mehrere Polypeptidketten miteinander
verbinden.
Die physikalischen Eigenschaften von Humanhaar wer-
den maßgeblich durch die Wasseraufnahmef¨
ahigkeit seiner
Zellkomponenten bestimmt [52]. Diese h¨
angt von der che-
mische Zusammensetzung ab, insbesondere dem Verh¨
altnis
von hydrophilen und hydrophoben Aminos¨
aureresten und
dem Vernetzungsgrad der Proteine. Die charakteristische
Unl¨
oslichkeit und Resistenz gegen enzymatischen Abbau be-
gr¨
unden sich durch den hohen Gehalt an der Aminos¨
aure
Cystin bzw. den damit verbundenen hohen Schwefelgehalt.
Morphologisch k¨
onnen beim Haar drei Hauptkomponen-
1Das αr¨
uhrt vom typischen R¨
ontgen-Beugungsmuster her,
dem α-Pattern, das f¨
ur diese Art von Proteinen charakteri-
stisch ist.
ten unterschieden werden: (i) die Cuticula oder ¨
außere H¨
ulle
des Haares, (ii) der Cortex, der von der Cuticula umschlos-
sen wird (iii) die Medula, eine por¨
ose R¨
ohre im Zentrum des
Cortex (Abb. 1).
Cuticula (3 Schichten)
Paracortex
Mikrofibrille
Makrofibrille
Orthocortex
Medulla
Zellmembranen
Ansatz
S-S
S-S
S-S
S-S
Matrix
Filamente
(a) (b)
Abb.1: Struktur des menschlichen Haares. (a)
R¨
aumliche Ansicht, (b) Schematischer Querschnitt
mit mechanisch relevanten Komponenten.
Die Aufgabe der Cuticula besteht im Schutz der Haare
vor chemischen und physikalischen Belastungen der Außen-
welt [31]. Die Cuticula ist von r¨
ohrenf¨
ormiger Struktur und
bildet den Mantel des Haares, bestehend aus verbundenen
dachziegelf¨
ormig ¨
ubereinander angeordneten Cuticulazellen
von 3540 µm Dicke, den Schuppen. Die Cuticulazellen set-
zen sich ihrerseits aus aus drei Schichten, der Epi-,Endo-
und Exocuticula zusammen.
O’Connor et al. [27] haben die Kinetik des Hydratations-
vorganges und die damit einhergehenden morphologischen
Ver¨
anderungen der Haarober߬
ache durch Atomic Force Mi-
croscopy erstmals direkt beobachten k¨
onnen. Die Epicuticu-
la ist bedingt durch den hohen Grad der Vernetzung sehr
hart und neigt weniger zum Quellen. Sie fungiert damit als
Diffusionsbarriere. Die hydrophile Endocuticula bildet be-
dingt durch ihre Wasseraufnahmef¨
ahigkeit einen wichtigen
Diffusionsweg. Ihre Quellf¨
ahigkeit und leichte enzymatische
Abbaubarkeit sind die Folge hoher Konzentrationen an hy-
drophilen Aminos¨
aureresten.
Der Cortex setzt sich aus in axialer Richtung verlau-
fenden spindelf¨
ormigen Zellen in zylindrischer Anordnung
zusammen. Die Rindenzellen sind durch eine interzellulare
Kittsubstanz miteinander verbunden [32]. Das Cortexkera-
tin besteht aus feinsten Filamenten von 6-8 nm L¨
ange, den
Mikrofibrillen. Mehrere solcher Mikrofibrillen sind zu Ma-
krofibrillen zusammengelagert, die in den Cortexzellen lie-
gen. Sie enthalten das α-Keratin. Die Cortexzellen sind von
unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung. Das Haar
des Afrikaners besteht im Bogeninneren der Kr¨
auselung aus
cystinreichen Cortexzellen (Paracortex), auf der Außenseite
aus cystin¨
armeren Zellen (Orthocortex). Bei glatten Haaren
sind beide Zelltypen konzentrisch verteilt.
Haartyp Alter lmax Rmax
(a) (cm) (µm)
Lanugo <1 15 20
Kind 1 - 12 60 60
Erwachsene >13 100 100
Vellus >30 0.1 4
Tab.1: Kopfbehaarung und Alter, durchschnittliche
maximale L¨
ange und Radius.
Im Zentrum des Cortex kann als weitere Zellkomponente
gelegentlich die Medulla auftreten, die von por¨
osem Charak-
ter ist. Ihre Anwesenheit hat destabilisierenden Einfluss auf
die Zugfestigkeit.
Generell sind die Zellen der Cuticula, des Cortex und der
Medulla fest miteinander verkittet. Das kann auf dem We-
ge der chemischen Bindung ¨
uber Kittsubstanzen geschehen,
andererseits treten auch rein mechanische, druckknopfartige
Verbindungen auf.
Die Haarfarbe wird durch den Pigmentfarbstoff Melanin
verursacht, der in den Cortexzellen eingelagert ist. Er kommt
in den beiden Modifikationen Ph¨
aomelanin und Eumela-
nin vor [45], deren Verh¨
altnis die nat¨
urliche Haarfarbe be-
stimmt. Das Eumelanin kann alle Farbt¨
one von braun bis
schwarz annehmen, Ph¨
aomelanin ¨
uberwiegt bei blonden und
roten Haaren. Der Verlust der Pigmentierung mit fortschrei-
tendem Alter (Ergrauen der Haare) geht in der Regel nicht
mit ¨
Anderungen im physikalischen Verhalten der Haare ein-
her [16], das fortschreitende Alter an sich dagegen schon.
Unpigmentierte Haare sind etwas gr¨
ober und welliger als
pigmentierte.
2.1 Geometrie
2.1.1 Haarl¨
ange
Die Haarl¨
ange h¨
angt vom jeweiligen Haar-Typus ab. Die
pr¨
anatalen Haare oder Lanugo fallen in der Regel schon
vor der Geburt oder kurz danach aus und erreichen L¨
angen
von kaum mehr als 15 cm. Sie werden direkt vom pr¨
apu-
bert¨
aren Haartypus, dem prim¨
aren Terminalhaar abgel¨
ost.
Seine Struktur ist deutlich gr¨
ober als das Lanugo und er-
reicht L¨
angen von bis zu 60 cm. Mit dem Einsetzen der Pu-
bert¨
at und den damit einhergehenden hormonellen Ver¨
ande-
rungen l¨
asst sich eine gr¨
obere Haarstruktur mit L¨
angen von
bis zu 100 cm feststellen, das sogenannte sekund¨
are Ter-
minalhaar. Zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Le-
bensjahr f¨
uhren dann erneute hormonelle Umstellungen zum
Wachstum von feineren und oftmals k¨
urzeren Haarfasern.
Dieser Effekt kann bis zum ¨
Ubergang des Terminalhaares
zum Vellus f¨
uhren, das bei einem sehr kleinen Durchmesser
von ca. 4 µm L¨
angen von kaum mehr als 0.1cm erreicht. Die-
ser feine Haartypus ist mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar
und l¨
asst die betroffenen Regionen kahl erscheinen. Tab.
1 fasst die Daten zusammen. Die hier genannten L¨
angen
stellen Durchschnittswerte dar. Auf Langhaar- Wettbewer-
benk¨
onnen des ¨
ofteren Haarl¨
angen von ¨
uber 150 cm beob-
achtet werden. Den Rekord h¨
alt derzeit die Amerikanerin
Dianne Witt aus Massachusetts mit mehr als 300cm. Die
Wachstumsrate liegt bei ca. 15 cm/a.
2.1.2 Querschnitt
Der Haardurchmesser schwankt in der Regel mit dem Al-
ter und nimmt seinen gr¨
oßten Wert mit der Pubert¨
at an. Die
Welligkeit und die Querschnittsgeometrie des Haares sind
genetisch bedingt und von Rasse zu Rasse unterschiedlich,
so dass eine Untergliederung der Eigenschaften in Abh¨
angig-
keit von der jeweiligen Rasse sinnvoll erscheint. Robbins
[37] unterscheidet hier kaukasisch,mongolisch und ¨
athio-
pisch. Dabei stellt der kaukasische mit einem Durchmesser
von 50 90 µm den feinsten Haartyp dar. Interessanterwei-
se besitzen Haare keinen runden, sondern einen eher ellipti-
schen Querschnitt. Modifikationen mit nieren-/ birnenf¨
ormi-
gem oder gar dreieckigem Querschnitt treten vereinzelt auf,
prim¨
ar im Zusammenhang mit pathologischen Ver¨
anderun-
gen. Dabei ist das Verh¨
altnis der beiden Hauptradien cha-
rakteristisch f¨
ur die jeweilige Rasse. Der Quotient ¨
ubt we-
sentlichen Einfluss auf das Biegeverhalten aus. Die Form
des Querschnittes unterliegt innerhalb einer Rasse und in-
nerhalb der Kopfbehaarung einer Person u.U. erheblichen
Schwankungen. Als Faustregel gilt, dass der Durchmesser
der Haare bei einer Person um mehr als den Faktor zwei
variiert [37]. Genaugenommen ¨
andert sich Faserquerschnitt
in axialer Richtung. Die ¨
Anderungen sind jedoch klein und
k¨
onnen deshalb vernachl¨
assigt werden. Querschnittswerte
sind deshalb immer als Mittelwerte anzusehen.
Vernall [48] hat die Haare von jungen, m¨
annlichen Per-
sonen unterschiedlicher Nationalit¨
at im Alter zwischen 20
und 30 Jahren hinsichtlich ihrer Querschnittsgeometrie un-
tersucht2. Die Variabilit¨
at bez¨
uglich der Geometrie zwischen
den Rassen ist dabei signifikant gr¨
oßer als zwischen den In-
dividuen einer Rasse und hier wiederum signifikant gr¨
oßer,
als beim Individuum selbst.
Die Werte der Hauptdurchmesser bewegen sich zwischen
60 µm beim West-Europ¨
aer und 125 µm beim Chinesen
(kleinster bzw. gr¨
oßter ¨
uber alle Proben gefundener Wert).
Die Haare des Afrikaners sind in Bezug auf den Haupt-
durchmesser durchschnittlich am gr¨
oßten, die eines West-
Europ¨
aers am kleinsten (Chinesen und Inder liegen dazwi-
schen).
Betrachtet man den Wert des kleinsten Durchmessers, so
liegen die Werte zwischen 43 µm beim West-Europ¨
aer und
100 µm beim Chinesen. Chinesen verf¨
ugen im Durchschnitt
¨
uber die dicksten, Europ¨
aer dagegen ¨
uber die d¨
unnsten
Haare. Der intra-personelle Unterschied bewegt sich zwi-
schen 25 µm beim Individuum afrikanischer Abstammung
und 313 µm beim Inder.
In Bezug auf die Querschnitts߬
ache verf¨
ugen West-
Europ¨
aer mit 2017 µm2¨
uber den kleinsten und die Chinesen
mit 10105 µm2¨
uber den gr¨
oßten Wert.
Als Index f¨
ur den Grad der Elliptizit¨
at wird der Quotient
der beiden Hauptradien herangezogen. Die Indices variie-
ren hier zwischen 1.25 und 1.68. Das Haar des Afrikaners
zeichnet sich durch seine Flachheit und folglich durch den
gr¨
oßten Index aus. Bei den Chinesen findet man den klein-
sten Index und damit die rundeste Form. Die Geometrie
bei West-Europ¨
aern und Indern liegt dazwischen. In Tab.
2 sind die Werte zusammengestellt. Besonders das afrikani-
sche Haar f¨
allt neben seiner ausgepr¨
agten Elliptizit¨
at auch
durch seine extreme axiale Torsion auf [21].
Swift [44] f¨
uhrt basierend auf den Erkenntnissen zur El-
liptizit¨
at weitergehende ¨
Uberlegungen durch, auf die im Zu-
2Es wird eine etwas andere Aufteilung bez¨
uglich der Rassen
verwendet als in [37]. Die etwas ungl¨
ucklichen Bezeichnun-
gen Negroider und negroid werden im folgenden durch die
moderneren Begriffe Afrikaner bzw. afrikanisch ersetzt.
sammenhang mit dem Biegeverhalten von Haaren weiter un-
ten kurz eingegangen werden soll.
2.1.3 Welligkeit
Die longitudinale Struktur oder Welligkeit des Haares
stellt eine der wichtigsten Gr¨
oßen f¨
ur das Haarstyling dar
und variiert insbesondere mit der Rasse. Die extreme Lockig-
keit des Afrikanerhaares findet man sonst nur bei den Po-
pulationen Papua Neu Guineas [28]. Im asiatischen Raum
¨
uberwiegen Haare mit glatter Konfiguration, wohingegen im
europ¨
aischen Raum alle Arten vertreten sind. Die Haargeo-
metrien sind schematisch in Abb. 2 abgebildet.
1.25 1.35 1.75
Abb.2: Welligkeit und Elliptizit¨
at von Haaren un-
terschiedlicher Rassen.
Dauerwelle oder die Applikation von Haarrelaxern bewir-
ken eine ¨
Anderung der Welligkeit. Je nachdem, ob das Haar
eine mehr glatte oder eine welligere Struktur aufweist, f¨
allt
der Einfluss physikalischer Effekte wie Reibung und Steifig-
keit gr¨
oßer oder kleiner aus. Robbins und Reich [38] stel-
len eine Methode zur Bestimmung der Welligkeit vor. Da-
bei wird die L¨
ange LCdes einzelnen Haares im Normalzu-
stand und anschließend LTim gestreckten Zustand durch
Anh¨
angen eines Gewichtes von 1 ggemessen. Sieht man die
Struktur des einzelnen Haares vereinfacht als Sinuskurve
an, dann kann durch Abz¨
ahlen der Wellen Ndie Wellig-
keit bestimmt werden zu C=N LT/LC3. In der Regel wei-
sen Haarfasern aber diesbez¨
uglich große Unregelm¨
aßigkeiten
auf. Nach dem Durchn¨
assen der Haare oder der Applikation
von ¨
Olen k¨
onnen die Koh¨
asions-Kr¨
afte des Fluides in den
kapillaren Zwischenr¨
aumen der Fasern Werte erreichen, bei
3Sinnvoller erscheint f¨
ur solche Zwecke die Angabe von Fre-
quenz und Amplitude. Leider fehlen in dieser Untersuchung
Haarl¨
angenangaben v¨
ollig, so dass - ausgehend von der An-
nahme, dass f¨
ur alle Haare die gleichen L¨
angen gew¨
ahlt wur-
den - sich die Werte lediglich f¨
ur den Vergleich untereinander
eignen.
dmax dmin dmax/dmin A
(µm) (µm) (-) (µm2)
West-Europ¨
aer 81.94 56.74 1.44 3786
Chinesen 94.28 76.79 1.23 5817
Inder 92.94 66.49 1.40 4994
Afrikaner 98.23 58.52 1.68 4648
Kaukasier 63.93 47.28 1.35 2411
Mongolen 79.53 61.96 1.28 4085
Athiopier 90.62 51.70 1.75 4006
Tab.2: Gr¨
oßter und kleinster durchschnittlicher Durchmesser und Fl¨
acheninhalt bei Haaren unterschiedlicher
Rassen.
Haartyp Behandlung trocken nass
Orientalisch P 0 -
SAC, SLS, BL 1.6 0
Kaukasisch P 0 -
SAC, SLS, BL 2.6 0
Kraus I P 18.0 -
SAC, SLS, BL 18.0 14.0
Kraus II P, SAC, SLS, BL 16.0 -
Tab.3: Welligkeit von Haaren nach unterschiedlicher
Behandlung im nassen und trockenen Zustand. P =
Pomade, SAC = Stearalkoniumchlorid, SLS = Na-
triumlaurylsulfat, BL = Bleichen.
denen die Wellen ganz verschwinden. Reibung und Gewicht
des Haftwassers verst¨
arken den Effekt, der sich besonders
deutlich bei kaukasischem und orientalischem Haar zeigt.
Krauses Haar neigt dagegen deutlich weniger zum N¨
asse-
bedingten Formverlust. Die Werte f¨
ur Cin Tab. 3 k¨
onnen
nur als grobe Anhaltswerte dienen.
Die Haarfasern ein und desselben Haarschopfes zeigen mit
zunehmender Dicke einer gr¨
oßere Welligkeit [51]. ¨
Uber den
Grund kann man nur spekulieren. Eine M¨
ogliche Erkl¨
arung
k¨
onnte sein, dass d¨
unnes Haar ausschließlich in glatter Kon-
figuration gebildet wird. Andererseits setzen d¨
unne Fasern
Gl¨
attungseffekten wie dem Druck durch benachbarte Fa-
sern, Eigengewicht, K¨
ammen und B¨
ursten weniger Wider-
stand entgegen, so dass sie infolge der allt¨
aglichen Haarpfle-
ge m¨
oglicherweise ihre Form verlieren.
2.1.4 Haark¨
orper und Haarvolumen
Der Haark¨
orper ist das sichtbare Volumen der gesamten
Haarmasse. Die Auspr¨
agung des Haark¨
orpers wird im we-
sentlichen bestimmt durch die Steifigkeit, die Querschnitts-
geometrie und den Durchmesser der Faser, die longitudina-
le Form sowie durch Faserinteraktionen wie Reibung und
Koh¨
asion [37]. Bei der L¨
angsdehnung von Haaren geht der
Durchmesser quadratisch, bei Biegung und Torsion dage-
gen mit der vierten Potenz ein, so dass die L¨
angsdehnun-
gen infolge Eigengewicht vernachl¨
assigbar sind. Schon klei-
ne ¨
Anderungen des Durchmessers sollten sich auf das Aus-
sehen des Haark¨
orpers auswirken. Tolgyesi et al. [51] haben
den Einfluss des Faserdurchmessers auf den Haark¨
orper von
erwachsenen amerikanischen Frauen unter kosmetischen Ge-
sichtspunkten untersucht. Die Haar-Steifigkeit steht hierbei
im Vordergrund, Reibung und Koh¨
asion bleiben dagegen un-
erw¨
ahnt.
Die Zunahme der Welligkeit f¨
uhrt zu einem deutlich f¨
ulli-
geren Haark¨
orper. Die Kraft, die beim B¨
ursten der Haare
aufgewendet werden muss, nimmt mit der Faserdicke zu.
Der Vorgang der Dauerwelle bewirkt eine Zunahme der
Welligkeit und der Reibung, durch Bleichen wird die Rei-
bung erh¨
oht. Deshalb f¨
uhrt diese Art der kosmetischen Be-
handlung zu einer Vergr¨
oßerung des Haark¨
orpervolumens.
Umgekehrt wirken Haare nach Behandlung mit einer Pfle-
gesp¨
ulung eher schlaff und der Haark¨
orper verliert deutlich
an F¨
ulle, wahrscheinlich durch Herabsetzung des Reibungs-
beiwertes [37]. Die Behandlung mit hochreinigenden Sham-
poos f¨
uhrt einerseits zum R¨
uckgang der Faser-Koh¨
asion, an-
dererseits zu einer erh¨
ohten Reibung, da die Entfernung des
Talgs von der Haarober߬
ache die nat¨
urlichen Unebenheiten
freilegt (cuticul¨
are Schuppen).
2.1.5 Haardichte
Die Haardichte ¨
ubt maßgeblichen Einfluss bei der Kon-
stitution des Haar-k¨
orpers. F¨
ur M¨
anner und Frauen kau-
kasischer Abstammung kann ein Durchschnittswert von
340 Haare/cm2(±76) angenommen werden, sofern keine
kosmetischen Behandlungen vorgenommen wurden [30]. An-
dere Untersuchungen ergaben Werte von 192Haare/cm2
(±12) [33].
W¨
ahrend sich in jungen Jahren keine geschlechter-
spezifischen Unterschiede feststellen lassen, findet man bei
M¨
annern eine hormonell bedingte Abnahme der Haardichte
in der frontoparietalen Region. Kosmetische Behandlungen
(Dauerwelle, F¨
arben, Bleichen), die vorrangig von Frauen
vorgenommen werden, k¨
onnen u.U. im Alter zu einer leich-
ten Abnahme der Haardichte f¨
uhren. Durchschnittswerte f¨
ur
die angesprochen Populationsgruppe findet man in Tab. 4.
Alter ~(n/cm2)|(n/cm2)
16 - 29 332 346
30 - 55 352 329
Tab.4: Haardichte bei Frauen und M¨
annern unter-
schiedlichen Alters.
3. MECHANISCHE EIGENSCHAFTEN
Die am h¨
aufigsten auftretenden Belastungen sind Deh-
nung, Stauchung, Scherung, Biegung und Torsion, wobei die
letzten zwei als Kombinationen von Dehnung, Stauchung
und Scherung aufgefasst werden k¨
onnen. Biegung und Tor-
sion spielen bei der Deformation von Haaren eine wichti-
ge Rolle. Trotzdem ist das Dehnungsverhalten am meisten
untersucht worden4. Gerade im Bereich der Medizin wird
4Interessanterweise gibt es trotz der H¨
aufigkeit der Versuche
durch intensive Erforschung des mechanischen Verhaltens
versucht, R¨
uckschl¨
usse ¨
uber das Vorliegen bestimmter Er-
krankungen, das Alter und sogar das Geschlecht der Person
ziehen zu k¨
onnen.
3.1 Dehnung
Das Dehnungsverhalten kann im klassischen Zugversuch
bestimmt werden. Das einzelne Haar wird bei gegebener
Temperatur und Luftfeuchte mit einer konstanten Rate5
gedehnt und die Widerstandskraft des Materials gemessen.
Tr¨
agt man die Spannungen σ(Verh¨
altnis von Verl¨
angerung
zur Gesamtl¨
ange) gegen die Dehnungen εauf, ergibt sich
eine Kurve mit drei charakteristischen Bereichen - (i) Hoo-
kescher Bereich (pre-yield), (ii) Fließbereich (yield) und (iii)
Nachfließbereich (post-yield) (Abb. 3).
Dehnung
Ea
Fließbereich
Eb
Nach-
Fließbereich
Hook'scher Bereich
Spannung
Abb.3: Verlauf der Spannungs-Dehnungskurve bei
Haaren.
Wichtige Parameter der Spannungs-Dehnungskurve Kur-
ve sind der Modul der Elastizit¨
at Eα, die Hookesche Grenze,
die Bruchdehnung, die Bruchspannung, der Modul des Nach-
fließbereiches Eβund die Dehnungsarbeit (Fl¨
ache unter der
Kurve).
3.1.1 Hookescher Bereich und E-Modul
Im Hookeschen Bereich weist die Kurve eine in etwa kon-
stante Steigung auf, die sich als materialabh¨
angige Kenn-
gr¨
oße interpretieren l¨
asst. Die Steigung ist der Elastizit¨
ats-
modul E(Youngsche Zahl).
Das Verhalten innerhalb dieses Bereiches ist keineswegs
linear-elastisch und tr¨
agt den Namen Hookescher Bereich
zu unrecht [10]. Der E-Modul setzt sich eigentlich aus einem
zeitunabh¨
angigen elastischen und einem zeitabh¨
angigen vis-
kosen Anteil zusammen. Eine leichte Variation des E-Moduls
in Abh¨
angigkeit von der Dehnungsrate ist deshalb nicht aus-
zuschließen. Auf die Zusammenh¨
ange wird weiter unten kurz
eingegangen.
Robbins [37] gibt f¨
ur Eeinen Wert von 3.89 ×105N/cm2
(60 % rel. LF) an6. Goldsmith und Baden [14, 15] stellen ein
alternatives Verfahren zur Bestimmung des E-Moduls vor.
Da die vom Querschnitt des Materials unabh¨
angige Schall-
geschwindigkeit und der E-Modul ¨
uber vs=pEin Be-
keine Standards.
5¨
Ublich sind hier 25 mm/min.
6Wegen der Feuchtigkeits- bzw. Temperaturabh¨
angigkeit
werden die Umgebungsbedingungen immer mit angegeben.
ziehung stehen, kann bei bekannter Dichte7der E-Modul
durch Messung der Schallgeschwindigkeit bei unterschied-
lichen Dehnungen bestimmt werden. Schallgeschwindigkeit
und E-Modul f¨
ur unterschiedliche rel. Luftfeuchte sind in
Tab. 5 aufgef¨
uhrt.
rel. LF Schallgeschw. E-Modul
(%) (km/s) (N/cm2)
6 3.0 11.7×105
53 2.6 8.8×105
Tab.5: Schallgeschwindigkeit und E-Modul bei un-
terschiedlicher rel. LF, T= 23 oC.
Durchmesser, Zugfestigkeit und Dehnungsarbeit bis zum
Materialversagen sind offenbar vom Alter abh¨
angig. Abb.
12 zeigt die Zusammenh¨
ange, die bei japanischen M¨
anner
0
1
2
3
4
025 50 75 100
Alter [a]
0
30
60
90
120
E-Modul
Durchmesser
E-Modul [10 N/cm ]
5 2
Durchmesser [ m]m
Abb.4: Statistisch ermittelte Zusammenh¨
ange zi-
schen Alter und E-Modul bzw. Haar-Durchmesser.
im Alter von 2 bis 91 Jahren festgestellt werden konn-
ten [23]. F¨
ur den E-Modul wird hier ein Wertebereich von
1.54.6×105N/cm2angegeben (T= 20 oC, 65 % rel.
LF). Swanbeck und Nyren [43] haben die ¨
Anderung der
mechanische Eigenschaften bei Patienten mit unterschied-
lichen Formen von Haarerkrankungen untersucht (M¨
anner
und Frauen kaukasischer Abstammung im Alter zwischen
20 und 56). Signifikante ¨
Anderungen konnten nicht festge-
stellt werden. F¨
ur den E-Modul liegen die Werte zwischen
1.64 2.80 ×105N/cm2(T= 20 oC, 100 % rel. LF).
Ob ein Haar von einer m¨
annlich oder einer weiblichen
Person stammt, oder gar das Alter der Person, l¨
asst sich
nicht anhand der Zugfestigkeit feststellen8[19]. Allerdings
liefert die Studie Durchschnittswerte f¨
ur den E-Modul von
1.234.10×105N/cm2(T= 30 oC, 30 % rel. LF) f¨
ur m¨
ann-
liche und weibliche Personen im Alter zwischen 15 und 35
Jahren (vermutlich Inder).
Huck und Baddiel [17] haben den E-Modul mittels der
Methode des oszillierenden Stabes f¨
ur kleine Dehnungen
(1 2 %) bestimmt. Neben dem Modul der Elastizit¨
at wird
der Verlust-Modul E0eingef¨
uhrt, der aus der D¨
ampfung
der Schwingung abgeleitet werden muss (tan δ=E0/E;δ
7[14] geben f¨
ur die Dichte des menschlichen Haares einen
Wert von ρ= 1.3g/cm3an.
8Obwohl ein Zusammenhang zwischen Alter und Zugfestig-
keit durchaus besteht, wie weiter oben angesprochen wurde.
ist die Phasenverschiebung, ein Maß f¨
ur die interne D¨
amp-
fung). Er beschreibt die bei Dehnung einer Faser dissipier-
te Energie und gibt damit Auskunft ¨
uber die interne Vis-
kosit¨
at der Haarfaser. F¨
ur unbehandelte Haarfasern liegen
die Werte f¨
ur Eund E0bei 4.10 ×105N/cm2(±0.66) bzw.
0.177 ×105N/cm2(25 oC, 75 % rel. LF). Generell korre-
liert E0mit dem Schwefelgehalt der Haarkeratine, Edage-
gen nicht. Ein Einfluss von Substanzen f¨
ur das Haarsetting
auf Eund E0ist statistisch nicht nachweisbar.
Sakai et al. [40] geben einen Wert von 0.38 ×105bzw.
1.03×105N/cm2bei 40 Cbzw. 90 C(in Wasser) an. Diese
Werte sind im Bereich von 0.55.0 %/min Dehnungsrate
quasi konstant.
Interessanterweise kann man nicht davon ausgehen, dass
dicke Haarfasern automatisch eine gr¨
oßere Steifigkeit auf-
weisen als d¨
unnere [26]. Die Werte des E-Moduls f¨
ur d¨
unne
Haarfasern (<70µm) sind signifikant h¨
oher als f¨
ur dicke
(>80µm) Haare derselben Person. Der Grund k¨
onnte in der
Auspr¨
agung der Medulla liegen, die bei dicken Haarfasern
einen gr¨
oßeren Querschnitt im Verh¨
altnis zur Gesamt߬
ache
aufweist, als bei d¨
unnen. Das f¨
uhrt zu einer Destabilisierung
des Haarcortex gegen¨
uber mechanischen Beanspruchungen.
Die Entnahmeregion (occipital,frontoparietal) hat dagegen
keinen Einfluss auf den E-Modul. In Tab. 6 sind die Werte
f¨
ur d¨
unne und dicke Fasern dargestellt.
<70 µm>80 µm
(105N/cm2) (105N/cm2)
1 3.44 1.70
2 4.89 2.00
3 4.22 1.70
4 4.44 1.70
5 4.22 2.55
6 6.44 2.44
7 4.00 2.22
8 5.40 2.33
9 4.67 2.55
10 5.55 2.89
11 4.44 1.70
12 4.20 1.80
13 5.55 2.50
14 3.89 2.55
15 3.55 2.44
x4.59 2.20
Tab.6: Durchschnittswerte f¨
ur Eαbei d¨
unnen und
dicken Haaren, 45 % rel. LF, T= 23 C.
3.1.2 Fließbereich
Beim ¨
Uberschreiten der Hookeschen Grenze bei ε2 %
f¨
uhren bereits kleine Spannungszunahmen zu ¨
uberpropor-
tional großen L¨
an-gen¨
anderungen (ca. 30 %); dieses ist der
Fließbereich. Auf molekularer Ebene vollzieht sich der ¨
Uber-
gang des Keratins vom α-helicalen in den β-gefalteten Zu-
stand [9]. Die Dehnungen sind vollst¨
andig reversibel, wenn
man Haarfasern in Wasser einlegt oder ihnen einen l¨
angeren
Erholungszeitraum gibt. Ruetsch und Weigmann [39] konn-
ten zeigen, dass solche extremen Belastungen trotz der Wie-
derherstellung der mechanischen Eigenschaften zu irreversi-
bler Sch¨
adigung der Cuticula f¨
uhren und damit die These
best¨
atigt, dass die Cuticula keinen Beitrag zur zur Zugfe-
stigkeit von Haaren leistet. Im Bereich großer Dehnungen,
f¨
uhren Scherkr¨
afte in den ¨
außeren Haarschichten zum Ab-
heben der cuticul¨
aren Schuppen. Es ist zu vermuten, dass
dadurch der Reibungskoeffizient beeinflusst wird. Im nassen
Zustand ist der E-Modul des Cortex etwa 20 mal gr¨
oßer als
der Modul der Cuticula. Bei der Torsion dagegen hat die
Cuticula einen merklichen Einfluss.
Durch Tests konnte gezeigt werden, dass die Arbeit, die
zum Ausreißen eines Haares aufgebracht werden muss, n¨
ahe-
rungsweise der Hookeschen Grenze entspricht [37]. Die
Konsequenz von zu großen Zugkr¨
aften ist das Versagen der
Haarwurzel, noch lange bevor Materialerm¨
udung auftritt.
3.1.3 Nach-Fließbereich
¨
Uber die obere Grenze (Fließpunkt) des Fließbereiches
hinaus ¨
andert sich die L¨
ange des Haares wieder langsa-
mer, endet aber schlagartig beim Erreichen der Bruchdeh-
nung durch Materialversagen. Das Verhalten ist hier, wie im
Hookeschen Bereich, etwa linear-elastisch. Die Steigung der
Kurve wird durch den E-Modul des Nachfließbereiches (Eβ)
beschrieben. Das Verh¨
altnis Steigungen der drei Bereiche
betr¨
agt etwa 100:1:10 [10].
3.2 Rheologische Eigenschaften
Biologische Materialien zeigen in der Regel kein elasti-
sches, sondern vielmehr ein zeitabh¨
angiges Verformungsver-
halten [12]. Basis f¨
ur die Beschreibung der Deformationen
ist die lineare Theorie der Viskoelastizit¨
at.
Die mechanischen Eigenschaften von biologischen Mate-
rialien k¨
onnen vorhergesagt werden, wenn das Verhalten bei
Belastung bekannt ist. Dieses kann in der Regel nur empi-
risch bestimmt werden. Die Spannungen steigen mit zuneh-
mender Dehnung schneller als nach dem Hookeschen Gesetz
zu erwarten ist. Die Spannungs-Dehnungs Beziehung zeigt
bei einachsiger Belastung die Form einer Hysteresiskurve.
D.h., die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen unterscheiden
sich im Falle von Be- und Entlastung. Die Hysteresis-Kurve
stabilisiert sich bei zyklischer Wiederholung des Vorganges.
Dieser Effekt wird als Konditionierung bezeichnet. Der Ein-
fluss der Dehnungsrate auf die Hysteresisschleifen ist eher
klein (gilt generell im Bereich von 103-facher Variation).
Materialien, die bei einer konstanten Dehnung gehalten
werden, zeigen einen R¨
uckgang der inneren Spannungen, die
sich einem Grenzwert n¨
ahern. Die Gr¨
oße der Anfangsbela-
stung entscheidet, wie schnell die Ralaxationsfunktion G(t)
einen konstanten Wert erreicht. Bei sehr hohen Anfangs-
belastungen kann sich die Dauer der Abnahme ¨
uber viele
Stunden erstrecken (h¨
angt von der Art des Gewebes bzw.
seiner Dehnbarkeit ab).
¨
Ubt man dagegen auf das konditionierte Material eine
konstante Belastung aus, kommt es zu einer Kriechverfo-
mung und infolgedessen zu einer allm¨
ahlichen L¨
angen¨
ande-
rung.
Chapman [3] hat das Relaxationsverhalten von Wollfasern
bei kleinen Biegedeformationen (0.54.0 %) hinsichtlich der
Fragestellung untersucht, inwieweit sich das Erholungsver-
halten unter Anwendung der Theorie der linearen Viskoela-
stizit¨
at beschreiben l¨
asst. Den rheologischen Eigenschaften
w¨
ahrend der Biegung kommt im Bereich der Textilindustrie
eine besondere Bedeutung zu, da sie das Trageverhalten von
Kleidung (Faltenwurf, Flexibilit¨
at etc.) maßgeblich bestim-
men. ¨
Uber die Frage, ob das Biegeverhalten aufgrund von
Daten aus Dehnungsversuchen ausreichend beschrieben wer-
den kann, herrscht in der Fachwelt eine geteilte Meinung.
Die w¨
ahrend der Biegung auftretenden Dehnungen sind in-
homogen. Die Spannungsrelaxation f¨
ur Wolle ist linear bei
Dehnungen <4 %, wenn die sie gegen die log. Zeit aufge-
tragen wird. Der Relaxationsmodul9bei 1 % Dehnung und
1min Relaxationszeit liegt bei 4.0×105N/cm2. Die lineare
Theorie der Viskoelastizit¨
at setzt voraus, dass die mechani-
schen Eigenschaften (die Relaxationsfunktion G(t)) invari-
ant bez¨
uglich der Zeit sind. Dies trifft bei Wolle f¨
ur kleine
Dehnungen (1 %) zu. Die Erholungskurven (Abb. 5), also
der zeitliche R¨
uckgang der Dehnungen nach dem Absetzen
der Spannungen, sind im Bereich bis 1% in etwa identisch.
Mit zunehmender Dehnung kommt es zu bleibenden Verfor-
mungen (viskose Anteile). Weiterhin muss die Relaxations-
funktion G(t) bekannt sein. Unter Anwendung des Boltz-
mannschen Superpositionsprinzips
σ(ε, t) = Zt
0
G(tτ)(τ)
gilt dann in inkrementeller Form
σ(t) =
n
X
i=0
G(tτi) ∆εi.
Es konnte gezeigt werden, dass sich f¨
ur ein breites Spek-
trum an Relaxationszeiten die Vorhersagen gut mit den ex-
perimentellen Daten decken, vorausgesetzt die Dehnungen
bleiben klein.
Verbleibende Def. [%]
0
10
20
30
0,1 110 100
log. Zeit [min]
2,0 %
4,0 %
0,5 %
1,0 %
Abb.5: Erholungskurve f¨
ur Wolle bei 20 C,65 % rel.
LF.
Die mechanischen Eigenschaften von Keratin ¨
andern sich
im Verlaufe der Zeit, es findet ein Alterungsprozess statt.
Dieses Ph¨
anomen ist von Textilien her bekannt, sie zeigen
ein deutlich besseres Erholungsverhalten gegen¨
uber Falten-
wurf, wenn sie ¨
uber einen langen Zeitraum unter konstanten
Umgebungsbedingungen gelagert werden. Ein Durchn¨
assen
f¨
uhrt zur tempor¨
aren Wiederherstellung der Ausgangseigen-
schaften, die aber im Verlaufe der Zeit zur¨
uckgehen. Chap-
man [4] hat das rheologische Verhalten von Keratin w¨
ahrend
des Alterungsprozesses untersucht. Bei Wolle nimmt die
Steifigkeit gegen¨
uber kleinen Dehnungen (1 %) infolge
Biegung mit der Zeit zu und die Komplianz ab. Da der
Spannungsrelaxationsmodul also mit der Alterungszeit va-
riiert, ist Keratin nicht linear-viskoelastisch. Dennoch lie-
fert das Superpositionsprinzip im Falle hoch-gealteter Woll-
fasern gute ¨
Ubereinstimmungen mit den experimentellen Er-
gebnissen. Signifikante Abweichungen treten dann auf, wenn
9Spannung geteilt durch die ausge¨
ubte Dehnung als Funk-
tion der Zeit.
die Relaxationszeit mindestens von derselben Ordnung ist,
wie die Alterungszeit. Chapman [4] schl¨
agt eine modifizierte
Superposition der Form
σ(t) =
n
X
i=0
G(tA, t τi) ∆εi
vor. G(tA, t τi) h¨
angt neben der Relaxationszeit tauch
von der Alterungszeit tA(absolute Zeit) ab. Der Anstieg
der Umgebungstemperatur kann den Prozess der Alterung
wesentlich beschleunigen. Werte ¨
uber 50 Cf¨
uhren nach we-
nigen Stunden bereits zu Alterungserscheinungen, die sonst
erst in Jahren erreicht werden [36].
Tao und Postle [46] haben ein Modell zur Absch¨
atzung
des viskoelastischen Verhaltens von Keratinkompositen ent-
wickelt. Solche Komposite setzen sich aus zwei oder meh-
reren unterschiedlichen Phasen zusammen (siehe [8]). Auf-
grund des Modells wurden die longitudinalen und transver-
salen mechanischen Eigenschaften f¨
ur ein Keratinkomposit
mit viskoelastischen Filamenten und isotrop viskoelastischer
Matrix bei unterschiedlichem Wassergehalt berechnet und
mit experimentellen Messungen an Wollfasern verglichen.
Die Ergebnisse decken sich sehr gut mit den empirischen
Daten. Die Anfangswerte f¨
ur den longitudinalen Relaxati-
onsmodul bewegen sich zwischen 6.7 und 2.0×105N/cm2
im wasserfreien Zustand bzw. bei maximalem Feuchtig-
keitsgehalt. F¨
ur den Torsionsrelaxationsmodul betragen sie
1.70 0.12 ×105N/cm2. Die Zunahme des Wasseranteils
bewirkt ein Absinken der Anfangswerte EL0und GL0auf
2.0 bzw. 0.12 ×105N/cm2. Die Werte nach einer sehr lan-
gen Zeit10 EL, k¨
onnen als konstant angesehen werden.
Der Wert des Torsionsmoduls GLbetr¨
agt unabh¨
angig vom
Wassergehalt immer 0. Das Verh¨
altnis E/G beschreibt den
Grad der Anisotropie. Zu Belastungsbeginn ist die Aniso-
tropie am kleinsten (Abb. 6).
Relaxationsmodul [10 N/cm ]
5 2
0
2
4
6
8
010 20 30 40
Feuchtigkeitsgehalt [%]
1
2
3
4
Abb.6: Relaxationmodul in Abh¨
angigkeit vom
Feuchtigkeitsgehalt. (1) EL0, (2) EL, (3) GL0, (4)
GL.
Basierend auf denselben Prinzipien haben Tao und Postle
[47] ein Modell f¨
ur die thermale bzw. hygrale Viskoelasti-
zit¨
at der Keratinfaser formuliert. Das Quellen infolge Feuch-
tigkeitsaufnahme bzw. die thermische Ausdehnung werden
durch die mechanischen und themalen/hygralen Eigenschaf-
ten der Komposit-Konstituenten ausgedr¨
uckt. Der thermale
10Zeitpunkt, ab dem die zeitliche ¨
Anderung des Relaxations-
moduls vernachl¨
assigbar klein wird.
Ausdehnungskoeffizient liegt bei 5.18 ×104/.
Nikiforidis et al. [25, 26] haben die Zugeigenschaften von
Haaren unter Ber¨
ucksichtigung des viskoelastischen Ver-
haltens mit einer speziell konstruierten Anlage bestimmt.
Die Spannungen h¨
angen von der Dehnungshistorie ab und
k¨
onnen bei linearem Verlauf in einen zeitabh¨
angigen und
einen zeitunabh¨
angigen Anteil untergliedert werden
σ(ε, t) = T(ε) + Zt
0
T[ε(tτ)] ∂ G(τ)
∂ τ dτ.
T(ε) ist die Spannungsantwort des Materials infolge eines
Einheitsprungs in der Dehnung, G(τ) ist die normalisier-
te Relaxationsfunktion mit G(0) = 1. Im Bereich großer
Dehnungen zeigen biologische Materialien aber in der Re-
gel kein lineares Verhalten mehr. In diesem Fall kann die
Spannung experimentell durch eine schrittweise Erh¨
ohung
der Dehnung um jeweils 1% mit einer anschließenden rela-
tiv langen Relaxationsphase approximiert werden. Die Deh-
nungen haben quasi instantan zu erfolgen. Es gilt
σ(ε, t) =
n
X
i=1
{Ti(ε) + Zti
ti1
Ti[ε(tiτ)] ∂ Gi(τ)
∂ τ },
mit t0= 0. Gi(τ) ist die Relaxationsfunktion in jedem
Schritt und kann vereinfacht durch eine Exponentialfunktion
abgebildet werden G(τ) = Aie(kiτ). Die Summe der Inte-
grale ist der zeitabh¨
angige Anteil K(ε, t) und T(ε) der zeitu-
nabh¨
angige Anteil der Spannungen. Der Verlauf der beiden
Anteile ist in Abb. 7 abgebildet.
Spannung [10 N/cm ]
5 2
-2
-1
0
1
2
3
010 20 30 40
Dehnung [%]
1
2
3
Abb.7: Verlauf des elastischen und des viskosen An-
teils der Spannungsantwort bei Haaren (1) T(ε), (2)
σ(ε, t), (3) K(ε, t).
3.3 Hysterese bei Haaren
Der klassische Zugversuch ist eine quasi-statische Test-
methode, die das Verhalten von Haaren eindimensio-
nal beschreibt. Nat¨
urliche Belastungssituationen, die beim
K¨
ammen oder B¨
ursten von Haaren auftreten, lassen sich
besser in dynamischen Tests simulieren, bei denen in kur-
zen zeitlichen Abst¨
anden wiederholt eine konstante Bela-
stung ausge¨
ubt wird. Die Messung der Spannungen bei
Be- und Entlastung f¨
uhrt auf eine Hysteresiskurve, da ein
Teil der Energie infolge interner Reibung (innere Viskosit¨
at
der Keratin-Matrix) dissipiert. Solche Untersuchungen lie-
gen nur f¨
ur Woll- bzw. Haarfasern in aquatischen Systemen
vor. Eine Besonderheit solcher Konfigurationen besteht dar-
in, dass selbst große Dehnungen (30 % und mehr) vollst¨
andig
reversibel sind. D.h., die Hysteresis-Kurven laufen in den
Nullpunkt zur¨
uck (Abb. 8).
In Wasser zeigen Wollfasern bei Dehnungsraten von
100 %/min eine nur geringf¨
ugig gr¨
oßere Steifigkeit als bei
0.1 %/min [9]. Dieses zeigt sehr deutlich, dass der Einfluss
der Dehnungsrate auf die Hystrersis-Kurve gering ist. Dies
deckt sich mit der Beobachtung [12], dass eine Variation der
Belastungsrate zumindest f¨
ur lebendes Gewebe ohne gr¨
oße-
ren Einfluss auf die Hysteresisschleife bleibt. Eine Steigerung
der Rate um das 1000-fache f¨
uhrt lediglich zu einer 1 2 %-
igen Zunahme der Belastungsantwort.
Stetige Wiederholung des Bela-
stungs/Entlastungsvorganges zeigt eine fortschreitende
Abnahme der Spannungen [9]. Ein vollst¨
andiger Bela-
stungszyklus (20 % Dehnung) wird bei 0.1 %/min in mehr
als 6 hdurchlaufen.
Deem und Rieger [6] haben solche Versuche f¨
ur große Deh-
nungen (ε= 30 %) an chemisch modifizierten Haarfasern
durchgef¨
uhrt (in Wasser). Die Form des Entlastungsastes
der Hysterese-Kurve l¨
asst sich sowohl durch die Temperatur
als auch durch die Art der chemischen Modifikation wesent-
lich beeinflussen. Der Belastungsast dagegen zeigt lediglich
geringe Form¨
anderungstendenzen bei Variation der besag-
ten Parameter.
Das Hysteresis-Verh¨
altnis (Dehnungs- zu Wiederherstel-
lungsarbeit bei 20 oder 30% Dehnung) ist ein charakteri-
stischer Parameter der Keratinfaser. Chemische Modifika-
tionen, wie sie z.B. beim Bleichen oder bei der Dauerwelle
auftreten, f¨
uhren zu einem ver¨
anderten Hysteresisverh¨
alt-
nis. Das Hysteresisverh¨
altnis ist innerhalb eines bestimm-
ten Bereiches proportional zur Temperatur. Der lineare Ver-
lauf der Hysteresisverh¨
altnis-Temperatur-Kurve zeigt einen
Knick bei etwa 45C(¨
Anderung der Steigung). Die Steigung
des Bereiches vor dem ¨
Ubergangspunkt ¨
andert sich bei Mo-
difikation von Disulfidbindungen, die des anderen Bereiches
wird durch andere Bindungsarten beeinflusst.
3.4 Einfluss von Feuchtigkeit
Haare sind extrem hygroskopisch, sie enthalten ca.
15 Gew. % Eigenfeuchte. In feuchtem Klima lassen sie sich
um bis zu 100 % ihrer Ursprungsl¨
ange dehnen, unter Nor-
malbedingungen immerhin noch um etwa 50 %. Ohne ¨
auße-
re Krafteinwirkung ¨
andert sich ihre L¨
ange bei 100 % rel.
Luftfeuchte um ca. 2% [20]. Der Wassergehalt bei S¨
atti-
Dehnung 20 %
Spannung
Abb.8: Typischer Verlauf der Hysteresis-Kurve von
Woll- und Haafasern in Wasser.
gung betr¨
agt ca. 30 % [21]. Die Feuchtigkeitsaufnahme f¨
uhrt
zu einem Anschwellen des Durchmessers um bis zu 16%. Der
Feuchtigkeitsgehalt von Haaren ist folglich abh¨
angig von der
rel. Luftfeuchte.
Seit langem bekannt ist das Ph¨
anomen der Feuchtigkeits-
Hysterese bei Haaren (Abb. 9). Der Wassergehalt im Gleich-
Wassergehalt [%]
0
10
20
30
40
025 50 75 100
relative Luftfeuchte [%]
Abb.9: Feuchtigkeitshysterese.
gewichtszustand ist bei abnehmender relativer Luftfeuch-
te immer etwas gr¨
oßer als bei Zunahme derselben [11]. In
Abb. 10 sind die Isothermen der Feuchtigkeits¨
anderung dar-
gestellt. Bez¨
uglich Absorption und Desorption bestehen ge-
ringe rassische Unterschiede, die sich im Bereich von ca. 1%
bewegen [21].
¨
Uber den Zusammenhang von E-Modul und Luftfeuch-
te liegen lediglich Untersuchungen an Wollfasern vor (Meri-
no). Ein ¨
ahnlicher Zusammenhang f¨
ur Haare kann postuliert
werden, da (i) die Dehnbarkeit von Haaren ebenfalls mit
zunehmender rel. Luftfeuchte steigt und der E-Modul dage-
gen abnimmt, (ii) die quantitative Wasserbindef¨
ahigkeit von
Wolle und Haaren in Abh¨
angigkeit von der rel. Luftfeuchte
identisch sind [37].
Luftfeuchte beeinflusst die mechanischen Eigenschaften
von Humanhaar in erheblichem Maße. Locken, die mit Was-
ser gesetzt werden (Wasserwell-Locken), zeigen je nach Um-
gebungsbedingungen unterschiedliche Haltbarkeit, siehe z.B.
[11]. Der Einfluss der Luftfeuchte wird in der Regel ¨
uber
den Haltbarkeitsindex quantifiziert. Der Index ICR ist das
0
10
20
30
40
025 50 75 100
relative Luftfeuchte [%]
1
2
3
Änderung [%]
Abb.10: ¨
Anderung von (1) Querschnitt, (2) Durch-
messer und (3) L¨
ange.
Verh¨
altnis der L¨
ange einer gewickelten Haarfaser nach einer
bestimmten Einwirkzeit bei bekannter Luftfeuchte und der
L¨
ange im ungewickelten Zustand. Zwischen ICR und dem
E-Modul gemessen bei unterschiedlichen rel. Luftfeuchten
besteht ein linearer Zusammenhang [2]. Dasselbe gilt f¨
ur
die Beziehung zwischen ICR und der Kraft, die zum Her-
beif¨
uhren einer 10 %-igen Dehnung aufgebracht werden muss
(bei unterschiedlicher rel. LF, Abb. 11).
0
20
40
60
80
025 50 75 100
relative Luftfeuchte [%]
Abb.11: Haltbarkeit von Wasser-gesetzten Locken
bei unterschiedlicher Luftfeuchte.
Der Effekt der Wasseraufnahme kann ¨
uber molekulare
Modelle des Keratins verstanden werden. Das g¨
angigste Mo-
dell ist das des Polyelektrolyt-Gels. Es fasst Haar als Netz-
werk von Polymeren mit α-helicaler kristalliner oder amor-
pher Struktur auf. Uniaxiale Belastungen ¨
uberf¨
uhren die
Molek¨
ule vom kristallinen in den ungeordneten Zustand. So-
fern keine ¨
Uberdehnung vorliegt, nimmt das Netzwerk bei
Entlastung wieder eine stabile Form durch Reformation der
kristallinen Bereiche an. Die Polymerketten sind ¨
uber Disul-
fidbr¨
ucken miteinander verbunden und nehmen damit feste
Positionen ein. Nach dem Aufbrechen dieser Bindungen las-
sen sich die Molek¨
ule frei gegeneinander verschieben. Bei der
Aufnahme von Wasser - es wird chemisch gebunden - ver-
schiebt sich das Gleichgewicht zwischen den kristallinen und
den amorphen Regionen. Alle Prozesse, die mit dem ¨
Uber-
gang vom kristallinen in den amorphen Zustand gekoppelt
sind (z.B. die Dehnung), werden demnach durch die Auf-
nahme von Wasser bzw. durch die Luftfeuchte beeinflusst.
Breuer [2] hat eine Gleichung basierend auf der thermodyna-
mischen Theorie des Schmelzverhaltens von Polymeren vor-
geschlagen, ¨
uber die sich die Reaktionskraft in einer gedehn-
ten Haarfaser im Gleichgewichtszustand bestimmen l¨
asst:
f=H
L1T
T
S+RT
Llog 1 + K1a
1 + K2a,
mit T
S= ∆H/S, wobei ∆H, ∆Sund ∆Ldie Dif-
ferenzen der partiellen molaren W¨
armen (20.0J/g), der
Entropien und der L¨
angen (0.7cm/g) eines Aminos¨
aure-
restes in der kristallinen und der amorphen wasserfreien
Konformation sind. TSund T
Ssind die Schwundtempera-
turen des Haares bei gegebener Luftfeuchte und bei Abwe-
senheit von Wasser, K1(0.34 1/mol) sowie K2(0.29 1/mol)
sind die Reaktionskonstanten des Wassers bei Bindung an
den Aminos¨
aurerest im kristallinen bzw. amorphen Zustand;
aist die Aktivit¨
at des Wassers. Dieser Ausdruck erkl¨
art die
auftretenden Kr¨
afte gewissermaßen auf molekularer Ebene.
Bis zu einer Dehnung von ca. 1 2 % ist das mechani-
sche Verhalten der Keratinfaser in etwa linear-viskoelastisch.
Der Anstieg der Steifigkeit bei R¨
uckgang des Wassergehal-
tes ist zeitabh¨
angig. Das Verhalten der Faser kann verein-
facht durch System aus einer Feder, die einen Beitrag von
1.4×105N/cm2(in Wasser) zur Steifigkeit leistet und einer
parallel geschalteten Feder mit D¨
ampfer beschrieben wer-
den [10]. Die Viskosit¨
at des D¨
ampfungselementes h¨
angt da-
bei von der Feuchtigkeit ab. Feughelman [8] zieht zur Er-
kl¨
arung ein Zwei-Phasen Modell heran. Es setzt sich aus ei-
ner wasserundurchl¨
assigen Phase aus zylindrischen St¨
aben
und der umschließenden wasserdurchl¨
assigen Matrix-Phase
zusammen. Nach Sch¨
atzungen leisten Matrix und Mikrofi-
brillen im Keratin je einen Beitrag von 0.2×105N/cm2bzw.
1.2×105N/cm2zur Gesamtsteifigkeit. Curiskis und Feughel-
man [7] haben das Konzept des Zwei-Phasen Modells mit-
tels der Finite Elemente Methode f¨
ur unterschiedliche Volu-
menverh¨
altnisse von Filament und Matrix untersucht. Die
Keratin-Matrix zeigt mit steigendem Wassergehalt zuneh-
mend anisotropes Verhalten. Exakte Berechnungen fordern
die zus¨
atzliche Ber¨
ucksichtigung der transversalen Material-
Eigenschaften. F¨
ur die Poisson-Zahl scheint 0.49 eine rea-
listischer Wert.
3.5 Einfluss von Fluiden
Es ist eine bekannte Tatsache, dass sich Haare nach zu
schneller Relaxation von langandauernder Belastung z.B.
nach dem Hairstyling schlaff anf¨
uhlen. ¨
Ole und aquatische
Systeme beeinflussen die mechanischen Eigenschaften von
Haarfasern. Solche Effekte k¨
onnen im Sinne einer mecha-
nischen Konditionierung aufgefasst werden und sind im Be-
reich der Haarpflege durchaus erw¨
unscht. Im Bereich kleiner
Dehnungen (1 %), in dem die Haarfasern viskoelastisches
Verhalten zeigen, findet man ¨
Anderungen im Dehnungs-
bzw. Relaxationverhalten nach Immersion bzw. Deimmer-
sion der Fasern in/ von bestimmten Fluiden.
Das Relaxationsverhalten bei Immersion in ¨
Olen bspw. ist
abh¨
angig von der Konditionierungsgeschichte des ¨
Ols bzw.
der Haarfaser. Wurde das ¨
Ol bei einer geringeren Luftfeuchte
konditioniert als die Haarfaser, zeigen sich L¨
angenkontrak-
tionen und Zunahmen der Kraft (overshoot), die zum Halten
einer 1 %-igen Dehnung aufgebracht werden muss (F1%). Sie
Erreicht relativ schnell ihr Maximum und f¨
allt anschließend
langsam auf das Ausgangsniveau ab [13]. Wurde das Haar
dagegen bei einer geringeren Luftfeuchte als das ¨
Ol kondi-
tioniert, findet man L¨
angenzunahmen und einen R¨
uckgang
von F1% (undershoot,Abb. 12). Dieses Ph¨
anomen l¨
asst sich
auch in L¨
osungen unterschiedlicher Salze beobachten, mit
dem Unterschied, dass (i) ein Maximum deutlich schneller
erreicht wird und (ii) F1% nicht mit der Zeit abf¨
allt, solange
die Faser in der L¨
osung gehalten wird. Nach Deimmersion
f¨
allt F1% innerhalb weniger Minuten um etwa 85 % ab. In ei-
ner zweiten lang andauernden Phase, die sich ¨
uber mehrere
Stunden hinziehen kann und die von der Luftfeuchte beein-
flusst wird, vollzieht sich der R¨
uckgang auf das Ausgangs-
niveau. Der ¨
Ubergangspunkt von der schnellen zur langsa-
men Phase der Wiederherstellung l¨
asst sich physikalisch als
¨
Ubergang von der Fickschen zur viskoelastischen Diffusion
deuten. Dieser undershoot-Effekt ist aus der Wollforschung
wohlbekannt [36].
Von Interesse ist in diesem Zusammenhang der Index der
Relaxation, also die ¨
Anderung der Kraft, die zum Halten
einer konstanten Dehnung (1 %) nach einer bestimmte Zeit-
Änderung F [%]
1%
-100
-50
0
50
100
010 20 30 40 50
Zeit [min]
1
2
3
Abb.12: Overschoot/Undershoot-Effekt bei Immer-
sion von Haarfasern nach Relaxation in unterschied-
lichen Fluiden. (1) In ¨
Ol, bei geringerer rel. LF
konditioniert als das Haar; (2) ¨
Ol, bei h¨
oherer rel.
LF konditioniert als das Haar; (3) Nach Immersi-
on und Deimmersion in/von Salzl¨
osung (senkrechter
Strich).
spanne noch aufgebracht werden muss. Der Index erreicht
seinen Gleichgewichtszustand deutlich sp¨
ater als F1%. Diese
zeitliche Differenz ist urs¨
achlich f¨
ur die gute Frisierbarkeit
von Haaren nach ein bis zwei Stunden Trockenzeit.
3.6 Einfluss der Temperatur
Der klassische Zugversuch zeigt eine deutliche Abh¨
angig-
keit von der Temperatur. Der Verlauf der Spannungs-
Dehnungskurve wird mit steigender Temperatur flacher.
Tr¨
agt man die Steigungen des Hookeschen Bereichs f¨
ur un-
terschiedliche Messungen gegen die Temperatur auf, zeigt
die Kurve bei 0 Cund 75 Ceinen Knick (Abb. 13, [40]).
Der ¨
Ubergang vom Hookeschen zum Fließbereich bzw. vom
0
1
2
-40-20020406080100
Temperatur[°C]
E-Modul [10 N/cm ]
5 2
Abb.13: Abh¨
angigkeit des E-Moduls von der Tem-
peratur.
Fließbereich zum Nach-Fließbereich sind ebenfalls tempera-
turabh¨
angig und weisen Steigung¨
anderungen bei 0 Cbzw.
80 Cauf.
Nagase et al. [22] haben ein Modell zur Erkl¨
arung der
wichtigsten physikalischen Eigenschaften von Haaren ent-
wickelt, das aus zwei Komponenten mit je zwei Zust¨
anden
besteht. Der ¨
Ubergang vom einen in den anderen Zustand ist
gekennzeichnet durch eine charakteristische stark vom Was-
sergehalt abh¨
angige Transitions-Temperatur. Sie betr¨
agt in
einem w¨
assrigen Medium f¨
ur eine die Komponente etwa
70 C(hohe Th
c) und f¨
ur die andere etwa 0C(tiefe Tl
c).
Die Werte verschieben sich bei zunehmendem Feuchtigkeits-
gehalt nach oben.
Oberhalb dieser Temperaturen sind beide Komponenten
plastisch, unterhalb fest und elastisch. Zu den strukturel-
len Bestandteilen der Th
c-Komponente z¨
ahlen Makrofibril-
len und Exocuticula, zu denen der Tl
c-Komponente der Zell-
membrankomplex, die Endocuticula und die Matrix. Die ho-
he ¨
Ubergangstemperatur l¨
asst sich mit der großen Anzahl an
Disulfidbindungen erkl¨
aren. Die Matrix wie auch die Exocu-
ticula bestehen dagegen aus nicht-keratinartigen Proteinen
und bestimmten Lipiden mit deutlich weniger S-S Bindun-
gen.
Auf physikalischer Ebene scheint ein Wechsel vom Gel
zum Sol als Art des ¨
Uberganges wahrscheinlich. Im Th
c-
Bereich liegen ¨
uberwiegend Disulfid-Bindungen, im Bereich
der Tl
cvorwiegend Wasserstoffbr¨
ucken- bzw. ionische Bin-
dungen vor. Mit zunehmender Temperatur werden einige
der Bindungen aufgebrochen und das Polymernetz geht in
einen leicht verformbaren Zustand ¨
uber. In diesem Zustand
ist das Eindiffundieren von chemischen Substraten stark er-
leichtert. Der ¨
Ubergang ist reversibel.
Das Modell f¨
ur die mechanischen Eigenschaften von Haa-
ren kann vereinfacht als System bestehend aus parallel ge-
schalteten Federn und D¨
ampfungselementen aufgefasst wer-
den. Die Tl
c-Komponente wird durch ein einzelnes D¨
amp-
fungselement abgebildet, da keine elastischen Anteile beob-
achtet wurden. Eine Feder repr¨
asentiert die Th
c-Komponente
und die α-Helices in den Mikrofibrillen bilden ein Maxwell-
Element (Abb. 14).
Bei Temperaturen unterhalb Tl
csind im Hookeschen
Bereich alle drei Elemente an der Verformung beteiligt.
Bei ¨
Uberschreitung dieses ¨
Ubergangspunktes f¨
allt der Ein-
zeld¨
ampfer weg, da die Tl
c-Komponente in den viskosen Sol-
Zustand ¨
ubergeht. F¨
ur T > Th
cf¨
allt auch die Feder weg und
das weitere Verhalten wird durch das Maxwell-Element
(α-Helices) bestimmt. Dieses Modell bezieht im Gegensatz
zu [8] den mechanischen Beitrag der Materialien zwischen
den Makrofibrillen und der Endocuticula mit in die Betrach-
tung ein.
Das Setting-Verh¨
altnis bei der Herstellung von
Wasserwell-Locken (tiefe Relaxationstemperatur) ist
stark von der Behandlungstemperatur abh¨
angig. Liegt diese
¨
uber der Th
c, ist infolge der Plastizit¨
at beider Komponenten
eine bleibende Verformung m¨
oglich. Bei Werten unterhalb
von Tl
cist der Zustand elastisch, eine bleibende Verfor-
mung wird verhindert. Im Bereich zwischen den beiden
¨
Ubergangstemperaturen liegen lediglich die strukturellen
Elemente der Tl
cim plastischen Zustand vor, die der Th
c
bleiben elastisch. Die Stabilit¨
at ist mittelm¨
aßig und bleibt
bei Werten < Th
cungef¨
ahr konstant. Der Einfluss der
Relaxationstemperatur besteht darin, dass die Deformation
gleichsam eingefroren wird. Liegt sie ¨
uber Tl
c, ist der
Zustand plastisch und nur die Th
c-Komponente ist f¨
ur die
Formgebung verantwortlich.
Relaxation von Wasserwell-Locken in unterschiedlichen
L¨
osungsmitteln zeigen, dass der Wert der Dielektrizit¨
ats-
konstante ¨
uber die Haltbarkeit entscheidet.  < 20 f¨
uhrt
zu besserer Haltbarkeit infolge Anhebung von Tl
c.
Der Wert von Tl
ch¨
angt stark vom Feuchtigkeitsgehalt der
Haare ab. Bei nassen Haaren sinkt er in der Regel unter
Raumtemperatur, so dass ein Setting bequem m¨
oglich ist.
Nach dem Trocknen steigt er wieder und die Form bleibt
erhalten. Aufgrund dieses Effektes verlieren Lockenwickler-
frisuren bei steigender Luftfeuchtigkeit schnell ihre Form.
Chemische Substanzen wie F¨
arbemittel k¨
onnen mit stei-
gender Temperatur einfacher in die Haarstrukturen diffun-
dieren. Der Diffusionskoeffizient steigt mit dem Erreichen
von Th
c.
3.7 Biegung
Die Biegung der Haarfaser stellt eine wichtige De-
formationsgr¨
oße dar. Dabei entsteht im ¨
außeren Bereich
der Kr¨
ummung eine Zone maximaler Dehnung, die zur
Kr¨
ummungsinnenseite hin ¨
uber die neutrale Faser in die
Kompressionszone ¨
ubergeht. Die neutrale Faser verl¨
auft
durch die Schwerpunkte der Querschnitte. Der vom Haar
der Biegung entgegengebrachte Widerstand ist die Biege-
steifigkeit EBI, wobei Idas Fl¨
achentr¨
agheitsmoment dar-
stellt (Iy=RAx2dA,xist der Abstand von der neutralen
Faser). Vom Standpunkt der Elastizit¨
atstheorie her lassen
sich Dehnung und Kontraktion beim ideal-elastischen Ma-
terial durch den E-Modul beschreiben. Die Biegung kann im
Bereich kleiner Verformungen in Analogie zur Biegung von
St¨
aben vereinfacht durch eine Differentialgleichung vierter
Ordnung beschrieben werden:
EI2
d4x
dz4Qx= 0 EI1
d4y
dz4Qy= 0,
wobei
Q=dF
dl ,
also die ¨
Anderung der Kraft entlang des Stabes und zdie
Stabachse im undeformierten Zustand ist. I1bzw. I2sind
die Hauptr¨
agheitsmomente, die Richtungen von xbzw. y
fallen mit den Hauptr¨
agheitsachsen zusammen. Kleine Ver-
formung heißt in diesem Zusammenhang, dass die Ableitung
der Tangente dT/dl entlang des Stabes klein ist.
Haarfasern neigen zu viskoser Verformung und verf¨
ugen
keineswegs ¨
uber einen homogenen Querschnitt, so dass der
Modul der Biegung in der Regel vom E-Modul, der aus Zug-
versuchen bekannt ist, abweicht.
Aufgrund der elliptischen Querschnittsgeometrie zeigt das
Haar in Richtung der beiden Hauptachsen unterschiedli-
che Biegesteifigkeiten. Die Fl¨
achentr¨
agheitsmomente neh-
men dabei die Form an
Imin =1
4π a b3, Imax =1
4π a3b,
wobei aund bder große bzw. der kleine Halbmesser der El-
lipse sind. Die Biegung findet bevorzugt in Richtung des klei-
nen Halbmessers statt. Eine Vergr¨
oßerung des großen Halb-
messers um 25% h¨
atte einen Anstieg der Biegesteifigkeit um
25%, eine Zunahme des kleinen Halbmessers um denselben
Wert fast eine Verdopplung der Steifigkeit zur folge.
Mit den in Tab. 2 gegebenen Haardurchmessern unter-
schiedlicher Rassen errechnet man als Verh¨
altnis Imax/Imin
Werte zwischen 1.5 und 2.8 (Tab. 7). Bei afrikanischen
Haarfasern kann die Biegesteifigkeit in der Richtung des
großen Halbmessers folglich bis zu dreimal so groß sein, wie
senkrecht dazu. Ob sich dieser theoretische Aspekt in ir-
gendeiner Weise auf das makroskopische Erscheinungsbild
auswirkt, l¨
asst sich nicht beurteilen. Allerdings scheinen
Imax/Imin Imin /IEuro
min
West-Europ¨
aer 2.09 1.00
Chinesen 1.51 2.85
Inder 1.95 1.83
Negroide 2.82 1.32
Tab.7: Steifigkeit von Haaren unterschiedlicher Ras-
sen.
sich Parameter wie Geometrie und Biegesteifigkeit durch-
aus in der Haarmechanik bemerkbar zu machen. Von Swift
[44] wird in diesem Zusammenhang auf das Syndrom nicht-
k¨
ammbarer Haare verwiesen, bei dem man einen dreieckige
Querschnittsgeometrie als Ursache annimmt. Das Verh¨
altnis
der Biegesteifigkeiten von Dreieck zu Ellipse betr¨
agt etwa
1,20 ·a/b. Das Ph¨
anomen kann aber nicht alleine aus dieser
Tatsache heraus erkl¨
art werden.
Interessanterweise wird der Cuticula im Gegensatz zur
Zugbeanspruchung ein Einfluss auf das Biegeverhalten zu-
gesprochen, der sich anteilsm¨
aßig zwischen 40 und 50% be-
wegen kann. Es ist davon auszugehen, dass Agenzien, welche
die cuticul¨
are Struktur zu beeinflussen verm¨
ogen, damit in-
direkt auch das Biegeverhalten beeinflussen.
Scott und Robbins [42] haben eine Methode zur Messung
des Biegeverhaltens speziell bei Haaren entwickelt. An den
Enden des einzelnen Haares werden Gewichte von 0.1gfi-
xiert und das Haar anschließend ¨
uber einem Haken ausba-
lanciert. ¨
Uber den sich einstellenden Abstand dder beiden
Schenkel kann der E-Modul zu
EB=π T d2
2A2
ermittelt werden, wobei Tdie an den Enden ausge¨
ubte Kraft
ist. Diese Methode liefert n¨
aherungsweise die gleichen Wer-
te wie der klassische Zugversuch (siehe Tab. 8), solange ein
kreis-runder Querschnitt angenommen wird. Der Abstand d
der Schenkel ist direkt proportional zur Steigung des Hoo-
keschen Bereiches. Auf der Basis der Werte aus [42] (Figure
5.) wurde EBf¨
ur drei Fasern von unterschiedlicher linearer
Dichte berechnet. Der Verlauf von EBbei steigender Luft-
feuchte ist in Abb. 15 dargestellt. Die Steifigkeit nimmt mit
steigender Luftfeuchte ab. Dickere Fasern zeigen eine gr¨
oße-
re Sensitivit¨
at gegen¨
uber ¨
Anderungen der Luftfeuchte.
3.8 Torsion
Haare erfahren bei nat¨
urlicher Beanspruchung durch
Wind, K¨
ammen, B¨
ursten etc. neben der Biegung auch eine
Verdrehung. Bei Dauerwelle oder Einsatz von Lockenwick-
lern nehmen Haarstr¨
ahnen spiralform an und werden unter
Eigengewicht auseinander gezogen. Neben Biegekr¨
aften tre-
ten dann auch Verdrehungen der Faserquerschnitte auf. Der
Widerstand, den sie dabei der ausge¨
ubten Kraft entgegen-
setzen, wird als Torsionssteifigkeit bezeichnet. Die Starrheit
ist das Moment, dass erforderlich ist, um eine Umdrehung
pro 1 cm L¨
ange zu herbeizuf¨
uhren. Diese Gr¨
oße spielt ei-
ne große Rolle in der Kosmetikindustrie. Messverfahren zur
Bestimmung des Torsionsverhaltens von textilen Fasern ba-
sieren auf dem Prinzip des Torsionspendels. Eine Last am
Ende der Faser oszilliert mit einer bestimmten Periode T
und definiert den Torsionsmodul (Schubmodul) durch
G=128 π I l
(T d2)2.
list die L¨
ange, dder Durchmesser der Faser, Idas Tr¨
agheits-
moment des Pendels. Daraus ermittelt man den Widerstand
gegen Verdrehen (Starrheit)
Γ=8π3I l/T 2.
Widerstand und Torsionsmodul stehen ¨
uber
G= Γ/A2
in Beziehung. Da die Amplitude der Torsionsschwingung mit
der Zeit abnimmt, kann man das logarithmische Dekrement
δ=2,3
nln a1
an
als weitere charakteristische Gr¨
oße einf¨
uhren. Dabei ist n
die Anzahl der Oszillationen, a1und andie Amplitude der
ersten bzw. letzten Oszillation. Dieser Parameter beschreibt
die Torsionselastizit¨
at der Faser. Je Gr¨
oßer die D¨
ampfung,
desto weniger elastisch ist die Faser bzw. desto gr¨
oßer die in-
terne Viskosit¨
at. F¨
ur δ= 0 liegt ein ideal-elasisches Verhal-
ten vor. Man kann in Analogie zur Biegung einen Modul G0
einf¨
uhren, der den Torsionsverlust eines System beschreibt.
Er steht mit der logarithmischen Abnahme ¨
uber G0=δG/π
in Beziehung. In Tab. 9 sind die Standardwertef¨
ur E-
Modul und Torsionsmodul aufgef¨
uhrt.
(N/cm2)E65%
E100%
ES3,89 ×1052,62
EB3,79 ×1052,40
G0,89 ×1054,10
Tab.9: Dehnungs-, Biegungs- und Schubmodul von
Haaren bei 60 65 % rel. Luftfeuchte in N/cm2.
Feuchtigkeit beeinflusst die Torsionseigenschaften in
st¨
arkerem Maße als die Dehnungseigenschaften. W¨
ahrend
der E-Modul der Dehnung lediglich um den Faktor 2 ab-
nimmt, verzeichnet man beim Torsionsmodul den Faktor
4, wenn die rel. Luftfeuchte von 65 % auf 100 % steigt [1].
Das logarithmische Dekrement zeigt eine deutliche Zunah-
me bei steigender Luftfeuchte. Das macht es verst¨
andlich,
warum sich Haare im Nassen Zustand leichter frisieren lassen
und ihren Zustand mit dem Trocknen beibehalten. Feuch-
tigkeit macht Haare plastisch formbar, so dass ihnen mit
G E65%/E100%log. Dekr.
(105N/cm2) (-) (-)
Unbehandelt 1.02 0.26 0.40
Gebleicht 1.05 0.14 0.44
Gef¨
arbt (blond) 1.07 0.23 0.42
Gef¨
arbt (schwarz) 1.08 0.23 0.45
Dauerwelle 1.01 0.09 0.56
Relaxed 0.91 0.06 0.65
Tab.10: Torsionsmodul von Haaren nach unter-
schiedlicher Behandlung bei 65 % rel. Luftfeuchte in
N/cm2.
Probe lin. Dichte EBESEB/ES
(µg/cm) (105N/cm2) (105N/cm2) (-)
K 99.5 4.23 3.68 1.15
L 94.9 3.54 3.82 0.93
K 89.2 4.29 3.43 1.25
L 71.8 4.25 3.83 1.11
H 69.2 4.11 3.75 1.10
L 67.7 3.35 3.96 0.85
L 54.6 3.60 4.12 0.88
L 52.9 4.69 3.98 1.18
H 52.6 3.74 4.03 0.93
H 42.3 3.23 4.21 0.77
L 34.4 2.89 4.33 0.67
H 31.3 3.58 3.59 1.00
x63.4 3.79 3.89 0.97
x13.9 6.7
Tab.8: E-Modul aus Biege- und Zugversuchen unter Annahme eines kreis-runden Querschnitts, 60% rel. LF,
75oF. K = S¨
ud-Koreanisches Haar; H, L = Frau, kaukasisch, 15 bzw. 12 Jahre.
Lockenwicklern eine neue Form verliehen werden kann. Im
trockenen Zustand nimmt die Steifigkeit der Haarfaser ih-
ren urspr¨
unglichen Wert an. Das Setting ohne Verwendung
chemischer Substanzen f¨
uhrt zu Frisuren, die Form bei stei-
gender Luftfeuchte schnell wieder verlieren.
Bei dauer-gewelltem (chemisch reduziertem Haar) Haar
findet man man bei Luftfeuchten unterhalb von 90 % ge-
ringf¨
ugig erh¨
ohte und oberhalb eine etwas kleinere Steifig-
keit im Vergleich zum nicht modifizierten Haar (Abb. 16).
Zudem ist die plastische Verformbarkeit etwas gr¨
oßer als vor
der Behandlung. Phillips [34] hat den Einfluss des Alterungs-
Prozesses auf die Torsionseigenschaften von Wollfasern un-
tersucht. Unter dem Alterungs-Prozess versteht man die
zeitliche Entwicklung der mechanischen Eigenschaften von
Keratin-Fasern nach dem Entfernen aus dem Wasserbad.
Die anschließende Konditionierung bei definierter Luftfeuch-
te ist ein dynamischer Prozess, bei dem sich allm¨
ahlich der
Gleichgewichtswassergehalt einstellt. Der Begriff der Alte-
rung r¨
uhrt daher, dass ein Durchn¨
assen der Faser die Wie-
derherstellung ihrer Ursprungseigenschaften zur Folge hat.
Mit dem Alterungsprozess ist die Abnahme der Torsions-
D¨
ampfung bzw. die Zunahme der Starrheit verbunden. Die-
ser Prozess kann sich unter ungest¨
orten Bedingungen ¨
uber
Jahre erstrecken, allerdings mit immer kleiner werdender
Abnahmerate (Abb. 17).
Die Plausibilit¨
at der angegebenen Werte l¨
asst sich ¨
uber
den Zusammenhang zwischen Torsionsmodul und E-Modul
G=E/[2(1 + ν)] ¨
uberpr¨
ufen. Dabei ist νdie Poisson-Zahl
[12]. Mit den Werten aus Tab. 9 findet man keine gute ¨
Uber-
einstimmung. Feughelman [8] wendet diese Beziehung mit
ν= 0.35 0.5 auf Wolle an. Der Torsionsmodul sollte folg-
lich etwa G=1
3Ebetragen, was bei Wolle zumindest f¨
ur
trockene Fasern mit einer Toleranz von 10 % zutrifft.
Im Gegensatz zur Zugbelastung leisten die ¨
außeren
Schichten der Haarfaser (Cuticula) einen wesentlichen Bei-
trag zur Torsionssteifigkeit. ¨
Uber die Ver¨
anderung der Tor-
sionseigenschaften kann auf Sch¨
adigungen der Cuticula ge-
schlossen werden.
3.9 Reibung
An den Ber¨
uhr߬
achen von K¨
orpern treten Kr¨
afte dissipa-
tiven Charakters auf, die Reibungskr¨
afte. Die Coulomb-
Reibung eines K¨
orpers auf einer festen Unterlage ohne
Schmiermittel ist gegeben durch FR=µ·FN, wobei FNdie
Kraft Normal zur Unterlage darstellt. µSist der Koeffizi-
ent der Haftreibung, µKder Gleitreibungskoeffizient. Diese
Beiwerte geben die zum Einleiten bzw. Aufrechterhalten der
Bewegung erforderliche Kraft an. Es gilt: µSµK.µKkann
direkt bestimmt werden. Bei Anwesenheit von Gleitmitteln
gilt das Gesetz der Coulomb-Reibung nicht. Ausnahmen
bilden die F¨
alle, bei denen die Substanzen gleichm¨
aßig ¨
uber
die Reibungs߬
achen verteilt sind. Die Feuchtigkeit und da-
mit die rel. Luftfeuchte sowie die Anpresskraft zwischen zwei
Ber¨
uhr߬
achen ¨
uben deutlichen Einfluss auf die Reibung aus.
Der Theorie nach sollte der Reibungskoeffizient unabh¨
angig
von der Gr¨
oße der Belastung normal zur Reibungsfl¨
ache
sein. In der Praxis zeigen sich aber gerade im Bereich kleiner
Belastungen bei der Faserreibung deutliche Zunahmen von
µK.
Die experimentelle Ermittlung von Reibungskr¨
aften zwi-
schen Haaren und Materialien gestaltet sich einfacher als
zwischen Haaren untereinander. Der Koeffizient der kineti-
schen Reibung kann nach [37] durch Spannungsmessungen
an einer Haarfaser, die man ¨
uber eine Achse laufen l¨
asst und
an deren Ende eine kleine Belastung ausge¨
ubt wird, n¨
ahe-
rungsweise bestimmt werden zu
µk=1
φln T2
T1
.
φist der Winkel der Wicklung in Radiant und T1bzw. T2
sind die Spannungen, die man vor und nach dem Passieren
der Achse misst. Die Unabh¨
angigkeit von der Kraft ist ei-
ne zul¨
assige Annahme f¨
ur kleine Belastungen. Die Reibung
scheint sich bei unterschiedlichen Reibungsgeschwindigkei-
ten nicht merklich zu ver¨
andern. Einige Werte sind in Tab.
11 aufgef¨
uhrt.
Die Ermittlung des statischen Reibungskoeffizienten µS
kann ¨
uber den Gleitwinkel einer kleinen Haarschlaufe be-
stimmt werden, die auf zwei parallelen Haarfasern aufge-
setzt und durch eine kleine Kraft belastet wird. Hier gilt:
F=A·S, mit der Kontaktfl¨
ache Aund der Scheerfestigkeit
Sder ber¨
uhrenden Materialien.
Der Effekt der Reibung bei Haarfasern ist anisotrop.
Schwartz und Knowles [41] unterscheiden bez¨
uglich der Rei-
bung von Haarfasern mit Materialien und untereinander f¨
unf
F¨
alle (siehe Abb. 18). Fall (A) zeigt die Reibung zweier
gleichgerichteter Haarfasern. Die Relativbewegung ist hier
unerheblich, denn es reiben nur die Schuppen jeweils einer
a) trocken nass
Haar 0.15 0.34
Hartgummi 0.19 0.38
Nylon 0.14 0.22
Aluminium 0.12 0.18
Polyethylen 0.22 0.29
Glas - 1.40
b) nass
Gebleicht 0.25
Dauerwelle 0.31
Gebleicht u.
Dauerwelle 0.49
c) µKµS
ABS gewaschen 0.35 0.30
Pflegesp¨
ulung 0.26 0.20
ABS gewaschen 1×0.19 0.16
ABS gewaschen 2×0.36 0.29
d) AS S A
Shampoo 0.425 0.546
Pflegesp¨
ulung 0.293 0.475
Tab.11: a) Reibungskoeffizienten µKf¨
ur In-
teraktion von trockenen und nassen Haaren
mit unterschiedlichen Materialien; b) Haar auf
Haar Reibung nach kosmetischer Behandlung; c)
nach sukzessiver Behandlung mit ABS (Natrium-
Dodecylbenzensulfonat) und Pflegesp¨
ulung. (Die
Werte gelten in Richtung der kleinsten Reibung). d)
Reibungskoeffizienten µKin Abh¨
angigkeit von der
Reibungsrichtung nach Behandlung der Haare mit
einem Shampoo bzw. einer Pflegesp¨
ulung (A= An-
satz, S= Spitze).
Haarfaser. In (B) sind die Fasern entgegengesetzt und die
Relativbewegung verl¨
auft entgegengesetzt zur Wachstums-
richtung, so dass die Reibung kleiner ist, als im ersten Fall.
Fall (C) zeigt den vorherigen Fall mit Relativbewegung in
Wachstumsrichtung. Die Schuppen blockieren, so dass die
Reibung gr¨
oßer ist als im ersten Fall. (D) und (E) zeigt die
zwei m¨
oglichen Situationen, in denen die Haarfasern senk-
recht zueinander stehen. Alle Reibungsf¨
alle lassen sich auf
diese f¨
unf Diagramme zur¨
uckf¨
uhren.
Die Richtungsabh¨
angigkeit der Reibung kann durch
Shampoos und Pflegesp¨
ulungen beeinflusst werden (siehe
Tab. 11). Der Effekt von Shampoos ist oftmals kumulativ,
so dass mehrfaches Waschen zu einer schrittweisen Beein-
flussung der Reibungsbeiwerte f¨
uhrt. Den Effekt einer sol-
chen sukzessiven Behandlung kann man in Tab. 11 sehen.
Die Bildung nat¨
urlicher Fette setzt die Reibung herab. Talg
f¨
ullt die Zwischenr¨
aume benachbarter Schuppen der Cuticu-
la aus, so dass die Rauigkeit abnimmt [5]. Generell wird die
Reibung mit zunehmendem Faserdurchmesser gr¨
oßer. ¨
Ande-
rungen der rel. Luftfeuchte, der Temperatur sowie das Blei-
chen oder die Dauerwelle beeinflussen das Reibungsverhal-
ten von Haaren mehr oder weniger stark.
3.10 Elektrostatische Kr¨
afte
Mechanische Belastungen, die mit dem Zusammenpressen
von Haarfasern einhergehen, f¨
uhren infolge unterschiedlicher
Elektronen-Affinit¨
aten zu Ladungstrennungen und folglich
zur Ausbildung von Reibungs- bzw. Piezoelektrizit¨
at. Wie
schnell die Ladungen abgebaut werden, h¨
angt vom elektri-
schen Widerstand ab. Haare beg¨
unstigen infolge ihres ho-
hen elektrischen Widerstandes die Ausbildung elektrostati-
scher Ladungen. Die Konsequenz ist das sogenannte Flyaway
Hair, das man besonders gut bei frisch gewaschenem Haar
beobachten kann. Hierbei spielt der Haartyp eine wichtige
Rolle. Je glatter das Haar, desto gr¨
oßer ist die Tendenz zum
Abstehen der Haare. Mit zunehmender Welligkeit hindern
sich die Fasern durch den h¨
oheren Grad der Verflechtung
gegenseitig am Austreten aus den Haarschichten [37].
Die Richtungsabh¨
angigkeit der Reibung hat einen inter-
essanten Effekt zur Folge: Zieht man aus einem Bund gleich
orientierter Haare eine einzelne Faser heraus, so bildet sich
auf der Faser entweder eine positive oder eine negative La-
dung aus, je nachdem, ob die Faser am unteren Ende oder
an der Spitze herausgezogen wurde. Ist Faser den anderen
entgegengerichtet, bildet sich keine Ladung aus.
Die Zunahme der Luftfeuchtigkeit geht mit der Abnah-
me des elektrischen Widerstandes bzw. einer Zunahme der
Leitf¨
ahigkeit einher. Der Widerstand von Haaren betr¨
agt
bei 85 % rel. Luftfeuchte etwa R= 1.01.7×1013 Ω.
Feuchtes Haar zeigt eine deutlich geringere Tendenz zur La-
dungsausbildung. Da das Haarkeratin stark hygroskopisch
ist, kann der Widerstand durch die Elektrolytkonzentration
beeinflusst werden. Shampoos oder Pflegesp¨
ulungen verrin-
gern zum einen den elektrischen Widerstand, zum anderen
die Reibung, so dass weniger K¨
ammarbeit geleistet werden
muss und infolge dessen weniger Ladung aufgebaut wird.
Bei Widerst¨
anden unterhalb R= 108g/cm2verteilt sich
die Ladung zudem besser ¨
uber die Haarober߬
ache. Tempe-
ratur¨
anderungen zeigen ¨
ahnliche Wirkung, ein Anstieg der
Temperatur um 10 Cf¨
uhrt zu einer Abnahme des Wider-
standes um das F¨
unffache.
3.11 Einfluss von Kosmetika
Typische kosmetische Behandlungen der Haare umfassen
das K¨
ammen und B¨
ursten, das Bleichen, F¨
arben, die Dauer-
welle, das Waschen mit Shampoos und Pflegesp¨
ulungen so-
wie die Applikation von Haarsprays, Haarlacken, Haargelen
oder anderen Pflegeprodukten. Der Einfluss auf die physi-
kalischen Eigenschaften, insbesondere die mechanischen, ist
unterschiedlich stark ausgepr¨
agt. Die Erforschung der Wir-
kung von Kosmetika auf Haut und Haar stehen im Mittel-
punkt des Interesses der kosmetischen Industrie und sind
von daher eingehend untersucht worden.
3.11.1 K¨
ammen und B¨
ursten
Robbins und Reich [38] haben den Einfluss globaler Haa-
reigenschaften auf die K¨
ammbarkeit von Haaren untersucht.
Diese kann als Funktion von statischer und dynamischer
Reibung (Fs,Fk), Steifigkeit (S), Welligkeit (C), Durchmes-
ser (D) und elektrischer Ladung (E) aufgefasst werden, die
Koh¨
asion wird hier nicht ber¨
ucksichtigt:
K=f(Fs, Fk, S, C, D, E).
Das K¨
ammverhalten kann charakterisiert werden durch
die Maximalkraft und die zu verrichtende Arbeit. Die
K¨
ammarbeit ist bei nassen kaukasischen oder orientalischen
Haaren gr¨
oßer als im trockenen Zustand, bei krausen Haa-
ren ist es umgekehrt. Afrikanisches Haar ist infolge seines in
axialer Richtung st¨
andig wechselnden Durchmesser und sei-
ne starke Torsion etwa f¨
unfmal schwerer zu k¨
ammen, als kau-
kasisches Haar [20]. Haupteinflussfaktoren sind dabei die Fa-
serkr¨
ummung und Reibung. Gr¨
oßere Steifigkeit f¨
uhrt zu bes-
serer K¨
ammbarkeit. Der Durchmesser hat keinen nennens-
werten Einfluss auf Maximalkraft und Arbeit. Der Einfluss
einer Behandlung auf die K¨
ammbarkeit l¨
asst sich absch¨
atzen
[38]
K=N1FkN2FsN3EN4C+n1S+n2D.
Der Beitrag der Gr¨
oßen mit kleinem nist gering.
Beim K¨
ammen oder B¨
ursten der Haare ist der gr¨
oßte Wi-
derstand im Bereich der Spitzen zu ¨
uberwinden (Abb. 19).
.
Bedingt durch Witterungsein߬
usse weisen die Fasern im
Bereich der Spitzen die gr¨
oßte Rauigkeit auf. In solchen
Haarfilzenstehen mitunter bis zu 30 einzelne Fasern
in Kontakt [45]. Bei langsam aufgewendeten ansteigenden
Kr¨
aften gleiten die Haare ¨
ubereinander hinweg. Bei großer
ruckartiger Belastung dagegen stellen sich die Fasern teil-
weise senkrecht und werden ¨
ubereinander hinweg gebo-
gen. In dieser Konfiguration erf¨
ahrt die Faser eine Scher-
beanspruchung in axialer Richtung, die parabolisch ¨
uber
den kleinen Durchmesser verteilt ist. An der ¨
außeren En-
den des Durchmessers verschwinden die Scherspannungen,
in der Ebene des großen Durchmessers werden sie dage-
gen maximal. Ihr Wert wird gr¨
oßer, wenn der kleine Ra-
dius oder die Kr¨
ummung zunehmen. Bei andauernder Bela-
stung kommt es zum Haarspliß, der sich in Richtung Haar-
spitze fortpflanzt. Das Herabsetzen des Reibungsbeiwertes
durch Applikation von schmierendenSubstanzen oder
die Erh¨
ohung der Plastizi¨
at durch Feuchtigkeit k¨
onnen die
Auswirkungen solcher Scherbeanspruchungen vermindern.
Die Kraft, die beim B¨
ursten der Haare aufgewendet wer-
den muss, nimmt offensichtlich mit der Faserdicke zu [51].
Diese Beobachtung widerspricht der Theorie. Demnach soll-
ten infolge der zunehmenden Biegesteifigkeit die von den
Z¨
ahnen des Kammes oder der B¨
urste ausge¨
ubten Belastun-
gen zu einer Spreizung oder einem Auseinanderdr¨
ucken der
Fasern f¨
uhren, die der Ursache vorwegl¨
auft. Die aufzubrin-
gende Kraft sollte also mit zunehmender Dicke der Haare
kleiner werden. Kleine Unebenheiten mit einer Amplitude
nicht gr¨
oßer als Faserdurchmesser k¨
onnten eine Rolle spie-
len. Allerdings nimmt mit der Faserdicke auch die Reibung
zu.
3.11.2 Gl¨
atten der Haare
Generell kann man dauerhaftes Gl¨
atten der Haare nur
durch Agenzien mit starker Quell- und Kontraktionswir-
kung erreichen11 [50]. Gl¨
atten durch Hitzeeinwirkung sind
nur von tempor¨
arer Dauer. Das radiale Quellen der Keratin-
fasern im alkalischen Milieu f¨
uhrt zu einer wesentlichen Ver-
gr¨
oßerung der Kurvenradien und damit zu einer tempor¨
aren
Gl¨
attung12. Folgt eine Kontraktion um ca. 5% der Aus-
gangsl¨
ange (Superkontraktion), so bleibt die Gl¨
attung er-
halten. Ein dauerhafte Gl¨
attung kann auch durch ein Aus-
einanderziehen der Fasern in heißem Wasser erreicht werden.
3.11.3 Einfluss von Haarsprays
Unter Verwendung von Haarsprays bzw. Festigern kann
die Struktur des Haark¨
orpers fixiert werden. Die Haltbar-
keit h¨
angt u.a. ab von der Partikelgr¨
oße, der Fließf¨
ahigkeit
der Klebstoffe und von der Art der Bindung, die sich zwi-
schen den Fasern ausbildet. Die Glas¨
ubergangstemperatur
11Stark alkalisches Milieu mit pH >13 oder auch mit LiCl.
12Legt man z.B. lockige Haare in 1N NaOH ein, strecken sie
sich ohne ¨
außere Krafteinwirkung.
des Harzes und seine Viskosit¨
at sind wichtige Einflussgr¨
oßen
zur Bestimmung der Adh¨
asionskr¨
afte. Experimentell l¨
asst
sich die St¨
arke solcher Bindungen in Zugversuchen ermit-
teln. Man durchschneidet eine an der Ber¨
uhrungsstelle ver-
klebte Haarschlaufe (ca. 2 cm) und belastet anschließend bis
zum Versagen der Klebestelle auf Zug [49]. In der Regel tritt
ein adh¨
asives Versagen eher ein als ein koh¨
asives. D.h., dass
eine gr¨
oßere Tendenz zur Abl¨
osung der Faserober߬
ache vom
Klebstoff besteht, als zum Bruch des Klebstoffk¨
orpers sel-
ber. Die Gr¨
oße der Oberfl¨
ache hat Einfluss auf die Festig-
keit der Bindung. Handels¨
ubliche Produkte lassen sich nach
der Haltbarkeit klassifizieren: ultra-high holding (UHH),
hard-to-hold (HH),regular-hold (RH)und light-hold
(LH). In der Regel korrespondieren die Bezeichnung mit
der St¨
arke der von den Produkten ausgebildeten Verbindun-
gen. Die St¨
arke der Verbindung h¨
angt stark von den Inhalts-
stoffen der Produkte ab. Acrylpolymere weisen die gr¨
oßte
Festigkeite bei 40 % rel. Luftfeuchte auf (Abb. 20). Einige
typische Durchschnittswerte sind in Tab. 12 zu finden. .
Klasse Max. Kraft (N)
UHH 0.35 - 0.40
HH 0.25 - 0.30
RH 0.20 - 0.25
LH 0.10
Tab.12: Haltbarkeit von Haarsprayverbindungen
unterschiedlicher Klassen, gerundet nach.
Die meisten Haasprays werden klebrig, sobald das
L¨
osungsmittel verdampft ist. Die Zunahme der Steifigkeit ist
proportional zur Viskosit¨
at der Polymerl¨
osung und zur auf-
getragenen Gesamtmenge und nimmt direkt nach der Appli-
kation im Vergleich zum unbehandelten Haar um 30 50 %
zu. Dieser Initialeffekt kann auch eine Folge der Kapillar-
kr¨
afte sein, die zwischen den Fasern herrschen, solange das
L¨
osungsmittel noch ߬
ussig ist.
Je h¨
oher das Molekulargewicht des Polymers, desto gr¨
oßer
die Steifigkeit, die sich einstellt [18]. Aber auch dieser Zu-
sammenhang ist von der rel. Luftfeuchte abh¨
angig.
4. OPTISCHE EIGENSCHAFTEN
Gl¨
anzendes Haar ist aus Sicht des Konsumenten eine
der w¨
unschenswertesten kosmetischen Eigenschaften. Um
so verst¨
andlicher sind die Bem¨
uhungen der kosmetischen
Industrie, das physikalischen Ph¨
anomen zu verstehen und
zu quantifizieren. Messungen des Haarglanzes werden unter
Anwendung goniophotometrischer Techniken durchgef¨
uhrt.
Zwischen dem Haartyp und der Lichtstreuung besteht ein
Zusammenhang. Die Lichtstreuung liefert einerseits Infor-
mationen ¨
uber den Glanz des Haares, andererseits ist sie ein
Indikator f¨
ur den Zustand der Haarober߬
ache. Sie ¨
andert
sich je nach Grad der Verschmutzung bzw. Partikelbeladung
und damit auch durch Behandlung mit Kosmetika (Sham-
poos, Haarsprays etc.) [35]. Die Anordnung der Haarfasern
hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Lichtstreuung.
Der Glanzeffekt ist die Folge einer bevorzugten Relexi-
onsrichtung. Bei Beleuchtung wird das Licht teilweise an
der Haarober߬
ache reflektiert oder dringt in das Haarinnere,
wo es von den Pigmenten absorbiert oder an der R¨
uckwand
reflektiert oder gebrochen wird (d.h., es tritt unter einem
bestimmten Winkel auf der R¨
uckseite wieder aus). Einfalls-
winkel und Ausfallswinkel sind in der Regel nicht identisch
[37].
Die Bestimmung des Glanzes erfolgt ¨
uber die Messung
der Lichtintensit¨
at als Funktion des Ausfallswinkels. Das
Maximum dieser Funktion ist die spiegelnde Reflexion. Ein
gewisser Teil des Lichtes wird dagegen in unterschiedli-
che Richtungen gestreut, der diffuse Anteil der Reflexi-
on. Die Ursachen f¨
ur die Streuung liegen in den Inhomo-
genit¨
aten der Haarober߬
ache und der Haarmatrix. Dazu
geh¨
oren insbesondere die strukturellen Gegebenheiten der
Cuticula (Schuppen). Allgemein gilt, dass der Glanz mit zu-
nehmendem spiegelnden Anteil gr¨
oßer und mit zunehmen-
dem diffusen Anteil kleiner wird. Robbins und Reich [35]
schlagen folgende Beziehung zur Ermittlung des Haarglanz-
es vor: L=S/DW (1
2). Dist der Wert der diffusen Reflexion,
der durch durch Abtrennen der Basisreflexion aus der Ge-
samtkurve erhalten wird13.Sist das Integral der spiegelnden
Reflexion ohne den diffusen Anteil, W(1
2) ist die Breite des
Maximumpeaks bei halber Intensit¨
at. Diese Gleichung gilt
nur, solange ein diffuser Anteil vorhanden ist. Das ist bei
Haaren strukturell bedingt immer der Fall.
F¨
ur Haare, die in axialer Richtung (Haaransatz-Spitze)
in einem Winkel von 30gemessen gegen die Lotrechte an-
gestrahlt werden, liegt das Maximum der spiegelnden Re-
flexion b ei 24 14. In entgegengesetzter Richtung (Spitze-
Haaransatz) liegt das Maximum bei 36 . Ein weiteres lo-
kales Maximum tritt bei etwa 40 auf, dessen Wert von der
Haarfarbe abh¨
angig ist. Bei schwarzen Haaren ist es bedingt
durch die gr¨
oßere Absorption kleiner als bei blonden Haaren.
Werden Haare in einer Schicht exakt parallel angeordnet,
wird der diffuse Anteil der Reflexion f¨
ur diese Anordnung
minimal. Abb. 21 zeigt den typischen Kurvenverlauf eines
dunkelbraunen orientalischen Haares im unbehandelten Zu-
stand sowie nach mehrfacher Behandlung mit einem han-
dels¨
ublichen Shampoo. Dabei kann man beobachten, dass
die Applikation zur einer Abstumpfung des Glanzes f¨
uhrt.
D.h., das Intensit¨
atsmaximum wird kleiner und der diffu-
se Anteil gr¨
oßer. Das Entfernen der Shampooreste unter
Verwendung spezieller Detergenzien wie Natriumlaurylsul-
fat f¨
uhrt zur Wiederherstellung der Ausgangskurve. Aller-
dings l¨
asst sich eine Bewertung des Glanzes besser an einer
Gruppe von Haaren vornehmen, als an einer Einzelfaser. Die
Einhaltung von Randbedingungen, wie sie bspw. beim Haa-
rewaschen auftreten, ist hier eher m¨
oglich. Neben Shampoo-
resten f¨
uhrt auch die nat¨
urliche Bildung von Fetten zur Ab-
stumpfung des Glanzes. Bei Einsatz von Haarsprays kann
man je nach Inhaltstoffen Abnahmen des Verh¨
altnisses von
spiegelnder zur diffusen Reflexion von bis zu 14 % finden
[37].
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13Verbindung der Streulichtintensit¨
aten bei 0 und 75
14Daraus l¨
asst sich ableiten, dass die Schuppen in einem Win-
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ache abstehen.
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c1
c2
h1
F
h2
F
Abb.14: Strukturelles Modell f¨
ur die mechanischen
Eigenschaften von Haaren.
E-Modul [10 N/cm ]
5 2
0
1
2
3
4
5
025 50 75 100
relative Luftfeuchte [%]
1
2
3
Abb.15: ¨
Anderung des E-Moduls der Biegung EBbei
Fasern unterschiedlicher linearer Dichte, berechnet
auf der Basis der Werte aus. (1) K-Faser 102 µg/cm,
(2) H-Faser 54 µg/cm, (3) H-Faser 34 µg/cm.
Torsionsmodul [10 N/cm ]
5 2
0
1
2
3
0255075100
rel.Luftfeuchte[%]
Schubmodulunbehandelt
SchubmodulbeiDauerwelle
Abb.16: ¨
Anderung des Torsionsmoduls in Abh¨
angig-
keit von der rel. Luftfeuchte bei Haaren mit und
ohne Dauerwelle.
Änderung [%]
0,00
0,25
0,50
0,75
1,00
110 100 1000 10000
log. Zeit [min]
1
2
Abb.17: ¨
Anderung der Torsionseigenschaften von
Wolle in Abh¨
angigkeit von der Zeit (30 C,65 % rel.
LF). (1) Γ[105N cm2], (2) δ.
A
A
A
A
A
S
S
S
S
S
A
S
S
S
A
A
A
B
C
D
E
Abb.18: Richtungsabh¨
angigkeit der Reibung.
Kraft
Maximalkraft an
der Haarspitze
Dehnung
Abb.19: Verlauf der K¨
ammkraft mit Maxium im Be-
reich der Haarspitzen.
Adhäsion [10 N]
-5
0
20
40
60
80
204060
relativeLuftfeuchte[%]
Betain
Betain+HSG
Acryl
Abb.20: Kraft bis zum Versagen bei Haarsprayver-
bindungen basierend auf unterschiedlichen Polyme-
ren.
020 40 60 80
Streuungswinkel [°]
24°
dunkel-braunes
Haar
blondes Haar
W
S
D
Sauberes Haar
Shampoo 1
Shampoo 2
(B)
(A)
Lichtintensität
Abb.21: Streulichtintensit¨
at in Abh¨
angigkeit vom
Winkel, Einfallswinkel 30 .
... The body hairs of mice, also, can be divided into three sections: a quite thin tip, a thicker center section and a tapering basal part [7], thus resembling the shape we observed for micro vibrissae in rats, perhaps indicating that the shaping under use may depend more from absolute size than from specialized function. On the other side, even human scalp hairs tend to have a cylindrical outer contour [18]. Thus, the characteristic contour of whiskers still may be hypothetized to be a primary morphological condition for the fulfilment of mechano-sensitive functions. ...
... The types of surface texture of rats' vibrissae and of their body hairs are also found among the woolly hairs of various animals (sheep, alpaca, lama, camel, rabbit, etc.) [11] . The form and arrangement of the whisker scales is likewise found on human scalp hair [18]. The observed variability in the shape and form of scales and arrangement is usually morphologically interpreted [16] by type of hair growth and relation to hair length and hair diameter . ...
... 5) would suggest a less stressed or, perhaps, still young, whisker. In the case of human hair, such a change of the scale edge under the influence of different environmental conditions (sunlight, weather, etc.) has been described [18]. An extraordinary symmetry is found in the cross section: vibrissae are almost circular. ...
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Vibrissae or tactile hairs, commonly known as whiskers, are the mechanical gates of special mechano-sensitive organs. In terrestrial mammals, they carry various functions, especially object determination and texture discrimination. We hypothesise that the characteristic morphology and structure of whiskers is a primary morphological condition for their mechano-sensitive functions. To constitute mathematical models on the systematic but different mechanical behavior of the main types of whisker hairs (micro vibrissae, macro vibrissae, straddlers), information is lacking on the distribution of properties in a field of all three types of hairs, taken from one and the same animal. Referring to sets taken from five individuals, geometry data is provided as one complete set for a female rat (Rattus norvegicus). Due to measurements of diameters along the length, the shape of whiskers in rats is confirmed to resemble a cone, which may be overlaid by some convexity or concavity. Additionally, the surface and internal structure of different vibrissae were examined by scanning electron microscopy. The cuticle of the rat whisker consists of flat scales, overlapping like roofing slates. A cross section reveals up to 20 superposed layers of cuticular scales. The longitudinal dimension of one scale is shorter in whiskers compared with body hairs. A hollow medulla is observed from the base to approximately half of the overall length, which is then partially filled by compact tissue, until it disappears completely near the tip. An extraordinarily thick cortex probably rules the characteristic bending features, and the multilayer cuticle probably has a mainly protective function.
... The structure of hairs in general is well described in the literature [Rocaboy, 1990;Sobottka, 2003]: the medulla in the centre and the cortex which is enveloped in the cuticle consisting of tightly packed fibrillar tapered plates built-up from keratin. As it can be seen in Figure 2 and 3 there is a large variety in the shape of these plates. ...
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The bow hair is considered to be an essential component of the sound production in bowed string instrument playing. Despite of this there is hardly any literature dealing with the acoustic and mechanical properties of bow-hairs. The purpose of this paper is to show the broad range of various kinds of bow-hairs and their properties. For the study eight types of bow-fibres obtainable at most shops in Europe were chosen. Scanning electron microscopy was used to compare the profiles and surface structure. Mechanical tests demonstrate the differences in elasticity and strain rupture. Audio recordings made by exciting a string with an artificial bowing machine indicate that the surface structure have a negligible effect on the produced sound.
Book
Hair is the subject of this book, including the anatomy of the hair follicle, developmental stages, analyzed by light and electron microscopy, hair ultrastructure, nerve and blood supply, specialized hairs and hair organs, and a review of the present techniques to cultivate hair follicle cells in vitro. In the clinical part several chapters describe the most important diseases and possibilities for treatment. Hair care products and their toxicology are the subject of further sections. Extensive reviews of the antiandrogens, a most important group of drugs influencing hair growth, and of their clinical use in conditions such as androgenetic alopecias and hirsutism are included as well. Finally, surgical techniques for hair transplantation are discussed. This book is a standard textbook for everything pertaining to hair under normal and pathological conditions.
Article
The satisfactory prevention or repair of "split ends" in long-hair styles continues to present a significant challenge to the toiletries industry. The mechanics by which they form has not been clarified previously. Combing is a common requirement, without which few split ends are formed (1,2). Splitting always occurs in the plane containing the hair's major elliptic diameter. A theoretical analysis supports the notion that during the combing of tangled hairs, high shear stresses are developed about the major elliptic diameters of the fibers. Shear fracture about this diameter and the further propagation of the fracture front towards the hair tip adequately explain the characteristic primary morphology of this cosmetically undesirable terminal bifurcation of the hair. Amongst the various factors that influence split-end formation, two are highlighted in that they offer prospects for simple modification to the cosmetic advantage of reducing the incidence of split ends. One is about reducing frictional interactions between hairs by lubrication and the other concerns improvements in the longitudinal shear plasticity within the hair's bulk.
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A new method, termed dynamic hairspray analysis, was developed to study the mechanical behavior of pre-set hair tresses, untreated and modified by hairspray resins, under a wide range of bending deformations. The technique includes a vertically acting tensile meter designed to measure the force in both compression and extension modes. The instrument, including a sample holder and spraying devices, was housed in an environmental chamber equipped with a humidity controller. The drying of a hairspray was investigated by (a) applying low intermittent deformations to a preformed hair tress in order to determine the properties of untreated hair, (b) treating the fibers with a hairspray, and (c) measuring the changes both in adhesive properties of a hairspray solution on the surface and in mechanical stiffness of the fiber assembly as a function of drying time. This approach allows the simultaneous determination of parameters such as stiffness of untreated and resin-modified hair, duration of tack, maximum value of tack force, and time of drying. In addition to this, the data collected during the experiment provide information about changes in geometrical dimensions of hair after the application of hairspray and after subsequent drying. In order to test the resistance of fixative resins to high humidity, the kinetic measurements of stiffness and tackiness were also performed at 90% RH.
Chapter
The conditions of normality or abnormality of the hair system are reflected in its morphological parameters, such as hair density, state of cycle, thickness of the hair shaft, rate of growth, and hair color.
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Synopsis The STIFFNESS of COMPONENT FIBERS is known to be important to the behavior of a fiber mass, but measurements are lacking in the cosmetic literature probably because of experimental difficulties with published methods. Recognizing this, we devised a simple method to compare fibers for stiffness. A fiber with a small weight on each end is draped over a wire and the distance ("D") between the vertical legs is measured. Fibers with a wide range of thicknesses clearly showed that values of"D" relate linearly to cross-sectional areas, as expected of "stiffness." This prompted a theoretical study which yielded equations in terms of"D" for calculating, e.g., elastic bending moduli and shapes of hanging fibers. Empirical and theoretical guides are given for selection of wire diameter and fiber weights. The average elastic modulus for bending fibers, assumed round in cross section, is approximately equal to that for stretch-ing the same fibers. Fiber stiffness is affected by humidity and chemical treatments but is relatively unaf-fected by shampoos.
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In this paper, an instrumental method for measuring hair shine is presented and shown to exhibit excellent correlation with a large series of subjective evaluations of shine. In addition to providing shine values, the light-scattering methods developed are shown, in many cases, to provide a sensitive means of following changes to the hair surface, including deposition (soiling), particle removal (cleaning), and even interactions on the fiber surface. Employing the developed methods, the effect of washing hair tresses with a series of commercial shampoos is investigated. The effects examined are shown to fall into three classes: Shampoos without highly substantive ingredients left hair in its cleanest and shiniest state. Shampoos containing ingredients substantive to hair (polycationics and soap) left deposits on the fiber surface and dulled the hair. The worst dulling was observed when particles deposited on the hair from one shampoo formed a complex with particles contained in a second product.
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The static correspondence principle for viscoelastic composites has been applied to establish two viscoelastic fibrous composite models for keratin. The composite model comprising isotropic viscoelastic matrix and filament phases provides accurate pre dictions of the effective fiber mechanical properties ( longitudinal and transverse). The composite model successfully identifies the filament phase as the microfibril structure in the wool fiber. The mechanical properties of both constituent phases in the keratin fiber, the partially crystalline microfibrils and the amorphous matrix, are influenced by variations of the water content in the fiber. The longitudinal and transverse tensile and shear relaxation moduli are calculated for the keratin fiber at different moisture regain levels. The mechanical anisotropy of keratin is related to the constituent phase properties and the packing geometry of the composite.
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The effects of humidity, ageing, annealing, and tensile loads on the torsional damping properties of wool fibers have been measured. The torsional damping increased with humidity and decreased with ageing and annealing. Wetting removed the effects of ageing and annealing, and no residual change to the fiber torsion properties was retained after annealing and wetting. Torsional damping in Merino fibers was very sensitive to applied stress and tensile loading produced changes in torsional damping similar to the de-aging effects of wetting. This effect suggests that high torsional damping following tensile stress is related to mechanical de-aging of the matrix in the wool fiber.
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The individual mechanical properties of each of the phases, microfibrils, and matrix in α-keratin fibers were analyzed in terms of a two-phase composite of microfibrils and matrix. The authors applied finite element techniques appropriate for composite micromechanics to the data available on the mechanical properties of various α- keratins with varying moisture contents. Despite some simplifying assumptions the result of the analysis was in general agreement with our present understanding of keratin structure. The results indicated the following: Absorption of water by the keratin structure has a pronounced weakening effect confined mainly to the matrix. Differences existing between different keratins were in the main due to variation of matrix properties produced by the presence of high glycine-tyrosine and high sulphur proteins, both of which increase the mechanical stiffness of the matrix. Data obtained for porcupine quill show that whereas the microfibrils can be considered as isotropic at all moisture contents of the keratin structure, the matrix must become highly anisotropic at saturated moisture contents.