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Zeitschrift
für
4. Jahrgang
ISSN 1860-3068
11 22000099
Self-AAssessments
-
neue
Wege
für
Studien-
orientierung
und
Studienberatung?
IInntteerrnneettbbaassiieerrttee
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
zzuurr
UUnntteerrssttüüttzzuunngg
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SSttuuddiieenneennttsscchheeiidduunngg
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SSttuuddiiuumm
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EErrkkuunndduunngg
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oossttddeeuuttsscchheenn
HHoocchhsscchhuulleenn
Handlungsfelder, Praxisbeispiele und Lösungskonzepte
Beratung und Studium
ZZBBSS
www.universitaetsverlagwebler.de
UUVVWW
UniversitätsVerlagWebler
HHeerraauussggeebbeerrkkrreeiiss
Sabina Bieber
, Dr., Zentrale Studienberatung der Univer-
sität Potsdam, Vorstandsvorsitzende der GIBeT e.V. -
Gesellschaft für Information, Beratung und Therapie an
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Helga Knigge-Illner
, Dr., bis 2005 Zentraleinrichtung Stu-
dienberatung und Psychologische Beratung, Freie Uni-
versität Berlin (geschäftsführende Herausgeberin)
Achim Meyer auf der Heyde
, Generalsekretär des DSW -
Deutsches Studentenwerk, Berlin
Uli Knoth,
Leiter des SSC - Student Service Center der Fach-
hochschule Darmstadt
Elke Middendorff
, Dr., Hochschul-Informations-System
(HIS) Hannover
HHiinnwweeiissee
ffüürr
ddiiee
AAuuttoorreenn
IImmpprreessssuumm
Verlag,
Redaktion,
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33613 Bielefeld
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Redak
tionsschluss
dieser
Ausgabe:
18.03.2009
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München. Gesetzt in der Linotype Syntax Regular.
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ten
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sowie
Abbildungen
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Sie
in
den
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unserer
Verlags-HHomepage
„www.universitaetsverlagwebler.de”.
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Informationen
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den
in
diesem
Heft
aufge-
führten
Verlagsprodukten
erhalten
Sie
ebenfalls
auf
der
zuvor
genannten
Verlags-HHomepage.
Gerhart Rott
, Dr., Akad. Direktor, Zentrale Studienberatung,
Bergische Universität Wuppertal, ehem. Präsident des
FEDORA - Forum Européen de l´Orientation Académique
Klaus Scholle
, Zentraleinrichtung Studienberatung und Psy-
chologische Beratung, Freie Universität Berlin (ge-
schäftsführender Herausgeber)
Sylvia Schubert-Henning
, Leiterin der Studierwerkstatt,
Universität Bremen
Wolff-Dietrich Webler
, Prof., Dr., Leiter des IWBB - Institut
für Wissenschafts- und Bildungsforschung, Bielefeld
Michael Weegen,
Dr., Leiter des Projekts Informationssys-
tem Studienwahl und Arbeitsmarkt (ISA), Universität
Duisburg-Essen
11
22000099
ZZBBSS
1
EEdd iittoorriiaall
BBeerraa ttuunn ggsseennttwwiicc kklluunngg //-ppooll iittiikk
Zeitschrift
für
Beratung
und
Studium
Handlungsfelder, Praxisbeispiele und Lösungskonzepte
4. Jahrgang
ISSN 1860-3068
2
Verena Heukamp, Daniel Putz,
Annika Milbradt & Lutz F. Hornke
Internetbasierte
Self-AAssessments
zur
Unterstützung
der
Studienentscheidung
23
Svea Vent, Edgar Erdfelder & Birgit Heilig
MISS
-
Mannheimer
Informationssystem
für
Studieninteressierte
der
Sozialwissenschaften
9
Benedikt Hell, Katja Päßler & Heinz Schuler
„was-sstudiere-iich.de“
-
Konzept,
Nutzen
und
Anwendungsmöglichkeiten
15
Joachim Diercks, Jutta Kast,
Kristof Kupka & Katharina Bolten
HAW-NNavigator
–
internetbasierte
Orientierungs-
und
Self-AAssessment-IInstrumente
und
ihre
Verbind
ung
mit
der
Studienberatung
an
der
HAW
Hamburg
28
Peer Pasternack, Roland Bloch,
Daniel Hechler & Henning Schulze
Studentische
Initiativen
zur
Verbindung
von
Hochschule
und
Praxis
im
Studium
Eine empirische Erkundung an
ostdeutschen Hochschulen
26
Helga Knigge-Illner & Klaus Scholle
Kommentare:
Self-AAssessments
und
Studienberatung
II
ZBS 1/2009
II
Neuerscheinungen
im
UniversitätsVerlagWebler:
Frauke Gützkow und Gunter Quaißer (Hg.):
Jahrbuch Hochschule gestalten 2007/2008 - Denkanstöße in einer föderalisierten Hochschullandschaft
Die Auswirkungen der Föderalismusreform I auf das Hochschulwesen zeich-
nen sich ab: Nichts weniger als die Abkehr vom kooperativen Föderalismus
steht an, das Hochschulrahmengesetz wird abgeschafft, die Bund-Länder-
Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) auf eine
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) reduziert – der Rückzug des
Bundes hat regelrecht ein Vakuum hinterlassen. Das Prinzip der Kooperation
wird zugunsten des Wettbewerbs aufgegeben, einem zentralen Begriff aus
der neoliberalen Ökonomie. Anscheinend arbeitet jeder darauf hin, zu den
Gewinnern im Wettbewerb zu gehören – dass es zwangsläufig Verlierer
geben wird, nicht nur unter den Hochschulen sondern auch zwischen den
Hochschulsystemen der Länder, wird noch viel zu wenig thematisiert. Die
Interessen der Studierenden und der Beschäftigten der Hochschule werden
genauso vernachlässigt wie die demokratische Legitimation und die Transpa-
renz von Entscheidungsverfahren.
Uns erinnert die Föderalismusreform an den Kaiser aus Hans Christian An-
dersens Märchen. Er wird angeblich mit neuen Kleidern heraus geputzt und
kommt tatsächlich ziemlich nackt daher.
Mit Beiträgen von: Matthias Anbuhl, Olaf Bartz, Roland Bloch, Rolf Do-
bischat, Andreas Geiger, Andreas Keller, Claudia Kleinwächter, Reinhard
Kreckel, Diethard Kuhne, Bernhard Liebscher, André Lottmann, Jens Maeße,
Dorothea Mey, Peer Pasternack, Herbert Schui, Luzia Vorspel und Carsten
Würmann.
ISBN 3-937026-58-4, Bielefeld 2008,
216 S., 27.90 Euro
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
Reihe
Hochschulwesen:
Wissenschaft
und
Praxis
RReeiihhee
HHoocchhsscchhuullwweesseenn::
WWiisssseennsscchhaafftt
uunndd
PPrraaxxiiss
Barbara Schwarze, Michaela David, Bettina Charlotte Belker (Hg.):
Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik
ISBN 3-937026-59-2, Bielefeld 2008,
239 S., 29.80 Euro
Gender- und Diversityelemente in Lehre und Forschung an den Hoch-
schulen tragen zu einer verstärkten Zielgruppenorientierung bei und stei-
gern die Qualität durch die bewusste Einbindung der Nutzerinnen und
Nutzer – seien es Studierende, Lehrende oder Anwenderinnen und An-
wender in der Praxis. Die Integration in die Lehrinhalte und –methoden
trägt dazu bei, die Leistungen von Frauen in der Geschichte der Technik
ebenso sichtbar zu machen wie ihre Beiträge zur aktuellen technischen
Entwicklung. Sie werden als Anwenderinnen, Entwicklerinnen, Forsche-
rinnen und Vermarkterinnen von Technik neu gesehen und sind eine in-
teressante Zielgruppe für innovative Hochschulen und Unternehmen.
Parallel zeigt sich – unter Gender- und Diversityaspekten betrachtet – die
Vielfalt bei Frauen und Männern: Sie ermöglicht eine neue Sicht auf älte-
re Frauen und Männer, auf Menschen mit Benachteiligungen und/oder
Behinderungen, mit anderem kulturellen Hintergrund oder aus anderen
Ländern.
In diesem Band stehen vor allem Entwicklungen und Beispiele aus Lehre,
Praxis und Forschung der Ingenieurwissenschaften und der Informatik im
Vordergrund, aber es werden auch Rahmenbedingungen diskutiert, die
diese Entwicklung auf struktureller und kultureller Ebene vorbereiten.
Der Vielfalt dieser Themen entsprechen auch die verschiedenen Perspek-
tiven der Beiträge in den Bereichen:
• Strukturelle und inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten einer familien-
und gendergerechten Hochschule,
• Zielgruppenspezifische Perspektiven für technische Fakultäten,
• Gender- und Diversityaspekte in der Lehre,
• Gendergerechten Didaktik am Beispiel der Physik und der Mathematik,
• Gender und Diversity in der angewandten Forschung und Praxis.
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
1
ZBS 1/2009
Nur wenige andere Themen haben für die Beratung von
Studieninteressierten an Hochschulen derzeit eine ähnli-
che Relevanz wie das im Mittelpunkt dieser Ausgabe der
ZBS stehende Schwerpunktthema „Self-Assessments –
neue Wege für Studienorientierung und Studienberatung?“
VV
erena Heukamp, Daniel Putz, Annika Milbradt und Lutz
F. Hornke
geben in ihrem Beitrag
„Internetbasierte
Self-
Assessments
zur
Unterstützung
der
Studienentscheidung“
einen Überblick zu Einsatzmöglichkeiten und unterschied-
liche Formen von Self-Assessments. Exemplarisch stellen
sie das Angebot der Rheinisch-Westfälischen Technischen
Hochschule in Aachen vor, das Studieninteressenten er-
möglicht, zum einen ihre Interessenschwerpunkte anhand
eines Test zu bestimmen und zum anderen einen Einblick
in die Anforderungen von in Frage kommenden Studien-
fächern zu nehmen. Abschließend stellen sie fest, dass
Self-Assessments Synergieeffekte für die Beratung freiset-
zen und eine Chance für die Arbeit der Hochschulen mit
Studieninteressierten darstellen.
ÜÜ
ber Konzept, Nutzen und Anwendungsmöglichkeiten
des Webangebots
„was-sstudiere-iich.de“
informieren
Bene-
dikt Hell, Katja Päßler und Heinz Schuler.
Der als „offene
Plattform“ verstandene Orientierungstest ermittelt in
einem ersten Schritt berufliche Interessen und die dazu
passenden Berufe und zeigt den Nutzern die den Berufen
zugeordneten Studiengänge auf. Das Self-Assessment An-
gebot ist auf dem Weg, von allen baden-württembergi-
schen Hochschulen gemeinsam genutzt und weiterent-
wickelt zu werden. Es ist geplant, in Zukunft auch Tests zur
Feststellung der kognitiven Fähigkeiten mit einzubeziehen.
Bereits vorgesehen sind Verknüpfungen zur persönlichen
Beratung u.a. in den Studienberatungsstellen der Hoch-
schulen.
II
m Beitrag
„HAW-NNavigator
–
internetbasierte
Orientie-
rungs-
und
Self-AAssessment-IInstrumente
und
ihre
Ve
rbin-
dung
mit
der
Studienberatung
an
der
HAW
Hamburg“
be-
richten
Joachim Diercks, Jutta Kast, Kristof Kupka und Ka-
tharina Bolten
über ihre Erfahrungen mit dem von der Cy-
quest GmbH entwickelten und an der Hochschule für An-
gewandte Wissenschaften in Hamburg eingesetzten virtu-
ellen System der Studienorientierung. Der Schwerpunkt
des Angebots liegt darauf, die von der Hochschule angebo-
tenen Studiengänge den Interessenten in sehr anschauli-
cher und informationshaltiger Form vor Augen zu führen.
Die Selbsteinschätzung bezüglich der Studienanforderun-
gen wird den Nutzern des Systems dadurch erleichtert,
dass ihnen Tests mit für die jeweiligen Studiengänge typi-
schen Aufgaben angeboten werden. Für die Zukunft wird
eine engere Vernetzung zur Beratung an der Hochschule
angestrebt.
SS
vea Vent, Edgar Erdfelder und Birgit Heilig
berichten über
das
„MISS
–
Mannheimer
Informationssystem
für
Studien-
interessierte
der
Sozialwissenschaften“
, das bereits seit
dem Jahr 2006 an der Universität Mannheim im Einsatz ist.
Der Test bietet den Anwendern die Möglichkeit, ihre eige-
nen Erwartungen und Vorstellungen bezüglich angestreb-
ter Studiengänge zu vergleichen mit den objektiven Cha-
rakterisierungen des Studienfachs. Die Autorinnen und Au-
toren sehen in ihrem Angebot eine gute Ergänzung zur
persönlichen Studienberatung.
DD
a alle Beiträge zum Schwerpunktthema von Autorinnen
und Autoren stammen, die selbst mit Entwicklung und Im-
plementierung von Self-Assessments befasst und in diesem
Zusammenhang stark engagiert sind, kommen kritische
Aspekte notgedrungen etwas kurz. Die geschäftsführende
Redaktion hat sich deshalb dafür entschieden, selbst zwei
kurze Statements beizutragen, die zur weiteren Diskussion
anregen sollen.
DD
en Abschluss dieses Heftes bildet ein Beitrag von
Peer
Pasternack, Roland Bloch, Daniel Hechler und Henning
Schulze
:
„Studentische
Initiativen
zur
Verbindung
von
Hochschule
und
Praxis
im
Studium
-
Eine
empiri
sche
Er-
kundung
an
ostdeutschen
Hochschulen.“
Die Autoren stel-
len die Resultate einer Untersuchung vor, die der „Span-
nung zwischen Bildung und Ausbildung“ nachgeht und
von Studierenden initiierte berufsbezogene Projekte in den
Blick nimmt.
Helga Knigge-Illner, Klaus Scholle
SSeeiittee
1155
SSeeiittee
22
E d i t o r i a l
ZBS
SSeeiittee
2266
SSeeiittee
99
Klaus Scholle
SSeeiittee
2233
Helga Knigge-Illner
SSeeiittee
2288
2
ZBS 1/2009
ZBS
B e r a t u n g s e n t w i c k l u n g / -pp o l i t i k
Im
vorliegenden
Beitrag
gibt
das
Self-AAssessment-TTeam
der
RWTH
Aachen
einen
Überblick
über
webbasierte
Selbst-
tests,
die
von
Hochschulen
zunehmend
angeboten
werden,
um
Studieninteressie
rte
im
Prozess
der
Studienentschei-
dung
zu
unterstützen.
Dabei
werden
Ziele
und
Nutzen
ve
r-
schiedener
Self-AAssessment-AAnsätze
dargestellt
sowie
ein
Überblick
über
gegenwärtige
Online-AA
ngebote
im
deutsch-
sprachigen
Raum
gegeben.
Anhand
eines
konkreten
Bei-
spiels
zum
Aufbau
e
ines
Self-AAssessments
werden
Erfahrun-
gen
berichtet
und
Perspektiven
für
die
weitere
Nutzun
g
in
der
Beratung
Studieninteressierter
diskutiert.
11..
DDeerr
WWeegg
vvoonn
ddeerr
SScchhuullee
iinn
ddiiee
HHoocchhsscchhuullee
DD
er Übergang von der Schule in die Hochschule ist für
künftige Studierende eine Phase, die von zahlreichen Über-
legungen im Hinblick auf das Studium und den späteren Be-
rufsweg geprägt ist. Im Bezug auf die Studienfachwahl ste-
hen zunächst drei zentrale Entscheidungen im Vordergrund,
die mit dem Ende der Schulzeit getroffen werden müssen:
die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Stu-
diums, die Entscheidung für eine fachliche Orientierung
und die Entscheidung für ein bestimmtes Studienfach
(Heine/Egeln/Kerst/Müller/Park 2006). Jede dieser Ent-
scheidungen zieht eine Reihe von Konsequenzen für den
weiteren Lebensweg nach sich und birgt somit zahlreiche
Chancen und Entwicklungsperspektiven, aber auch die Ge-
fahr von Fehlentscheidungen und das damit einhergehende
Risiko der späteren Entscheidungsrevision. Um die Wahr-
scheinlichkeit zu erhöhen, mit der einmal eingeschlagenen
Richtung langfristig erfolgreich und zufrieden zu sein, soll-
ten sich Jugendliche für einen nachschulischen Ausbil-
dungsweg entscheiden, der mit seinen Anforderungen, Be-
friedigungs- und Entwicklungspotentialen am besten zu
den persönlichen Zielen, Interessen und Stärken passt. Das
Herstellen dieser Passung erfordert eine intensive
Ausein-
andersetzung mit der (Studien-)Umwelt
auf der einen Seite
und mit der eigenen Person auf der anderen. Um Informa-
tionen über die potentiellen Ausbildungsalternativen, also
über die Anforderungen und Besonderheiten der jeweiligen
Studiengänge, aber auch über Berufsbilder zusammenzutra-
gen, nutzen Studieninteressierte laut einer HIS-Studie von
Heine und Willich (2006) an erster Stelle Informationen aus
dem Internet sowie Materialien von Hochschulen und Bera-
tungseinrichtungen, die durch Gespräche im professionel-
len oder persönlichen Umfeld ergänzt werden.
Die
Auseinandersetzung mit der eigenen Person
ist erfor-
derlich, um sich über die eigenen Interessen, Stärken und
Erwartungen klar zu werden. Hier können sich Studienin-
teressierte auf zurückliegende (Lern-)Erfahrungen beziehen,
die sie z.B. in der Schule, in Praktika oder im Freizeitbereich
gemacht haben und sich an früheren Erfolgen und Rück-
meldungen orientieren. Das Wissen über die eigene Person
bildet die Grundlage, um die einzelnen Angebote der Um-
welt zu bewerten und in die engere Auswahl zu ziehen. Nur
wenn Selbstkonzept und Umweltkonzept ausreichend dif-
ferenziert erkundet werden, kann ein Abgleich zwischen
den beiden Aspekten stattfinden, der zu einer bewussten,
fundierten und „passenden“ Studienentscheidung führt.
Der Weg zur Entscheidungsfindung, vor allem die Phase der
Entscheidungsvorbereitung, wird von den meisten Studien-
interessierten als schwierig und z.T. überfordernd erlebt.
Oft verläuft er aufgrund unzulänglicher Problemlösestrate-
gien wenig systematisch und ist von zufälligen Begegnun-
gen und Ereignissen bestimmt, die u.U. die Entscheidungs-
rationalität und damit die Entscheidungsqualität gefährden.
Obwohl die meisten Studienberechtigten bereits zu Beginn
der gymnasialen Oberstufe mit der Informationssuche be-
ginnen, fühlt sich laut der erwähnten Studie von Heine und
Willich (2006) lediglich ein knappes Viertel (24%) der Stu-
dienberechtigten ein halbes Jahr vor Ende der Schulzeit
ausreichend über die in Frage kommenden Studienoptio-
nen informiert. Im Bereich der umweltbezogenen Informa-
tionen sind es vor allem die Vielfalt der wählbaren Studien-
und Ausbildungsmöglichkeiten und die Ungewissheit über
die Entwicklung des Arbeitsmarktes, die Schwierigkeiten
bereiten. Im Bereich der personenbezogenen Informatio-
nen ist es die unzureichende Einschätzung der eigenen
Stärken und Fähigkeiten sowie der eigenen studienrelevan-
VVeerreennaa
HHeeuukkaammpp,,
DDaanniieell
PPuuttzz,,
AAnnnniikkaa
MMiillbbrraaddtt
&&
LLuuttzz
FF..
HHoorrnnkkee
Internetbasierte
Self-AAssessments
zur
Unterstützung
der
Studienentscheidung
Daniel PutzVerena Heukamp
Lutz F. HornkeAnnika Milbradt
3
ZBS 1/2009
V.
Heukamp,
D.
Putz,
A.
Milbradt
&
L.
F.
Hornke
Internetbasierte
Self-AAssessments
...
ZBS
ten Interessen, die eine Bewertung der Studienoptionen er-
schwert und damit die Entscheidungsfindung behindert.
Um dem Orientierungsbedarf potentieller Studierender be-
reits frühzeitig im Orientierungsprozess besser gerecht zu
werden, bieten Hochschulen als Ergänzung zu ihren bisheri-
gen Informations-und Beratungsangeboten zunehmend
Self-Assessments an. Im Folgenden wird dieser Beratungs-
ansatz mit seinen Zielen und Möglichkeiten vorgestellt und
ein Überblick über derzeitig im deutschsprachigen Raum
eingesetzte Verfahren gegeben. Zudem werden der Aufbau
eines integrierten Self-Assessment-Systems exemplarisch
am Beispiel der RWTH Aachen erläutert und bisherige Er-
fahrungen mit Self-Assessments sowie Perspektiven für die
Zukunft diskutiert.
22..
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
aallss
BBeeiittrraagg
zzuurr
SSttuuddiieennoorriieennttiieerruunngg
EE
in Self-Assessment (zu Deutsch „Selbsteinschätzung“) zur
Studienorientierung ist ein internetbasiertes Beratungs-
und Informationsinstrument, das sich an Studieninteres-
sierte richtet. Es dient der Erkundung von studienbezoge-
nen Eignungen, Neigungen und Erwartungen sowie der
Auseinandersetzung mit den Anforderungen, die ein Hoch-
schulstudium an künftige Studierende stellt. Self-Assess-
ments bestehen aus verschiedenen Aufgaben, die die An-
forderungen des Studiums wiedergeben, wie sie von Hoch-
schulen benannt und festgelegt werden. Nach der Bearbei-
tung der einzelnen Aufgabenbereiche, darunter in der
Regel sowohl Fragebogen zur Selbsteinschätzung (z.B. zu
Interessen oder Studienmotivation) als auch Leistungsauf-
gaben (z.B. Textverständnis, Mathematik), erhalten die Teil-
nehmer
1
eine ausführliche automatisierte Darstellung ihrer
Ergebnisse. Diese Rückmeldung erläutert das Stärkenprofil
des Einzelnen, setzt es ggf. in Relation zu den Ergebnissen
anderer Studieninteressierter, die am Verfahren teilgenom-
men haben, und verdeutlicht die Relevanz der thematisier-
ten Bereiche für das Studium. Zum Teil werden mediale
Aufbereitungen, etwa kurze Filmclips vom Campus oder
von Interviews mit Studierenden ergänzt, um einen Einblick
in den Studienalltag zu vermitteln. Die Teilnehmer gewin-
nen auf diese Weise einen ersten Eindruck, inwieweit die
eigenen Stärken, Interessen und Erwartungen zu den Anfor-
derungen eines Studiums passen. Grundsätzlich sollen Self-
Assessments die Entscheidungsfindung von Studieninteres-
sierten vorbereiten bzw. zur weiteren Informationssuche
anregen, und sie können z.B. die Grundlage für ein persön-
liches Beratungsgespräch in der Studienberatung der Hoch-
schule bilden.
33..
ZZiieellee
uunndd
NNuuttzzeenn
vvoonn
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
SS
elf-Assessments sind vor allem als Bausteine bei der Stu-
dienentscheidung bzw. der Studienfachwahl zu sehen.
Einen Nutzen erbringen sie dabei sowohl für Studieninter-
essierte als auch für Hochschulen. Studieninteressierten
bieten Self-Assessments im Internet eine Möglichkeit, sich
eigenständig und sowohl zeitlich als auch räumlich unab-
hängig von einer beratenden Stelle über die eigenen Stär-
ken und Schwächen im Hinblick auf ein Studium zu infor-
mieren. Bereits bei der Bearbeitung der Aufgaben setzen
sich die zukünftigen Studierenden mit den Inhalten und
Anforderungen des Studienfeldes, aber auch mit den eige-
nen Erwartungen, Kompetenzen und der persönlichen Mo-
tivation auseinander und werden auf diese Weise sowie
durch die Ergebnisrückmeldung in ihrer Entscheidungs-
fähigkeit unterstützt (siehe Milbradt/Zettler/Putz/Heu-
kamp/Hornke 2008; Heukamp/Hornke 2008).
Hochschulen nutzen Self-Assessments als Bestandteil ihres
strategischen Bindungsmanagements, um frühzeitig Kon-
takt zu Studieninteressierten aufzunehmen und sie auf die
eigenen Angebote und Aktivitäten aufmerksam zu machen.
Durch Self-Assessments können die Anforderungen und In-
halte und somit das Profil eines Studienfeldes oder -faches
vermittelt, aber auch Informationen über hochschuleigene
Besonderheiten und Angebote, z.B. Vertiefungsfächer,
Schnupperstudium oder Studienorientierungstage, ziel-
gruppenspezifisch aufbereitet werden, so dass Studienin-
teressierte bereits vor der Bewerbung oder Einschreibung
über umfassende Informationen über das zukünftige Stu-
dium verfügen. Self-Assessments setzen damit im Studien-
entscheidungsprozess deutlich früher an als Verfahren der
Studierendenauswahl, die unmittelbar vor Studienbeginn
versuchen, geeignete Studienbewerber für zulassungsbe-
grenzte Studiengänge zu identifizieren. Auswahlentschei-
dungen sind nicht nur von der Eignung des jeweiligen Stu-
dienbewerbers sondern auch von den organisatorischen
Rahmenbedingungen (z.B. Anzahl der verfügbaren Studien-
plätze) und gesetzlichen Vorgaben (z.B. quotierte Zulas-
sungsverfahren) abhängig. Im Gegensatz dazu zielen Self-
Assessments auf eine von einer Zulassungsentscheidung
unabhängige Einschätzung der Studieneignung ab und ver-
suchen durch den Aufbau realistischer und die Korrektur
falscher Erwartungen Studieninteressierte zur Selbstselek-
tion anzuregen. Auf diese Weise soll der Anteil geeigneter
Studienbewerber erhöht und somit die Grundlage für ver-
besserte Lehr- und Lernbedingungen an der Hochschule ge-
schaffen werden. Self-Assessments können die Überlastung
zulassungsbeschränkter Fächer dementsprechend nur indi-
rekt beeinflussen und stellen im Kontext der Hochschulzu-
lassung keine Alternative, sondern eine sinnvolle Ergänzung
zu Verfahren der Studierendenauswahl dar. Durch die Ab-
deckung grundsätzlicher Informationsbedürfnisse können
Self-Assessments darüber hinaus Maßnahmen der (Fach-)
Studienberatungen vorbereiten und kanalisieren sowie ent-
lasten. Insbesondere die Ergebnisrückmeldung mit Informa-
tionen über individuelle Stärken und Schwächen können
dabei als Grundlage für persönliche Gespräche genutzt wer-
den und Studieninteressierten und Beratern den Einstieg in
den Entscheidungsprozess erleichtern. Self-Assessments
sollten aufgrund ihrer Möglichkeiten und Grenzen somit als
eine wertvolle Ergänzung der Studienberatung und der Stu-
dierendenauswahl betrachtet werden.
44..
VVeerrsscchhiieeddeennee
AArrtteenn
vvoonn
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
II
n den vergangenen Jahren hat die Zahl der Self-Assess-
ments im deutschsprachigen Raum kontinuierlich zuge-
1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden die männliche
Form benutzt. Gemeint sind stets sowohl männliche als auch weibliche
Personen gleichermaßen.
ZBS 1/2009
4
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
nommen. Mit dieser Entwicklung geht eine Diversifizierung
der Angebote einher, etwa in Bezug auf den Beratungsan-
spruch und die inhaltliche Schwerpunktsetzung. Es sind
zahlreiche Klassifizierungskriterien denkbar, die angewen-
det werden können, um sich einen Überblick über die Viel-
zahl der Angebote zu verschaffen und die verschiedenen
Verfahren einzuordnen. Diese Kriterien können sich sowohl
auf inhaltliche Merkmale (z.B. die Auswahl der Aufgaben-
bereiche) als auch auf organisatorische (z.B. die Relevanz
der Teilnahme für den Bewerbungsprozess) und konkrete
umsetzungstechnische Aspekte (z.B. Umfang und Art des
Medieneinsatzes) beziehen.
Mit Blick auf den gezielten Einsatz der Angebote im Rah-
men der Studienberatung erscheinen zwei Merkmale be-
sonders relevant. Um den Teilnehmern eine Einschätzung
ihrer persönlichen Eignung für ein Studium zu ermöglichen,
werden in Self-Assessments stets Merkmale des Studienin-
teressierten mit Informationen über das Studium in Bezie-
hung gesetzt. Verschiedene Angebote unterscheiden sich
aber in ihrem
Informationsfokus
. Personenzentrierte Ange-
bote versuchen vorrangig, mit Hilfe von psychometrischen
Fragebogen und Testverfahren persönliche Fähigkeiten und
Interessen zu ermitteln und setzen diese in Beziehung zu
den jeweiligen Studienanforderungen. Zentraler Bestandteil
der Ergebnisrückmeldung ist in diesem Fall ein individuelles
Stärken- und Schwächenprofil, das den Teilnehmern eine
angemessene Selbsteinschätzung ermöglichen soll. Entspre-
chende Angebote können daher auch als Selbsttests be-
zeichnet werden. Umweltzentrierte Verfahren streben dem-
gegenüber vorrangig einen Erwartungsabgleich an. Sie ver-
suchen, einen realistischen Einblick in Inhalte und Ziele des
Studiums zu vermitteln und kontrastieren diese mit den
Vermutungen der Self-Assessment-Teilnehmer über das
Studium. Die Ergebnisrückmeldung fokussiert dementspre-
chend auf die Vermittlung eines studienbezogenen Anfor-
derungsprofils und soll falsche Einschätzungen in Bezug auf
das jeweilige Studienfach korrigieren bzw. realistische Er-
wartungen aufbauen. Zusammenfassend vermitteln perso-
nenzentrierte Self-Assessments den Teilnehmern vorrangig
Kenntnisse über die eigenen Fertigkeiten, Fähigkeiten
und/oder Interessen, während umweltzentrierte Verfahren
auf den Auf- und Ausbau von Kenntnissen über das Stu-
dium abzielen. Sie sprechen damit auf unterschiedliche In-
formationsbedürfnisse von Studieninteressierten an (vgl.
Hirschi 2006) und können je nach Problemlage des Ratsu-
chenden einzeln oder kombiniert genutzt werden.
Das zweite Unterscheidungsmerkmal bezieht sich auf die
Spezifität eines Self-Assessments. Allgemeine Angebote
zielen darauf ab, die grundsätzliche Eignung für ein Stu-
dium zu ermitteln. Sie beinhalten z.B. Aufgaben zur allge-
meinen kognitiven Leistungsfähigkeit, Fragen zu grundsätz-
lichen Studieninteressen und/oder vermitteln Informatio-
nen über grundlegende Anforderungen des Studiums. Der-
artige Angebote können Studieninteressierten den Einstieg
in die Studienentscheidungsphase erleichtern und ermögli-
chen den Teilnehmern eine erste Vororientierung auf mög-
liche Studienrichtungen. Mit zunehmender Konkretisierung
des Studienwunsches wächst allerdings der Bedarf an spezi-
fischen Informationen. Viele Self-Assessments beziehen
sich daher auf bestimmte Studienfelder (z.B. Ingenieurwis-
senschaften) oder einzelne Studienfächer (z.B. Maschinen-
bau). Sie erfassen fachspezifische Fähigkeiten (z.B. techni-
sches Verständnis), geben Einblick in konkrete Studienin-
halte (z.B. in Vorlesungsinhalte und typische Forschungs-
themen) und dienen damit der Absicherung eines konkre-
ten Studienwunsches. An einigen Hochschulen werden vor-
rangig Self-Assessments angeboten, die sich auf die Eig-
nung für einen konkreten Studiengang an der jeweiligen
Hochschule beziehen. Derart spezifische Angebote sollen
der Profilbildung dienen und sind vor allem für den spezifi-
schen Erwartungsabgleich hilfreich. Weniger sinnvoll sind
sie als Instrument zur Ermittlung der persönlichen Passung
zum Studium. In Anforderungsanalysen zeigen sich nämlich
in der Regel erhebliche Überschneidungen in den relevan-
ten Eignungsaspekten für inhaltlich verwandte Fächer, die
auch hochschulübergreifend bestehen. Diese Erfahrung
führt dazu, dass für die Auseinandersetzung mit den Eig-
nungsvoraussetzungen in jüngerer Zeit eher studienfeldbe-
zogene Self-Assessments entwickelt und angeboten wer-
den, die es Studieninteressierten ermöglichen, ihre
grundsätzliche Eignung für mehrere engverwandte Studien-
fächer gleichzeitig zu erproben.
Anhand der beiden beschriebenen Unterscheidungskrite-
rien lassen sich vier Grundtypen von Self-Assessments un-
terscheiden, die je nach Bedarfslage des Ratsuchenden in
der Studienberatung genutzt werden können (siehe Abbil-
dung 1). Viele der im Internet verfügbaren Self-Assess-
ments stellen dabei Mischformen der dargestellten Grund-
typen dar. So dient die Kategorisierung lediglich als verein-
fachtes Ordnungsschema und bezieht sich auf die Schwer-
punkte des jeweiligen Angebotes. Tabelle 1 gibt einen
Überblick über einige derzeit im Internet frei zugängliche
Self-Assessments. Grundsätzlich verfolgen alle aufgeführten
Angebote das Ziel, Studieninteressierten entscheidungsre-
levante Informationen zur Verfügung zu stellen und sie da-
durch in die Lage zu versetzten, eine bewusste und ange-
messene Studienentscheidung zu treffen.
Die bisherige Darstellung verdeutlicht, dass es sich bei den
bestehenden Verfahren meist eher um „Insellösungen“ han-
delt, die jeweils für eine relativ eng umgrenzte Gruppe von
Studieninteressierten relevant sind. Die strategischen Ziele,
die Hochschulen mit der Einführung von Self-Assessments
verfolgen, erfordern jedoch in der Regel ein integriertes An-
Abbildung 1: Grundtypen von Self-Assessments
5
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Self-AAssessments
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gebot, das Studieninteressierten in verschiedenen Entschei-
dungsphasen gerecht wird. So kann das Potential von Self-
Assessments für das strategische Bindungsmanagement
letztlich am besten erschlossen werden, wenn möglichst
viele Studieninteressierte frühzeitig von dem Beratungsan-
gebot angesprochen und in der gesamten Phase bis zum
Studienbeginn begleitet werden. Die Selbstselektion der
Teilnehmer und eine damit einhergehende Erhöhung des
Anteils geeigneter Studienbewerber erfordert ein umfas-
sendes Beratungsangebot, das Informationen über alle rele-
vanten Entscheidungsalternativen bietet und
demnach das Fächerspektrum der jeweiligen
Hochschule möglichst umfassend abdeckt. Dem-
entsprechend werden derzeit an verschiedenen
Standorten integrierte Self-Assessment-Konzepte
entwickelt und umgesetzt, die als hochschulstra-
tegisches Instrument zum Einsatz kommen. Diese
Angebote beinhalten sowohl Verfahren, die eine
allgemeine Vororientierung ermöglichen, als auch
spezifische Selbsttests und transportieren neben
Rückmeldungen zu den personenbezogenen Stär-
ken auch die Anforderungen des Studiums.
55..
AAuuffbbaauu
eeiinneess
iinntteeggrriieerrtteenn
SSeellff-AAsssseessssmmeenntt-AAnnggeebboottss
UU
m den Aufbau eines integrierten Self-Assessment-Ange-
bots darzustellen und erste Erfahrungen zu berichten, wird
im Folgenden das Konzept der RWTH Aachen exemplarisch
dargestellt. Das ursprünglich auf wenige Studienfächer be-
schränkte Angebot an Selbsttests soll in den kommenden
Jahren zu einem umfassenden Beratungsangebot ausgebaut
werden. Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich auch im
Land Baden-Württemberg ab, das in einem Kooperations-
projekt der Universitäten Hohenheim und Konstanz den
bestehenden allgemeinen Selbsttest der Universität Hohen-
heim zu einem integrierten Beratungssystem ausbaut. Um
Studieninteressierte während der gesamten Phase der Stu-
dienwahl begleiten zu können, plant die RWTH Aachen ein
zweistufiges Self-Assessment-System (siehe Abbildung 2).
Die erste Stufe bildet dabei ein relativ kurzer (ca. 45-
minütiger) Selbsttest, der der ersten allgemeinen Orientie-
rung dient. Er richtet sich an Studieninteressierte am Be-
Tabelle 1: Überblick über einige frei im Internet zugängliche Self-Assessments
Abbildung 2: Aufbau des zweistufigen Self-Assessment-Angebots
ZBS 1/2009
6
ginn der Entscheidungsphase und soll grundlegen-
de Anforderungen eines Studiums vermitteln sowie
Hinweise auf mögliche Fachrichtung liefern, die für
den jeweiligen Teilnehmer interessant sein können
(Platzierung). Zu diesem Zweck bearbeiten die Teil-
nehmer zunächst einen allgemeinen Selbsttest zu
studienbezogenen Interessen (vgl. Abbildung 1).
Der Fragebogen basiert auf dem gut untersuchten
Interessenmodell von Holland (1997), das den
meisten heutzutage genutzten Interessentests zu
Grunde liegt (z.B. Allgemeiner Interessen-Struktur-
Test; Bergmann/Eder 1992). Im Interessentest
schätzen die Teilnehmer für verschiedene Tätigkei-
ten ein, wie gerne sie diese in ihrem späteren Beruf
ausüben würden. Die Tätigkeiten lassen sich dabei
sechs grundlegenden Interessenbereichen zuord-
nen: technisch-handwerklich, wissenschaftlich-forschend,
künstlerisch-sprachlich, sozial, unternehmerisch und ord-
nend-verwaltend. Auf Grundlage der Antworten wird für
jeden Teilnehmer ein Interessenprofil erstellt, in dem Präfe-
renzen für die einzelnen Bereiche dargestellt werden. Die-
ses Profil wird dann mit den Anforderungen der an der
RWTH angebotenen Studienfächer verglichen, und es wer-
den mögliche Studienrichtungen benannt, die dem ermit-
telten Interessenprofil möglichst nahe kommen. Theoreti-
sche Grundlage dieses Vorgehens bilden empirische Befun-
de, die darauf hindeuten, dass eine gute Übereinstimmung
zwischen dem persönlichen Interessenprofil und dem An-
forderungsprofil des Studienfaches mit einer höheren Zu-
friedenheit und mit einer geringeren Abbruchwahrschein-
lichkeit einhergehen (z.B. Rolf 2001).
Meist werden die für ein Studienfach bedeutsamen Interes-
senbereiche im Rahmen von Befragungen von Mitgliedern
des jeweiligen (Studien-)Feldes z.B. von Studierenden und
Dozenten ermittelt. In der Regel zeigt sich bereits bei Stu-
dieninteressierten mit einem konkreten Fachwunsch eine
deutliche Präferenz für die Interessenbereiche, die von Stu-
dierenden und Dozenten des jeweiligen Faches für relevant
erachtet werden. Abbildung 3 zeigt exemplarisch die Er-
gebnisse einer Befragung von 216 Studieninteressierten
verschiedener Fachbereiche, die im Rahmen der Beratungs-
tage der RWTH Aachen im Januar 2008 den beschriebenen
Interessenfragebogen bearbeiteten.
In der Abbildung 3 sind für jede Studieninteressierten-
Gruppe die Abweichungen des Gruppenmittelwertes der
jeweiligen Interessenskala vom Gesamtmittelwert in Stan-
dardabweichungen dargestellt. Dabei entsprechen Werte
über 0 einer überdurchschnittlichen, Werte unter 0 einer
unterdurchschnittlichen Ausprägung. Aus Abbildung 3 ist
z.B. ersichtlich, dass jede Gruppe deutliche Präferenzen für
einzelne Interessenbereiche aufweist. So berichten Stu-
dieninteressierte naturwissenschaftlicher Fächer Interes-
sensschwerpunkte im wissenschaftlich-forschenden Be-
reich, während Interessierte der Pflegewissenschaften (Me-
dizin, Zahnmedizin, Logopädie) eine Präferenz für soziale
Tätigkeiten äußern. Auch die Unterschiede zwischen den
Gruppen treten deutlich und in statistisch bedeutsamen
Ausmaß hervor (F
(5,210)
>6,31;
p
<0,01 für alle Interessens-
bereiche). So unterscheidet sich z.B. die Gruppe der Perso-
nen, die ein ingenieurwissenschaftliches Fach studieren
wollen, durch ihr überdurchschnittlich ausgeprägtes Inter-
esse an technischen Tätigkeiten von allen übrigen Gruppen
(
p
<0,01 gemäß Scheffé-Test). Entsprechend weisen Studien-
interessierte wirtschaftswissenschaftlicher Fächer im Ver-
gleich mit den übrigen Studieninteressierten ein überdurch-
schnittliches Interesse an ordnend-verwaltenden Tätigkei-
ten auf (
p
<0,01 gemäß Scheffé-Test). Bei allen Gruppen
deckt sich das hier für den Gruppenmittelwert dargestellte
Profil mit den Anforderungen, die von Fachvertretern für
die jeweiligen Studienfelder als relevant erachtet werden.
Die eindeutigen Präferenzen der betrachteten Gruppen be-
deuten aber nicht, dass sich der einzelne Studieninteres-
sierte leicht für ein passendes Studienfach entscheiden
kann. Der Anteil der Befragten, die sich bei den Beratungs-
tagen der RWTH Aachen laut eigenen Angaben ausschließ-
lich für eines der aufgeführten Studienfelder interessierten
und deren Interessenprofile berichtet werden, machten le-
diglich 40% aller Befragungsteilnehmer aus. Von den insge-
samt 543 befragten Studieninteressierten konnten sich 327
Personen (ca. 60%) nicht für ein bestimmtes Studienfeld
entscheiden. Denn selbst wenn das eigene Interessenprofil
bewusst wahrgenommen wird, fehlen in der Regel Informa-
tionen über die Anforderungsprofile der verschiedenen Stu-
dienalternativen. In der Rückmeldung des allgemeinen Self-
Assessments wird daher nicht nur angegeben, welche
Fächer besonders gut mit den berichteten Interessen übe-
reinstimmen. Vielmehr werden sowohl das individuelle In-
teressenprofil als auch die Anforderungsprofile aller ange-
botenen Studienalternativen explizit gemacht und so die
Möglichkeit gegeben, die Passung der eigenen Interessen zu
verschiedenen Studienfächern selber zu überprüfen.
Ergänzend zum Interessentest beinhaltet das allgemeine
Self-Assessment Aufgaben zum Schlussfolgernden Denken
mit sprachlichem Material, Zahlen und Figuren. Diese Auf-
gabenbereiche dienen dazu, die Relevanz bestimmter (mi-
nimaler) Leistungsvoraussetzungen für ein erfolgreiches
Studium hervorzuheben und zu verdeutlichen, dass ein Stu-
dium in jedem Fall ein gewisses Maß an logischem Schluss-
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
Abbildung 3: Interessenprofile verschiedener Studienfelder
2
2
Dargestellt sind die mittleren Skalenwerte der an den aufgeführten Stu-
dienfeldern interessierten Befragungsteilnehmer (Ingenieurwissenschaften
n
=64; Naturwissenschaften
n
=28; Sprach- und Kulturwissenschaften
n
=40; Gesellschaftswissenschaften
n
=31; Pflegewissenschaften
n
=17;
Wirtschaftswissenschaften
n
=36). Die Grafik zeigt die Abweichungen vom
Gesamtmittelwert der jeweiligen Skala in Standardabweichungen. Es wur-
den nur Ergebnisse von Personen aufgenommen, die sich laut eigener An-
gabe für genau eines der aufgeführten Studienfelder interessierten
(N=216).
7
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Self-AAssessments
...
ZBS
folgern verlangt. Einen weiteren Baustein im allgemeinen
Self-Assessment bildet ein „Situational Judgement Test“,
der Studieninteressierten einen Einblick in typische Situa-
tionen des Studienalltags vermitteln soll. Die Aufgabe der
Teilnehmer ist es hierbei, für verschiedene Situationen rund
um die Themen Semesterplanung, Prüfungsvorbereitung
und Studium anzugeben, wie sie sich in den jeweiligen
Szenarien verhalten würden (siehe auch Weekley/Ployhart
2006). Die Ergebnisrückmeldung in diesem Aufgabenteil
basiert auf der Einschätzung von Dozenten bzw. Studieren-
den, die das optimale Vorgehen für die einzelnen Situatio-
nen vorab definiert haben. Während der Interessenfragebo-
gen in erster Linie zur Orientierung auf mögliche Studien-
richtungen dient, haben die Aufgabenbereiche zum schlus-
sfolgernden Denken und zum Studienverhalten eher infor-
mativen Charakter, transportieren grundsätzliche Studi-
enanforderungen und dienen damit dem allgemeinen Er-
wartungsabgleich (vgl. Abbildung 1).
Mit den Self-Assessments der zweiten Stufe im integrierten
Beratungskonzept der RWTH Aachen wird die Frage nach
der individuellen Passung zu bestimmten Studienfeldern in
den Fokus gerückt. Hier geht es verstärkt um die Auseinan-
dersetzung mit den eigenen fachspezifischen Stärken und
Schwächen im Sinne spezifischer Selbsttests (vgl. Abbildung
1). Gemäß den Anforderungen, die in enger Zusammenar-
beit mit den jeweiligen Fachbereichen erarbeitet werden,
können die relevanten Merkmalsbereiche (z.B. mathemati-
sche Fertigkeiten in ingenieurwissenschaftlichen Studien-
fächern) definiert und in fachspezifisch eingekleideten Auf-
gaben (z.B. mathematische Textaufgaben mit technischen
Fragestellungen) umgesetzt werden. Ziel ist es dabei, im
Sinne einer realistischen Vorschau („realistic job preview“;
Wanous 1973), einen Eindruck von den Inhalten und Anfor-
derungen des jeweiligen Studienfeldes zu vermitteln. In die-
sem Sinne bietet es sich an, z.B. Lern- und Unterrichtsmate-
rialien wie Fachtexte und Tabellen aus den jeweiligen Stu-
dienfächern als Grundlage für die Self-Assessment-Aufga-
ben zu nutzen, um den Studienbezug zu erhöhen. Neben
der Auseinandersetzung mit motivationalen Aspekten, etwa
dem Wunsch, das anvisierte Studium aufzunehmen und zu
beenden oder dem Vertrauen in die eigenen stu-
dienrelevanten Fähigkeiten, stehen in diesen Self-Assess-
ments leistungsbezogene Aufgaben deutlich im Vorder-
grund. Aufgrund der Erfahrung, dass verwandte Studien-
fächer ähnliche Eingangsanforderungen an die Studierenden
stellen (z.B. mathematische Fähigkeiten), sollen die spezifi-
schen Self-Assessments der RWTH zukünftig studienfeldbe-
zogen und nicht studiengangbezogen ausgerichtet werden.
Die bestehenden Self-Assessments, die seit 2002 sukzessive
an der RWTH Aachen entwickelt wurden, werden in diesem
Rahmen angepasst, wobei die Beratungsverfahren ähnlicher
Fächer gebündelt und um die Anforderungen verwandter
Studienangebote erweitert werden. Die bestehenden Ange-
bote werden schrittweise um Verfahren für die Studienfel-
der ergänzt, für die bisher keine Self-Assessments angebo-
ten werden, so dass schließlich das gesamte Fächerspek-
trum abgedeckt wird. Die Orientierung an Studienfeldern
kommt zum Einen der Übersichtlichkeit des Beratungsange-
bots aus Sicht der Studieninteressierten zugute, zum Ande-
ren wird eine Scheindiversität im Hinblick auf die Eingangs-
voraussetzungen ähnlicher Studiengänge vermieden.
Um das beschriebene zweistufige Self-Assessment-Konzept
an der Hochschule zu etablieren und bei Studieninteressier-
ten bekannt zu machen, kommt der Darstellung und Kom-
munikation des Angebotes eine wichtige Funktion zu. Über
ein Beratungs- und Informationsportal der Hochschule im
Internet sollen alle Studieninteressierten angesprochen und
je nach Entscheidungssituation und Informationsbedarf auf
die einzelnen Elemente des gestuften Self-Assessment-Sys-
tems bzw. auf flankierende Beratungsangebote (z.B. Veran-
staltungen und Sprechstunden der Zentralen Studienbera-
tung) verwiesen werden. Das Portal soll den einzelnen
Fachbereichen darüber die Möglichkeit bieten, medial auf-
bereitete Informationen über die angebotenen Studien-
fächer zu platzieren, die dem spezifischen Erwartungsab-
gleich gemäß Quadrant 4 in Abbildung 1 dienen. Durch das
integrierte Beratungs- und Informationsangebot soll die
frühzeitige Ansprache von Schülern erleichtert werden, die
bereits mit dem Übergang in die gymnasiale Oberstufe mit
dem allgemeinen Self-Assessment in die Orientierung über
Studienperspektiven einsteigen, sich im weiteren Verlauf
des Entscheidungsprozesses über mögliche Studienalterna-
tiven und persönliche Beratungsangebote informieren und
mit Hilfe der studienfeldspezifischen Selbsttests den kon-
kreten Studienwunsch absichern können.
66..
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
aallss
CChhaannccee
ffüürr
ddiiee
BBeerraattuunngg
SSttuuddiieenniinntteerreessssiieerrtteerr
DD
ie bisherigen Erfahrungen mit dem Einsatz von Self-As-
sessments sind insgesamt positiv zu bewerten und lassen
das zukünftige Potential für die Unterstützung von Studien-
interessierten erkennen. So werden Self-Assessment-Ange-
bote von Studieninteressierten gerne genutzt, um sich über
die eigenen Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Stu-
dienanforderungen und -inhalte zu informieren. Allein die
Self-Assessments des Verbundes Norddeutscher Universitä-
ten (siehe Tabelle 1) verzeichnen täglich etwa 50 Teststarts.
Die hohen Nutzerzahlen deuten darauf hin, dass der Infor-
mationsbedarf der Studieninteressierten hoch und die Be-
reitschaft, auch an einem zeitaufwändigen (bis zu 2 Stun-
den) und durchaus anstrengendem Verfahren teilzunehmen,
gegeben ist. Darüber hinaus berichten die Teilnehmer,
einen spürbaren Nutzen aus der Teilnahme am Self-Assess-
ment zu ziehen. Statistische Analysen geben Hinweise dar-
auf, dass die Unsicherheit bei der Studienentscheidung mit
Hilfe von Self-Assessments deutlich reduziert werden kann.
Dazu wurde z.B. in den erwähnten studienfeldspezifischen
Self-Assessments des Verbundes norddeutscher Universitä-
ten unmittelbar vor und nach der Bearbeitung des Verfah-
rens jeweils die Unsicherheit der Teilnehmer mithilfe einiger
Selbsteinschätzungsitems erfragt und die Einschätzungen zu
den zwei Zeitpunkten einander gegenübergestellt
(
n
=2.748). Dabei ist nach der Bearbeitung des Self-Assess-
ments ein statistisch signifikanter Zuwachs der jeweils be-
richteten Informiertheit (
t
=24,64;
p
<0,01;
d
=0,46) und eine
statistisch bedeutsame Abnahme der jeweils angegebenen
entscheidungsbezogenen Unsicherheit (
t
=-30,24;
p
<0,01;
d
=0,72) nachweisbar (siehe auch Milbradt u.a. 2008).
Self-Assessments ermöglichen es Hochschulen, eine große
Gruppe von potentiellen Studierenden schon frühzeitig im
Entscheidungsprozess zu erreichen und an die Studienent-
8
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
scheidung heranzuführen. Dabei stellen Self-Assessments
einen ergänzenden Baustein zu anderen Angeboten der
Studienorientierung und –beratung dar, durch deren enge
Verzahnung Synergien freigesetzt werden können. So bieten
die Erkenntnisse aus dem Self-Assessment gezielte Unter-
stützung, um Gespräche in der (zentralen oder Fach-) Stu-
dienberatung vorzubereiten und zu konkretisieren. Das per-
sönliche Gespräch wiederum bietet den Raum, z.B. Fragen
zur Interpretation der Self-Assessment-Ergebnisse oder in-
dividuelle Besonderheiten zu diskutieren. Self-Assessments
können über ihre primäre Orientierungsfunktion hinaus als
breit angelegtes Kommunikationsmedium genutzt werden,
um z.B. auf weiterführende Angebote der Hochschule wie
Informationsveranstaltungen und Schnuppertage hinzuwei-
sen. Somit können Self-Assessments jene Bemühungen der
Hochschulen unterstützen, die darauf ausgerichtet sind,
dass zukünftige Studieninteressierte sich bewusst für ein
Studienfach entscheiden und mit realistischen Erwartungen
und einem angemessenen Selbstbild in das Studium starten.
Dies erfordert jedoch eine enge Abstimmung mit allen an
der Beratung und Betreuung von Studieninteressierten be-
teiligten Hochschuleinrichtungen, die bei gezielter Nutzung
ihrerseits Unterstützung durch die Self-Assessments in ihrer
alltäglichen Arbeit erfahren können.
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Verena
Heukamp,
Dipl.-Psych., Wissenschaftli-
che Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Betriebs- und Or-
ganisationspsychologie, RWTH Aachen,
E-Mail: verena.heukamp@psych.rwth-aachen.de
Daniel
Putz,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Lehrstuhl für Betriebs- und Organisationspsycholo-
gie, RWTH Aachen,
E-Mail: Daniel.Putz@psych.rwth-aachen.de
Annika
Milbradt,
Wissenschaftliche Mitarbeite-
rin, Lehrstuhl für Betriebs- und Organisationspsy-
chologie, RWTH Aachen,
E-Mail: annika.milbradt@psych.rwth-aachen.de
Dr.
Lutz
F.
Hornke,
Professor für Betriebs- und
Organisationspsychologie, RWTH Aachen,
E-Mail: Hornke@psych.rwth-aachen.de
Reihe
Motivierendes
Lehren
und
Lernen
in
Hochschulen:
Praxisanregungen
Karin
Reiber:
Forschendes
Lernen
in
schulpraktischen
Studien
-
Methodensammlung
Ein
Modell
für
personenbezogene
berufliche
Fachrichtungen
ISBN 3-937026-54-1, Bielefeld 2008, 60 Seiten, 9.95 Euro
In kaum einem Zusammenhang wird das Theorie-Praxis-Verhältnis
so nachdrücklich postuliert wie für die Lehrerbildung.
Da jedoch Praxisphasen während des Studiums nicht zwangsläufig
zum Aufbau berufswissenschaftlicher Kompetenzen beitragen, ist
die enge Verzahnung von schulpraktischen Studien mit den bil-
dungswissenschaftlichen Anteilen des Studiums erforderlich.
Diese Methodensammlung ermöglicht einen forschenden und refle-
xiven Zugang zur berufspädagogischen Bildungspraxis.
Die hier versammelten Methoden erschließen Schul- und Ausbil-
dungswirklichkeit auf der Basis wissenschaftlicher Leitfragen, die
sich aus dem bildungswissenschaftlichen Studium an der Hochschu-
le ableiten.
Auf der Basis dieser Methodensammlung können Studierende per-
sonenorientierter beruflicher Fachrichtungen schulpraktische Studi-
en theoriegestützt als Praxisforschung vorbereiten, durchführen und
auswerten.
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
9
ZBS 1/2009
B.
Hell,
K.
Päßler
&
Heinz
Schuler
„was-sstudiere-iich.de“-
Konzept,
Nutzen
und
...
ZBS
Dieser
Beitrag
informiert
über
den
Selbsttest
zur
Studien-
orientierung
was-sstudiere-iich.de.
Es
handelt
sich
hierbei
um
einen
für
die
Anwender
11
kostenlosen
Orientierungstest,
der
in
den
letzten
zweieinhalb
Jahren
von
über
360.000
Ratsuche
nden
bearbeitet
wurde
und
damit
das
verbreitet-
ste
universitäre
Self-AAssessment
darstellt.
Dieser
Test
kann
von
den
Ratsuchenden
selbstständig
bearbeitet,
in
der
schulischen
Berufs-
und
Studienorientierung
oder
auch
flankierend
im
Rahmen
von
Studienberatungen
eingesetzt
werden.
Auf
den
folgenden
Seiten
werden
wir
die
wichtig-
sten
Fakten
hinsichtlich
der
Zielsetzung,
der
Breite
des
er-
fassten
Merkmalsbereichs,
der
Bewertung
des
Tests
durch
die
Nutzer
und
der
Aussagekraft
für
die
berufliche
Zufrie-
denheit
berichten.
11..
ZZiieellsseettzzuunngg
ddeess
TTeessttss
DD
er ursprünglich in Hohenheim entwickelte und nun in Ko-
operation der Universitäten Konstanz und Hohenheim wei-
tergeführte Test was-studiere-ich.de ist ein Selbsteinschät-
zungsverfahren, mit dem studien- und berufsrelevante In-
teressen und Vorlieben systematisch erfasst werden. Der
Test bietet Unentschlossenen Unterstützung und Hilfestel-
lung in der Frage, welche Studienfächer zu ihren persönli-
chen Interessen passen. Hierbei liegt der Schwerpunkt dar-
auf, den Ratsuchenden
neue Anregungen
zu bieten, anstatt
die eine „richtige“ Lösung zu finden. Hintergrund war die
Überlegung, dass viele Ratsuchende nicht systematisch
nach einem passenden Werdegang suchen, sondern dass
die Festlegung auf ein Studienfach häufig durch zufällig vor-
liegende Informationen bestimmt wird (vgl. Gottfredson
2005). Es werden Informationen über Berufe und Stu-
diengänge eher unsystematisch durch Eltern, Verwandte,
Lehrer oder die Peers an die Studieninteressierten herange-
tragen. So entstehen einzelne „Wissensinseln“, deren Lage
und Ausrichtung sehr stark durch das individuelle Umfeld
des Studieninteressierten geprägt sind. Ein standardisierter
Test wie was-studiere-ich.de hingegen bietet einen von sol-
chen Verzerrungen unbeeinflussten systematischen Ab-
gleich der Personenprofile mit den dem Test hinterlegten
Studiengangs- und Berufsprofilen.
Da der Test im Internet frei zugänglich ist und meist ohne
professionelle Begleitung bearbeitet wird, wurde bei der
Testkonstruktion besonderer Wert auf eine
zielgruppenge-
rechte Erfassung relevanter Merkmale
und auf eine für
Schüler bzw. Schulabgänger
verständliche Rückmeldung
gelegt. Die Formulierungen der Rückmeldetexte wurden
mehrfach mit Schulklassen diskutiert, wodurch die Ver-
ständlichkeit nach und nach optimiert werden konnte.
22..
MMeerrkkmmaallssbbeerreeiicchhee
DD
er Test ermittelt in seiner jetzigen Fassung sechs generel-
le Interessenfelder, die in dieser Form erstmals von John
Holland (1973, 1985, 1997) benannt und in der Berufsbe-
ratung benutzt wurden. Sein prominentes und in der beruf-
lichen Interessenforschung seit mehreren Jahrzenten domi-
nierendes, empirisch solide abgesichertes Interessenstruk-
turmodell nimmt an, dass sich die sechs Interessenfelder
praktisch-technische Interessen („realistic“), wissenschaftli-
che Interessen („investigative“), künstlerisch-sprachliche In-
teressen („artistic“), soziale Interessen („social“); unterneh-
merische Interessen („enterprising“) und ordnend-verwal-
tende Interessen („conventional“) in Form eines Sechsecks
anordnen lassen (vgl. Abbildung 1).
Nach Holland können sowohl Personen als auch Berufe an-
hand dieser Systematik effizient und hinreichend genau
charakterisiert werden, indem bei den Personen die drei
dominierenden Interessenfelder und bei den Berufen die
drei einschlägigsten Interessenanforderungen bestimmt
werden (Anfangsbuchstaben der Interessenfelder: R, I, A, S,
E oder C). So zeigt der Personen-Code CEI an, dass sich die
Person für die Interessenfelder ordnend-verwaltend, unter-
nehmerisch und forschend interessiert. Genau so können
Berufe beschrieben werden: Der Drei-Buchstaben-Code
RIC beispielsweise definiert die drei für den Beruf des Inge-
nieurs relevanten Interessenfelder. Über den Abgleich der
BBeenneeddiikktt
HHeellll,,
KKaattjjaa
PPääßßlleerr
&&
HHeeiinnzz
SScchhuulleerr
„was-sstudiere-iich.de“
-
Konzept,
Nutzen
und
Anwendungsmöglichkeiten
Heinz Schuler
Benedikt Hell Katja Päßler
1
Selbstverständlich sind auch die AnwenderINNEN gemeint. Hier und im
Folgenden verzichten wir zugunsten einer besseren Lesbarkeit auf die ex-
plizite Nennung beider Geschlechter.
10
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
In seiner endgültigen Fassung wird was-studiere-ich.de
neben den berufsbezogenen Interessen auch den Bereich
der
kognitiven Fähigkeiten
berücksichtigen. Hierbei wird
auf das sogenannte Berliner Intelligenz-Struktur-Modell
zurückgegriffen (Jäger 1984). Dieses Intelligenzmodell ist in
der Lage, verschiedene konkurrierende Modelle der kogni-
tiven Leistungsfähigkeit zu integrieren und bietet eine für
Orientierungszwecke wichtige Unterscheidung zwischen
verschiedenen inhaltlichen Faktoren (s. Abschnitt Weiter-
entwicklung).
33..
VVoomm
PPeerrssoonneennpprrooffiill
zzuumm
SSttuuddiieennggaanngg
EE
ine besondere Schwierigkeit bei der Konstruktion eines
fächerübergreifenden Tests besteht darin, die Heterogenität
der Anforderungen
zwischen
verschiedenen Studienfächern
als auch die Heterogenität der Anforderungen
innerhalb
eines Fachs angemessen abzubilden. Nehmen wir das Fach
Psychologie als Beispiel. Innerhalb der Psychologie werden
die unterschiedlichsten Schwerpunkte angeboten, die zu
unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern führen: Ein klinischer
Interessenfelder
von
was-sstudiere-iich.de
Technische
Interessenrichtung
Personen mit dieser Interessenausrichtung ziehen die Be-
schäftigung mit Maschinen, Geräten und Werkzeugen der
Beschäftigung mit Menschen vor. Ihre Interessen beziehen
sich häufig auf einen klar umgrenzten Bereich aus dem
technischen, mechanischen oder elektrotechnischen Um-
feld. Personen dieser Interessenausrichtung bevorzugen
praktische Tätigkeiten, die zu konkreten Ergebnissen
führen. Mit dieser Interessenausrichtung geht häufig eine
hohe emotionale Stabilität und Selbstdisziplin sowie ein
solides Selbstvertrauen einher.
Forschende
Interessenric
htung
Eine forschende Ausrichtung ist durch Freude an der syste-
matischen Entdeckung und Untersuchung von naturwis-
senschaftlichen oder kulturellen Phänomenen und deren
Zusammenhängen zu anderen Befunden gekennzeichnet.
Menschen mit dieser Neigung haben oft breite Interessen
und suchen herausfordernde Probleme, um sie durch sorg-
fältiges Analysieren zu verstehen und zu lösen.
Musisch-ssprachliche
Interessenrichtung
Eine musisch-sprachliche Interessenausrichtung haben
Personen, die mehrdeutige und offene Situationen bevor-
zugen, in denen sie ihre Ideen sprachlich kreativ oder
künstlerisch zum Ausdruck bringen können. Inhaltlich in-
teressieren sich diese Personen überwiegend für Themen
aus den Bereichen Sprache, Musik, bildende Kunst und
Schauspiel. Sie haben einen Sinn für Ästhetik, sind oft aus-
drucksstark und unkonventionell sowie offen für neue
Ideen oder Tätigkeiten.
Soziale
Interessenrichtung
Personen mit einer sozialen Interessenausrichtung streben
nach Tätigkeiten, bei denen der Kontakt mit anderen
Menschen im Vordergrund steht. Sie bevorzugen Situatio-
nen, in denen sie anderen Menschen helfen, sie beraten,
unterrichten, trainieren, behandeln oder pflegen können.
Sie beschäftigen sich lieber mit Menschen als mit Gegen-
ständen, Theorien oder Daten. Personen dieser Ausrich-
tung sind oft hilfsbereit, entgegenkommend, kontaktfreu-
dig und verständnisvoll.
Unternehmerische
Interesse
nrichtung
Eine unternehmerische Interessenausrichtung haben Per-
sonen, die gerne andere Menschen beeinflussen, überzeu-
gen oder führen. Sie sind oft geschäftstüchtig und Erfolg ist
ihnen wichtig. Menschen mit diesen Präferenzen sind häu-
fig selbstbewusst, durchsetzungsstark, ehrgeizig und be-
reit, Verantwortung zu übernehmen.
Systematisierende
Interessenrichtung
Personen mit einer systematisierenden Interessenausrich-
tung bevorzugen ordnende, verwaltende, kalkulatorische
und strukturierende Tätigkeiten. Sie ziehen die Verarbei-
tung und Organisation von konkreten Daten der Beschäfti-
gung mit abstrakten Theorien vor. Sorgfältige Planung ist
ihnen wichtig. Personen mit dieser Interessenausrichtung
sind oft ausdauernd, ordnungsliebend, pflichtbewusst, ge-
wissenhaft, selbstdiszipliniert und emotional stabil.
Abbildung 1: Die Struktur beruflicher Interessen und beruf-
licher Umwelten nach Holland
R = praktisch-technische Interessen/Umwelten (realistic);
I = wissenschaftliche Interessen/Umwelten (investigative);
A = künstlerisch-sprachliche Interessen/Umwelten (artistic);
S = soziale Interessen/Umwelten (social);
E = unternehmerische Interessen/Umwelten (enterprising);
C = ordnend-verwaltende Interessen/Umwelten (conventional).
Personen- und Berufs-Codes werden passende Berufe und
im zweiten Schritt passende Studiengänge ermittelt.
Für was-studiere-ich.de wurde das Hollandsche Interessen-
modell auf den Hochschulkontext übertragen, indem die
Fragen des Tests auf anspruchsvolle, dem Hochschulniveau
entsprechende Tätigkeiten abzielen und indem die Interes-
senfelddefinitionen angepasst wurden. Der folgende Kasten
bietet eine Übersicht über die Interessenfelder. Es ist zu er-
kennen, dass die handwerklich-praktischen Aspekte der
Hollandschen R-Dimension (praktisch-technische Interes-
senrichtung) entfallen sind und dieses Interessenfeld auf
den technischen Bereich verdichtet wurde. Die ordnend-
verwaltende Interessenrichtung wird, bedingt durch die Ni-
veauanpassung, nun exakter durch die Bezeichnung syste-
matisierende Interessenrichtung repräsentiert.
ZBS 1/2009
11
B.
Hell,
K.
Päßler
&
Heinz
Schuler
„was-sstudiere-iich.de“-
Konzept,
Nutzen
und
...
ZBS
Psychologe muss ganz andere Interessen mitbringen als ein
Arbeits- und Organisationspsychologe. Letzterer ist von sei-
nem Anforderungsprofil betriebswirtschaftlichen Berufen
sogar ähnlicher als dem klinischen Psychologen. Es wäre
also eine nicht zulässige Vereinfachung, wenn man nur
ein
Anforderungsprofil für das Fach Psychologie entwirft.
Für den Test was-studiere-ich.de wurde eine neuartige Lö-
sung des skizzierten Problems entwickelt: Statt auf homo-
gene Studiengangsprofile zu setzen, bietet der Test die
Möglichkeit, für jeden Studiengang unterschiedliche Profile
zu hinterlegen. Hierzu werden jedem Studiengang die ein-
schlägigsten Berufe mit ihren Berufsprofilen zugewiesen.
Der Orientierungstest ermittelt also in einem
ersten Schritt
die für einen Testteilnehmer passenden
Berufe
und zeigt
daraufhin die
den Berufen zugeordneten Studiengänge
.
44..
MMiisssstt
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WW
ie bereits erwähnt, wurden die Hollandschen Interessen-
felder so modifiziert, dass sie speziell für den Hochschul-
kontext passen. Gleichwohl sollten die Interessenfelder des
Tests die von Holland gefundene kreisförmige Struktur wi-
derspiegeln (vgl. Abbildung 1).
Zur Überprüfung der Modellannahmen wurde mit den
Daten einer Stichprobe von 30 000 Proban-
den eine Multidimensionale Skalierung be-
rechnet. Dieses Verfahren verortet die Tester-
gebnisse im zweidimensionalen Raum und
zeigt so die Nähe oder Distanz der Skalen zu-
einander an. Aufgrund der ebenfalls zweidi-
mensionalen Struktur des Modells berufsbe-
zogener Interessen von Holland lassen sich
die theoretischen Annahmen mit diesem Ver-
fahren besonders gut überprüfen. Abbildung
2 zeigt die Verteilung der Skalenwerte auf
zwei Dimensionen.
Die von Holland postulierte Struktur ist sehr
gut nachzuvollziehen. Die Interessenfelder
sind nicht nur kreisförmig angeordnet, son-
dern es stimmt auch die Reihenfolge auf dem
Kreisbogen mit den Modellannahmen übe-
rein. Darüber hinaus lassen sich zwei Hauptachsen interpre-
tieren: Die waagerechte Achse reicht vom Pol
Interesse für
Dinge
(R) zum Pol
Interesse für Menschen
(S), die senkrech-
te Achse wird durch die beiden Polen
Interesse für Daten
(C, E) vs.
Interesse für Ideen
(I, A) aufgespannt. Diese Er-
gebnisse stimmen mit den Erkenntnissen von Prediger
(1982) überein, der genau diese beiden Achsen als dem
Hollandschen Modell zugrundeliegende Basisdimensionen
erkannte.
Eine Faktorenanalyse des Tests, auf die hier aus Platzgründen
nicht intensiver eingegangen werden kann, ergab sechs Fak-
toren, die jeweils die Interessenfelder des Hollandschen Mo-
dells repräsentieren (vgl. Trapmann/Hell/Schuler 2008). Die
durchgeführten Skalenanalysen ergaben sehr gute interne
Konsistenzen (Cronbachs Alpha). Sowohl die Multidimen-
sionale Skalierung als auch die Faktorenanalyse zeigen, dass
der Test was-studiere-ich.de, wie intendiert, das Holland-
sche Interessenmodell abbildet. Der Test misst, „was er mes-
sen soll“, er weist eine hohe Konstruktvalidität aus.
55..
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ZZiieellggrruuppppee
aannggeennoommmmeenn??
DD
er Orientierungstest wurde in der Zeit vom 110.2006 bis
zum 1.2.2009 über 367.000 Mal komplett absolviert. Bei
dieser Zahl handelt es sich
nicht
um sogenannte „Page Im-
pressions“, also Seitenaufrufe, sondern um vollständige Be-
arbeitungen des Tests.
Die Abbildung 3 gibt einen guten Eindruck, wie sich die
Testbearbeitungen im Verlauf des angesprochenen Zeit-
raums entwickelten. Einzelne Spitzen fallen besonders ins
Auge: Sie entstanden immer dann, wenn Medien mit einer
größeren Reichweite (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Spie-
gel-Online) über den Test berichteten. Die mit Abstand
größten Auswirkungen hatten Berichte in SWR3 (Hörfunk)
und auf tagesschau.de (Internet).
Bearbeiteten im Jahr 2007 noch 117.227 Personen den
Test, stieg die Zahl im darauf folgenden Jahr auf 181.642
Personen. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 haben in der Bun-
desrepublik Deutschland ca. 260.000 Schüler die allgemei-
ne Hochschulreife erworben (Quelle: Statistisches Bundes-
amt). Bereits in Abbildung 3 ist ein Anstieg der Nutzerzah-
Abbildung 2: Ergebnisse einer multidimensionalen Skalie-
rung, was-studiere-ich.de
Abbildung 3: Vollständig bearbeitete Tests pro Tag in der Zeit vom
1.10.2006 bis zum 1.2.2008
12
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
len deutlich zu erkennen. Noch offensichtlicher wird die zu-
nehmende Verbreitung des Tests, wenn die Nutzerzahlen
wie in Abbildung 4 zu durchschnittlichen Werten verdichtet
werden.
Es ist gut zu erkennen, wie die Zahl täglich durchgeführter
Tests seit Oktober 2006 – mit den nachvollziehbaren Ab-
weichungen (Medienberichte s.o.) – kontinuierlich steigt.
Dieses Phänomen ist umso bemerkenswerter, wenn man
sich vor Augen führt, dass für den Test keine größeren Wer-
bebudgets zur Verfügung standen. Zwar wurden in der An-
fangszeit Werbeplakate und Postkarten versendet, aber seit
Ende 2007 wurde hierauf verzichtet. Die steigenden Zahlen
sind also Resultat der sich gegenseitig verstärkenden Phä-
nomene a) Medienberichte, b) Vernetzung – im wahrsten
Sinne des Wortes – durch Verweise im Internet
und c) persönliche Empfehlungen. Diese Hypo-
these ließ sich im Rahmen einer Nachbefragung
erhärten, deren Ergebnisse im folgenden Ab-
schnitt berichtet werden.
66..
WWiiee
zzuuffrriieeddeenn
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NNuuttzzeerr??
II
m Frühjahr 2008 wurde eine Nachbefragung
mit denjenigen Testteilnehmern durchgeführt,
die ihre E-Mail-Adresse für diesen Zweck zur
Verfügung gestellt hatten. Ziel war es, die Nut-
zerfreundlichkeit des Tests, die Verständlichkeit
der Rückmeldung und den Nutzen des Verfah-
rens für die Studienwahl zu erfragen. Zum Zeit-
punkt der Befragung lagen 43.035 E-Mail-
Adressen vor. Diese Personen wurden kontak-
tiert. Dabei stellte sich heraus, dass ein größerer
Teil der E-Mail-Adressen entweder nicht (mehr)
gültig war oder die E-Mail aus anderen Gründen
nicht zugestellt werden konnte (Speicherplatz-
probleme o.ä.). Dennoch beantworteten im-
merhin 2.320 Personen den umfangreichen Fra-
gebogen. Die Stichprobe setzt sich aus 1.542
weiblichen und 775 männlichen Befragten zu-
sammen. Von 3 Personen wurde die Frage nach
dem Geschlecht nicht beantwortet. Das
Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei
20,2 Jahren (SD = 5,1).
Die größte Gruppe (25,3%) der Befragten ist
über eine Suchanfrage bei einer Suchmaschi-
ne auf den Test aufmerksam geworden, 21,6
% wurden durch Familie, Freunde oder Be-
kannte auf den Test hingewiesen, 20,4%
folgten einem Link von einer anderen Inter-
netseite, 15,8 % erfuhren über einen Presse-
beitrag von dem Verfahren (Mehrfachnen-
nungen waren möglich). Bemerkenswert sind
die Vielfalt der Zugangswege und die ver-
gleichsweise große Bedeutung von Verwei-
sen abseits von Pressebeiträgen und Werbe-
maßnahmen.
Die Teilnehmer bewerten die grafische Ge-
staltung (durchschnittliche Schulnote: 2,3),
die Benutzerfreundlichkeit (1,8) und die
Länge des Tests (2,1) positiv. Ob der Test eher
verlängert oder eher verkürzt werden sollte - darüber sind
sich die Befragungsteilnehmer nicht einig, denn 319 Perso-
nen fanden den Test zu kurz, 358 zu lang und 1.016 „genau
richtig lang“ (627 machten hier keine Angabe). Auch der
bei der Testentwicklung besonders beachtete Aspekt der
Verständlichkeit der Rückmeldung wird von den Befragten
mit einer Durchschnittsnote von 1,8 positiv bewertet.
Es wurde eingangs bereits erwähnt, dass der Test das Ziel
verfolgt, den Ratsuchenden Anregungen für die weitere
Studienwahl zu geben und dazu dienen soll, auf Perspekti-
ven hinzuweisen, die vorher nicht unbedingt bedacht wur-
den. Daher haben wir danach gefragt, ob der Test Studien-
fächer empfohlen hat, die neu und gleichzeitig passend
waren (vgl. Abbildung 5, obere Grafik). Bei 42,2% der Be-
Abbildung 4: Durchschnittliche Anzahl vollständig bearbeiteter Tests pro Tag
(Zeitraum Oktober 2006 bis Februar 2008)
Abbildung 5: Nachbefragungsergebnisse
13
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B.
Hell,
K.
Päßler
&
Heinz
Schuler
„was-sstudiere-iich.de“-
Konzept,
Nutzen
und
...
ZBS
fragten führte der Test zu solchen Empfehlungen, bot also
eine sinnvolle Anregung.
Weiterhin waren wir an einer Gesamtbewertung des Tests
interessiert. Zu diesem Zweck wurde gefragt, ob die Pro-
banden den Test weiterempfehlen würden. 89,6% stimm-
ten zu, 10,4% würden den Test nicht weiterempfehlen. An-
gesichts der sehr heterogenen Bedürfnisse der Ratsuchen-
den, die kaum durch einen einzigen Test ganz befriedigt
werden können, handelt es sich bei einer Weiterempfeh-
lungsquote von 90% nach unserer Einschätzung um einen
sehr hohen Wert.
Abschließend haben wir in der Nachbefragung eine erste
Validierung des Tests an Außenkriterien vorgenommen. Zu
diesem Zweck wurden die Probanden, die zum Zeitpunkt
der Befragung einen Beruf ausübten, darum gebeten, die
Zufriedenheit mit dem ausgeübten Beruf einzuschätzen.
Außerdem wurde danach gefragt, ob der Test den Beruf
empfohlen hat oder nicht. 104 Personen gaben an, dass sie
einen Beruf ausüben, und taxierten die eigene berufliche
Zufriedenheit nach dem Schulnotensystem auf 2,5. War der
Beruf vom Test empfohlen worden, lag die Zufriedenheit im
Mittel bei 1,9; war der Beruf nicht empfohlen worden, so
lag sie bei 2,8. Dieser Mittelwertunterschied ist statistisch
hoch signifikant und belegt die Aussagekraft des Tests für
das Kriterium berufliche Zufriedenheit.
77..
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SSeellbbsstttteessttss
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ddeenn
PPrroozzeessss
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SSttuuddiieennoorriieennttiieerruunngg
DD
er Orientierungstest kann auf unterschiedliche Weise in
den Prozess der Studien- und Berufsorientierung eingebun-
den werden. Untergliedert man den Entscheidungsprozess
in einzelne Phasen (vgl. Tabelle 1), werden die Ansatzpunk-
te ersichtlich. Oftmals wird was-studiere-ich.de von Pro-
banden spielerisch ausprobiert („mal schauen, was heraus-
kommt“). Diese Personen wollen sich eigentlich noch gar
nicht intensiv und planmäßig mit ihrer eigenen Studien-
und Berufswahl auseinandersetzen, werden aber durch den
spielerischen Zugang dazu angeregt. Speziell für diese Ziel-
gruppe kann der Test in Phase 1 einen ersten Anstoß zur
Auseinandersetzung mit der Thematik darstellen. Den Pro-
banden werden viele für sie neuartige Vorschläge geliefert,
die das Interesse für mögliche Ausbildungs- und Berufs-
möglichkeiten wecken.
In der sich anschließenden Phase 2 liefert der Test Informa-
tionen über die eigenen Interessen und Fähigkeiten, stellt
weitergehende Informationen zu Studien- und Berufsmög-
lichkeiten durch eine gründliche Vernetzung mit Online-
Datenbanken und anderen Beratungsangeboten zur Verfü-
gung (Phase 3) und vergleicht das Personenprofil mit den
hinterlegten Studiengangs- und Berufsprofilen (Phase 4).
Der Orientierungstest kann also vor allem in den frühen
Phasen der Entscheidungsfindung Hilfestellung leisten.
Mit unterschiedlichem Erfolg wurde in den letzten Jahren
versucht, den Prozess der Studien- und Berufswahl in die
Schulcurricula zu integrieren. Durch Informationsveranstal-
tungen, Projekttage, Berufspraktika, Seminare, Workshops
und andere Angebote wird das Thema Studien- und Berufs-
wahl in den Alltag von Schülern und Schülerinnen transpor-
tiert. Berufsorientierungsveranstaltungen in Schulen dienen
dazu, Schülern das breite Spektrum an möglichen Berufsfel-
dern aufzuzeigen, und haben auch zum Ziel, Schüler mit
den eigenen Fähigkeiten und Interessen vertraut zu ma-
chen. Für beide Zielsetzungen bietet was-studiere-ich.de
Unterstützung.
Der schulische Berufsorientierungsprozess beginnt übli-
cherweise in den Klassen 9 und 10. Dieser Zeitrahmen bie-
tet sich auch für einen ersten Einsatz des Selbsttests zur
Studienorientierung an. In seiner endgültigen Fassung gibt
das Verfahren den Testteilnehmern Rückmeldungen über
individuelle Fähigkeiten und Interessen. Es erlaubt durch
zahlreiche Verlinkungen zu anderen Quellen zum Thema
Berufs- und Studienwahl eine differenzierte Auseinander-
setzung mit dem Thema Berufsorientierung. Durch den Test
empfohlene Berufsfelder können im Anschluss im Rahmen
von Praktika oder Orientierungsveranstaltungen weiter ex-
ploriert werden. Aus dem Orientierungsverfahren gewon-
nene Informationen über individuelle Stärken und Neigun-
gen können zu diesem Zeitpunkt auch für die Kurswahl in
der Sekundarstufe II genutzt werden.
Des Weiteren wird empfohlen, den Orientierungstest
nochmals in den Klassen 11 oder 12 zu absolvieren. Beson-
ders der Bereich der beruflichen Interessen unterliegt Ver-
änderungen und stabilisiert sich erst im Laufe der Adoles-
zenz (Low/Yoon/Roberts/Round 2005). Erfah-
rungen aus ersten Berufspraktika sowie die zu-
nehmende Auseinandersetzung mit der eigenen
Person und den individuellen Zielen spiegeln
sich u.a. in differenzierteren beruflichen Interes-
sen wider.
Ein weiteres Einsatzfeld für den Selbsttest zur
Studienorientierung stellen Beratungsgespräche
an Hochschulen oder durch die Bundesagentur
für Arbeit dar. Denkbar ist die Testteilnahme als
Vorbereitung auf das Gespräch mit dem Berater,
um eine erste Idee bezüglich möglicher Stu-
diengänge und Berufsvorstellungen zu erarbei-
ten, oder aber auch im Anschluss an ein erstes
Beratungsgespräch, um zu überprüfen, ob indi-
viduelle Interessen und Fähigkeiten den Anfor-
derungen des Berufs oder Studiengangs ent-
sprechen, bzw. welche Alternativen für den Ein-
zelnen zusätzlich in Frage kommen. Auch für die
Tabelle 1: Entscheidungsmodell in Anlehnung an Germeijs und Verschue-
ren (2006) sowie Hirschi und Läge (2007)
14
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
Neuorientierung von Studierenden z.B. im Rahmen einer
Beratung von Studienabbrechern kann das Orientierungs-
verfahren als Hilfsmittel herangezogen werden.
99..
VVeerrnneettzzuunngg
mmiitt
aannddeerreenn
BBeerraattuunnggssaannggeebbootteenn
II
n der Realität verläuft der Entscheidungsprozess für oder
gegen einen Beruf nicht linear, sondern wird von Zufällig-
keiten und unvorhersehbaren Entwicklungen bestimmt.
Wir halten daher schematische, idealtypische Informations-
und Beratungsabläufe zwar für im Prinzip wünschenswert,
aber sie werden in der Praxis selten anzutreffen sein. Nach
unserer Einschätzung ist es für ein funktionierendes System
wesentlich, dass die einzelnen Instanzen so gut wie möglich
miteinander vernetzt sind.
Erklärtes Ziel des Selbsttests ist die enge Vernetzung mit
Beratungs- und Informationsangeboten anderer Anbieter
und Träger. Derzeit werden die durch den Test rückgemel-
deten Berufe direkt mit der Berufsdatenbank BERUFENET
der Bundesagentur für Arbeit verlinkt. Weiterhin werden
der Hochschulkompass (HRK), Adressen mit weiterführen-
den Beratungsangeboten, Informationsseiten zu Hoch-
schulrankings und viele weitere für die Studienentschei-
dung relevante Informationen aufgeführt. Da wir den Test
als offene Plattform verstehen, werden wir auch gezielt auf
fachspezifische Selbsttests verlinken.
Wie bereits angesprochen, kann der Test individuell zeitlich
und methodisch in ein persönliches Beratungsgespräch im
Rahmen der (Fach-) Studienberatung durch Hochschulen
integriert werden. Speziell für Berater haben wir eine eige-
ne Berateransicht programmiert. Unter der Adresse
www.was-studiere-ich.de/profilblatt.php können Berater
detaillierte Informationen zum Profil des Ratsuchenden ab-
rufen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Ratsuchende
dem Berater vor, während oder nach dem Gespräch seine
Kennnummer („ID“) mitteilt. Erste Trainings mit Studienbe-
ratern zur Anwendung des Tests und speziell der Berateran-
sicht wurden bereits durchgeführt. Derzeit ist ein Schu-
lungskonzept für Beratungslehrer an Schulen in Planung,
das die Lehrkräfte mit den theoretischen Hintergründen des
Orientierungsverfahrens vertraut machen soll. Weiterhin
werden Anregungen gegeben, wie sich der Selbsttest zur
Studienorientierung zielführend im Rahmen der Berufsbe-
ratung an Schulen integrieren lässt.
1100..
WWeeiitteerreennttwwiicckklluunngg
vvoonn
wwaass-ssttuuddiieerree-iicchh..ddee
DD
er Test was-studiere-ich.de wurde ursprünglich an der
Universität Hohenheim von Benedikt Hell und Heinz Schu-
ler unter Mitarbeit mehrerer Doktoranden und Diploman-
den entwickelt. Inzwischen wird das Instrument – unter-
stützt durch das baden-württembergische Wissenschafts-
ministerium – in Kooperation der Universitäten Konstanz
und Hohenheim zu einem Verfahren weiterentwickelt, das
allen baden-württembergischen Universitäten und Fach-
hochschulen offen steht. Ein entsprechendes Angebot an
die Landeshochschulen führte zu einer überwältigenden
Resonanz: Alle 9 Landesuniversitäten, 4 der 6 Pädagogi-
schen Hochschulen und 22 der 25 Fachhochschulen Baden-
Württembergs beteiligen sich an der Weiterentwicklung zu
einem landesweiten Orientierungstest.
Erfreulicherweise wirken die Hochschulen aktiv und sehr
engagiert an der Weiterentwicklung des Tests mit. Bis März
2009 haben sich 579 Fachexperten, meist Professoren und/
oder Fachstudienberater, an der Beschreibung ihrer Stu-
diengänge und der zugehörigen Berufe beteiligt. Auf diese
Weise wurden bereits 1.241 Berufe durch 9.327 Einzelein-
schätzungen charakterisiert.
Wie bereits angesprochen, wird der Test auch inhaltlich er-
weitert, indem er in Zukunft auch den Bereich der kogniti-
ven Fähigkeiten abdecken wird. Als Rahmenmodell für die-
sen Merkmalsbereich wird das Berliner Intelligenz-Struktur-
Modell dienen (Jäger 1984). Es gilt in der deutschen Psy-
chologie als Konsensmodell und ist in der Lage, andere In-
telligenzauffassungen zu integrieren. Angesichts der be-
grenzten Durchführungszeit werden wir die drei Hauptfa-
cetten des Modells, die Fähigkeiten im numerischen Be-
reich, die Fähigkeiten im verbalen Bereich und die Fähig-
keiten im figural-bildhaften Bereich, operationalisieren.
LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss
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Dr.
Benedikt
Hell,
Dipl.-Psych., Beauftragter für
Auswahl- und Orientierungsverfahren, Universität
Konstanz
E-Mail: benedikt.hell@uni-konstanz.de
Katja
Päßler,
Diplom-Psych., Mitarbeiterin im
Projekt Orientierungstest, Universität Konstanz, E-
Mail:
Dr.
Heinz
Schuler,
Professor für Psychologie,
Universität Hohenheim,
E-Mail: schuler@uni-hohenheim.de
15
ZBS 1/2009
J.
Diercks,
J.
Kast,
Dr.
K.
Kupka
&
K.
Bolten
HAW-NNavigator
...
ZBS
Der
vorliegende
Beitrag
beschreibt,
wie
die
Hochschule
für
Angewandte
Wissenschaften
Hamburg
(HAW
Hamburg)
unter
der
Bezeichnung
„HAW-NNavigator“
internetbasierte
Studieninformations-
und
Se
lbsttestinstrumente
einsetzt,
um
potenzielle
Bewerber/innen
vor
der
eigentlichen
Be-
werbung
üb
er
wesentliche
charakteristische
Merkmale
un-
terschiedlicher
Studiengänge
zu
informieren
und
so
über
den
Wirkungshebel
„verbesserte
Selbstauswahl“
den
indivi-
duellen
und
allgemeinen
Stu
diererfolg
zu
erhöhen. Hierbei
wird
unter
anderem
beschrieben,
dass
das
Projekt
seinen
Ursprung
vorrangig
ausgehend
von
Fragestellungen
der
Studierendenauswahl
genommen
hat
und
nicht
durc
h
Ziel-
setzungen
im
Rahmen
der
Studienberatung
initiiert
wurde.
Gleichwohl
hat
sich
das
Pro
jekt
im
Zeitverlauf
erheblich
stärker
dahingehend
entwickelt,
einen
Beitrag
zu
einer
ins-
ges
amt
verbesserten
Studierendenorientierung
zu
leisten,
anstatt
eine
Bewerbungshürde
im
Sinne
e
ines
Auswahltests
darzustellen.
Diese
Entwicklung
steht
im
Einklang
mit
dem
allgemeinen
Stand
der
Diskussion
rund
um
die
Frage
„Stu-
dierendenauswahl
versus
Studierendeninformation“.
Vor
diesem
Hintergrund
beleuchtet
der
Artikel
die
aktuellen
Berührungspunkte
von
virtueller
Studi
enorientierung
und
persönlicher
Studienberatung
und
geht
abschließend
im
Sinne
eines
Werkstattb
erichts
auf
die
zukünftig
angestrebte
Verzahnung
beider
Bereiche
ein.
Hochschulpolitischer
Kontext
der
Einführung
virtueller
Stu-
dienorientierungs-
und
Self-AAssessment
Verfahren
Die 2004 beschlossene Reform der Hochschulzulassung
besagt im Kern, dass die Hochschulen in Deutschland
künftig aktiver an der Auswahl ihrer Studierenden mitwir-
ken sollen.
Wie die Hochschul-Rektoren-Konferenz (HRK) und der
Wissenschaftsrat übereinstimmend betonten, sollen bei der
Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen im Wesentli-
chen zwei Aspekte Berücksichtigung finden:
• Ein auf Effizienz ausgerichtetes Hochschulsystem muss
alle Chancen nutzen, die Studienerfolgsrate zu erhöhen.
• Ein zugleich wettbewerbsorientiertes Hochschulsystem
muss die Hochschulen dabei unterstützen, eigene
Schwerpunkte zu setzen und ihr Studienangebot deutlich
zu profilieren.
In der Konsequenz muss dies zu einer wesentlich größeren
Mitwirkung der Hochschulen an den Auswahlverfahren für
die Studienbewerber/innen führen. Nach den vorliegenden
Erkenntnissen ist die Durchschnittsnote einer Hochschulzu-
gangsberechtigung, insbesondere die Abiturnote, bester
Einzelparameter für die Prognose des Studienerfolgs und
deshalb für eine optimale Bewerberauswahl weiterhin un-
verzichtbar (Hell/Trapmann/Weigand/Hirn/Schuler 2005).
Es kann argumentiert werden, dass das Vorhandensein
einer Hochschulzugangsberechtigung auch das Vorhanden-
sein einer allgemeinen Studierfähigkeit aussagt. Aufgrund
des hohen Aggregrationsniveaus der Abiturdurchschnitts-
noten ist aber der Abgleich mit studienfachspezifischen An-
forderungen nicht im wünschenswerten Umfang möglich.
Von daher wird vermehrt auf den Begriff der Passfähigkeit
verwiesen, wobei Passfähigkeit verstanden wird als mög-
lichst hohe Übereinstimmung individueller Kompetenzen
der Studienanfänger/innen mit den grundlegenden und
spezifischen Anforderungen eines Studiums, differenziert
nach Inhalt und Profil (vgl. Lewin/Lischka 2004).
Das Prinzip der Passfähigkeit impliziert somit grundsätzlich,
dass sowohl die Kompetenzen der Studieninteressierten als
auch die Anforderungen der Hochschulen/Studienfächer
Variablen sind. Passung entsteht hierbei durch eine beidsei-
tige Annäherung sowohl der Leistungsvoraussetzungen der
Studienanfänger/innen als auch der Studienanforderungen
der Hochschulen. Dieses dynamische Begriffsverständnis
bietet zahlreiche Möglichkeiten zur weiteren Profilbildung
der Hochschulen und zum weiteren Wettbewerb um geeig-
nete Studierende. Durch stärker herausgearbeitete Profile
JJooaacchhiimm
DDiieerrcckkss,,
JJuuttttaa
KKaasstt,,
KKrriissttooff
KKuuppkkaa
&&
KKaatthhaarriinnaa
BBoolltteenn
HAW-NNavigator
–
internetbasierte
Orientierungs-
und
Self-AAssessment-
Instrumente
und
ihre
Verbi
ndung
mit
der
Studienberatung
an
der
HAW
Hamburg
Jutta KastJoachim Diercks
Katharina BoltenKristof Kupka
16
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
der Hochschulen/Studienfächer wird auch die Selbstselek-
tion passender Studienbewerber/innen unterstützt.
Wissenschaftsrat und HRK kommen zu dem Schluss, dass
bei der Gestaltung der Auswahlprozesse durch Hochschu-
len bzw. Studiengänge nicht einseitig auf die Überprüfung
bewerberseitig vorhandener Kompetenzen abgestellt wer-
den sollte (bspw. über Auswahltests), sondern dass die Op-
timierung von Auswahlverfahren mit einem Beratungsvor-
gang einhergehen sollte, der zur größeren Sicherheit der
Studienentscheidung und daher zur Senkung der Abbruch-
quote beiträgt.
Das
„Hochschul
E-AAssessment
Projekt“
-
HEAP
Vor dem Hintergrund der genannten Entwicklungen wurde
im November 2004 das „Hochschul E-Assessment Projekt –
HEAP“ gestartet, mit dem Ziel, den Auswahlprozess im
Rahmen der Studienwahl durch einen Online-Selbsttest zu
unterstützen.
HEAP wurde als hochschulübergreifendes und im Sinne
einer Public-Private-Partnership organisiertes Projekt auf-
gesetzt. Beteiligt waren insgesamt fünf Studiengänge aus
den drei größten Hamburger Hochschulen. Die zentrale
Fragestellung hinter dem HEAP war:
• Führt eine verbesserte Information und die Möglichkeit
zur Selbsttestung vor der eigentlichen Bewerbung zu
einer besseren Studienwahl?
Die unter Federführung des Fachbereichs Psychologie der
Universität Hamburg (Prof. A. Redlich) durchgeführte Befra-
gung der Teilnehmer/innen legte den Schluss nahe, dass
diese Ausgangsfragestellung bejaht werden konnte.
• Knapp zwei Drittel der befragten Personen stimmten
etwa der Aussage „Das eStudienberatungsangebot hat
mir bei der Studienentscheidung geholfen“ überwiegend
bis absolut zu.
• Auch wurden die Teilnehmer/innen sowohl vor als auch
nach der Teilnahme nach ihrer Studienwahlsicherheit be-
fragt. Zu Beginn gaben gut 40% der Teilnehmer/innen an,
dass sie sich sicher seien, den entsprechenden Studien-
gang antreten zu wollen. Nach Abschluss des Angebots
waren es über 50%. Die Anzahl der Teilnehmer/innen, die
sich unsicher in Bezug auf das Studium waren, konnte
hingegen von über 10% auf gut 5% etwa halbiert werden.
Doch nicht nur die Ergebnisse der Evaluation des HEAP
legen nahe, dass Selbstauswahl eine geeignete Methode
zur Erhöhung des Studienerfolgs ist. Die Macht des „Aus-
wahlinstruments“ Selbstauswahl wird schnell deutlich,
wenn man sich einen einfachen Sachverhalt vor Augen hält:
Gelänge es einer Hochschule beispielsweise, ausschließlich
„passende“ Bewerber/innen anzulocken, bedürfte es im
Grunde keines weiteren Auswahlverfahrens mehr. Wenn
man so will, zöge selbst ein auf Zufall basierendes Losver-
fahren immer einen oder eine richtige(n) Bewerber/in aus
dem Lostopf. Umgekehrt jedoch gilt dieses Beispiel natür-
lich auch: Einer Hochschule, die keine(n) einzige(n) „pas-
sende(n)“ Bewerber/in erreicht, hilft auch das beste – i.S.
der Selektionsdiagnostik „valideste“ - Auswahlverfahren
nicht. Wo kein(e) geeignete(r) Bewerber/in ist, kann ihn/sie
auch kein noch so gutes Verfahren aufspüren.
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz so-
genannter “Realistic Job Previews”, also der möglichst reali-
stischen Darstellung der Gegebenheiten eines Jobs oder
Berufsbildes (in diesem Fall eines Studiums) bevor ein(e)
Kandidat/in diesen antritt, generell positive Auswirkungen
z.B. auf die „Klarheit der ursprünglichen Erwartungen“ (Ac-
curacy of initial expectations) oder die Gefahr des vorzeiti-
gen bewerberseitigen „Rückzugs aus dem Recruitingpro-
zess“ (attrition from the recruitment process) hat (vgl. u.a.
Phillips 1998).
Internetbasierte
Orientierungs-
und
Se
lbsteinschätzungsin-
strumente
an
der
HAW
Hamburg
–
„HAW-NNavigator“
Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
geht vor dem beschriebenen Hintergrund den Weg der vir-
tuellen Studienorientierung mit Self-Assessment-Elementen
– der Ansatz der „HAW-Navigatoren“. Über das Internet
werden potenzielle Bewerber/innen vor der eigentlichen
Bewerbung über die wesentlichen charakteristischen Merk-
male des jeweiligen Studiengangs informiert. Unterteilt in
verschiedene Themenkapitel umfassen die „HAW-Naviga-
toren“ Informationen z.B. zu Berufswelt, Studienorganisati-
on, Studienkultur, benötigten Fachkenntnissen oder ge-
stellten und erwarteten Anforderungsniveaus etc. des je-
weiligen Studiengangs.
Statt also darauf zu warten, wer sich für den einen oder an-
deren Studiengang bewirbt, um diese Bewerber/innen
dann „auszuwählen“, wird aktiv darauf eingewirkt, dass
sich von vornherein ein höherer Anteil passender Kandi-
dat/innen angezogen und bestärkt fühlt. Der Wirkungshe-
bel der HAW-Navigatoren ist also in erster Linie die Er-
höhung des Anteils passender Kandidat/innen unter den
Bewerber/innen („Erhöhung der Grundquote“), nicht
primär die Verbesserung der Validität der Fremdauswahl.
Die virtuellen Orientierungsformate basieren auf der Über-
zeugung, dass das „Können“, also Fähigkeiten, die sich
unter Umständen über den Einsatz von Auswahltests über-
prüfen ließen, lediglich eine von vier wichtigen Zutaten
einer „richtigen Studienwahl“ darstellen. Für eine umfas-
sende, langfristig erfolgreiche Studienwahlentscheidung
sind daneben aber vor allem auch Aspekte des „Kennens“,
„Wollens“ und „Sollens“ entscheidend (vgl. Redlich et al.
2006):
• „Was muss eine studieninteressierte Person alles wissen,
damit sie eine fundierte Entscheidung treffen kann?“
• „Will die Person diesen Studiengang auch studieren?“
• „Bringt die Person das nötige Rüstzeug mit?“
Dies sind in diesem Kontext wichtige Leitfragestellungen.
Die Dimension des „Sollens“ bedient sowohl Facetten der
Fähigkeit als auch der Information und entspricht wahr-
scheinlich am ehesten dem momentan viel zitierten Begriff
des Self-Assessments. Die virtuellen Studieninformations-
systeme gehen von einem mündigen, vernunftbegabten
Studieninteressierten aus. Diesem wird die Entscheidung
nicht aus der Hand genommen, sondern vielmehr die Infor-
mation gegeben, anhand derer er/sie eine fundiertere Ent-
scheidung treffen kann. Man erkennt an dieser Stelle deut-
lich die Nähe zu Zielsetzungen der allgemeinen und studi-
enfachspezifischen Studienberatung.
17
ZBS 1/2009
J.
Diercks,
J.
Kast,
Dr.
K.
Kupka
&
K.
Bolten
HAW-NNavigator
...
ZBS
Gründe
für
den
Weg
der
virtuellen
Studienorientierung
mit
Selbsttest-EElementen
an
der
HAW
H
amburg
Die HAW Hamburg hat sich aus verschiedenen Gründen zu
dieser Art der virtuellen Studienorientierung entschieden:
Die HAW Hamburg versucht mit dem HAW-Navigator be-
reits im Vorfeld Einfluss darauf zu nehmen, wer sich bei der
Hochschule um einen Studienplatz bewirbt. Der HAW-Na-
vigator soll die Bewerber/innen darin unterstützen, selber
einzuschätzen, ob ihre Fähigkeiten sowie die eigenen Vor-
stellungen und Erwartungen bezüglich des angestrebten
Studienganges mit den realen Anforderungen und Inhalten
übereinstimmen. Es ist durchaus intendiert, Bewerber/in-
nen, die hier eine geringe Übereinstimmung (Passung) fest-
stellen und deswegen auch mit einer geringeren Wahr-
scheinlichkeit das Studium erfolgreich abschließen würden,
zum Hinterfragen anzuregen und in letzter Konsequenz
auch von einer Bewerbung abzuhalten.
„Passende“ Studieninteressierte sollen in ihrer Auswahl be-
stärkt werden und auch Studieninteressierte, die einen Stu-
diengang bisher noch gar nicht in Betracht gezogen haben,
können durch die virtuelle Studienorientierung auf einen
Studiengang aufmerksam gemacht werden und diesen
(wenn er zu ihnen passt) in ihre Auswahl einbeziehen.
Hauptziel ist, den Interessierten bereits vor der Bewerbung
zu verdeutlichen, was dieser Studiengang ist und auch, was
er nicht ist. Es steigt damit auch der Anteil an Bewerber/in-
nen, die diesen Studiengang nicht nur studieren können,
sondern auch studieren wollen. Das heißt, es steigt die be-
werberseitige Auswahlsicherheit.
Ein weiterer Grund ist, dass das Profil der Hochschule ge-
stärkt wird. Die HAW kann auf diese Weise ihre Stärken
kommunizieren, auf ihre Schwerpunkte der Lehre und ihre
Besonderheiten hinweisen. Insofern stellen die HAW-Navi-
gatoren einen wichtigen Baustein beim Aufbau einer klar
positionierten Bildungsmarke dar. Dies erhöht die Wahr-
scheinlichkeit, dass Studieninteressierte die Hochschule in
ihr „Relevant Set“ aufnehmen.
Die Durchführung der virtuellen Studienorientierung über
das Internet ist ökonomisch. Es kann parallel ein „One-to-
Many-Dialog“ mit einer Vielzahl an Studieninteressierten
geführt werden. Mit den HAW-Navigatoren sollen die be-
stehenden Informations- und Beratungsangebote der
Hochschule, insbesondere der Zentralen Studienberatung
und der Studienfachberatung, ergänzt werden.
Ein wesentlicher Vorteil der internetbasierten Durch-
führung ist die Orts- und Zeitunabhängigkeit. Dadurch bie-
tet sich für Ratsuchende die Möglichkeit, die virtuelle Stu-
dienorientierung dann durchzuführen, wenn das Bedürfnis
bei ihnen entsteht. Die Wirksamkeit der Selbstorientierung
kann dann besonders groß sein, wenn sie spontane Ände-
rungsimpulse (Bedürfnisse) mit dem Änderungsbedarf, der
sich aus dem Durchlaufen des HAW-Navigators ergibt, ver-
bindet (vgl. Sieland 2002).
Die Darstellungsmöglichkeiten im Internet sind multimedi-
al. Es besteht nicht nur die Möglichkeit zur „Informations-
vermittlung“, sondern es ist ein großer Grad an „Erleben“
möglich, gleichsam ein „Blick hinter die Kulissen“.
Zudem kommen methodische, ethische und juristische Be-
denken gegenüber einer reinen „eignungsdiagnostischen
Prüfung“ hier nicht zum Tragen. Bei dieser Art der Auswahl
(Selbstauswahl) wird nicht getestet, ob ein(e) Studienbe-
werber/in dem Studium gewachsen ist. Vielmehr wird In-
teressierten die Möglichkeit gegeben, selbst herauszufin-
den, ob dieser Studiengang zu ihnen passt. Passfähigkeit ist
mehr als Eignung!
Aufbau
der
HAW-NNavigatoren
sowie
Integration
in
den
Be-
werbungsprozess
Zu Beginn jedes Navigators werden die Interessierten be-
grüßt (teilweise per Video von Studierenden des jeweiligen
Departments) und über die Inhalte und Ziele des HAW-Na-
vigators aufgeklärt. Im Anschluss an diese Informationen
erfolgt die Registrierung.
Die Registrierung ist aus zwei Gründen in den HAW-Navi-
gator integriert. Zum einen dient sie der Speicherung des
Fortschritts jedes Nutzers. Auf diese Weise besteht die
Möglichkeit, die virtuelle Studienorientierung zwischen-
durch zu unterbrechen und später wieder an dieselbe Stelle
zurückgesetzt zu werden.
Zum anderen ist die Absolvierung des HAW-Navigators bei
den meisten Studiengängen an der HAW ein verpflichten-
der Bestandteil des Bewerbungsprozesses. Anhand der E-
Mail-Adresse, mit der sich die/der Bewerber/in für den
HAW-Navigator registriert hat, wird überprüft, ob die virtu-
elle Studienorientierung mindestens einmal komplett ab-
solviert wurde.
Nach der Registrierung gibt es zunächst eine Modulüber-
sicht, in der dargestellt wird, welche Themenkapitel dieser
Navigator enthält und was den/die Nutzer/in in den einzel-
nen Kapiteln erwartet.
Die anschließenden Module variieren im Detail je nach Stu-
diengang. Allerdings umfassen die meisten Navigatoren ein
Set von Themenmodulen bestehend aus
• Berufswelt,
• Studieninformationen,
• Studienorganisation,
• Anforderungen und
• Studienkultur.
In den Themenmodulen zur Berufswelt werden Informatio-
nen bereitgestellt bspw. zu den späteren Tätigkeitsfeldern,
Branchen oder Berufsaussichten. In Videointerviews berich-
Abbildung 1: Videobegrüßung aus dem HAW-Navigator für
Ökotrophologie
18
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
ten Absolvent/innen darüber, welchen Beruf sie ausüben
und wie sie das Studium auf diesen Beruf vorbereitet hat.
In den Modulen zur Studieninformation werden Einblicke
in Studienabläufe, Studieninhalte oder Besonderheiten der
Studiengänge gewährt.
Die Module zur Studienorganisation decken in vielen Navi-
gatoren den eher formalen Teil der Informationen ab. Hier
geht es um Themen wie (Pflicht-)Praktika, Finanzierung des
Studiums, Kosten oder Praxissemester. Auch das Thema
Zeitmanagement spielt hier eine wichtige Rolle. Anhand von
Beispielstundenplänen oder eines interaktiven Zeitreglersys-
tems, durch das Interessierte planen können, wie ein Tag
während des Studiums aussehen könnte, wird der Zeitauf-
wand eines Studiums verdeutlicht. Falsche Erwartungen hin-
sichtlich des erforderlichen Zeitaufwands werden reduziert.
Die Anforderungen, die ein Studiengang an seine Bewer-
ber/innen stellt, werden zumeist durch Selbsttests abgebil-
det. Je nach Studiengang werden Aufgaben zu Themen wie
Mathematik, Technik, Biologie oder Englisch gestellt, die
wichtige Grundlagen des jeweiligen Studiengangs darstel-
len oder bzgl. derer es häufig falsche Vorstellungen gibt
(„…ich wusste gar nicht, dass ich im Rahmen des Pflege-
management-Studiums betriebswirtschaftliche Zusammen-
hänge lernen muss...“). Nach Beantwortung der jeweiligen
Aufgaben oder Fallstudien erhält der Nutzer ein Feedback
zu seinen Lösungen. Dieses dient nicht dazu, eine Eignung
oder das Vorhandensein eines gewissen Niveaus „zu mes-
sen“. Vielmehr ist die zentrale Zielsetzung, dem Nutzer er-
wartete Niveaus vor Augen zu führen und zur Selbstreflekti-
on darüber anzuregen, ob dieses Studium das richtige ist.
Bewerber/innen, die mit den Aufgaben nicht so gut zurecht
gekommen sind, wird nicht von diesem Studiengang abge-
raten, es wird ihnen jedoch klar gemacht, dass sie sich mit
genau solchen Inhalten beschäftigen müssen, wenn sie sich
für den Studiengang entscheiden.
Die Navigatoren enthalten außerdem Informationen zum
Studium in Hamburg, an der HAW im Allgemeinen und an
den jeweiligen Departments im Speziellen. Durch Fo-
torundgänge, virtuelle Grundrisse, Bilder, Texte oder Videos
mit Studierenden wird dem/der Nutzer/in vermittelt, wie es
an der HAW aussieht, wie das Leben als Studierender ab-
läuft und was sie/ihn erwartet, wenn sie/er sich für das Stu-
dium entscheidet.
Beendet wird jeder HAW-Navigator durch ein Abschluss-
modul. Hier wird noch einmal die Gelegenheit zur Reflek-
tion über die in den vorherigen Modulen enthaltenen Infor-
mationen gegeben. Zudem werden statistische Daten und
Einschätzungen zum System der virtuellen Studienorientie-
rung erhoben. Die Ergebnisse dieser Evaluation werden im
weiteren Verlauf noch näher beleuchtet. Auch das Ab-
schlussmodul ist mindestens einmal komplett zu durchlau-
fen, damit der HAW-Navigator als „vollständig bearbeitet“
gilt. Da die mindestens einmalige vollständige Absolvierung
des HAW-Navigators zwingender Bestandteil einer Bewer-
bung ist, wurde die Applikation mit dem Online-Bewer-
bungssystem der HAW Hamburg verknüpft. Die Informati-
on, ob ein(e) Bewerber/in einen bestimmten Navigator
durchlaufen hat, wird direkt an dieses System übergeben.
Nur wenn die/der Bewerber/in den Navigator durchlaufen
hat, wird sie/er für die Bewerbung für den jeweiligen Studi-
engang automatisiert freigeschaltet.
Aktueller
Ausbaustand
sowie
weitere
Entwicklung
Bislang existieren Navigatoren für folgende 21 Studiengänge:
• Hochschulübergreifender Studiengang Wirtschaftsinge-
nieurwesen,
• Soziale Arbeit, Pflegeentwicklung und Management
sowie Bildung und Erziehung in der Kindheit,
• Logistik / Technische BWL, Marketing / Technische BWL
sowie Außenwirtschaft / Internationales Management,
• Maschinenbau / Energie- und Anlagensysteme, Maschi-
nenbau / Entwicklung und Konstruktion sowie Produkti-
onstechnik und -management,
• Ökotrophologie und Health Sciences,
• Medientechnik und Media Systems,
• Public Management (gemeinsam mit dem Personalamt
der Stadt Hamburg),
• Medizintechnik, Hazard Control und Rescue Engineering
(gemeinsam mit der Feuerwehr Hamburg) sowie
• Biotechnologie, Verfahrenstechnik und Umwelttechnik.
Bis zur Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2009/2010
erfolgt der Ausbau auf dann 31 Studiengänge. Nach Errei-
chen dieser Ausbaustufe werden nahezu alle grundständi-
gen Bachelor-Studiengänge der HAW Hamburg in den
HAW-Navigatoren abgebildet sein. Die Übersicht aller ver-
fügbaren HAW-Navigatoren findet sich unter:
www.haw-navigator.de.
Zugang
zu
den
„HAW-NNaviga
toren“
Wie bereits beschrieben ist die mindestens einmalige voll-
ständige Absolvierung des jeweiligen HAW-Navigators
zwingende Voraussetzung, um sich an der HAW Hamburg
überhaupt für den jeweiligen Studiengang bewerben zu
können. Dabei kommt es nicht auf das „wie“, also die Qua-
lität der Bearbeitung, sondern nur auf das „ob“ an. Um die
Abbildung 2: Beispiele für Alumni-Interviews aus dem Na-
vigator des Departments Wirtschaft
19
ZBS 1/2009
J.
Diercks,
J.
Kast,
Dr.
K.
Kupka
&
K.
Bolten
HAW-NNavigator
...
ZBS
Teilnahme einem bestimmten Nutzer zuordnen zu kön-
nen, muss dieser sich zu Beginn des HAW-Navigators regi-
strieren. Gleichwohl können die HAW-Navigatoren auch
zu reinen Informationszwecken, also ohne expliziten Be-
werbungswunsch genutzt werden. Hierzu wurde ein ano-
nymer freizugänglicher Gastzugang eingerichtet. Auf den
jeweiligen Startseiten der Navigatoren ist hierzu oben
rechts auf „Login“ zu klicken und die E-Mail-Adresse
„gast@cyquest.net“ und das Passwort „gast“ als Zugangs-
daten einzugeben. Die Tatsache, dass die Zugriffszahlen
außerhalb der Bewerbungszeiträume, die an der HAW
in den Zeiträumen zwischen 01.12. und 15.01. sowie
01.06 und 15.07. liegen, immerhin etwa einem Drittel
der Zugriffszahlen innerhalb der Bewerbungszeiträume
entsprechen, belegen die allgemein informatorische Be-
deutung der HAW-Navigatoren.
Evaluationsergebnisse
Die nachfolgend dargestellten Evaluationsergebnisse
beziehen sich auf die Befragungsergebnisse aus den bis-
her realisierten Navigatoren. Seit Start der ersten Navi-
gatoren Mitte 2006 haben gut 26.000 Personen regis-
triert an einem der virtuellen Studienberatungsangebo-
te teilgenommen. Knapp 16.500 hiervon haben dabei
den Status „vollständig absolviert“ erreicht, d.h. den je-
weiligen Navigator mindestens einmal komplett durch-
laufen. Da auch die Absolvierung des abschließenden
Evaluationsmoduls erforderlich ist, um den Navigator
abzuschließen, basieren die nachfolgend vorgestellten
Ergebnisse auf dieser Datenbasis.
Im Mittelpunkt der Befragung standen explizit Aspekte
der „Studienwahlsicherheit“, der „Beratungsqualität“
und der „Benutzerzufriedenheit“:
• Wie hat den Teilnehmer/innen das Angebot gefallen?
• Fühlten sich die Teilnehmer/innen durch die virtuelle Stu-
dienberatung gut beraten?
• Fühlten sie sich in ihrer Studienwahl sicherer?
• Hatten sie das Gefühl, die maßgeblichen Informationen
erhalten zu haben?
Darüber hinaus wurde auch überprüft, ob der durchlaufene
HAW-Navigator einen Effekt auf das Image der Depart-
ments, der Studiengänge bzw. der HAW Hamburg insge-
samt hatte und somit auch als Marketinginstrument nach-
haltig zur Profilbildung beitrug.
Gesamtheitliche
Beurteilung
Die Gesamtbeurteilung der HAW-Navigatoren wurde mit-
tels der Frage „Wie hat Ihnen das virtuelle Studienbera-
tungs-Angebot insgesamt gefallen?“, die auf einer Schulno-
tenskala zu beantworten war, erhoben. Die Durchschnitts-
benotung reichte hierbei von 1,73 bis 2,15. Zwischen
72,7% und 88% der Befragten haben dabei die Noten „sehr
gut“ oder „gut“ vergeben.
Diese Ergebnisse weisen auf eine hohe allgemeine Nutzer-
akzeptanz hin. Im Folgenden werden die Ergebnisse der
Evaluationsdimensionen detailliert dargestellt.
Beitrag
zur
begründeten
Entscheidung
Auf die Frage „Wie sicher sind Sie, hier studieren zu wol-
len?“ gaben nach Durchlaufen des Navigators zwischen
68,4% und 89,7% der Befragten zur Antwort, dass sie sich
in der Entscheidung „sicher“ oder „absolut sicher“ seien.
In den Navigatoren der sechs Studiengänge Medizintech-
nik, Hazard Control & Rescue Engineering, Umwelttechnik,
Biotechnologie und Verfahrenstechnik wurde die Frage
nach der Studienwahlsicherheit sowohl zu Beginn als auch
am Ende der virtuellen Studienorientierung gestellt. Der
Anteil der Teilnehmer/innen, die in ihrer Studienwahlent-
scheidung absolut sicher oder sicher waren, stieg dabei
nach Komplettierung um 8,24 bis 15,77 Prozentpunkte an.
Bei den Navigatoren, die mehr als einen Studiengang ab-
decken, wurde ferner hinterfragt, ob die virtuelle Studieno-
rientierung die Präferenz für einen der enthaltenen Stu-
diengänge verändert hat (bspw. „Technische BWL – Logi-
stik“ versus „Technische BWL – Marketing“). Hierbei gaben
immerhin 19,24% der Befragten an, dass die Präferenz
durch die virtuelle Studienorientierung zumindest teilweise
verändert wurde; 11,4% sagten aus, dass ihre Präferenz
„eher ja“ oder „absolut“ verändert wurde. Wenngleich also
die Teilnehmerschaft insgesamt hinsichtlich ihrer Studien-
wahl auch vor der Teilnahme am HAW-Navigator bereits re-
lativ sicher war, hat der Navigator doch innerhalb der Stu-
diengänge noch bei etwa einem Drittel der Teilnehmer/in-
nen zu einer (mindestens teilweisen) Veränderung der Prä-
ferenz geführt. Insofern scheinen diese Angebote auch das
Ziel erreicht zu haben, hinreichend auf Unterschiede zwi-
schen den Studiengängen hinzuweisen.
Qualität
und
Informationsgehalt
Die Teilnehmer/innen sollten auch den Informationsgehalt
bzw. die Beratungsqualität einschätzen. Die Fragen bezo-
gen sich u.a. auf die Neuigkeit der Information und die
Klärung der Erwartungen an das Studium. In Bezug auf den
Bekanntheitsgrad der Informationen stimmten zwischen
77,3% und 96,2% der Befragten der Aussage „Ich habe
etwas Neues über das Studium und die Berufsbilder erfah-
ren“ teilweise bis absolut zu. Diese Aussagen belegen deut-
lich, dass der HAW-Navigator einen zusätzlichen Informa-
tionsnutzen für einen Großteil der Nutzer stiftet.
Abbildung 3: Veränderung der Studienwahlsicherheit
20
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
Darüber hinaus konnten die eigenen Erwartungen an das
jeweilige Studium im Zuge der Bearbeitung des HAW-Navi-
gators geklärt werden. Der Aussage „Das virtuelle Studien-
beratungs-Angebot hat meine Erwartungen in Bezug auf
das Studium geklärt“ stimmten zwischen 81,6% und 96,7%
der Befragten teilweise bis absolut zu. Es lässt sich aus die-
sen Ergebnissen ableiten, dass die Informationsqualität als
sehr gut einzuschätzen ist. Studien zufolge berichten Stu-
dienabbrecher/innen über viele Belastungen (Jobs, Familie)
und sind schlechter über das Studium informiert (Wissen-
schaftsrat 2004 sowie Heublein/Spangenberg/Sommer
2003). Die Ergebnisse der Befragung im Rahmen des HAW-
Navigators legen den Schluss nahe, dass durch dessen Ein-
satz Abbrecherquoten, die aus einer Unsicherheit in Bezug
auf den Studiengang und die Bewerbungsentscheidung re-
sultieren, reduziert werden können.
Gestaltung
des
HAW-NNavigators
Zur Evaluation der Gestaltung des HAW-Navigators wurden
u.a. Fragen nach dem Nutzen der multimedialen Inhalte
sowie des Umfangs gestellt.
Bei der Frage „Wie fanden Sie die multimedialen Inhalte
(Filme, Animationen, Tonaufnahmen)?“, die auf einer sie-
benstufigen Skala von „überflüssig“ bis „hilfreich“ zu beant-
worten war, ergaben sich bei allen Navigatoren deutlich
linksschiefe Verteilungen, d.h. eine deutliche Mehrheit
stufte diese Inhalte als „hilfreich“ ein.
Die Frage „In Bezug auf Ihr Interesse am Studium in einem
der Studiengänge – wie schätzen Sie den Umfang des virtu-
ellen Studienberatungs-Angebotes ein?“ beantworteten
zwischen 65,9% und 83,8% der Befragten mit „genau rich-
tig“. Es gab jeweils kaum Befragte, die den Umfang als zu
gering oder zu groß einstuften. Die Ergebnisse können ins-
gesamt als Feedback für eine gelungene Gestaltung des
HAW-Navigators verstanden werden.
Beeinflussung
des
Images
Zwischen 61,2% und 80,6% der befragten Bewerber/innen
sagten aus, dass der HAW-Navigator einen eher positiven
bzw. deutlich positiven Einfluss auf das Bild des Studien-
gangs, des Departments bzw. der Fakultät ausübt. Eine ne-
gative Imagewirkung gaben nur 0% bis 3,51% der Befrag-
ten an. Dieses Ergebnis belegt, dass der HAW-Navigator
ebenfalls dem Ziel der Imageförderung dient und unter-
streicht seine Marketingwirkung.
Ausgewählte
O-TTöne
von
Teilnehmer/i
nnen
Abschließend wurde den Teilnehmern die offene Frage ge-
stellt, was ihnen am virtuellen Studienberatungsangebot
gefällt und wo ggf. Verbesserungspotenziale liegen. Dazu
die folgende zufällige Auswahl von Antworten:
•
„Ich finde das virtuelle Studienberatungsangebot sehr
gut. In den meisten Fällen ist man sich nicht ganz sicher,
ob Ökotrophologie das Richtige ist. Hier wird sehr deut-
lich beschrieben, was auf einen zukommt und wo man
vielleicht noch mal nachbessern sollte. Sehr Gut!!!
(HAW-Navigator Ökotrophologie).”
•
„Man wird sehr gut und überschaubar durch den Navi-
gator geführt. (HAW-Navigator Bildung und Erziehung in
der Kindheit).”
•
„Ausführliche Informationen über die Studiengänge. Der
Selbsttest ist sehr gut und sollte für alle Bachelor Stu-
diengänge eingerichtet werden. (HAW-Navigator Me-
dientechnik und Media Systems).”
•
„Gefallen haben mir die Ratschläge und Erfahrungswerte
der Studenten bzw. des Professors in den einzelnen Vi-
deoclips. Auch der modulare Aufbau des Selbsttestes ist
sehr hilfreich und übersichtlich gestaltet. Verbessern
könnte man das Aufgebot an Videos. Interessant wäre
es, wenn man einen Kurzfilm über den Tagesablauf an
der HAW betrachten könnte. (HAW-Navigator Maschi-
nenbau und Produktion).”
•
„Mir gefiel erst einmal sehr, dass Sie überhaupt solche
Studienberatung angeboten haben. Leider findet man
bei anderen Hochschulen nicht solche Studienberatung.
Es ist zwar zeitintensiv, aber ich denke, nach dem Selbst-
test kann man sich gut selber einschätzen. (HAW-Navi-
gator Wirtschaft).”
•
„Die Berichte der Studenten sind klasse und interessant
und könnten noch ein wenig ausführlicher sein. Mich
würden auch noch die NCs der letzten Jahre interessie-
ren und die Chancen, einen Studienplatz zu bekommen.
(HAW-Navigator Hazard Control / Rescue Engineering).”
•
„Ich finde es ausgesprochen gut, dass diese virtuelle Stu-
dienberatung Voraussetzung für eine erfolgreiche Be-
werbung bei der HAW ist. (HAW-Navigator Umwelt-
technik).”
Berührungspunkte
zwischen
virtueller
Studienorientierung
und
persönlicher
Studienberatung
Zu Beginn des Gesamtprojekts der HAW-Navigatoren ent-
stad sprachgebräuchlich der Begriff der „virtuellen Stu-
dienberatung“. Diese Begrifflichkeit bot dabei den Charme
einer klaren Positionierung, weil die Semantik des Begriffs
auf Anhieb dafür sorgte, dass „jeder sich etwas darunter
vorstellen konnte“. Gleichwohl ist der Begriff nicht unpro-
blematisch: So ist der Begriff „Studienberatung“ in
Deutschland nicht nur inhaltlich, sondern auch institutio-
nell besetzt. Die „Zentrale Studienberatung“ und die „Stu-
dienfachberatung“ benennen in den Hochschulen Institu-
tionen, die für Ratsuchende ein umfassendes Informations-
und Beratungsangebot zu Fragen rund um Studieneinstieg,
-organisation, -anforderungen und -alltag vorhalten. Im
Rahmen dieser Institutionen wird der Begriff „Beratung“ in
der Regel in einem „dialogischen“ Verständnis verwendet.
Diesen dialogischen Anspruch kann ein Mensch-Maschine-
Dialog per definitionem nicht gleichwertig ersetzen. Man
erkennt, dass die Überschreibung „Virtuelle Studienbera-
tung“ zunächst einmal eher aus Marketingerwägungen her-
aus entstanden ist, weniger aus einer sauberen sprachlichen
Bezeichnung. Derzeit wird deshalb dem Begriff „Virtuelle
Studienorientierung“ der Vorzug gegeben und dieser
Schritt für Schritt eingesetzt.
Bei der Entwicklung der Inhalte der HAW-Navigatoren gab
es in der Regel einen sehr intensiven Kontakt zwischen CY-
QUEST und den Studienfachberater/innen in den jeweiligen
Fakultäten und Departments. Deren Know-How in der Be-
ratung von Studieninteressierten wurde intensiv genutzt,
sowohl bei der Bestimmung der Inhalte wie auch bei der
Entwicklung der multimedialen Umsetzung. Die Berüh-
rungspunkte zu der Zentralen Studienberatung der HAW
21
ZBS 1/2009
J.
Diercks,
J.
Kast,
Dr.
K.
Kupka
&
K.
Bolten
HAW-NNavigator
...
ZBS
Hamburg waren hingegen in der Vergangenheit eher über-
schaubar und beschränkten sich weitestgehend darauf, dass
innerhalb der HAW-Navigatoren auf die Zentrale Studien-
beratung sowie umgekehrt auf den Webseiten der Zentra-
len Studienberatung auf die Möglichkeit zur Teilnahme an
den „Selbsttests für Studieninteressierte“ hingewiesen
wurde. Auch wurden Personen, die sich zur persönlichen
Beratung in der Studienberatung einfanden, auf die Mög-
lichkeit zur Nutzung der HAW-Navigatoren hingewiesen.
Eine weitergehende Verzahnung, insbesondere im Hinblick
auf die Kopplung und Abstimmung von Inhalten, ist für die
Zukunft vorgesehen.
Zukünftige
Verzahnung
der
HAW-NNavigatoren
mit
der
per-
sönlichen
Studienberatung
Die erste konkrete Maßnahme bezieht sich auf eine stärke-
re „technische Verzahnung“ der beiden Sphären. Während
gegenwärtig innerhalb der HAW-Navigatoren nur im Rah-
men der Einleitung auf die Möglichkeit zur persönlichen
Studienberatung hingewiesen wird, sollen diese Querver-
weise zukünftig auch an den passenden Stellen innerhalb
sowie am Ende der Navigatoren erfolgen. Dass das Gesamt-
projekt der HAW-Navigatoren ursprünglich stärker aus der
Perspektive der Auswahl und Zulassung betrachtet wurde,
zeigt sich u.a. daran, dass zum Ende der Navigatoren eine
direkte Verlinkung zur Online-Bewerbung integriert war,
während der Hinweis auf die Möglichkeit zur (weiter-
führenden) persönlichen Beratung fehlte. Diese Lücke wird
nun geschlossen. Neben der technischen soll zweitens auch
die „inhaltliche Verzahnung“ deutlich ausgebaut werden.
So sollen etwa die zurzeit in der Entwicklung befindlichen
Navigatoren (die im Schwerpunkt die noch fehlenden Stu-
diengänge der Fakultät Technik und Informatik abdecken)
noch eine Art Schlussredaktion in der Zentralen Studienbe-
ratung durchlaufen, bevor sie in die technische und gestal-
terische Umsetzung gehen. Mögliche inhaltliche Lücken,
die sich insbesondere aus Sicht der Studienberatung zeigen,
können so noch vor Onlinestart gefüllt werden. Drittens
sollen die Querverbindungen zum team.studieneinstieg
(TSE) ausgebaut werden. Das TSE bietet inzwischen für na-
hezu alle Studiengänge der HAW Erstsemestertutorien an.
Im Rahmen der Tutorien werden Studienanfänger/innen
durch studentische Tutoren und Tutorinnen beim Einstieg
in das Studium begleitet. Über das gesamte erste Semester
arbeiten diese Tutoren und Tutorinnen in Kleingruppen mit
max. 20 Studierenden jeweils 1,5 Stunden pro Woche. Die
Tutorien bieten einen Raum, in dem das „Studieren und
Lernen lernen“ im Vordergrund steht. Alle Fragen, die beim
Studieneinstieg aufkommen, werden hier behandelt. Z.B.:
• Was genau sind die Anforderungen in meinem Studien-
gang?
• Wie lerne ich effektiver?
• Was mache ich, wenn mir die Lust am Studium vergeht?
• Welche Möglichkeiten habe ich, mein Studium zu finan-
zieren?
• Wie organisiere ich mein Studium, wenn ich nebenbei ar-
beite?
• Wann und wie plane ich einen Auslandsaufenthalt?
Wenngleich sich der Blickwinkel natürlich unterscheidet
(bei den Teilnehmer/innen der Navigatoren handelt es sich
zunächst um Interessierte oder Bewerber/innen, während
an den Erstsemestertutorien bereits immatrikulierte Studie-
rende teilnehmen), sind die thematischen Überschneidun-
gen beider Instrumente unverkennbar. Diese Nähe soll aus-
genutzt werden, indem einerseits innerhalb der Navigato-
ren der Querverweis auf die Erstsemestertutorien
(www.haw-hamburg.de/studieneinstieg) als Standardinhalt
aufgenommen wird. Zum anderen sollen die Navigatoren
einer kritischen Sichtung durch das team.studieneinstieg
unterzogen werden, so dass in höherem Maße sicherge-
stellt werden kann, dass dort bereits diejenigen Fragestel-
lungen angesprochen werden, die typischerweise später In-
halt der Erstsemestertutorien werden. Gelingt dies, so ent-
steht eine „konsistente Beratungskette“ von der ersten un-
verbindlichen Orientierung bis hinein ins Studium.
Die vierte konkrete Maßnahme bezieht sich auf die ge-
meinsame Entwicklung eines studiengangs- und depart-
mentübergreifenden Orientierungs-Moduls („Meta-Naviga-
tor“). Während die bereits fertigen und die in der Entste-
hung befindlichen Orientierungsangebote sich jeweils kon-
kret auf einen Studiengang oder die Studiengänge eines
Departments beziehen und somit insbesondere denjenigen
Studieninteressierten eine Orientierungshilfe geben, die
bereits eine grobe Vorauswahl für sich getroffen haben,
existiert zur Zeit noch kein übergreifendes Format für dieje-
nigen, die noch gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen,
sich zu informieren. Es ist daher schon seit längerer Zeit be-
absichtigt, ein fächerübergreifendes Angebot zu schaffen,
das eine erste Orientierung hinsichtlich der bestpassenden
Studienrichtung geben soll. Am Ende dieser Orientierungs-
einheit steht dann eine Empfehlung, mit welchen Studien-
bereichen man sich möglicherweise zuerst intensiver befas-
sen sollte und welche der HAW-Navigatoren für eine wei-
tergehende Information anzusteuern sind. Es ist nahelie-
gend und beabsichtigt, dass die inhaltliche Gestaltung die-
ses übergreifenden Angebots gemeinsam mit der Zentralen
Studienberatung erarbeitet wird. Insofern wird die Zentrale
Studienberatung hierbei die Rolle einnehmen, die in den
fachspezifischen Navigatoren bislang den Studienfachbera-
ter/innen zugefallen ist.
F
azit
Die HAW Hamburg verfolgt mit den HAW-Navigatoren ver-
schiedene Ziele. Studieninteressierte sollen vor ihrer Be-
werbung für einen Studienplatz informiert werden, was sie
im Studium erwartet und was nicht. Studieninteressierte
sollen aufgrund einer verbesserten Selbstauswahl dazu in
der Lage sein, ihre Studienentscheidung zu verbessern. Auf
diese Weise sollen der individuelle wie auch der allgemeine
Studienerfolg verbessert werden. Diese Ziele werden, so-
weit sich dies aus heutiger Sicht beurteilen lässt, zufrieden-
stellend erfüllt. Für eine abschließende Aussage darüber, ob
die virtuelle Studienorientierung der HAW-Navigatoren
eine messbare Wirkung hinsichtlich der Senkung von Stu-
dien-Abbrecherquoten respektive einer Erhöhung des all-
gemeinen Studienerfolgs hat, sind weitere Analysen über
einen längeren Zeitraum nötig.
Die Ergebnisse der Evaluation der einzelnen Navigatoren
deuten darauf hin, dass auch aus Sicht der Studienbewer-
ber/innen der HAW-Navigator ein sinnvolles und gewinn-
bringendes Instrument ist.
22
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
Zukünftig sollen die Vorzüge der virtuellen Studienorientie-
rung auf der einen Seite sowie der persönlichen Studienbe-
ratung auf der anderen Seite stärker miteinander verbun-
den werden, um so – im Sinne eines integrierten Ansatzes –
das Zusammenfinden von „richtigem Studiengang und rich-
tigem Kandidaten“ weiter zu verbessern.
Als Vision steht am Ende ein vollständiges Informationsan-
gebot, welches von „grober virtueller Orientierung“ über
„detaillierte virtuelle Information“ und „persönliche Stu-
dienberatung“ bis hin zu „intensiver Betreuung im Rahmen
der Erstsemestertutorien“ reicht.
LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss
Redlich, A. et. al (2006):
HEAP – Hochschul-E-Assessment-Projekt, unveröf-
fentlichter Abschlussbericht.
Heine, C./Briedis, K./Didi, H.-J./Haase, K./Trost, G. (2006):
Auswahl- und
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und ausgewählten Ländern. Eine Bestandsaufnahme, HIS-Kurzinforma-
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Hell, B./Trapmann, S./Weigand, S./Hirn, J.O./Schuler, H. (2005):
Die Vali-
dität von Prädiktoren des Studienerfolgs – eine Metaanalyse. Vortrag auf
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können Pädagogen ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördern?
Pädagogik, 54, S. 7-8, S. 22-28.
Wissenschaftsrat (2004):
Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs.
Köln.
Beratungsgesellschaft
CYQUEST
Das vorgestellte Projekt der HAW-Navigatoren wurde für die HAW
Hamburg von CYQUEST – The Recrutainment Company umgesetzt.
Auch beim als Public-Private-Partnership organisierten HEAP war
CYQUEST als privatwirtschaftlicher Partner beteiligt. Unter dem
Oberbegriff Recrutainment umfasst das CYQUEST Leistungsspek-
trum die Bereiche eAssessment, SelfAssessment, Berufs- und Stu-
dienorientierung sowie Online-Employer Branding. Zu den CY-
QUEST Kunden gehören zahlreiche namhafte Unternehmen, öf-
fentliche Einrichtungen und Hochschulen, wie z.B. Bacardi, Beiers-
dorf, Bertelsmann, Citibank, Commerzbank, DAK, Deutsche Bahn,
Fern-Fachhochschule Schweiz, Freie und Hansestadt Hamburg,
Gruner + Jahr, Hamburg Media School, Hochschule für Angewand-
te Wissenschaften Hamburg, Hochschule Niederrhein, Karstadt,
Leuphana Universität Lüneburg, Media-Saturn, PriceWaterhouse-
Coopers, Tchibo und Unilever (www.cyquest.net).
Joachim
Diercks,
Geschäftsführer CYQUEST
GmbH, Entwicklung der HAW-Navigatoren im Auf-
trag der HAW Hamburg,
E-Mail: j.diercks@cyquest.net
Jutta
Kast,
Soziologin M.A., Leiterin der Zentra-
len Studienberatung, HAW Hamburg,
E-Mail: jutta.kast@haw-hamburg.de
Dr.
Kristof
Kupka,
Geschäftsführer webadelic.de
GmbH, Leiter der psychologischen Verfahrensent-
wicklung CYQUEST GmbH,
E-Mail: k.kupka@cyquest.net
Katharina
Bolten,
Projektmanagerin CYQUEST
GmbH, Leitung Gesamtprojekt „HAW-Navigator“,
E-Mail: k.bolten@cyquest.net
FFaacchhttaagguunngg::
SSttuuddiieenn((ffaacchh))bbeerraattuunngg
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FFrreeiieenn
UUnniivveerrssiittäätt
BBeerrlliinn
Die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge gibt Anlass, die Information vor Aufnahme des Stu-
diums zu verbessern und über die erforderliche Beratung der Studieninteressierten und Studierenden neu
nachzudenken.
Online Self-Assessments als neue Medien der Studienberatung sollen dabei helfen, die Selbstselektion der
Geeigneten unter den Bewerbern und Bewerberinnen zu fördern.
Zentrale Studienberatung und die dezentrale Studienfachberatung bewegen sich aufeinander zu und werden
ergänzt durch neue Akteure wie Studien- und Prüfungsberater.
Das übliche Sprechstundengespräch in der Studienfachberatung kann durch Zielvereinbarungen zwischen
Lehrenden, Studierenden und Beratern zu einem effizienten Instrument der Lernunterstützung werden.
Die Tagung geht all diesen Aspekten durch Impulsvorträge renommierter Expertinnen und Experten und
durch Workshops nach.
Studienfachberaterinnen und –berater, die in ihren Gesprächen mit Studierenden ziel- und ergebnisorientier-
ter vorgehen möchten oder nach Möglichkeiten suchen, diese Beratungen zu optimieren, können am Freitag
an Supervisionsworkshops teilnehmen, die von Expertinnen und Experten der Zentraleinrichtung Studienbe-
ratung und Psychologische Beratung der Freien Universität Berlin angeboten werden.
Detaillierte Informationen zum Programm finden Sie im Internet unter:
http://www.fu-berlin.de/weiterbildung/news/studienfachberatung.html
23
ZBS 1/2009
S.
Vent,
E.
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Informationssystem
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ZBS
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für
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der
Sozialwissenschaften
Mit
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für
Studieninter-
essierte
der
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haben
die
Autoren
ein
internetbasiertes
Beratungstool
für
Schüler
und
Schüler-
innen
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ckelt,
die
sich
für
ein
Studium
der
Psychologie,
Soziologie
oder
Politikwissenschaft
interes
sieren.
Als
ko-
stenloser
Selbsttest
bietet
es
angehenden
Studierenden
die
Möglichkeit,
sich
vor
ihrer
Bewerbung
um
einen
Studien-
platz
umfassend
über
das
angestrebte
Studienfach
zu
infor-
mieren.
Dabei
werden
den
Teilnehmern
und
Teilnehmerin-
nen
zutreffende,
aber
auch
häuf
ig
fälschlich
angenommene
unzutreffende
Studieninhalte,
Anforderungen
und
Berufs-
bilder
vorgege
ben,
welche
sie
dann
auf
einer
Skala
hinsicht-
lich
ihrer
Richtigkeit
einschätzen
sollen.
Auf
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einer
au-
tomatischen
Rückmeldung
können
die
Studieninteressier-
ten
anschließend
se
lbst
bewerten,
ob
ihre
bisherigen
Er-
wartungen
an
das
Studienfach
den
tatsächlichen
Anford
e-
rungen
entsprechen.
Auf
diesem
Weg
soll
das
Beratung-
stool
zu
einer
Entscheidungsfindung
für
oder
gegen
das
je-
weilige
Studienfach
beitragen.
11..
AAuussggaannggssllaaggee
DD
ie deutsche Hochschullandschaft befindet sich seit eini-
gen Jahren in einem spürbaren Wandel. So stellt die zuneh-
mende Bedeutung hochschuleigener Auswahlverfahren für
Studierende einen wesentlichen Aspekt des Veränderungs-
prozesses dar. Zusätzlich zur Auswahl durch die Hochschu-
len selbst ist aber auch eine Selbstselektion der Studienin-
teressierten anzustreben, die es diesen erlaubt, bereits vor
Eintritt in den hochschuleigenen Auswahlprozess ein mög-
lichst realistisches Bild ihrer persönlichen Eignung für das
Studienfach zu erhalten. Das 2007 beschlossene
Erste Ge-
setz zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschul-
bereich (EHFRUG)
des Landes Baden-Württemberg sieht
sogar vor, dass Studienbewerber ab dem Wintersemester
2010/2011 vor der Zulassung bzw. Immatrikulation die
Teilnahme an einem Orientierungstest oder an einem Ori-
entierungsgespräch der Hochschule nachweisen müssen,
um auf diese Weise ein ausreichendes Maß an Informatio-
nen bei den Studienanfängern sicherzustellen (§ 60, Absatz
2, Satz 6).
Selbstselektion
Der Grundgedanke der Selbstauswahl ist einfach: Studien-
interessierte sollen so umfassend über ihren zukünftigen
Studiengang und dessen inhaltliche Schwerpunkte und An-
forderungen einerseits sowie über die eigenen Fähigkeiten
und Interessen andererseits informiert sein, dass sie selbst
erkennen können, ob sie dem Anforderungsprofil entspre-
chen oder nicht. Im Idealfall bewerben sich damit nur die
tatsächlich geeigneten und korrekt informierten Studienin-
teressierten für einen Studiengang (Arnhold/Hachmeister,
2004). Die Fähigkeit zur Selbstselektion hängt dabei unter
anderem entscheidend von den zur Verfügung stehenden
Informationen ab.
Informationsstand
von
Studieninteressierten
Informationen für Studieninteressierte über Studiengänge
und Studienanforderungen scheinen im deutschen Hoch-
schulraum aber nicht in ausreichendem Maße zur Verfü-
gung zu stehen. Der Wissenschaftsrat (2004) analysierte
den Übergang deutscher Abiturienten von der Schule zur
Hochschule. Er stellte dabei fest, dass weit über die Hälfte
der Studienanfänger zu Studienbeginn nicht hinreichend
über das Studienfach und die Hochschule informiert sei.
Fast ein Drittel verfüge kaum oder überhaupt nicht über die
notwendigen Informationen. Diese Defizite tragen laut
Wissenschaftsrat dazu bei, dass die ersten Semester für die
Studienanfänger unnötig erschwert werden und zu unange-
messen hohen Studienabbruchquoten führen, welche ins-
besondere in den Sozialwissenschaften vergleichsweise
hoch liegen (Heublein/Schmelzer/Sommer 2005).
22..
SSeellff-AAsssseessssmmeennttss
aallss
IInnssttrruummeenntt
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SSeellbbsstt-
sseelleekkttiioonn
uunndd
IInnffoorrmmaattiioonnssvveerrmmiittttlluunngg
AA
ls eine Reaktion auf die eben beschriebene Ausgangslage
werden von Universitäten in zunehmendem Maße Self-As-
sessments als Instrumente der Selbsteinschätzung und In-
formationsvermittlung angeboten. Unter Self-Assessments
Edgar Erdfelder
Svea Vent
Birgit Heilig
24
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
versteht man internetbasierte Selbsttests, die von den Stu-
dieninteressierten freiwillig aufgesucht und eigenständig
durchgeführt werden. Als Bestandteil des Studienbera-
tungsangebotes haben die Ergebnisse dabei keinen Einfluss
auf eine Zulassung oder Ablehnung in einem späteren Be-
werbungsverfahren, sondern sollen angehenden Studieren-
den einen Eindruck vermitteln, mit welchen Inhalten sie
sich im Wesentlichen in ihrem Studium beschäftigen wer-
den und welche Anforderungen damit verbunden sind. Da
die Self-Assessments internetbasiert angeboten werden,
können die Studieninteressierten Ort und Zeit ihrer Teilnah-
me individuell gestalten und sich so unabhängig von be-
stimmten Hochschulstandorten und Beratungszeiten infor-
mieren.
Beispiele
für
Self-AAssessments
Vor allem in den letzten Jahren entwickelten mehrere deut-
sche Hochschulen umfassende Self-Assessments. Als studi-
engangsspezifische Beispiele können der Online-Studien-
kompass für Psychologie der Universität Hamburg
(http://webapp5.rrz.uni-hamburg.de/pion16/studienberatu
ng/virtuelle_studienberatung.htm) und der Selbsttest der
Universität Freiburg für die Anglistik (http://www.psaw.uni-
freiburg.de/selfassessment/angl) herangezogen werden.
Über ganze Fächergruppen wie die Naturwissenschaften
oder die Geisteswissenschaften informiert der Verbund
Norddeutscher Universitäten
(http://www.selfassessment.uni-nordverbund.de).
Das
Mannheimer
Informationssystem
(MISS)
Das Mannheimer Informationssystem ist ein Self-Assess-
ment, welches Studieninteressierten die Möglichkeit bietet,
ihre Erwartungen und Vorstellungen hinsichtlich einzelner
Studiengänge direkt zu überprüfen. Insofern findet im Mann-
heimer Informationssystem eine
explizite Berücksichtigung
von Erwartungen
im Rahmen der Studienfachwahl statt.
Die besondere Bedeutung von Erwartungen im Zusammen-
hang mit der Studiengangsfindung wird unter anderem von
Heublein, Spangenberg und Sommer (2003) betont. Ihrer
Meinung nach spielen Erwartungen hinsichtlich Studienzu-
friedenheit und Studienabbruch eine entscheidende Rolle.
Ein beträchtlicher Anteil der Studienabbrüche sei durch
falsche Erwartungen bedingt. Um das Risiko falscher Erwar-
tungen zu verringern, sollten ausreichende Informationen
über Studienanforderungen und Studienbedingungen
sowie Studienvoraussetzungen seitens der Hochschule be-
reitgestellt werden. Allerdings kann der Bildung einer
falschen Erwartungshaltung nicht notwendigerweise allein
durch Information begegnet werden, da objektive Informa-
tionen unter Umständen subjektiv falsch interpretiert wer-
den könnten oder Studieninteressierte wichtige Informa-
tionen überlesen. Daher empfiehlt es sich unserer Meinung
nach, die Erwartungen und Vorstellungen der Studieninter-
essierten direkt zu erheben und zu korrigieren.
Dieser Aspekt hebt das Mannheimer Instrument von ande-
ren testpsychologisch entwickelten Selbsttests ab, welche
bei der Überprüfung von individuellen Voraussetzungen
und der Vermittlung von Anforderungen vor allem auf kog-
nitive Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale und Interessen
fokussieren. Seit seiner Freischaltung im Mai 2006 stieß das
MISS auf eine erfreulich positive Resonanz. In den ersten
zwei Jahren durchliefen fast 5.000 Personen das gesamte
Mannheimer Informationssystem.
33..
SSttrruukkttuurr
uunndd
AAbbllaauuff
ddeess
MMIISSSS
BB
ezüglich seiner Inhalte kann das Mannheimer Informa-
tionssystem in zwei Hauptbestandteile untergliedert wer-
den. Neben testpsychologisch entwickelten Erwartungs-
tests, die sich auf die Studiengänge Psychologie, Soziologie
und Politikwissenschaft beziehen, beinhaltet das MISS um-
fangreiche schriftliche Informationstexte zu jedem dieser
Studiengänge. Insgesamt sollte für die Bearbeitung des ge-
samten Informationssystems eine dreiviertel Stunde einge-
plant werden. Eine Registrierung ist nicht erforderlich und
es müssen keine besonderen Systemvoraussetzungen erfüllt
sein. Der Ablauf der Bearbeitung des gesamten Mannhei-
mer Informationssystems gestaltet sich wie folgt:
•
Einführung und Auswahl eines Studienfachs:
Die Start-
seite des MISS ist unter www.sowi.uni-mannheim.
de/self-assessment zu erreichen. Hier wählen Studienin-
teressenten das Studienfach aus, über welches sie sich
näher informieren möchten.
•
Erwartungstest:
Im Erwartungstest werden Fragen wie
„Ich erwarte, dass man statistische Zusammenhänge be-
rechnen muss“ jeweils einzeln auf dem Bildschirm prä-
sentiert und auf einer vierstufigen Antwortskala beur-
teilt. Die Fragen beziehen sich vor allem auf die Studien-
inhalte, aber auch auf Anforderungen und Berufsbilder
des jeweiligen Studienganges.
•
Rückmeldung:
Die Auswertung des Erwartungstests er-
folgt unmittelbar nach der Beantwortung der letzten
Frage individuell für jeden Studieninteressierten. Die Er-
wartungen werden sowohl auf der Ebene spezifischer
Studienfachmerkmale (z.B. „Ich erwarte, dass man im
Psychologiestudium Experimente plant und auswertet.“)
als auch auf der Ebene breiterer, faktorenanalytisch ge-
wonnener Erwartungsdimensionen (z.B. „Psychologie ist
eine Naturwissenschaft.“) rückgemeldet. Zur Veran-
schaulichung der Dimensionswerte wurde die Form
eines Profilvergleichs gewählt, in dem die individuellen
Aussagen des Studieninteressierten mit den Antworten
von Mannheimer Professoren der Sozialwissenschaften
verglichen werden. Um dem Unterschied zwischen dem
Profil eines Studiengangs im Allgemeinen sowie dem
spezifischen Profil des Studiengangs an der Universität
Mannheim gerecht zu werden, erfolgt dabei eine zweifa-
che Ergebnisdarstellung, die jeweils auf einer Befragung
der Mannheimer Professoren beruht. Je weiter die Da-
tenpunkte der eigenen Antworten und die der mittleren
Professorenmeinung voreinander entfernt liegen, desto
eher weichen Erwartung und Realität voneinander ab.
Abbildung 1 veranschaulicht dies am Beispiel der für das
Fach Psychologie ermittelten Erwartungsdimensionen.
Mit Hilfe dieser einfachen Darstellung wird dem Studien-
interessierten der Unterschied zwischen seinen eigenen
Erwartungen und dem allgemeinen Fachprofil einerseits
sowie dem spezifischen Hochschulprofil andererseits be-
wusst und er kann sich fundierter für oder gegen eine
Bewerbung für das Studienfach in Mannheim oder an
einer anderen Hochschule entscheiden.
25
ZBS 1/2009
S.
Vent,
E.
Erdfelder
&
B.
Heilig
MISS
-
Mannheimer
Informationssystem
für
...
ZBS
•
Informationstexte:
Die Ergebnisdarbietung leitet auto-
matisch in den Bereich der Informationstexte über, wel-
che ebenfalls studienfachspezifisch dargeboten werden.
Die Informationstexte beginnen mit einer Auflistung der
häufigsten irrtümlichen Annahmen bezüglich eines Stu-
diengangs, um neben der individuellen grafischen Rück-
meldung im Erwartungstest auch noch einmal explizit in
schriftlicher Form auf die häufigsten falschen Erwartun-
gen im Allgemeinen einzugehen (häufige Irrtümer).
Anschließend findet eine Präsentation der möglichen In-
halte eines Studienfaches aus einer universitätsübergrei-
fenden Perspektive (Inhaltsbereiche des Studienfaches)
statt. Da sich einzelne Universitäten in ihrer inhaltlichen
Schwerpunktsetzung unterscheiden können, informieren
weitere Texte über die Ausrichtung und das spezifische
Fachbereichsprofil des jeweiligen Studienganges an der
Universität Mannheim (Schwerpunkte in Mannheim).
Das Informationssystem endet mit einer Sammlung aus-
gewählter Verweise auf weitere Internetseiten, anhand
derer sich die Nutzer bei Bedarf noch umfassender über
das Studienfach informieren können (Linksammlung).
44.. DDaass MMIISSSS aallss EErrggäännzzuunngg zzuurr
ppeerrssöönnlliicchheenn
SSttuuddiieennbbeerraattuunngg
DD
urch seinen freiwilligen Charakter wird
mit dem MISS ein Instrument zur Selbstse-
lektion geboten, das Studieninteressierte
bei ihrer Studienfachwahl unterstützen
möchte, ohne definitive Vorgaben zu ma-
chen. Aus diesem Grund erfolgen keine di-
rekten Beurteilungen der Studiumseignung
und auch keine Empfehlungen zur Studien-
wahl. Die Entscheidung für einen Studien-
gang muss von den Testteilnehmern selbst
getroffen werden und sollte insbesondere
durch einen Besuch der universitären Stu-
dienberatung unterstützt werden. Insofern
ist das Mannheimer Informationssystem als
ein internetbasiertes Beratungsinstrument
zu verstehen, das eine Ergänzung zur per-
sönlichen Studienberatung darstellt.
Das MISS kann von Schülerinnen und
Schülern genutzt werden, die sich für ein
Studium der Psychologie, Soziologie oder
Politikwissenschaft interessieren und bietet
sich als Orientierung insbesondere in der
Oberstufe oder nach Erwerb der Hoch-
schulzugangsberechtigung an. Das Instru-
ment lässt sich problemlos an sozialwissen-
schaftliche Studienangebote anderer Uni-
versitäten anpassen.
LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss
Arnhold, N./Hachmeister, C.-D. (2004):
Leitfaden für
die Gestaltung von Auswahlverfahren an Hochschu-
len (Arbeitspapier Nr. 52). Gütersloh.
Heublein, U./Schmelzer, R./Sommer, D. (2005):
Stu-
dienabbruchstudie 2005 – Die Studienabbrecherquo-
ten in den Fächergruppen und Studienbereichen der
Universitäten und Fachhochschulen (HIS-Kurzinfor-
mation Nr. A 1/2005). Hannover.
Heublein, U./Spangenberg, H./Sommer, D. (2003):
Ursachen des Studienab-
bruchs – Analyse 2002 (HIS-Hochschulplanung Band 163). Hannover.
Wissenschaftsrat (2004):
Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs
(Drucksache 5920/04). Berlin.
Abbildung 1: Beispielhafte Darstellung der Ergebnisrückmeldung im Erwar-
tungstest – in Anlehnung an die Originaldarstellung im Internet
Svea
Vent,
Dipl.-Psych., wissenschaftliche Mitar-
beiterin, Philipps-Universität Marburg,
E-Mail: svea.vent@staff.uni-marburg.de
Dr.
Edgar
Erdfelder,
Professor für Allgemeine
und Differentielle Psychologie, Universität Mann-
heim, Studiendekan,
E-Mail: erdfelder@psychologie.uni-mannheim.de
Birgit
Heilig,
Dipl.-Soz., Leiterin des Akademi-
schen Auslandsamtes, Universität Mannheim,
E-Mail: heilig@verwaltung.uni-mannheim.de
26
ZBS 1/2009
Kommentar
1
:
Die in diesem Heft dargestellten internetbasierten Self-As-
sessments zur Studienwahl haben den Anspruch, die Refle-
xion der Studieninteressenten über sich selbst und die An-
forderungen von angestrebten Studiengängen anzuregen
und zu besserer Informiertheit und zur Förderung einer fun-
dierten Studienwahlentscheidung beizutragen.
Die Entwicklung von solchen Self-Assessment-Angeboten
an den Hochschulen erfordert von den Vertretern der Stu-
dienfächer und Studienfelder die Klärung und Bestimmung
der wesentlichen Studienanforderungen und Schwerpunkte
der jeweiligen Studiengänge. Sie fördert damit die Profilbil-
dung von Fächern und Studiengängen, die teils nützlich ist,
aber auch zur Überbetonung von Unterschieden führen
kann. Um das Ziel einer besseren Orientierung über die
Vielzahl von Studienfächern zu erreichen, erscheint es not-
wendig, sich auf die Anforderungen von Studienfeldern zu
konzentrieren.
Self-Assessments verbessern auf breiter Ebene den vielfach
als defizitär beklagten Informiertheitsgrad von Studienbe-
werbern über Studienoptionen. Der Informationsgewinn ist
dabei jedoch abhängig von der Qualität der Info-Angebote:
Je deutlicher und konkreter der Einblick in die realen Anfor-
derungen von einzelnen Studienfeldern und Studienfächern
ist, umso größer der Gewinn für die Entscheidungsgrundla-
ge. Die medialen Möglichkeiten des Internets sind geeig-
net, charakteristische Anforderungen und Studienleistun-
gen deutlich zu machen und anschaulich vor Augen zu
führen. Das gilt auch für die Informationen über zukünftige
Berufstätigkeiten. Die Informationsangebote sollten so ge-
staltet sein, dass sie zu weiterem aktivem Orientierungsver-
halten anregen und auch das Erkunden des realen Stu-
dienalltags und der zukünftigen Berufspraxis nahelegen.
Self-Assessment-Angebote stellen somit eine hilfreiche Er-
gänzung zu den gegenwärtigen Angeboten der Allgemei-
nen Studienberatung wie auch der Studienfachberatung an
den Hochschulen dar. Sie liefern eine gute Ausgangsbasis
für intensivere und weiterführende Beratungsangebote. In
dieser Funktion sollten sie auch in die übrigen Angebote
und Serviceleistungen der Allgemeinen Studienberatung
und der Psychologischen Beratung integriert werden und zu
weiteren Orientierungsveranstaltungen (wie z.B. Orientie-
rungstage, Gespräche mit älteren Semestern von Studien-
fächern, mit Alumnis und Hochschullehrern) hinleiten.
Die Rückmeldung von Self-Assessments hinsichtlich der
subjektiven Voraussetzungen der Studieninteressenten –
über ihre Interessenschwerpunkte, ihre Motivation und die
Adäquatheit ihrer Erwartungen – ist selten sehr aussagekräf-
tig und damit nur bedingt weiterführend für die Studien-
wahl. Für einen durch die Tests festgestellten Interessen-
schwerpunkt oder auch ein bestimmtes Fähigkeitsprofil
kommen immer mehrere Studienfächer – und häufig auch
sehr verschiedenartige - als Alternativen in Frage. Damit
wird das Ziel, eine möglichst gute „Passung” zwischen sub-
jektiven Voraussetzungen und Anforderungen des Studien-
fachs zu erreichen, prinzipiell in Frage gestellt. Vielmehr las-
sen sich bestenfalls lockere Zuordnungen treffen. Die Mit-
teilung von „adäquaten“ Studienfächern hat die positive
Funktion, auch neue Interessen und Überlegungen anzure-
gen; sie trägt aber nicht unbedingt zu größerer Entschei-
dungssicherheit bei der Studienwahl bei. Es sollte deshalb
auch besonders deutlich gemacht werden, dass der Wert
der Self-Assessments vorwiegend in der Anregung zum
Überdenken von Möglichkeiten und zur Selbstreflektion be-
steht. Viele Studierende benötigen im Prozess der Studien-
wahlentscheidung weitere Unterstützung. Dazu gehören
auch persönliche Gespräche mit Studienberatern und Psy-
chologischen Beratern und (reale) Gruppenangebote. Denn
die Entscheidungssituation findet in einer Entwicklungspha-
se statt, die von den Unsicherheiten des Übergangs in eine
neue soziale Phase mit neuer Identitätsbildung geprägt ist
und per se schon belastende Anforderungen mit sich bringt.
Studienberater und Psychologen kennen die Entschei-
dungsprobleme von Studieninteressenten. Diese hängen
häufig von psychologischen Faktoren ab wie z.B. Abhängig-
keit von den Erwartungen der Eltern, überhöhte subjektive
Selbstansprüche, inadäquate Ansprüche an Sicherheit und
Eindeutigkeit von Entscheidungen. Weiterhin werden Stu-
dienentscheidungen auch von den Faktoren der individuel-
len Lebenssituation der Studieninteressenten bestimmt –
von sozialen Beziehungen, örtlichen Präferenzen und sozio-
ökonomischen Bedingungen. Das Erfahrungswissen aus der
Praxis der (psychologischen) Studienberatung sollte unbe-
dingt in die Entwicklung von Self-Assessment-Angeboten
einfließen.
Das aktuelle starke Interesse an der Entwicklung von On-
line-Angeboten zur Studienorientierung sollte auch mit
einer Verstärkung der personellen Ausstattung der traditio-
nellen Studienberatung einhergehen, die es ermöglicht,
den Studieninteressenten auch erlebnisnahe und person-
zentrierte Angebote zu machen wie z.B. Workshops zur Zu-
kunftsorientierung, Gesprächsgruppen und Einzelberatung.
Von Kritikern wird gegen den Ansatz der Self-Assessments
vorgebracht, dass sie durch ihre Konzentration auf Selbstse-
lektion auch die ohnehin beim Übergang in die Hochschule
stattfindende soziale Selektion verstärken. Dieser spezielle
Effekt ist weder empirisch nachgewiesen, noch scheint er
theoretisch überzeugend. Die weitverbreitete Nutzung des
Internets quer durch alle sozialen Schichten kann vielmehr
der Tendenz zu sozialer Selektion entgegenwirken: Bessere
Informiertheit über die tatsächlichen Anforderungen von
Studienfächern kann sozial bedingte Distanzen überwinden
und Studienoptionen als erreichbar nahebringen.
Helga Knigge-Illner
Kommentar
2:
An vielen Hochschulen haben Projekte zur Implementie-
rung von Self-Assessments mit ihrer Arbeit begonnen.
Webbasierte Informationen über Hochschulen und Studi-
enfächer sollen Studieninteressierten nicht nur Hilfen zur
Wahl von Institution und Fach, sondern durch eine realisti-
sche und mit eignungsdiagnostischen Elementen angerei-
cherte Darstellung der Studienanforderungen auch Mög-
Kommentare
zu
Self-AAssessments
und
Studienberatung
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
27
ZBS 1/2009
Kommentare
ZBS
lichkeiten des Abgleichs zwischen von der Hochschule ge-
forderten Fähigkeiten und den eigenen Selbstbewertungen
geben. Bei allen Unterschieden zwischen den einzelnen
Projekten ist ihr gemeinsames Ziel, für die Hochschulen ge-
eignete und motivierte Studierende zu gewinnen und weni-
ger geeigneten Personen ihre fehlende Passung zu kommu-
nizieren. Dabei schließen Self-Assessments niemanden von
einer Studienplatzbewerbung und einer späteren Immatri-
kulation aus: Im Zentrum ihres Konzepts steht nicht
Fremd-
selektion
(durch Noten, Wartezeiten oder sonstige Aus-
wahlentscheidungen), sondern die Erzeugung von
Selbstse-
lektion
im Vorfeld einer Studienplatzbewerbung.
Nun ist in der sozialwissenschaftlichen Diskussion unbe-
stritten, dass Selbstselektionen stärkere Wirkungen in Rich-
tung sozialer Selektion nach sich ziehen als Fremdselektio-
nen. Deshalb plädierte der Bildungsforscher Wilfried Bos
unlängst in einem Interview mit der Online-Ausgabe des
Spiegels
dafür, die Entscheidung über die Schullaufbahn
eines Kindes nicht vorrangig den Eltern zu überlassen, son-
dern von Selbst- auf Fremdselektion umzusteuern. Seine
Begründung: „Weil Professoren immer einen Weg finden
werden, ihr Kind auch bei schlechten Leistungen auf dem
Gymnasium zu plazieren. Und weil eine türkische Putzfrau
eher damit zufrieden ist, wenn ihre Tochter auf der Haupt-
schule landet“ (SchulSPIEGEL 2008). Auch wenn Entschei-
dungen zu Studienkarrieren meist nicht von Eltern getroffen
werden, ist im Kontext von Fach- und Hochschulwahl keine
abweichende Lage zu konstatieren. Nicht nur der Hoch-
schulzugang ist von Selbstselektivität und sozialer Selekti-
vität geprägt, sondern auch die Entscheidung zum Studium
an einer bestimmten Hochschulform sowie die Wahl des
Studienfachs (vgl. Bargel 2008; Preißer 2003). Die Folgen
einer Stimulierung selbstselektiven Verhaltens sind daher
absehbar.
Es wäre zweifellos ungerecht, den Entwicklern von Self-As-
sessments unterstellen zu wollen, ihr Ziel sei die Beförde-
rung sozialer Selektion und das Fernhalten der Kinder türki-
scher Putzfrauen von deutschen Hochschulen. Um was es
geht, beschreibt das
Centrum für Hochschulentwicklung
(CHE)
: „Der große Vorteil der Selbstselektion ist die Ver-
meidung von Kosten für das Auswahlverfahren. Ein Bewer-
ber, der anhand der Informationen, die beispielsweise im
Internet zugänglich sind, erkennt, dass er nicht ‚passt’, ver-
ursacht keine weiteren Kosten“ (Arnhold/Hachmeister
2004, S. 4). Hochschulen, die langjährig dafür gestritten
haben, für die Auswahl ihrer Studierendern selbst zu ver-
antwortlich sein zu wollen, statt sie an anonyme Organisa-
tionen wie die ZVS zu delegieren, stellen fest, dass die Aus-
wahlverfahren teuer sind und Arbeitszeit verschlingen. We-
niger aufwendig wird die Studierendenauswahl, wenn die
Zahl der Bewerberinnen und Bewerber mittels Selbstselek-
tion reduziert werden kann.
In zum Zweck der Kundenaquise an Hochschulleitungen
gerichtetem Informationsmaterial schreibt die ITB Consul-
ting GmbH: „Self-Assessments und Auswahlinstrumente
dürfen (…) nicht als Gegenpole verstanden werden, son-
dern bilden eine Einheit aus Selbst- und Fremdselektion,
aus Beratung und Auswahl“ (ITB Consulting GmbH 2008).
Die Allgemeine Studienberatung der Hochschulen wird also
durch Self-Assessments unter Druck gesetzt. Im einschlägi-
gen Fachdiskurs werden die Angebote in einigen Fällen
kaum noch als Flankierung von Studienberatung themati-
siert, sondern bereits als deren Substitut. Die psychologi-
sche Forschung erklärt: „Webbasierte Beratungssysteme
treffen den Puls der Zeit“ (Zimmerhofer 2008, S. 167). Die
Ausgaben für Beratungsstellen und deren Personal werden
fraglich: „Durch den hohen Automatisierungsgrad sind die
Kosten pro Beratungsleistung bei einer größeren Anzahl an
Teilnehmern gering. Anders als die Durchführung von Face-
To-Face-Beratungen bestehen die Kosten meist nur aus
fixen Ausgaben, so dass durch eine Erhöhung der Teilneh-
merzahlen die Pro-Kopf-Kosten drastisch sinken. Aufgrund
der guten Skalierbarkeit der technischen Voraussetzungen
(Webserver, Netzwerktechnik etc.) kann selbst bei größtem
Andrang der Betrieb gewährleistet werden. Bei einer klassi-
schen Beratung müssten in diesem Fall lange Wartezeiten in
Kauf genommen werden“ (ebd. S. 35).
Die „klassische“ Studienberatung ist daran gewöhnt, mit
unterschiedlichen Ansprüchen konfrontiert zu werden.
Ohne handfeste staatlich-bildungspolitische Steuerungsin-
teressen hätte sie sich seit den siebziger Jahren nicht
flächendeckend etablieren können; ohne die Hoffnung vie-
ler Hochschulleitungen, dass sie zur Überwindung von un-
vorteilhaftem Hörsaalleerstand beitragen kann, wäre ihr
Stand derzeit fragiler, als er es ist. Die Stärke Allgemeiner
Studienberatung besteht darin, zu einem reflexiven Um-
gang mit externen Erwartungen fähig zu sein – in Richtung
der Auftraggeber (Staat und Hochschulen) genauso wie in
Richtung der Ratsuchenden. Die Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter der Beratungsstellen wissen, dass Studienwahlent-
scheidungen von rationalen, irrationalen sowie zufälligen
Elementen abhängen und der von Lenkungsphantasien ge-
leitete Versuch, sie Kriterien wie Eignung, Passung oder
wirtschaftlichem Bedarf zu unterwerfen, scheitern muss.
Deshalb stellt Unaufgeregtheit eine angemessene Reaktion
auf die neuen Entwicklungen dar. Von der Zukunft kann er-
wartet werden, dass sich hunderte unterschiedlich gestalte-
ter Self-Assessments im Netz finden lassen, die die wider-
sprüchlichen Marketinginteressen einzelner Hochschulen
abbilden. Der Bedarf für qualifizierte Beratung zum Hoch-
schulzugang wird unter diesen Bedingungen nicht sinken,
sondern steigen.
Klaus Scholle
LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss
Bargel, T. (Hg.) (2008):
Soziale Ungleichheit im Hochschulwesen. Barrieren
für Bildungsaufsteiger. Universität Konstanz, Arbeitsgruppe Hochschul-
forschung; Hefte zur Bildungs- und Hochschulforschung Nr. 49.
Arnhold, N./Hachmeister, C.-D. (2004):
Leitfaden für die Gestaltung von
Auswahlverfahren an Hochschulen, CHE-Arbeitspapier, Nr. 52, o.O.
(Gütersloh).
ITB Consulting GmbH (2008):
Fachspezifische Studierfähigkeitstests für in-
ländische und gleichgestellte Studienbewerber/innen in Auswahlverfah-
ren der Hochschulen. URL: http://www.itb.consulting.de/file.php/de/
hs_consulting/0/0/Informationsbrief.pdf; Zugriff: 24.12.2008.
Preißer, R. (2003):
Zur Reproduktion sozialer Ungleichheit durch Bildungs-
entscheidungen. Ein Beitrag zum Verhältnis von Sozialstruktur und indi-
viduellem Handeln. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, URL:
http://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-1997/preisser97_
01.pdf, Zugriff: 2.3.2009.
SchulSPIEGEL (2008):
„Wer das Gymnasium abschaffen will, wird abge-
wählt.“ Interview mit Wilfried Bos, URL: http://www.spiegel.de/
schulspiegel/wissen/0,1518,596734-2,00.html; Zugriff: 20.12.2008
Zimmerhofer, A. (2008):
Studienberatung im deutschen Hochschulsystem
auf der Basis psychologischer Tests: Studienfachprofile, Vorhersagevali-
dität und Akzeptanz, Aachen, S. 167, URL: http://deposit.ddb.de/
cgi-bin/dokserv?idn=989667642; Zugriff: 24.12.2008.
28
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
Außercurriculare
studentische
Initiativen
mit
Studienfach-
bezug
können
ein
wichtiges
Instrume
nt
sein,
um
Fach-
kenntnisse
zu
vertiefen,
überfachliche
Kompetenzen
zu
er-
werben
und
persö
nlichkeitsbildende
Effekte
zu
erzeugen.
Gleichzeitig
gibt
es
eine
weit
verbreitete
Skepsis,
inwieweit
die
neuen
Studiengänge
noch
Freiräume
für
solche
Initiati-
ven
bereithalten.
Eine
e
ntsprechende
Recherche
an
allen
ostdeutschen
Hochschulen
erhellt
die
aktuelle
Situation
ex-
em
plarisch.
11..
HHoocchhsscchhuullee
uunndd
PPrraaxxiiss
iimm
SSttuuddiiuumm
DD
ie deutschen Hochschulen weisen eine lange Tradition
der Ausbildung für die Berufspraxis auf, z.B. von Ärzten,
Anwälten, Lehrern und Pastoren. Inwiefern sich diese
Ausbildung für die Berufspraxis in den Studieninhalten
niederschlagen sollte, ist aber bis heute umstritten. So
wird allgemein die Praxisferne der Absolventen deut-
scher Hochschulen beklagt. Das gelte insbesondere für
die Universitäten:
„In vielen Fächern, deren Absolventen dauerhaft erhebli-
che Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben, werden
Strukturen und Inhalte der universitären Studiengänge
bislang ausschließlich aus der Forschungsperspektive der
Fachdisziplin heraus entwickelt. Darin kommt ein Defizit
institutioneller Verantwortung zum Ausdruck“, formu-
lierte der Wissenschaftsrat (1999, S. 59).
Zugleich wird in der einschlägigen Fachdebatte darauf auf-
merksam gemacht, dass die
Distanz
zur Welt der Arbeit ein
zentrales Merkmal von Bildung sei – und zwar um Befähi-
gungen zu erwerben, eben diese Welt der Arbeit und ande-
re Lebenssphären erfolgreich zu bewältigen (Teichler 2003,
S. 15). Lebenskluge Beschäftiger erwarten auch genau dies,
denn: Praktiker wissen,
„dass Praxis blind macht. Sie suchen
nicht nach Leuten, die ihre Blindheit teilen“
(Baecker 1999,
S. 64). Die unterschiedlichen Akzentsetzungen formulieren
eine traditionelle Spannung, die in Hochschulstudien gelebt
und produktiv gemacht werden muss: die Spannung zwi-
schen Bildung und Ausbildung.
Als wissenschaftliche Bildungseinrichtungen sind Hoch-
schulen primär darauf ausgelegt, nicht für Routinetätigkei-
ten, sondern für solche beruflichen Handlungssituationen
auszubilden, die grundsätzlich durch Ungewissheit, Deu-
tungsoffenheit und Normenkonflikte, zugleich aber auch
durch Zeitdruck und Handlungszwang gekennzeichnet sind.
Das Handeln in solchen Situationen verträgt keine rein in-
strumentelle Anwendung von Wissen. Wer heute studiert,
wird – in welchem beruflichen Feld auch immer – mit hoher
Wahrscheinlichkeit morgen unter Zeitdruck, Ungewissheit
und Normenkonflikten komplizierte Sachverhalte entschei-
den und in solchen Situationen sicher handeln müssen.
Daher geht es darum, den hochschulischen Bildungsauftrag
mit dem Ausbildungsauftrag zu vermitteln. Es geht um die
Verbindung von Theorie- und Praxisperspektive: Studieren-
de und Absolventen müssen in die Lage versetzt werden,
sowohl theoretisch angeleitet auf die Praxis schauen als
auch die Praxisrelevanz ihrer Theorieschulung erkennen
und fruchtbar machen zu können.
Um solch reflektierte Verbindungen zwischen Wissenschaft
und Praxis zu erzeugen, sind zahlreiche Instrumente denk-
bar: duale Studiengänge, begleitete Praxisphasen, Berufs-
praktiker/innen als Lehrbeauftragte, Studien- und Ab-
schlussarbeiten in Kooperation mit Praxispartnern, Mento-
ring-Programme, Übungsfirmen oder wissenschaftlich be-
treute Businessplan-Wettbewerbe. Diese Instrumente wer-
den von den Hochschulen organisiert. Eine spezifische Vari-
ante, Verbindungen zwischen Wissenschaft und Praxis be-
reits während des Studiums herzustellen, stellen hingegen
studentische Initiativen dar. In ihnen zeigt sich besonders
deutlich das Maß an Entrepreneurship, welches nach allge-
meiner Auffassung heutige Studierende und damit künftige
Absolventen ausprägen sollen. Sie stellen wichtige Bottom-
up-Initiativen dar, indem sie einerseits durch eine starke,
nämlich berufseinstiegsorientierte Motivation getragen
werden und andererseits unschätzbare fachliche wie per-
PPeeeerr
PPaasstteerrnnaacckk,,
RRoollaanndd
BBlloocchh,,
DDaanniieell
HHeecchhlleerr
&&
HHeennnniinngg
SScchhuullzzee
Studentische
Initiativen
zur
Verbindung
von
Hochschule
und
Praxis
im
Studium
Eine empirische Erkundung an
ostdeutschen Hochschulen
Roland BlochPeer Pasternack
Henning SchulzeDaniel Hechler
29
ZBS 1/2009
P.
Pasternack,
R.
Bloch,
D.
Hechler
&
H.
Schulze
Studentische
Initiativen
zur
Verbindung
...
ZBS
sönlichkeitsbildende Effekte bei den beteiligten Studieren-
den erzeugen.
22..
BBoollooggnnaa-WWiirrkkuunnggeenn
II
n zweierlei Hinsicht werden dem Bologna-Prozess Wirkun-
gen zugeschrieben, die einer angemessenen Hochschule-
Praxis-Integration entgegenstehen. Einerseits sei ein Trend
zur Reduktion des Praxissemesters erkennbar, wie auch die
erste HIS-Bachelor-Absolventenstudie bestätigte:
„Im Bachelor-Studium an Fachhochschulen scheint sich
tatsächlich ein Ersetzen des Praxissemesters durch Be-
triebspraktika abzuzeichnen. Nur gut die Hälfte der
Fachhochschulbachelors hat noch ein Praxissemester ab-
solvieren müssen. … Bei den Absolventen der an Fach-
hochschulen angebotenen Bachelor-Studiengänge der
Informatik (90% vs. 67%) und der Ingenieurwissenschaf-
ten (87% vs. 58%) ist ein im Vergleich zu den zeitgleich
befragten Absolventen tradierter Abschlüsse deutlich
verringerter Anteil der Praxissemester zu verzeichnen“
(Minks/Briedis 2005, S. 34f.).
An der FH Jena z.B. wird darauf hingewiesen, dass kürzere
Praxisphasen nicht im Interesse der Unternehmen seien:
„Finden Sie mal eine Praxisstelle, die einen Praktikanten für
acht Wochen nimmt! Sobald der sich eingearbeitet hat, ist
die Zeit schon wieder vorbei.“
1
Andererseits mache die Umsetzung der Studienstrukturre-
form studienbegleitende Aktivitäten nahezu unmöglich. An
manchen Hochschulen werde der Lehrstoff neunsemestri-
ger Magister- oder Diplom-Studiengänge in sechssemestri-
ge Bachelor-Programme komprimiert, was zu Arbeitsüber-
lastung und Frustrationen bei den Studierenden führt. Den
Studierenden werde durch die gestraffte Ausbildungsform
und geringe Wahlmöglichkeiten die Möglichkeit genom-
men, eigene Interessenschwerpunkte in ihrem Studium zu
setzen. Die Vielzahl der Prüfungen durch die Einführung
studienbegleitender Leistungsnachweise erhöhe zu jedem
Semesterende den Gesamtstress noch einmal.
Nun werden diese Probleme zwar regelmäßig unter dem
Stichwort „Bologna“ benannt, gehen der Sache nach aber
nicht auf das Konto des Bologna-Prozesses im engeren
Sinne. Die schlichte Komprimierung der Studieninhalte –
d.h. die Anforderungen eines Magister- oder Diplom-Stu-
diengangs weitgehend in ein Bachelor-Programm zu pres-
sen – ist am jeweiligen Fachbereich zu verantworten und
kann nicht dem Bologna-Prozess zugerechnet werden.
Gleiches gilt für die Frage, ob die Studiengänge überhaupt
oder hinreichend große Wahl- bzw. Wahlpflichtbereiche
vorsehen. Ebenso ist eine hohe Prüfungsbelastung, die aus
zu kleinen (jeweils abzuprüfenden) Modulen resultiert,
keine zwingende Folge der politischen Vereinbarungen
zwischen den Bologna-Signatarstaaten. Auch gibt es keine
formale Vorgabe, die als Leistungsnachweise allein schrift-
liche oder mündliche Modulabschlussprüfungen – mit dem
entsprechenden Prüfungsstress bei Studierenden und Leh-
renden – zulässt.
Es ist daher zu hoffen, dass die berechtigten Kritiken im
Rahmen der ohnehin in Deutschland zwingend anstehen-
den Bologna-Reparaturphase ausgeräumt werden können.
Zwei Argumente sind hier jedenfalls unabweisbar. Zum
einen führt nunmehr, nach der Definition der Kultusminis-
terkonferenz, das in der Regel dreijährige Bachelor-Stu-
dium zu einem berufsqualifzierenden Regelstudienab-
schluss (KMK 2005, S. 4). Zum anderen sollen die neuen
Studiengänge nicht nur fachlich qualifizieren, sondern darü-
ber hinaus überfachliche Kompetenzen vermitteln, die
gleichfalls auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden.
Außercurriculare und zugleich mit dem Studium verbunde-
ne Aktivitäten dürften wie nur wenig anderes geeignet sein,
solchen Kompetenzerwerb zu fördern.
33..
EEmmppiirriisscchhee
EErrggeebbnniissssee
II
m Rahmen eines Forschungsprojektes haben wir unter-
sucht, wie sich die aktuelle Situation an den ostdeutschen
Hochschulen hinsichtlich studien- und lehrbezogener Ko-
operationen zwischen Hochschule und Praxis darstellt.
2
Insgesamt konnten 310 laufende lehr- und studienbezoge-
ne Hochschule-Praxis-Aktivitäten recherchiert werden.
3
Darunter ließen sich 44 Aktivitäten ermitteln, die entweder
unter maßgeblicher Beteiligung von Studierenden oder –
der Regelfall – allein und eigeninitiativ von ihnen ent-
wickelt wurden und getragen werden Das heißt: 14% aller
ermittelten Aktivitäten würden nicht stattfinden, wenn sie
nicht von Studierenden initiiert worden wären und maß-
geblich getragen würden. Übersicht 1 stellt exemplarisch
die Aktivitäten an den Hochschulen Sachsens dar.
Unterscheiden lassen sich drei Aktivitätsgruppen:
• Karrierevorbereitungs-Initiativen, die ohne Bindungen
an ein bestimmtes Studienfach Aktivitäten zur individu-
ellen Entwicklung arbeitsmarktbezogener Kompetenzen,
Kenntnisse und Kontakte entfalten;
• studienfachbezogene Beratungsagenturen, d.h. Agentu-
ren, die von Studierenden einzelner Fächer – meist,
aber nicht nur Wirtschaftswissenschaftler/innen – unter-
halten werden, um kommerziell Beratungsleistungen zu
erbringen;
• studienfachbezogene Kontaktinitiativen, die innerhalb
eines Studienfaches Aktivitäten zur individuellen Ent-
wicklung arbeitsmarktbezogener Kompetenzen, Kennt-
nisse und Kontakte entfalten (siehe Übersicht 2).
Bei zwei der ermittelten Aktivitäten ist der aktuelle Status
unklar. Fünf der Initiativen sind überfachlich ausgerichtet
bzw. fachungebunden. Wird für die verbleibenden Aktivitä-
ten eine studienfachbezogene Auswertung vorgenommen,
so ergibt sich (Übersicht 3):
1
Interview-Zitate aus den Erhebungen des diesem Text zugrundeliegenden
Forschungsprojekts. Vgl. dessen Gesamtbericht: Pasternack et al. (2008).
Der hier vorgelegte Artikel beruht auf einer themenspezifischen Sonder-
auswertung der in diesem Projekt erhobenen Daten.
2
Durchgeführt im Auftrag des BMBF. Dazu wurde zunächst eine Totalerhe-
bung durchgeführt (März-Mai 2008, inkl. Berlin). In eine schriftliche Befra-
gung waren alle ostdeutschen Universitäten, Fachhochschulen, IHKs und
daneben Verbände, insgesamt 83 Adressaten, einbezogen. Der Rücklauf
betrug 34%. Verbliebene Lücken wurden durch Internetrecherche und
Dokumentenanalysen geschlossen. Der vertiefenden qualitativen Informa-
tionserhebung dienten 20 Experteninterviews und wiederum Dokumente-
nanalysen.
3
Vgl. die Komplettübersicht aller recherchierten Aktivitäten unter :
http://www.hof.uni-halle.de/cms/download.php?id=142
30
ZBS 1/2009
Beratungsentwicklung/-ppolitik
ZBS
• Das eindeutig aktivste Fach stellen
die
Wirtschaftswissenschaften
dar:
78% aller fächergebundenen Akti-
vitäten gehen auf das Konto von
BWL- und VWL-Studierenden.
•
Alle anderen Fächer
spielen mit
insgesamt einem Fünftel (22%)
der studentischen Initiativen eine
eher untergeordnete Rolle.
• In den
Sozial- und Geisteswissen-
schaften
inkl. Kunst und Design
(ohne Wirtschaftswissenschaften)
gibt es immerhin noch fünf Initia-
tiven.
• In den
Naturwissenschaften
und
der Medizin schmilzt es auf drei
Aktivitäten zusammen.
• Die
Ingenieurwissenschaften
sind,
wenn es um studentisch organi-
sierte Hochschule-Praxis-Verbin-
dungen geht, durch vollständige
Inaktivität charakterisiert.
Im ganzen sind also die nicht-natur-
wissenschaftlichen Studierenden weit
betriebsamer, wenn es um die Orga-
nisation extracurricularer Fach-
Übersicht 2: Studentische Hochschule-Praxis-Initiativen: typisiert
Übersicht 1: Studentische Hochschule-Praxis-Initiativen an den Hochschulen Sachsens (2008)
Übersicht 3: Verteilung der fächergebundenen Aktivitäten auf Fächergruppen
ZBS 1/2009
P.
Pasternack,
R.
Bloch,
D.
Hechler
&
H.
Schulze
Studentische
Initiativen
zur
Verbindung
...
ZBS
erfahrung geht, als die Studenten und Studentinnen der
Fächer, von denen später im Beruf die wesentlichen innova-
tionstragenden Impulse erwartet werden.
Um die dominierenden Aktivitäten zu illustrieren, seien
zwei Beispiele genannt, zu denen wir im Rahmen unserer
Recherchen Interviews geführt hatten:
An der
Universität Jena
wurde 2002 die
studentische Un-
ternehmensberatung JenVision e.V
. gegründet. Ziel des
Vereins ist die Förderung des Austausches zwischen Theorie
und Praxis sowie die Weiterbildung der Mitglieder. Einer-
seits führen die beteiligten Studierenden externe Bera-
tungsprojekte für Unternehmen durch, andererseits bilden
sie sich intern z.B. durch Projektmanagement-Schulungen
fort. Unter den etwa 25 aktiven Mitgliedern befinden sich
hauptsächlich BWL-Studierende. Als studentischem Verein
werden JenVision e.V. von der Universität kostenlos infra-
strukturelle Leistungen zur Verfügung gestellt. Neben Ver-
tretern der Hochschulleitung gehören Praxisvertreter aus
dem Kuratorium der Universität Jena dem Verein an. Die
Unterstützung durch die Universität wird als notwendig an-
gesehen, um Vorurteile gegenüber studentischen Bera-
tungsleistungen abzubauen.
Die
Firmenkontaktmesse „campus-X-change“
an der
Fach-
hochschule Lausitz
besteht seit 2002 und fand 2008 zum
siebten Mal statt. Die Messe versteht sich als „Plattform für
die Vermittlung von Praktika, Diplomarbeiten und Arbeits-
plätzen an alle Studenten, Absolventen und Abiturienten“
und „ideale Basis für den Dialog zwischen Unternehmen,
Hochschulen, Nachwuchskräften, Absolventen und Studie-
renden“ (FH Lausitz 2008, S. 3). Sie ist mit 54 Ausstellern
die größte Veranstaltung ihrer Art in der Region; die
Schirmherrschaft hat der Wirtschaftsminister des Landes
Brandenburg. Organisation und Durchführung liegen voll-
ständig in der Verantwortung von Studierenden; Betreuung
und Coaching erfolgen durch einen Professor der Hoch-
schule. Das Organisationsteam setzt sich aus vier Studen-
tinnen und Studenten in den Arbeitsbereichen Projektlei-
tung, allgemeine Messeorganisation, Messebau/Finanzen
sowie Kongressorganisation zusammen. Die Beschäftigung
erfolgt auf der Basis von Studentische-Hilfskraft-Verträgen
an der Hochschule. Die Studierenden können sich zudem
ihre im Rahmen der Messeorganisation geleistete Arbeit als
Studienleistung (Praktikums- oder Leistungsschein) anrech-
nen lassen. Die FH Lausitz stellt ausgestattete Büroräume
auf dem Campus in Senftenberg zur Verfügung. Sachkosten,
die vor allem durch Messebau und Öffentlichkeitsarbeit an-
fallen, werden durch Sponsoren und Standgebühren der
Aussteller finanziert. 2008 erwirtschaftete die Messe nach
Angaben der Veranstalter einen Überschuss (FH Lausitz
2008a, S. 13). Die „campus-X-change“ betreibt überdies
das zentrale Jobportal der FH Lausitz.
44..
SScchhlluussssffoollggeerruunnggeenn
SS
tudentische Initiativen zur frühzeitigen Verbindung von
Wissenschaft und Praxis erzeugen einerseits unschätzbare
fachliche wie persönlichkeitsbildende Effekte bei den betei-
ligten Studierenden und tragen zur Ausprägung der allseits
geforderten überfachlichen Kompetenzen bei. Andererseits
sind sie für die Hochschulen mit nur geringem Ressourcen-
aufwand verbunden. Daher sollte es an Hochschulen
grundsätzlich keine unüberwindlichen Hindernisse geben,
solche Initiativen auch mit Ausstattungsleistungen zu un-
terstützen.
Das betrifft die Bereitstellung von Räumlichkeiten und
technischer Infrastruktur, die Beschäftigung und Bezahlung
von studentischen Protagonisten als SHKs, die Anerken-
nung der Mitwirkung als Studienleistung (ggf. nach einer
hochschulinternen Zertifizierung) sowie – aus Gründen der
Qualitätssicherung insbesondere im letztgenannten Fall –
Angebote zur fachlichen Betreuung durch Hochschulleh-
rer/innen. Motivationsfördernd können auch Prämierungen
solcher Studenteninitiativen wirken. Mit solch vergleichs-
weise geringfügigem Einsatz können nicht zuletzt Aktivitä-
ten stabilisiert werden, die, würden sie nicht von Studieren-
den organisiert, seitens einer serviceorientiert auftretenden
Hochschule selbst angeboten werden müssten – etwa Fir-
menkontaktmessen oder Bewerbungstrainings.
Studierende der Wirtschaftswissenschaften scheinen zu
derartigen Aktivitäten nicht gesondert ermutigt werden zu
müssen. Anders verhält sich dies offenkundig bei den Stu-
dierenden aller anderen Fächer. In einem ersten und ele-
mentaren Schritt sollten daher die Bachelor- und Master-
Studiengänge grundsätzlich so gestaltet werden, dass stu-
dentische Freiräume für außercurriculare Aktivitäten erhal-
ten bleiben resp. wiedergewonnen werden.
LLiitteerraattuurrvveerrzzeeiicchhnniiss
Baecker, D.(1999):
Die Universität als Algorithmus. Formen des Umgangs
mit der Paradoxie der Erziehung, In: Berliner Debatte Initial 3/1999, S.
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Fachhochschule Lausitz (2008):
Abschlussbericht zur 7. Firmenkontakt- und
Personalbörse campus-X-change am 16.04.2008 an der Fachhochschule
Lausitz in Senftenberg, Senftenberg, unveröff. Manuskript.
KMK, Kultusministerkonferenz (2005):
Ländergemeinsame Strukturvorga-
ben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und
Masterstudiengängen (Beschluss der KMK vom 21.04.2005),
URL: http://www.kmk.org/doc/beschl/BS_050421_LaendergemStruktur
vorgaben_ErgaenzungKunst_Musik.pdf (Zugriff 19.12.2005).
Minks, K.-H./Briedis, K. (2005):
Der Bachelor als Spungbrett? Ergebnisse der
ersten bundesweiten Befragung von Bachelorabsolventen. Teil I: Das Ba-
chelorstudium. Hannover.
Pasternack, P./Bloch, R./Hechler, D./Schulze, H. (2008):
Fachkräfte bilden
und binden. Lehre und Studium im Kontakt zur beruflichen Praxis in
den ostdeutschen Ländern (HoF-Arbeitsbericht 4/2008), Wittenberg.
Teichler, U. (2003):
Hochschule und Arbeitswelt. Konzeptionen, Diskussio-
nen, Trends. Frankfurt a.M./New York.
Wissenschaftsrat (1999):
Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulaus-
bildung und Beschäftigungssystem,
URL: http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4099-99.pdf
(Zugriff 05.09.2006).
Dr.
Peer
Pasternack,
Forschungsdirektor am In-
stitut für Hochschulforschung Wittenberg (HoF),
E-Mail: peer.pasternack@hof.uni-halle.de
Dr.
Roland
Bloch,
Politikwissenschaftler, Institut
für Hochschulforschung Wittenberg (HoF),
E-Mail: roland.bloch@hof.uni-halle.de
Daniel
Hechler,
M.A., Politikwissenschaftler, In-
stitut für Hochschulforschung Wittenberg (HoF),
E-Mail: daniel.hechler@hof.uni-halle.de
Henning
Schulze,
studentischer Mitarbeiter am
Institut für Hochschulforschung Wittenberg (HoF),
E-Mail: henning.schulze@hof.uni-halle.de
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Neuerscheinungen
im
UniversitätsVerlagWebler:
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Barbara Schwarze, Michaela David, Bettina Charlotte Belker (Hg.):
Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik
ISBN 3-937026-59-2, Bielefeld 2008,
239 S., 29.80 Euro
Gender- und Diversityelemente in Lehre und Forschung an den Hoch-
schulen tragen zu einer verstärkten Zielgruppenorientierung bei und stei-
gern die Qualität durch die bewusste Einbindung der Nutzerinnen und
Nutzer – seien es Studierende, Lehrende oder Anwenderinnen und An-
wender in der Praxis. Die Integration in die Lehrinhalte und –methoden
trägt dazu bei, die Leistungen von Frauen in der Geschichte der Technik
ebenso sichtbar zu machen wie ihre Beiträge zur aktuellen technischen
Entwicklung. Sie werden als Anwenderinnen, Entwicklerinnen, Forsche-
rinnen und Vermarkterinnen von Technik neu gesehen und sind eine in-
teressante Zielgruppe für innovative Hochschulen und Unternehmen.
Parallel zeigt sich – unter Gender- und Diversityaspekten betrachtet – die
Vielfalt bei Frauen und Männern: Sie ermöglicht eine neue Sicht auf älte-
re Frauen und Männer, auf Menschen mit Benachteiligungen und/oder
Behinderungen, mit anderem kulturellen Hintergrund oder aus anderen
Ländern.
In diesem Band stehen vor allem Entwicklungen und Beispiele aus Lehre,
Praxis und Forschung der Ingenieurwissenschaften und der Informatik im
Vordergrund, aber es werden auch Rahmenbedingungen diskutiert, die
diese Entwicklung auf struktureller und kultureller Ebene vorbereiten.
Der Vielfalt dieser Themen entsprechen auch die verschiedenen Perspek-
tiven der Beiträge in den Bereichen:
• Strukturelle und inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten einer familien-
und gendergerechten Hochschule,
• Zielgruppenspezifische Perspektiven für technische Fakultäten,
• Gender- und Diversityaspekte in der Lehre,
• Gendergerechten Didaktik am Beispiel der Physik und der Mathematik,
• Gender und Diversity in der angewandten Forschung und Praxis.
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
Ursula Walkenhorst, Annette Nauerth, Inge Bergmann-Tyacke, Kordula Marzinzik (Hg.):
Kompetenzentwicklung im Gesundheits- und Sozialbereich
Vielfältige Veränderungen in der Gesellschaft und neue Anforderungen in
der Arbeitswelt machen es erforderlich, die eigenen Kompetenzen umfas-
send zu reflektieren, einzuschätzen und ggf. zu erweitern. Die Entwick-
lung, Messung und Anrechnung von Kompetenzen stellt damit in der
heutigen Zeit sowohl in der beruflichen Praxis als auch in der Aus-, Fort-
und Weiterbildung ein zentrales Thema dar. Der Kompetenzforschung
kommt hierbei eine bedeutsame Rolle zu. Fragestellungen zu diesem
Thema werden aus der Perspektive unterschiedlicher wissenschaftlicher
Disziplinen aufgegriffen und bearbeitet. Der vorliegende Band widmet
sich dieser Thematik aus der Perspektive der Gesundheits- und Sozialbe-
rufe. Die Diskussionen um die Analyse und Entwicklung von Kompetenz-
profilen, Möglichkeiten zur Messung und Anrechnung von Kompetenzen
aus der beruflichen Praxis auf Hochschulstudiengänge sowie die theoreti-
sche Betrachtung des derzeitigen Kompetenzverständnisses werden durch
aktuelle Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Kompetenzforschung in die-
sem Band dargestellt und diskutiert. Hier zeigt sich für den Gesundheits-
und Sozialbereich eine differenzierte und vielfältige Auseinandersetzung.
Hintergrund dieser Veröffentlichung ist die Entwicklung der Kompetenz-
plattform „KomPASS“ an der Fachhochschule Bielefeld. „KomPASS´“ ist
ein Verbund von Forschern und Forscherinnen aus den Bereichen Pflege
und Gesundheit sowie Sozialwesen, die sich sowohl anwendungs- als
auch grundlagenorientiert mit der Thematik „Kompetenzentwicklung im
Gesundheits- und Sozialbereich“ beschäftigen.
ISBN 3-937026-61-4, Bielefeld 2009,
240 S., 29.70 Euro
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22