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Zukunft der Gemeinden aus regionalwirtschaftlicher Sicht
Fassung vom 14. Dezember 2011
I n h a l t
A. Die Zukunft: Bedingungen für die Gemeinden .................................................... 1
B. Das Zeitlose: Denkansätze der Wirtschaftswissenschaft ................................... 2
C. Die Gegenwart: Situation und Auffassungen in oberösterreichischen .................
Gemeinden ......................................................................................................... 4
D. Die Gestaltung: Folgerungen für heute und morgen......................................... 12
Literatur .................................................................................................................... 13
1
A. Die Zukunft: Bedingungen für die Gemeinden
“Crystal balls are notoriously cloudy“ (Baumol/Blinder 1979: 835). Glaskugeln sind
also immer beschlagen. Dennoch: Wie werden wohl in Zukunft die Rahmenbedin-
gungen für die Gemeinden in etwa aussehen?
1. Der Finanzausgleich dürfte auch weiterhin jeder grundsätzlichen Reform – mit
wesentlichen Änderungen zweckmäßiger Art – trotzen. (So genannte langfristige
Probleme verschiebt man mit ihrer Lösung – fälschlicher Weise – gern auf die
lange Bank und begnügt sich mit mittelfristigen bis kurzsichtigen Kompromissen.)
Die Finanzzuweisungen sind intransparent und unsicher.
2. Der Finanzausgleich liegt bei seiner Entstehung oder Veränderung jedenfalls for-
mell – und im Wesentlichen auch faktisch – beim Bund; dass der Bund finanziel-
len Druck macht, gilt auch für nicht im Finanzausgleich geregelte Angelegenhei-
ten, die gern als Wahlzuckerl verpackt werden. (Die Goldene Regel heißt ja: Wer
das Gold hat, macht die Regeln.)
3. Die Budgetpolitik des Bundes – und damit auch die Finanzierungsbedingungen
und Finanzierungseinschränkungen für die Lokalpolitik – werden künftig restrikti-
ver (sagen wir: weniger großzügig) ausfallen als in den vergangenen Jahren.
(Diejenigen, die lange Jahre unter unseren Verhältnissen gelebt haben, werden
das künftig verstärkt tun: Jeder muss doch seinen Beitrag leisten.)
4. Die Europäische Kommission setzt in ihrer Wachstumspolitik hauptsächlich auf
das Entwicklungspotenzial der Städte – trotz ihrer Beteuerungen engagierter Re-
gionalpolitik. (Die Ungleichheiten zwischen den Regionen werden – richtig ge-
messen – in der EU eher größer als kleiner: zuletzt Dauderstädt/Keltek 2011).
5. Die Mobilität zwischen Land und Stadt nimmt weiter zu. Daher werden die An-
sprüche an die Lebensverhältnisse zwischen Land und Stadt gleicher – insbe-
sondere was den Bereich der Daseinsvorsorge betrifft. (Man kann das Land nicht
unterentwickelt lassen, selbst wenn man das Land nicht zur Stadt machen will.)
6. Einstweilen und bis auf Weiteres kann man sich dort, wo finanzierungsbedingte
Engpässe an lokalen Leistungsangeboten bestehen, teils notdürftig (noch) auf
private gemeinwirtschaftliche Angebote abstützen. (Die Mildtätigkeit Privater, wie
Illouz sie 2009 erklärt, ergänzt die Daseinsvorsorge zuweilen im Bereich zwischen
Erwerbswirtschaft – zu teuer – und Staat – zu wenig.)
7. Die seit langem beschworene Verwaltungsreform beim Bund besteht in kleinen
Schritten mit geringen Gewichten – wobei es nicht die riesigen Einsparungspo-
tenziale mehr geben dürfte, die unseren Finanzbedarf im Großen und Ganzen
decken. (Wenn der große Wurf dennoch kommt, dürfte er wohl bedeuten, dass
sowohl die staatlichen Leistungen schlechter, weniger oder rascher teurer werden
als auch dass die Situation der öffentlich Bediensteten schlechter wird.)
8. Das soziale, gesellschaftliche Leben spielt sich vor allem in den kleineren Grup-
pen der dörflichen bis kleinstädtischen Gemeinden ab und verlangt in besonde-
rem Maß der dortigen Demokratie nüchterne Sachorientierung und der Lokalpoli-
tik soziales Geschick ab. (Knappheiten und Versorgungsschwächen zeigen sich
2
auf der boden- und menschennächsten Ebene am deutlichsten und schaffen rela-
tiv starke Spannungen zwischen Bedarfsdeckung und Finanzierung.)
9. Die Anpassung der Einheitswerte als Basis für die Grundsteuer wird von Ökono-
men und Ökonominnen empfohlen, bleibt aber politisch vielleicht ein zu heißes
Eisen. (Außerdem könnte sich eine Front im Verteilungskampf zwischen Agrar-
sektor und Nicht-Agrarsektor auftun.)
10. Das Phänomen Neuer Armut – hohe Fixausgaben von Haushalten mit niedrigem
Einkommen – betont die Bedeutung einer günstigen wie menschenwürdigen Da-
seinsvorsorge vor Ort. (Diese ist als ein wichtiger Baustein des vielschichtigen
Gesamt-Sozialmodells weder zu übersehen noch zu unterschätzen.)
B. Das Zeitlose: Denkansätze der Wirtschaftswissen-
schaft
1. Der Raum, in dem – und für den – demokratische Entscheidungen zu treffen sind,
soll möglichst all jene Menschen als Entscheidungsträger einbeziehen, die von
den Entscheidungskonsequenzen merklich betroffen werden. (Überschwappwir-
kungen günstiger wie ungünstiger Art – d. h. positive und negative externe Effekte
im Ökonom_inn_en-Sprech) lassen die Entscheidungen – für die „Überschwap-
penden“ oder für die „Übergeschwappten“ und für die Gesellschaft als Ganze –
schlechter ausfallen, als es nötig wäre (z. B. Nowotny 1996): Man bräuchte eben
bessere Verhandlungsbedingungen, nämlich
(a) entweder gemeinsame Entscheidungsorgane (auf Fachchinesisch heißt
das optimale Kollektivgröße: z. B. Nowotny 1996)
(b) oder starke übergeordnete Instanzen für beide Räume, „überschwappen-
de“ wie „übergeschwappte“ (d. h. also Koordination, Bevormundung oder
Paternalismus – wie man will –, eben ein Durchgriffsrecht von oben nach
unten).
2. Das Gebot einer möglichst hohe Deckungsgleichheit von Entscheidungsraum und
Raum der Entscheidungskonsequenzen trifft auch für Wirtschaftsräume zu (Bartel
2003, : für homogene und für heterogene Wirtschaftsräume, also
• sowohl für gleichartige, sehr ähnlich strukturierte Wirtschaftsgebiete, die
eigentlich einer einheitlichen lokalen Wirtschaftspolitik bedürften,
• als auch für unterschiedliche benachbarte Regionen, die einander wirt-
schaftlich ergänzen könnten und sollten und das am besten mit einer ge-
meinsamen Lokal- oder Regionalpolitik.
Beide Situationen bedürfen daher zu ihrer Optimierung der Entscheidungskoordi-
nation, Entscheidungsvereinheitlichung oder Entscheidungsvergemeinschaftung.
3
3. Infrastruktureinrichtungen sind kapitalintensiv, haben hohe Kapitalkosten, oft auch
erhebliche Instandhaltungskosten.
(a) Je nachdem, ob die Infrastruktureinrichtung ein Prestigeprojekt einer Ge-
meinde ist („Wir wollen es unbedingt haben!“) oder aber
(b) ein Kapitalkosten-Schreckgespenst („Wir – und im Endeffekt alle – warten
darauf, dass die jeweilige Nachbargemeinde es und sich übernimmt, aber
wir die Einrichtung nützen können“), wird es
(a) zu einer regionalen Überversorgung oder
(b) Zu einer regionalen Unterversorgung mit dem betreffenden Infrastrukturob-
jekt kommen (Nowotny 1996).
Auch hier wäre Abhilfe durch Koordination angesagt.
4. Die geografische Einteilung des Landes in Gemeinden ist historisch überkommen
und erfolgte im Wesentlichen nicht nach regionalwirtschaftlichen Erfordernissen –
schon gar nicht nach den heutigen regionalwirtschaftlichen Gegebenheiten (Bar-
tel 2003, 2008).
5. Ganz wesentlich kommt es immer auf die Verhältnisse im jeweiligen Praxisfall an,
nach denen der optimale Raum für Kooperationen oder Vereinigungen abzugren-
zen und auszuwählen ist. Es gibt kein Patentrezept. (Vorschnelle Forderungen
von bestimmten, unbedingt und generell vorzunehmenden Maßnahmen sind für
einen gedeihlichen Prozess des miteinander Entscheidens gar nicht fruchtbar.)
6. Die lokalen Entscheidungen sollen vor Ort getroffen werden, und zwar sowohl
was die Leistungsseite (Ausgabenseite) betrifft, als auch was die Finanzierungs-
seite betrifft (auch das wird als eine Goldene Regel bezeichnet). Will man auf der
Ergebnisseite der lokalpolitischen Gestaltung etwas bewegen können, muss man
auch auf der Finanzierungsseite entsprechend bewegen können. (Irgendwie ge-
hört es doch zum demokratischen Grundverständnis, dass jede Gemeinde über
ihre Einnahmen entscheiden kann, vgl. Mayr 2007 – freilich ohne dass es zu ei-
nem Steuersenkungswettbewerb kommt, wie Sinn 2002 ausführt.)
7. Das Subsidiaritätsprinzip wird im Föderalismus gemeinhin so verstanden, dass
nur die Aufgaben, welche die untere Ebene nicht selbst erfüllen kann, der oberen
Ebene zur Erfüllung zu übertragen sind. Allerdings gibt es auch eine alternative
Auslegung des Subsidiaritätsprinzips (Rothschild 1994):
Die jeweils vorgeordnete Ebene hat – gemäß ihrer Größe und darum stärkeren
Position – die Verpflichtung, für jene Finanzkraft der nachgeordneten Ebene oder
Ebenen zu sorgen, die erforderlich ist, um die örtlichen Politik- und Verwaltungs-
aufgaben, die vor Ort sinnvoller zu erledigen sind, auch angemessen erfüllen zu
können. (Föderalismus wäre eben von seinen vorteilhaftesten Seiten her zu ge-
stalten.)
8. Das System des Abgestuften Bevölkerungsschlüssels wird besser ausgenützt,
falls Gemeindezusammenlegungen höhere Bevölkerungsgrößen und bessere Fi-
nanzausstattungen erreichen können.
4
9. Die so genannten Transaktionskosten – die Kosten der Anbahnung, Entschei-
dung, Abwicklung, Kontrolle und Steuerung eines Geschäfts oder Projekts (Bofin-
ger 2011) – können
(a) entweder zwischen den Hierarchien der verhandelnden Parteien oder
(b) innerhalb der Hierarchie der zusammengelegten, großen Organisation hö-
her sein.
Deshalb ist dann
(a) die Zusammenlegung der Gemeinden bzw.
(b) Kooperation zwischen Gemeinden
aus ökonomischer Sicht vorzuziehen.
C. Die Gegenwart: Situation und Auffassungen in oberös-
terreichischen Gemeinden
Bei der Befragung der Gemeinden durch die Arbeiterkammer Oberösterreich (AKOÖ
2011) sind 159 Fragebögen eingelangt, das sind 36 Prozent Rücklaufquote.
EinwohnerInnenzahl aller Gemeinden, die sich beteiligt haben beträgt 500.627; das
sind im Durchschnitt 3.169 EinwohnerInnen. Zum Vergleich: Die EinwohnerInnenzahl
Oberösterreichs beträgt 1.412.640 (1. Jänner 2011); das ergibt durchschnittlich 3.182
EinwohnerInnen je Gemeinde.
1. Abgang
Genau 70 Prozent der Gemeinden, die sich an der Befragung beteiligt haben, sind
Abgangsgemeinden. Das entspricht also ziemlich dem Wert für das gesamte Bun-
desland.
92 der befragten Gemeinden (59 Prozent) gaben an, dass in den letzten beiden Jah-
ren aufgrund ihrer finanziellen Lage Projekte zurückgestellt wurden, obwohl diese
von der Planung her bereits umsetzungsreif waren. In 63 Gemeinden (41 Prozent)
war das bisher nicht der Fall, vier Gemeinden machten zu diesem Thema keine An-
gabe.
5
Abb. 1: Finanzen oö. Gemeinden
(AK-Gemeindenbefragung 2011)
70
30
59
41
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Abgangsgemeinden
Abg.Gem. lfd. Gebar.
Ende gepl. Proj. wg. Fin.
Projekte realisiert
Prozent
2. Abgang und Gemeindegröße
Einen Abgang in der laufenden Gebarung (ohne Finanzergebnis und ohne Investitio-
nen) mussten immerhin noch 30 Prozent der Gemeinden ausweisen.
Nach Größenklassen ergibt sich dabei ein inverser Zusammenhang: Je kleiner die
Größenklasse der Gemeinde, desto größer ist der Anteil an Abgangsgemeinden in
dieser Größenklasse.
6
Abb. 2: Abgangsgemeinden in OÖ gem. lfd.
Gebarung: gesamt und nach Ew.-Größenklassen
(AK-Gemeindenbefragung 2011)
30
39
33 31
23 22
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Insgesamt Bis 1000 Ew. 1000 bis <
2000 Ew. 2000 bis <
3000 3000 bis <
5000 Ew. 5000 Ew. und
mehr
Prozent
3. Einsparungen nach Bereichen
Die Gemeinden wurden auch gefragt, ob es Budgetpositionen gibt, die in den letzten
Jahren besonders stark gekürzt wurden und ersucht, als Antwort nur jene zu nennen,
die ihnen dazu sofort und spontan einfallen.
Bei 95 bzw. gut 60 Prozent aller Fragebögen wurden dazu eine oder mehrere Anga-
ben gemacht und eine Analyse dieser offenen Antworten zeigt folgende Schwerpunk-
te: Vereinssubventionen, Straßenbau und Straßensanierung, Instandhaltung und all-
gemeine Investitionen sowie Personalkosten.
7
Abb. 3: Starke Budgetkürzungen oö. Gemeinden nach
Bereichen (AK-Gemeindenbefragung)
36
27
15 10
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Vereinssubventionen
Straßenbau/-sanierung
Instandh., allg. Invest.
Personalkosten
Anzahl der spontanen
Nennungen
4. Gemeindekooperationen, aber keine Fusionspläne
Von den befragten Gemeinden betreiben 144, das sind 90,6 Prozent übergreifende
Kooperationen mit einer oder mehreren Nachbargemeinden – ein Ausdruck finanziel-
len Drucks und ökonomischen Strebens.
Von jenen 15 Gemeinden, die das noch nicht tun, sehen neun Gemeinden, also 60
Prozent, die Möglichkeit, künftig solche Kooperationen einzugehen.
Von jenen Gemeinden, die bereits interkommunale Kooperationen eingegangen sind,
arbeiten 19 mit einer und 125 mit mehreren (Nachbar-)Gemeinden zusammen. Eine
Analyse der offenen Antworten zu diesem Thema ergibt folgende Themenschwer-
punkte:
• Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung bis hin zur Kläranlage,
• Bauhof/Wirtschaftshof (gemeinsame Maschinen für Straßenerhaltung und
Kehrdienst, gemeinsamer Winterdienst etc.).
Neben diesen sehr weit verbreiteten „Standards“ gibt es noch häufig Kooperationen
in Form eines gemeinsamen Einkaufs (Büromaterial, Verbrauchsgüter, aber auch
Anlagen, Maschinen und Geräte) sowie im Bereich Tourismus, sofern dieser von Re-
levanz ist. Ebenfalls regelmäßig, aber schon seltener genannt wurden die Bereiche
Betriebsansiedlung, Regionalentwicklung und die unmittelbare Verwaltung.
Kaum bis sehr selten sind die sozialen Dienste Gegenstand interkommunaler Koope-
rationen. Bei letzteren existiert aber vor allem, was die mobilen Betreuungsdienste
betrifft (mobile Altenpflege, Hauskrankenpflege, Essen auf Rädern etc.) ein passab-
les Angebot, das vor allem von Caritas, Rotem Kreuz, Volkshilfe und Hilfswerk er-
8
bracht wird. Bei der Altenpflege ist die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit in
Form von Bezirksverbänden weitestgehend ausgereizt.
Als ausbaufähig bezeichnen kann man die Kinder- und Jugendbetreuung. Hier gibt
es im Gegensatz zu den sozialen Diensten auch kaum andere Anbieter, die diese
Aufgaben anstelle oder im Auftrag der Gemeinden erfüllen.
Abb. 4: Gemeindekooperationen in OÖ
(AK-Gemeindenbefragung 2011)
159
96
144
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Teilnehm. Gemeinden
Davon:
mit Kooperation(en)
Koop. vorstellbar
Koop. unvorstellbar
Anzahl der Gemeinden
Die Fusion von Gemeinden ist derzeit eher selten ein Thema: in 16 bzw. 10 Prozent
der befragten Gemeinden gibt es aktuell eine Diskussion darüber. Die durchschnittli-
che Einwohner/-innenzahl dieser Gemeinden beträgt 4900. Es befindet sich darunter
nur eine Gemeinde mit weniger als 1000 Einwohner/-innen.
5. Kooperationseffekte
Im Großen und Ganzen dürften die Kooperationen der teilnehmenden Gemeinden
erfolgreich sein.
Jene 30 Prozent der Versuche, die letztlich (noch) nicht in einer Kooperation münde-
ten, bezogen sich vorwiegend auch auf jene Themen, wo gemeindeübergreifende
bereits üblich sind. Als Hindernisgründe häufiger genannt wurden
• Auffassungsunterschiede, zu große Entfernungen,
• fehlende finanzielle Mittel für gemeinsame Investitionen oder Kosten der
Projektentwicklung,
• mangelnde Abstimmung zwischen Politik und Verwaltung,
9
• nicht zuletzt aber auch Zweifel am Vorhandensein eines Einsparungspo-
tenzials.
Darüber hinaus zeigt sich, dass vor allem im Bereich der unmittelbaren Verwaltung
weiteres Potenzial gesehen wird:
• Ausbau des gemeinsamen Einkaufes,
• gemeinsame EDV,
• gemeinsame Buchhaltung,
• Kooperation der Bau- und der Standesämter.
Nach wie vor kaum ein Thema sind auch hier die sozialen Dienste sowie die Kinder-
und Jugendbetreuung.
Abb. 5: Ergebnisse der Kooperationen oö. Gemeinden
(AK-Gemeindenbefragung 2011)
10
90
40
60 70
91
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Keine Einsparungen
Einsparungen erzielt
Davon:
Einsparungen bezifferbar
Einspar., aber nicht beziff.
bzw.
auf Anhieb gelungen
Koop. noch ausbaufähig
Prozent
6. Finanzielle Zukunftserwartungen
Erstaunlich ausgeglichen ist die Einschätzung der Entwicklung der Gemeindefinan-
zen in der Zukunft.
Drei Gemeinden machten dazu keine Angabe.
10
Abb. 6: Finanzielle Zukunftserwartungen oö.
Gemeinden (AK-Gemeindenbefragung 2011)
20 24
56
0
10
20
30
40
50
60
Verbesserung Verschlechterung Unverändert
Prozent
7. Verbesserungsvorschläge
Worin sehen die Gemeinden selbst die vordringlichsten, am meisten geeigneten
Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Lage der Gemeinden?
Auf diese Frage wurden insgesamt 15 Antwortmöglichkeiten zur Auswahl gestellt, die
Zahl der möglichen Antworten wurde mit vier limitiert. 151 Antworten kamen in die
Auswertung. Zwei Fragebögen enthielten keine Antworten; fünf wurden ausgeschie-
den, weil zu viele Alternativen angekreuzt waren.
11
Abb. 7.1.: Maßnahmenvorschläge oö. Gemeinden zur
Finanzverbesserung (AK-Gemeindenbefragung 2011)
82
61 50 41 29 27 12
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Änderung FA
Ö. Verw.-Reform
Aufgabenredukt.
Kooperationen
Mehr B-Einn. & Ertr.Ant.
Keine L-Umlage
Allg. Einspar. Verw.
Prozent
Abb. 7.2.: Maßnahmenvorschläge oö. Gemeinden zur
Finanzverbesserung (AK-Gemeindenbefragung 2011)
11 11 10
543 3
0
2
4
6
8
10
12
Mehr Gem-Steuern
Zusammenlegungen
Mehr Ehrenamt
Projektverschieb.
Gebührenerhöh.
Vermög.-Privat.
Aufg.-Privatis.
Prozent der Gemeinden
12
D. Die Gestaltung: Folgerungen für heute und morgen
1. In Zeiten knapper Ressourcen und zu erwartender weiterer Verknappung der
Ressourcen ist im Interesse der Funktionsfähigkeit des wirtschaftlichen und ge-
sellschaftlichen Lebens in der Gemeinde Handlungsbedarf gegeben.
2. Gemeindekooperationen sind ein Mittel, und zwar ein relativ beliebtes, den Finan-
zierungsdruck zu lindern. Weit weniger beliebt ist das Mittel der Gemeindenzu-
sammenlegung.
Sie erfordert einen noch höheren Problemdruck und muss als partnerschaftliches
Projekt von unten betrieben werden, muss den Beteiligten ein gemeinsames An-
liegen sein. Wie Christoph Leitl sagte: „Wenn man mit einem Partner eine lang-
fristige Zusammenarbeit aufbauen will, muss man auf Empfindlichkeiten Rück-
sicht nehmen“ (in: Der Standard, 20.2.2000: 24).
Ein von oben aufgesetztes Unterfangen kann nicht gelingen; neue formelle Struk-
turen werden durch alte Beziehungen überlagert, gestört oder faktisch ersetzt.
„Der frühere [belgische] Premierminister Guy Verhofstadt erklärte der BBC: Chef einer
Landesregierung zu sein, ist nur ein Zeitvertreib gegen die höllische Aufgabe, Premier-
minister zweier verschiedener Gemeinschaften zu sein, die zusammengebracht worden
sind. Man muss starke persönliche Fähigkeiten aufweisen, um alle Rivalitäten zu über-
brücken. Di Rupo [derzeitiger Premier] hat die Fähigkeiten, das Kommando zu führen,
sonst wäre er in den schwierigsten Verhandlungen jeher nicht erfolgreich gewesen. Aber
viel wird von seinem Verständnis für die flämische öffentliche Meinung abhängen, die
extrem flatterhaft ist.“ http://www.care2.com/causes/worlds-second-gay-pm-is-
belgian.html#ixzz1fluARzI5 (5.12.2011, eigene Übersetzung)
3. In Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Verunsicherung ist es an der Zeit, die Les-
art des Subsidiaritätsprinzips zu überdenken und ggf. zu ändern. So müssten
wahrscheinlich die übergeordneten Ebenen im föderativen Staat mehr Verantwor-
tung für die Finanzierbarkeit der regionalen und lokalen Aufgabenstellungen
übernehmen. Das sollte die Hauptstoßrichtung darstellen.
4. Ohne eine offene und kooperative Neufassung des Finanzausgleichs auf der
Aufgaben- (= Ausgaben-) und der Einnahmenebene wird es nicht gehen. Das
geht zwar nicht von heute auf morgen, soll aber heute schon begonnen werden.
13
Literaturhinweise
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