Content uploaded by Jochen B Fiebach
Author content
All content in this area was uploaded by Jochen B Fiebach
Content may be subject to copyright.
CT im Notarztwagen: technische Aspekte der
prähospitalen radiologischen Schlaganfalldiagnostik
vor systemischer Thrombolyse
Mobile CT: Technical Aspects of Prehospital Stroke Imaging before Intravenous
Thrombolysis
Autoren D. Gierhake1, J. E. Weber1, 2, K. Villringer1, M. Ebinger1, 3, H. J. Audebert1, 2, J. B. Fiebach1
Institute 1Center for Stroke Research Berlin (CSB), Charité –Universitätsmedizin Berlin
2Klinik für Neurologie, Charité –Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin,
3Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie, Charité –Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte
Key words
●
"brain
●
"ischemic stroke
●
"mobile CT
●
"prehospital therapy
●
"thrombolysis
eingereicht 17.4.2012
akzeptiert 13.8.2012
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0032-1325399
Online-Publikation: 2012
Fortschr Röntgenstr © Georg
Thieme Verlag KG Stuttgart ·
New York · ISSN 1438-9029
Korrespondenzadresse
Daniel Gierhake
Centrum für
Schlaganfallforschung Berlin
(CSB), Akademische
Neuroradiologie, Charité –
Universitätsmedizin Berlin
Hindenburgdamm 30
12203 Berlin
daniel.gierhake@charite.de
Tel.: +49 30 84 45 41 01
Fax: +49 30 84 45 40 99
Neuroradiologie
A
Gierhake D et al. CT im Notarztwagen: …Fortschr Röntgenstr
Zusammenfassung
!
Ziel:
Der Piloteinsatz eines in einem Notarztwagen
eingebauten Computertomografen wurde unter
teleradiologischen Bedingungen bezüglich der Si-
cherheit, Zuverlässigkeit und Untersuchungsquali-
tät analysiert.
Material und Methoden:
Ein Stroke-Einsatz-Mobil
(STEMO) wurde über einen Zeitraum von 12 Wo-
chen an 5 Wochentagen in der Zeit von 7:00 –
18:30 Uhr im Piloteinsatz erprobt. Die recht-
fertigende Indikationsstellung und die Befundung
erfolgten teleradiologisch. MTRA waren für die
technische Durchführung im Notarztwagen verant-
wortlich. Es wurden 64 native Computertomogra-
fien des Schädels (CT) und 1 CT-Angiografie (CTA)
der intrakraniellen Gefäße durchgeführt. Wir ha-
ben die Zeit von Alarmierung des Rettungsmittels
bis zum Zeitpunkt der Therapieentscheidung (defi-
niert als Zeit des letzten Scans) mit einer Kohorte
von 50 konsekutiven Lysetherapien vor Einführung
des STEMO verglichen.
Ergebnisse: Von den 65 durchgeführten CT waren
62 (95 %) der Untersuchungen ausreichend aus-
wertbar. In 45 Fällen (69 %) gab es technisch be-
dingte Einschränkungen der Qualität (Patienten-
einstellung zu hoch oder zu tief gewählt, Patient
oder Linsenschutz nicht korrekt positioniert), bei 8
(12 %) verursachten Patientenbewegungen eine
verminderte Untersuchungsqualität. Weder für das
Notfallteam noch für die Patienten kam es zu si-
cherheitsrelevanten Vorkommnissen. 23 Patienten
wurden intravenös lysiert. Die Zeit von Alarmie-
rung bis Therapie-Entscheidung war um 18 min
kürzer als in der Lysekohorte vor STEMO-Einfüh-
rung.
Schlussfolgerung: Eine teleradiologische CT-Diag-
nostik zur primären Schlaganfalldiagnostik am Ein-
satzort ist technisch machbar, diagnostisch ver-
wertbar und erscheint sicher.
Abstract
!
Purpose: To reduce the time from symptom onset
to treatment with tissue plasminogen activator
(tPA) in ischemic stroke, an ambulance was equip-
ped with a CT scanner. We analyzed process and
image quality of CT scanning during the pilot
study regarding image quality and safety issues.
Materials and Methods: The pilot study of a st roke
emergency mobile unit (STEMO) ran over a peri-
od of 12 weeks on 5 weekdays from 7a. m. to
6:30 p. m. A teleradiological service for the justify-
ing indication and reporting was established. The
radiographer was responsible for the perform-
ance of the CT scan on the ambulance. 64 cranial
CT scans and 1 intracranial CT angiography were
performed. We compared times from ambulance
alarm to treatment decision (time of last brain
scan) with a cohort of 50 consecutive tPA treat-
ments before implementation of STEMO.
Results: 62 (95 %) of the 65 scans performed had
sufficient quality for reading. Technical quality
was not optimal in 45 cases (69 %) mainly caused
by suboptimal positioning of patient or eye lense
protection. Motion artefacts were observed in 8
exams (12 %). No safety issues occurred for team
or patients. 23 patients were treated with throm-
bolysis. Time from alarm to last CT scan was 18
minutes shorter than in the tPA cohort before
STEMO implementation.
Conclusion:
A teleradiological support for primary
stroke imaging by CT on-site is feasible, quality-
wise of diagnostic value and has not raised safety
issues.
Heruntergeladen von: Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt.
Einleitung
!
Die Untersuchung mittels CT oder MRT ist eine unverzichtbare
diagnostische Maßnahme bei Verdacht auf einen ischämischen
Schlaganfall. Vor jeder i. v. Thrombolysetherapie müssen eine
intrakranielle Blutung und andere mittels Bildgebung diagnosti-
zierbare Kontraindikationen ausgeschlossen sein.
In Metaanalysen der randomisierten Studien zur Thrombolyse-
therapie zeigte sich die Wirksamkeit der Thrombolyse bzgl. der
Verhinderung von bleibenden Behinderungen [1]. Mit zuneh-
mender Dauer zwischen Symptom- und Therapiebeginn nimmt
der Therapieeffekt aber ab [1]. Das zugelassene Zeitfenster einer
Thrombolysetherapie liegt bei maximal 4,5 Stunden nach Symp-
tomonset.
Infarktfrühzeichen in der CT sind ab ca. 2 Stunden nach Symptom-
beginn abgrenzbar. Mit fortschreitender Dauer einer zerebralen
Ischämie wird eine zunehmende Zahl der Hirnzellen irreversibel
geschädigt, die Infarktgröße und die bleibende Beeinträchtigung
des Patienten nehmen zu.
Ziel des STEMO-Projekts ist die Verringerung der Zeit bis zur
Applikation der i. v. Thrombolyse beim ischämischen Schlaganfall
im Vergleich zur Versorgung im Krankenhaus [2].
Material und Methoden
!
Es wurde ein 8-Zeilen-Spiral-Kopf-MDCT-Scanner (CereTom
®
,
NeuroLogica, Danvers, Mass. USA) zur Durchführung von kraniel-
len CT-Untersuchungen auf einem komplett ausgerüsteten Not-
arztwagen installiert, in dem die Patienten auch unter rettungs-
medizinischen Bedingungen in die Klinik transportiert werden
können (
●
"
Abb. 1). Dieser wurde nach Richtlinien der Röntgenver-
ordnung umgebaut. Das verwendete CT-Gerät kommt bereits im
mobilen Einsatz mit Akkubetrieb auf Intensivstationen und in OP-
Sälen zur Durchführung von Schädel-CT zum Einsatz. Die Gantry
ist nicht kippbar. Der Patient wird auf der Liege mittels Tischvor-
schub in eine Position vor dem Scanner bewegt. Der Scan-Vor-
schub erfolgt dann durch eine Vorwärtsbewegung der Gantry
nach Entriegelung der Transportfixierung. Die Möglichkeit einer
intrakraniellen CT-Angiografie ist geräteseitig und auch unter den
Installationsbedingungen des Rettungsfahrzeugs gegeben. In der
hier ausgewerteten 3-monatigen Pilotphase wurde das Stroke-Ein-
satz-Mobil (STEMO) im Tagdienst an Wochenarbeitstagen einge-
setzt. Argentino et al. und Turin et al. konnten die höchste Anzahl
ischämischer Schlaganfälle am Vormittag mit Abnahme der Häu-
fung bis in die Abendstunden nachweisen [3, 4].
Als Trägerfahrzeug wurde ein Lastkraftwagen der Firma MAN
Typ TGL 12.250 4 × 2 BL mit einem zulässigen Gesamtgewicht
von 12 Tonnen verwendet. Entsprechend der Strahlenschutz-
richtlinien wurde der Kofferaufbau mit einer Bleitapetenausklei-
dung in der Fahrzeugwand und einer außen am Kofferaufbau
montierten Leuchtanzeige „Achtung Röntgen“ausgestattet. Der
Schaltraum für das medizinisch-technische Personal wurde mit
einer entsprechenden Bleiabschirmung innerhalb des Koffers ab-
getrennt, ein Bleiglasfenster in der Tür des Schaltraumes ermög-
licht Sichtkontakt mit dem Patienten. Der Schaltraum hat eine
weitere Tür in der Seitenwand (
●
"Abb. 2). Alle bei der Untersu-
chung im Fahrzeuginneren anwesenden Mitarbeiter tragen Dosi-
meter. Sachverständigen-Messungen hatten vor Beginn der Pilot-
phase ergeben, dass während der CT-Untersuchung außerhalb
des Fahrzeugs und im Schaltraum keine Strahlenbelastung ober-
halb der Bevölkerungs-Referenzwerte entsteht.
Drei medizinisch-technische Röntgenassistenten erhielten eine
12-wöchige Ausbildung zu Rettungssanitätern. 6 Ärzte der neu-
rologischen Klinik –Fachärzte oder mindestens 4-jährige kli-
nisch-neurologische Vollzeittätigkeit, davon mindestens 1 Jahr
Tätigkeit auf neurologischen Intensivstationen oder Stroke Units
–wurden als Notärzte ausgebildet und nach der Berliner Verord-
Abb. 1 Blick in das Fahrzeuginnere, Patientenliege und Gantry ( Bild-
quelle: mit freundlicher Genehmigung der Berliner Feuerwehr).
Abb. 2 Außenansicht mit geöffneter Tür zum Schaltraum (Bildquelle: mit
freundlicher Genehmigung der Berliner Feuerwehr).
Gierhake D et al. CT im Notarztwagen: …Fortschr Röntgenstr
Neuroradiologie
Heruntergeladen von: Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt.
nung über den Notarztdienst nach § 5 qualifiziert (im Team 1
weibliche MTRA und 1 Ärztin). Das auf dem Wagen anwesende
Einsatzteam bestand aus einem zum Notarzt ausgebildeten Arzt
der Klinik für Neurologie, einem MTRA mit Ausbildung zum Ret-
tungssanitäter und aus einem Rettungsassistenten der Berliner
Feuerwehr. In der Pilotphase wurde zusätzlich zum STEMO im-
mer ein normaler Rettungswagen (RTW) der Berliner Feuerwehr
simultan alarmiert. Um bei ggf. auftretenden technischen Stö-
rungen bereitzustehen, verblieb der RTW bis zum Transportbe-
ginn am Einsatzort.
Die Alarmierung des STEMO erfolgte durch die Berliner Leitstelle,
wenn ein in der Projektvorbereitungsphase von Krebes et al. ent-
wickelter Abfragealgorithmus beim Notruf den Verdacht auf ei-
nen akuten Schlaganfall ergab und der Einsatzort sich in der vor
Beginn der Studie definierten Einsatzregion des STEMO befand
[5]. Die Einsatzzonen (I–IV) um den Standort in der Feuerwache
Berlin-Wilmersdorf wurden definiert als Erreichbarkeit inner-
halb von 4, 8, 12 und 16 min in mindestens 75 % der Fälle. Im Falle
einer Alarmierung außerhalb der Feuer wache war eine erwartete
Anfahrtszeit von mehr als 16 min ein Ausschlusskriterium.
Spezifische Untersuchungen und Behandlungen im STEMO (CT,
Point-of-Care-Labor, Lyseeinleitung) wurden nur nach Einwilli-
gung von aufklärungsfähigen Patienten vorgenommen. Die recht-
fertigende Indikation zur CT wurde nach telefonischer Rückspra-
che des Arztes vor Ort mit dem FA für Diagnostische Radiologie
gestellt. Die Nativ-CT erfolgte als sequenzielle Untersuchung in
5 mm-Schichtdicke und die CTA in Spiraltechnik mit 1,25 mm
Schichtdicke. Für die CTA wurde ein nicht ionisches Kontrastmittel
mit einer Jod-Konzentration von 300 mg/ml verwendet (Iopromid,
Ultravist
®
, Bayer Pharma). Vor CT-Indikationsstellung können
Blutbild, Elektrolyte, Serum-Kreatinin, Gerinnungsparameter, TSH
und Leberenzyme bestimmt werden, um andere Ursachen der kli-
nischen Symptomatik und Kontraindikationen für eine i. v. Throm-
bolyse oder eine Kontrastmittelgabe auszuschließen.
Die Bilddatenübertragung erfolgte via UMTS vom Einsatzwagen zu
einem in der Charité-Campus Benjamin Franklin lokalisierten Ser-
ver. Der Radiologe griff über eine sichere Datenleitung auf diesen
Server zu und beurteilte die Bilder in einem Betrachtungs- und Be-
fundungsprogramm (VIMED
®
WEB, MEYTEC GmbH Informations-
systeme, Werneuchen OT Seefeld, Deutschland), welches auch den
elektronisch signierten Befund auf dem Server hinterlegte.
Die Akutbefundung erfolgte unmittelbar im Anschluss an die Un-
tersuchung teleradiologisch durch zwei radiologische Fachärzte.
Die Auswertung der CT-Untersuchungen der Pilotphase erfolgte
unabhängig durch einen dritten fachärztlichen Reader.
Die Bildqualität wurde bezüglich der Parameter: Aufhärtungsar-
tefakte, Bewegungsartefakte, Patientenlagerung, Untersuchungs-
einstellung und Position des Linsenprotektors ausgewertet. Die
Häufigkeit von abgrenzbaren Schlaganfällen bzw. von Frühzei-
chen wurde bestimmt.
Für die Berechnung der Zeit von Alarmierung bis zur Therapie-
entscheidung wurde die Zeit der Rettungsmittel-Alarmierung
durch die Leitstelle bis zur Durchführung des letzten CT-Scans
verwendet. Um einen Vergleich mit der herkömmlichen Versor-
gung zu ermöglichen, wurden die entsprechenden Zeiten bei 50
konsekutiven Krankenhaus-basierten Lysetherapien innerhalb
der Charité im Jahr 2010 zugrunde gelegt [2].
Genehmigung der Ethikkommission
Die PHANTOM-S-Studie (Pre-Hospital Acute Neurological Treat-
ment and Optimization of Medical Care in Stroke) wurde ein-
schließlich ihrer Pilotphase von der Ethikkommission der Charité
–Universitätsmedizin genehmigt EA4/134/10.
Ergebnisse
!
Über den Zeitraum von 3 Monaten mit einer wochentäglichen Be-
reitschaftszeit von 11,5 Stunden (7:00 –18:30 Uhr) ergab sich nach
Abzug der Ausfallzeiten (durch technische Nachrüstungen, War-
tungen und Reparaturarbeiten) eine Einsatzzeit von 52 Tagen. Der
Einsatzradius des STEMO in Berlin ermöglichte die Versorgung von
ca. 1,3 Mio. Einwohnern. Anhand dieser Zahl waren ca. 278 Schlag-
anfälle in der Einsatzzeit zu erwarten. Tatsächlich konnten 152 Pa-
tienten versorgt werden. Es wurden 208 Einsätze gefahren, davon
56 Einsätze vor Erreichen des STEMO an der Einsatzstelle abgebro-
chen. Gründe hierfür waren, dass z. B. das zuvor eingetroffene
Team eines RTW die Verdachtsdiagnose ischämischer Schlaganfall
klinisch ausgeschlossen hatte. In einem Fall wurde nach Alarmie-
rung der Aufenthaltsort des Patienten doch als zu weit entfernt
eingeschätzt. Wir berichten Ergebnisse der Prozessqualität bei
108 Patienten, die bei Eintreffen des STEMO einwilligungsfähig
waren. Die Indikation zur CT wurde bei 63 (41 %) der 152 Einsätze
gestellt. Inklusive einer Wiederholungsuntersuchung und einer
CTA wurden somit 65 Untersuchungen bzgl. der Bildqualität aus-
gewertet. Eine indizierte CT konnte aufgrund eines Defekts der Hy-
draulik der Gantry –ausgelöst durch ein verlorenes Holzstück am
Boden –nicht durchgeführt werden und die Patientin wurde daher
schnellstmöglich mit dem RTW in die Klinik gebracht. Der Compu-
tertomograf zeigte keine Defekte, die mit den hohen mechani-
schen Beanspruchungen durch den mobilen Einsatz in Zusammen-
hang standen. Die Bildqualität wurde am deutlichsten durch
Bewegungsartefakte und Aufhärtungsartefakte gemindert. Letzte-
re traten gehäuft basal in der hinteren und vorderen Schädelgrube
auf. Neben knöchernen Strukturen war hierfür in 4 Fällen der Lin-
senprotektor ursächlich. In 3 Fällen (5%) kam es zu vermeidbaren
(z. B. durch Haarnadeln) oder unvermeidbaren (z. B. durch Ventri-
kelshuntsystem) Aufhärtungsartefakten (
●
"
Abb. 3a). Bei vertikal
ausgerichteter Gantry wurde zur Nativ-Untersuchung ein Bismut-
Linsenprotektor verwendet. Bei 18 Patienten (28 %) wurde kein
Linsenprotektor angebracht (zum Teil, da vom Patienten nicht to-
leriert). In 11 Fällen (17 %) war der Protektor nicht korrekt platziert
(
●
"
Abb. 3b). Die Aufhärtungsartefakte führten zu einer geminder-
ten, aber auswertbaren Bildqualität. Bewegungsartefakte lagen bei
8 (12 %) Untersuchungen vor, in 3 Fällen (5 %) von geringer und in 5
(8 %) von starker Ausprägung mit hierdurch in einzelnen Schichten
eingeschränkter Beurteilbarkeit. Individuell wurde entschieden,
ob eine Fixierung des Kopfes durch entsprechende Gurte notwen-
dig war (
●
"
Abb. 3c). Eine Sedierung zur Vermeidung von Bewe-
gungsartefakten erfolgte aufgrund der Notwendigkeit der Vigi-
lanzbeurteilung bei keinem Patienten.
Eine CT wurde aufgrund von ausgeprägten Ringartefakten wie-
derholt. Die Wiederholungsuntersuchung war aus dem gleichen
Grund nicht beurteilbar.
Bei keinem der Patienten kam es zu einer durch die CT-Untersu-
chung bedingten akuten Komplikation.
Die Strahlenbelastung, hier in Form des Dosislängenprodukts
(DLP) zeigte eine durchschnittliche Dosis von 1210,66 mGy×cm
(min. 707,28 mGy×cm, max. 1626,74 mGy×cm, Median 1202,38
mGy×cm).
Frühzeichen eines ischämischen Hirninfarkts wie eine vermin-
derte Abgrenzbarkeit des Inselrindenbands (
●
"
Abb. 4a), eine
im Seitenvergleich hypodensere Darstellung der Basalganglien
Gierhake D et al. CT im Notarztwagen: …Fortschr Röntgenstr
Neuroradiologie
Heruntergeladen von: Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt.
(
●
"
Abb. 4b) oder eine einseitig hyperdense A. cerebri media
(
●
"
Abb. 4c) konnten bei 25 % (n = 16) der Fälle abgegrenzt wer-
den, ein bereits hypodens demarkiertes Infarktareal bei 10 %
(n = 6). 59 % (n = 37) Untersuchungen zeigten keine Akutpatho-
logie. In 2 Fällen (3 %) lag eine int rakranielle Blutung vor. Ein Pa-
tient hatte einen Hirntumor (2 %). Die Bilder von 2 untersuchten
Patienten (3 %) waren in einem Fall aufgrund von Bewegungsar-
tefakten und im anderen Fall aufgrund von Ringartefakten nicht
beurteilbar.
Die CT der Patienten in der 1. und 2. Stunde nach Symptombe-
ginn (n = 32) waren in 14 Fällen (48 %) in Bezug auf eine akute
Pathologie negativ, 8 zeigten Frühzeichen eines ischämischen
Infarkts, 2 Patienten eine intrakranielle Blutung, 2 einen bereits
hypodens demarkierten Infarkt. Die 3 nicht auswertbaren Unter-
suchungen wurden ebenfalls in der 1. und 2. Stunde durchge-
führt.
Die C T wurde nach Eint reffen des STEMO am Einsatzort im Medi-
an nach 34 min durchgeführt (min. 16 min, max. 56 min). In die-
ser Zeit wurden nach einem festgelegten Schema die klinische
Untersuchung, die Anamneseerhebung und die Blutentnahme
durchgeführt sowie die Indikation zur CT nach Rücksprache mit
dem Radiologen gestellt.
23 Patienten (36 % der mittels CT Untersuchten) erhielten die
Thrombolyse nach Befundstellung im STEMO. Die Dauer von
Notruf bis zur Therapieentscheidung (Zeit des CT-Scans) war
mit 46 min im Median (min. 33 min, max. 56 min; Mean 46,4
± 5,5 min) um 18 min kürzer als in der Vergleichsgruppe der
konsekutiven Lysen im Krankenhaus (im Median 64 min, min.
20 min, ma x. 102 min; Mean 64,2 ± 17,4 min) ohne STEMO.
Um einen schnellstmöglichen Datentransfer zu gewährleisten,
wurden die Bilddaten aus dem STEMO über 2-UMTS-Module, in
denen je 3 UMTS-Karten verschiedener Anbieter gebündelt wa-
ren, versandt. Hierdurch hätte auch der theoretische Ausfall eines
Sendewegs kompensiert werden können. Abhängig von der Ta-
geszeit und dem Standort kam es zu langsameren Datenübertra-
gungen durch stärkere Nutzung des UMTS-Netzes.
Diskussion
!
In 52 Einsatztagen wurde in 42 % (n = 63) der 152 über die Berli-
ner Feuerwehr koordinierten Einsätze die rechtfertigende Indi-
kation zur CT gestellt, wobei Patienten ohne Einwilligungsfähig-
keit in der Pilotphase nicht in die Studie eingeschlossen werden
konnten. In der Analyse der vorliegenden Daten stellt sich eine
diagnostisch auswertbare Bildqualität zu einem frühestmögli-
chen Untersuchungszeitpunkt dar. Der Anteil von Untersuchun-
gen mit nicht ausreichender Qualität für die radiologische Befun-
dung lag mit 2 % in einem akzeptablen Rahmen. Aufhärtungs-
und Bewegungsartefakte sind in Akutsituationen ähnlich wie
bei der CT-Untersuchung im Krankenhaus teilweise nicht ver-
meidbar, jedoch ist ein Verbesserungspotenzial durch Entfernung
von vermeidbaren Störquellen wie Haarnadeln oder falsch plat-
ziertem Linsenschutz erkennbar. Die einmalige Dysfunktion der
Gantry-Hydraulik war nach entsprechender Adjustierung und
Mitarbeiterschulung behoben.
Insgesamt haben sich damit im Projekt keine kritischen Sicher-
heitsbedenken ergeben. Die diagnostische Qualität ist befriedi-
gend und für die Zwecke der Akutbefundung auch in Anbetracht
der Datenübermittlungszeiten nutzbar.
Bisher werden mobile CT-Geräte im klinischen Rahmen vorwie-
gend innerhalb eines Krankenhauses eingesetzt, es wurden aber
auch Studien bezüglich mobiler Verwendung durchgeführt [6, 7].
Im Vergleich mobiler CT-Geräte verschiedener Hersteller im Ein-
satz auf Intensiv-Stationen zeigte sich eine zufriedenstellende
Bildgebung bei akzeptablen Patientendosen für den CereTom®
[8]. Bei den in dieser Arbeit mit einem 16 cm langen Phantom
durchgeführten Messungen stellte sich (unter der Annahme ei-
nes unter realen Bedingungen 19 cm langen Scans) ein Dosi s-
Abb. 4 Frühzeichen eines ischämischen Schlag-
anfalls. aVerminderte Abgrenzbarkeit des Insel-
rindenbands links. bIm Seitenvergleich hypodense
Darstellung der Basalganglien rechts. cHyper-
denses Mediazeichen links.
Abb. 3 a Aufhärtungsartefakte durch ein Ventri-
kelshunt-System. bAufhärtungsartefakte durch
den Linsenprotektor. cNicht korrekte Lagerung des
Patienten in der Kopfschale nach Bewegung.
Gierhake D et al. CT im Notarztwagen: …Fortschr Röntgenstr
Neuroradiologie
Heruntergeladen von: Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt.
Längen-Produkt (DLP) von 770 mGy × cm dar, welches in unserer
Analyse für die native CT einen durchschnittlichen Wert von
1210,66 (Median 1202,38) mGy × cm hat (einer effektiven Dosis
von 2,54 mSv entsprechend). Die Strahlenschutzkommission gab
2006 als typische effektive Dosis einer Kopf-CT 2,3 mSv an [9],
das Bundesamt für Strahlenschutz gab 2010 als Referenzwert
für eine Hirnschädeluntersuchung ein DLP von 950 mGy × cm
an, ca. 2 mSv entsprechend [10].
In einem Projekt von Walter et al. wurde die Versorgung von
Schlaganfallpatienten mittels eines auf einem Notarztwagen in-
stallierten CT-Gerätes und pr ähospitaler i. v. Thrombolysethera-
pie in einer weniger besiedelten Umgebung untersucht (Einsatz-
radius ca. 16 km, 150 000 Einwohnern entsprechend). Diese
wurde ebenfalls als technisch machbar und sicher eingestuft
und zeigte bei den 12 durchgeführten Thrombolysen eine um ca.
50 % kürzere Zeit von Symptombeginn bis Therapie im Vergleich
zu der Gruppe der im Krankenhaus lysierten Patienten [11, 12].
Es ist ein erheblicher organisatorischer, personeller und techni-
scher Aufwand notwendig, um eine leitlinien- und gesetzeskon-
forme Patientenversorgung sicherzustellen. Die Datenübertra-
gungsrate stellt eine technische Herausforderung dar und ist
über eine UMTS-Verbindung nicht an jedem Standort in optima-
ler Qualität sichergestellt.
Zur Etablierung eines qualifizierten klinischen Teams sind Inves-
titionen in die Mitarbeiterweiterbildung (der MTRA zum Ret-
tungssanitäter und der Neurologen zum Notarzt) notwendig.
Eine radiologische Erstuntersuchung erscheint damit beim klini-
schen Verdacht auf akuten Schlaganfall durch entsprechende
technische und personelle Ausrüstung technisch machbar und si-
cher.
Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass die berichteten
Untersuchungszahlen noch relativ klein sind und keine endgülti-
ge Aussage zulassen. Eine weitere Anwendung bedarf daher einer
engmaschigen Qualitätssicherung.
In der nächsten Phase der klinischen Evaluation wird das STEMO
in wochenweise randomisiertem Einsatz von Montag bis Sonntag
über 16 Stunden pro Tag (7:00 –23:00 Uhr) eingesetzt. Hierbei
wird untersucht, ob die prähospitale Thrombolyse relevant
schneller erfolgt als im Krankenhaus im Vergleich mit den einge-
schlossenen Patienten in den Wochen, in denen das STEMO nicht
im Einsatz ist. Ob die dauerhafte Einrichtung eines STEMO unter
Berücksichtigung des logistischen Aufwands und der Kosten
durch Ausstattung und Personal einen signifikanten Nutzen in
der klinischen Versorgung von Schlaganfallpatienten bringt und
somit eine vertretbare gesundheitsökonomische Bilanz aufweist,
wird in weiteren Analysen geklärt werden müssen.
Förderung: Technologie Stiftung Berlin CSB/BMBF (01 EO 0801),
EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), Volkswa-
gen Foundation, EU (EuStroke ARISE), German Research Founda-
tion (NeuroCure, SFB-TR 43).
Interessenkonflikte: DG: Bayer Pharma; HJA: Lundbeck Pharma,
Bayer Vital, Takeda Pharma, Boehringer Ingelheim, Lundbeck,
Bayer Vital, UCB Pharma, Sanofi-Syntelabo; JBF: BMS, Siemens,
Perceptive, Synarc, BioImaging Technologies, Novartis, Wyeth,
Pfizer, Boehringer Ingelheim, Lundbeck, Sygnis.
Literatur
01Lees KR. Time to treatment with intravenous alteplase and outcome in
stroke: an updated pooled analysis of ECASS, ATLANTIS, NINDS, and
EPITHET trials. The Lancet 2010; 375: 1695 –1703
02Ebinger M,Rozanski M,Waldschmidt C et al. PHANTOM-S: the prehos-
pital acute neurological therapy and optimization of medical care in
stroke patients –study. Int J Stroke 2012. DOI: 10.1111/j.1747-
4949.2011.00756.x
03Argentino C,Toni D,Rasura M et al. Circadian variation in the frequency
of ischemic stroke. Stroke 1990; 21: 387 –389
04Tur in TC ,Kita Y,Rumana N et al. Morning surge in circadian periodicity
of ischemic stroke is independent of conventional risk factor status:
findings from the Takashima Stroke Registry 1990–2003. Eur J Neurol
2009; 16: 843–851
05Krebes S,Ebinger M,Baumann AM et al. Development and validation of
a dispatcher identification algorithm for stroke emergencies. Stroke
2012; 43: 776–781
06Takizawa M,Sone S,Takashima S et al. The mobile hospital-an experi-
mental telemedicine system for the early detection of disease. J Tele-
med Telecare 1998; 4: 146–151
07Rutty GN,Robinson CE,BouHaidar R et al. The role of mobile computed
tomography in mass fatality incidents. J Forensic Sci 2007; 52: 1343 –
1349
08Rumboldt Z,Huda W,All JW. Review of portable CT with assessment of
a dedicated head C T scanner. Am J Neuroradiol 2009; 30: 1630 –1636
09 Orientierungshilfe für radiologische und nuklearmedizinische Unter-
suchungen. Empfehlung der Strahlenschutzkommission. Bonn: 2006,
ISBN 3-87344-130-6
10 Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Bekanntmachung der aktualisier-
ten diagnostischen Referenzwerte für diagnostische und interventio-
nelle Röntgenuntersuchungen vom 22. Juni 2010. http://www.bfs.de/
de/ion/medizin/referenzwerte02.pdf
11 Walter S,Kostpopoulos P,Haass A et al. Bringing the Hospital to the Pa-
tient: First Treatment of Stroke Patients at the Emergency Site. PLoS
ONE 2010; 5: e13758. DOI: 10.1371/journal.pone.0013758
12 Walter S,Kostopoulos P,Haass A et al. Diagnosis and treatment of pa-
tients with stroke in a mobile stroke unit versus in hospital: a rando-
mised controlled trial. Lancet Neurol 2012; 11: 397 –404
Gierhake D et al. CT im Notarztwagen: …Fortschr Röntgenstr
Neuroradiologie
Heruntergeladen von: Medizinische Bibliothek. Urheberrechtlich geschützt.