Zusammenfassung1Es war die Aufgabe gestellt, das Wesen des Wechselsingens und die Weite seines angeborenen Lautschemas bei einigen unserer heimischen Feldheuschrecken zu untersuchen. Das geschah teils im Freiland, teils in Zellophankästen unter künstlicher Bestrahlung, an den Stenobothrus-Atten Chorthippus bicolor, Ch. bigutlulus, Ch. parallelus, Ch. montanus und Ch. dorsatus sowie Omocestus rufipes. Auch die Stridulationsbewegungen der Larven und das Wechselsingen zwischen ♂ und ♀ wurden berücksichtigt.2Wesen der Anaphonic. Um den verschiedenen Formen und übergängen der Anophonie gerecht zu werden, wurde sie eingeteilt in das „Respondieren”, d.i. ein Wechselgesang auf größeren Abstand der Partner bei geringeren Affektgraden, und das eigentliche „Rivalisieren”, das stark affektgeladene „Streitsingen” der ♂♂. Beide Gruppen lassen sich (mit Faber) in ein antwortendes, alternierendes und buntstimmiges Wechselsingen unterteilen. — Der gewöhnliche Gesang gehört zum Appetenzverhalten des Paanungstriebes und bedeutet ein Abtasten des Hörraumes primär nach paarungsbereiten ♀♀ (bei ♀-Gesang positive Reaktion), sekundär nach antwortenden ♂♂ (darauf ± negative Reaktion, nämlich Rivalengesang). Der Rivalengesang dient einer gewissen Abgrenzung des Lebensraumes und in Sehweite dem Erkennen des Geschlechts eines Artgenossen.Daneben hat das Wechselsingen der ♂♂ unter sich besonders bei einigen Arten auch eine spielerische Note angenommen und ist im Gesamtverhalten der Tiere so sehr in den Vordergrund gerückt, daß selbst werbende (♂♂ (kaum aber mit ♀♀ alternierende ♂♂) sich durch nahebei singende Artgenossen ablenken lassen. — Die Form des Wechselsingens hängt weitgehend vom Abstand der Sänger ab.3Nach eingehender vergleichender Beschreibung des Wechselsingens der oben genannten Arten stellten sich einige durchgängige Gesetzmäßigkeiten heraus: Die Aficktstärke, die der Gesang eines Partners in bestimmtem Abstände hervorruft, ist proportional der Schallenergie, die auf das Gehörorgan des ♂ trifft, und äußert sich (bei einigen Arten) in einem Abnehmen der Gesangslänge im umgekehrten Verhältnis zu jener Schallenergie, wird damit also meßbar.4Lautschema. Nach Versuchen mit künstlichen Lautattrappen ließ sich das Lautschema des Wechselsingens von Ch. bicolor wie folgt beschreiben: Für die Lautqualität sehr weit, für den Versrhythmus im „Aufgesang” elastisch, im Rivalengesang an strenge Metrik gebunden. — Im Vergleich dazu erscheint das Lautschema von Ch. parallelus „weit”, das von montanus „mittel” und das von dorsatus „eng”. Omoc. rufipes war nur durch den ihm verwandten Om. viridulus in seiner Stridulation zu beeinflussen.5Weibchengesang. Die ♀♀ aller fünf Arten waren des rivalisierenden. Wechselsingens mit ihren ♂♂ nicht mächtig. Doch kommt es zwischen ♂ und ♀ zu einem Wechselsingen ganz eigener Art, das sich in Form und Funktion deutlich vom Rivalengesang wie auch vom Werbegesang unterscheidet und somit wohl auch als eigene Gesangsform des ♂ gelten darf. Ahmte ich den ♀-Gesang von Ch. biguttulus mit dem Munde nach, so suchte das wechselsingende ♂ die Schallquelle auf (Abb. 4, S. 29) und versuchte mit Attrappen zu kopulieren.6Larvenstridulation. Der „Larvengesang” scheint in erster Vergleichung eine neutrale Grundform jeglicher Stridulation darzustellen, welche erst im Volltier durch die spezifischen Stimmungskomplexe zu den verschiedenen typischen Gesangsweisen überformt wird. — Die Larven von Chorth. biguttulus, parallelus und montanus und Omoc. rufipes beginnen zwischen der zweiten und dritten Häutung stumm zu stridulieren; ihre Singbercitschaft schwankt periodisch abhängig von den Häutungen (Abb. 5, S. 35).7Die eigentümliche Plastizität der übergänge zwischen den verschiedenen. Gesangsformen der Erwachsenen, die Bedingungen ihrer Auslösung, die nur teilweise zum Reizsummenphänomen passen, und die Entwicklungsgeschichte des Gesanges legen die Deutung nahe, daß die jeweilige Affektlage nicht nur die ihr jeweils gemäße Instinktbewegung wahlweise bestimmt, sondern zugleich. auch überformend in ihren Ablauf eingreift. Die Stimmung ist, vor allem nach ihrer affektmäßigen Komponente hin, die dominierende Mitte des Stridulation sverh al tens.