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Enterprise 2.0 Fallstudien-Netzwerk
Schriftenreihe zu Enterprise 2.0-Fallstudien Nr. 13
Siemens Building Technologies Division:
Globaler Wissens- und Erfahrungsaus-
tausch mit References+
Johannes Müller und Alexander Stocker
April 2012
Dieser Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert
Schriftenreihe zu Enterprise 2.0-Fallstudien
ISSN 1869-0297
Herausgeber:
Andrea Back (Universität St. Gallen), Michael Koch (Universität der Bundeswehr München),
Petra Schubert (Universität Koblenz), Stefan Smolnik (EBS Business School)
www.e20cases.org
Zitieren als:
Müller, Johannes; Stocker, Alexander (2012): Siemens Building Technologies Divisi-
on: Globaler Wissens- und Erfahrungsaustausch mit References+, Schriftenreihe zu
Enterprise 2.0-Fallstudien Nr. 13, Andrea Back, Michael Koch, Petra Schubert, Stefan
Smolnik (Hrsg.) München/St. Gallen/Koblenz/Wiesbaden: Enterprise 2.0 Fallstudien-
Netzwerk, April 2012, ISSN 1869-0297
Eine digitale Version der Fallstudie finden Sie unter:
http://www.e20cases.org
Schriftenreihe zu Enterprise 2.0-Fallstudien
ISSN 1869-0297
Hauptherausgeber der Schriftenreihe:
Michael Koch (Universität der Bundeswehr München), Neubiberg
Kontakt: michael.koch@unibw.de, http://www.unibw.de/michael.koch
Weitere Herausgeber:
Andrea Back (Universität St. Gallen), Petra Schubert (Universität Koblenz), Stefan Smolnik
(EBS Business School)
Assoziierte Herausgeber:
Alexander Richter (Universität der Bundeswehr München), Alexander Stocker (Joanneum
Research Graz)
Der Text steht unter einer Creative-Commons-Lizenz (share alike) Namensnennung-Keine
kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/
Das Enterprise 2.0 Fallstudien-Netzwerk ist eine Initiative der Universität St. Gallen (An-
drea Back), der Universität der Bundeswehr München (Michael Koch), der Universität Kob-
lenz (Petra Schubert), der EBS Business School (Stefan Smolnik) und der Technischen Uni-
versität Graz sowie des Know-Center (Klaus Tochtermann).
Siemens Building Technologies Division
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Siemens Building Technologies Division: Globaler
Wissens- und Erfahrungsaustausch mit References+
Johannes Müller und Alexander Stocker
References+ ist eine Web-Anwendung zum weltweiten Austausch von Wissen,
Erfahrungen und Best-Practices innerhalb des Siemens-Intranets. Nicht die IT-
Anwendung als solche, sondern die derzeit ca. 8.100 Mitglieder umfassende Nut-
zer-Community bildet den Hauptfokus zum effizienten Wissensaustausch. Im Sin-
ne von „Social Networking“ möchte References+ Siemens-Mitarbeitende über
organisatorische, hierarchische und geographische Grenzen hinweg vernetzen und
diese zur direkten Kommunikation untereinander animieren. Es kann beobachtet
werden, dass der dadurch initiierte Wissenstransfer nicht nur über die Anwendung,
sondern auch parallel dazu über rein bilaterale Kommunikation stattfindet. Sowohl
die IT-Anwendung als auch die damit ermöglichten Praktiken zum Wissenstransfer
werden in diesem Beitrag ausführlich beschrieben.
Die in diesem Beitrag beschriebene Community-Plattform trug bis Februar 2012
den Namen „References@BT“. Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird im
Folgenden stets der aktuelle Name „References+“ verwendet.
Folgende Personen waren an der Bearbeitung dieser Fallstudie beteiligt:
Tab. 1: Mitarbeitende der Fallstudie
Ansprechpartner
Funktion
Unternehmen
Rolle
Johannes Müller
Senior Manager
Knowledge
Management
Siemens Schweiz AG,
Building Technolo-
gies Division
Entwicklung von
References+, Mo-
deration der Nut-
zer-Community
Alexander Stocker
Key-Researcher
Joanneum
Research
Wissenschaftliche
Begleitung
Neben den beiden aufgeführten Personen wurden noch weitere Siemens-
Mitarbeitende (Nutzer und Community-Mitglieder von References+) über eine
Nutzerumfrage und Interviews mit einbezogen.
Siemens Building Technologies Division
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1. Unternehmensprofil
Seit Oktober 2011 unterteilt Siemens seine geschäftsführenden Einheiten in die
vier Sektoren Energy, Healthcare, Industry sowie Infrastructure & Cities mit welt-
weit insgesamt 360.000 Mitarbeitenden (Siemens 2011). Um diese globale Beleg-
schaft bestmöglich zu vernetzen, leistete Siemens bereits in den 1990er Jahren
Pionierarbeit auf dem Gebiet des IT-gestützten Wissensmanagements. In den letz-
ten 15 Jahren durchlief das Siemens-interne Wissensmanagement (WM) mehrere
Entwicklungsstufen (Müller u.a. 2004), von der Übertragung expliziter Inhalte bis
hin zum multidirektionalen Austausch von implizitem Wissen und persönlichen
Erfahrungen. Das erforderte nicht nur die Entwicklung und Bereitstellung geeigne-
ter IT-Anwendungen. Es bedingte vielmehr eine neue Art der Zusammenarbeit –
weg von dem Paradigma „Wissen ist Macht“ und hin zu einer offenen Kultur des
gegenseitigen Vertrauens, Unterstützens und Austauschens.
Bei der Building Technologies Division und der Low Voltage Business Unit, die
organisatorisch dem Sektor Infrastructure & Cities angehören, entwickeln und
implementieren weltweit etwa 40.000 Mitarbeitende Produkte, Software, Systeme
und komplexe Lösungen. Des Weiteren werden bei Kunden hochwertige Services
zur Wartung, Optimierung und Modernisierung der installierten Systeme durchge-
führt. Um diese hochgradig innovativen und technologiebedingt einer fortlaufen-
den Weiterentwicklung unterliegenden Aufgaben bestmöglich zu unterstützen,
bedarf es einer äußerst dynamischen und flexiblen IT-Anwendung sowie effektiver
Praktiken für die Wissensarbeit. Dafür steht den Mitarbeitenden seit 2005 die im
Haus entwickelte und im Folgenden beschriebene Web-2.0-Anwendung Referen-
ces+ zum Austausch von Wissen und Erfahrungen zur Verfügung.
2. Ausgangssituation für das Projekt (ex-ante Sicht)
Die vorliegende Fallstudie beschreibt Einführung, Betrieb und Mehrwert einer
Intranet-Applikation zur Unterstützung von Geschäfts- oder Kommunikationspro-
zessen. In diesem Zusammenhang ist der dahinter liegende Ansatz, Mitarbeitende
zur aktiven Nutzung der Applikation zu ermuntern, von elementarer Bedeutung.
Zu Beginn im Jahr 2005 lag der Fokus der zu entwickelnden Lösung nur auf der
damaligen Business Unit Security Systems (SES), welche 2007 in Security Soluti-
ons umbezeichnet wurde. Bereits im ersten Jahr des Betriebs vergrößerte sich der
Fokus auf die gesamte Building Technologies Division.
2.1 Ausgangslage im Projekt
In Angeboten zu komplexen Projekten verlangen die Kunden in der Regel sowohl
die Angabe mehrerer bereits erfolgreich implementierter Referenzinstallationen als
Siemens Building Technologies Division
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auch einen Grobentwurf für die spätere Lösung entsprechend der in der Spezifika-
tion definierten Anforderungen. Die kompetente Informationsbereitstellung benö-
tigt zu diesen beiden Punkten eine umfangreiche und bisweilen zeitintensive Re-
cherche seitens des Vertriebsmitarbeiters, wobei auch Mitarbeitende aus anderen
Abteilungen unterstützend mitwirken. Dabei kommt als zusätzliche Herausforde-
rung hinzu, dass derartige Angebote bis zu einem fest vorgegebenen Abgabetermin
beim Kunden eingereicht werden müssen, um für den weiteren Entscheidungspro-
zess berücksichtigt werden zu können.
Die Informationsrecherche lief bis zur Einführung von References+ über bilaterale
Kanäle (Telefon, E-Mail) ab, wobei der Erfolg stark vom persönlichen Netzwerk
der suchenden Person und der Verfügbarkeit der angefragten Kollegen abhängig
war. Aufgrund des knappen Zeitbudgets war die Qualität der zusammengetragenen
Information nicht immer optimal.
2.2 Ziele und Motive der Einführung
Um auch auf Informationen von Mitarbeitenden außerhalb des persönlichen Netz-
werks – unabhängig von deren Verfügbarkeit – zugreifen zu können, wurde die
Einführung einer Intranet-Anwendung mit dahinter liegender Datenbank ange-
strebt. Diese Anwendung sollte im Wesentlichen folgende zwei Eigenschaften
aufweisen:
Auflistung von geeigneten Projektreferenzen während der zeitlimitierten
Angebotsphase
Bereitstellung von erprobten und wiederverwendbaren Lösungsmodulen
inklusive Angaben zu bereits erfolgten Implementierungen
Durch diesen Ansatz sollten Zeit und Kosten eingespart sowie Parallelarbeit und
Fehler vermieden werden. Weiterhin sollten Antworten auf Kundenanfragen
schneller und qualitativ höherwertig erfolgen, wobei der Fokus auf der Erfolgsrate
nach Projektabschlüssen und auf der Kundenzufriedenheit lag.
2.3 Erwarteter Nutzen
Der unmittelbare Nutzen für den Mitarbeitenden durch die (Wieder-)Verwendung
von publizierten „Best-Practices“ ist im wesentlichen Zeitersparnis und Qualitäts-
gewinn. Das Einbeziehen von Erkenntnissen aus anderen Projekten kann auch im
Sinne von Kompetenzförderung einen positiven Einfluss auf die tägliche Arbeit
haben. Konkrete Beispiele für den erzielten Mehrwert werden in den Kapiteln 3.4
und 5 beschrieben.
Für das Unternehmen resultiert daraus eine mögliche Effizienz- und Ergebnisstei-
gerung, eine Verbesserung von Mitarbeiterkompetenzen und Mitarbeitervernet-
zung sowie eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit.
Siemens Building Technologies Division
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2.4 Entscheidungsprozess und Investitionsentscheidung
Um die IT-Anwendung zu realisieren, einzuführen und mit Hilfe von Wissensträ-
gern mit Inhalten zu füllen, entschloss sich das SES-Management 2004 zur Schaf-
fung einer neuen, dedizierten Vollzeitstelle. Im Januar 2005 übernahm Johannes
Müller, einer der Autoren dieser Fallstudie, als „Senior Manager Knowledge Ma-
nagement“ diese Position.
3. References+: Anwendung und Inhaltsstruktur
Seit 2005 steht den Mitarbeitenden mit References+ eine umfassende Wissensma-
nagement-Plattform im Intranet zur Verfügung. Die Web-Applikation hierzu ist
eine Eigenentwicklung, welche in VBScript codiert wurde und in einer Active-
Server-Pages-Umgebung läuft. Die eigentlichen Inhalte und Daten sind in einer
MS-SQL-Datenbank gespeichert, auf welche der Web-Server dynamisch zugreift.
Die nachfolgende Abbildung 1 stellt die im Siemens-Intranet-Design erstellte
Startseite von References+ dar.
Abb. 1: Startseite von References+ mit Aufruf des Divisions-CEO,
die Plattform aktiv zu nutzen und Beiträge einzugeben.
Siemens Building Technologies Division
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Hinter References+ verbirgt sich nicht nur ein modernes IT-Werkzeug, sondern
auch eine Community aus gegenwärtig etwa 8.100 aktiven Mitgliedern, die in über
70 Ländern beheimatet sind. Alle Mitarbeitende, welche Zugang zum Siemens-
Intranet haben, können auf die Plattform zugreifen, wobei sich die primäre Ziel-
gruppe derzeit aus den Mitarbeitenden der Building Technologies Division (IC BT)
sowie der Low Voltage Business Unit (IC LMV LV) zusammensetzt.
3.1 Motivation und Ziele
Das primäre Ziel von References+ besteht darin, das für das Kerngeschäft relevan-
te Wissen und die dazugehörenden Wissensträger rascher im Unternehmen verfüg-
bar zu machen.
Von vorneherein wurde der hohe Anspruch, eine möglichst umfassende und inhalt-
lich „komplette“ Wissensdatenbank bereitzustellen, nicht angestrebt. Vielmehr
möchte References+ – ganz im Sinne von Social Networking – Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter über organisatorische, hierarchische und geographische Grenzen
hinweg vernetzen und sie zur direkten Kommunikation untereinander animieren
(Müller 2007). Es ist durchaus erwünscht, dass der Wissenstransfer über die IT-
Anwendung (z.B. durch Anfrage in einem Diskussionsforum) beginnt, nachfolgend
jedoch über rein bilaterale Kommunikation (via E-Mail, Telefon oder persönliches
Treffen) fortgesetzt wird. Das Prinzip des Social Networking-Ansatzes von Refe-
rences+ wird in Abbildung 2 dargestellt.
Abb. 2: Prinzip des Social Networking-Ansatzes von References+:
Sobald sich Wissensgeber und -nehmer über die Anwendung „gefun-
den“ haben, können diese implizites Wissen bilateral austauschen.
References+
Web-2.0-Plattform zum globalen, firmeninternen
Wissensaustausch, enthält Wissensreferenzen,
Diskussionsforen und ein Microblog
Soziales Netzwerk
Potentieller Leser:
jeder Mitarbeitende
Potentieller Autor:
jeder Mitarbeitende
Direkte Kommunikation
Siemens Building Technologies Division
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3.2 Funktionen
Kernbestandteile der Wissensmanagement-Plattform References+ sind umfangrei-
che Funktionen zur Suche von Beiträgen mit Freitext und Metadaten, zur kontext-
sensitiven Subskription von neuen oder geänderten Beiträgen durch E-Mail-
Benachrichtigungen und RSS-Feeds, zum Social Networking, sowie strukturierte
Inhalte in Form von Wissensreferenzen, Diskussionsbeiträgen und Microblog-
Postings. Nachfolgende Tabelle 2 liefert einen Überblick über die Grundfunktionen
von References+.
Tab. 2: Funktionsumfang von References+ mit den wichtigsten Funktionen zum
Ablegen und Auffinden relevanter Beiträge sowie zum Vernetzen von Mitarbeitenden
Inhalte und Suche
Subskription
‚Member Page’
Weitere Services
Wissensreferenzen
Feedback-Funktion
Diskussionsforen
Microblog
Volltextsuche
Metadatensuche
Geographische
Suche (Google
Maps)
Benachrichtigun-
gen durch E-Mail-
Benachrichtigun-
gen
RSS-Feeds
„Folgen“ anderer
Community-
Mitglieder
Newsletter
Profilbild und
„About me“-Text
Anzeige der aktuel-
len Lokalzeit
SMS-Versand
Instant Messaging
LDAP-Kopplung
ans zentrale Mitar-
beiterverzeichnis
Barrierefreier
Zugang durch au-
tomatische Authen-
tifizierung
Content-Export auf
weitere Intranet-
Seiten
KML-Schnittstelle
zu Google Earth
3.3 Member Page
Jedes Community-Mitglied wird auf einer individuellen “Member Page“ repräsen-
tiert. Diese Seite ist prinzipiell mit einer Profilseite auf anderen Social Networking-
Plattformen (z.B. XING) vergleichbar. Sie zeigt Name, organisatorische Zugehö-
rigkeit, Arbeitsort, Telefonnummern, E-Mail-Adresse, ein optionales „About me“-
Textfeld sowie ein optionales Portrait-Bild (siehe Abbildung 3).
Die meisten Nutzerdaten werden regelmäßig mit dem Siemens-Mitarbeiterver-
zeichnis abgeglichen, so dass deren manuelle Pflege entfällt. Ins „About me“-Feld
kann jedes Mitglied auf freiwilliger Basis individuelle und geschäftsrelevante An-
gaben über seine Person (wie z.B. Funktion, Arbeitsgebiet und Kompetenzen)
eintragen. Weiterhin wird der Präsenzstatus aus MS Communicator (einem bei
Siemens eingesetzten „Instant Messaging“-Dienst) in Form einer farbigen Kugel
angezeigt. Nimmt dieses Symbol eine grüne Farbe an, bedeutet das, dass die jewei-
lige Person im Firmennetz eingeloggt ist und in den letzten Minuten am Computer
eine Aktion aufgeführt hat.
Sämtliche bereits erstellten Beiträge eines genannten Mitglieds werden auf einer
separaten Seite angezeigt, welche direkt von der „Member Page“ verlinkt ist.
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Abb. 3: „Member Page“ des Erstautors in References+.
3.4 Strukturierung der Inhalte
Drei verschiedene Beitragsarten – Wissensreferenzen, Diskussionsforen und Mic-
roblogging mit teils vorgegebener, teils frei wählbarer Verschlagwortung – ermög-
lichen eine nutzerfreundliche und intuitive Eingabe von Informationen in Referen-
ces+:
Wissensreferenzen sind strukturierte und aus mehreren Text-, Zahlen- und
Metadatenfeldern bestehende Informationsobjekte (für ein Beispiel siehe Ab-
bildung 4). Diese beschreiben beispielsweise Kundenprojekte, Produkt- und
Lösungsmodule, Services, interne Prozessverbesserungen sowie „Lessons
Learned“. Aufgrund mehrerer, voneinander unabhängiger Metadaten (Diszip-
lin, vertikaler Markt, Staat, Jahr der Fertigstellung, usw.) sind mehrdimensio-
nale Suchanfragen möglich, wie beispielsweise eine Suche nach „allen Kun-
denprojekten, in denen nach 2005 in Bürogebäuden in Deutschland Brand-
schutz implementiert wurde“.
Jeder lesende Nutzer kann ein für alle Leser sichtbares Feedback auf eine Wis-
sensreferenz geben – ähnlich zu Kundenrezensionen im Internet. Analog zur
früheren WM-Anwendung „Com ShareNet“ (Müller u.a. 2004) enthält ein
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Feedback neben einem textlichen Kommentar eine optionale Bewertung auf
einer Skala von 0 bis 5 . Somit kann die Qualität der Bei-
träge durch die Community kommentiert und bewertet werden.
Abb. 4: Beispiel eines Projektbeitrags (d.h. Wissensreferenz) mit Textfeldern,
Metadaten, beigefügten Dateien und Verweisen auf Ansprechpartner.
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Die meisten Projektbeiträge sind geo-referenziert, d.h. den Beiträgen werden
exakte Positionsangaben in Form von Längen- und Breitengraden zugeordnet.
Damit lässt sich entweder die Lage eines bestimmten Projekts oder die örtliche
Verteilung bestimmter Suchanfragen (z.B. alle Projekte, die in Flughäfen in
Deutschland implementiert wurden) auf einer Landkarte visualisieren. Als On-
line-Kartenbasis wird dabei Google Maps verwendet (für ein Beispiel siehe
Abbildung 5). Parallel dazu können die vorhandenen Geo-Parameter auch als
KML-Datei ausgegeben und damit in Google Earth dreidimensional visuali-
siert werden.
Abb. 5: Beispiel einer eingebunden Online-Karte, in der Projekt-Lokationen
in den Vereinigten Staaten mit Google Maps visualisiert werden.
Diskussionsforen ermöglichen den Teilnehmern, sich zu technologischen
oder funktionalen Themenfeldern asynchron auszutauschen. Beispielsweise
können im sehr intensiv genutzten „Urgent Requests“-Forum geschäftsbezo-
gene Fragen aller Art (zu Produkten, Schnittstellen, Kompatibilitäten, Kunden,
Kontakten, usw.) gestellt werden. Diese Fragen werden über E-Mail-
Benachrichtigungen und RSS-Feeds an die Leser verteilt. Da jedes neu regist-
rierte Community-Mitglied automatisch eine E-Mail-Benachrichtigung auf das
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„Urgent Requests“-Forum erhält, existieren mittlerweile mehrere tausend
Empfänger für diese Art der Anfragen. Deutlich mehr als 90% aller Anfragen
erhalten daher auch mindestens eine Antwort. Zumeist werden pro Anfrage
sogar zwei bis drei Antworten geliefert.
Das folgende Beispiel veranschaulicht ein gängiges Einsatzszenario der Dis-
kussionsforen: Ein Mitarbeiter aus Großbritannien fragte nach den An-
schlussmöglichkeiten einer Brandmeldeanlage an ein standardisiertes IT-
Bussystem. Weniger als 24 Stunden später erhielt er von einem deutschen Kol-
legen die gesuchte Lösung mit vielen zusätzlichen Informationen. Begeistert
schilderte er seine positive Erfahrung:
„Big thanks to my colleague for his information. I posted my question
onto the discussion board and the following day had all the required
information, including drawings and potential suppliers. Yesterday a
problem – today a solution!“
Aufgrund der Dringlichkeit und hohen Priorität können „Urgent Requests“ aus
References+ auch in weiteren firmeninternen Community-Plattformen – Tech-
noWeb (Heiss/Jankowsky 2001) und Community4Competence (Becker u.a.
2011) – angezeigt werden, wobei der Anfragende individuell bestimmen kann,
ob diese Weiterleitung stattfindet. Damit erhöhen sich der potentielle Leser-
kreis dieser speziellen Anfragen und die Wahrscheinlichkeit für nutzbringende
Antworten. Die Inhalte werden dabei von den anderen Systemen über einen
speziellen von References+ bereitgestellten RSS-Feed eingelesen.
Microblogging – analog zu Twitter, Yammer, Socialcast, Chatter oder ver-
gleichbaren Diensten – bildet die dritte Beitragsart in References+. Der Bedarf
für Microblogging zeigte sich schon einige Monate vor der Einführung des
Dienstes, als eine Vielzahl von Mitarbeitenden in Eigeninitiative das im Inter-
net gehostete Yammer für den Erfahrungsaustausch in Anspruch nahm. Um zu
vermeiden, dass vertrauliche Inhalte auf externen Web-2.0-Anwendungen
ausgetauscht werden, wurde für References+ ein eigener Microblogging-
Dienst entwickelt.
Im Unterschied zu Twitter sind Microblogging-Beiträge in References+ nicht
auf 140 Zeichen begrenzt. Ähnlich wie bei Yammer werden direkte Antworten
auf Beiträge angezeigt sowie die entstehende Struktur der verschachtelten Bei-
träge als „Topic“ visualisiert. Jeder initiale Beitrag muss außerdem verpflich-
tend mit mindestens einem frei wählbaren Schlagwort oder “Tag“ versehen
werden. Damit können themenverwandte Beiträge sowie Mitarbeitende, die
sich mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigen, schnell gefunden werden
(vgl. dazu auch Müller/Stocker 2011; Stocker/Müller 2011). Neue Beiträge,
die mit einem bestimmten Schlagwort versehen wurden, können über einen
speziellen RSS-Feed abonniert werden. Diese Schlagworte dienen auch zur
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geeigneten Filterung beim Content-Export thematisch passender Microblog-
ging-Beiträge zur Darstellung auf bestimmten Intranet-Seiten.
Zur Veranschaulichung zeigt die Abbildung 6 ein hierarchisch gegliedertes
“Microblog Topic“, welches aus einem initialen Beitrag und nachfolgenden
Antwort-Beiträgen besteht. Es ist stets möglich, gezielt auf einen bestimmten
Beitrag zu antworten, wobei im „Topic“ jede nachfolgende Antwort leicht
eingerückt dargestellt wird und im Titel beide Autoren angezeigt werden, z.B.
„Andreas Büchel in reply to Johannes Müller“.
Abb. 6: Beispiel eines hierarchisch gegliederten Microblog-Topics
mit initialem Beitrag und darauf gegebenen Antworten.
Der seit März 2009 verfügbare Microblogging-Dienst wurde von den References+-
Nutzern sehr begrüßt. Zwei Intensivnutzer dieses Dienstes beschreiben den Mehr-
wert von Microblogging wie folgt:
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„Das neue Microblogging-Tool unterstützt uns dabei, aktuelle Ereignisse
zu Produktveröffentlichungen, Features und Marktbewegungen in der
Building Technologies Division zu erfahren. Für jemanden aus der Indus-
trie ist es wichtig, sich auch mit Kollegen, die in anderen Unternehmens-
bereichen arbeiten, zu vernetzen.“
„Das Auffinden anderer Personen im Unternehmen, welche über Fähig-
keiten oder Wissen zur Lösung eines eigenen Problems verfügen, ist in den
meisten Fällen äußerst schwierig. Microblogging ist eine große Hilfe,
wenn es darum geht, solches Wissen mit anderen Personen im Unterneh-
men auszutauschen und rasch Best-Practices zu teilen. Es führt zu einer
Reduktion des Kommunikationsaufwands im Vergleich zu e-Mail, weil
Nutzer eben nur solche Beiträge durchsuchen können, welche für sie einen
Wert besitzen, und nicht mehr mit Informationen zugeschüttet werden.“
Diesen beiden Aussagen ist zu entnehmen, dass gerade Microblogging die Bildung
sozialer Netzwerke im Unternehmen (Richter 2010) als Wissensnetzwerke fördert
und so auf effiziente Weise zu einer Verminderung der Informationsüberflutung
beitragen kann.
In Wissensreferenzen, Diskussionsforen und Microblogging-Posts finden sich zum
Teil völlig unterschiedliche Inhalte. Tabelle 3 liefert eine Übersicht, welche Infor-
mation über welchen Kanal kommuniziert wird.
Tab. 3: References+: Welche Information wird über welchen Kanal kommuniziert?
Die unten stehende Zahl ist die Anzahl der jeweiligen Beiträge im März 2012.
Wissensreferenzen
Diskussionsbeiträge
Microblogging
Nutzerprofile
Bezug zum Kernge-
schäft
Fachlicher Austausch
aktueller Themen
Spontaner ‚real-time’-
Nachrichtendienst
Kontaktaufnahme
und Vernetzung
Kundenprojekte
Lösungsmodule
Servicekonzepte
Marktanalysen
Technologiein-
formationen
Berichte über
Auszeichnungen
Interne Projekte
zur Prozessver-
besserung
„Lessons Lear-
ned“
Dringende Anfra-
gen
Messe- und Konfe-
renzberichte
Technologie-
bezogener Aus-
tausch
Projektmanage-
ment
Feedback, Vor-
schläge und Hilfe
zu References+
weitere Themen
Persönliche Bot-
schaften („ich
mach(t)e“, „ich ha-
be vor“, „ich habe
erfahren“)
Verweise auf neue
oder interessante
Web-Seiten
Tipps und Tricks
Erfolgsmeldungen
(soeben abgeschlos-
sene Projektverträ-
ge)
Name
Standort
E-Mail-Adresse
Telefon-, Handy-
und Faxnummern
Abteilung
„About me“-
Freitext
Portrait-Bild
Gegenwärtige
lokale Uhrzeit
Präsenzstatus im
MS Communicator
Anzahl: ca. 2.400
Anzahl: ca. 7.200
Anzahl: ca. 5.800
Anzahl: ca. 8.100
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Sämtliche Beiträge sind mit dem Namen der jeweiligen Autoren versehen. Alle
Beiträge lassen sich durch individuell konfigurierbare E-Mail-Benachrichtigungen
sowie RSS-Feeds den eigenen Interessensschwerpunkten und dem subjektiven
Informationsbedarf entsprechend abonnieren. In Wissensreferenzen und Diskussi-
onsforen wird eine geeignete Taxonomie durch vorgegebene Metadaten und
Schlagworte („Tags“) angeboten. In einem initialen Microblog-Posting werden die
verpflichtend einzugebenden Schlagworte im Sinne einer „Folksonomy“ jedoch
nicht vorgegeben. Microblogging verbleibt in diesem Zusammenhang bewusst
unstrukturiert, um den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, ihren Gedanken
freien Lauf zu lassen und einen offenen Austausch zu ermöglichen.
4. Community-Aspekte
Community-Plattformen wie References+ sind sozio-technische Systeme: Neben
der Beherrschung der eingesetzten Technologie als Mindestanforderung ist es
besonders wichtig, die sozialen Prozesse rund um Mitarbeiter als Nutzer zu verste-
hen. Speziell die soziale Perspektive wird oft vernachlässigt, weshalb die Wissen-
schaft in diesem Kontext auch von sozio-technischer Systemgestaltung spricht
(Richter 2010).
4.1 Sichtbarer Aufruf der Unternehmensleitung
Wie auch bei vergleichbaren Plattformen im Internet oder Intranet beschrieben
wurde (Koch/Richter 2009), geschieht die Nutzung von References+ bis auf weni-
ge Ausnahmen freiwillig. Ein wesentliches Element für den Erfolg von Web-2.0-
Initiativen in Unternehmen ist jedoch die spürbare Unterstützung der Unterneh-
mensführung (Stocker/Tochtermann 2010). Der Kulturwandel, eigene Erfahrungen
über eine Intranet-Plattform anderen Mitarbeitenden zugänglich zu machen, kann
nur gelingen, wenn die Beitragenden sich sicher sind, auch im Sinne ihres Mana-
gements zu handeln. Aus diesem Grund fordert der CEO der Building Technolo-
gies Division auf der References+-Startseite die Anwender zur aktiven Nutzung
auf:
„References+ provides a platform for sharing and leveraging our know-
ledge and experience across geographic and organizational borders. By
learning from each other, we can save valuable time, react faster to our
customers’ demands, provide better solution and service quality, and thus
obtain a higher customer satisfaction. This will only work, if you make
your local knowledge globally available by personally contributing your
experiences and best-practices into References+. Please take this
opportunity and participate!“
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4.2 Aktivitäten des Community-Managers
Die in References+ registrierten Nutzer bilden eine weltweit verteilte Community.
Hierbei nimmt einer der Autoren dieses Beitrags die essentielle Rolle des Commu-
nity-Moderators wahr, womit unter anderem folgende regelmäßige Aufgaben ver-
bunden sind:
Individuelle Motivation zum Erstellen neuer Beiträge oder zum Verbessern
eines bestehenden Beitrags, dies geschieht häufig durch persönlichen Kontakt
über E-Mail oder Telefon.
Ansprechpartner bei Problemen und Verbesserungsvorschlägen (im Sinne
einer „References+ Hotline“)
Durchführen von Trainingsmaßnahmen, welche sowohl persönlich in Form
einer Präsenzveranstaltung als auch „remote“ über Web-Conferencing durch-
geführt werden. (Innerhalb des Siemens-Konzerns hat sich dazu die Web-
Conferencing-Anwendung Microsoft Live Meeting etabliert.)
Hervorheben und Kommunizieren besonders aktiver Autoren oder besonders
oft angeklickter Beiträge
Dank an überdurchschnittlich aktive Autoren oder Autoren qualitativ hochste-
hender Beiträge ausdrücken
Ansprechen geeigneter Multiplikatoren (Senior Management, regionales Ma-
nagement, Standortleitung) zwecks Motivation derer Mitarbeitenden
Erstellen von News-Beiträgen, die firmenintern in elektronischer oder ge-
druckter Form veröffentlicht werden (siehe Kapitel 4.3)
4.3 Regelmäßige Kommunikation
Etwa alle zwei bis drei Monate erhalten alle Community-Mitglieder den „Referen-
ces+ Newsflash“ als E-Mail. Dieser Newsletter informiert über neue Funktionen
der IT-Anwendung, interessante Beiträge, Informationen aus der Community und
andere Themen. Darüber hinaus ist dieses Medium auch ein „Erinnerungs-
Trigger“, um sporadische Nutzer zum Öffnen von References+ im Browser zu
animieren und zur Teilnahme an der Community anzuregen.
Darüber hinaus erscheinen ausgewählte relevante Neuigkeiten aus References+
und der Community sowohl online im Siemens-Intranet als auch in gedruckter
Form in der Mitarbeiterzeitschrift.
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4.4 Incentivierung
Um die Wissensmanagement-Plattform mit mehr Beiträgen anzureichern und in
der Folge die Community zu vergrößern, wurden vor allem in der Anfangsphase
nach der Einführung von References+ Incentive-Maßnahmen in Form von internen
Wettbewerben durchgeführt. Die aktivsten Autoren konnten dabei Preise gewin-
nen, welche zusammen mit einer vom CEO unterzeichneten Urkunde durch den
jeweiligen direkten Vorgesetzten persönlich überreicht wurden. Fotos dieser Über-
reichung wurden anschließend im Intranet sowie in der Mitarbeiterzeitschrift ver-
öffentlicht. Die Anerkennung und Wertschätzung der Unternehmensführung zu-
sammen mit der Veröffentlichung der Preisträger wirkte in diesem Zusammenhang
wesentlich motivierender als reine Sachpreise.
Über den bisherigen Zeitraum des Bestehens von References+ zeigt die nachfol-
gende Tabelle 4 den positiven Effekt der bisher durchgeführten Incentive-
Maßnahmen: In Monaten mit einer solchen Maßnahme war die Anzahl der einge-
gebenen Wissensreferenzen teils deutlich höher als in Monaten ohne Incentivie-
rung.
Tab. 4: Auswirkung von Incentive-Maßnahmen auf die Beitragsaktivität
Dauer in
Monaten
Neue Wissens-
referenzen
Ø Wissensreferen-
zen pro Monat
1. Incentive-Wettbewerb
(Okt. 2005 - Jan. 2006)
4
182
46
2. Incentive-Wettbewerb
(Juni-September 2006)
4
162
41
3. Incentive-Wettbewerb
(März-Juli 2007)
5
348
70
4. Incentive-Wettbewerb
(Januar-Juli 2008)
7
239
34
5. Incentive-Wettbewerb
(April-September 2009)
6
172
29
Zeit ohne kommunizierten
Incentive-Wettbewerb
58
1.129
19
Gesamter Zeitraum (2005-2011)
84
2.232
27
Während der Incentive-Wettbewerbe 2008 und 2009 nahm die durchschnittliche
Beitragshäufigkeit neuer Wissensreferenzen aufgrund der gleichzeitigen Incenti-
vierung von Foren- und Microblog-Beiträgen ab. Dieser Trend setzte sich auch in
den Jahren 2010 und 2011 fort, da eine zunehmende Anzahl an Projektinformatio-
nen nicht mehr als strukturierte Wissensreferenzen, sondern als unstrukturierter
Vermerk in Diskussionsforen oder ins Microblog geschrieben wurde.
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4.5 Aufbau und Anzeige des persönlichen Netzwerks
Analog zu anderen Social Networking-Plattformen (Richter 2010) erlaubt auch
References+ den Nutzern, ein persönliches Netzwerk aufzubauen und anderen
Community-Mitgliedern zu „folgen“. Durch das „Folgen“ einer anderen Person
kann das Interesse an dieser anderen Person explizit bekundet und IT-technisch auf
einfache Weise abgebildet werden. Das daraus entstehende Kontaktgeflecht wird
allen Nutzern auf References+ transparent gemacht: Alle Mitglieder, denen eine
bestimmte Person folgt, und alle Mitglieder, welche einer bestimmten Person fol-
gen, werden auf einer Web-Seite zusammengefasst und angezeigt. Eine Folge-
Beziehung ist von vorne herein unidirektional und kann bei Gefallen von der Ge-
genpartei erwidert werden. Natürlich kann eine bestehende Folge-Beziehung vom
Folgenden jederzeit (durch ‚unfollow’) gelöscht werden. Die einseitige Blockie-
rung einer Folge-Beziehung durch den Gefolgten, also die Möglichkeit (wie auf
Twitter), anderen Community-Mitgliedern das „Folgen“ der eigenen Person zu
verbieten, ist in References+ nicht vorgesehen. Falls eine neue Folge-Beziehung
aufgebaut oder eine bestehende Folge-Beziehung gelöscht wird, wird die Gegen-
partei per E-Mail über diesen Vorgang benachrichtigt.
Neue Community-Mitglieder werden bereits während der Registrierung auf die
Möglichkeit, anderen Teilnehmern zu folgen, hingewiesen. Dadurch werden diese
auf die angebotenen Vernetzungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht und können
diese sofort nutzen. Allerdings wurde zu Beginn die Folge-Funktion von den Teil-
nehmern nur sehr spärlich genutzt. Erst nach einer gezielten Kommunikationsmaß-
nahme im August 2010 entwickelte sich eine signifikant wachsende Anzahl von
Folge-Beziehungen: In einer personalisierten E-Mail, die an alle registrierten Refe-
rences+-Mitglieder verschickt wurde, wurden zehn zufällig ausgewählte und am
Ort des jeweiligen E-Mail-Empfängers arbeitende Community-Mitglieder zum
Folgen vorgeschlagen. Diese Maßnahme führte in kurzer Zeit zu über 3.000 neuen
Folgebeziehungen. (Aufgrund des Erfolgs der zuvor beschriebenen Folge-
Maßnahme erhalten alle neuen References+-Mitglieder nach ihrer Registrierung
eine ähnliche E-Mail.)
In der Grundeinstellung erhält jedes Community-Mitglied einmal täglich zusam-
mengefasst als E-Mail alle Microblog- und Foren-Postings derjenigen Autoren,
denen der jeweilige Empfänger „folgt“. Ein entsprechender RSS-Feed steht parallel
dazu zur Verfügung. Damit ist es ein Leichtes, über Neuigkeiten im persönlichen
Netzwerk stets auf dem Laufenden zu bleiben, ohne die Intranet-Plattform regel-
mäßig aufrufen zu müssen.
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5. Mehrwert für Mitarbeitende und Organisation
Die Nutzung von References+ verläuft aus Sicht des Managements äußerst zufrie-
denstellend. An einer 2009 durchgeführten Nutzerumfrage zur Erfolgsmessung von
References+ beteiligten sich 1.070 Community-Mitglieder. Neben Verfügbarkeit,
Bedienbarkeit, Funktionen und Inhaltsqualität wurden die Teilnehmer nach der
individuellen Nutzungshäufigkeit, nach deren Einschätzung der Nützlichkeit und
nach der durch die Wiederverwendung gefundener Information resultierenden
Zeiteinsparung in den letzten 365 Tagen befragt.
Dabei stellte sich heraus, dass 945 Antwortende (ca. 88%) die Intranet-Plattform
als zumindest teilweise hilfreich für die eigene Arbeit empfinden. Basierend auf
der Annahme, die Antwortoptionen „mehrere Tage“ mit drei Tagen und „mehrere
Stunden“ mit einem halben Tag gleichzusetzen, beträgt die durch References+
eingesparte Arbeitszeit für die 1.070 Antwortenden kumuliert 714 Arbeitstage pro
Jahr. Dies ergibt im Durchschnitt eine Zeitersparnis von 0,67 Arbeitstagen pro
Person und Jahr.
Im Zuge der Nutzerbefragung wurde weiterhin festgestellt, dass der subjektiv beur-
teilte Mehrwert mit der Intensität der Nutzung korreliert: Je intensiver Mitarbeiten-
de References+ verwenden, desto höher ist der Mehrwert, welchen sie daraus er-
fahren. Nachfolgende Tabelle 5 stellt diesen Zusammenhang zwischen der Intensi-
tät der Nutzung und dem durch die Mitarbeiter wahrgenommenen Mehrwert dar.
Tab. 5: Ergebnisse der Nutzerumfrage 2009 aufgeschlüsselt nach jeweiliger Nutzungshäu-
figkeit der Antwortenden
Nutzungshäufigkeit
(Anzahl Antwortende)
sporadisch
(401)
monatlich
(289)
wöchentlich
(280)
täglich
(100)
Ø alle
(1070)
Verfügbarkeit*
2,51
2,66
2,71
2,79
2,63
Bedienbarkeit*
1,72
1,99
2,12
2,34
1,96
Funktionen / Features*
1,62
1,96
2,08
2,31
1,89
Inhaltsqualität*
1,65
1,91
1,98
2,17
1,86
Brauchbarkeit**
0,92
1,38
1,55
1,94
1,31
gesparte Tage pro Jahr***
0,32
0,60
0,97
1,40
0,67
Selektierbare Bewertungsoptionen:
* sehr gut (3), gut (2), durchschnittlich (1), ungenügend (0)
** sehr hilfreich (3), hilfreich (2), teilweise hilfreich (1), nicht hilfreich (0)
*** mehrere Tage (3), ein Tag (1), mehrere Stunden (0,5), keine Zeiteinsparung (0)
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Diese Erkenntnis lässt sich auch in die andere Richtung interpretieren: Je größer
der Mehrwert ist, den ein Teilnehmer durch die Nutzung einer Web-2.0-Plattform
erfährt, umso eher wird dieser Teilnehmer die Plattform erneut nutzen und umso
häufiger wird er sie verwenden.
In anderen Worten: Der unmittelbar erzielte Mehrwert ist der wohl bedeutendste
intrinsische Motivationsfaktor zur Nutzung von References+. Wenn es gelingt,
viele qualitativ gute Beiträge (ganz im Sinne von „content that matters is king“)
auf einer Web-2.0-Plattform bereitzustellen, ist ein großer Schritt zum dauerhaften
Erfolg dieser Wissensmanagement-Initiative getan.
Im Rahmen einer weiteren im September 2011 durchgeführten Umfrage wurden
die Nutzer nach dem empfundenen geschäftsrelevanten Mehrwert durch das jewei-
lige (Wieder-)Verwenden der in References+ gefundenen Information bezogen auf
die letzten 365 Tage befragt. Daran beteiligten sich 1.479 Mitarbeitende, deren
Antworten zu Illustrationszwecken kumuliert werden können. Bei den im Folgen-
den angegebenen Werten handelt es sich um die aufkumulierten Schätzungen der
befragten Mitarbeiter:
731 eingesparte Arbeitstage pro Jahr
€ 190.000 eingesparte Kosten (zusätzlich zur Arbeitszeit) pro Jahr
€ 5,3 Millionen zusätzlich generierter Umsatz pro Jahr
361 neu gewonnene Kunden im letzten Jahr
Unter der Annahme, dass wesentlich mehr als nur die 1.479 Antwortenden Refe-
rences+ nutzen, kann von einem deutlich höheren wirtschaftlichen Mehrwert der
beschriebenen Wissensmanagement-Initiative ausgegangen werden.
6. Fazit
In einem global agierenden Unternehmen können sich Mitarbeitende weltweit über
eine Web-2.0-Plattform kennenlernen und über sogenannte „Communities of Prac-
tice“, also praxisbezogene Gemeinschaften von Personen, welche informell mitein-
ander verbunden sind und gemeinsame Aufgaben erfüllen (Wenger 1998), vernet-
zen. Während Kontaktanbahnung und -pflege durch References+ stark vereinfacht
werden, muss der eigentliche Wissenstransfer jedoch nicht ausschließlich über die
IT-Anwendung stattfinden.
Das viel zitierte Schlagwort „Enterprise 2.0“ (Koch/Richter 2009) bedeutet jedoch
nicht nur das Angebot entsprechender IT-Plattformen im Unternehmen. Enterpri-
se 2.0 bedeutet vielmehr eine Abkehr von traditionellen Rollenmustern bei der
Informationsbeschaffung und -verteilung hin zu einer von der Unternehmenslei-
tung aktiv geforderten und geförderten Kultur des Wissensteilens sowie des gegen-
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seitigen Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung. Enterprise 2.0 steht für
Nutzungsoffenheit, weil nicht schon von Beginn an klar sein muss, zu welchem
Zweck eine bestimmte IT-Anwendung von Mitarbeitenden tatsächlich genutzt
werden kann. Es kann also durchaus vorkommen, dass sich der Einsatzzweck die-
ses Dienstes erst durch die Nutzung manifestiert.
Vor allem jüngere Kollegen setzen das Vorhandensein von Web-2.0-
Anwendungen in einem modern ausgerichteten Unternehmen zunehmend voraus.
Die bisherige Herausforderung für Wissensmanager, Mitarbeitende zur Eingabe
von Beiträgen zu motivieren, wird nun vermehrt durch andere Herausforderungen
abgelöst: Nämlich den Mitarbeitenden nicht nur eine geeignete Web-2.0-
Infrastruktur, sondern auch eine entsprechende Unternehmenskultur zu bieten, um
damit die Voraussetzungen zum selbständigen und effizienten Wissensarbeiten zu
schaffen.
References+ wurde 2005 als Initiative einer Business Unit mit einem engeren Fo-
kus gestartet und dann langsam und unter Einbezug der Nutzer auf eine gesamte
Division mit ihren speziellen Bedürfnissen ausgeweitet. Nach einem längeren Ent-
wicklungsprozess integriert References+ in der heutigen Ausprägung einzelne
Teilaspekte wie Social Networking, strukturierte Beiträge (Wissensreferenzen),
Diskussionsforen und Microblogging zu einem Gesamtsystem. Für den laufenden
Betrieb einer solchen global genutzten Plattform ist das kontinuierliche Engage-
ment eines Community-Managers von entscheidender Bedeutung. Unter Einsatz
zahlreicher Mechanismen (vgl. Kapitel 4) gilt es, die Mitarbeitenden fortlaufend
vom Mehrwert der Plattform zu überzeugen sowie diese zur aktiven Nutzung und
zur Eingabe selbst verfasster Beiträge zu motivieren. Aufgrund des großen Erfolgs
und der hohen unternehmensweiten Sichtbarkeit von References+ wird derzeit
sogar diskutiert, das Konzept auf andere Unternehmensbereiche auszuweiten.
Siemens Building Technologies Division
22
Literatur
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ment für eine globale Enterprise 2.0 Initiative, in: Tagungsband KnowTech 2011
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Heiss, M.; Jankowsky, J.: The Technology Tree Concept - An Evolutionary Ap-
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the IEEE International Engineering Management Conference (IEMC 2001), Alba-
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Management (ICKM 2007), Wien 2007, S. 55-64.
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vol. 17, no. 4 (2011), 2011, 532-547.
Richter, A.: Der Einsatz von Social Networking Services in Unternehmen: Eine
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Stocker, A.; Tochtermann, K.: Wissenstransfer mit Wikis und Weblogs. Fallstu-
dien zum erfolgreichen Einsatz von Web 2.0 in Unternehmen, Gabler-Verlag,
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Wenger, E.: Communities of Practice: Learning, Meaning, and Identity, Cambridge
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23
Kurzprofile der Autoren
Johannes Müller (j-mueller@siemens.com)
Johannes Müller arbeitet als Senior Manager Knowledge Management bei der
Siemens Schweiz AG, Building Technologies Division, in Zug, Schweiz. Seit
2005 entwickelt und administriert er die Web-2.0-Plattform References+ (früher
References@BT) zum weltweiten Austausch von Wissen und persönlichen Erfah-
rungen über das Siemens-Intranet. In den Jahren 2000 bis 2004 moderierte er als
Global Editor im zentralen Wissensmanagement-Team von Siemens Communica-
tions die weltweite Nutzer-Community von Com ShareNet (früher ICN ShareNet).
Alexander Stocker (alexander.stocker@joanneum.at)
Alexander Stocker widmet sich seit fast 10 Jahren dem Einsatz computergestützter
Informationssysteme in Unternehmen. Derzeit beschäftigt er sich als Key Resear-
cher bei JOANNEUM RESEARCH mit Forschungsthemen rund um den Einsatz
von Web 2.0 im Kontext von Unternehmen. Zuvor war er am Know-Center, Öster-
reichs Kompetenzzentrum für Wissensmanagement, in Graz sowie als Berater für
Dokumenten- und Wissensmanagement bei Datev in Nürnberg tätig. Alexander
Stocker bloggt regelmäßig zum allen Themen rund um das Web und Unternehmen
auf www.alexanderstocker.at.