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ART for USERS - Re-Humanisierung des digitalen Umfeldes

Authors:

Abstract

Keramik aus dem Waldviertel was passiert, wenn eine kärntnerin 500km nach norden und ein ungar 500km nach westen fährt? sie treffen sich in neupölla und spazieren nach kleinraabs, wo sie ein lange leerstehen-des, über 300 Jahre altes haus finden. dort gründen sie einen keramikstudioex-perimentalabenteuerspielplatz und eine Familie. man schreibt das Jahr 1991. seitdem findet man auf allen kontinenten (außer südpol) keramik aus dem wald-viertel. J anos Szabo: "Mit unserer Gebrauchs-kunst wollen wir den Alltag bereichern, Kunst zurück zum Menschen bringen und humanistisches Kulturgut der techno-logischen Überwältigung unseres Zeitalters entgegenhalten. Mit unserer Online Galerie www.artforusers.com (Ja, richtig: Art for Users!) wollen wir schöpferische Antwort geben auf die Entfremdung des Menschen von der Natur, wollen einen Ausgleich zur virtuellen Realität der Computerwelt schaffen und das digitale Umfeld re-humanisieren. Ausgangspunkt ist das ursprünglichste und "globalste" Naturelement: Tonerde, mit der Hand bearbeitet. "Wie schaut eine typische Compu-terumgebung aus? Monitor, Maus, Tasta-tur und in der Kiste der eigentliche PC. Der Rechner wird bedient mit Geräten, welche man anschließen muss, wir star-ren auf der Monitor, unsere Hände berüh-ren eine Plastikoberfläche und wir müssen den Unterschied zwischen einem Klick und einem Doppelklick erlernen. Dann können wir in den angeblich unzähligen Möglich-keiten manövrieren, haben aber letztend-lich nur zwei Wahlmöglichkeiten: entwe-der JA oder NEIN. Stundenlang werden in dieser Umgebung wichtige Eigenschaften, etwa Erklärungsfähigkeit, nicht gebraucht und auch nicht gefördert. So werden wir langsam aber sicher "müde" -digital-müde. Die Symptome dafür sind Hyperaktivität, chronische Ungeduld, Improvisations-und Gestaltungsunfähigkeit. "Die Mikroelektronik hält uns einen
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2012
Schwerpunkte & repOrtAGen
KUNST + HANDWERK: KERAMIK
Keramik aus dem Waldviertel
Was passiert, wenn eine Kärntnerin
500km nach Norden und ein Ungar
500km nach Westen fährt? Sie treffen
sich in Neupölla und spazieren nach
Kleinraabs, wo sie ein lange leerstehen-
des, über 300 Jahre altes Haus nden.
Dort gründen sie einen Keramikstudioex-
perimentalabenteuerspielplatz und eine
Familie. Man schreibt das Jahr 1991.
Seitdem ndet man auf allen Kontinenten
(außer Südpol) Keramik aus dem Wald-
viertel.
Janos Szabo: „Mit unserer Gebrauchs-
kunst wollen wir den Alltag bereichern,
Kunst zurück zum Menschen bringen
und humanistisches Kulturgut der techno-
logischen Überwältigung unseres Zeitalters
entgegenhalten. Mit unserer Online Galerie
www.artforusers.com (Ja, richtig: Art for
Users!) wollen wir schöpferische Antwort
geben auf die Entfremdung des Menschen
von der Natur, wollen einen Ausgleich zur
virtuellen Realität der
Computerwelt schaen und das digitale
Umfeld re-humanisieren. Ausgangspunkt
ist das ursprünglichste und "globalste"
Naturelement: Tonerde, mit der Hand
bearbeitet.
„Wie schaut eine typische Compu-
terumgebung aus? Monitor, Maus, Tasta-
tur und in der Kiste der eigentliche PC.
Der Rechner wird bedient mit Geräten,
welche man anschließen muss, wir star-
ren auf der Monitor, unsere Hände berüh-
ren eine Plastikoberäche und wir müssen
den Unterschied zwischen einem Klick und
einem Doppelklick erlernen. Dann können
wir in den angeblich unzähligen Möglich-
keiten manövrieren, haben aber letztend-
lich nur zwei Wahlmöglichkeiten: entwe-
der JA oder NEIN. Stundenlang werden in
dieser Umgebung wichtige Eigenschaften,
etwa Erklärungsfähigkeit, nicht gebraucht
und auch nicht gefördert. So werden wir
langsam aber sicher "müde" - digital-müde.
Die Symptome dafür sind Hyperaktivität,
chronische Ungeduld, Improvisations- und
Gestaltungsunfähigkeit.
„Die Mikroelektronik hält uns einen
Form mit Hand-Extruder. Das Bild mit der Goldenen-Schnitteffekt-Montage zeigt, dass die Kanne aus
Sequenzen der harmonischsten Linien besteht, die „analogste“ Form die es gibt.
geistigen Spiegel vor. Der Info-Highway
formt unser Leben um und die Grenze
zwischen Wahrheit und generierter Wahr-
heit verschwimmt. Alles weist auf ein neues
Zeitalter hin: auf die Revolution der Digi-
Janos Szabo bei der für sein Werk typischen
Arbeit mit dem Extruder.
Symmetrische Form mit Hand-Extruder.
„Ein Mind Artist benützt nicht die neuen Medien,
sondern ihre Grundelemente: Ja/Nein, Action/No
Action, Mind/Never mind.“
talität folgt die Revolution der Psyche. Um
die Jahrtausendwende entstand eine neue
Kultur: die „Mind Culture“ wie ich sie be-
zeichne. Die dazugehörige Kunst nenne ich
"Mind Art". Sie ist rein physiologisch, da-
her international und unabhängig vom kul-
turellen Hintergrund und löst individuelle
Reaktionen aus. Von Rio bis Stockholm,
von New York bis Kleinraabs - wer die mei-
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Schwerpunkte & repOrtAGen
Jonas Szabo
Zusammengebaut aus extrudierten Röhren .
Teller: 20cm mit Lehmglasur, geschüttet.
Geschlagen an Holz, Deckelgriff mit Spiralfeder
geschnitten.
Geschlagen an Stein, geschnitten, gebrochen
ste Zeit in einer zunehmend digitalen Um-
gebung verbringt, braucht den Ausgleich
aus der wellenförmigen analogen Welt.
„Digital und analog sind eine duale Ein-
heit. In diesem Sinne stellen wir "Kunst-
werke" her, sozusagen im Reziprokver-
fahren: Digitalisierte Software/Analoge
Hardware. Die Analoge Hardware ist na-
türlich die Tonerde. Digitalisierte Software
nennen wir die Herstellung eines Kerami-
kobjektes durch Verwendung impulsar-
tiger unterschiedlicher Aktionen, wie z.B.
schneiden, brechen, schlagen, reißen, sto-
ßen, pressen.... und beim Glasieren: ein-
tauchen und schütten.
„Die Variationen der Reihenfolgen, die
Möglichkeiten in Zeitraum und Intensität
und die aktuellen Toneigenschaften erge-
ben eine Formenwelt, die vollkommen ist,
wenn keine menschliche Absicht spürbar
wird. Die fertigen Stücke gehören auf den
Schreibtisch. Ob Büroklammerbehälter
oder Aschenbecher, Teedosen, Teekannen
und Trinkbecher - sie alle werden angegrif-
fen und die Naturstrukturen wiederbeleben
unseren Tastsinn in den Fingerspitzen. Ne-
ben der HD-Pixelkavalkade bietet eine har-
monisch-wellenförmige Teekanne optische
Erfrischung und Ausgleich - und Tee!
„Das hochgebrannte Steinzeug (1280°C)
und die selbstentworfenen Lehmglasuren
verbinden Qualität mit unwiederholbaren
Farbkompositionen. Die Auswahl reicht
von herkömmlichem über neues Design
bis zu künstlerischen Objekten. Dafür,
dass wir unseren inneren Wegen seit 20
Jahren folgen und sie erforschen konnten,
danken wir recht herzlich auf diese Weise
auch den liebevollen Menschen im groß-
artigen Waldviertel! Mit den Worten von
Daniel Glattauer: "Kleinraabs. Das liegt im
Waldviertel, von Gföhl hinauf, von Zwettl
hinunter, von Horn hinüber. Kleinraabs.
Dort muss man nicht sein. Dort kann man
fast nicht sein. Dort ist niemand. Niemand!
Wissen Sie, wie schön?"
Das Atelier "Mind Art" ist a Werk-
und Wochenendtagen nach telefonischer
Vereinbarung geönet. y
TEXT + FOTOS: Janos Szabo
JONAS SZABO
1955 - in Ungarn geboren, ausgebildeter
Elektroingenieur
1982 - 1987: Kurator/Technisches Muse-
um Budapest
seit 1989 in Österreich lebend
1993 - Anerkennung zum Bildenden
Künstler. Eigenes Studio mit Ehefrau Jutta
Szabo. Erforschung formgebender Möglich-
keiten. 25 Jahre intensive Arbeit mit dem
Extruder. Die Werke dienen der RE-humani-
sierung des digitalen Umfeldes.
Ausstellungen, Aktionen:
2004
- 9.Biennale de la Ceramique Andenne/
Belgien
2008
- Milsbeek/Holland
2008
Arbeiten im Auftrag von I.D.E.A. Design
Center in Griechenland, USA, England
2010
- Idee und Leitung des Projekts "Erde zu
Erde" im Rahmen des Waldviertel Festivals
2010
- China International Pot Art Biennal,
Shanghai
Kontakt:
Atelier "Mind Art"
Jutta & Janos Szabo BSc
3593 Neupölla, Kleinraabs 2
Tel.: 02988 6577
www.artforusers.com
ofce@artforusers.com
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