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A. Wirtz
Gesundheitliche und soziale Auswirkungen
langer Arbeitszeiten
A. Wirtz
Gesundheitliche und soziale
Auswirkungen langer Arbeitszeiten
Dortmund/Berlin/Dresden 2010
Diese Veröffentlichung entspricht der Dissertation „Gesundheitliche und soziale
Auswirkungen langer Arbeitszeiten“.
Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin.
Autorin: Dr. phil. Dipl.-Psych. Anna Wirtz
Universität Oldenburg
Fakultät I – Bildungs- und Sozialwissenschaften
Institut für Sozialwissenschaften
26111 Oldenburg
Titelfoto: Uwe Völkner
Fotoagentur FOX, Lindlar/Köln
Umschlaggestaltung: Rainer Klemm
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Aus Gründen des Umweltschutzes wurde diese Schrift auf
chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.
ISBN 978-3-88261-124-3
Inhaltsverzeichnis
Kurzreferat 7
Abstract 8
1 Lange Arbeitszeiten im gesundheitlichen und sozialen Kontext:
Theoretische Konzepte und empirische Ergebnisse 9
1.1 Definition und Prävalenz langer Arbeitszeiten 9
1.2 Arbeitszeit als Dimension des Belastungs-Beanspruchungs-Modells 13
1.3 Aufgaben der Arbeits(zeit)gestaltung 17
1.4 Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer Arbeitszeiten –
ein erster Überblick 19
1.4.1 Arbeitsdauer und Unfallrisiko 20
1.4.2 Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und der Leistung der
Beschäftigten 21
1.4.3 Auswirkungen der Arbeitszeit auf die Gesundheit 23
1.4.3.1 Kardiovaskuläre Erkrankungen 24
1.4.3.2 Muskel-Skelett-Erkrankungen 25
1.4.3.3 Gastrointestinale Erkrankungen 25
1.4.3.4 Weitere Symptome 26
1.4.3.5 Maladaptive Verhaltensweisen 26
1.4.3.6 Langfristige gesundheitliche Effekte langer Arbeitszeiten 27
1.4.4 Soziale Beeinträchtigungen durch lange Arbeitszeiten 27
1.4.5 Schlussfolgerungen aus den bisherigen Ergebnissen 30
1.5 Entwicklung der Fragestellungen 33
2 Methode 38
2.1 Beschreibung der verwendeten Daten 39
2.1.1 EU 2000 39
2.1.2 EU 2005 40
2.1.3 Was ist Gute Arbeit? 2004 40
2.1.4 BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 41
2.2 Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte 42
2.2.1 Unabhängige und abhängige Variablen 42
2.2.2 Moderierende Faktoren 46
2.2.2.1 Biografische Merkmale 46
2.2.2.2 Arbeitszeitmerkmale 47
2.2.2.3 Belastungsmerkmale 47
2.3 Angewandte statistische Verfahren 50
2.3.1 Berechnungen innerhalb der einzelnen Stichproben 50
2.3.2 Kreuzvalidierung der Ergebnisse aus verschiedenen Datensätzen 51
3 Vergleich der Stichprobenmerkmale und Ergebnisse der
Voruntersuchungen 53
3.1 Verteilung der Arbeitsdauer und weiterer Arbeitszeitmerkmale 59
3.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen 65
3.3 Wöchentliche Arbeitszeit und gesundheitliche Beschwerden 71
3.4 Untersuchung der potenziell konfundierenden Effekte 74
3.5 Implikationen für die Untersuchungen 86
4 Lange Arbeitszeiten und gesundheitliche Beeinträchtigungen 87
4.1 Arbeitszeit und gesundheitliche Beschwerden in vier Stichproben 87
4.1.1 Einfluss moderierender Variablen 96
4.1.1.1 Alter 96
4.1.1.2 Geschlecht und Betreuungspflichten 99
4.1.1.3 Arbeitszeitgestaltung 104
4.1.1.4 Handlungsspielraum 110
4.1.1.5 Das soziale Umfeld am Arbeitsplatz 113
4.1.1.6 Beeinträchtigungen in ausgewählten Berufen am Beispiel von
Pflegeberufen 114
4.2 Arbeitszeit und Belastungsintensität 116
4.3 Prädiktion gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit Hilfe logistischer
Regressionen 124
5 Lange Arbeitszeiten und Beeinträchtigungen der sozialen
Teilhabe 129
5.1 Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit 130
5.1.1 Effekte der Arbeitsdauer auf die berichtete Vereinbarkeit 132
5.1.2 Moderierende Effekte weiterer Arbeitszeit- und Personenmerkmale 136
5.1.3 Prädiktion der Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Familie/Freizeit 148
5.2 Freizeitverhalten in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit 153
5.2.1 Effekte der Arbeitsdauer auf die Ausübung außerberuflicher Aktivitäten 155
5.2.2 Moderierende Effekte von Arbeitszeit- und Personenmerkmalen 157
5.2.3 Prädiktion der Ausübung von Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit 175
6 Diskussion 179
6.1 Die Effekte langer Arbeitszeiten auf gesundheitliche und soziale
Beeinträchtigungen 179
6.2 Überprüfung des Belastungs-Beanspruchungs-Modells 187
6.3 Einordnung der eigenen Ergebnisse in den bisherigen
Forschungsstand 189
6.3.1.1 Allgemeine Gesundheit 189
6.3.1.2 Psychovegetative Beeinträchtigungen 189
6.3.1.3 Muskulo-skelettale Beeinträchtigungen 190
6.3.1.4 Soziale Beeinträchtigungen 190
6.4 Fazit 191
6.5 Zur Belastbarkeit der gewonnenen Ergebnisse 194
6.6 Implikationen für die Arbeitszeitgestaltung und Ausblick auf weitere
Forschungsfragen 198
7 Zusammenfassung 204
8 Literatur 205
Tabellenverzeichnis 216
Abbildungsverzeichnis 219
Anhang 1 Ergänzung der Methoden 225
Tabellenverzeichnis Anhang 225
Abbildungsverzeichnis Anhang 226
Ergebnisse der Hauptkomponentenanalysen der gesundheitlichen
Beeinträchtigungen 229
Beschreibung und Faktorenanalysen der Belastungsmerkmale 231
Ergebnisse der Faktorenanalysen der außerberuflichen Aktivitäten 239
Anhang 2 Deskriptive Statistiken 241
Anhang 3 Arbeitszeit und Gesundheit 245
Anhang 4 Arbeitszeit und soziale Teilhabe 260
7
Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer
Arbeitszeiten
Kurzreferat
Die aktuelle Diskussion um Arbeitszeitverlängerungen orientiert sich oft
ausschließlich an vermeintlich wirtschaftlichen Kriterien, ohne gesundheitliche und
soziale Effekte für die Beschäftigten zu berücksichtigen. Die Ergebnisse voran-
gegangener Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass mit zunehmender
Dauer der Arbeitszeit mit einem Anstieg von gesundheitlichen und sozialen
Beeinträchtigungen zu rechnen ist.
Im vorliegenden Forschungsbericht werden die Resultate umfangreicher Unter-
suchungen an verschiedenen, repräsentativen europäischen und deutschen Stich-
proben abhängig Beschäftigter dargestellt. Dabei werden im Rahmen einer
Kreuzvalidierung die in multivariaten Analysen erzielten Ergebnisse zum Zusammen-
hang zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und gesundheitlichen sowie sozialen
Beeinträchtigungen über vier Stichproben hinweg verglichen. Die Resultate zeigen
übereinstimmend, dass mit zunehmender Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit das
Risiko für Beeinträchtigungen der Gesundheit und der sozialen Teilhabe der
Beschäftigten ansteigt. Darüber hinaus zeigt sich, dass die negativen gesund-
heitlichen und sozialen Effekte weiterer potenziell ungünstiger Arbeitszeitmerkmale
wie Schichtarbeit, variable Arbeitszeiten, schlechte Planbarkeit der Arbeitszeit sowie
Arbeit an Abenden oder am Wochenende durch lange Arbeitszeiten weiter verstärkt
werden. Da hohe körperliche und/oder psychische Arbeitsanforderungen das Risiko
gesundheitlicher Beeinträchtigungen schon von sich aus erhöhen, führen diese
insbesondere bei langen und/oder in der Lage versetzten Arbeitszeiten zu einer
weiteren Erhöhung des Beeinträchtigungsrisikos.
Diese Ergebnisse können erstmalig übereinstimmend in mehreren verschiedenen
großen und für die Population der abhängig Erwerbstätigen repräsentativen
Stichproben gezeigt werden und stützen sich somit gegenseitig. Die Validität und die
Generalisierbarkeit der Resultate werden damit deutlich erhöht. Der Zusammenhang
zwischen langen Arbeitszeiten und gesundheitlichen sowie sozialen Beein-
trächtigungen kann damit als wissenschaftlich gesichert gelten.
Insbesondere beim Zusammentreffen mehrerer potenziell gefährdender Arbeits-
bedingungen sollte das sich durch lange Arbeitszeiten weiter erhöhende
Beeinträchtigungsrisiko berücksichtigt werden. Die daraus entstehenden erhöhten
wirtschaftlichen und sozialen Kosten sollten daher in die Wirtschaftlichkeits-
rechnungen von Arbeitszeitverlängerungen einbezogen werden.
Schlagwörter:
Lange Arbeitszeiten, flexible Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Arbeitszeitgestaltung,
Belastung, Beanspruchung, Beanspruchungsfolgen, Gesundheit, soziale Teilhabe,
Work-Life-Balance
8
The effects of extended working hours on health and
social well-being
Abstract
Discussions concerning the extension of working hours are often focused on
assumed economic benefits only, without taking into account possible negative
effects on health and social well-being. However, results of previous studies indicate
that an increase in working hours may lead to a decrease in health and well-being as
well as in time for social participation.
This research report describes the results of an extensive study, analysing different
samples representative for the employed workforces in the European Union and in
Germany. By cross-validating the results of multivariate analyses, structural relations
between weekly working hours, health, and social impairments are compared
between four distinct samples. The findings show consistently that with increasing
weekly working hours the risk of health problems and reduced time for social
participation increases. Furthermore, it can be demonstrated that negative effects on
health and social well-being resulting from other potentially harmful working time
arrangements, such as shift work, variable working hours, working at short notice, or
working on evenings and weekends, are aggravated by extended working hours.
Exposure to high physical and mental work demands by themselves increase the risk
of health problems, but particularly in combination with long and/or unsocial working
hours.
These findings could consistently be demonstrated for all four extensive and
representative samples of employed workers and thus strongly support each other.
The validity and generalizability of these results could therefore be considerably
increased.
It should thus be considered that the risk of health and social impairments due to
potentially hazardous working conditions will be additionally elevated by long working
hours. Economic and social costs resulting from this increase in health and social
impairments therefore need to be taken into account when discussing the
prolongation of working times.
Key words:
Long working hours, variable working times, shift work, work scheduling, work stress,
work strain, health, social participation, work-life balance
9
1 Lange Arbeitszeiten im gesundheitlichen und
sozialen Kontext: Theoretische Konzepte und
empirische Ergebnisse
1.1 Definition und Prävalenz langer Arbeitszeiten
Die Frage, welches Ausmaß die Dauer der Arbeitszeit annehmen darf, steht bereits
seit langer Zeit immer wieder zur Diskussion. Bereits Anfang des vorherigen
Jahrhunderts veröffentlichten SCHNEIDER (1911) und TEISSL (1928) Studien zum
Unfallrisiko in Abhängigkeit von der Arbeitszeit. Die Autoren konnten damals bereits
zeigen, dass mit zunehmender täglicher Arbeitszeit sowie zunehmender Zeit ohne
Arbeitspausen das Unfallrisiko steigt. Auch hundert Jahre später besitzen derartige
Themen noch große Aktualität (HÄNECKE et al., 1998; FOLKARD & LOMBARDI,
2006). Dabei hat sich der Fokus der Untersuchungen weiter ausgedehnt, wie etwa
auf die Zusammenhänge zwischen langen Arbeitszeiten und der Leistung oder
gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschäftigten (SPURGEON et al., 1997;
CARUSO et al., 2004a). Die aktuell wieder zunehmenden Forderungen nach einer
Ausdehnung der Arbeitszeiten sowohl auf der wöchentlichen als auch auf
längerfristiger Basis, wie etwa der Lebensarbeitszeit, bestärken die hohe Relevanz
derartiger Untersuchungen.
Eine staatliche Regelung der Arbeitszeiten in Deutschland fand das erste Mal im
Jahr 1839 in Form des Preußischen Regulativs (eigentlich: Regulativ über die
Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken) statt, mit dem der preußische König
Friedrich Wilhelm III. die Kinderarbeit einschränkte. In diesem Regulativ wurde
festgelegt, dass Jugendliche unter 16 Jahren maximal zehn Stunden pro Tag in
Fabriken eingesetzt und Kinder unter neun Jahren nicht zur Arbeit in der Industrie
sowie im Bergbau herangezogen werden durften. Der Grund für diese Regulierung
der Arbeitszeit war allerdings nicht, wie man vermuten könnte, der Schutz der
Beschäftigten. Es lag vielmehr die vorherige Feststellung zugrunde, dass aufgrund
häufiger körperlicher Beeinträchtigungen (ausgelöst durch die bereits in der Kindheit
üblichen sehr langen Arbeitszeiten in gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen)
nicht mehr genügend Wehrdiensttaugliche zur Verfügung standen. Aus Gründen des
Gesundheitsschutzes wurden erst 1897 gesetzliche Arbeitszeitregelungen
insbesondere für Frauen und Jugendliche durch die Gewerbeordnung fest-
geschrieben. Relativ kurz darauf wurde durch die internationale Arbeiterbewegung
die Einführung des 8-Stunden-Tages gefordert und im Washingtoner Abkommen von
1918 als Ziel festgelegt (GRAF, 1961).
Die europäischen Mitgliedsstaaten unterliegen der Richtlinie 2003/88/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte
Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Die europäische Richtlinie sieht eine durch-
schnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche bei einer maximalen
Arbeitszeit von 60 Wochenstunden vor. Eine explizite Begrenzung der täglichen
Arbeitszeit ist nicht genannt, wohingegen eine Ruhezeit von täglich mindestens 11
Stunden vorgeschrieben ist. Seit 2008 wird auf europäischer Ebene diskutiert, die so
genannte Opt-Out-Klausel in die Arbeitszeitrichtlinie einzubringen. Diese Klausel
erlaubt den Arbeitnehmern, freiwillig auf den Schutz durch das Arbeitszeitgesetz zu
10
verzichten. Somit können die Arbeitszeiten der Beschäftigten mit Opt-Out-Klausel
auch ohne Ausgleich verlängert werden. Zum jetzigen Stand der Diskussion ist noch
keine Entscheidung bezüglich des Einschlusses der Opt-Out-Klausel in die Arbeits-
zeitrichtlinie gefallen.
Aktuell gilt in Deutschland das auf der europäischen Richtlinie aufbauende
Arbeitszeitgesetz (ArbZG, 1994), in dem festgelegt ist, dass die maximale tägliche
Arbeitsdauer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. In Ausnahmefällen
kann die tägliche Arbeitszeit auf zehn Stunden ausgeweitet werden, jedoch nur,
wenn innerhalb von sechs Monaten die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit acht
Stunden nicht überschreitet (ArbZG § 3). Zwischen zwei Arbeitsperioden ist eine
Ruhezeit von mindestens elf Stunden vorgeschrieben (ArbZG § 5 Abs. 1).
Beschäftigte dürfen demnach durchschnittlich bis zu 48 (kurzfristig auch 60)
Wochenstunden arbeiten (abgesehen von Ausnahmen, vgl. ArbZG §§ 18 - 21a),
womit sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts prinzipiell nichts an der gesetzlich
erlaubten maximalen Arbeitsdauer geändert hat.
Aufbauend auf den oben angeführten gesetzlichen Regelungen bietet es sich an,
Arbeitszeiten als „lang“ zu definieren, wenn sie 40 Stunden pro Woche oder 8
Stunden pro Tag überschreiten. Dauerhafte Arbeitszeiten von über 48 Stunden pro
Woche sind gemäß der europäischen Richtlinie sowie ArbZG gesetzeswidrig.
Die wöchentlichen Arbeitszeiten in Deutschland und Europa unterliegen bereits seit
Jahrzehnten einem Trend zur Arbeitszeitverkürzung, der sich in Westdeutschland auf
tariflicher Ebene in der Einführung der 5-Tage-Woche (1955/56), der 40-Stunden-
Woche (1965) und 1990 in der 35-Stunden-Woche widerspiegelte. So lag im Jahr
1970 die durchschnittliche tarifvertragliche Arbeitszeit in Deutschland bei 41,5
Stunden pro Woche (SPITZNAGEL & WANGER, 2004), und sank über die folgenden
30 Jahre auf durchschnittlich 37,7 Stunden pro Woche (LEHNDORFF, 2003). Einen
Überblick über den zeitlichen Verlauf der tariflichen Arbeitszeiten in Deutschland bis
zum Jahr 2002 bietet Abb. 1.1. Allerdings gelten diese Verkürzungen nur für den
relativ kleinen Teil der tariflich Beschäftigten in bestimmten Branchen. Weiterhin ist
festzustellen, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden stets nicht unerheblich
von den tarifvertraglich vereinbarten abweichen (RUTENFRANZ et al., 1993).
11
Abb. 1.1 Entwicklung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit in Westdeutschland
(Quelle: RÄDIKER, 2005, S. 4)
Bei der Betrachtung der durchschnittlichen Arbeitszeiten muss berücksichtigt
werden, dass die betrieblich vereinbarten bereits durchschnittlich 1,2 Stunden über
den tarifvertraglichen Arbeitszeiten angesiedelt sind (LEHNDORFF, 2003).
Betrachtet man die von den Beschäftigten tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, so
liegen diese Zeiten wiederum etwa eine Stunde über der betrieblich vereinbarten
durchschnittlichen Arbeitszeit. Seit den 90er Jahren des vorangegangenen Jahr-
hunderts stagnierte der Trend zur Arbeitszeitverkürzung jedoch. Aktuelle Zahlen
belegen, dass die tatsächlich geleistete Arbeitszeit in den letzten Jahren wieder
zugenommen hat. Mit durchschnittlich 40,3 Wochenstunden bei abhängig in Vollzeit
Beschäftigten sind die Arbeitszeiten in Deutschland im Jahr 2006 bereits wieder auf
dem Niveau von 1988 angelangt (LEHNDORFF et al., 2009).
12
Abb. 1.2 Abweichung der durchschnittlichen tariflich vereinbarten Normalarbeitszeit
von der durchschnittlichen tatsächlichen Wochenarbeitszeit in Europa
2007, Erwerbstätige in Vollzeitbeschäftigung
(Quelle: EUROPEAN FOUNDATION FOR THE IMPROVEMENT OF
LIVING AND WORKING CONDITIONS, 2008),
NMS = Neue Mitgliedsstaaten aus 2004 und 2007
In Abb. 1.2 sind die durchschnittlichen tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeiten
im Vergleich mit den angegebenen tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeiten in
Europa im Jahr 2007 dargestellt (Erwerbstätige in Vollzeit, inkl. Überstunden und
Mehrarbeit). Wie bereits erläutert, weichen die tatsächlichen von den tariflichen
Arbeitszeiten deutlich ab. Sehr auffällig ist, dass Deutschland bei den tarif-
vertraglichen Arbeitszeiten mit 37,6 Stunden deutlich unter dem europäischen
Durchschnitt (38,6 Stunden) liegt, wohingegen die tatsächlich gearbeiteten Arbeits-
zeiten 41,1 Stunden pro Woche betragen (europäischer Durchschnitt: 40 Stunden).
Damit nimmt Deutschland Platz 6 der längsten Arbeitszeiten in Europa ein. Die
Differenz zwischen den tatsächlichen und den tarifvertraglichen Arbeitszeiten beträgt
im europäischen Durchschnitt 1,4 Stunden pro Woche. Deutschland liegt mit einer
Differenz von 3,5 Stunden pro Woche weit über diesem Durchschnitt. Nur in
Großbritannien besteht mit 4,1 Stunden eine noch größere Diskrepanz zwischen
tatsächlicher und tarifvertraglicher Arbeitszeit. In Irland und Griechenland stimmen
dagegen die tarifvertraglichen mit den tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeiten
überein. Daran wird deutlich, dass die Umsetzung der Richtlinie 2003/88/EG, der alle
Mitgliedsländer der EU unterliegen, offensichtlich in den einzelnen Ländern sehr
13
unterschiedlich gehandhabt wird (vgl. NG-A-THAM et al., 2000). Anders sind die
großen Unterschiede zwischen den tatsächlichen Arbeitszeiten der Länder kaum zu
erklären.
Es ist zu erwarten, dass bedingt durch die aktuelle Wirtschaftskrise und die damit
einhergehende verbreitete Einführung von Kurzarbeit die Arbeitszeiten im Jahr 2009
in einigen Branchen möglicherweise wieder zurückgehen werden. Die längerfristige
Entwicklung der Arbeitszeiten ist allerdings nicht genau abschätzbar. Es erscheint
einerseits möglich, dass es in einer folgenden Periode mit höherer Arbeitslosigkeit zu
einer Arbeitszeitverkürzung zum Zwecke der Beschäftigungssicherung kommt.
Andererseits wäre es ebenso denkbar, dass aufgrund einer erhöhten Arbeits-
losenzahl die verbleibenden Beschäftigten umso mehr und damit länger arbeiten
müssen. Es ist hingegen auch möglich, dass der bisher erkennbare langfristige
Trend hin zur Arbeitszeitverlängerung trotz der Wirtschaftskrise bestehen bleibt und
die momentane Kurzarbeit nur eine kurzfristige Abweichung vom Trend darstellt.
Neben der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeiten nahm in den letzten Jahren die
Häufigkeit der Beschäftigung in variablen sowie in potenziell ungünstig gelegenen
Arbeitszeiten (Schicht- und Nachtarbeit, Arbeit an Abenden, Samstagen und
Sonntagen) ebenfalls zu (vgl. KÜMMERLING et al., 2008; SEIFERT, 2009). Die
Arbeitszeiten werden also nicht nur länger, sondern auch in biologisch und sozial
ungünstig gelegene Zeiten verschoben bzw. verlängert. Mögliche negative Aus-
wirkungen dieser Entwicklung können eine Steigerung gesundheitlicher Beein-
trächtigungen der Beschäftigten aber auch eine Einschränkung ihrer Möglichkeiten
zur sozialen Teilhabe sein. Damit wird deutlich, dass nicht nur der Gesundheits-
aspekt von der Arbeitszeitgestaltung betroffen sein kann, sondern potenziell auch die
soziale Zeit für die Lebensgestaltung außerhalb der Arbeit. Diese Diskussionspunkte
werden später noch einmal aufgegriffen.
1.2 Arbeitszeit als Dimension des Belastungs-
Beanspruchungs-Modells
Arbeit wird immer in der Dimension Zeit geleistet. Diese Aussage ist eine der
Kernannahmen des Belastungs-Beanspruchungs-Konzeptes (vgl. SCHMIDTKE &
BUBB, 1993; RICHTER & HACKER, 1998; SCHÜTTE & NACHREINER, 2004;
NICKEL, 2004), welches im Folgenden kurz dargestellt werden soll. Die Belastung ist
als die Gesamtheit der „[…]aus Arbeitsgegenstand, Arbeitsumwelt und Arbeitsmittel
auf den Menschen im Arbeitsvollzug einwirkenden Einflüsse“ definiert (SCHMIDTKE
& BUBB, 1993, S. 117). Die Größe „Belastung“ hängt sowohl von der Arbeitsschwere
(Belastungsintensität) als auch von der zeitlichen Dauer der Einwirkung
(Belastungsdauer) ab. Damit gilt die Gleichung
B = f(I,T)
mit I = Belastungsintensität und T = Belastungsdauer.
Da die Belastung eine Funktion der Belastungshöhe und der Belastungsdauer ist,
kann eine geringere Arbeitsschwere über eine längere Dauer hinweg zur gleichen
Ausprägung der Belastung führen wie eine größere Schwere über eine kürzere
14
Dauer hinweg. Es wird davon ausgegangen, dass die Elemente Intensität und Dauer
nicht linear sind (SCHMIDTKE & BUBB, 1993). Das bedeutet, dass die Belastung mit
zunehmender Intensität und Dauer exponentiell ansteigt, aber auch in dem Moment
Null ist, in dem eines der beiden Elemente Null ist.
Aus der Belastung folgt die Beanspruchung, welche die direkte Auswirkung der
Belastung im Menschen darstellt (vgl. DIN EN ISO 10075-1). Sie ist abhängig von
den individuellen Voraussetzungen des Beschäftigten und bestimmt, wie
anstrengend oder belastend die Arbeitssituation für den Beschäftigten ist. Die
Begriffe Belastung und Beanspruchung sind dabei neutral zu verstehen und nicht,
wie aufgrund ihrer umgangssprachlichen Bedeutung oftmals fälschlicherweise
implizit angenommen wird, als etwas Negatives. Erst die Wirkung der Bean-
spruchung, die Beanspruchungsfolge, kann positiv oder negativ ausfallen. Im
positiven Fall entsteht als Beanspruchungsfolge eine Aktivierung oder Übung des
Beschäftigten. Ist der Effekt der Beanspruchung jedoch beeinträchtigend, so können
Beanspruchungsfolgen wie Ermüdung, Monotonie, herabgesetzte Wachsamkeit oder
Sättigung auftreten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können als längerfristige
Beanspruchungsfolgen auftreten.
Die Arbeitszeit wirkt direkt auf die Höhe der resultierenden Belastung, indem sie
sowohl die Dauer (durch die Dauer und Verteilung der Arbeitszeit) als auch den
Tageszeitpunkt (durch die Lage der Arbeitszeit) bestimmt, zu denen die arbeitende
Person der Belastung ausgesetzt ist. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Arbeits-
gestaltung an zwei Stellen ansetzen kann: an der Belastungsintensität, also der
Schwere der Arbeit (1. Dimension der Arbeitsgestaltung) sowie an der Arbeitszeit (2.
Dimension). Durch die Gestaltung der Arbeitszeit auf verschiedenen Ebenen, die im
Folgenden beschrieben werden sollen, kann die Belastungshöhe modifiziert werden.
In der Arbeitswissenschaft werden Arbeitszeiten traditionell anhand ihrer
Dimensionen Dauer, Lage und Verteilung (RUTENFRANZ et al., 1993) sowie
neuerdings auch anhand ihrer Dynamik, d. h. dem Wechsel von Arbeits- und
Ruhezeiten, charakterisiert (vgl. JANßEN & NACHREINER, 2004). Diese Dimen-
sionen sind durchaus nicht unabhängig voneinander. Eine Verlängerung der Arbeits-
dauer zieht in der Regel auch eine Verschiebung der Lage der Arbeitszeit nach sich,
wie etwa durch die Verschiebung der Arbeitszeit vom Nachmittag hinein in die
Abendstunden oder in das Wochenende. Die Gestaltung der Ruhezeiten beeinflusst
sowohl die Dynamik als auch die Lage der Arbeitszeit.
Die Dauer der Arbeitszeit bestimmt in erster Linie die Expositionszeit des
Beschäftigten bezüglich der Belastung. Ziel der Begrenzung der maximalen
Arbeitsdauer ist es, die belastungsbedingte Auslenkung des Systems (d. h. die
Beanspruchung des oder der Beschäftigten) zeitlich so zu begrenzen, dass damit
eine Erholung und Rückführung des Systems auf den Ausgangswert ermöglicht und
so ein Aufschaukeln verhindert wird. Der Hintergrund dafür ist die Forderung nach
ausführbarer Arbeit (HACKER & RICHTER, 1984), welche nicht nur über einen Tag
hinweg sondern prinzipiell über das gesamte Arbeitsleben möglich sein sollte (siehe
auch Abschnitt 1.3). Die Frage, wie weit die Auslenkung sein kann, damit das
System wieder auf den Ausgangswert zurückgelangen kann, führte zur Unter-
suchung der Beanspruchung bei unterschiedlicher Länge aber gleichem Verhältnis
der Arbeits- und Ruheabschnitte (KARRASCH & MÜLLER, 1951). Es stellte sich
15
heraus, dass die bewältigte Arbeitsmenge am größten ist, wenn die Phasen der
Arbeit kurz genug sind, um in der Phase der Ruhezeit die Rückführung des Systems
in die Nähe des Ausgangswerts zu erlauben. Dies hängt natürlich auch mit der
Belastungs-Dosis zusammen, die je nach Intensität zu einer sehr langen oder nur
kurzen Erholungszeit führt und nicht einfach über die Dauer der Exposition gemittelt
werden kann (vgl. z. B. STRASSER, 2009).
Lage und Dynamik der Arbeitszeit bestimmen, zu welchen Zeiten und mit welcher
Regelmäßigkeit gearbeitet wird. Die Arbeitszeiten können dabei synchron oder
asynchron mit biologischen und sozialen Rhythmen des Menschen laufen und
regelmäßig oder variabel verteilt sein. Je nach Ausmaß der Variabilität der Arbeits-
zeit sowie ihrer (De)Synchronisation mit den gegebenen Rhythmen können
erhebliche Einschränkungen der Gesundheit sowie des sozialen Wohlbefindens der
Beschäftigten aus der Arbeitszeitgestaltung resultieren, wie aus der Schichtarbeits-
literatur sowie neueren Ergebnissen zu flexiblen Arbeitszeiten bekannt ist (vgl.
RUTENFRANZ & KNAUTH, 1982; REINBERG et al., 1986; RUTENFRANZ et al.,
1993; COLQUHOUN et al., 1996; GIEBEL et al., 2008; WIRTZ et al., 2008).
Insbesondere durch die Beeinträchtigung der Circadianperiodik des Menschen
können gesundheitliche Folgen wie Schlafstörungen oder psychovegetative
Beeinträchtigungen auftreten. Eine mögliche aus der Arbeitszeitgestaltung
resultierende Desynchronisation der Tagesabläufe mit sozialen Rhythmen, die einen
intensiven Eingriff in die Tages- und Lebensgestaltung der Beschäftigten darstellt,
kann sich ebenfalls negativ auf das Wohlbefinden auswirken. Entgegen den
Bemühungen in Richtung einer 7 x 24-Stunden-Gesellschaft ist in Deutschland nach
wie vor der soziale Rhythmus einer Abend- und Wochenendgesellschaft verankert
(siehe Abb. 1.3). „Normal“-Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr, wie in der Abbildung
dargestellt, bilden allerdings mittlerweile nicht mehr die Norm sondern eine
Ausnahme (COSTA et al., 2004). An ihre Stelle sind verschiedene Muster flexibler
und in der Lage verschobener Arbeitszeiten getreten, die, wie oben beschrieben,
zudem tendenziell länger geworden sind. Somit werden bei langen und/oder
zusätzlich in die Abende oder Wochenenden verschobenen Arbeitszeiten die als
besonders wertvoll beurteilten Zeitbereiche blockiert und es bleibt nur noch wenig
oder keine Zeit mehr für die Familie, soziale und Freizeitaktivitäten oder die
Teilnahme an kulturellen Ereignissen. Die Abmilderung beruflich bedingter
Beanspruchung durch soziale Ressourcen kann dadurch in hohem Maße einge-
schränkt werden.
Die sozialen Auswirkungen von langen und in der Lage versetzten Arbeitszeiten sind
weiterhin nach dem jeweiligen Bezugszeitraum differenzierbar. Arbeitszeiten, die auf
täglicher und wöchentlicher Basis versetzt sind, wie etwa Spätschichten oder Arbeit
am Wochenende, interferieren direkt mit der sozial wertvollen Zeit in den
Nachmittags- und Abendstunden sowie an den Wochenendtagen (vgl. Abb. 1.3).
Betroffen von am Tag verlängerten und/oder versetzten Arbeitszeiten sind i. d. R.
familiäre Aktivitäten und soziale Kontakte, die hauptsächlich abends und am
Wochenende genutzt werden können, es sei denn, man beschränkt seine sozialen
Kontakte auf Kollegen, die dasselbe Arbeitszeitsystem haben. Wöchentlich
verschobene Arbeitszeiten behindern regelmäßige und sozial gebundene Aktivitäten,
wie etwa Sport oder Weiterbildung, sofern diese mit anderen Personen zusammen
an festen Terminen stattfinden. Es ist weiterhin möglich, dass die Arbeitszeit in
Bezug auf ihre Lage im Jahr oder das Leben asynchron zu sozialen Rhythmen ist,
16
sodass die Beschäftigten z. B. an Feiertagen oder zur Schulferienzeit arbeiten
müssen oder aber in Lebensabschnitten mit Betreuungspflichten oder sozialem
Engagement. Dem sozialen Umfeld kommt auch unter dem Aspekt des Pufferns
(arbeitsbedingter oder anderweitig ausgelöster) Stresssituationen eine wichtige Rolle
zu (vgl. CARLSON & PERREWÉ, 1999).
Eine wichtige Einflussgröße ist dabei natürlich die Möglichkeit der Einflussnahme der
Beschäftigten auf ihre Arbeitszeiten, welche im positiven Fall an die (Freizeit- und)
Lebensbedürfnisse der Beschäftigten angepasst werden können. Doch selbst bei
gegebenen eigenen Einflussmöglichkeiten können sowohl gesundheitliche als auch
soziale Beeinträchtigungen bei flexiblen Arbeitszeiten auftreten (JANßEN &
NACHREINER, 2004).
Abb. 1.3 Beeinträchtigung des subjektiven Freizeitnutzens durch eine 40-Stunden-
Woche (Freizeitnutzen aus HINNENBERG, 2006)
Neben der Interaktion zwischen den einzelnen Arbeitszeitdimensionen ist weiterhin
deren Interaktion mit Arbeitsinhalten, wie etwa der Aufgabenschwere zu beobachten.
Zudem variieren die Belastung und Beanspruchung bei gleich bleibender Intensität
mit der Dauer der Tätigkeit. Aufgrund von biologischen Rhythmen schwanken auch
die Leistungsvoraussetzungen des Menschen und damit auch die aus denselben
Belastungsbedingungen resultierende Beanspruchung zu verschiedenen Zeit-
punkten. Diese Faktoren sowie die bereits bekannten Probleme der Messung von
Belastung und Beanspruchung (vgl. SCHMIDTKE, 2002; NICKEL, 2004) erschweren
die Abschätzung der aus einer Arbeitszeitverlängerung resultierenden Bean-
spruchung erheblich. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Arbeitszeiten in
größeren Bezugszeiträumen, wie etwa bezogen auf das Jahr oder das Arbeitsleben,
verlängert werden sollen. Zudem entstehen die häufig interessierenden länger-
fristigen Beanspruchungsfolgen, wie gesundheitliche Beeinträchtigungen, in der
Regel erst über größere Zeiträume hinweg, sodass eine unmittelbare Erfassung der
Beanspruchungsfolgen nicht möglich ist.
17
Mit dem demografischen Wandel und der Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters
auf 67 Jahre steht seit einiger Zeit die Frage im Raum, wie Arbeit und insbesondere
Arbeitszeiten alter(n)sgerecht zu gestalten sind (vgl. SEIFERT, 2008). Bei einer
Verlängerung der Lebensarbeitszeit müsste gemäß ergonomischen Maßstäben die
Belastungsintensität verringert werden, um die Arbeit bei gleich bleibender
Beanspruchung auch über das verlängerte Arbeitsleben hinweg forderungsgerecht
und ohne Schädigungen und Beeinträchtigungen hervorrufend ausführbar zu
machen. Über langfristige Auswirkungen der Belastung über das gesamte Arbeits-
leben hinweg liegen jedoch bislang noch keine belastbaren empirischen Ergebnisse
vor, sodass sich dazu nur hypothetische Annahmen bilden lassen. Zur Unter-
mauerung der Bedeutung von Forschung in diesem Bereich seien an dieser Stelle
die hohen Folgekosten der Frühverrentung aufgrund von Erwerbsminderung
genannt, welche nachweisbar mit bestimmten Arbeitsbedingungen – wie etwa einem
eingeschränktem Handlungsspielraum und langen Arbeitszeiten – zusammenhängen
können (vgl. KRAUSE et al., 1997; BÖDECKER et al., 2006).
1.3 Aufgaben der Arbeits(zeit)gestaltung
Ziel der Arbeitsgestaltung ist es, die aus der Arbeit resultierende Belastung und
Beanspruchung zu analysieren, zu bewerten und die Tätigkeit anhand arbeits-
wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu gestalten, dass sie nicht zu Beein-
trächtigungen des Beschäftigten führt. Das ergonomische Leitbild ist, die Arbeit an
den Menschen anzupassen und nicht umgekehrt. Für die Bewertung und damit als
Gestaltungsgrundlage von Arbeitssystemen werden in der Regel arbeitswissen-
schaftliche Kriterien herangezogen, wie etwa die von HACKER & RICHTER (1984)
definierten hierarchischen Kriterien der Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit,
Beeinträchtigungsfreiheit und Persönlichkeitsförderlichkeit. Die Arbeit sollte danach
so gestaltet sein, dass der Mensch auf Grund seiner biologischen und psychischen
Leistungsvoraussetzungen in der Lage ist, die Arbeit ohne Risiken auch über einen
längeren Zeitraum hinweg auszuüben (Ausführbarkeit). Das Kriterium der
Schädigungslosigkeit beinhaltet die Vermeidung gesundheitlicher Schädigungen
(z. B. Berufskrankheiten). Es dürfen darüber hinaus im Rahmen der Beeinträch-
tigungsfreiheit auch keine kurzen und reversiblen Einschränkungen des gesund-
heitlichen Wohlbefindens auftreten. Neben den drei Kriterien zur Vermeidung
negativer Beanspruchungsfolgen wird mit dem Kriterium der Persönlichkeits-
förderlichkeit ein positives und nach oben hin unbegrenztes Gestaltungsziel
aufgestellt.
Im klassischen Sinne (HACKER & RICHTER, 1984; ULICH, 1998) weisen persön-
lichkeitsförderliche Arbeitsbedingungen Merkmale auf, welche eine Weiter-
entwicklung der Fähigkeiten und Einstellungen der Beschäftigten ermöglichen, wie
etwa durch Lernen oder die Möglichkeit zu selbstständigen Tätigkeiten. ULICH
(1998, S. 139f) betont, dass insbesondere die kognitive und soziale Kompetenz, das
Selbstkonzept und die Leistungsmotivation der Beschäftigten durch die Arbeits-
bedingungen gefördert werden sollten. Die zugrunde liegende Annahme ist dabei,
dass die Persönlichkeit des Mensches durch seine Arbeit geformt wird
(RUBINSTEIN, 1958, zitiert nach ULICH, 1998). An anderer Stelle wird jedoch auch
auf die große Bedeutung der sozialen Umgebung des Menschen für seine Sozia-
lisation und Persönlichkeitsentwicklung verwiesen. So definiert die Abend- und
18
Wochenendgesellschaft die für bestimmte Aktivitäten nutzbaren Zeitabschnitte des
Tages oder der Woche (NEULOH, 1964). Der daraus entstehende, empirisch erfass-
bare soziale Rhythmus (vgl. Abb. 1.3) schafft eine normative Zeitstruktur für die
Gesellschaft und macht damit die gemeinschaftliche Nutzung von Zeit möglich. Auf
diese Weise dient die gemeinschaftliche soziale Zeitstruktur als Mittel für die (aktive
und passive) Sozialisation. Diese kann in ausreichendem Umfang aber nur dann
erfolgen, wenn dem Menschen genügend Zeit in seinem sozialen Umfeld zur
Verfügung steht. Die Arbeitszeitgestaltung kann hier wirksam werden, indem sie den
Beschäftigten (sozial nutzbare) Zeit lässt, um ihre persönlichen Bedürfnisse zu
erfüllen, aber auch um ausreichend Zeit neben der Arbeit zu schaffen, um die
Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen.
Die Arbeit sollte darüber hinaus dahingehend gestaltet werden, dass die Belastung
optimiert und nicht einfach nur minimiert wird, da sowohl aus übermäßig hohen als
auch durch sehr geringe Anforderungen durch die Tätigkeit (sog. Überforderung
durch Unterforderung) negative Beanspruchungsfolgen resultieren können (HACKER
& RICHTER, 1984).
Wie oben bereits erwähnt, ist die Gestaltung der Arbeit auf den Dimensionen der
Belastungsintensität und der Arbeitszeit möglich. Aufgrund ihres großen Einflusses
auf die Gestaltung der Arbeitssituation ist die Arbeitszeitgestaltung ein traditioneller
und wesentlicher Aspekt des Arbeitsschutzes. Die Arbeitszeitgestaltung soll dabei
einerseits die arbeitswissenschaftlichen Anforderungen erfüllen, die Arbeit so zu
gestalten, dass gesundheitliche oder soziale Beeinträchtigungen, Unfallrisiken und
negative psychische Beanspruchungsfolgen minimiert werden und die Leistung der
Arbeitnehmer optimiert wird. Andererseits sollen die Arbeitszeiten auf den Bedarf der
Unternehmen ausgerichtet sein, die etwa aufgrund technischer Voraussetzungen
einen Betrieb rund um die Uhr erfordern. Im Hinblick auf die Einhaltung des Arbeits-
und Gesundheitsschutzes sind bei der Arbeitszeitgestaltung besonders folgende
Arbeitszeitkonstellationen von Interesse (BEERMANN, 2004, S. 182):
- Überstunden und lange Arbeitszeiten,
- flexible und nicht vorhersehbare Arbeitszeiten,
- unterschiedliche Schichtsysteme, besonders solche mit Nachtarbeit,
- massierte Arbeitszeiten (insbesondere 12-Stunden Schichten).
Die Arbeitszeitgestaltung kann auf allen o. g. Dimensionen der Arbeitszeit ansetzen.
Dabei gibt es für die Gestaltung einiger Dimensionen bereits rechtliche Rahmen-
bedingungen: Für die Gestaltung von Schicht- und Nachtarbeit (Lage und Verteilung
der Arbeitszeit) existieren umfangreiche, gesicherte arbeitswissenschaftliche
Erkenntnisse, die laut Gesetz bei der Arbeitszeitgestaltung zu berücksichtigen sind
(ArbZG § 6, Abs. 1). Für die praktische Umsetzung dieser Anforderungen gibt es
eine Reihe von Leitfäden und Handlungsempfehlungen (z. B. WEDDERBURN, 1991;
BEERMANN, 2005). Im Bereich der flexiblen Arbeitszeiten (Gestaltung der Dynamik)
wurden zwar bereits ebenfalls Gestaltungsempfehlungen auf der Basis wissen-
schaftlicher Erkenntnisse vorgelegt (z. B. JANßEN & NACHREINER, 2006). Da
diesen Empfehlungen jedoch z. Zt. noch nicht der Status gesicherter arbeits-
wissenschaftlicher Erkenntnisse zukommt, ist deren Anwendung im Gegensatz zu
den Erkenntnissen zur Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit noch nicht gesetzlich
verpflichtend.
19
Die Dauer der Arbeitszeit ist bereits rechtlich durch die EU-Richtlinie und das ArbZG
begrenzt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass je nach Art der Tätigkeit
die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht automatisch zu „gesunden“
Arbeitszeiten führt. Es wurde oben bereits deutlich, dass rechtliche Vorgaben
bezüglich der Arbeitsdauer in der Praxis teilweise sehr unterschiedlich umgesetzt
werden. Auch wenn die gesetzliche Begrenzung der Arbeitszeit teilweise auf der
Erkenntnis fußt, dass übermäßig lange Arbeitszeiten die Gesundheit der
Beschäftigten beeinträchtigen, liegen noch wenig wirklich belastbare und
differenzierte Ergebnisse zur Einhaltung der Gestaltungskriterien der Ausführbarkeit,
Schädigungslosigkeit, Beeinträchtigungsfreiheit sowie Persönlichkeitsförderlichkeit
bei langen Arbeitszeiten vor. Es wäre jedoch sehr wichtig, gesicherte arbeitswissen-
schaftliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen langer Arbeitszeiten zu gewinnen und
bei der Gestaltung umzusetzen, sodass die Gefährdung der Beschäftigten aufgrund
der Arbeitszeitgestaltung minimiert wird.
1.4 Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer
Arbeitszeiten – ein erster Überblick
Im Allgemeinen ist es schwierig bis unmöglich, die Belastung und Beanspruchung
einzelner Personen direkt zu messen (vgl. dazu NICKEL, 2004; SCHMIDTKE, 2002).
Eine weitere Erschwerung ergibt sich insbesondere dann, wenn weiterhin der Anteil
der Beanspruchung, der durch die Arbeitszeit entsteht, herausgerechnet werden soll.
Ein möglicher und eher pragmatischer Ansatz ist, kurz- und längerfristige Bean-
spruchungsfolgen wie gesundheitliche Beeinträchtigungen, kognitiven Leistungs-
abfall und das Unfallrisiko oder aber betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie etwa die
Produktivität als Indikator für die Leistung der Beschäftigten zu messen. Dabei
sollten die Arbeitsbedingungen möglichst genau erfasst werden, sodass die Effekte
der Arbeitszeit(dauer, -lage, -verteilung und -dynamik) – von möglichen Konfun-
dierungen befreit – auf die Beanspruchungsfolgen bestimmt werden können. Richtet
man sich dabei nach den Arbeitsbewertungskriterien von HACKER & RICHTER
(1984), so ist die Arbeitszeit in erster Linie dann gut gestaltet, wenn keine der
negativen Beanspruchungsfolgen, wie z. B. gesundheitlichen Beschwerden, in einem
Zusammenhang zur Arbeitszeit stehen und der Beschäftigte somit keine durch die
Gestaltung der Expositionsdauer verursachte Beeinträchtigungen erleidet. In der
Literatur findet man eine Reihe von Untersuchungen, in denen Beanspruchungs-
folgen, wie Ermüdung, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder die Leistung der
Beschäftigten ermittelt und in den Zusammenhang mit der (i. d. R. täglichen oder
wöchentlichen) Dauer der Arbeitszeit gebracht werden. Im Folgenden soll ein kurzer
Überblick über die bisherigen Erkenntnisse zu den Zusammenhängen zwischen der
Dauer der Arbeitszeit, dem Unfallrisiko, der Leistung und Produktivität sowie
gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen der Beschäftigten gegeben
werden. Ebenso werden Einschränkungen der vorliegenden Untersuchungen und
der daraus resultierende notwendige Forschungsbedarf dargestellt.
20
1.4.1 Arbeitsdauer und Unfallrisiko
HACKER & RICHTER (1984) fordern als Grundprinzip die Ausführbarkeit der Arbeit
über den ganzen Arbeitstag, aber auch über längere Zeiträume wie prinzipiell
gesehen auch über das Arbeitsleben. Das Auftreten von Arbeitsunfällen gilt als ein
Indikator dafür, dass die Arbeit nicht forderungsgerecht und schädigungslos
ausgeführt werden kann. Wenn also lange Arbeitszeiten mit einem erhöhten
Unfallrisiko verbunden sind, dann können bereits die ersten beiden hierarchischen
Kriterien nicht erfüllt werden. Dabei muss es nicht immer zu katastrophalen Unfällen
wie etwa Tschernobyl oder Exxon Valdez kommen. Auch meldepflichtige Unfälle
oder kleinere Verletzungen der Beschäftigten können bereits Hinweise auf deren
Ermüdung oder Erschöpfung geben, die aus der Intensität und Dauer der Belastung
resultieren können. Eine methodische Stärke der Untersuchung des Unfallrisikos ist,
dass objektive Daten über Unfälle (mit und ohne Zeitverlust) verwendet werden
können, die aus den Unternehmen selbst oder aus öffentlichen Archiven stammen
können und somit nur in geringem Maße subjektiven Verzerrungen unterliegen.
In der Literatur ist aus älteren (SCHNEIDER, 1911; VERNON, 1921; TEISSL, 1928)
wie auch aus neueren Studien (FOLKARD, 1996; HÄNECKE et al., 1998;
NACHREINER, 2002) mittlerweile bereits gut belegt, dass das Unfallrisiko der
Beschäftigten nach der 8. bzw. 9. Arbeitsstunde exponentiell ansteigt. FOLKARD &
LOMBARDI (2004, 2006) entwickelten auf Basis dieser und anderer Untersuchungen
ein Risikomodell zur Vorhersage der Wahrscheinlichkeit von Unfällen in Abhängigkeit
von verschiedenen Merkmalen der Arbeitszeit. Die zusammengetragenen Ergeb-
nisse zeigen, dass im Vergleich von Früh-, Spät- und Nachtschichten bei vergleich-
barem Grundrisiko in der Nachtschicht das höchste Unfallrisiko besteht. Je mehr
Schichten (Tage) in Folge gearbeitet wird, desto höher wird das Unfallrisiko. Dabei ist
der Anstieg des Risikos über mehrere Nachtschichten in Folge wesentlich steiler als
über mehrere Tagschichten in Folge. Auch die Länge der einzelnen Schichten trägt
substantiell zur Erhöhung des Unfallrisikos bei. So steigt, wie oben beschrieben, das
Risiko für einen Unfall ab der 8. Arbeitsstunde exponentiell an. Neben der Schicht-
dauer beeinflusst die Arbeitsdauer seit der letzten Pause die Höhe des Unfallrisikos,
wobei das Risiko mit zunehmender Zeit ohne Pause fast linear ansteigt. Neben der
Lage wirkt folglich die Dauer der Arbeitszeit zum einen auf der täglichen Basis und
zum anderen mit einer kumulativen Komponente über mehrere Schichten hinweg auf
die Höhe des Unfallrisikos. Auch die Ergebnisse von DEMBE et al. (2005) stimmen
gut mit diesen Befunden überein. Die Autoren verwendeten Daten einer über 13
Jahre kumulierten Stichprobe mit über 10 000 Teilnehmern, die repräsentativ für die
US-Bevölkerung ist. Sie konnten anhand multivariater Analysen zeigen, dass eine
klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Anzahl (tatsächlich) gearbeiteter
Stunden pro Woche und Tag und der Inzidenzrate unfallbedingter Erkrankungen
bzw. Verletzungen besteht. Zur Berechnung dieser Inzidenzrate wurde die Anzahl
der berichteten unfallbedingten Verletzungen oder Erkrankungen durch die Anzahl
der kumulierten Arbeitsjahre der Beschäftigten dividiert und diese Rate zur
Normierung durch 100 Arbeitsjahre geteilt. Wie in Abb. 1.4 deutlich wird, verdoppelt
sich die Inzidenz berichteter unfallbedingter Erkrankungen bzw. Verletzungen pro
100 Arbeitsjahre zwischen < 40 und ≥ 65 Wochenstunden bzw. zwischen < 8 und
> 14 Stunden pro Tag, sodass man von einer bedeutsamen Steigerung des
Unfallrisikos mit zunehmender Arbeitsdauer ausgehen kann. Auch nach Kontrolle
21
von personen- und arbeitsplatzbezogenen Merkmalen blieb die Risikoerhöhung
durch lange Arbeitszeiten bestehen.
Abb. 1.4 Trends der Inzidenzrate berichteter unfallbedingter Erkrankungen oder
Verletzungen in Abhängigkeit von der Anzahl gearbeiteter Stunden pro
Woche und Tag
(Quelle: DEMBE et al., 2005, S. 593)
In einer Untersuchung von VEGSO et al. (2007) in der Manufaktur wurde ebenfalls
die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit als Bezugszeitraum verwendet. Auch hier
konnte gezeigt werden, dass lange Arbeitszeiten gegenüber kürzeren Arbeitszeiten
mit einem erhöhten Unfallrisiko einhergehen. In der untersuchten Stichprobe war das
Unfallrisiko für Beschäftigte mit mehr als 64 Arbeitsstunden pro Woche gegenüber
Personen mit 40 oder weniger Wochenstunden um 88 % erhöht. Auch das Unfall-
risiko auf dem Heimweg von der Arbeit steigt mit zunehmender wöchentlicher
Arbeitszeit an (KIRKCALDY et al., 1997).
Auch wenn sich die berechnete Risikoerhöhung in den verschiedenen Unter-
suchungen etwas unterscheidet, lässt sich insgesamt ein deutlicher Trend der
Steigerung des Unfallrisikos mit zunehmender (täglicher und wöchentlicher) Arbeits-
zeit nachweisen.
1.4.2 Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und der Leistung der
Beschäftigten
Bevor Unfälle geschehen, können bereits Indikatoren für einen Leistungsabfall bei
den Beschäftigten gemessen werden, wie beispielsweise die Ermüdung oder eine
Leistungsminderung bei mentalen Aufgaben. Die kognitive Leistung kann als
Indikator für Ermüdung verwendet werden und sollte somit gemäß dem Belastungs-
Beanspruchungs-Modell von der Expositionsdauer, d. h. der Arbeitszeit, beeinflusst
werden. PROCTOR et al. (1996) berichten, dass bei Arbeitszeiten von über 8
Stunden pro Tag oder über 5 Tage pro Woche die kognitive Leistung in Form der
Aufmerksamkeit und exekutiver Funktionen sinkt, wobei es zu einer Interaktion der
Arbeitsdauer mit der Art der Tätigkeit kommt. Auch die Wachheit sinkt mit der Anzahl
der Arbeitsstunden (TUCKER et al., 1996; FISCHER et al., 2000; MACDONALD &
22
BENDAK, 2000), insbesondere bei Tätigkeiten mit hoher Belastung („high
workload“). Darüber hinaus steigen sowohl die körperliche Ermüdung (ROSA et al.,
1998) als auch die subjektive allgemeine Ermüdung (fatigue) der Beschäftigten
(PROCTOR et al., 1996; SASAKI et al., 1999; CARUSO, 2006) mit zunehmender
Arbeitsdauer an.
Diese Ergebnisse stimmen gut mit dem Belastungs-Beanspruchungs-Modell überein,
jedoch sind sie in sich nicht völlig konsistent, da es auch einige Studien gibt, in
denen die Arbeitszeit keinen oder sogar einen positiven Einfluss auf die kognitive
Performanz hatte (vgl. CARUSO et al., 2004a). Es ist zu vermuten, dass die
Ursachen für diese unterschiedlichen Ergebnisse in selektierten Stichproben, in der
fehlenden Vergleichbarkeit der untersuchten Tätigkeiten, der verschiedenen
Erfassungsmethoden sowie in unterschiedlichen Untersuchungszeitpunkten liegen.
Zudem handelt es sich i. d. R. um relativ kleine Stichproben aus spezifischen
Branchen oder Populationen. Als weiterer Kritikpunkt sollte angemerkt werden, dass
häufig die zugrunde liegenden Konzepte von Ermüdung uneinheitlich sind (vgl.
KNAUTH, 2007), wodurch es praktisch unmöglich ist, allgemeine Schlussfolgerungen
zu ziehen.
Da die Produktivität als ein wirtschaftliches Kennzeichen für die Effizienz und
Effektivität der Arbeit gesehen wird, sollen an dieser Stelle auch die bisherigen
Erkenntnisse der Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die Produktivität dargestellt
werden. Bereits 1921 berichtete VERNON, dass eine Arbeitszeitverkürzung im
industriellen Bereich zu einer Produktivitätssteigerung (Produktivität pro Stunde)
führen kann. Die Grundlage dafür waren Längsschnittuntersuchungen in der
Munitionsproduktion während des ersten Weltkrieges, in der bei gleich bleibenden
Produktionsbedingungen die Länge der Arbeitszeit von anfänglich sehr langen hin zu
kürzeren Arbeitszeiten verändert wurde, um maximalen Output zu erzielen. Neuere
Ergebnisse weisen in dieselbe Richtung. So kommen ALLUISI & MORGAN (1982) in
einem Review zu dem Schluss, dass für die individuelle Produktivität des Mitarbeiters
Arbeitszeiten von 40 Stunden pro Woche, verteilt auf 5 Tage á 8 Stunden, optimal
seien und eine Verlängerung der Arbeitszeit über diese Zeiten hinaus eher negativ
auf die Produktivität wirke. In einer Studie zu Überstunden und Produktivität in der
Manufaktur konnte ebenfalls festgestellt werden, dass gegenüber der Leistung in der
vereinbarten Arbeitszeit (in den untersuchten Betrieben zwischen 36 und 42,7 Std.
pro Woche) im Fall von Überstunden (zwischen 1,3 und 4,7 Std. pro Woche) die
individuelle Produktivität pro Stunde in den meisten untersuchten Betrieben
gesunken war (SHEPARD & CLIFTON, 2000). Auch KODZ et al. (2003),
NACHREINER (2005) sowie SEIFERT (2009) deuten an, dass lange Arbeitszeiten
einen negativen oder aber zumindest keinen positiven Effekt auf die Produktivität
haben. In Abb. 1.5 ist die Arbeitsproduktivität je Stunde in den europäischen
Mitgliedsländern in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit dargestellt. Es ist
eindeutig zu erkennen, dass die wirtschaftlich stärkeren Länder eine niedrigere
Stundenanzahl aufweisen als die Länder mit geringerer Produktivität. Dieser
Zusammenhang wird durch die hinterlegten Regressionsgeraden veranschaulicht
(vgl. dazu auch SEIFERT, 2009).
23
Abb. 1.5 Arbeitsproduktivität in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
(Quelle: Eurostat, zitiert nach RÄDIKER, 2005), GB = Großbritannien
Da jedoch verschiedenartige Interaktionen der Produktivität mit unterschiedlichen
individuellen und Arbeitsmerkmalen (z. B. die Art der Tätigkeit, Motivation oder
Autonomie) bestehen, sind eindeutige Aussagen über die Zusammenhänge
zwischen der Arbeitsdauer und der Produktivität in der Regel eher problematisch.
Positive Zusammenhänge zwischen einer Arbeitszeitverlängerung und der
Produktivität konnten allerdings noch nicht nachgewiesen werden.
1.4.3 Auswirkungen der Arbeitszeit auf die Gesundheit
Nach der Ausführbarkeit und Schädigungslosigkeit wird von HACKER & RICHTER
(1984) das Gestaltungskriterium der Beeinträchtigungsfreiheit genannt. Als beein-
trächtigungsfrei werden Arbeitsbedingungen dann bezeichnet, wenn keine kurz- oder
langfristigen Beeinträchtigungen des gesundheitlichen Wohlbefindens durch die
Tätigkeit verursacht werden. Diese negativen und in der Regel längerfristigen
Beanspruchungsfolgen können, wie im Modell beschrieben, durch die Intensität als
auch die Extensität der Belastung hervorgerufen werden.
Sowohl in älteren wie auch in neueren Reviews und Untersuchungen (vgl. SPARKS
& COOPER, 1997; SPURGEON et al., 1997; WORRALL & COOPER, 1999;
ETTNER & GRZYWACZ, 2001; VAN DER HULST, 2003; CARUSO et al., 2004a;
DEMBE et al., 2005; KECKLUND, 2005; CARUSO, 2006; RÄDIKER et al., 2006;
RÜTERS et al., 2008) werden negative Effekte langer Arbeitszeiten auf die Gesund-
heit berichtet. In den Untersuchungen von NACHREINER et al. (2005) sowie
RÄDIKER et al. (2006) wurden die berichteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen
in psychovegetative, muskulo-skelettale (Muskel-Skelett-), und allgemeine Be-
schwerden klassifiziert und in Zusammenhang mit der berichteten Anzahl der
24
(tatsächlichen) wöchentlichen Arbeitsstunden gebracht. Wie in Abb. 1.6 zu erkennen
ist, steigen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit zunehmender wöchentlicher
Arbeitszeit deutlich an (die Faktorwerte sind aufgrund ihrer z-Standardisierung
normalverteilt mit einem Mittelwert von Null und einer Standardabweichung von
Eins). Der Anstieg der psychovegetativen Beeinträchtigungen ist dabei insbesondere
bei den Beschäftigten oberhalb des Vollzeitbereiches (≥ 40 Wochenstunden)
wesentlich steiler als der Anstieg der muskulo-skelettalen und allgemeinen
Beschwerden in diesem Arbeitszeitbereich.
Abb. 1.6 Psychovegetative, muskulo-skelettale und andere gesundheitliche
Beeinträchtigungen in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
Deutschland
(Quelle: NACHREINER et al., 2005, S. 28)
Neben allgemeinen Beeinträchtigungen der Gesundheit wird an anderer Stelle
berichtet, dass Überstunden sogar mit erhöhter Mortalität in Zusammenhang stehen
können (NYLEN et al., 2001).
Die Zusammenhänge von langen Arbeitszeiten mit gesundheitlichen
Beeinträchtigungen können nicht nur auf allgemeiner Ebene gezeigt werden,
sondern deuten sich ebenfalls für einzelne Symptome an.
1.4.3.1 Kardiovaskuläre Erkrankungen
Lange Arbeitszeiten können sich auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
auswirken. So berichteten z. B. LIU & TANAKA (2002), dass sich bei Arbeitszeiten
über 61 Stunden pro Woche das Risiko für einen Myokardinfarkt verdoppelt,
verglichen mit Arbeitszeiten von unter 40 Wochenstunden. Ergebnisse aus anderen
Studien weisen ebenfalls darauf hin, dass lange Arbeitszeiten das Risiko für Herz-
25
Kreislauf-Erkrankungen deutlich erhöhen (HAYASHI et al., 1996; UEHATA, 1991). In
Japan kam der plötzliche Tod durch Überarbeitung derart häufig vor, dass er mit dem
Begriff Karoshi bezeichnet wurde. Häufig gehen dem Karoshi, der i. d. R. durch einen
Herzinfarkt oder Schlaganfall ausgelöst wird, viele Überstunden bzw. lange
Arbeitszeiten ohne Pause und weitere arbeitsbedingte Stressoren voraus. Da
Karoshi in Japan als berufsbedingte Erkrankung anerkannt ist, besteht sogar das
Anrecht auf Entschädigung für die Hinterbliebenen.
Es lassen sich allerdings auch gegenteilige Ergebnisse finden, wie etwa die von
NAKANISHI et al. (2001). Dort wird ein positiver Effekt langer Arbeitszeiten auf die
Entwicklung von Bluthochdruck berichtet. Da sich die meisten Studien zum
Zusammenhang von Arbeitszeit und kardiovaskulären Symptomen allerdings auf
Stichproben japanischer Männer beschränken, ist ihre Generalisierbarkeit
eingeschränkt (vgl. CARUSO et al., 2004a). SPURGEON (2003) und BEERMANN
(2004) kommen dennoch zu dem Schluss, dass die negativen Auswirkungen langer
Arbeitszeiten auf kardiovaskuläre Symptome als gesichert betrachtet werden
können.
1.4.3.2 Muskel-Skelett-Erkrankungen
Bezüglich der Auswirkungen von langen Arbeitszeiten auf Muskel-Skelett-
Erkrankungen herrscht kein ganz einheitliches Bild vor. So ermittelten LIPSCOMB et
al. (2002) und TRINKOFF et al. (2006) eine Erhöhung des Risikos muskulo-
skelettaler Beeinträchtigungen mit zunehmender Dauer der Arbeitszeit, insbesondere
bei Arbeitszeiten von mehr als 12 Stunden pro Tag oder 40 Stunden pro Woche,
wobei in den beiden erwähnten Studien ausschließlich Krankenschwestern, teilweise
mit Schichtarbeit, untersucht wurden. Dabei wurde bzgl. der Schicht nur abgefragt,
ob die TeilnehmerInnen in einer anderen als der Tagschicht arbeiteten, sodass die
potenzielle Konfundierung zwischen Schichtarbeit und der Anzahl wöchentlicher
Arbeitsstunden nicht kontrolliert werden konnte. Auch in der bereits oben
beschriebenen Untersuchung von NACHREINER et al. (2005) wurden deutliche, fast
lineare Zusammenhänge zwischen Muskel-Skelett-Beschwerden und der Arbeits-
dauer berichtet (vgl. Abb. 1.6). GROSCH et al. (2006) hingegen fanden in einer für
die U.S. Bevölkerung repräsentativen Stichprobe im Vergleich zur Gruppe der
Vollzeitbeschäftigten (35-40 Std. pro Woche) erst bei über 70 Std. pro Woche eine
gegenüber kürzeren Arbeitszeiten erhöhte Anzahl von Muskel-Skelett-Erkrankungen.
Es scheint demnach einen negativen Effekt der Arbeitsdauer auf Muskel-Skelett-
Erkrankungen zu geben, der jedoch hinsichtlich seiner Ausprägung eher schwach zu
sein scheint und darüber hinaus auch wesentlich von weiteren Merkmalen der
Arbeitszeit und der Arbeitsbedingungen abhängt.
1.4.3.3 Gastrointestinale Erkrankungen
CARUSO et al. (2004b) berichten deutliche Zusammenhänge zwischen gastro-
intestinalen Erkrankungen und Schichtarbeit, jedoch nur schwache Zusammenhänge
dieser Erkrankungen mit langen Arbeitszeiten. In der untersuchten Stichprobe der
Beschäftigten in der Automobilfertigung erhöhte sich mit 10 Stunden zusätzlicher
Arbeitszeit pro Woche das Risiko für die Verwendung von Medikamenten gegen
gastrointestinale Krankheiten um 23 %. Wie bereits VAN DER HULST (2003)
26
konstatiert, fehlen jedoch bislang weitere gesicherte Ergebnisse zum Zusammen-
hang zwischen gastrointestinalen Beschwerden und langen Arbeitszeiten.
1.4.3.4 Weitere Symptome
KROENKE et al. (2006) berichten, dass das Diabetesrisiko bei Frauen durch lange
Arbeitszeiten erhöht wird. Dabei steigern Arbeitszeiten von mehr als 40 Stunden pro
Woche das Diabetesrisiko gegenüber einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20-40
Stunden um etwa 20 %. In einer Studie an japanischen Männern konnte weiterhin
gezeigt werden, dass das Diabetesrisiko bei mehr als 50 Überstunden pro Monat
gegenüber weniger als 25 monatlichen Überstunden um den Faktor 3,7 erhöht ist
(KAWAKAMI et al., 1999). Weitere, abgesicherte Ergebnisse zum Diabetesrisiko
ließen sich jedoch bisher in der Literatur nicht finden.
Aufgrund der umfangreichen Ergebnisse zu den negativen Auswirkungen von
Schichtarbeit auf Schlafstörungen und psychovegetative Symptome (RUTENFRANZ
& KNAUTH, 1982; KNAUTH & COSTA, 1996) stellt sich die Frage, ob lange
Arbeitszeiten ähnliche negative Effekte auch auf diese Symptome ausüben. Da die
Dauer der Arbeitszeit einen direkten Einfluss auf die Lage der Arbeitszeit sowie auch
auf das Ausmaß der Ruhezeiten der Beschäftigten ausübt, erscheinen Schlaf-
störungen in Folge langer Arbeitszeiten als durchaus plausibel. Je länger die tägliche
und wöchentliche Arbeitszeit ist, desto kürzer ist zudem die Schlafdauer (z. B. VAN
DER HULST, 2003; KRUEGER & FRIEDMAN, 2009). Eine verkürzte Schlafdauer
kann wiederum mit einer Verminderung der Performanz, einem erhöhten Unfallrisiko
sowie mit einem gesteigerten Risiko für verschiedene gesundheitliche Beein-
trächtigungen zusammenhängen, wie etwa kardiovaskuläre Erkrankungen, Über-
gewicht oder eine Schwächung des Immunsystems (vgl. DAWSON & REID, 1997;
DINGES et al., 1997; VAN DER HULST, 2003; CARUSO, 2006; HÄRMÄ, 2006;
LOMBARDI et al., in Vorbereitung). NACHREINER et al. (2005) sowie RÜTERS
(2008) berichten darüber hinaus eine Zunahme von Schlafstörungen sowie von
psychovegetativen Beschwerden bei steigenden Wochenarbeitszeiten.
1.4.3.5 Maladaptive Verhaltensweisen
Neben diagnostizierten oder berichteten Erkrankungen sind ungesunde (sog.
maladaptive) Verhaltensweisen, wie etwa ein erhöhter Konsum von Genussmitteln
wie Alkohol oder Zigaretten, Gewichtszunahme oder Mangel an Bewegung, ein
weiteres Indiz für eine Gesundheitsgefährdung. SHIELDS (1999) berichtet als Folge
der Verlängerung der Arbeitszeit von 35-40 Std. auf über 41 Std. pro Woche eine
ungesunde Gewichtszunahme bei Männern, eine gesteigerte Anzahl konsumierter
Zigaretten bei beiden Geschlechtern und eine Zunahme des Alkoholkonsums bei
Frauen. Untersucht wurden dabei ca. 3800 kanadische Erwerbstätige in einer
dreijährigen Längsschnittstudie. Eine Steigerung des Alkoholkonsums und eine
ungesunde Gewichtszunahme in Zusammenhang mit der Arbeitsdauer wurde
ebenfalls von TRINKOFF & STORR (1998) und NAKAMURA et al. (1998) gezeigt.
Auch auf die Gesundheit der Kinder von Erwerbstätigen haben lange Arbeitszeiten
möglicherweise negative Folgen. Wie PHIPPS et al. (2006) berichten, hängt das
Risiko für Übergewicht bei Kindern mit der Anzahl der Arbeitsstunden der Mütter
zusammen.
27
Im Hinblick auf Karoshi (s. o.) besteht die Vermutung, dass lange Arbeitszeiten nicht
nur auf dem direkten Weg das Eintreten des plötzlichen Herztodes begünstigen.
Vielmehr können gesundheitsschädliche Verhaltensweisen, die in Folge langer
Arbeitszeiten auftreten, ebenfalls zum Entstehen von Karoshi beitragen (UEHATA,
1991). Lange Arbeitszeiten begünstigen folglich sowohl direkt als auch indirekt über
die maladaptiven Verhaltensweisen das Eintreten des plötzlichen Herztodes.
1.4.3.6 Langfristige gesundheitliche Effekte langer Arbeitszeiten
Zu den langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen langer Arbeitszeiten gibt es nur
wenige Befunde. KRAUSE et al. (1997) konnten in einer finnischen Längs-
schnittstudie feststellen, dass Personen, die mehr als 60 Wochenstunden gearbeitet
hatten, im Vergleich zur Gruppe der Beschäftigten mit unter 40 Stunden ein stark
erhöhtes Risiko (OR: 2.75, CI: 1.11 – 6.81) hatten, in den nächsten vier Jahren
erwerbsunfähig zu werden, also eine Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten
(disability retirement). Untersuchungen zu den langfristigen Effekten der Arbeitszeit
auf die Gesundheit und Erwerbsfähigkeit über das gesamte Erwerbsleben hinweg
gibt es hingegen leider bislang nicht (vgl. SEIFERT, 2008), obwohl solche Studien
sehr wünschenswert wären um auch langfristige Perspektiven einbeziehen zu
können.
Auch wenn die Ergebnisse zu den Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die
Gesundheit der Beschäftigten häufig auf spezifischen Stichproben beruhen und
teilweise uneindeutig sind, lässt sich doch als Gesamtergebnis festhalten, dass die
Effekte langer Arbeitszeiten auf die Gesundheit als negativ einzuschätzen sind.
Damit ist neben der Ausführbarkeit und Schädigungslosigkeit auch das Kriterium der
Beeinträchtigungsfreiheit bei langen Arbeitszeiten voraussichtlich nicht mehr gewähr-
leistet.
1.4.4 Soziale Beeinträchtigungen durch lange Arbeitszeiten
Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht würden die oben dargestellten Ergebnisse
bereits ausreichen, um eine mögliche Gefährdung der Beschäftigten durch lange
Arbeitszeiten zu vermuten. Dennoch sollte auch die Möglichkeit der Einhaltung des
positiven Gestaltungsmerkmals, der Persönlichkeitsförderlichkeit, bei langen Arbeits-
zeiten geprüft werden. Dabei stellt sich zunächst die Frage, wie sich Persönlichkeits-
förderlichkeit messen lässt, um überhaupt einer Untersuchung zugänglich zu sein.
Zur Annäherung an das Kriterium der Persönlichkeitsförderlichkeit – hier im Sinne
der sozialen Teilhabe – könnte die Ausübung sozialer Aktivitäten und damit die
Möglichkeit der persönlichen Entwicklung der Beschäftigten durch aktive oder
passive Sozialisation erfasst werden (siehe Abschnitt 1.3). Eine objektive Erhebung
dieser Daten kann in Form von Zeitbudgetstudien erfolgen. Besteht diese Möglichkeit
nicht, so kann retrospektiv erfragt werden, wie häufig (pro Woche oder Monat)
bestimmten Aktivitäten, etwa Treffen mit Freunden, Besuch von kulturellen
Veranstaltungen usw., durchschnittlich oder in einem bestimmten Zeitraum nach-
gegangen wird. Eine Einschränkung der Zeit für außerberufliche Aktivitäten durch die
Arbeitszeit könnte wiederum darauf hinweisen, dass das Kriterium der Persön-
lichkeitsförderlichkeit durch die Arbeitszeitgestaltung nicht erfüllt werden kann. Ein
weiterer möglicher Ansatzpunkt wäre die Erfassung der Vereinbarkeit von Beruf und
Freizeit, die allerdings immer nur subjektiv erfassbar sein kann.
28
In der gesellschaftlichen Diskussion werden seit längerer Zeit zunehmend
Forderungen nach einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw.
Freizeit (sog. Work-Life-Balance) genannt. Der Begriff „Doppelbelastung“ ist für die
gleichzeitige Ausübung von Beruf und Haushaltsführung, Kinderbetreuung oder
Pflege von Angehörigen geprägt. Die zusätzlich zur Arbeitszeit für private Tätigkeiten
verwendete Zeit (z. B. für familiäre oder Haushaltsaktivitäten, aber auch für
ehrenamtliches Engagement oder die eigene Weiterbildung) führt zur weiteren
Reduktion der Regenerationszeit, die zwischen zwei Arbeitszeiträumen liegt und
erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, dass die durch die Arbeit resultierende
Beanspruchung unter Umständen nicht völlig abgebaut werden kann. Darüber hinaus
führen Tätigkeiten in der Freizeit zu einer Mehrfachbelastung der Beschäftigten.
Somit kommt es zu einer Beanspruchungskumulation. Wie NACHREINER &
GRZECH-ŠUKALO (1997) bereits bemerkten, handelt es sich bei der Aufteilung der
Zeit auf Arbeit, Schlaf und Freizeit um ein Nullsummenspiel, in dem eine
Vergrößerung des einen Anteils eine Reduktion eines oder beider anderer Anteile mit
sich bringt. Daher stellen lange Arbeitszeiten in jedem Fall einen gravierenden
Eingriff in die Lebensgestaltung dar, der im schlechten Fall den Beschäftigten von
vornherein Einschränkungen im privaten Bereich oder der Schlafzeit diktiert. Dass
dies nicht ohne Folgen sowohl für das soziale Wohlbefinden als auch in Folge
dessen für die Gesundheit der Beschäftigten bleiben kann, ist nahe liegend. Dass
soziale Beeinträchtigungen durch Schichtarbeit entstehen können ist bereits bekannt
(vgl. COLQUOUN et al., 1996; VOLGER et al., 1988; NEULOH, 1964). Dagegen
wurde der Frage des Ausmaßes der sozialen Beeinträchtigung durch lange
Arbeitszeiten bisher auf empirischer Ebene nur unzureichend nachgegangen. Die im
Folgenden berichteten Ergebnisse konzentrierten sich größtenteils auf eine
Beeinträchtigung des Familienlebens oder der Work-Life-Balance der Beschäftigten
(z. B. WORALL & COOPER, 1999; GEURTS & DEMEROUTI, 2003; JANSEN et al.,
2004; GROSCH et al., 2006; KLENNER & SCHMIDT, 2007; GEURTS et al., 2009).
Die Untersuchung der Einschränkung anderer, für die Sozialisation der Beschäftigten
ebenfalls bedeutsamer Bereiche, wie etwa gesellschaftliches Engagement oder
kulturelle Aktivitäten, wurden dabei eher vernachlässigt.
In Deutschland herrscht das Modell der 1 ½ Arbeitsstellen pro Familie vor. So
arbeiten abhängig beschäftigte Väter im Durchschnitt 39,7 Stunden pro Woche,
wohingegen Mütter mit durchschnittlich 24,4 Wochenstunden deutlich kürzer arbeiten
(KLENNER & PFAHL, 2008). Dieses Modell entspricht jedoch durchaus nicht dem
europäischen Durchschnitt (vgl. LEWIS et al., 2008). Vor allem in den
skandinavischen Ländern, aber auch in Portugal und Spanien arbeiten häufig beide
Elternteile in Vollzeit. Die Gründe dafür sind verschieden, denn in Südeuropa gibt es
kein ausreichendes Angebot an Teilzeitstellen, wodurch die Nachfrage natürlich
eingeschränkt wird, wohingegen in Skandinavien oft aufgrund der guten
Kinderbetreuung ermöglicht wird, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten können.
Trotz der hohen Teilzeitquote der Mütter in Deutschland arbeiten viele der Eltern in
relativ langen Arbeitszeiten. So leisten 17 % der abhängig beschäftigten Mütter und
knapp 57 % der Väter mehr als 40 Stunden pro Woche (KLENNER & PFAHL, 2008).
Dagegen ist der Teilzeitanteil der Väter in Deutschland marginal (<3 %). Bei LEWIS
et al. (2008) wird der Anteil der Mütter mit über 46 Stunden Arbeitszeit pro Woche mit
4,6 % beziffert, die Väter arbeiten zu 35,1 % über 46 Stunden pro Woche. Untersucht
wurden Beschäftigte aus Westeuropa; leider ist die Einteilung der Arbeitszeit nicht
äquivalent zu der von KLENNER & PFAHL (2008) in Deutschland. In letztgenannter
29
Stichprobe arbeiten besonders die hochqualifizierten Beschäftigten lange – jede
vierte hochqualifizierte Mutter arbeitet mehr als 40 Stunden pro Woche, bei den
hochqualifizierten Vätern sind es sogar ca. 73 %.
KLENNER & SCHMIDT (2007) untersuchten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
in Deutschland und berichten, dass die wahrgenommene Vereinbarkeit von Beruf
und Familie u. a. sowohl von der Dauer als auch von der Flexibilität der Arbeitszeit
abhängt. Dabei wirkt eine hohe Arbeitsdauer erwartungsgemäß negativ auf die
Vereinbarkeit, wohingegen für die Arbeitszeitflexibilität eine differentielle Wirkung
beobachtet wurde. Nur wenn die Arbeitszeit auf die Familie angepasst flexibel ist,
besteht ein positiver Zusammenhang zur Vereinbarkeit. Ist dies nicht der Fall, wird
eine hohe Flexibilität als negativ für die Vereinbarkeit empfunden. Über die genaue
Wirkung von langen Arbeitszeiten im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Beziehung wurde
hier allerdings leider nichts berichtet, sodass die Zusammenhänge zwar plausibel
aber dennoch eher vage erscheinen. Mögliche Vereinbarkeitskonflikte zwischen dem
Beruf und der Familie können dabei durch soziale Unterstützung sowohl am
Arbeitsplatz als auch in der Familie abgemildert werden (vgl. CARLSON &
PERREWÉ, 1999; NIELSON et al., 2001).
In einer Untersuchung einer Stichprobe aus der U.S.-Bevölkerung setzten GROSCH
et al. (2006) die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit in Verbindung mit der
berichteten Beeinträchtigung des Familienlebens durch den Job. Im Vergleich zur
Gruppe der Personen mit 35-40 Std. pro Woche stieg das Risiko für eine
Beeinträchtigung des Familienlebens bei 41-48 Wochenstunden um 55 %, bei 49-69
Std. um 228 % und bei 70 und mehr Wochenstunden um 375 % an. Die untersuchte
Stichprobe enthielt sowohl abhängig als auch selbstständig Beschäftigte. Für
abhängig Beschäftigte in Europa und Deutschland konnte von RÄDIKER (2005)
gezeigt werden, dass die Häufigkeit der Ausübung von Tätigkeiten im Haushalt und
der Familie mit zunehmender Arbeitsdauer abnimmt. Auf die Ausübung von anderen
Freizeitaktivitäten, wie Sport oder Weiterbildung sowie ehrenamtlichen / politischen
Tätigkeiten, hatte die Anzahl wöchentlicher Arbeitsstunden dagegen nur einen
schwachen Einfluss. Dabei wurde allerdings noch nicht differenziert geprüft, ob sich
die letztgenannten Tätigkeiten möglicherweise gegenseitig kompensieren und
welche moderierenden Einflüsse durch weitere arbeits- und personenbezogene
Merkmale bestehen, sodass dieses Ergebnis nur eine allgemeine Tendenz darstellt.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf
die Familie bisher noch nicht ausreichend untersucht wurden, und der Bereich der
außerfamiliären und sozialen Aktivitäten sehr stark vernachlässigt wurde. Dabei
besitzt diese Thematik in der Öffentlichkeit durchaus eine große Bedeutung. Die
oben dargestellten wenigen bisherigen Ergebnisse deuten an, dass eine bedeutsame
Einschränkung der familiären Aktivitäten der Beschäftigten bei langen Arbeitszeiten
erfolgt. Dennoch fehlt sowohl eine ausreichende empirische Absicherung dieser
Ergebnisse als auch eine Ausdehnung der Untersuchungen auf die Einschränkung
auch anderer Bereiche des privaten Lebens bei langen Arbeitszeiten.
Für die weitere Untersuchung stellen sich insbesondere Fragen darüber, welche
Freizeitaktivitäten in welchem Ausmaß eingeschränkt werden, ob sich bestimmte
Aktivitäten zeitlich kompensieren und welche Unterschiede zwischen Männern und
Frauen sowie zwischen Personen mit und ohne Betreuungspflichten bestehen. Wie
30
KOHN & SCHOOLER (1983) berichten, besitzt auch die Art der Tätigkeit einen
Einfluss auf die Freizeitaktivitäten, sodass die Tätigkeit möglicherweise eine
moderierende Wirkung auf die Zusammenhänge zwischen langen Arbeitszeiten und
der sozialen Teilhabe ausübt.
1.4.5 Schlussfolgerungen aus den bisherigen Ergebnissen
Die Erhöhung des Unfallrisikos durch lange tägliche und wöchentliche Arbeitszeiten
ist mittlerweile gut belegt. Es deutet sich darüber hinaus aus den oben
zusammengestellten Ergebnissen an, dass lange Arbeitszeiten die Leistung der
Beschäftigten verschlechtern und das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen
wie Herzerkrankungen, gastrointestinale sowie muskulo-skelettale Beein-
trächtigungen erhöhen können. Weiterhin begünstigen lange Arbeitszeiten
wahrscheinlich gesundheitsschädliche Verhaltensweisen wie den Konsum von
Genussmitteln (Alkohol, Zigaretten) sowie eine ungesunde Gewichtszunahme durch
falsche Ernährung und mangelnde Bewegung. Einschränkungen durch hohe
Wochenarbeitszeiten im sozialen Bereich sind zu vermuten, wurden allerdings
bislang nur unzureichend untersucht. Tendenziell verschlechtert sich die berichtete
Work-Life-Balance bei langen Arbeitszeiten. Es deutet sich daher an, dass die
arbeitswissenschaftlichen Kriterien der Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit und
Beeinträchtigungsfreiheit bei langen Arbeitszeiten nicht mehr gewährleistet sind.
Weiterhin erscheint auch die Persönlichkeitsförderlichkeit langer Arbeitszeiten
sowohl anhand der vorliegenden Untersuchungen als auch aufgrund theoretischer
Annahmen äußerst fraglich.
Eine umfangreiche Absicherung der Validität und Generalisierbarkeit insbesondere
der Ergebnisse zur Beeinträchtigung der Gesundheit und des sozialen Wohl-
befindens durch lange Arbeitszeiten hat jedoch bislang noch nicht stattgefunden.
Auch liegen zu einzelnen Symptomen, wie etwa psychovegetativen und gastro-
intestinalen Beeinträchtigungen, sehr wenige Studien vor. Darüber hinaus wurden –
wenn auch in geringem Umfang – ebenfalls gegensätzliche Ergebnisse berichtet, wie
etwa eine Verringerung gesundheitlicher Beschwerden bei langen Arbeitszeiten
(z. B. VOSS et al., 2001). Es ist dabei unklar, ob solch uneindeutige Befunde die
Realität widerspiegeln, oder ob sie auf andere Gründe zurückzuführen sind.
Eine mögliche Ursache für die Uneindeutigkeit und eingeschränkte Generalisier-
barkeit der Ergebnisse ist etwa die uneinheitliche Definition der unabhängigen
Variable „lange Arbeitszeiten“: In einigen Untersuchungen werden die Unterschiede
zwischen geplanten „normalen“ 8- und „langen“ 12-Stunden-Schichten bezüglich
ihrer Auswirkungen auf die Beanspruchungsfolgen analysiert, andere hingegen
untersuchen den Einfluss von Überstunden (unabhängig von der geplanten
Arbeitszeitdauer). Wieder andere definieren „lange“ Arbeitszeiten (mal als „über 48
Stunden pro Woche liegend“, mal als „über 60 Wochenstunden“) und vergleichen die
Beanspruchungsfolgen von Personen in „langen“ Arbeitszeiten mit denen in „kurzen“
Arbeitszeiten von weniger als 48 oder 60 Stunden. Der Kreativität bei der Definition
„langer“ Arbeitszeiten sind dabei keine Grenzen gesetzt, und dies führt dazu, dass
die einzelnen Studien kaum vergleichbare Ergebnisse erzielen. Darüber hinaus birgt
jeder Ansatz seine methodischen Probleme: Bei der Untersuchung von 8- und 12-
Stunden-Wechselschichten besteht in der Regel eine Konfundierung zwischen der
Dauer der Arbeitszeit und der Arbeit in Schichtarbeit, also mit einer veränderten Lage
31
der Arbeitszeit (vgl. SPURGEON et al., 1997; WHITE & BESWICK, 2003). Eine
geplante 12-Stunden-Schicht mit entsprechend ausreichendem Ruhezeitraum kann
dabei ohne weiteres zu weniger negativen Beanspruchungsfolgen führen als eine
geplante 8-Stunden-Schicht, an die kurzfristig noch 4 Überstunden gehängt werden
müssen. Wird hingegen nur gemessen, ob die Beschäftigten Überstunden geleistet
haben oder nicht, ohne dabei die geplante Arbeitsdauer und damit die insgesamt
geleisteten Arbeitsstunden zu erfassen, so ist dies wenig aussagekräftig. Soll
beispielsweise eine Risikoerhöhung gesundheitlicher Beschwerden zwischen zwei
Stufen der Arbeitszeit berechnet werden, sind präzise Definitionen der unabhängigen
Variable unumgänglich, um vergleichbare und generalisierbare Ergebnisse zu
erhalten. Dabei ist allerdings die nur ungenaue Erfassung der wöchentlichen
Arbeitszeit bei Befragungen problematisch, in denen z. B. die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit der Beschäftigten erhoben wird. Sofern die Befragten keinen
genauen Arbeitszeitplan vorliegen haben, kann die Angabe einer durchschnittlichen
Arbeitszeit (oder der Arbeitszeit in der letzten Woche) nur unpräzise erfolgen. Die
Repräsentativität dieser Angaben über die tatsächliche Arbeitszeit der Beschäftigten
ist durchaus fraglich, da diese sich auf ihre Erinnerung berufen müssen oder einen
grob geschätzten Wert angeben. Pausenzeiten oder Ruhezeiten zwischen zwei
Arbeitsperioden werden i. d. R. nicht erfasst, obwohl diese einen großen Einfluss auf
die Verteilung der (langen oder kurzen) Arbeitszeiten ausüben und bestimmen,
inwieweit sich die Auslenkung des Systems durch die Belastung wieder dem
Ausgangswert nähern kann. Zur präzisen Erfassung der Arbeitszeit reicht es
demnach eigentlich nicht aus, erinnerte und dadurch ggf. verzerrte Durch-
schnittswerte zu erheben. Vielmehr sollten die Arbeits- und Ruhezeiten über einen
größeren Zeitraum hinweg tagebuchähnlich aufgeschrieben werden, wenn man zu
einer validen Erfassung der Arbeitszeitsysteme gelangen möchte. Einen derartigen
Ansatz verfolgten z. B. JANßEN & NACHREINER (2004) in einer Untersuchung zu
flexiblen Arbeitszeiten sowie aktuell die GAWO e.V. in einer laufenden Umfrage zu
den Zusammenhängen von Arbeitszeit und Gesundheit (www.gawo-ev.de).
Verfügt man nicht über derartige präzise Arbeitszeitaufschreibungen, sondern nur
über die häufig verwendeten Durchschnittswerte der wöchentlichen Arbeitszeit, so
verhindert dies jedoch nicht die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen langen
Arbeitszeiten und gesundheitlichen sowie sozialen Beeinträchtigungen. Vielmehr
muss dabei von genauen Punktschätzungen der Effekte der Arbeitszeit abgesehen
werden, da aufgrund der durchschnittlichen Erfassung der Arbeitszeit große
Ungenauigkeiten zu vermuten sind. Es sollten also keine Aussagen über das
absolute Niveau von gesundheitlich Beeinträchtigten bei einer bestimmten Arbeits-
zeitdauer getroffen werden. Möglich sind hingegen Untersuchungen der strukturellen
Zusammenhänge zwischen der Arbeitszeit und der Gesundheit der Beschäftigten.
Die Höhe der gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann in verschiedenen
Untersuchungen durchaus auf einem unterschiedlichen Niveau liegen, da dieses
ohnehin abhängig von der jeweiligen Fragemethode sowie der Belastungsart und -
intensität ist. Die Art der Fragestellung sollte sich daher auf den Nachweis gleicher
relationaler Strukturen in Form eines Anstiegs der gesundheitlichen und sozialen
Beeinträchtigungen der Beschäftigten mit steigender Dauer der Arbeitszeit
fokussieren und somit Schätzungen der Struktur dieser Beziehungen ermöglichen.
Eine weitere Einschränkung der oben aufgeführten Studien liegt darin, dass die
Dauer der Arbeitszeit nicht unabhängig von der Tätigkeit bzw. der Belastungs-
32
situation der Beschäftigen zu sehen sein kann. Die Ergebnisse sind daher,
insbesondere in Bezug auf Punktschätzungen, von den untersuchten Stichproben
und Arten der Tätigkeit abhängig (JOHNSON & LIPSCOMB, 2006). Die Erfassung
der Belastungssituation der Beschäftigten und die Kontrolle des Einflusses der
Belastung auf die Zusammenhänge von Arbeitsdauer und Beanspruchungsfolgen ist
ein leider häufig vernachlässigter Aspekt.
Aufgrund der stichproben- und belastungsbezogenen Effekte ist die Generalisier-
barkeit vieler berichteter Ergebnisse eingeschränkt. Allein die Befragung von
Erwerbstätigen stellt bereits eine Selektion dar, da alle erwerbsunfähigen oder
wegen Erwerbsminderung frühzeitig ausgeschiedenen Personen sowie deren frühere
Arbeitsbedingungen nicht berücksichtigt werden können. Dies lässt sich bei der
Verwendung von Befragungsdaten nicht ändern, jedoch kann vermutet werden, dass
mögliche negative Effekte der Arbeitsdauer auf die Gesundheit durch die Selektion
der Beschäftigten tendenziell eher unterschätzt werden. Der Umstand, dass Ältere
und/oder Personen in sehr ungünstigen Arbeitsbedingungen oft verhältnismäßig
wenig gesundheitliche Beschwerden aufweisen, wird als „Healthy-Worker-Effekt“
bezeichnet. Die Erklärung dafür ist die Bildung von Überlebenspopulationen, welche
aus Personen bestehen, die derartige Arbeitsbedingungen ertragen können, wohin-
gegen die gesundheitlich beeinträchtigten Personen bereits aus der Erwerbstätigkeit
ausgeschieden bzw. in andere Arbeitsbedingungen gewechselt sind. Dies führt dazu,
dass gesundheitliche Beeinträchtigungen in den hoch belasteten Gruppen häufig
geringer sind als in den mittleren und wenig belasteten Gruppen. Diese Effekte
finden meist zu wenig Berücksichtigung bei der Interpretation der Ergebnisse und
können zu irreführenden Schlussfolgerungen verleiten, wie etwa der, dass lange
Arbeitszeiten eher gesundheitsförderlich seien.
Es wird deutlich, dass zwar negative Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die
Gesundheit und das soziale Wohlbefinden der Beschäftigten vermutet werden
können, dass aber aufgrund methodischer und anderer beschriebener Ein-
schränkungen die bisherigen Ergebnisse nicht als umfassend gesichert gelten
können. Aufgrund der zunehmenden Forderung nach einer Ausdehnung der
Arbeitszeiten in allen Bezugszeiträumen (tägliche, wöchentliche, monatliche,
jährliche, Lebensarbeitszeit) erscheint eine Absicherung der sich andeutenden
negativen Effekte langer Arbeitszeiten auf das gesundheitliche und soziale
Wohlbefinden der Beschäftigten jedoch als wesentlich. Die Gewinnung gesicherter
Erkenntnisse zur Arbeits(zeit)gestaltung ist von großer Bedeutung sowohl für die
Gesundheit der Erwerbstätigen, für die Betriebe, die hohe Folgekosten im Fall
erhöhter Krankenstände oder Unfallzahlen tragen müssen, als auch für die Gesell-
schaft, die wiederum weitgehend die Kosten der Erkrankungen und frühzeitigen
Erwerbsminderung trägt und unter einer Minderung des sozialen Engagements
leidet.
33
1.5 Entwicklung der Fragestellungen
Eine Absicherung der Erkenntnisse zu den Auswirkungen langer Arbeitszeiten kann
durch eine Kreuzvalidierung der Ergebnisse verschiedener (repräsentativer)
Stichproben erreicht werden. Zum Zwecke der Kreuzvalidierung werden die in den
einzelnen Stichproben gefundenen Beziehungen zwischen den zu untersuchenden
Konstrukten (hier: der Arbeitsdauer und gesundheitlichen sowie sozialen
Beeinträchtigungen) über mehrere Stichproben hinweg verglichen. Dazu werden die
ermittelten Zusammenhangsmaße miteinander verglichen und auf signifikante
Unterschiede geprüft. Sind die ermittelten strukturellen Beziehungen zwischen den
Konstrukten valide, so sollten sie über verschiedene Populationen, Methoden,
Zeitpunkte und unabhängig von der individuellen Operationalisierung nachweisbar
sein. Der Vorteil der Untersuchung (latenter) Konstrukte und ihrer relationalen
Beziehungen liegt darin, von der jeweiligen Operationalisierung der Variablen
unabhängig zu sein und so stichprobenübergreifende Vergleiche zu ermöglichen.
Eine weitere Erhöhung der Validität der Ergebnisse ergibt sich, wenn diese nicht nur
über alle Personen der gesamten Stichproben hinweg ähnlich sind, sondern sich
auch in unterschiedlichen homogenen Substichproben gleichartige Strukturen zeigen
lassen. Zur Untersuchung von Substichproben ist es dabei wichtig, hinreichend
große Ausgangsstichproben zu verwenden, da die Zellenbesetzungen einzelner
Gruppen ansonsten schnell zusammenbrechen und somit der statistischen Analyse
nur noch eingeschränkt zugänglich sind.
Zur Analyse der Effekte langer Arbeitszeiten auf die Gesundheit bediente sich bereits
RÜTERS (2008) der Methode der Kreuzvalidierung. Sie konnte anhand von
Sekundäranalysen zeigen, dass zwischen einer deutschen und einer europäischen
Umfrage (RÄDIKER, 2005) hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen der
berichteten durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit und der Höhe gesund-
heitlicher Beschwerden strukturell ähnliche Relationen bestanden (siehe Abb. 1.7
und Abb. 1.8). Die ermittelten Regressionsgeraden wiesen hinsichtlich ihrer
Steigungen keine signifikanten Unterschiede auf. Damit konnte RÜTERS (2008) die
Validität und Generalisierbarkeit der Ergebnisse aus den einzelnen Stichproben
erhöhen. Um die Ergebnisse aus diesen beiden untersuchten Stichproben
umfassender abzusichern, wäre eine Kreuzvalidierung mit weiteren vergleichbaren
Datensätzen wünschenswert. Eine derartige umfangreiche Kreuzvalidierung der
Ergebnisse zu Effekten langer Arbeitszeiten gibt es bislang noch nicht.
34
Abb. 1.7 Trends der psychovegetativen Beschwerden (PVB) in zwei deutschen
Stichproben (RÜTERS (2008), S. 68)
Abb. 1.8 Trends der muskulo-skelettalen Beschwerden (MSB) in zwei deutschen
Stichproben (RÜTERS (2008), S. 94)
In der vorliegenden Arbeit sollen daher, aufbauend auf den Ergebnissen von
RÄDIKER (2005) und RÜTERS (2008), mehrere verschiedene Stichproben zur
Analyse herangezogen werden und die Ergebnisse zu den Auswirkungen der Dauer
der Arbeitszeit auf das gesundheitliche und soziale Wohlbefinden aus den einzelnen
35
Stichproben im Rahmen einer Kreuzvalidierung verglichen werden. Die Unter-
suchung von unterschiedlichen Substichproben, aufgeteilt z. B. nach ähnlichen
Belastungskonstellationen, Berufsgruppen oder bestimmten biografischen Merk-
malen, soll die Wirkung moderierender Effekte auf die Zusammenhänge zwischen
der Dauer der Arbeitszeit und gesundheitlichen sowie sozialen Beeinträchtigungen
spezifizieren. Die zentrale Fragestellung dabei ist, ob es möglich ist, sowohl in den
Gesamt- als auch in unterschiedlichen Teilstichproben gleichartige Strukturen hin-
sichtlich der Zusammenhänge von Arbeitsdauer und möglichen gesundheitlichen und
psychosozialen Beeinträchtigungen zu finden. Sollte dies gelingen, so wäre durch die
damit einhergehende erhöhte Belastbarkeit dieser Ergebnisse ein weiterer Schritt zur
Absicherung der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse zu langen Arbeitszeiten
getan.
Anhand der verschiedenen Datensätze soll weiterhin geprüft werden, ob die
theoretisch angenommenen Zusammenhänge des Belastungs-Beanspruchungs-
modells, d. h. die multiplikative Wirkung von Belastungsintensität und -dauer auf die
Höhe der Beanspruchungsfolgen, anhand subjektiver Daten bestätigt werden
können.
Die zu untersuchenden Fragestellungen lauten daher:
Teil I: Dauer der Arbeitszeit und gesundheitliche sowie soziale Beeinträch-
tigungen
1. Lassen sich die Ergebnisse von RÄDIKER (2005) und RÜTERS (2008)
anhand weiterer Datensätze reproduzieren und im Rahmen einer Kreuz-
validierung gegenseitig absichern?
a. Gibt es in unterschiedlichen Stichproben strukturell gleichartige Zusam-
menhänge zwischen der Dauer der tatsächlichen wöchentlichen
Arbeitszeit und berichteten gesundheitlichen Beschwerden?
b. Gibt es gleiche oder strukturell ähnliche Zusammenhänge in unter-
schiedlichen Substichproben, aufgegliedert nach Arbeitszeit- und
Belastungskonstellationen, sozialen sowie Personenmerkmalen?
c. Sind die Ergebnisse zeitstabil (Stabilitätsschätzung)? Das heißt lassen
sich ähnliche Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen der wöchent-
lichen Arbeitszeit und der Gesundheit zu zwei Messzeitpunkten nach-
weisen?
d. Unterscheiden sich die Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer
und gesundheitlichen Beeinträchtigungen strukturell zwischen bestimm-
ten Berufsgruppen?
2. Lassen sich in verschiedenen Stichproben strukturell ähnliche Zusammen-
hänge zwischen der Arbeitsdauer und Beeinträchtigungen der sozialen Teil-
habe nachweisen?
a. Werden diese Zusammenhänge durch Moderatoreffekte (personen-
und arbeitszeitbezogene Merkmale) beeinflusst und wirken die
Moderatoreffekte in den untersuchten Stichproben in vergleichbarer
Weise?
36
b. Es ist möglich, dass die Beschäftigten bezüglich ihrer konkret
ausgeübten Aktivitäten unterschiedliche Einschränkungsmuster bei
langen Arbeitszeiten aufweisen, die sich im Mittel ausgleichen. Somit
kann möglicherweise keine Beeinträchtigung außerberuflicher Aktivi-
täten mit zunehmender Arbeitszeit ermittelt werden. Ist es daher
möglich, einen Indikator für die Beeinträchtigung der sozialen Teilhabe
zu entwickeln, der unabhängig von einer möglichen Kompensation
einzelner Aktivitäten ist? Lassen sich in verschiedenen Stichproben
gleichartige Zusammenhänge dieses Indikators mit der Dauer der
Arbeitszeit zeigen?
Teil II: Einfluss der Interaktion von Belastungsintensität und -dauer auf das
Ausmaß gesundheitlicher Beeinträchtigungen
Die Basisannahme des Belastungs-Beanspruchungsmodells ist, dass die Belastung
eine Funktion der Intensität und der Dauer der Einwirkung ist, wobei diese beiden
Merkmale multiplikativ miteinander verknüpft sind. Negative Beanspruchungsfolgen,
wie gesundheitliche Beeinträchtigungen, sollten demnach ebenfalls von der Intensität
der (physischen und psychischen) Belastung sowie deren zeitlichem Umfang
(Arbeitsdauer) abhängen. Postuliert wird dabei eine interaktive Wirkung der Intensität
mit der Dauer auf die Höhe der Beanspruchung (vgl. Abb. 1.9). Da sich die Bean-
spruchungsfolgen, wie etwa gesundheitliche Beeinträchtigungen, aus der Bean-
spruchung ergeben, sollten mit zunehmender Dauer die Effekte der Intensität auf die
Beeinträchtigungen stärker werden.
Abb. 1.9 Modelldarstellung der Zusammenhänge zwischen Belastungsintensität (I),
-dauer (T) und der mittleren Beanspruchung (B`) nach SCHMIDTKE &
BUBB (1993)
37
Aus diesen Modellannahmen ergeben sich folgende Einzelfragen:
1. Welche Belastungsbedingungen − ohne Einbezug der Arbeitsdauer − sind mit
hohen Beschwerden verbunden?
2. Lassen sich die im Belastungs-Beanspruchungs-Modell angenommenen inter-
aktiven Effekte der Intensität und Dauer der Belastung auf die Bean-
spruchungsfolgen (d. h. die gesundheitlichen Beeinträchtigungen) nach-
weisen?
3. Wie sehr können förderliche Bedingungen, wie etwa Autonomie oder ein
positives soziales Arbeitsumfeld, die Zusammenhänge zwischen der Belas-
tungsintensität, der Arbeitsdauer und gesundheitlichen Beschwerden abmil-
dern?
38
2 Methode
Die Durchführung von Experimenten zur Gewinnung von Erkenntnissen zu den
Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die Gesundheit und das soziale Wohlbefinden
ist aus diversen Gründen nicht möglich. Insbesondere aus ethischen Gründen
verbietet es sich, die Arbeitszeit der Beschäftigten bei potenziell negativen Aus-
wirkungen systematisch zu verlängern. Es müsste sich dabei sogar um eine lang-
fristige Verlängerung der Arbeitszeiten handeln, da gesundheitliche Beeinträch-
tigungen als Folge langer Arbeitszeiten erst längerfristig auftreten und somit
kurzfristige Beobachtungen nicht sinnvoll sind. Somit erscheint die Verwendung von
subjektiven Daten aus Befragungen als sinnvoll.
Im Gegensatz zu objektiven Daten unterliegen subjektiv erhobene Daten, wie sie in
Interviews oder Fragebögen gewonnen werden, kognitiven Verzerrungen (z. B.
kognitiven Dissonanzen), reaktiven Antworttendenzen oder der Tagesform der
Befragten, die im Nachhinein meist nicht mehr ermittelt werden können. Die Vorteile
der Nutzung subjektiver Daten sind aber einerseits, dass die Befragten ihre eigene
Meinung und Wahrnehmung ausdrücken können. Andererseits lagen bereits
mehrere umfangreiche und repräsentative Datensätze zur Sekundäranalyse vor, die
für die Untersuchung der vorliegenden Fragestellungen geeignet waren, sodass ein
erheblicher Aufwand bei der Datenerhebung vermieden werden konnte. Für die
angestrebte Kreuzvalidierung der Ergebnisse aus mehreren unterschiedlichen
Datensätzen sind repräsentative und umfangreiche Stichproben von Vorteil, da sich
aus ihnen einerseits generalisierbare Ergebnisse gewinnen lassen, und andererseits
aufgrund des großen Stichprobenumfangs auch spezifische Untergruppen der
Analyse zugänglich sind.
Für die vorliegenden Fragestellungen wurden geeignete Daten in Form von vier
Befragungsstudien zur Sekundäranalyse zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es
sich um die 3. Europäische Umfrage zu den Arbeitsbedingungen aus dem Jahr 2000
(MERLLIÉ & PAOLI, 2002), im Folgenden als EU 2000 bezeichnet sowie um die
4. Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen von 2005 (PARENT-
THIRION et al., 2008), im Folgenden EU 2005 genannt. Darüber hinaus wurden die
deutschen Befragungen „Was ist Gute Arbeit? Anforderungen aus Sicht von
Erwerbstätigen“ aus dem Jahr 2004 (FUCHS, 2006), welche im Folgenden mit GA
2004 abgekürzt wird, und die BIBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2006 (vgl. BAUA,
2006), im Folgenden BB 2006, für die Sekundäranalyse herangezogen.
Es konnten somit zwei deutsche und zwei europäische Befragungen miteinander
verglichen werden. Besonders der Vergleich von EU 2000 und EU 2005 erschien
interessant, da es sich hierbei um zwei Untersuchungen aus einer regelmäßigen
europäischen Befragungsreihe handelt, die alle fünf Jahre durchgeführt wird. Damit
bestand die Möglichkeit, die Arbeits(zeit)bedingungen und Prävalenzen gesund-
heitlicher Beschwerden zu zwei Messzeitpunkten zu vergleichen. Dabei handelt es
sich nicht um eine Längsschnittuntersuchung, sodass ausschließlich Querschnitts-
vergleiche zu beiden Zeitpunkten vorgenommen wurden.
Die europäischen Umfragen beinhalten jeweils eine deutsche Stichprobe von etwa
1000 Befragten. Aufgrund ihrer für die vorliegenden Fragestellungen relativ geringen
39
Größe und weiterer methodischer Probleme (siehe Kapitel 3) wurden diese
deutschen Stichproben jedoch nur in einen Teil der Untersuchungen einbezogen. Die
Empfehlung der Autoren der Befragung EU 2005 (PARENT-THIRION et al., 2008)
geht ebenfalls in die Richtung, dass die Daten aus den einzelnen Ländern nicht dazu
verwendet werden sollten, eingehende Analysen der Arbeitsbedingungen
durchzuführen, sondern zum Vergleich innerhalb Europas und in Form aggregierter
Informationen genutzt werden sollten.
RÄDIKER (2005) und RÜTERS (2008) nutzten bereits Daten aus EU 2000 und
GA 2004 zur Untersuchung der Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die
Gesundheit. Aufbauend auf diesen Untersuchungen wurden in allen vier
Datensätzen nur die abhängig beschäftigten Personen belassen und alle
Selbstständigen, ehrenamtlich Tätigen, mithelfende Familienangehörige, usw.
entfernt, da diese dem gesetzlichen Arbeitsschutz nicht in vollem Umfang
unterliegen. Weiterhin wurden Missing Values und verweigerte Antworten als
fehlende Werte codiert, um diese aus den Berechnungen ausschließen zu können.
Variablen mit einer gestuften Antwortskala wurden zur besseren Darstellbarkeit
einheitlich umcodiert, sodass ein hoher Wert „viel“ oder „immer“ bedeutete, ein
niedriger Wert „wenig“ oder „selten/nie“. Die Operationalisierung der untersuchten
Konstrukte sowie die Berechnung neuer Variablen werden im Abschnitt 2.2
beschrieben.
2.1 Beschreibung der verwendeten Daten
2.1.1 EU 2000
Die 3. Europäische Umfrage über die Arbeitsbedingungen wurde im März und April
des Jahres 2000 von INRA-Europe in den damaligen 15 EU-Mitgliedsländern durch-
geführt. Zugrunde lag eine nach eigenen Angaben repräsentative Stichprobe der
gesamten erwerbstätigen Bevölkerung (abhängig und selbstständig Beschäftigte) ab
einem Alter von 15 Jahren. Zur Selektion der Stichprobe wurde das Random-Walk-
Verfahren angewendet, das aus folgenden Schritten bestand:
- Schichtung der Stichprobeneinheiten nach Region und Urbanisierungsgrad,
aufbauend auf einer Systematik der Gebietseinheiten von Eurostat (NUTS-
Ebene II),
- Festlegung der Ausgangsadressen für die Interviewer in den auf diese Weise
eingeteilten Gebieten,
- Random-Walk-Verfahren vom Ausgangspunkt aus (z. B. jedes dritte Gebäude
auf der linken Straßenseite, davon jedes dritte Stockwerk, den dritten Haus-
halt von links auf der Etage usw.),
- bei mehreren Personen im Haushalt wird diejenige befragt, deren Geburtstag
am nächsten am Interviewdatum liegt (First birthday method).
Es wurden persönliche Interviews mit 21 703 Erwerbstätigen durchgeführt, wobei
etwa 1500 Interviews pro Land stattfanden. Inhalt der Interviews waren u. a. Infor-
mationen über die Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeitsysteme, mögliche gesund-
heitliche Auswirkungen der Arbeit, der Umfang sozialer Aktivitäten, die wahr-
genommene Vereinbarkeit zwischen Beruf und privaten Interessen und persönliche
40
Rahmenbedingungen. In der hier verwendeten Stichprobe der abhängig Beschäf-
tigten in den 15 EU-Mitgliedsländern verblieben nach Entfernen der Selbstständigen,
der freien Mitarbeiter usw. n = 17 910 Befragte, von denen 52,7 % männlich und 47,3
% weiblich waren. Das Alter lag zwischen 15 und 98 Jahren und betrug im Mittel
37,92 Jahre. Die angegebene (tatsächliche) durchschnittliche wöchentliche Arbeits-
zeit betrug im Mittel 36,53 Stunden pro Woche, bei einem Minimum von 1 und einem
Maximum von 110 Stunden. Über die vereinbarte Arbeitszeit wurden keine
Informationen erhoben. Weitere deskriptive Ergebnisse dieser und der anderen
verwendeten Stichproben sind im Kapitel 3 aufgeführt.
2.1.2 EU 2005
Die 4. Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen wurde mit Hilfe
persönlicher Interviews im Zeitraum zwischen September und November 2005
durchgeführt. Die Stichprobe wurde ebenfalls nach dem Random-Walk-Verfahren
ausgewählt. Ausnahmen bildeten die Länder Belgien, Schweden, Niederlande und
die Schweiz, in denen aufgrund früherer Erfahrungen mit einer schlechten Antwort-
Rate beim Random-Walk-Verfahren ein Telefon-Screening zur Stichprobenselektion
durchgeführt wurde. Die abgefragten Themen blieben weitgehend gleich, abgesehen
von kleinen Änderungen einzelner Frageformulierungen, die im Folgenden, sofern
relevant, an den entsprechenden Stellen beschrieben werden. Die Stichprobe der 15
ursprünglichen EU-Mitgliedsländer wurde ergänzt um die 10 neuen Mitgliedsstaaten
seit 2004, die Beitrittsländer aus 2007 (Rumänien und Bulgarien), die beiden
Kandidatenländer Türkei und Kroatien sowie Norwegen und die Schweiz. Somit
bestand die gesamte Stichprobe aus knapp 30 000 Beschäftigten aus 31 Ländern.
Da in der vorliegenden Untersuchung nur abhängig Beschäftigte verwendet werden
sollten, verblieben n = 24 427 Personen in der Stichprobe, von denen 47,2 %
männlich und 52,8 % weiblich waren. Das Alter der Befragten betrug im Mittel 40,37
Jahre und die angegebene durchschnittliche Wochenarbeitszeit in den 31 Ländern
lag bei 38,14 Stunden.
Zum Vergleich mit der 3. Europäischen Befragung, in welcher nur die damaligen 15
EU-Mitgliedsländer untersucht worden waren, wurde auch hier nur die Stichprobe der
15 „alten“ EU-Länder (EU 15) einbezogen. In dieser Teilstichprobe befanden sich
n = 12 288 Personen. Das Alter betrug zwischen 15 und 99 Jahren bei einem
Mittelwert von 40,25 Jahren. Die Stichprobe setzte sich zu 47,9 % aus männlichen
und zu 52,1 % aus weiblichen Personen zusammen. Die mittlere Wochenarbeitszeit
betrug mit 36 Stunden etwas weniger als in der Umfrage aus dem Jahr 2000, wobei
jedoch von unterschiedlichen Trends in den einzelnen Mitgliedsländern auszugehen
ist. Die Spannweite reichte dabei von 1 Stunde bis 105 Wochenstunden.
2.1.3 Was ist Gute Arbeit? 2004
Im Rahmen eines INQA-Projektes wurde die Erhebung „Was ist Gute Arbeit?
Anforderungen aus Sicht von Erwerbstätigen“ durchgeführt, um ein Leitbild „guter“ im
Sinne von wünschenswerter Arbeit zu ermitteln. Es handelte sich hierbei um eine
schriftliche Befragung einer für Deutschland repräsentativen Stichprobe von 5388
Beschäftigten. Die Befragten sollten angeben, unter welchen Arbeitsbedingungen sie
derzeit arbeiten und welche Bedingungen sie sich wünschen würden, um
41
anschließend einen Abgleich von Soll und Ist vornehmen zu können. Die abgefragten
Arbeitsbedingungen stammten u. a. aus den Bereichen der Arbeitsgestaltung,
Arbeitszeit, Zufriedenheit und sozialen Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz.
Für die Befragung wurde das Access-Panel von TNS Infratest TPI genutzt. Dieses
besteht aus einer repräsentativen Stichprobe grundsätzlich befragungsbereiter
Haushalte. Für die Personen dieser Haushalte liegt eine Reihe von Merkmalen vor,
z. B. Erwerbsstatus, Stellung im Beruf, Alter, Geschlecht oder Bildung. Einmal
jährlich im Herbst werden diese Merkmale im Rahmen einer schriftlichen Befragung
(BigScreen) bei einem Teil der Haushalte des Access-Panels aktualisiert. Im
Rahmen dieser Befragung besteht auch die Möglichkeit, spezielle Fragen zur
Identifikation von besonderen Personengruppen (Screening-Fragen) einzuschalten.
Mit dem BigScreen im August bis Oktober 2004 wurde für ca. 72 000 Personen
erhoben, ob sie derzeit erwerbstätig sind, und ob sie zu einer der besonders für die
INIFES-Umfrage „Gute Arbeit“ interessanten Beschäftigtengruppen gehören
(Selbstständige, Leiharbeitnehmer, Heimarbeiter, befristet und geringfügig
Beschäftigte). Die Grundgesamtheit der Erhebung „Was ist gute Arbeit?“ umfasste
alle Erwerbstätigen (abhängig Beschäftigte und Selbstständige) ab einem Alter von
15 Jahren. Für die Befragung wurde aus dem Access-Panel eine Bruttostichprobe
von insgesamt 7444 Fällen gezogen. Ein ausführlicher Bericht über die Unter-
suchung „Was ist Gute Arbeit?“ wurde von FUCHS (2006) vorgelegt.
An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass die Autoren der Befragung GA 2004
die Stichprobe zwar als repräsentativ beurteilen, dass aber möglicherweise
grundsätzlich „befragungsbereite“ Haushalte nicht uneingeschränkt repräsentativ (für
die gesamte Erwerbsbevölkerung oder für die die Bevölkerung der Bundesrepublik
Deutschland) sein können. Zudem wurden die beschriebenen, als „besonders
interessierend“ geltenden Beschäftigtengruppen möglicherweise überrepräsentiert.
In die vorliegende Untersuchung wurden n = 3996 abhängig Beschäftigte einbe-
zogen, von denen 51 % männlich und 49 % weiblich waren. Die Befragten waren im
Mittel 41,3 Jahre alt und arbeiteten nach eigenen Angaben zwischen 4 und 99
Stunden pro Woche, durchschnittlich 39,32 Stunden. Das ist die höchste Arbeitszeit
der vier untersuchten Stichproben. Die hier ebenfalls erhobene durchschnittliche
vereinbarte Arbeitszeit war mit 34,77 Stunden pro Woche deutlich niedriger.
2.1.4 BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006
Die vierte verwendete Untersuchung war die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung
2006. Hierbei handelte es sich um eine für Deutschland repräsentative telefonische
Umfrage von TNS Infratest Sozialforschung unter 20 000 erwerbstätigen Personen,
welche in Arbeitszeiten von mindestens 10 Stunden pro Woche arbeiteten und älter
als 15 Jahre waren. Die zugrunde liegende Stichprobe basierte auf dem Infratest-
Telefon-Master-Sample, welches für bevölkerungsrepräsentative Studien aufgebaut
war. Die telefonischen Befragungen fanden zwischen Oktober 2005 und März 2006
statt. Aufgrund der Unterrepräsentation gewerblicher Arbeitnehmer in telefon-
basierten Befragungen wurde die Auswahl der Stichprobe dahingehend gesteuert,
dass das Verhältnis von gewerblichen zu nicht-gewerblichen Arbeitnehmern im
Hinblick auf die Repräsentativität verbessert wurde. Das Interview dauerte etwa 40
Minuten. Es handelt sich bei der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung um die fünfte
42
Erhebung einer wiederholten Befragungswelle, die bereits im Jahr 1978 unter
Federführung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für
Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) begann und seit 1998/1999 gemeinsam mit
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt wird.
Ziel der BB 2006 war es, die Arbeitswelt zu beschreiben. Dabei wurden
Arbeitszeitmerkmale (z. B. Dauer, Lage, Flexibilität, Schichtarbeit etc.) und die
Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen mit dem Schwerpunkt auf belastungs- und
beanspruchungsorientierten Fragestellungen erfragt sowie die Zufriedenheit mit
verschiedenen Aspekten der Arbeit, gesundheitliche Beschwerden und allgemeine
Informationen über die Befragten erhoben.
Nach Entfernen aller Personen, die nicht abhängig erwerbstätig waren, verblieben
n = 17 767 Befragte in der Stichprobe, von denen 55,2 % männlich und 44,8 %
weiblich waren. Das Alter lag zwischen 15 und 80 Jahren, der Mittelwert betrug 41,15
Jahre. Die Befragten arbeiteten nach eigenen Angaben zwischen 10 und 120
Stunden, im Mittel 38,38 Std. pro Woche. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit
lag, ähnlich wie bei der GA 2004, mit durchschnittlich 34,36 Std. deutlich unter der
angegebenen tatsächlichen Arbeitsdauer.
Die hier beschriebenen deskriptiven Daten weichen in einigen Punkten zwischen den
Stichproben ab. So sind in EU 2005 die weiblichen Befragten im Verhältnis zu den
anderen Stichproben überrepräsentiert. Weiterhin bestehen z. T. gravierende Unter-
schiede im mittleren Alter sowie der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit, die
im Kapitel 3 detaillierter aufgeschlüsselt werden. Allgemein kann angemerkt werden,
dass die Daten auch Defizite hinsichtlich ihrer Plausibilität aufweisen. Es ist sehr
fraglich, ob 98-jährige Personen noch abhängig beschäftigt sein können (wie in EU
2005 angegeben), und ob durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeiten von 120
Stunden (siehe BB 2006) bei abhängig Erwerbstätigen wirklich vorkommen. In GA
2004 wurde sogar ein maximales Alter von 113 Jahren angegeben, sodass der
Verdacht besteht, dass es bei der Erhebung oder Eingabe der Daten zu Unregel-
mäßigkeiten gekommen ist. Derartige Einzelfälle wurden nach einer Plausibilitäts-
prüfung aus den Untersuchungen ausgeschlossen, bzw. gehörten im Fall der
Befragung EU 2005 nicht zu den Ländern der EU 15 und gingen somit nicht in die
Auswertung ein.
2.2 Operationalisierung der zu untersuchenden Konstrukte
2.2.1 Unabhängige und abhängige Variablen
Zur Untersuchung der Auswirkungen der Arbeitsdauer auf die Gesundheit und das
soziale Wohlbefinden der Beschäftigten wurde die berichtete tatsächliche durch-
schnittliche wöchentliche Arbeitszeit (in Stunden) in der angegebenen Haupttätigkeit
als unabhängige Variable verwendet. Diese Variable lag in kontinuierlicher Form vor
und wurde für die weiteren Analysen gruppiert, sodass insgesamt zwölf Gruppen der
wöchentlichen Arbeitszeit mit einer Auflösung von 5 Stunden entstanden, die von
<15 bis ≥ 65 Stunden pro Woche reichten. Aufgrund der geringen Zellenbesetzung
wurden bei über 65 Stunden pro Woche keine weiteren Gruppen gebildet. Die
Auflösung von 5 Stunden wurde gewählt, da bei einer gröberen Auflösung keine
ausreichende Differenzierbarkeit und bei einer feineren Auflösung keine hinreichende
43
Zellenbesetzung mehr gegeben war. Es kann an dieser Stelle nicht festgestellt
werden, wie repräsentativ die angegebene Wochenarbeitszeit für die tatsächlich
geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten ist. Zum einen wurde kein präziser Bezugs-
zeitraum angegeben, für den die Beschäftigten eine mittlere Wochenarbeitszeit
nennen sollten, zum anderen ist es fraglich, wie gut das Erinnerungsvermögen der
Befragten diesbezüglich sein kann. Weiterhin können saisonale Schwankungen
auftreten, die sich je nach Befragungszeitpunkt auf die durchschnittlichen Angaben
auswirken können. Da aber keine Punktschätzungen vorgenommen werden sollen
(s. o.), schränkt die unpräzise Erfassung der wöchentlichen Arbeitszeit die folgenden
Berechnungen nicht ein.
In EU 2000 und 2005 wurde weiterhin die Anzahl der Tage pro Monat, an denen
mehr als 10 Stunden gearbeitet wird, erhoben. In den Befragungen GA 2004 und BB
2006 wurde dies nicht abgefragt, jedoch wurde hier die Frage nach der Anzahl der
Überstunden pro Woche (GA 2004) bzw. pro Monat (BB 2006) gestellt. Die
durchschnittliche wöchentliche Arbeitsdauer beinhaltet bereits diese Angaben, daher
wurden sie nur für die deskriptive Darstellung verwendet und nicht zu weiteren
Analysen herangezogen.
Als abhängige Variablen wurden zum einen die berichteten gesundheitlichen
Beeinträchtigungen verwendet. Die Frageform unterschied sich dabei zwischen den
vier Befragungen: In EU 2000 und 2005 wurde eine Filterfrage „Does your work
affect your health, or not?“ gestellt, und nur Personen, die „Ja” antworteten, sollten
anschließend anhand einer Liste beschreiben, welche Beschwerden sie aufgrund
ihrer Arbeit haben. Bei der Auswertung fiel auf, dass in EU 2000 noch eine recht
große Anzahl unstimmiger Antworten eingegeben war (insofern, dass die Befragten
die Filterfrage mit „Nein“ beantwortet hatten, und anschließend trotzdem die
Beschwerden abgefragt wurden). Dies war in der EU 2005 Umfrage deutlich
verbessert worden, sodass es hier keine unstimmigen Muster mehr gab und dadurch
eine vergleichsweise geringere Beschwerdehäufigkeit zustande kam. In der GA 2004
wurde nach Beschwerden gefragt, die an Arbeitstagen auftreten (mit einer Liste zum
Ankreuzen), und in der BB 2006 fragte man nach Beschwerden, die während oder
unmittelbar nach der Arbeit auftreten (ebenfalls nach einer vorgegebenen Liste). In
allen Befragungen wurde nur das Auftreten der Beschwerden ermittelt und nicht nach
der Intensität oder Häufigkeit der Beeinträchtigungen gefragt. Die Operatio-
nalisierung der gesundheitlichen Beeinträch-tigungen ist durch die unterschiedlichen
Fragestellungen nur in den europäischen Stichproben direkt vergleichbar.
RÄDIKER et al. (2006) und RÜTERS et al. (2008) nutzten Faktorenanalysen, um die
gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu den dahinter liegenden latenten Konstrukten
zusammenzufassen und standardisiert untersuchen zu können. Für die folgenden
Analysen und den Vergleich der vier Befragungen wurden mit Hilfe der Haupt-
komponentenanalyse und anschließender Varimax-Rotation in jeder Befragung
jeweils zwei Faktoren gezogen: „Psychovegetative Beschwerden“ (PVB) und
„Muskel-Skelett-Beschwerden“ (MSB), die in den europäischen Stichproben um
einen dritten Faktor „Andere Beschwerden“ ergänzt wurden. Die Zusammensetzung
dieser Faktoren und die Faktorladungen der Items sind im Anhang dargestellt (siehe
Anh. 1, Tab. 1 bis Anh. 1, Tab. 2). Es ist zu erkennen, dass die PVB in den vier
Datensätzen aus nahezu identischen Variablen zusammengesetzt sind, wohingegen
der Faktor MSB eher heterogen besetzt ist. Der dritte Faktor „Andere Beschwerden“
44
konnte nur in den europäischen Stichproben gezogen werden, da das Einfügen der
zugehörigen Beschwerdearten in BB 2006 und GA 2004 zu keiner akzeptablen
Faktorlösung führte und dort daher nur die PVB und MSB einbezogen wurden.
Das Ziel der Faktorenbildung war es, unabhängig von der jeweiligen Opera-
tionalisierung in allen Stichproben vergleichbare latente Variablen zu konstruieren,
welche die angenommene Struktur der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
abbilden, um diese über die Stichproben hinweg vergleichend untersuchen zu
können. Mit der konservativeren und eigentlich zu bevorzugenden Hauptachsen-
Faktorenanalyse konnte die angestrebte Faktorlösung nicht in allen Stichproben
erzielt werden. Daher wurde die Hauptkomponentenanalyse als weniger konser-
vatives Verfahren verwendet, sodass vergleichbare Faktorlösungen mit den
Beschwerdefaktoren PVB und MSB in allen Datensätzen realisiert werden konnten.
Der Vorteil der Verwendung von Faktorwerten statt der Original-Werte liegt in der
Standardisierung ihrer Lage und Streuung auf einen Mittelwert von 0 und einer
Standardabweichung von 1, wodurch die Werte unabhängig von ihrer absoluten
Lage und mit anderen besser vergleichbar sind. Dies ist insbesondere für die
Untersuchung von strukturellen Zusammenhängen, wie sie hier vorgenommen
werden sollen, von Vorteil, da auch unterschiedliche Grundgesamtheiten (z. B. ein
absolut gesehen hohes Beschwerdeniveau mit einem vergleichbar niedrigen)
verglichen werden können. Der Nachteil der Faktorwerte ist, dass sie auf Basis der
Verteilung in der Stichprobe gezogen werden und somit von dieser abhängig sind.
Die Varianzaufklärung der Faktorlösungen lag bei 38,14 % in BB 2006, 34,38 % in
GA 2004, 50,53 % in EU 2005 und 45,57 % in EU 2000 und betrug damit in den
deutschen Umfragen etwa ein Drittel, in den europäischen Daten hingegen etwa die
Hälfte der aufzuklärenden Varianz. Diese Unterschiede sind vermutlich durch den
dritten Faktor „Andere Beschwerden“ in den europäischen Daten begründet.
Als weiterer Indikator für den gesundheitlichen Zustand der Befragten wurde die
Variable „Beschwerdefreiheit“ berechnet. Wenn der oder die Befragte keine
Beschwerden angab, dann erhielt er/sie den Wert 0, bei Angabe mindestens einer
Beschwerde erhielt er/sie den Wert 1. Durch die Berechnung von Gruppen-
mittelwerten lässt sich auf diese Weise feststellen, wie hoch der Anteil der
Beschwerdefreien unter den Befragten in verschiedenen Gruppen ist, und ob sich die
Beschwerdefreiheit in bestimmten Arbeits(zeit)konstellationen verringert oder erhöht.
Dieser Indikator wurde berechnet, um von den Beschwerdearten und möglichen
inhaltlichen Problemen der Faktorstrukturen losgelöst arbeiten zu können. Denn
hohe Faktorwerte kommen durch das gleichzeitige Vorliegen mehrerer
Beschwerden, die durch die Faktorladungen unterschiedlich gewichtet sind,
zustande. Es handelt sich also hierbei um eine UND-Verknüpfung der einzelnen
Beeinträchtigungen. Dagegen kann mit dem Indikator der Beschwerdefreiheit eine
ODER-Verknüpfung vorgenommen werden, sodass es ausreicht, wenn die
Beschäftigten nur eine gesundheitliche Beeinträchtigung angeben, um als nicht mehr
beschwerdefrei zu gelten. Damit ist beabsichtigt, das arbeitswissenschaftliche
Kriterium der Beeinträchtigungsfreiheit zu operationalisieren.
Lange Arbeitszeiten können neben gesundheitlichen auch zu Beeinträchtigungen der
sozialen Teilhabe führen, daher wurden verschiedene Operationalisierungen der
sozialen Teilhabemöglichkeiten als weitere abhängige Variablen verwendet. In den
europäischen Befragungen wurde zur Ermittlung des Ausmaßes außerberuflicher
45
Aktivität abgefragt, wie häufig die Befragten verschiedene Aktivitäten in ihrer arbeits-
freien Zeit ausüben. Die Stufung der Antwortmöglichkeiten war: „nie“, „1-2x pro Jahr“,
„1-2x pro Monat“, „1-2x pro Woche“, „jeden oder jeden 2. Tag für <1 Std.“ und „jeden
Tag für ≥1 Std.“. Falls die Befragten angaben, jeden Tag eine Stunde oder mehr mit
einer Aktivität zuzubringen, wurde in EU 2005 weiterhin gefragt, wie viele Stunden
die Personen täglich mit der entsprechenden Aktivität beschäftigt sind. Gefragt wurde
in EU 2005 nach
- ehrenamtlichen Tätigkeiten,
- politischen/gewerkschaftlichen Aktivitäten,
- Kinderbetreuung und -erziehung,
- Kochen und Haushalt,
- Betreuung von älteren/behinderten Angehörigen,
- Weiterbildung,
- Sport-/Kultur-/Freizeitaktivitäten außerhalb des Hauses.
In der Befragung EU 2000 war die Fragestellung etwas detaillierter, da Kochen und
Haushalt sowie die Sport-, Kultur- und Freizeitaktivitäten nicht zusammengefasst
sondern jeweils getrennt abgefragt wurden. Jedoch fehlte hier die genaue Abfrage
der täglichen Stundenanzahl, mit der die Aktivität ausgeübt wurde. Die Vergleich-
barkeit der einzelnen Variablen ist daher leider sehr eingeschränkt.
Um von den einzelnen Variablen abstrahieren und zu einem Konstrukt
„Beeinträchtigung der sozialen Teilhabe“ zu gelangen, wurden daher in den euro-
päischen Befragungen mittels Hauptachsen-Faktorenanalyse und anschließender
Varimax-Rotation drei Faktoren gebildet: „Ehrenamtliche/Politische Tätigkeiten“,
„Häusliche Aktivitäten/Familie“ und „Außerhäusliche Aktivitäten/Weiterbildung“ (siehe
Anh. 1, Tab. 12 und Anh. 1, Tab. 14). Mit einer Varianzaufklärung von 50 % (EU
2000) bzw. 54,5 % (EU 2005) ist diese Faktorlösung sehr zufriedenstellend. Da die
teils unterschiedlich erhobenen Variablen somit durch latente Variablen abgebildet
werden, wurde die Vergleichbarkeit der Stichproben auch im Bereich der sozialen
Teilhabe deutlich verbessert. Es wird davon ausgegangen, dass ein hohes zeitliches
Engagement in mindestens einer dieser Aktivitäten für soziales Wohlbefinden spricht.
Daher werden die Faktorwerte so interpretiert, dass hohe Faktorwerte ein intaktes
soziales Leben repräsentieren und niedrige Werte für Einschränkungen der sozialen
Teilhabe stehen.
In beiden europäischen Umfragen wurde weiterhin die Frage „Do your working hours
fit in with your family or social commitments outside work very well, well, not very well
or not at all well?” gestellt, um die Vereinbarkeit der Arbeitszeiten mit der
Freizeit/Familie zu messen. Die Antworten auf diese Frage wurden als Indikator für
die Vereinbarkeit von Beruf und privaten Interessen (Work-Life-Balance) verwendet,
um die Zusammenhänge zwischen diesem Indikator und der wöchentlichen
Arbeitszeit sowie verschiedenen Personen- und Arbeitszeitmerkmalen untersuchen
zu können.
In GA 2004 und BB 2006 wurden keine Informationen über die Ausübung außer-
beruflicher Aktivitäten erhoben, sondern nur eine Einschätzung der Vereinbarkeit von
Beruf und Freizeit/Familie anhand der Frage „Gelingt es Ihnen, bei der Arbeitszeit-
46
planung auf Ihre familiären und privaten Interessen Rücksicht zu nehmen?“ (häufig –
manchmal – nie) erfasst.
Leider ist im Bereich der sozialen Teilhabe damit kein alle Stichproben über-
greifender Vergleich der Auswirkungen der Arbeitszeit auf das soziale Wohlbefinden
möglich, da keine der Fragen in allen vier Erhebungen gestellt worden war. Dennoch
sind zumindest die Häufigkeiten der Ausübung außerberuflicher Aktivitäten in beiden
europäischen Umfragen erhoben worden, ebenso wie die Frage nach der Verein-
barkeit von Beruf und privaten Interessen. Die deutschen Stichproben in den EU-
Befragungen wurden zum Vergleich ebenfalls herangezogen. Dabei stellte sich
allerdings die Einschränkung des geringeren Stichprobenumfangs als Problem
heraus, denn in den besonders interessierenden Gruppen der Personen mit sehr
langen Arbeitszeiten brach die Zellenbesetzung deutlich ein. Die deutschen
Substichproben wurden daher nur in die Regressionsanalysen einbezogen (s. u.), in
welchen die Arbeitszeit weniger hoch aufgelöst gruppiert wurde.
Da sowohl in BB 2006 als auch in GA 2004 nach der Berücksichtigung privater
Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung gefragt wurde, war der Vergleich der
deutschen Stichproben diesbezüglich möglich.
2.2.2 Moderierende Faktoren
Die Auswirkungen der Arbeitsdauer auf die Gesundheit und das soziale
Wohlbefinden sind durch sehr komplexe Zusammenhänge mit vielen weiteren
Variablen gekennzeichnet. Daher sollten mehrere potenziell konfundierende
Variablen auf ihre moderierenden Effekte hin untersucht werden.
2.2.2.1 Biografische Merkmale
Aus der Literatur (z. B. CARUSO et al., 2006) ist bereits bekannt, dass personen-
bezogene Merkmale wie Alter, Geschlecht, Familienstand und Betreuungspflichten
als potenziell konfundierende Effekte auf die Zusammenhänge zwischen der
Arbeitsdauer und gesundheitlichen sowie sozialen Beeinträchtigungen wirken
können. Das Alter und Geschlecht der Beschäftigten wurden in allen vier
Befragungen abgefragt, der Familienstand dagegen nur in BB 2006. Die Frage nach
Betreuungspflichten bzw. nach Kindern im Haushalt unterschied sich in den
verschiedenen Befragungen. In EU 2000 und GA 2004 wurde die Anzahl der Kinder
im Haushalt unter 15 bzw. unter 16 Jahren erfasst. In EU 2005 wurde dagegen nach
der Beziehung der Befragten zu weiteren angegebenen Haushaltsmitgliedern
gefragt. Das Vorhandensein von Kindern im Haushalt wurde daher als neue Variable
berechnet, die den Wert 1 erhielt, wenn mind. eine der weiteren Personen als Sohn
oder Tochter bezeichnet wurde. Als einzige der verwendeten Stichproben enthielt die
BB 2006 detaillierte Informationen über den Familienstand, das Vorhandensein von
Kindern sowie das Alter der Kinder.
47
2.2.2.2 Arbeitszeitmerkmale
Neben biografischen Merkmalen übt die Arbeitszeitgestaltung (neben der
Arbeitsdauer) einen Einfluss auf das Auftreten von Beeinträchtigungen aus. Dieser
Einfluss resultiert zum einen aus den o. g. Interaktionen der verschiedenen
Arbeitszeitdimensionen und zum anderen aus den Kontrollmöglichkeiten der
Beschäftigten über ihre Arbeitszeitgestaltung. Die Operationalisierungen der weiteren
Arbeitszeitmerkmale neben der Dauer sind in Tab. 2.1 genannt. Wie zu erkennen ist,
wurde nur die Häufigkeit von Samstags-, Sonntags- und Nachtarbeit in allen vier
Stichproben erhoben. Darüber hinaus findet sich in den europäischen Befragungen
eine gute Übereinstimmung der abgefragten Arbeitszeitmerkmale, wohingegen sich
die deutschen Stichproben stärker unterscheiden. In den europäischen Befragungen
wurden weiterhin die durchschnittlichen Wegezeiten pro Tag als arbeitsgebundene
Zeit erhoben.
Tab. 2.1 Erfassung der Arbeitszeitmerkmale in den einzelnen Stichproben
BB 2006 GA 2004 EU 2005 EU 2000
Häufigkeit Samstagsarbeit X X X X
Häufigkeit Sonntagsarbeit X X X X
Häufigkeit Nachtarbeit X X X X
Häufigkeit Abendarbeit X X X
Schichtarbeit X X X
Feste Anzahl Std. pro Tag X X
Feste Anzahl Tage pro Woche X X
Feste Start- und Endzeiten X X X
Arbeit tagsüber X
Anzahl Arbeitstage/Woche X
Anzahl Tage mit >10 Std. X X
Anzahl Überstunden/Monat X
Anzahl Überstunden/Woche X
Lage der AZ jeden Tag gleich
oder versetzte AZ/Schichtarbeit X
2.2.2.3 Belastungsmerkmale
Weiterhin unterscheiden sich die Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die
Gesundheit in Abhängigkeit von der Tätigkeit und damit auch von der Art, der
Zusammensetzung und der Intensität der auftretenden Belastung. Die Art der
Tätigkeit wurde mit Hilfe der Internationalen Standardklassifikation der Berufe
(ISCO – 88 COM) bestimmt (zur Einteilung siehe INTERNATIONAL LABOUR
ORGANISATION, 2004). In der GA 2004 wurde die Tätigkeit nicht klassifiziert,
sodass diese Variable hier nicht untersucht werden konnte.
In allen Befragungen wurde weiterhin die Häufigkeit verschiedener körperlicher und
psychischer Belastungsmerkmale erhoben. In den europäischen Umfragen wurde die
48
wahrgenommene Belastungsintensität am Arbeitsplatz größtenteils mit Hilfe einer
siebenstufigen Skala abgefragt. Die Personen sollten angeben, wie häufig sie von
der jeweiligen Belastungskomponente betroffen sind, wobei die Skala die Stufen
„nie“, „fast nie“, „etwa ¼ der Zeit“, „etwa die Hälfte der Zeit“, „etwa ¾ der Zeit“, „fast
ständig“ und „ständig“ umfasste. Indikatoren für die wahrgenommene Belastung in
GA 2004 wurden dagegen mit einer zweistufigen Skala erhoben („eher häufig
belastet“ und „eher selten belastet“). In BB 2006 wurden vierstufige Skalen
verwendet („nie“, „selten“, „manchmal“ und „häufig“).
Da sich die jeweiligen Operationalisierungen z. T. erheblich unterschieden, wurden
diese mittels Hauptkomponentenanalysen und anschließender Varimax-Rotation zu
latenten Variablen reduziert, die mit „Physische Belastung“, „Psychische Belastung“
und „Autonomie“ bezeichnet wurden. Die einzelnen Belastungsmerkmale und
dazugehörigen Faktoren sind in Tab. 2.2 aufgeführt, eine ausführliche Auflistung der
verwendeten Fragestellungen sowie die Tabellen der Faktorladungen sind im
Anhang in Anh. 1, Tab. 3 bis Anh. 1, Tab. 9 dargestellt.
49
Tab. 2.2 Operationalisierungen der Belastung in den verwendeten Stichproben
Faktor BB
2006 GA
2004 EU
2005 EU
2000
Vibrationen X X X
Lärm X X X X
hohe Temperaturen X X X
niedrige Temperaturen X X
Dämpfe X X X
Atmen in Lösungsmitteln etc. X
Kontakt mit Chemikalien(1) X X X X
Kontakt mit Strahlung X X X
Kontakt mit infektiösen
Materialien X
Zwangshaltung X X X
schwer heben(2) X X X
stehen/laufen X X
sitzen X
Schutzkleidung X X X
Physische
Belastung/
Arbeitsumgebung
repetitive Arm-/
Handbewegungen X X
strikte Deadlines (EU)/
Zeitdruck (BB 2006, GA 2004) X X X X
Unterbrechungen X X X X
präzise Qualitätsstandards X X X
hohes Tempo X X X
Neues lernen X X X
eigene Qualitätskontrolle X X
Probleme lösen X X
komplexe Aufgaben X X
mehrere Aufg. gleichzeitig X X
kleine Fehler verursachen
große Verluste X X
Stückzahl vorgeschrieben X
Dinge verlangt, die nicht
gelernt wurden X
Genauigkeit erforderlich X
lange Konzentrationsphasen X
Qualitätsabstriche notwendig X
Psychische
Belastung
Arbeit am Computer X
50
(Fortsetzung Tab. 2.2)
Faktor BB
2006 GA
2004 EU
2005 EU
2000
Wiederholung des
Arbeitsganges X
monotone Aufgaben(3) X X X
Einfluss auf Arbeitsreihenfolge X X X
Einfluss auf Arbeitsmenge X X
Einfluss auf Art der Arbeit X
Einfluss auf Arbeitsmethoden X X
Einfluss auf Geschwindigkeit X X X
Einfluss auf
Rahmenbedingungen X
Pausen selbst bestimmen X X X
Urlaub selbst bestimmen X X
Einfluss auf die Arbeitszeit X X X
Autonomie
Einfluss auf
Arbeitsplatzgestaltung X
(1) „mikrobiologische Stoffe“ in BB 2006
(2) „körperlich schwer“ in GA 2004
(3) „einseitige körperliche Beanspruchung“ in GA 2004
Die Varianzaufklärung der Faktorlösungen aus der Hauptkomponentenanalyse
betrug 35,6 % in EU 2005, 38 % in EU 2000, 39,7 % in BB 2006 und 40 % in GA
2004. Damit konnten in allen Stichproben recht gut vergleichbare Faktorstrukturen
identifiziert werden, auch wenn diese z. T. mit unterschiedlichen Variablen besetzt
sind.
2.3 Angewandte statistische Verfahren
2.3.1 Berechnungen innerhalb der einzelnen Stichproben
Wie bereits oben beschrieben, wurden zur Reduktion der gesundheitlichen
Beschwerden auf die Faktoren „PVB“ und „MSB“, der Belastungskomponenten auf
die Faktoren „Psychische Belastung“, „Physische Belastung“ und „Autonomie“ sowie
der sozialen Aktivitäten auf die Faktoren „Ehrenamtliche/Politische Tätigkeiten“,
„Häusliche Aktivitäten/Familie“ und „Außerhäusliche Aktivitäten/Weiterbildung“
Faktorenanalysen durchgeführt.
Die Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und den gesund-
heitlichen und sozialen Beeinträchtigungen wurden varianz- und regressionsana-
lytisch untersucht. In den Varianzanalysen wurden die signifikanten Haupteffekte der
unabhängigen Variablen sowie deren Effektstärke (Varianzaufklärung, ange-geben in
Eta-Quadrat) ermittelt. Für die linearen Regressionsanalysen wurde die wöchentliche
Arbeitszeit in kontinuierlicher Form als unabhängige Variable verwendet. Der
51
Indikator „Beschwerdefreiheit“ eignete sich aufgrund der 0/1-Kodierung zur
Berechnung logistischer Regressionen, sodass die Erhöhung des Risikos für
Beeinträchtigungen durch arbeitszeit- und belastungsbezogene Merkmale sowie
deren Kombination ermittelt werden konnte. Für die logistischen Regressionen
wurden die unabhängigen Variablen teilweise neu gruppiert, wie an entsprechender
Stelle beschrieben wird.
Abschließend soll an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass bei der Interpretation
der Ergebnisse die Effekte der Stichprobengröße beachtet werden müssen. Es
handelt sich bei allen verwendeten Datensätzen um sehr große Stichproben. Dies
hat zur Folge, dass auf der einen Seite auch schwache Zusammenhänge signifikant
werden, die Signifikanzprüfung also praktisch bedeutungslos ist. Auf der anderen
Seite ist die Effektstärke bei Berechnungen der Zusammenhänge auf individueller
Basis i. d. R. eher gering. Bildet man dagegen in der Stichprobe Gruppen gleicher
Bedingungen, so wird ein großer Teil der vorhandenen Varianz durch die Grup-
pierung entfernt, womit die ermittelten gruppenbezogenen Schätzungen der
Effektstärke weitaus höher ausfallen. Dies sollte bei der Interpretation der Ergebnisse
berücksichtigt werden. Daher muss bei der Auswertung eine Abschätzung der Signi-
fikanz, aber vor allem auch der Relevanz der erzielten Ergebnisse im Hinblick auf die
Höhe der Zusammenhänge zwischen den untersuchten Variablen erfolgen.
Insbesondere die Effektstärke (Zusammenhangsmaße, Varianzaufklärung etc.)
gewinnt unter dieser Perspektive eine große Bedeutung.
2.3.2 Kreuzvalidierung der Ergebnisse aus verschiedenen Datensätzen
Bei einem Vergleich von Ergebnissen aus verschiedenen Stichproben besteht das
Problem, dass einzelne Items zunächst aufgrund der unterschiedlichen Operationa-
lisierung schlecht vergleichbar sind. Der schlichte Vergleich von Häufigkeiten oder
Zusammenhangsmaßen in den verschiedenen Stichproben kann unter bestimmten
Bedingungen aufschlussreich sein, ist aber nicht abgesichert, sodass keine Aussage
über die Relevanz eventueller Unterschiede getätigt werden kann. Solche Punkt-
schätzungen unterscheiden sich, wie oben beschrieben, ganz erheblich in
Abhängigkeit von der verwendeten Methode, der Fragestellungen und Operationa-
lisierungen. Die Ermittlung struktureller Zusammenhänge hingegen ist sehr gut
geeignet, um stichprobenübergreifende Vergleiche vorzunehmen. Dabei sollte von
der Operationalisierung der zu untersuchenden Variablen abstrahiert werden.
Anstelle der gemessenen Variablen sollten die dahinter liegenden theoretischen
Konstrukte und ihre relationalen Beziehungen untersucht werden. Mit der Redu-
zierung der abhängigen Variablen auf ihre latenten Konstrukte durch die Faktoren-
analysen konnte ein Schritt in diese Richtung getan werden.
Wenn mehrere Male Daten mit derselben Methode und Operationalisierung der
interessierenden Konstrukte erhoben und jeweils gleiche Ergebnisse produziert
werden, so ist dies nicht überraschend. Wenn jedoch in den hier verwendeten
verschiedenen Stichproben, die mit unterschiedlichen Methoden (persönliche
Interviews, Fragebögen, Telefoninterviews) zu verschiedenen Zeitpunkten (im Jahr
2000, 2004, 2005 und 2006) und mit unterschiedlicher Operationalisierung erfasst
wurden, strukturell gleichartige Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und
gesundheitlichen sowie sozialen Beeinträchtigungen nachgewiesen werden können,
52
so bedeutet dies eine substantielle Erhöhung der Validität und Generalisierbarkeit
der Ergebnisse (vgl. SHADISH et al., 2002).
Eine Möglichkeit für den Vergleich struktureller Zusammenhänge in unter-
schiedlichen Stichproben stellt die Methode des Vergleichs von Regressions-
koeffizienten dar. Es liegt folgende Formel zur Berechnung einer einfachen linearen
Regression zugrunde:
ŷi = a + bxi
Die Parameter xi sind die verschiedenen Ausprägungen der unabhängigen Variable,
die Schätzer ŷi stellen die zugehörigen Werte auf der ermittelten Regressionsgerade
dar. Der Parameter a gibt den Schnittpunkt der Gerade mit der Y-Achse an, der
Parameter b (der Regressionskoeffizient) bestimmt die Steigung der Geraden (vgl.
z. B. BORTZ, 2005).
Beim Vergleich von zwei Regressionsgeraden werden in den zu vergleichenden
Stichproben Regressionen der (gleichen) abhängigen auf die unabhängigen
Variablen gerechnet. Anschließend werden die Regressionskoeffizienten b1 und b2
aus den Regressionsgeraden mittels t-Test auf Unterschiedlichkeit getestet
(WEBER, 1972). In der vorliegenden Untersuchung war dieses Vorgehen möglich,
da in allen vier Datensätzen standardisierte Faktoren für die gesundheitlichen
Beschwerden sowie – in den europäischen Befragungen – für die Ausübung
außerberuflicher Aktivitäten gezogen worden waren und die Zusammenhänge
zwischen der Arbeitsdauer und den Beeinträchtigungen auf einer vergleichbaren
Skala dargestellt werden konnten.
Das Vorgehen beim Vergleich von Regressionskoeffizienten ist derart, dass zunächst
die Differenz der interessierenden Koeffizienten b1 und b2 berechnet und diese
anschließend durch die theoretische Standardabweichung der Differenz sd geteilt
wird. Damit erhält man die Prüfgröße
Die Nullhypothese H0: b1 = b2 muss abgelehnt werden, wenn t ≥ t(α,f). Dies bedeutet,
dass die Steigungen der Regressionsgeraden signifikant voneinander verschieden
sind. Kann die Nullhypothese jedoch nicht verworfen werden, so deutet dies auf
strukturell gleichartige Zusammenhänge hin.
Als weitere Indikatoren für die Übereinstimmung der Strukturen in den verschiedenen
Stichproben wurden zum einen die Korrelationskoeffizienten und zum anderen die
aufgeklärte Varianz durch die signifikanten Haupteffekte in den Varianzanalysen
herangezogen und auf ihre Übereinstimmung überprüft. Weiterhin wurden die
signifikanten unabhängigen Variablen in den logistischen Regressionen verglichen
sowie die strukturelle Übereinstimmung ihrer Effektstärke (der Odds Ratios) geprüft.
.
21
d
sbb
t−
=
53
3 Vergleich der Stichprobenmerkmale und
Ergebnisse der Voruntersuchungen
Für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeits-
dauer und gesundheitlichen sowie sozialen Beeinträchtigungen der Beschäftigten
wurden zwei deutsche und zwei europäische Stichproben verwendet. Diese sowie
die in den europäischen Stichproben enthaltenen deutschen Teilstichproben sind zur
Übersicht noch einmal in Tab. 3.1 aufgeführt (in allen Stichproben wurden nur die
Daten der abhängig Beschäftigten verwendet, vgl. Abschnitt 2.1). Die Daten aus BB
2006 sind nach dem Mikrozensus gewichtet, die anderen verwendeten Umfragen
sind nicht gewichtet. Es gibt in den europäischen Umfragen zwar die Möglichkeit zur
Gewichtung für die Basis der EU 15 Länder, allerdings keine für Deutschland, sodass
zur besseren Vergleichbarkeit die Gewich-tung von vornherein nicht verwendet
wurde. In einer kurzen Testauswertung der BB 2006 in gewichteter und nicht
gewichteter Form wurde festgestellt, dass die Ergebnisse weder strukturell noch
numerisch bedeutsam durch die Gewichtung verändert wurden, daher wurde den
Empfehlungen der Autoren der Umfrage gefolgt, die Gewichtung beizubehalten.
Tab. 3.1 Kennzeichen der verwendeten Stichproben
Befragung Herkunft,
Jahr N Notation Stichproben-
Beschreibung
und Quelle
“Was ist Gute Arbeit?” DE
2004 3996 GA 2004 Fuchs (2006)
BIBB/BAuA
Erwerbstätigenbefragung DE
2006 17 767 BB 2006 BIBB/BAuA (2006)
3. Europäische Umfrage
über die
Arbeitsbedingungen
EU 15
2000 17 910 EU 2000 (EU 15) Merllié & Paoli
(2002)
Deutsche
Substichprobe DE
2000 1325 EU 2000 (DE)
4. Europäische Umfrage
über die
Arbeitsbedingungen
EU 15
2005 12 288 EU 2005 (EU 15) Parent-Thirion
et al. (2008)
Deutsche
Substichprobe DE
2005 904 EU 2005 (DE)
Mit der Betrachtung der deskriptiven Ergebnisse können Gemeinsamkeiten und
Unterschiede der Verteilungen der interessierenden Variablen in den einzelnen
Datensätzen ermittelt werden und Schlüsse auf die Vergleichbarkeit der Stichproben
gezogen werden.
Wie in Abb. 3.1 zu erkennen ist, sind die Verteilungen von Männern und Frauen in
allen Stichproben ähnlich, mit einer leichten Überrepräsentation der Männer. Die
einzige Ausnahme bildet EU 2005 (EU 15), in der die Frauen etwas stärker
repräsentiert sind.
54
Abb. 3.1 Verteilung von Männern und Frauen
Abb. 3.2 Verteilung der Altersgruppen
Die Verteilung der Altersgruppen (siehe Abb. 3.2) ist über die verwendeten Stich-
proben hinweg etwas weniger homogen als die Verteilung des Geschlechts. So sind
zwar in allen Befragungen die mittleren Altersgruppen zwischen 25 und 54 Jahren
am häufigsten vertreten, die jüngste Altersgruppe ist allerdings mit 4 bis 6 % der
Personen in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 wesentlich geringer
besetzt als mit 10 bis 13 % in den europäischen Stichproben (inkl. der deutschen
Substichproben). Die Gruppe der ältesten Befragten ist in den vier deutschen
Stichproben mit etwa 11 % ähnlich stark besetzt, hier bilden die EU 15-Stichproben
eine Ausnahme, die sich mit 13 bzw. 8 % leicht unterscheiden. Die unterschiedlichen
Häufigkeitsverteilungen der Altersgruppen sind etwas überraschend, da alle verwen-
55
deten Stichproben als repräsentativ gelten und dennoch z. T. erhebliche Unter-
schiede aufweisen. Das gemittelte Alter weist mit einer Spannweite von etwa 3,3
Jahren (37,9 bis 41,4 Jahre) ebenfalls Unterschiede zwischen den Stichproben auf.
Mittels Varianzanalyse mit der Stichprobe als unabhängiger und dem mittleren Alter
als abhängiger Variable und anschließendem Post-Hoc Scheffé-Test lassen sich die
in Tab. 3.2 dargestellten signifikanten Unterschiede bezüglich des Alters zeigen (hier
wie auch in allen folgenden Analysen gilt p < 0,05, es sei denn, Abweichungen
werden angegeben).
Tab. 3.2 Signifikante Unterschiede des mittleren Alters zwischen den Stichproben
BB 2006 GA 2004 EU 2005
(DE) EU 2000
(DE) EU 2005
(EU 15) EU 2000
(EU 15)
BB 2006 - n. s. n. s. ** ** **
GA 2004 - n. s. ** ** **
EU 2005
(DE) - n. s. n. s. **
EU 2000
(DE) - n. s. **
EU 2005
(EU 15) - **
EU 2000
(EU 15) -
** signifikanter Unterschied
Der Familienstand und die Häufigkeit der Angabe „Kinder im Haushalt“ sind in Tab.
3.3 dargestellt. Die Angaben zum Familienstand stimmen in beiden deutschen
Stichproben BB 2006 und EU 2000 (DE) recht gut überein. Aufgrund der fehlenden
Erhebung des Familienstandes in GA 2004 und EU 2005 sind weitere stichproben-
übergreifende Vergleiche leider kaum möglich.
Problematisch ist weiterhin auch der Vergleich der Angaben zu Kindern im Haushalt,
da die Erhebung dieser Information in den einzelnen Stichproben sehr unter-
schiedlich war (siehe Abschnitt 2.2.2.1). Tendenziell sind auch für dieses Merkmal
Unterschiede zwischen den Stichproben zu erkennen. So geben in BB 2006 ca. die
Hälfte der Personen an, Kinder unter 16 Jahren im Haushalt zu haben, wohingegen
es in GA 2004 nur etwa 38 % der Befragten sind. Obwohl die Ermittlung von Kindern
im Haushalt zwischen EU 2000 und EU 2005 verändert wurde, zeigen sich hier
wiederum recht ähnliche Ergebnisse (siehe Tab. 3.3).
56
Tab. 3.3 Familienstand und Kinder (Angaben in %)
Stichprobe verheiratet ledig geschieden verwitwet
Kinder i.
Haushalt
BB 2006 59,5 30,3 8,5 1,5 50,6(**)
GA 2004 - - - - 37,9(**)
EU 2005 (DE) - - - - 31,6
EU 2000 (DE) 57,4 30,0 8,6 2,4 34,3(*)
EU 2005 (EU 15) - - - - 47,5
EU 2000 (EU 15) 53,5 26,2 6,1 1,5 43,0(*)
(*) Kinder unter 15 Jahren
(**) Kinder unter 16 Jahren
Tab. 3.4 Vergleich der Bildungsabschlüsse (Angaben in %)
Stichprobe Haupt-/
Volksschule(*)Realschule,
POS(**)
Fach-/
Hochschul-
reife, Abitur,
EOS Hochschule/
Promotion
BB 2006 31,2 36,3 29,4 k. A.
GA 2004 26,6 44,6 30,0 k. A.
EU 2005 (DE) 2,2 26,8 54,6 16,0
EU 2000 (DE) - - - -
EU 2005 (EU 15) 6,9 16,3 46,2 29,3
EU 2000 (EU 15) - - - -
(*) in ISCED „primary education“, entspricht Grundschule
(**) in ISCED „Sekundarstufe I“
In Tab. 3.4 sind die Häufigkeiten der höchsten Bildungsabschlüsse der Befragten
aufgeführt. Die Vergleichbarkeit der Fragestellungen in den Stichproben ist leider
auch hier eingeschränkt, da die Kodierung der Abschlüsse in den einzelnen
Befragungen recht unterschiedlich war. In EU 2005 wurde die International Standard
Classification of Education (ISCED) zur Erhebung des Bildungsstandes verwendet.
Die Gruppen der Bildungsabschlüsse nach ISCED sind mit den deutschen
Abschlüssen nicht ohne weiteres vergleichbar, da nicht nach Schularten, sondern
nach Bildungsstufen gruppiert wird. Zu Vergleichszwecken wurde eine Einteilung der
ISCED-Levels in Kategorien des deutschen Bildungssystems vorgenommen, deren
Entsprechung in Tab. 3.4 gesondert vermerkt wurde. Es ist zu vermuten, dass die
große Anzahl der Personen mit einem hohen Bildungsabschluss in den EU 2005
Stichproben daher stammt, dass in ihnen auch Ausbildungsgänge enthalten sind, die
in Deutschland nicht in der Kategorie „Fachhochschulreife/Abitur/EOS“ erfasst
werden. Während in BB 2006 und GA 2004 knapp 70 % der Befragten angaben,
entweder einen Real- oder Hauptschulabschluss zu besitzen, sind es in EU 2005
(EU 15) nur 26,8 % bzw. in EU 2005 (DE) nur 16,3 %, deren höchster Bildungs-
abschluss im Bereich SEK I angesiedelt ist. Dagegen geben mit 46 bis 55 % in den
europäischen Befragungen wesentlich mehr Personen an, die Fachhochschulreife
57
oder Abitur (SEK II) zu besitzen. In EU 2005 wurde weiterhin nach Hochschul-
abschlüssen gefragt, die in BB 2006 und GA 2004 nicht erhoben wurden.
Die Verteilung der Berufsgruppen wurde in allen Befragungen außer GA 2004 mit
Hilfe der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO-88 COM) bestimmt.
In Tab. 3.5 sind die Verteilungen der Berufsgruppen in den deutschen und
europäischen Stichproben aufgeführt. Wie zu erkennen ist, sind die Daten aus BB
2006 sehr verschieden zu den Daten aus den deutschen Stichproben der euro-
päischen Befragungen. Entfernt man die Gewichtung aus BB 2006, so verbessert
sich die Vergleichbarkeit nicht wesentlich. Insbesondere die Gruppe der Wissen-
schaftler und vergleichbaren Berufe (Gruppe 2) ist in BB 2006 im Vergleich zu EU
2005 (DE) und EU 2000 (DE) recht stark besetzt. Unterschiede sind allerdings auch
zwischen den deutschen Substichproben in EU 2005 und EU 2000 zu finden. Dies
wirft die Frage auf, welche der verwendeten deutschen Stichproben denn die
deutsche Bevölkerung am besten repräsentiert, welche davon am meisten abweicht
und aus welchen Gründen. Eine repräsentative Aufstellung der Besetzung der ISCO-
Gruppen in Deutschland konnte jedoch nicht gefunden werden.
Die nicht gewichteten Stichproben aus Europa unterscheiden sich zwar in einigen
Berufsgruppen um maximal 4 % (in den Gruppen 3, 5, 7 und 9), sind aber ansonsten
recht gut vergleichbar.
Bezüglich der dargestellten demografischen Merkmale der Befragten konnten damit
zum Teil ähnliche Verteilungen, teilweise aber auch erhebliche Abweichungen
zwischen den verwendeten Stichproben festgestellt werden, insbesondere die
Berufsgruppen betreffend. Dies ist gerade aufgrund der postulierten Repräsentativität
aller Umfragen überraschend. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass durch die
Entfernung der selbstständigen Erwerbstätigen eine Veränderung der Verteilungen
ausgelöst wurde, da auch die Stichproben der abhängig Beschäftigten repräsentativ
sein sollten. Über die genauen Ursachen der Unterschiede zwischen den
Stichproben könnte daher nur spekuliert werden. Es wird deutlich, dass sich die
vorliegenden Daten für Punktschätzungen kaum eignen dürften, da trotz der
Repräsentativität zu große Unterschiede bestehen. Für die weiteren Analysen
bedeutet dies aber zunächst keine speziellen Einschränkungen, da die Absicht darin
besteht, strukturelle Beziehungen zu untersuchen, die sich auch von einem
unterschiedlichen Ausgangsniveau aus nicht wesentlich unterscheiden sollten.
Allerdings sollten die Unterschiede zwischen den Stichproben bei der Interpretation
der Ergebnisse im Hinterkopf behalten werden.
58
Tab. 3.5 Berufsgruppen nach ISCO-88 COM in allen Stichproben
(Angaben in %)
59
3.1 Verteilung der Arbeitsdauer und weiterer Arbeitszeitmerk-
male
Die zentrale unabhängige Variable in der vorliegenden Untersuchung ist die Dauer
der berichteten tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit, die kontinuierlich erhoben
und für die weiteren Analysen in zwölf Gruppen aufgeteilt wurde. In Abb. 3.3 ist die
Verteilung der gruppierten tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit vergleichend über
alle sechs Stichproben dargestellt. Die Angaben aus den Befragungen unterscheiden
sich dabei im Bereich der Vollzeitbeschäftigung: In EU 2000 und EU 2005 geben die
Erwerbstätigen häufiger als in BB 2006 und GA 2004 an, zwischen 35 und 39
Stunden pro Woche zu arbeiten. Dies gilt sowohl für die deutschen als auch für die
EU 15-Substichproben. Weiterhin sind die Gruppen der Zeitbereiche von mehr als 45
Stunden in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 stärker besetzt als in
den europäischen Daten. In BB 2006 und GA 2004 arbeiten insgesamt etwas über
70 % der Personen unter 45 Wochenstunden, wohingegen es in den EU
Befragungen knapp 90 % sind. Die Unterschiede resultieren dabei allein aus der
Verteilung der Personen im Vollzeitbereich, da im Teilzeitbereich von unter 35
Stunden kaum Unterschiede zwischen den Stichproben auftreten.
In den deutschen Substichproben der EU Befragungen ist eine Veränderung
zwischen den Jahren 2000 und 2005 zu erkennen, insofern dass sich die Angaben
im Vollzeitbereich im Jahr 2005 etwas an die Angaben aus BB 2006 und GA 2004
angenähert haben. Ob dies am Untersuchungszeitpunkt oder an der Stichprobe liegt,
kann hier nicht ermittelt werden. Die Verteilung der Beschäftigten auf die Arbeits-
zeitgruppen in den europäischen (EU 15) Daten aus 2000 und 2005 ähneln sich
dagegen überaus stark.
Abb. 3.3 Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit in sechs Stichproben
Die in Abb. 3.3 dargestellten prozentualen Werte sind in Tab. 3.6 als absolute
Häufigkeiten dargestellt. Wie zu erkennen ist, brechen die Zellenbesetzungen der
Gruppen mit Arbeitszeiten von über 55 Wochenstunden in den kleineren Stichproben
EU 2000 (DE) und EU 2005 (DE) zusammen. In den anderen Stichproben hingegen
60
befindet sich auch in den Gruppen mit sehr langen Arbeitszeiten eine ausreichende
Anzahl von Beschäftigten, sodass statistische Analysen durchgeführt werden
können.
Tab. 3.6 Besetzung der Arbeitszeitgruppen in sechs Stichproben
Std. /
Woche BB 2006 EU 2005
(DE) GA 2004 EU 2000
(DE) EU 2005
(EU 15) EU 2000
(EU 15)
<15 799 24 137 70 487 700
15-19 624 24 116 34 372 591
20-24 1128 49 256 79 900 1215
25-29 696 25 169 53 442 531
30-34 1055 41 210 57 925 1375
35-39 2635 279 477 485 3701 5324
40-44 5911 351 1327 409 3885 5689
45-49 2227 59 572 54 753 1010
50-54 1399 36 311 39 457 716
55-59 389 6 90 8 128 177
60-64 483 8 120 14 145 280
≥65 353 2 66 10 86 213
Die mittleren Wochenarbeitszeiten aller abhängig Beschäftigten sowie der Stichprobe
der Vollzeitbeschäftigten (≥ 35 Stunden) sind in Tab. 3.7 dargestellt. Wie sich bereits
in Abb. 3.3 andeutet, unterscheiden sich die mittleren Arbeitszeiten zwischen den
sechs Befragungen. Zum einen sind in BB 2006 und GA 2004 mit 43,8 bzw. 44,4
Stunden wesentlich höhere Durchschnittszeiten zu verzeichnen als in den euro-
päischen Befragungen mit 40,4 bis 41,2 Stunden. Zum anderen gibt es Unterschiede
in der zeitlichen Entwicklung. Auf europäischer Ebene sind die Arbeitszeiten der
abhängig Beschäftigten sowohl in den gesamten als auch in den Vollzeitstichproben
zwischen 2000 und 2005 tendenziell um ca. eine halbe Stunde gesunken. Die
Arbeitszeiten aller abhängig Beschäftigten in den deutschen Substichproben sind um
etwa eine Stunde angestiegen, wohingegen im Vollzeitbereich keine Veränderung
zwischen 2000 und 2005 sichtbar wird. Die Trends scheinen damit in Europa und
Deutschland gegenläufig zu sein. In einer Varianzanalyse mit einem anschließenden
Post-hoc Scheffé-Test mit der Stichprobe als unabhängiger und der mittleren
Arbeitsdauer (aller abhängig Beschäftigter) als abhängiger Variable lässt sich zeigen,
dass sich die tatsächliche Arbeitszeit nur in EU 2000 (DE) signifikant von den
anderen deutschen Stichproben unterscheidet. Die europäischen Stichproben
unterscheiden sich dagegen sowohl untereinander als auch von BB 2006, GA 2004
und EU 2000 (DE) bezüglich der mittleren Arbeitsdauer (siehe Tab. 3.8).
61
Tab. 3.7 Mittlere tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden
Stichprobe Alle abhängig
Beschäftigten
Abhängig
Beschäftigte
in Vollzeit
BB 2006 38,4 43,8
GA 2004 39,3 44,4
EU 2005 (DE) 37,1 40,4
EU 2000 (DE) 36,0 40,4
EU 2005 (EU 15) 36,0 40,7
EU 2000 (EU 15) 36,5 41,2
Tab. 3.8 Signifikante Unterschiede der mittleren Arbeitsdauer zwischen den Stich-
proben, alle abhängig Beschäftigten
BB 2006 GA 2004 EU 2005
(DE) EU 2000
(DE) EU 2005
(EU 15) EU 2000
(EU 15)
BB 2006 - n. s. n. s. ** ** **
GA 2004 - n. s. ** ** n. s.
EU 2005 (DE) - ** n. s. n. s.
EU 2000 (DE) - ** **
EU 2005 (EU 15) - **
EU 2000 (EU 15) -
** signifikanter Unterschied
Die hier ermittelten durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten entsprechen nicht
unbedingt den Angaben an anderer Stelle (z. B. LEHNDORFF, 2003), die
beispielsweise für das Jahr 2002 in Deutschland eine durchschnittliche wöchentliche
Arbeitszeit von 39,9 Stunden pro Woche für Personen in Vollzeitbeschäftigung
berichten (2006 waren es 40,3 Stunden, siehe LEHNDORFF, 2009). Alle Daten aus
den vorliegenden Untersuchungen übersteigen diese Werte deutlich, obwohl es sich
prinzipiell um vergleichbare Stichproben der abhängig Beschäftigten handelt.
Selbstständige weisen erfahrungsgemäß noch einmal höhere durchschnittliche
Wochenarbeitszeiten auf.
Den tatsächlichen Arbeitszeiten sind in Tab. 3.9 die mittleren vereinbarten
Arbeitszeiten aus den Stichproben BB 2006 und GA 2004 gegenübergestellt (in den
EU Befragungen wurde die vereinbarte Wochenarbeitszeit nicht erhoben). Dabei
wurden nur Personen einbezogen, welche eine vereinbarte Arbeitszeit angegeben
haben. Die Differenz zwischen vereinbarter und durchschnittlich tatsächlich
gearbeiteter Arbeitszeit beträgt etwa 4 Stunden pro Woche für alle abhängig
Beschäftigten. Die vereinbarten und tatsächlichen Arbeitszeiten der Vollzeit-
beschäftigten weichen hingegen sogar um etwa 5 Stunden pro Woche voneinander
ab. Im Abschnitt 1.1 wurde bereits eine Differenz von 3,5 Stunden zwischen der
tarifvertraglichen und der tatsächlichen Wochenarbeitszeit in Deutschland im Jahr
2007 ermittelt. Da die vereinbarten Arbeitszeiten immer etwas über den tariflichen
62
Durchschnittsarbeitszeiten liegen, sollte diese Differenz kleiner als 3,5 Stunden sein.
Tatsächlich scheinen sich aus den vorliegenden Daten jedoch größere Differenzen
als bereits bekannt zu ergeben. Diese Ergebnisse unterstützen die Entscheidung, die
tatsächlich gearbeiteten Stunden als unabhängige Variable zu verwenden, da die
vereinbarte Arbeitszeit nicht aussagekräftig für die reale Arbeitsdauer zu sein
scheint.
Tab. 3.9 Mittlere vereinbarte und tatsächliche Arbeitszeit in Stunden, nur
Personen mit vereinbarter Wochenarbeitszeit
Alle abhängig
Beschäftigten Abhängig Beschäftigte
in Vollzeit
Stichprobe BB 2006 GA 2004 BB 2006 GA 2004
vereinbarte AZ 34,4 34,8 38,5 38,7
tatsächliche AZ 38,3 39,2 43,4 43,7
Differenz 3,9 4,4 4,9 5,0
Ein weiterer Indikator für die Dauer der Arbeitszeit, der in den europäischen
Befragungen erhoben wurde, ist die Häufigkeit von Tagen mit mehr als 10 Stunden
Arbeitszeit. In EU 2000 (EU 15) geben insgesamt 70,2 % der Befragten an, nie mehr
als 10 Std. pro Tag zu arbeiten, wohingegen im Jahr 2005 mit 67,8 % die Anzahl
etwas zurückgegangen ist. In den deutschen Substichproben arbeiten 74,5 % in EU
2000 und 70,4 % in EU 2005 nie mehr als 10 Stunden täglich. Der Anteil von
Personen mit langen täglichen Arbeitszeiten erscheint mit etwa einem Drittel aller
(abhängig!) Beschäftigten nicht unbedeutend. Leider wurde nicht erhoben, inwieweit
diese verlängerte Arbeitszeit ausgeglichen wird und ob es sich dabei um geplante
oder ungeplante, d. h. durch Mehrarbeit verursachte, lange Arbeitstage handelt.
In BB 2006 wurde weiterhin nach der Anzahl der Überstunden im letzten Monat und
in GA 2004 nach der durchschnittlichen Anzahl von Überstunden pro Woche gefragt.
Dadurch ist die Vergleichbarkeit dieser Angaben leider eingeschränkt. Im Mittel
gaben die Erwerbstätigen in BB 2006 an, 17,4 Überstunden im letzten Monat
geleistet zu haben (SD = 20,9). In GA 2004 berichteten die Befragten im Mittel 5,1
Überstunden pro Woche (SD = 4,5), sodass durchschnittlich etwa 20 Überstunden
pro Monat geleistet werden. Diese Angaben stimmen in etwa mit der berechneten
Differenz zwischen tatsächlicher und vereinbarter wöchentlicher Arbeitszeit in diesen
Stichproben überein. Die hohen Standardabweichungen kommen durch eine stark
linksschiefe Verteilung zustande, da eine sehr große Anzahl von Überstunden nur
von sehr wenigen Befragten angegeben wird.
Neben der Dauer der Arbeitszeit sind weitere Arbeitszeitmerkmale von Relevanz für
die Untersuchung der vorliegenden Fragestellungen, daher soll das Vorkommen
dieser Merkmale in den verwendeten Stichproben im Folgenden dargestellt werden.
63
Abb. 3.4 Häufigkeit von Schicht- und Nachtarbeit
In Abb. 3.4 ist zu erkennen, dass sich die Häufigkeit von Nacht- und Schichtarbeit
zwischen den Stichproben unterscheidet. In den europäischen Befragungen geben
zwischen 15 und 17 % der Beschäftigten an, mind. 1x pro Monat nachts zu arbeiten.
In GA 2004 (27 %) und in BB 2006 (23 %) findet dagegen häufiger Nachtarbeit statt.
Die Häufigkeit der Angabe „Schichtarbeit“ liegt in den europäischen Umfragen und
GA 2004 bei knapp 20 %, wohingegen in BB 2006 mit etwa 27 % deutlich mehr
Erwerbstätige angeben, in Schichtarbeit beschäftigt zu sein. Auffällig ist weiterhin,
dass einzig in GA 2004 die Befragten häufiger angeben nachts zu arbeiten als in
Schichtarbeit. Es ist möglich, dass dies aus der Formulierung der Frage zur
Schichtarbeit resultiert, die in GA 2004 von den anderen Befragungen abweicht
(siehe Tab. 2.1 auf S. 47). Die Ergebnisse der EU-Befragungen gleichen sich
dagegen recht gut. Leichte Unterschiede können eventuell daraus resultieren, dass
in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 die Nachtarbeit als zwischen
23 und 5 Uhr liegend definiert ist, in den europäischen Umfragen dagegen als
zwischen 22 und 5 Uhr gelegen.
Weiterhin wurde erhoben, wie viele der Befragten an Abenden, Samstagen und
Sonntagen arbeiten. Wie in Abb. 3.5 dargestellt ist, weichen auch bei diesen
Angaben die Ergebnisse aus den verschiedenen Datensätzen deutlich voneinander
ab. In EU 2000 und EU 2005 geben 35 bis 40 % der Befragten an, abends zu
arbeiten, wohingegen es in GA 2004 knapp 65 % der Beschäftigten sind. (Die
Variable „Arbeit an Abenden“ wurde in BB 2006 nicht erhoben.) Die Angaben zur
Arbeit an Samstagen sind ebenfalls unterschiedlich. So berichten in BB 2006 und GA
2004 über 65 % der Befragten, samstags zu arbeiten. In den europäischen Stich-
proben (EU 15) sind dies dagegen nur knapp über 40 %, und in den deutschen
Substichproben (DE) ist ein leichter Anstieg von 45 % im Jahr 2000 auf etwas über
50 % in 2005 zu verzeichnen. Mit ca. 40 % geben in BB 2006 und GA 2004 etwa
doppelt so viele Personen an, sonntags zu arbeiten, wie in den europäischen
Befragungen. Die deutschen Substichproben der europäischen Befragungen weisen
dabei niedrigere Werte auf als die EU 15-Stichproben und unterscheiden sich damit
64
in hohem Maße von den deutschen Erhebungen GA 2004 und BB 2006. Trotz der
erkennbaren Unterschiede der absoluten Häufigkeiten ist hier deutlich erkennbar,
dass Arbeit zu potenziell sozial ungünstigen Zeitpunkten für einen großen Teil der
Erwerbsbevölkerung normal ist.
Abb. 3.5 Häufigkeit von Arbeit an Abenden, Samstagen und Sonntagen
Die Angaben zur Arbeit in festen Start- und Endzeiten, die in allen Befragungen
außer GA 2004 erhoben wurden, gleichen sich recht gut. Es geben in allen
Stichproben etwa 70 % der Beschäftigten an, in regelmäßigen Start- und Endzeiten
zu arbeiten.
In den europäischen Umfragen wurde weiterhin die Variable „gleiche Anzahl Stunden
pro Tag“ als Indikator für die Variabilität der Arbeitszeit erhoben. In den EU 15- und
DE-Stichproben arbeiten in allen vier Stichproben zwischen 61 und 62 % der
Erwerbstätigen in regelmäßigen täglichen Arbeitszeiten. Dies hat sich zwischen 2000
und 2005 nicht geändert.
Der Einfluss der Beschäftigten auf die Arbeitszeitgestaltung wurde in allen
Erhebungen außer BB 2006 abgefragt. In den europäischen Befragungen wurde die
Fragestellung umgestellt von „Einfluss auf die Arbeitszeiten“ („ja“ oder „nein“) in 2000
zu „Wie werden Ihre Arbeitszeiten festgelegt?“ (mit den Antwortmöglichkeiten „durch
den Betrieb ohne Möglichkeit zur Änderung“, „Auswahl zwischen verschiedenen
festen Plänen“, „teilweise selbstbestimmt“ und „vollständig selbstbestimmt“) in 2005.
In EU 2000 und 2005 (jeweils EU 15 und DE) geben etwa 60 % der Befragten an,
keinen Einfluss auf ihre Arbeitszeiten zu haben bzw. in vollständig durch den Betrieb
festgelegten Arbeitszeiten zu arbeiten. In GA 2004 berichten 40 % der Beschäftigten
„gar keinen“ und 27,7 % „in geringem Maße“ Einfluss auf ihre Arbeitszeiten zu
haben. Leider sind aufgrund der unterschiedlichen Fragestellungen in den
Befragungen weder Vergleiche zwischen Deutschland und der EU, noch genaue
Aussagen über die Entwicklung über die Zeit zwischen 2000 und 2005 möglich. Es
scheinen jedoch in allen Erhebungen die fremdbestimmten Arbeitszeiten zu
65
dominieren, da in allen Stichproben etwa 60 % der Befragten angeben, keinen oder
nur einen sehr geringen Einfluss auf ihre Arbeitszeiten zu haben.
Wie aus den obigen Darstellungen deutlich wird, sind die Angaben der Befragten
bezüglich ihrer Arbeitszeitsysteme in den verschiedenen Datensätzen teilweise
unterschiedlich. Die Abweichungen der tatsächlichen von der vereinbarten
wöchentlichen Arbeitszeit sind sehr hoch und übertreffen sogar bisherige
Schätzungen. Verschiebungen der Lage der Arbeitszeiten in die Nacht, Abende oder
Wochenenden sind bei vielen der Befragten die Regel, auch wenn sich diesbezüglich
je nach Erhebung große Unterschiede offenbaren. Es erscheint daher wichtig, diese
Merkmale der Arbeitszeit zu kontrollieren, wenn die Effekte der Dauer der
wöchentlichen Arbeitszeit auf die Gesundheit und das soziale Wohlbefinden der
Beschäftigten untersucht werden sollen. Dies ist mit den recht großen Stichproben in
gewissem Rahmen möglich, ohne ein Zusammenbrechen der Zellbesetzungen zu
riskieren.
3.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschäftigten dienen in den Analysen
als abhängige Variablen und sollen zunächst deskriptiv dargestellt werden. Aufgrund
der Filterfrage in den europäischen Umfragen (siehe Abschnitt 2.2.1) unterscheiden
sich die absoluten Häufigkeiten der einzelnen Beeinträchtigungen, die in Abb. 3.6 bis
Abb. 3.12 aufgeführt sind.
Die Häufigkeiten der berichteten muskulo-skelettalen Beeinträchtigungen sind in
allen Befragungen recht hoch (siehe Abb. 3.6 und Abb. 3.7). Mit einer Prävalenz von
40 bis 60 % werden besonders häufig Nacken-, Schultern-, Rücken- und
Kreuzschmerzen genannt. In BB 2006 und GA 2004 scheint das Beschwerdeniveau
einer ähnlichen Struktur zu unterliegen, wobei in GA 2004 mehr Beschwerden des
Oberkörpers und weniger der Extremitäten genannt werden als in BB 2006 (siehe
Abb. 3.6).
Aufgrund einer Umstellung der Fragen zwischen EU 2000 und 2005 wurden die
Muskel-Skelett-Beschwerden in 2005 nicht mehr detailliert, sondern nur noch in Form
von „Rückenschmerzen“ und „Muskelschmerzen“ erhoben, was Vergleiche der
einzelnen Variablen mit EU 2000 problematisch macht. Insgesamt geben in den
europäischen Befragungen mit 20 bis 30 % der Befragten deutlich weniger Personen
an, unter Rücken- bzw. Nackenschmerzen zu leiden, als in BB 2006 und GA 2004.
Die Erwerbstätigen in den deutschen Substichproben der europäischen Befragungen
geben tendenziell weniger Muskel-Skelett-Beschwerden an als die Befragten in den
EU 15-Stichproben (vgl. Abb. 3.7). Die Zahl der arbeitsbedingten Verletzungen
scheint seit dem Jahr 2000 leicht angestiegen zu sein.
66
Abb. 3.6 Muskel-Skelett-Beschwerden in BB 2006 und GA 2004
Abb. 3.7 Muskel-Skelett-Beschwerden in den europäischen Befragungen
Eine weitere Beschwerdegruppe stellen die psychovegetativen Beeinträchtigungen
dar, deren Häufigkeiten in Abb. 3.8 und Abb. 3.9 aufgeführt sind. Diese Beschwerden
bilden eine etwas homogenere Verteilung über die verschiedenen Datensätze als die
muskulo-skelettalen Beeinträchtigungen.
67
Abb. 3.8 Psychovegetative Beschwerden in BB 2006 und GA 2004
Abb. 3.9 Psychovegetative Beschwerden in den europäischen Befragungen
Die Häufigkeitsverteilungen der psychovegetativen Beeinträchtigungen in BB 2006
und GA 2004 (Abb. 3.8) stimmen tendenziell gut überein: An häufigster Stelle werden
allgemeine Erschöpfung (40 %) und Kopfschmerzen (30 bis 38 %) genannt, gefolgt
von Nervosität (28 %) und Schlafstörungen (20 %). Die hohe Angespanntheit wurde
nur in GA 2004 abgefragt, und nimmt ebenfalls einen Spitzenplatz ein.
Bemerkenswert erscheint die recht hohe Prävalenz von Herzbeschwerden mit über
5 %.
68
Wie in Abb. 3.9 dargestellt ist, wird in den europäischen Befragungen Stress bei
weitem am häufigsten genannt, jedoch ist dieser Ausdruck etwas unspezifisch und
besitzt möglicherweise nicht in allen Ländern die gleiche Bedeutung (vgl. RÄDIKER,
2005). Nach dem berichteten Stress folgen genau wie in BB 2006 und GA 2004 die
häufig genannten Beschwerden Erschöpfung (10 bis 15 %), Kopfschmerzen (knapp
15 %), Nervosität (5 bis 10 %) und Schlafstörungen (ca. 7 %). Es fällt auf, dass in
den DE-Substichproben tendenziell weniger Beeinträchtigungen genannt werden, als
in den EU 15-Stichproben. Weiterhin scheinen in der EU 2005 (DE) Stichprobe
weniger Beeinträchtigungen berichtet zu werden, als in EU 2000 (DE). In den EU 15-
Stichproben hingegen hat zwischen 2000 und 2005 die Häufigkeit einiger
Beschwerden zu- und die anderer abgenommen, sodass kein klarer Trend erkenn-
bar ist.
Beschwerden, die sich nicht in die Gruppen der muskulo-skelettalen oder psycho-
vegetativen Beeinträchtigungen einordnen lassen, sind zusammengefasst unter
„andere Beschwerden“ in Abb. 3.10 und Abb. 3.11 dargestellt. Auch hier zeigt sich
ein recht ähnliches Bild in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004.
In Abb. 3.11 ist zu erkennen, dass auch die Häufigkeit der anderen Beschwerden in
den europäischen Befragungen deutlich geringer ist als in BB 2006 und GA 2004. In
den deutschen Substichproben liegen die Beschwerderaten dabei tendenziell etwas
unterhalb des Niveaus der EU 15-Stichproben. Aufgrund des recht niedrigen
allgemeinen Niveaus der Beschwerdehäufigkeit handelt es sich allerdings i. d. R. um
Unterschiede von weniger als 2 %.
69
Abb. 3.10 Andere Beschwerden in BB 2006 und GA 2004
Abb. 3.11 Andere Beschwerden in den europäischen Befragungen
Als neue Variable wurde die Beschwerdefreiheit der Befragten berechnet. Wenn eine
Person angab, unter mindestens einer Beschwerde zu leiden, erhielt er oder sie den
Wert 1, wurde hingegen keine Beschwerde angegeben, den Wert 0. So lässt sich der
mittlere Anteil der Personen ohne Beschwerden ermitteln, der in Abb. 3.12 für die
sechs Stichproben dargestellt ist. Es fällt zunächst auf, dass die Häufigkeit der
Personen ohne Beschwerden mit knapp 20 % in BB 2006 bzw. nur etwa 10 % in GA
2004 sehr gering ist, wohingegen in EU 2005 (DE) fast 80 % der Befragten keine
Beeinträchtigungen berichten. Weiterhin sind große Unterschiede zwischen EU 2000
und EU 2005 zu erkennen, die vermutlich zu einem großen Teil aus der besseren
70
Kodierung der Daten im Jahr 2005 resultieren. In beiden Stichproben aus EU 2000
beträgt die Häufigkeit der Personen ohne Beschwerden etwa 40 %. In EU 2005
hingegen unterscheiden sich die EU 15- und die deutsche Substichprobe deutlich um
etwa 15 %, wobei die Anzahl der beschwerdefreien Personen in EU 2005 (DE) mit
fast 80 % sehr groß erscheint.
Abb. 3.12 Anteil der Personen ohne gesundheitliche Beschwerden
(Beschwerdefreiheit)
Die obige Darstellung der Beschwerdehäufigkeiten in den einzelnen Stichproben soll
einen ersten Überblick über die Verteilungen gewähren. Das Grundrisiko für
gesundheitliche Beschwerden ist offensichtlich in den einzelnen Befragungen sehr
unterschiedlich hoch. Die unterschiedlichen Grundrisiken können aus den Stich-
proben (oder der Stichprobenziehung), der Fragestellung (mit und ohne Filterfrage)
aber auch aus der Anzahl der abgefragten Beschwerden resultieren, da die
Beschwerdefreiheit kleiner wird, je mehr Beschwerden abgefragt werden. Daher
erscheint eine Interpretation der prozentualen Häufigkeiten als absolute Schätzer der
Beeinträchtigungen wenig sinnvoll. Für die Untersuchung der vorliegenden Frage-
stellungen ist jedoch die absolute Häufigkeit der Beschwerden eher nebensächlich,
da die strukturellen Beziehungen zwischen der Arbeitszeit und den Beschwerden von
hauptsächlichem Interesse sind. Unabhängig vom Ausgangsrisiko lassen sich
Beziehungen und Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und den
Beeinträchtigungen ermitteln, die dann auf ihre strukturelle Ähnlichkeit geprüft
werden können. In den deutschen Daten aus GA 2004 und BB 2006 muss dabei
aufgrund der insgesamt sehr hohen Beschwerdehäufigkeiten (bzw. niedrigen
Beschwerdefreiheit) mit dem Auftreten von Decken- bzw. Bodeneffekten gerechnet
werden. Dies kann dazu führen, dass Regressionsgeraden eine geringe Steigung
(und damit nur schwache Regressionskoeffizienten) erhalten, da nach oben oder
unten nur wenig Spielraum in den Daten vorhanden ist.
Zur besseren Vergleichbarkeit der Strukturen wurden, wie in Abschnitt 2.2.1
beschrieben, mittels Faktorenanalyse drei Faktoren der gesundheitlichen Beein-
71
trächtigungen extrahiert, die z-standardisiert sind und somit strukturelle Vergleiche
verschiedener Stichproben erlauben. Die Faktoren werden mit PVB
(psychovegetative Beschwerden), MSB (Muskel-Skelett-Beschwerden) und Andere
Beschwerden bezeichnet. Der zusätzliche Indikator „Beschwerdefreiheit“ wurde für
die strukturellen Vergleiche ebenfalls z-standardisiert. Die Zusammenhänge
zwischen der Arbeitszeitdauer und den Beschwerdefaktoren sowie der Beein-
trächtigungsfreiheit werden in den folgenden Abschnitten dargestellt und erläutert.
Dabei werden nur die PVB und MSB sowie die Beschwerdefreiheit verwendet, da
aus theoretischen Erwägungen heraus kein bedeutsamer Zusammenhang des
Faktors „Andere Beschwerden“ zur Arbeitsdauer angenommen wird.
3.3 Wöchentliche Arbeitszeit und gesundheitliche
Beschwerden
Als erster Überblick sind in Abb. 3.13 bis Abb. 3.15 die mittleren Faktorwerte der
PVB und MSB (gemittelt über vier Stichproben) sowie die z-transformierte und
ebenfalls über vier Stichproben gemittelte Beschwerdefreiheit in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit dargestellt. Bei der Gruppierung der Arbeitszeit in die
oben dargestellten zwölf Gruppen brechen in den deutschen Substichproben der
europäischen Umfragen die Zellen in den Randgruppen der Beschäftigten mit mehr
als 55 Stunden pro Woche zusammen. Aufgrund der daraus resultierenden
statistischen Ungenauigkeit können die DE-Stichproben für diese Darstellung daher
hier nicht mehr verwendet werden.
Wie in Abb. 3.13 deutlich wird, steigen die über alle vier Stichproben gemittelten PVB
mit zunehmender Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit klar an. Dabei ist der Anstieg
der PVB im Teilzeitbereich sehr deutlich erkennbar, nimmt im Vollzeitbereich etwas
ab und wird jenseits von 44 Wochenstunden wieder steiler. Die hinterlegte
Regressionsgerade auf Basis der Gruppenmittelwerte (b = 0,05, R2 = 0.996)
verdeutlicht diesen Trend. Der Regressionskoeffizient b ist recht schwach, die
Regressionsgerade besitzt aber auf Gruppenbasis eine sehr hohe Varianz-
aufklärung, da der Zusammenhang nahezu linear ist. Damit kann als erste Tendenz
festgehalten werden, dass die PVB über alle Befragten und alle Stichproben hinweg
mit der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit zusammenhängen. Wie sich in der
relativ geringen Steigung der Regressionsgeraden andeutet, wirken jedoch auch
andere Einflüsse neben der Arbeitsdauer auf die Höhe der PVB.
Die Angaben in Prozent auf der zweiten Y-Achse bezeichnen den prozentualen
Anteil der Personen, die weniger PVB berichten als die entsprechende
Arbeitszeitgruppe. Das heißt es berichten 54 % der Befragten weniger psycho-
vegetative Beschwerden als die Personen in der Gruppe mit 45-49 Wochenstunden1.
Der Anstieg der PVB von <15 bis ≥65 Stunden entspräche damit einem prozentualen
Zuwachs der Beschwerden um etwa 25 %.
1 Dies ergibt sich daraus, dass die Faktorwerte z-standardisiert normalverteilt sind, und damit jedem z-
Wert auf der x-Achse ein bestimmter Punkt auf der Standardnormalverteilung (der y-Achse)
zugewiesen ist. Die Fläche unter der Normalverteilungskurve bis zu einem bestimmten x-Achsen-
Abschnitt (d. h. dem z-Wert) gibt den prozentualen Anteil der Personen an, die sich bis zu diesem
Punkt unter der Verteilung befinden.
72
Abb. 3.13 PVB aus vier Stichproben (Mittelwert des Faktors und Prozente unter der
Fläche) in Abhängigkeit von der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit
Etwas weniger deutlich sind die Zusammenhänge der MSB zur Dauer der
Arbeitszeit, wie in Abb. 3.14 dargestellt ist. Die über vier Stichproben gemittelten
MSB steigen zunächst bis etwa 49 Stunden pro Woche an, sinken dann wieder auf
den Ausgangswert zurück, um dann sehr deutlich im Bereich zwischen 55 und über
65 Stunden anzusteigen. Die Spannweite der Mittelwerte ist mit etwa 0,3
(vergleichbar mit einem Anstieg um etwa 12 %) niedriger als die der PVB mit etwa
0,6 (entsprechend 25 %). Die Regressionsgerade auf Basis der Gruppenmittelwerte
(b = 0,01, R2 = 0.374) ist weniger steil als die der PVB, zeigt aber trotzdem einen
leichten Anstieg der Beschwerden mit zunehmender Wochenarbeitszeit.
Eine Vermutung ist, dass die Zusammenhänge zwischen den MSB und der
wöchentlichen Arbeitszeit stark konfundiert sind durch weitere Einflüsse, wie etwa die
Art und Intensität der tätigkeitsbezogenen Belastung, wohingegen die PVB
möglicherweise direkter durch die Arbeitsdauer beeinflusst werden. Dadurch können
die über alle Stichproben und Beschäftigten gemittelten Zusammenhänge der MSB
mit der Arbeitsdauer möglicherweise an dieser Stelle nur wenig aussagekräftig sein.
Derartige Konfundierungen werden in den Abschnitten 3.4 und 4.2 aufgegriffen und
analysiert, sodass die hier dargestellten Zusammenhänge nur eine erste Tendenz
darstellen.
73
Abb. 3.14 MSB aus vier Stichproben (Mittelwert des Faktors und Prozente unter der
Fläche) in Abhängigkeit von der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit
Wie oben beschrieben, ist die Beschwerdefreiheit in den verschiedenen Datensätzen
höchst unterschiedlich ausgeprägt. Um dennoch Vergleiche zwischen den
Stichproben vornehmen zu können, wurde die Variable in jeder Stichprobe z-
standardisiert. Gemittelt über alle vier Stichproben zeigt sich dann, dass die
Beschwerdefreiheit deutlich und fast linear mit zunehmender wöchentlicher
Arbeitszeit abnimmt (siehe Abb. 3.15). Die Mittelwerte scheinen sich nahezu reziprok
zu denen der PVB zu verhalten, da die Beschwerdefreiheit – gemessen an den
Prozentwerten – entsprechend um etwa 25 % sinkt. Wiederum verdeutlicht die
Regressionsgerade auf Gruppenmittelwertbasis (b = -0,04) diesen Zusammenhang
mit einer sehr hohen Varianzaufklärung von 91,1 %.
74
Abb. 3.15 Beschwerdefreiheit aus vier Stichproben (Mittelwert der z-Werte und
Prozente unter der Fläche) in Abhängigkeit von der tatsächlichen
wöchentlichen Arbeitszeit
3.4 Untersuchung der potenziell konfundierenden Effekte
Die unabhängige Variable „wöchentliche Arbeitszeit“ ist nicht unabhängig von
anderen die Arbeitssituation beschreibenden Merkmalen. So konnten etwa
Zusammenhänge der wöchentlichen Arbeitszeit mit weiteren Arbeitszeitmerkmalen,
der Belastungsintensität am Arbeitsplatz, aber auch mit biografischen Merkmalen wie
dem Alter oder dem Geschlecht der Befragten ermittelt werden (s. u.). Die Höhe der
berichteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen steht neben der Arbeitszeit-
gestaltung auch mit biografischen Merkmalen der Personen sowie insbesondere mit
der Belastungskonstellation am Arbeitsplatz in Verbindung. Daraus resultieren
potenzielle Konfundierungen der Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und
den gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es ist daher wichtig, zunächst das
Ausmaß potenzieller Konfundierungen zu ermitteln, um die konfundierenden Effekte
anschließend statistisch kontrollieren zu können.
In Tab. 3.10 sind die Korrelationskoeffizienten der wöchentlichen Arbeitszeit mit dem
Alter und Geschlecht der Befragten angeführt. Das Geschlecht der Erwerbstätigen
hängt deutlich mit der Dauer der Arbeitszeit zusammen. Die Kodierung ist in allen
Fällen 1 = männlich, 2 = weiblich, sodass wie erwartet Männer länger arbeiten als
Frauen. Mit einer Varianzaufklärung von 9 bis 16 % können diese Zusammenhänge
als bedeutsam betrachtet werden. Das Alter hat dagegen nur in zwei der
Befragungen einen signifikanten (linearen) Zusammenhang zur wöchentlichen
Arbeitszeit, der sich allerdings in der Richtung unterscheidet. Die Tendenz der nicht
signifikanten Zusammenhänge geht in die Richtung, dass ältere Personen kürzer
arbeiten als jüngere.
75
Tab. 3.10 Korrelation von tatsächlicher Arbeitszeit, Alter und Geschlecht
Korrelation der Arbeitszeit mit
Alter Geschlecht
BB 2006 0,019(*) -0,436(**)
GA 2004 -0,070(**) -0,483(**)
EU 2005 (DE) -0,002 -0,340(**)
EU 2000 (DE) -0,032 -0,382(**)
EU 2005 (EU 15) -0,016 -0,316(**)
EU 2000 (EU 15) -0,011 -0,323(**)
(*) p<0,05
(**) p<0,01
Bei näherer Betrachtung der Altersgruppen kann festgestellt werden, dass die
jüngsten und die ältesten Befragten z. T. wesentlich kürzer arbeiten als die Befragten
im mittleren Alter zwischen 25 und 54 Jahren (siehe Abb. 3.16). Die i. d. R. nicht
linearen Beziehungen erklären die niedrigen Korrelationskoeffizienten in Tab. 3.10,
bei denen lineare Zusammenhänge unterstellt werden. Eine Ausnahme bildet
GA 2004, in der die Jüngsten mit Abstand am längsten arbeiten und damit ein
tendenziell linearer Zusammenhang besteht. Da die Gruppen in GA 2004 recht klein
sind, liegt diese Abweichung jedoch vermutlich an der geringen Zellenbesetzung.
Abb. 3.16 Mittlere wöchentliche Arbeitszeit in Abhängigkeit vom Alter der Befragten
Betrachtet man die angegebene Beschwerdefreiheit in den Altersgruppen in Abb.
3.17, so fällt auf, dass die über 55-Jährigen i. d. R. direkt nach den unter 25-Jährigen
die wenigsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen berichten. Dies wird insbeson-
dere in den europäischen Umfragen (EU 15) deutlich, wohingegen in den deutschen
EU-Stichproben sowie in BB 2006 und GA 2004 nur vereinzelte Unterschiede
zwischen den Altersgruppen bezüglich ihrer Beschwerdefreiheit signifikant werden.
76
Abb. 3.17 Beschwerdefreiheit in Abhängigkeit vom Alter der Befragten
(*signifikanter Unterschied)
Die Gruppe der Erwerbstätigen im Alter von über 55 Jahren leistet also weniger
wöchentliche Arbeitsstunden und ist tendenziell „gesünder“ als die Personen im Alter
zwischen 25 und 54. Die geringere Wochenarbeitszeit der älteren Befragten
erscheint plausibel, nicht jedoch das vergleichsweise niedrige Beschwerdeniveau.
Bezieht man jedoch den oben bereits erwähnten Healthy-Worker-Effekt ein, so kann
vermutet werden, dass die Gruppe der über 55-Jährigen aus einer Überlebens-
population besteht. Einen weiteren Hinweis in diese Richtung liefern die Erwerbs-
tätigenquoten in Deutschland aus dem Jahr 2003, die in Tab. 3.11 aufgeführt sind.
Das Jahr 2003 wurde gewählt, da es in der Mitte der Befragungszeitpunkte der
verwendeten Stichproben liegt. Im Jahr 2006 lag die Erwerbstätigenquote der Älteren
(55+ Jahre) zwar bereits bei 48,4 % (BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE
BILDUNG, 2008), erreicht damit aber ebenfalls nicht annähernd die hohen Quoten
der mittleren Altersgruppen. Diese Daten stützen die Selektionshypothese sehr
deutlich.
Tab. 3.11 Erwerbstätigenquoten in Deutschland (Angaben in %)
Erwerbstätigenquoten 2003
Altersgruppe Frauen Männer Insgesamt
15 – 24 42,3 46,9 44,6
25 – 39 70,6 82,9 76,8
40 – 54 72,2 84,3 78,3
55 – 64 33,5 50,0 41,8
Quelle: BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG (2005)
Noch stärker als das Alter hängt erwartungsgemäß das Geschlecht der Befragten mit
der wöchentlichen Arbeitszeit zusammen. Der bereits aus Tab. 3.10 ersichtliche
77
Zusammenhang ist in Abb. 3.18 genauer dargestellt (es wurden beispielhaft die
Ergebnisse aus BB 2006 verwendet, welche denen der anderen Stichproben
gleichen). Während im Teilzeitbereich unter 35 Stunden zu mehr als 80 % Frauen
beschäftigt sind, gleicht sich das Verhältnis von Frauen und Männern im
Vollzeitbereich von 35-39 Stunden etwa aus und kehrt sich im Bereich der
überlangen Arbeitszeiten von mehr als 50 Stunden fast vollständig um.
Abb. 3.18 Arbeitszeit und Geschlecht, Ergebnis aus BB 2006
Die Häufigkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigungen unterscheidet sich in
geringem Ausmaß zwischen Männern und Frauen, wie Abb. 3.19 entnommen
werden kann. Die befragten Frauen geben in den europäischen Befragungen etwas
seltener als Männer an, unter gesundheitlichen Beschwerden zu leiden. Die
Ergebnisse aus BB 2006 und GA 2004 deuten dagegen eher auf ein umgekehrtes
Verhältnis hin.
78
Abb. 3.19 Beschwerdefreiheit in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten
(*signifikanter Unterschied)
Anders als für die Beschwerdefreiheit zeigt sich für die Faktoren PVB und MSB ein
recht konsistentes Bild. Bezüglich der Höhe der PVB unterscheiden sich die Männer
und Frauen in 4 der 6 Stichproben signifikant, da die Frauen jeweils mehr
psychovegetative Beschwerden berichten als die Männer (siehe Abb. 3.20). Wie in
Abb. 3.21 dargestellt ist, zeigen sich bei den MSB nur in BB 2006, GA 2004 und EU
2005 (DE) signifikante Unterschiede, die jedoch in sich inkonsistent sind. Tendenziell
berichten Frauen häufiger MSB als Männer.
Dass die mittlere Beschwerdefreiheit trotzdem bei Frauen etwas höher ist als bei
Männern, erklärt sich durch den hier nicht dargestellten dritten Faktor „Andere
Beschwerden“, für welchen Männer durchgehend höhere Werte erhalten. Frauen
scheinen demnach mehr psychovegetative Beschwerden zu berichten, wohingegen
Männer vermehrt Beeinträchtigungen wie Herzbeschwerden, Erkältungen, Ohren-
beschwerden usw. aufweisen.
79
Abb. 3.20 PVB in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten
(* signifikanter Unterschied)
Abb. 3.21 MSB in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten
(*signifikanter Unterschied)
Neben den biografischen Merkmalen der Personen wurden weitere Arbeits-
bedingungen wie das Arbeitszeitsystem und die berichtete Belastungssituation am
Arbeitsplatz in die Untersuchung konfundierender Merkmale einbezogen. Um zu
untersuchen, inwiefern die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit mit anderen Arbeits-
zeitmerkmalen zusammenhängt, wurden Korrelationen dieser Variablen berechnet
und zwischen den verwendeten Datensätzen verglichen. Diese Korrelationen sind in
Tab. 3.12 dargestellt.
80
Tab. 3.12 Korrelationen der wöchentlichen Arbeitszeit mit weiteren Arbeitszeit-
merkmalen
Schicht
(1 = ja
2 = nein)
Häufigkeit
Nacht Häufigkeit
Samstage Häufigkeit
Sonntage Häufigkeit
Abende
Regelm.
Start-/
Endzeiten
(1 = ja
2 = nein)
BB 2006 -0,006 0,025 -0,023(*) -0,006 - -0,107(**)
GA 2004 - 0,221(**) 0,214(**) 0,223(**) 0,340(**) -
EU 2005 (DE) -0,045 -0,057 0,057 0,048 -0,015 -0,093(**)
EU 2000 (DE) 0,000 0,148(**) 0,146(**) 0,109(**) 0,146(**) 0,058(*)
EU 2005 (EU 15) -0,031(**) 0,145(**) 0,118(**) 0,096(**) 0,198(**) 0,080(**)
EU 2000 (EU 15) -0,033(**) 0,149(**) 0,106(**) 0,097(**) 0,196(**) 0,090(**)
(*) p<0,05
(**) p<0,01
Die wöchentliche Arbeitsdauer korreliert in der überwiegenden Anzahl der
Befragungen hoch signifikant positiv mit der Häufigkeit von Nachtarbeit, Arbeit an
Samstagen, Sonntagen und Abenden sowie mit der Regelmäßigkeit der täglichen
Wochenarbeitszeit. Personen, die lange arbeiten, müssen demnach ebenfalls häufig
in Arbeitszeitsystemen arbeiten, die zusätzlich in der Lage verschoben sind. Dies ist
plausibel, denn ab einer gewissen Anzahl wöchentlicher Arbeitsstunden kommt man
ohne eine Verlängerung der Arbeitszeiten in Abende oder das Wochenende hinein
kaum aus. Schichtarbeit scheint dagegen eher unabhängig von der Arbeitsdauer zu
sein. Dass die in Tab. 3.12 dargestellten Ergebnisse kein Resultat einer Konfun-
dierung mit dem Geschlecht der Befragten sind, konnte durch partielle Korrelationen
mit Auspartialisierung des Geschlechts ermittelt werden, in welchen die
Korrelationskoeffizienten keine bedeutsamen Veränderungen erfahren.
Neben Merkmalen der Arbeitszeit wurden in allen Stichproben Daten zur
wahrgenommenen Belastungsintensität am Arbeitsplatz bzw. zum subjektiven
Beanspruchungsempfinden erhoben. Als Beispiel für eine körperliche Belastung
wurden die Mittelwerte der Angabe „häufig schwer heben“ (z. B. in BB 2006 definiert
als Lasten von über 10 kg für Frauen bzw. über 20 kg für Männer) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit dargestellt (siehe Abb. 3.22). (Zur Vergleichbarkeit
der unterschiedlich skalierten Antworten in den verschiedenen Datensätzen wurden
in BB 2006 die ursprünglich vierstufig skalierten Antworten zusammengefasst,
sodass aus „manchmal“ und „häufig“ die Antwort „häufig“ wurde. In den EU
Befragungen waren die Antworten original siebenstufig skaliert; hier wurden „etwa
die Hälfte der Zeit“, „etwa ¾ der Zeit“, „fast ständig“ und „ständig“ zur Antwort
„häufig“ zusammengefasst und die Mittelwerte dieser Gruppen verwendet.) Die
Konfundierungen zwischen der berichteten Arbeitsintensität und der Arbeitsdauer
werden hier gut sichtbar: Die Angabe, häufig schwer heben zu müssen, steigt mit
zunehmender Arbeitsdauer deutlich an, wobei die absolute Lage der Mittelwerte in
BB 2006 klar über denen in den europäischen Befragungen liegt. Dass die
körperliche Belastung (bzw. deren subjektive Wahrnehmung) mit zunehmender
Arbeitszeit ansteigt, widerspricht den vorherigen theoretischen Annahmen, wonach
81
es in langen Arbeitszeiten nicht mehr möglich ist, ständig unter hoher Belastung zu
arbeiten. Da die Beschäftigten jedoch angeben, mit zunehmender Arbeitszeit auch
eine steigende Belastungsintensität zu erleben, scheint es Selektionseffekte im
Sinne einer körperlich besonders leistungsfähigen Stichprobe in den langen
Arbeitszeiten zu geben. Möglich wäre allerdings auch eine kognitive Verzerrung bei
den Beschäftigten dahingehend, dass Personen, die lange arbeiten auch empfinden,
häufig schwer heben zu müssen, selbst wenn die Häufigkeit relativ zur Arbeitsdauer
gar nicht so hoch ist. Es ist demnach möglich, dass die Befragten den Aspekt der
Dauer bereits in die Angabe „häufig“ oder „selten“ integriert haben und somit der
Effekt der Arbeitsdauer hier doppelt wirkt.
Abb. 3.22 Häufigkeit der Angabe „häufig schwer heben" in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
Für die psychische Belastung wurden die Variablen „unter Termin-/Leistungsdruck
arbeiten“ bzw. „working to tight deadlines“ als Indikatoren verwendet (vgl. Abb. 3.23),
die allerdings keine Fragen nach der (objektiven) Belastung sind, sondern bereits die
Beanspruchung (das Empfinden, nicht genügend Zeit zu haben) der Beschäftigten
darstellen. Wie Abb. 3.23 entnommen werden kann, steigt die subjektiv wahr-
genommene Häufigkeit von Zeitdruck mit zunehmender wöchentlicher Arbeitszeit an.
Auffällig ist zum einen wiederum die hohe absolute Lage der Mittelwerte der BB
2006, in der im Bereich von über 50 Wochenstunden über 90 % der Befragten die
Frage nach Zeitdruck mit „manchmal/häufig Zeitdruck“ beantworteten. Dieses
Ergebnis resultiert möglicherweise aus der Methode, der Fragestellung oder der
Zusammenfassung der Antworten „manchmal“ und „häufig“. Zum anderen steigt die
empfundene Häufigkeit von Zeitdruck mit zunehmender Arbeitszeit deutlich an, d. h.
auch hier bestehen fundamentale Konfundierungen zwischen Belastungsintensität
und -dauer. Neben möglichen kognitiven Dissonanzen als Ursache für diese
Ergebnisse könnte weiterhin die unterschiedliche Zusammensetzung bestimmter
Arbeitszeitgruppen bezüglich der in ihnen enthaltenen Berufsgruppen einen Einfluss
auf die berichtete Belastungsintensität ausüben. Da vermutlich in den langen
Arbeitszeiten Tätigkeiten in Führungspositionen einen höheren Anteil haben als in
82
den niedrigen Arbeitszeiten (s. u.), könnte dies ebenfalls zur Zunahme der
(psychischen) Belastungseinschätzung mit steigender Wochenarbeitszeit beitragen.
Es ist auch möglich, dass die Beschäftigten länger arbeiten müssen, je höher die zu
bewältigende Arbeitsmenge ist, und dass damit verbunden ein großer zeitlicher
Druck entsteht. Weniger gut erklärbar ist damit allerdings der Anstieg der körper-
lichen Belastung bei langen Arbeitszeiten.
Abb. 3.23 Häufigkeit der Angabe „häufig Zeitdruck" in Abhängigkeit von der wöchent-
lichen Arbeitszeit
Um einen ersten Überblick über die Zusammenhänge zwischen verschiedenen
Belastungsmerkmalen und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erhalten,
wurden die Korrelationen der einzelnen Belastungskomponenten mit den Faktor-
werten der PVB und MSB berechnet und soweit möglich zwischen den Stichproben
verglichen. Aufgrund der teils sehr unterschiedlichen Fragestellungen konnten nur
wenige der Variablen aus GA 2004 in diesen Vergleich einbezogen werden. Die
Korrelationskoeffizienten sind aus Platzgründen im Anhang dargestellt (siehe Anh. 2,
Tab. 1 und Anh. 2, Tab. 2). Erwartungsgemäß sind die MSB stärker mit den Merk-
malen der körperlichen Belastung, der Arbeitsumgebung sowie repetitiven/-
monotonen Tätigkeiten korreliert als mit den psychischen Belastungsmerkmalen.
Personen mit einer berichteten hohen körperlichen Belastungsintensität weisen
demnach auch die meisten Muskel-Skelett-Beschwerden auf. Insbesondere die
Merkmale Zwangshaltung, schwer Heben und repetitive Bewegungen, aber auch
Umweltfaktoren wie Vibrationen oder Lärm hängen deutlich mit den MSB zusammen.
Psychische Belastungsfaktoren, wie etwa ein hohes Tempo, häufige Unter-
brechungen oder komplexe Aufgaben, sind dagegen erwartungsgemäß höher mit
den PVB korreliert, weisen jedoch auch Zusammenhänge zu den MSB auf. Ein
großer Handlungsspielraum bezüglich der Einteilung der Arbeitsaufgaben und des
Tempos hängt mit eher niedrigen PVB und MSB zusammen. Diese Ergebnisse sind
wenig überraschend, zeigen aber, dass die theoretisch angenommenen Strukturen
der Zusammenhänge der Belastungsmerkmale mit den gesundheitlichen Bean-
spruchungsfolgen in allen Stichproben nachgewiesen werden können.
83
Betrachtet man die in Abb. 3.24 dargestellten Berufsgruppen anhand der Einteilung
in die Hauptgruppen des ISCO Schlüssels (s. o.), so wird deutlich, dass der Anteil
verschiedener Berufsgruppen an den Arbeitszeitgruppen sehr unterschiedlich ist.
Beispielhaft wurden hier die Ergebnisse aus BB 2006 dargestellt, die Verteilungen in
den europäischen Stichproben sind im Anhang aufgeführt (vgl. Anh. 2, Abb. 1 und
Anh. 2, Abb. 2). Es ist auffällig, dass der Bereich der niedrigen Arbeitszeiten
unterhalb von 30 Stunden von Hilfsarbeitskräften, Technikern, Dienstleistung und
kaufmännischen Angestellten dominiert wird, wohingegen in den langen Arbeits-
zeiten von über 50 Stunden hauptsächlich Führungskräfte, Wissenschaftler sowie
Anlagen- und Maschinenbauer (in den europäischen Stichproben auch Hilfsarbeits-
kräfte) arbeiten.
Abb. 3.24 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den Arbeitszeitbereichen, BB 2006
Es stellt sich nun die Frage, ob eine Aufteilung in ISCO-Gruppen dazu dienen
könnte, die Zusammenhänge zwischen der Arbeitszeit und gesundheitlichen
Beeinträchtigungen in bestimmten Berufen und damit verbunden in bestimmten
Belastungskonstellationen zu untersuchen. Dafür wäre es wichtig, dass diese
Berufsgruppen anhand der in ihnen angegebenen Belastung unterscheidbar wären.
Die Varianzanalyse der Belastung in den ISCO Gruppen mit der Berufsgruppe als
unabhängiger Variable und den Belastungsfaktoren sowie der Beschwerdefreiheit als
abhängigen Variablen zeigt allerdings, dass die Gruppen bezüglich der in ihnen
enthaltenen Belastungsfaktoren (Faktoren aus der Faktorenanalyse: psychische
Belastung, physische Belastung, Autonomie) und der Beschwerdefreiheit zwar
signifikant verschieden sind (p<0,01), diese Unterschiede aber im Post-Hoc Scheffé-
Test nur durch Unterschiede zwischen vereinzelten und extrem verschiedenen
Gruppen (z. B. bezüglich der Autonomie zwischen Führungskräften und Hilfs-
arbeitern) erklärbar sind. Die Varianzen der Belastungsfaktoren innerhalb der
einzelnen Gruppen sind zudem heterogen, wie mit dem Levene-Test auf Gleichheit
der Varianzen gezeigt werden kann (p<0,01). Die Einteilung in die Berufsgruppen
nach ISCO ist folglich bezüglich der berichteten Belastung und Beanspruchung am
Arbeitsplatz viel zu undifferenziert und heterogen, um Aussagen über bestimmte
84
Belastungskonstellationen in einzelnen Berufsgruppen treffen zu können. Eine
solche eher grobe Einteilung in Berufsgruppen ermöglicht also keine effektive
Kontrolle der Belastungsintensität. Es scheint daher sinnvoller zu sein, die Befragten
nicht anhand ihrer Berufsgruppe, sondern anhand der konkret genannten
Belastungsbedingungen zu gruppieren, und die Zusammenhänge von Arbeitsdauer
und gesundheitlichen Beeinträchtigungen in solchen Gruppen ähnlicher Belastung zu
untersuchen und diese damit zu kontrollieren.
Mit der Zusammenfassung der einzelnen Belastungs- und Handlungsspielraum-
komponenten in drei Faktoren (physische und psychische Belastung sowie
Autonomie) lässt sich eine Einteilung der Befragten in bestimmte Belastungs- und
Autonomiekonstellationen vornehmen. Zu diesem Zweck wurden die Faktorwerte so
umcodiert, dass Faktorwerte <0 den Wert 0 erhielten, und Faktorwerte ≥0 den Wert
1. Der neue Wert 0 bedeutet demnach eine unterdurchschnittliche und der Wert 1
eine überdurchschnittliche Intensität der Belastungsvariablen, die durch den
jeweiligen Faktor zusammengefasst sind. Es entstanden folglich folgende neue
Variablen:
- Phys. + / - (hohe bzw. niedrige physische Belastung)
- Psych. + / - (hohe bzw. niedrige psychische Belastung)
- Autonomie + / - (hoher bzw. niedriger Handlungsspielraum)
Anhand dieser Variablen konnten acht Kombinationen der unterschiedlichen
Belastungskonstellationen gebildet werden, die in Tab. 3.13 aufgeführt sind. Die
Häufigkeitsverteilungen der Gruppen in den untersuchten Stichproben sind in Abb.
3.25 und Abb. 3.26 dargestellt. Die Gruppe 7 scheint etwas stärker besetzt zu sein
als die anderen Gruppen; die Kombination von hoher Autonomie, niedriger
physischer und hoher psychischer Belastung scheint also etwas häufiger
vorzukommen als die anderen Kombinationen. Da die Verteilungen recht homogen
sind und insgesamt in allen Gruppen eine ausreichende Zellenbesetzung gegeben
ist, können die Gruppen unter diesen Aspekten für Analysen der Zusammenhänge
von Arbeitszeit und gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Gruppen ähnlicher
Belastung verwendet werden.
Tab. 3.13 Gruppierung der Belastungskonstellationen
Autonomie - Autonomie +
Psych. - Psych. + Psych. - Psych. +
Phys. - 1 3 5 7
Phys. + 2 4 6 8
85
Abb. 3.25 Häufigkeitsverteilung in Gruppen verschiedener Belastungskonstellationen
(Gruppen 1 - 4)
Abb. 3.26 Häufigkeitsverteilung in Gruppen verschiedener Belastungskonstellationen
(Gruppen 5 - 8)
Zur Prüfung der Differenzierbarkeit der Belastung anhand der beschriebenen
Gruppierung wurden Varianzanalysen mit der Gruppierung in die Belastungs-
konstellationen als unabhängige Variable und den Faktoren „Physische Belastung“,
„Psychische Belastung“ und „Autonomie“ als abhängigen Variablen berechnet. Mit
Hilfe des Post-hoc Scheffé-Tests kann dabei getestet werden, ob sich die mittlere
Belastungsintensität innerhalb der als hoch belastet und innerhalb der als niedrig
belastet klassifizierten Gruppen unterscheidet, oder ob keine signifikanten Unter-
86
schiede bestehen und damit eine aussagekräftige Klassifizierung der Belastung
durch die gewählte Gruppierung erzielt wurde.
Für alle Belastungsfaktoren unterscheidet sich die mittlere Belastung bzw.
Autonomie signifikant zwischen den als hoch und niedrig klassifizierten Gruppen. In
den umfangreicheren Stichproben lassen sich auch innerhalb der Gruppen mit
„hoher“ bzw. „niedriger“ Belastung statistisch signifikante Unterschiede der mittleren
Belastungshöhe zeigen, wohingegen in den kleineren Stichproben (GA 2004, EU
2000 (DE) und EU 2005 (DE)) in erster Linie die Unterschiede zwischen „hoch“ und
„niedrig“ belastet signifikant werden. Da sich die mittlere Belastung innerhalb der vier
als hoch sowie innerhalb der vier als niedrig belastet klassifizierten Gruppen nur sehr
leicht unterscheidet (wohingegen die Unterschiede zwischen hoch und niedrig
belasteten Personen deutlich sichtbar werden), sind die Signifikanzen vermutlich in
erster Linie ein Artefakt der Stichprobenumfänge. Angesichts der recht groben
Ausgangsklassifizierung der Belastungsfaktoren in größer und kleiner Null können
die Ergebnisse der Scheffé-Tests damit durchaus als Hinweis auf eine gute
Differenzierung der Belastungsintensität anhand der acht Gruppen der
Belastungskonstellationen aufgefasst werden. Damit erscheint es möglich, die
Belastung mit Hilfe dieser Gruppierung in den weiteren Analysen effizient statistisch
zu kontrollieren.
3.5 Implikationen für die Untersuchungen
Als mögliche konfundierende Variablen wurden personenbezogene Merkmale wie
Alter, Geschlecht und Kinder im Haushalt sowie arbeitsbezogene Merkmale wie die
Arbeitszeitgestaltung und die psychische und physische Belastung durch die
Tätigkeit sowie das Ausmaß des Handlungsspielraums identifiziert. Die Effekte
dieser Merkmale auf die Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit
und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen müssen folglich kontrolliert oder
konstant gehalten werden, um in Gruppen ähnlicher Bedingungen die Effekte der
Arbeitszeit auf die Gesundheit ermitteln zu können.
87
4 Lange Arbeitszeiten und gesundheitliche
Beeinträchtigungen
4.1 Arbeitszeit und gesundheitliche Beschwerden in vier
Stichproben
Um die Konsistenz der Effekte der wöchentlichen Arbeitszeit auf die
gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschäftigten zu untersuchen, wurden
zunächst die Mittelwerte der einzelnen angegebenen Beschwerden in den bereits
oben beschriebenen zwölf Arbeitszeitgruppen verglichen. Da diese Ergebnisse
bereits bei WIRTZ et al. (2009) beschrieben sind, sollen hier nur die Ergebnisse für
die Schlafstörungen dargestellt werden (siehe Abb. 4.1).
Abb. 4.1 Häufigkeit von Schlafstörungen in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit
Es ist klar zu erkennen, dass die Häufigkeit der Beschwerden über 4 Stichproben mit
der Arbeitsdauer zunimmt. Weiterhin wird in den Abbildungen deutlich, dass sich die
absolute Lage der Beschwerdehäufigkeiten zwischen den Befragungen unter-
scheidet, was auf die unterschiedliche Fragestellung und Befragungsstrategie in den
europäischen Umfragen zurückgeführt werden kann (s. o.). Trotz des verschiedenen
Beschwerdeniveaus sind in allen vier Datensätzen gleiche Strukturen in Form eines
nahezu linearen Anstiegs der Beschwerdehäufigkeit in Abhängigkeit von der Dauer
der Arbeitszeit zu erkennen.
In den deutschen Umfragen GA 2004 und BB 2006 berichten etwa 10 % der
Befragten mit weniger als 19 Stunden pro Woche, was einer halben Stelle oder
weniger entspricht, unter Schlafstörungen zu leiden. Damit verglichen geben im
Vollzeitbereich zwischen 35 und 44 Wochenstunden mit ca. 20 % doppelt so viele
Personen an, Schlafstörungen zu haben. Im Bereich der deutlich überlangen Arbeits-
88
zeiten von mehr als 60 Stunden pro Woche leidet nach eigenen Angaben sogar etwa
jeder Vierte unter Schlafbeschwerden.
Wie weiterhin in Abb. 4.1 dargestellt ist, zeigen sich in den europäischen
Befragungen EU 2000 und EU 2005 ähnliche Zusammenhänge zwischen der
Arbeitszeit und Schlafstörungen wie in den deutschen Daten. Auch hier verdoppelt
sich die Anzahl der Personen mit Beeinträchtigungen zwischen unterhalb von 19
Stunden und dem Vollzeitbereich mit 35-44 Stunden. Eine weitere Verdopplung der
Beschwerdehäufigkeiten ist zwischen 35-44 und mehr als 50 Wochenstunden zu
erkennen.
Die über alle Stichproben hinweg gute strukturelle Übereinstimmung der Beziehung
zwischen der Arbeitsdauer und Schlafstörungen lässt sich anhand der Korrelationen
dieser Variablen zeigen. In Tab. 4.1 ist zu erkennen, dass die Korrelations-
koeffizienten auf individueller Basis strukturell gut übereinstimmen und dabei mit
Zusammenhangsstärken zwischen 0,064 und 0,081 wesentlich kleiner sind als die
Korrelationskoeffizienten auf Gruppenbasis (Mittelwerte der Arbeitszeitgruppen), die
ihrerseits zwischen 0,891 und 0,944 betragen und damit ebenfalls eine hohe
Konsistenz über die Stichproben hinweg aufweisen.
Tab. 4.1 Koeffizienten der Korrelation zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit
und Schlafstörungen
Korrelationskoeffizienten
auf individueller Basis Korrelationskoeffizienten
auf Gruppenbasis
BB 2006 0,080 (**) 0,891
(**)
EU 2005 (EU 15) 0,081 (**) 0,944
(**)
GA 2004 0,069 (**) 0,909
(**)
EU 2000 (EU 15) 0,064 (**) 0,894
(**)
(**) p<0,05
Die geringen Zusammenhänge auf individueller Basis weisen darauf hin, dass eine
Reihe weiterer Einflüsse neben der Arbeitsdauer auf die Höhe der Beein-
trächtigungen wirkt. Verwendet man jedoch nach dem ceteris paribus Prinzip die
Gruppenmittelwerte als Basis, so wird die durch individuelle Unterschiede
verursachte Varianz stark verringert, und es lassen sich in allen Stichproben
substantielle und überaus deutliche Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen
Arbeitszeit und Schlafstörungen zeigen (dies ist auch für die anderen untersuchten
Beeinträchtigungen der Fall; die Schlafstörungen wurden hier beispielhaft heraus-
gegriffen). Da es für die vorgelegten Fragestellungen von hauptsächlichem Interesse
ist, allgemein gültige Zusammenhänge aufzuzeigen und nachzuweisen, ist das
ceteris paribus Verfahren eine geeignete Methode, das Ausmaß der
Zusammenhänge zu ermitteln. Für die Individuen können die Relationen zwischen
den untersuchten Variablen dagegen durchaus unterschiedlich sein, wie in den
geringeren Zusammenhangsmaßen deutlich wird. Die großen Unterschiede
zwischen individuell und auf Gruppenbasis ermittelten Zusammenhangsmaßen
sollten auch für die in den folgenden Untersuchungen dargestellten Zusammenhänge
beachtet werden, insbesondere da im Folgenden i. d. R. die Zusammenhänge auf
individueller Basis dargestellt werden.
89
In allen vier Stichproben lassen sich für die meisten einzelnen gesundheitlichen
Beeinträchtigungen ähnliche Zusammenhänge mit der wöchentlichen Arbeitszeit
finden. Ausnahmen bilden Beschwerden wie Husten, Erkältung oder Allergien, die
von der Arbeitsdauer erwartungsgemäß weniger abhängig sind.
Zum Vergleich der strukturellen Beziehungen zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit
und gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den verschiedenen Stichproben wurden
nun die Faktorwerte für die Faktoren PVB und MSB sowie die berechnete
Beschwerdefreiheit (in Prozent) in Zusammenhang zur wöchentlichen Arbeitszeit
gebracht. Die Berechnung des Zusammenhangs erfolgte mittels Regressions-
analysen. Zur Kreuzvalidierung der verschiedenen Stichproben wurden dabei die
ermittelten Regressionskoeffizienten für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit
statistisch auf Unterschiedlichkeit geprüft (siehe Abschnitt 2.3.2). Die zugrunde
liegende Annahme ist, dass statistisch nicht signifikant verschiedene Regressions-
koeffizienten auf strukturell gleichartige Zusammenhänge in den einzelnen Stich-
proben hindeuten.
In Abb. 4.2 sind die Mittelwerte der PVB aus den vier Stichproben in Abhängigkeit
von der tatsächlichen Arbeitszeit dargestellt. In allen Stichproben sind sehr ähnliche
Strukturen zu erkennen, die in fast identischen Regressionsgeraden resultieren
(siehe Abb. 4.3). Mit zunehmender Anzahl Wochenstunden steigen die PVB nahezu
kontinuierlich an. Dieser Anstieg ist in allen vier Datensätzen im Bereich zwischen 30
und 44 Wochenstunden unterbrochen und setzt sich ab 45 Stunden pro Woche
wieder fort. Die Beschwerdehöhe hängt folglich bereits im Teilzeitbereich deutlich mit
der Arbeitszeitdauer zusammen, wohingegen im „klassischen“ Vollzeitbereich
zwischen 35 und 44 Stunden kein klarer Anstieg der Beschwerden mit längerer
Arbeitszeit zu erkennen ist. Möglicherweise resultiert dieser Knick in der Verteilung
aus der Konfundierung der Arbeitsdauer mit dem Geschlecht (siehe auch die
Darstellungen in Abb. 4.11 bis Abb. 4.14 ab S. 100). Möglich wäre ebenfalls, dass
sich in der Gruppe von Personen mit 30 bis 34 Wochenstunden viele Beschäftigte
mit vereinbarter Teilzeitarbeit befinden, die aber eine große Anzahl Überstunden
leisten, durch die ein relativ hohes Beschwerdeniveau zustande kommt. Die Gruppe
der Erwerbstätigen mit 35 bis 39 Wochenstunden ist dagegen möglicherweise
vermehrt mit Personen mit vereinbarter Vollzeitarbeit ohne Überstunden besetzt, die
daher weniger gesundheitliche Beeinträchtigungen berichten. Die Zunahme der
Beschwerden in den langen Arbeitszeiten über 45 Stunden ist dagegen wiederum
deutlich sichtbar.
90
Abb. 4.2 PVB in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
Abb. 4.3 Trends für die PVB aus vier Stichproben in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
Die Berechnung der Regressionsgeraden mit der wöchentlichen Arbeitszeit als
unabhängiger und dem Faktorwert PVB als abhängiger Variable erfolgte auf Basis
der Gruppenmittelwerte, sodass demzufolge ein Großteil der Varianz durch die
ermittelte Regressionsgerade aufgeklärt wird. Die unstandardisierten b-Koeffizienten
können hier zum Vergleich der Steigungen der Geraden verwendet werden, da es
sich bei den Faktorwerten bereits um z-standardisierte Variablen handelt. Die in Tab.
4.2 dargestellten Regressionskoeffizienten betragen zwischen 0,039 und 0,060 und
unterscheiden sich damit statistisch nicht bedeutsam voneinander (p>0,05). Die
91
Trends aller vier Stichproben gehen eindeutig in die gleiche Richtung und deuten
damit auf einen konsistenten und vergleichbaren Anstieg der PVB mit zunehmender
Arbeitsdauer hin. Die Ergebnisse scheinen demnach nicht von zufälliger oder in der
Methode der einzelnen Befragungen begründeter Natur.
Tab. 4.2 Regressionskoeffizienten für die PVB
b-Koeffizient R2
BB 2006 0,039 .729
EU 2005 (EU 15) 0,054 .894
GA 2004 0,060 .948
EU 2000 (EU 15) 0,054 .893
Etwas weniger eindeutig sind die Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen den
MSB und der wöchentlichen Arbeitszeit. Wie in Abb. 4.4 dargestellt ist, steigen die
Mittelwerte der MSB in allen Stichproben außer BB 2006 tendenziell mit
zunehmender Arbeitszeit an. Der Anstieg ist dabei weniger stark ausgeprägt als bei
den PVB. Vom Bereich der Teilzeit unter 20 Wochenstunden an steigen die MSB bis
etwa 49 Stunden an. Zwischen 50 und 59 Stunden ist ein leichtes Absinken der MSB
zu erkennen, das oberhalb von 60 Wochenstunden wieder in einen deutlichen
Anstieg in allen Stichproben umschlägt.
Die Trends der Zusammenhänge sind in Abb. 4.5 anhand der Regressionsgeraden
veranschaulicht. In drei der vier Stichproben gibt es einen leichten Anstieg der
Beschwerden, wohingegen die Tendenz in BB 2006 eher in Richtung eines Abfalls
der MSB mit steigender Arbeitszeit geht.
92
Abb. 4.4 MSB in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
Abb. 4.5 Trends für die MSB aus vier Stichproben in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
Die Regressionskoeffizienten sowie die aufgeklärte Varianz sind in Tab. 4.3
dargestellt. Danach schwanken die Regressionskoeffizienten zwischen fast Null (in
BB 2006) und 0,032 (in EU 2005). Trotz der leichten Abweichung der BB 2006 sind
die Unterschiede zwischen den Regressionskoeffizienten so gering, dass sie nicht
signifikant werden (p>0,05). Es lässt sich damit tendenziell ebenfalls ein leichter
Anstieg der MSB mit zunehmender Arbeitszeit zeigen. Die Varianzaufklärung auf
Gruppenbasis ist dabei aufgrund der größeren Abweichung der einzelnen Mittelwerte
93
von der Regressionsgerade deutlich schlechter als bei den PVB, mit 44 bis 50 % in
den europäischen Befragungen und GA 2004 aber dennoch substantiell.
Tab. 4.3 Regressionskoeffizienten für die MSB
b-Koeffizient R2
BB 2006 -0,007 .075
EU 2005 (EU 15) 0,032 .506
GA 2004 0,014 .439
EU 2000 (EU 15) 0,015 .442
Es kann vermutet werden, dass verschiedene Faktoren als Ursache für die etwas
weniger deutlichen Zusammenhänge zwischen MSB und der Arbeitszeit in Frage
kommen. Zum einen dürfte die körperliche Belastung am Arbeitsplatz eine
entscheidende Einflussgröße für das Ausmaß körperlicher Beeinträchtigungen sein,
sie wurde aber hier nicht einbezogen. Es könnte also sein, dass die Effekte der
Belastungssituation die Effekte der Arbeitszeit überlagern. Ein Vergleich der
Zusammenhänge von Arbeitszeit und MSB in im Hinblick auf ihre Belastungs-
konstellation homogenen Gruppen wäre demnach möglicherweise sehr aufschluss-
reich. Zum anderen ist der Faktor MSB in allen Befragungen unterschiedlich
zusammengesetzt (im Gegensatz zu den PVB, deren Zusammensetzung recht gut
vergleichbar ist). Dies könnte dazu führen, dass das Verhalten einzelner
Beschwerden des Faktors MSB uneinheitlich ist. Die nicht ganz eindeutigen
Zusammenhänge der MSB mit der Arbeitsdauer resultieren daher möglicherweise
auch aus diesem Umstand. Dies sollte zukünftig weiter analysiert werden, um die
vorliegenden inkonsistenten Ergebnisse erklären zu können.
Die Beschwerdefreiheit als neu berechnete Variable hat gegenüber den Faktoren
PVB und MSB den Vorteil, besser interpretierbar zu sein. Weiterhin fallen
verschiedene Faktorladungen der einzelnen Beeinträchtigungen hier nicht ins
Gewicht. Aufgrund der ODER-Verknüpfung (siehe Abschnitt 2.2.1) können sich die
einzelnen Beeinträchtigungen nicht kompensieren und bilden damit das arbeits-
wissenschaftliche Konstrukt der Beeinträchtigungsfreiheit ab. Besonders aufgrund
der aus verschiedenen Operationalisierungen resultierenden unterschiedlichen
Zusammensetzung der Variable Beschwerdefreiheit in den einzelnen Stichproben ist
es interessant, die strukturellen Beziehungen zwischen der Beschwerdefreiheit und
der Arbeitsdauer vergleichend zu analysieren. Denn wenn trotz unterschiedlicher
Zusammensetzung strukturelle Übereinstimmungen nachgewiesen werden können,
spräche dies für eine hohe Konstruktvalidität und Stabilität der Ergebnisse.
Betrachtet man den Verlauf der mittleren Häufigkeit der Beschwerdefreiheit im
Zusammenhang mit der tatsächlichen Arbeitszeit (siehe Abb. 4.6), so lässt sich über
alle Stichproben eine Abnahme der Beschwerdefreiheit mit steigender Arbeitsdauer
feststellen. Das Absinken der Beschwerdefreiheit ist dabei in den europäischen
Stichproben wesentlich deutlicher ausgeprägt als in den deutschen Umfragen.
Aufgrund der sehr niedrigen Beschwerdefreiheit in GA 2004 und BB 2006 kommt es
hier möglicherweise zu Bodeneffekten, sodass ein weiteres Absinken der ohnehin
niedrigen Beschwerdefreiheit kaum mehr möglich ist.
94
Abb. 4.6 Häufigkeit der Beschwerdefreiheit (keine Beschwerden angegeben) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
In EU 2000, EU 2005 und GA 2004 sind deutliche und kontinuierliche negative
Zusammenhänge zwischen der Beschwerdefreiheit und der Arbeitszeit zu erkennen,
wohingegen diese Zusammenhänge in BB 2006 nicht so deutlich hervortreten.
In den europäischen Stichproben verringert sich die Beschwerdefreiheit zwischen
<15 und ≥65 Stunden deutlich um etwa die Hälfte. Allein der Unterschied der
Beschwerdefreiheit zwischen Personen in geringer Teilzeit (<19 Std.) und Personen
in Vollzeit (35-44 Std.) beträgt bereits ca. 15 % (siehe Abb. 4.6). Bei überlangen
Arbeitszeiten von mehr als 60 Stunden sinkt die Beschwerdefreiheit noch einmal um
etwa 10 % (EU 2000) bzw. 20 % (EU 2005) ab. In BB 2006 hingegen nimmt die
Beschwerdefreiheit im Teilzeitbereich von <15 bis 34 Stunden zunächst ab, verbleibt
dann aber zwischen 35 und 64 Stunden pro Woche auf einem durchschnittlichen
Niveau von etwa 20 %. Erst in der Gruppe der Personen mit über 65 Stunden ist
wieder ein Absinken zu erkennen. Die Unterschiede zwischen den Stichproben
bezüglich der absoluten Beschwerdefreiheit sind, bedingt durch die unterschiedliche
Operationalisierung, sehr groß, daher ist in Abb. 4.7 zum besseren Vergleich der
Strukturen die Beschwerdefreiheit z-transformiert dargestellt. Deutlich erkennbar wird
hier, dass die Mittelwerte aus EU 2005, EU 2000 und GA 2004 einen sehr ähnlichen
Verlauf über die Dauer der Arbeitszeit zeigen, während die Daten aus BB 2006 ein
etwas abweichendes Bild ergeben.
Auch mit der Beschwerdefreiheit als abhängiger und der Arbeitszeit als unab-
hängiger Variable wurden Regressionsanalysen gerechnet, um die Regressions-
koeffizienten der vier Stichproben miteinander vergleichen zu können. Die
Regressionsgeraden die entsprechenden Regressionskoeffizienten sind in Abb. 4.8
und in Tab. 4.4 dargestellt. Die Regressionskoeffizienten schwanken dabei zwischen
-0,017 und -0,61 und unterscheiden sich statistisch nicht signifikant von einander
95
(p>0,05). Es lassen sich also auch für diesen Indikator in allen vier Stichproben
strukturell sehr ähnliche Zusammenhänge zur wöchentlichen Arbeitszeit zeigen. Die
aufgeklärte Varianz ist wiederum mit 42 % in BB 2006 am niedrigsten und in den
anderen 3 Umfragen mit zwischen 78 % und knapp 91 % sehr hoch.
Abb. 4.7 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
Abb. 4.8 Beschwerdefreiheit (Trends der z-Werte) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
96
Tab. 4.4 Regressionskoeffizienten für die Beschwerdefreiheit
(z-Werte)
b-Koeffizient R2
BB 2006 -0,017 .420
EU 2005 (EU 15) -0,061 .853
GA 2004 -0,038 .786
EU 2000 (EU 15) -0,049 .908
4.1.1 Einfluss moderierender Variablen
Um die Effekte der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Gesundheit unter Kontrolle
moderierender Merkmale ermitteln zu können, wurden die moderierenden Variablen
durch Gruppierung konstant gehalten und die Effekte der Arbeitszeit sowie der
moderierenden Variablen mit Hilfe von mehrfaktoriellen Varianzanalysen ermittelt.
Dabei sollte zum einen geprüft werden, ob in Gruppen ähnlicher Bedingungen noch
signifikante Haupteffekte für die wöchentliche Arbeitszeit auf die Gesundheit der
Befragten auftreten. Zum anderen sollte die Stärke dieser Effekte, gemessen in der
Varianzaufklärung (Eta-Quadrat) der abhängigen Variablen PVB und MSB durch die
Arbeitszeit, ermittelt und zwischen den verschiedenen Stichproben verglichen
werden.
4.1.1.1 Alter
Als eine der potenziell mit der Arbeitszeit konfundierten Variablen wurde bereits das
Alter der Befragten ermittelt. Daher wurden zweifaktorielle Varianzanalysen mit der
wöchentlichen Arbeitszeit und dem Alter (in 4 Gruppen) als unabhängigen und den
PVB und MSB als abhängigen Variablen berechnet, um die Effekte des Alters von
denen der Arbeitszeit zu trennen. Beispielhaft sind in Abb. 4.9 und Abb. 4.10 die
Mittelwerte der PVB und MSB in den vier Altersgruppen in Abhängigkeit von der
Arbeitszeit aus der Befragung EU 2005 (EU 15) dargestellt. Die strukturell sehr
ähnlichen Ergebnisse für die PVB und MSB in den anderen Befragungen (mit
Ausnahme der Ergebnisse aus BB 2006, welche insbesondere bei den MSB vom
Bild abweichen) sind im Anhang aufgeführt (siehe Anh. 3, Abb. 1 bis Anh. 3, Abb. 6).
Da die Gruppen nicht gleich besetzt sind und es in Folge recht geringer
Zellenbesetzungen in den Randgruppen zu Unregelmäßigkeiten kommen kann,
wurden die Verläufe mit gleitenden Mittelwerten (MAVGs) geglättet. Für alle
folgenden Darstellungen gilt, dass Gruppen mit weniger als 10 Personen aufgrund
der statistischen Ungenauigkeit nicht dargestellt werden.
In Abb. 4.9 ist deutlich zu erkennen, dass sich die Altersgruppen bezüglich der
absoluten Lage der PVB unterscheiden, dass jedoch in allen Gruppen die
Beschwerdehöhe mit zunehmender Arbeitsdauer steigt. Die Gruppe der jüngsten
Befragten kann die negativen Effekte der Arbeitsdauer noch am besten kompen-
sieren, jedoch nur bis etwa 50 Stunden pro Woche, von wo aus die PVB dann auch
in dieser Altersgruppe deutlich ansteigen. Nach den Jüngsten weisen die Ältesten die
zweitniedrigsten Beschwerderaten auf, was vermutlich am Healthy-Worker-Effekt
liegt. Dieser Healthy-Worker-Effekt lässt sich für die PVB in allen untersuchten
97
Stichproben zeigen. Eine Ausnahme bildet GA 2004, in der die Gruppe der über 55-
Jährigen jedoch nur relativ gering besetzt und daher statistisch wenig aussagekräftig
ist. Die Gruppen der 25- bis 54-Jährigen weisen nicht nur das höchste Beschwerde-
niveau sondern auch den steilsten Anstieg der Beschwerden mit zunehmender
Arbeitszeit auf. Dabei steigen die PVB bereits vom Teilzeit- zum Vollzeitbereich
deutlich an und überschreiten bei 40-44 Wochenstunden den Durchschnittswert Null.
Im Bereich der langen Arbeitszeiten von über 48 Wochenstunden verstärkt sich der
Anstieg weiter.
Auch die MSB nehmen in allen Altersgruppen mit steigender Arbeitsdauer deutlich zu
(vgl. Abb. 4.10). Der Beschwerdeanstieg mit zunehmender Arbeitszeit scheint sich
dabei zwischen den Altersgruppen nicht zu unterscheiden mit Ausnahme der Gruppe
der über 55-Jährigen. In dieser Gruppe deutet sich, wie bereits für die PVB, ein
Healthy-Worker-Effekt an, da das Ausmaß der MSB jenseits von 50 Wochenstunden
wieder etwas zurückgeht und nicht weiter ansteigt.
98
Abb. 4.9 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
Abb. 4.10 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
In der Varianzanalyse werden signifikante Haupteffekte für die Arbeitszeit und das
Alter sowie teilweise Interaktionseffekte für Alter*Wochenarbeitszeit ermittelt
(Effektstärken siehe Tab. 4.5 und Tab. 4.6). Die Arbeitszeit hat in allen Stichproben
den größten Effekt auf die PVB, wohingegen das Alter nur marginale Varianz
99
aufklärt. Es lassen sich demnach sehr konsistente Zusammenhänge zwischen der
wöchentlichen Arbeitszeit und den PVB in allen Altersgruppen finden. Da hier wie
auch in den folgenden Untersuchungen die Varianzanalysen auf individueller Ebene
berechnet wurden, ist zu berücksichtigen, dass die Zusammenhangsmaße grund-
sätzlich recht gering ausfallen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass auf
Gruppenebene substantielle Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und dem
Ausmaß gesundheitlicher Beeinträchtigungen bestehen.
Anders als die PVB werden die MSB nur in den europäischen Umfragen vom
Haupteffekt der Arbeitszeit beeinflusst. Das Alter besitzt in drei der vier Stichproben
einen signifikanten Haupteffekt. Die Interaktion von Alter und der Arbeitszeit scheint
dagegen von eher geringer Bedeutung für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen
zu sein.
Tab. 4.5 Varianzaufklärung der PVB durch Alter und Arbeitsdauer
Stichprobe Alter Arbeitszeit Alter*Arbeitszeit
BB 2006 0,1 % 0,9 % 0,3 %
EU 2005 (EU 15) 0,2 % 0,8 % n. s.
GA 2004 n. s. 1,1 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,4 % 0,7 % 0,3 %
Tab. 4.6 Varianzaufklärung der MSB durch Alter und Arbeitsdauer
Stichprobe Alter Arbeitszeit Alter*Arbeitszeit
BB 2006 0,5 % n. s. 0,3 %
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,5 % n. s.
GA 2004 0,3 % n. s. n. s.
EU 2000 (EU 15) n. s. 0,3 % n. s.
4.1.1.2 Geschlecht und Betreuungspflichten
Neben dem Alter der Befragten ist das Geschlecht stark mit der wöchentlichen
Arbeitszeit konfundiert. Aus diesem Grund sollen nun die Unterschiede zwischen
Männern und Frauen bezüglich der Zusammenhänge zwischen Arbeitszeit und
gesundheitlichen Beschwerden untersucht werden. Die Mittelwerte der PVB in
Abhängigkeit von der Arbeitszeit im Vergleich zwischen Männern und Frauen sind in
Abb. 4.11 und Abb. 4.12 und die Zusammenhänge der MSB mit der wöchentlichen
Arbeitszeit sind in Abb. 4.13 und Abb. 4.14 aufgeführt.
Wie in Abb. 4.11 und Abb. 4.12 zu erkennen ist, ist sowohl bei Männern als auch bei
Frauen ein deutlicher Anstieg der PVB mit zunehmender Arbeitszeit zu erkennen,
wobei die Frauen tendenziell mehr Beschwerden berichten als die Männer. In der
kleinsten Stichprobe GA 2004 sind die Gruppen der Männer in Teilzeit und der
Frauen in langen Arbeitszeiten zu gering besetzt, um dargestellt werden zu können.
Auffällig ist, dass der in den Gesamtstichproben auftretende Knick der PVB bei 35-44
Wochenstunden in den nach Geschlecht getrennten Gruppen nicht mehr in
100
derselben Form auftritt. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Knick durch den
Übergang der Verteilung von überwiegend Frauen (mit höheren PVB) im Teilzeit-
bereich zu Männern (mit etwas niedrigeren PVB) im Vollzeitbereich erklärt werden
könnte.
Abb. 4.11 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der wöchentlichen
Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Abb. 4.12 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben
101
Abb. 4.13 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der wöchentlichen
Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Abb. 4.14 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben
In Abb. 4.13 und Abb. 4.14 ist zu erkennen, dass sich strukturell ähnliche
Zusammenhänge auch für die MSB zeigen lassen. Frauen berichten dabei
tendenziell mehr MSB als Männer, jedoch ergibt sich in beiden Gruppen eine
ähnliche Zunahme der MSB mit steigender Arbeitsdauer, die wesentlich deutlicher ist
als in den Gesamtstichproben. Für die Gruppe der Frauen in EU 2000 zeigt sich
102
jenseits von 45 Wochenstunden kein weiterer Anstieg, was jedoch angesichts der
übrigen drei konsistenten Stichproben als eine nicht näher erklärbare Ausnahme
betrachtet werden kann. Im Gegensatz zu vorherigen Ergebnissen lässt sich auch für
die Befragten aus BB 2006 ein deutlicher Beschwerdeanstieg zeigen. Dass sich in
homogeneren Gruppen deutlichere Zusammenhänge zeigen, deutet auf die starke
Konfundierung von Arbeitsdauer, Tätigkeit und Geschlecht hin.
Die Ergebnisse der Varianzanalysen mit Geschlecht und Wochenarbeitszeit als
unabhängigen und den PVB und MSB als abhängigen Variablen sind in Tab. 4.7 und
Tab. 4.8 aufgeführt. Für beide Beschwerdefaktoren lassen sich signifikante Haupt-
effekte der wöchentlichen Arbeitszeit zeigen, die eine ähnlich hohe Varianz-
aufklärung leisten. Die Variable Geschlecht übt in zwei der Stichproben einen
Haupteffekt auf die PVB aus, und in drei der Stichproben auf die MSB. Tendenziell
lassen sich interaktive Effekte des Geschlechts mit der Arbeitszeit auf die Höhe der
PVB zeigen, die, wie in Abb. 4.11 und Abb. 4.12 dargestellt, so ausfallen, dass
Frauen in langen Arbeitszeiten etwas mehr Beschwerden äußern als Männer in
langen Arbeitszeiten, wohingegen sich Männer und Frauen in kurzen Arbeitszeiten
kaum bezüglich ihres Beschwerdeniveaus unterscheiden. Es kann angenommen
werden, dass dies u. a. der Tatsache geschuldet ist, dass Frauen immer noch den
Großteil an häuslichen Tätigkeiten ausüben (vgl. auch Abschnitt 5) und daher
insbesondere bei langen Arbeitszeiten unter Druck geraten. Dies könnte dazu führen,
dass der Anstieg der Beschwerden mit steigender Arbeitszeit (wie er bei den
Männern gezeigt werden kann) weiter durch mangelnde Regenerationszeit aufgrund
zusätzlicher häuslicher Tätigkeiten verstärkt wird. Neben der fehlenden Regene-
rationszeit erhöht vermutlich auch die Herausforderung, Beruf und Haushalt zu
vereinbaren, die Beeinträchtigungen im psychovegetativen Bereich. Die MSB
hingegen weisen keine derartige Verstärkung der Effekte langer Arbeitszeiten bei
den Frauen auf (siehe Abb. 4.13 und Abb. 4.14). Es ist im Gegenteil eher eine
Verringerung der Unterschiede von Männern und Frauen mit zunehmender
Arbeitszeit zu erkennen.
Tab. 4.7 Varianzaufklärung der PVB durch Geschlecht und Arbeitsdauer
Stichprobe Geschlecht Arbeitszeit Geschlecht*Arbeitszeit
BB 2006 0,4 % 1,3 % 0,2 %
EU 2005 (EU 15) n. s. 1,0 % 0,2 %
GA 2004 n. s. 1,1 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,1 % 1,2 % 0,3 %
Tab. 4.8 Varianzaufklärung der MSB durch Geschlecht und Arbeitsdauer
Stichprobe Geschlecht Arbeitszeit Geschlecht*Arbeitszeit
BB 2006 0,3 % 0,3 % 0,1 %
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,6 % n. s.
GA 2004 0,4 % 0,5 % n. s.
EU 2000 (EU 15) n. s. 0,4 % 0,2 %
103
Da der Familienstand, das Zusammenleben mit einem Partner, dessen
Berufstätigkeit usw. nur teilweise und uneinheitlich in den verschiedenen Stichproben
erhoben wurden, können hier nur Vergleiche des Einflusses von Kindern im Haushalt
auf die Zusammenhänge zwischen Arbeitszeit und gesundheitlichen Beeinträch-
tigungen vorgenommen werden. Der Einfluss des Zusammenlebens mit einem
Partner sowie dessen Berufstätigkeit konnte dagegen nicht untersucht werden. Die
Ergebnisse der Varianzanalysen mit dem Vorhandensein von Kindern im Haushalt
und der wöchentlichen Arbeitszeit als unabhängigen sowie den PVB und MSB als
abhängigen Variablen sind in Tab. 4.9 und Tab. 4.10 dargestellt. Auf eine grafische
Darstellung wird an dieser Stelle aus Platzgründen verzichtet, da sich die Personen
mit und ohne Kinder nicht bezüglich ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen
unterscheiden. In allen Stichproben treten wiederum signifikante Haupteffekte für die
Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit auf, was für die hohe Konsistenz und Validität
der Ergebnisse spricht. Die Interaktion von Kinder*Arbeitszeit wird nur in BB 2006
signifikant und besitzt eine sehr schwache Varianzaufklärung, sodass vermutet
werden kann, dass dies eher ein zufälliges Ergebnis darstellt (BB 2006 ist die größte
der Stichproben, wodurch hier auch schwache Effekte signifikant werden).
Tab. 4.9 Varianzaufklärung der PVB durch Kind(er) im Haushalt und die
wöchentliche Arbeitsdauer
Stichprobe Kind(er) Arbeitszeit Kind(er)*Arbeitszeit
BB 2006 n. s. 1,0 % 0,1 %
EU 2005 (EU 15) n. s. 0,9 % n. s.
GA 2004 n. s. 0,8 % n. s.
EU 2000 (EU 15) n. s. 1,1 % n. s.
Tab. 4.10 Varianzaufklärung der MSB durch Kind(er) im Haushalt und die
wöchentliche Arbeitsdauer
Stichprobe Kind(er) Arbeitszeit Kind(er)*Arbeitszeit
BB 2006 n. s. 0,2 % 0,2 %
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,5 % n. s.
GA 2004 n. s. 0,6 % n. s.
EU 2000 (EU 15) n. s. 0,4 % n. s.
104
4.1.1.3 Arbeitszeitgestaltung
Im Folgenden sollen die moderierenden Effekte verschiedener Arbeitszeitmerkmale
untersucht werden. Zur Veranschaulichung der Zusammenhänge zwischen der
Arbeitsdauer, weiteren Arbeitszeitmerkmalen und den gesundheitlichen Beeinträchti-
gungen soll die Variable „Schichtarbeit“ dienen, deren moderierender Einfluss in Abb.
4.15 und Abb. 4.16 dargestellt ist. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Mittelwerte
des Faktors PVB sowohl in der Gruppe der Schichtarbeiter als auch in der Gruppe
der Personen ohne Schichtarbeit mit zunehmender Arbeitsdauer ansteigen. Die
Gruppe der Schichtarbeiter weist dabei klar erkennbar mehr psychovegetative
Beschwerden auf als die Gruppe der Nicht-Schichtarbeiter. In drei der Stichproben
sind die Anstiege mit zunehmender Arbeitszeit in den beiden Gruppen sehr ähnlich
ausgeprägt; es handelt sich folglich um einen additiven Effekt von Schichtarbeit und
Arbeitsdauer. Dagegen deutet sich in GA 2004 ein interaktiver Zusammenhang von
Arbeitsdauer und Schichtarbeit an, sodass hier die negativen Effekte der Schicht-
arbeit durch steigende Arbeitszeiten deutlicher verstärkt werden.
In Tab. 4.11 und Tab. 4.12 sind die Ergebnisse der Varianzanalysen mit Schicht-
arbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit als unabhängigen und den PVB und MSB
als abhängigen Variablen dargestellt. Es ist klar zu erkennen, dass die PVB in allen
Stichproben am stärksten durch die Arbeitsdauer beeinflusst werden und es
gleichzeitig einen schwachen zweiten Haupteffekt für die Schichtarbeit gibt. Obwohl
sich grafisch ein interaktiver Zusammenhang in GA 2004 andeutet (siehe Abb. 4.15),
lässt sich dieser statistisch nicht absichern. Die MSB (siehe Anh. 3, Abb. 7 und Anh.
3, Abb. 8) werden wie erwartet etwas schwächer als die PVB von der Arbeitsdauer
beeinflusst sowie ebenfalls schwach von der Arbeit im Schichtdienst.
105
Abb. 4.15 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der wöchentlichen
Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Abb. 4.16 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben
106
Tab. 4.11 Varianzaufklärung der PVB durch Schichtarbeit und Arbeitsdauer
Stichprobe Schicht Arbeitszeit Schicht*Arbeitszeit
BB 2006 0,2 % 0,9 % n. s.
EU 2005 (EU 15) <0,1 % 0,6 % n. s.
GA 2004 n. s. 1,2 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,1 % 0,7 % n. s.
Tab. 4.12 Varianzaufklärung der MSB durch Schichtarbeit und Arbeitsdauer
Stichprobe Schicht Arbeitszeit Schicht*Arbeitszeit
BB 2006 0,8 % 0,2 % 0,2 %
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,4 % n. s.
GA 2004 n. s. n. s. n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,1 % 0,2 % n. s.
Neben der Schichtarbeit moderiert auch Arbeit zu ungünstiger Lage, z. B. am
Wochenende oder an Abenden, die Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer
und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Als ein Beispiel für Arbeit am
Wochenende sind in Abb. 4.17 und Abb. 4.18 die Effekte der Sonntagsarbeit auf die
Höhe der PVB dargestellt. Die Zusammenhänge zwischen den gesundheitlichen
Beeinträchtigungen, Sonntagsarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit gleichen sich
strukturell in drei der Stichproben insofern, dass ein additiver Effekt von Sonntags-
arbeit und der Arbeitsdauer auf die PVB zu erkennen ist. Die PVB steigen in allen
untersuchten Gruppen deutlich mit zunehmender Arbeitszeit an, wobei die Personen
mit Sonntagsarbeit durchweg höhere Beschwerden berichten als die Personen ohne
Sonntagsarbeit. Eine Ausnahme bildet GA 2004, in der sich eher ein interaktiver
Zusammenhang andeutet, da die Unterschiede in der Beschwerdehöhe zwischen
Personen mit und ohne Sonntagsarbeit mit zunehmender Arbeitszeit größer werden.
In den europäischen Stichproben lässt sich ein klarer linearer Zusammenhang
zwischen den PVB und der Arbeitszeit ausmachen, der in den deutschen Stich-
proben ebenfalls, wenn auch etwas weniger deutlich, zutage tritt. Die Ergebnisse für
die MSB sind im Anhang dargestellt (vgl. Anh. 3, Abb. 9 und Anh. 3, Abb. 10). Es
zeichnen sich hier in den europäischen Stichproben ebenfalls negative Effekte der
Sonntagsarbeit und der Arbeitsdauer auf die Beschwerdehöhe ab. In den deutschen
Stichproben hingegen sind kaum deutliche Effekte der Arbeitsdauer auf die Höhe der
MSB sichtbar.
107
Abb. 4.17 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der wöchentlichen
Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Abb. 4.18 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben
Die Ergebnisse für die Variablen Samstagsarbeit und Arbeit an Abenden ähneln
denen der hier beschriebenen Sonntagsarbeit stark und sind daher aus Platzgründen
lediglich im Anhang in Anh. 3, Abb. 11 bis Anh. 3, Abb. 16 dargestellt. Die Ergeb-
nisse der Varianzanalysen mit den Merkmalen der Arbeitszeitlage und der
Arbeitsdauer als unabhängigen und den PVB und MSB als abhängigen Variablen
108
sind in Tab. 4.13 und Tab. 4.14 aufgeführt. Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit
übt in allen Stichproben einen signifikanten Haupteffekt auf die PVB aus und in allen
Befragungen außer GA 2004 ebenfalls auf die MSB. Die Zusammenhänge zwischen
der Arbeitsdauer und den MSB sind wie üblich etwas weniger deutlich als die der
PVB und weisen zudem leichte Inkonsistenzen zwischen den Stichproben auf (siehe
Anh. 3, Abb. 13, Anh. 3, Abb. 14 und Anh. 3, Abb. 16). Das Vorhandensein von
Sonntagsarbeit übt in allen Stichproben einen schwachen Haupteffekt auf die PVB
aus. Für die MSB konnten dagegen nur marginale Effektstärken ermittelt werden.
Dies war zu erwarten, da die Arbeit an Sonntagen zu einer gravierenden
Beeinträchtigung der Regenerations- und sozial nutzbaren Zeit führt, die wiederum
vermutlich eher zu erhöhten psychovegetativen Beschwerden führt als zu muskulo-
skelettalen Beeinträchtigungen. Dies gilt ebenfalls für den Einfluss der Arbeit an
Abenden, der für die PVB signifikant wird, nicht aber für die MSB. Arbeit an Abenden
verringert die sozial wertvolle Zeit der Beschäftigten und hängt somit vermutlich
stärker mit PVB zusammen als mit MSB, die wahrscheinlich stärker durch die
Belastungsart und -intensität beeinflusst werden.
Arbeit an Samstagen hingegen übt auf die PVB keinen Einfluss aus, dafür aber auf
die MSB. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Vorkommen dieser
speziellen Arbeitszeitmuster mit der Art der Tätigkeit konfundiert ist (z. B. arbeiten
Beschäftigte aus bestimmten Branchen eher an Samstagen, aber nicht an
Sonntagen), sodass insbesondere im Bereich der körperlichen Beeinträchtigungen
diese Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden sollten.
Tab. 4.13 Varianzaufklärung der PVB durch Samstags-, Sonntags- und Abendarbeit
sowie die wöchentliche Arbeitsdauer
BB 2006 EU 2005 (EU 15) GA 2004 EU 2000 (EU 15)
Sonntagsarbeit 0,2 % 0,2 % 0,2 % 0,5 %
Arbeitszeit 1,0 % 1,1 % 1,2 % 1,0 %
Sonntag*Arbeitszeit n. s. n. s. n. s. n. s.
Samstagsarbeit n. s. n. s. n. s. <0,1 %
Arbeitszeit 1,0 % 1,0 % 1,1 % 1,1 %
Samstag*Arbeitszeit 0,1 % n. s. n. s. 0,2 %
Abendarbeit a) 0,2 % a) 0,5 %
Arbeitszeit a) 0,7 % a) 0,8 %
Abende*Arbeitszeit a) n. s. a) 0,1 %
a) nicht erhoben
109
Tab. 4.14 Varianzaufklärung der MSB durch Samstags-, Sonntags- und Abendarbeit
sowie die wöchentliche Arbeitsdauer
BB 2006 EU 2005 (EU 15) GA 2004 EU 2000 (EU 15)
Sonntagsarbeit <0,1 % <0,1 % n. s. <0,1 %
Arbeitszeit 0,4 % 0,4 % n. s. 0,2 %
Sonntag*Arbeitszeit 0,2 % n. s. 0,6 % 0,3 %
Samstagsarbeit 0,1 % 0,2 % n. s. 0,1 %
Arbeitszeit 0,5 % 0,4 % n. s. 0,4 %
Samstag*Arbeitszeit 0,2 % 0,2 % n. s. 0,1 %
Abendarbeit a) n. s. a) n. s.
Arbeitszeit a) 0,5 % a) 0,4 %
Abende*Arbeitszeit a) 0,2 % a) 0,2 %
a) nicht erhoben
Für eine genauere Untersuchung der Interaktion verschiedener Arbeitszeitmerkmale
soll weiterhin ermittelt werden, wieweit bestimmte Arbeitszeitmerkmale neben der
Arbeitsdauer und deren Kombination das Risiko für bestimmte Beschwerden
beeinflussen. Dieses Risiko aus dem Zusammenwirken mehrerer Arbeitszeit-
merkmale (z. B. Schichtarbeit, Nachtarbeit und die Dauer der Arbeitszeit) auf
einzelne Beschwerden lässt sich ermitteln, indem zunächst das Grundrisiko für
Beschwerden in einer Gruppe von Personen ohne potenziell gefährdende Arbeits-
zeitbedingungen (z. B. Teilzeit ohne Nacht- und Schichtarbeit) berechnet wird.
Weiterhin lässt sich die Erhöhung des Grundrisikos bei Hinzunahme jeweils eines
Arbeitszeitmerkmals sowie bei Interaktionen mehrerer Merkmale ermitteln, sodass
das jeweilige gesundheitliche Risiko durch einzelne Arbeitszeitbedingungen und
deren Interaktion quantifizierbar wird. Die Arbeitszeitmerkmale „Nachtarbeit“ und
„Schichtarbeit“ wurden gruppiert in „vorhanden“ und „nicht vorhanden“ und die Dauer
der wöchentlichen Arbeitszeit wurde in vier Gruppen aufgeteilt (Teilzeit mit <35 Std.,
niedrige Vollzeit mit 35-39,9 Std., lange Vollzeit mit 40-47,9 Std. und überlange
Arbeitszeiten von ≥48 Std.).
Die relativen Häufigkeiten der gesundheitlichen Beschwerden (hier als Beispiel
Schlafstörungen) in den verschiedenen Kombinationen dieser Gruppen wurden
mittels Kreuztabellen berechnet und sind beispielhaft für die Daten der EU 2005
(EU 15) in Abb. 4.19 und für die anderen Stichproben im Anhang dargestellt (Anh. 3,
Abb. 17 bis Anh. 3, Abb. 19). Die Höhe der Schlafbeschwerden in der Gruppe mit
Teilzeitbeschäftigung, ohne Nacht- und Schichtarbeit, also ohne potenziell beein-
trächtigende Arbeitszeitbedingungen, ist ein Schätzer für das Grundrisiko für
Schlafstörungen. Dieses unterscheidet sich je nach Erhebung und beträgt zwischen
4 und 16 %. Sehr gut zu erkennen ist die Erhöhung des Risikos durch die einzelnen
Arbeitszeitmerkmale: Nachtarbeit führt zu mehr Schlafstörungen als keine Nacht-
arbeit, Schichtarbeit steigert das Beeinträchtigungsrisiko gegenüber Nicht-
Schichtarbeit, und mit zunehmender Arbeitsdauer steigt das Beeinträchtigungsrisiko
weiter an. Auch durch die Interaktionen Nacht*Schicht und die Kombination aus
Nacht*Schicht und der wöchentlichen Arbeitszeit erhöht sich das Risiko für
gesundheitliche Beschwerden. So besteht im niedrigen Vollzeitbereich mit Nacht-
110
und Schichtarbeit ein sehr hohes Risiko für Schlafstörungen, welches bereits das
Niveau der Beschwerden in den höheren Arbeitszeitbereichen übersteigt. Es lassen
sich damit deutliche negative Effekte von Schicht- und Nachtarbeit zeigen. Trotz der
starken Zusammenhänge zwischen den Merkmalen Schicht- und Nachtarbeit und
den gesundheitlichen Beschwerden bleiben die Effekte der Arbeitszeitdauer
bestehen, sodass ein kontinuierlicher Anstieg der Beschwerden mit zunehmender
Arbeitsdauer in allen Kombinationen zu erkennen ist. Die Effekte der Arbeitsdauer
scheinen folglich unter sonst gleichen Bedingungen stabil zu bleiben.
Für weitere gesundheitliche Beschwerden (Magen-/Verdauungsbeschwerden, Herz-
beschwerden, Nervosität, Rückenschmerzen) konnten sehr ähnliche, wenn auch
teilweise weniger deutliche Zusammenhänge gefunden werden. Natürlich übt die
Belastung durch die jeweilige Tätigkeit neben der Arbeitszeitgestaltung einen großen
Einfluss auf die Beschwerdehöhe aus, insbesondere da Tätigkeiten in Schicht- und
Nachtarbeit häufig mit hoher psychischer und insbesondere erhöhter körperlicher
Belastung einhergehen. Letztere ist bereits durch die Desynchronisation circadianer
Rhythmen mit der Arbeitszeit bedingt. Dennoch lassen sich auch ohne Einbezug der
jeweiligen Belastungskonstellation stichprobenübergreifend ähnliche Effekte einzel-
ner Arbeitszeitmerkmale sowie deren Interaktion zeigen.
Abb. 4.19 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von Nacht- und Schichtarbeit
sowie der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
4.1.1.4 Handlungsspielraum
Neben den demografischen und arbeitszeitbezogenen Merkmalen hängt die Höhe
der berichteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen weiterhin mit dem Ausmaß des
Handlungsspielraumes der Beschäftigten zusammen. Die Möglichkeit der Einfluss-
nahme auf die Arbeitsbedingungen, wie etwa die Arbeitsmenge oder das Arbeits-
tempo, moderieren die Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und
111
den gesundheitlichen Beschwerden, wie beispielhaft für die PVB in Abb. 4.20 und
Abb. 4.21 dargestellt ist. Die Ergebnisse für die MSB sind wiederum im Anhang zu
finden (siehe Anh. 3, Abb. 20 und Anh. 3, Abb. 21). Als Beispiel für das Ausmaß des
Handlungsspielraumes wurde die Frage „Haben Sie Einfluss auf die Arbeitsmenge
und/oder Geschwindigkeit?“ verwendet, da diese in allen Stichproben vergleichbar
erhoben wurde und sehr hoch auf dem Faktor „Autonomie“ lädt. Die Kodierung der
Antworten in GA 2004 und BB 2006 musste zu Vergleichszwecken von einer
vierstufigen in eine zweistufige Skala umgewandelt werden, sodass „manchmal“ und
„häufig“ zu „Einfluss“ und „selten“ sowie „nie“ zu „kein Einfluss“ geändert wurde. In
allen Befragungen ist wieder der bekannte lineare Anstieg der PVB mit zunehmender
Arbeitszeit zu erkennen, der, wie erwartet, durch die Einflussmöglichkeit auf die
Arbeitsmenge moderiert wird. Einzig in BB 2006 ist der Anstieg der Beschwerdehöhe
nicht ganz linear. Beschäftigte mit Einfluss auf ihre Arbeitsmenge berichten in allen
Arbeitszeitgruppen weniger PVB als die Personen ohne Einflussmöglichkeiten. In
den deutschen Daten (Abb. 4.20) ist der Unterschied zwischen Beschäftigten mit und
ohne Einflussmöglichkeit wesentlich stärker ausgeprägt als in den europäischen
Befragungen (Abb. 4.21).
In Abb. 4.20 und Abb. 4.21 wird deutlich, dass ein großer Handlungsspielraum wie
erwartet die negativen Effekte langer Arbeitszeiten zwar abmildern, jedoch nicht
aufheben kann. Der Anstieg der gesundheitlichen Beschwerden mit zunehmender
Arbeitszeit ist dabei in der Gruppe der Personen mit großem Einfluss auf die
Arbeitsmenge genauso steil wie in der Gruppe mit nur geringem Einfluss, einzig die
absolute Lage der Beschwerden ist unterschiedlich hoch (und selbst diesbezüglich
bestehen in den EU Befragungen nur sehr geringe Unterschiede).
112
Abb. 4.20 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die Arbeitsmenge und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Abb. 4.21 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die Arbeitsmenge und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Die Ergebnisse der Varianzanalysen mit „Einfluss auf die Arbeitsmenge/-
geschwindigkeit“ sowie der wöchentlichen Arbeitszeit als unabhängigen und den
PVB und MSB als abhängigen Variablen zeigen daher auch lediglich signifikante
Haupteffekte auf beide Faktoren für „Einfluss“ und die wöchentliche Arbeitszeit (vgl.
113
Tab. 4.15 und Tab. 4.16). Die Arbeitszeit übt dabei in allen Stichproben einen
stärkeren Haupteffekt auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus als der
Einfluss auf die Arbeitsmenge. Die einzige Ausnahme bildet GA 2004, in welcher die
Arbeitsdauer keinen signifikanten Einfluss auf die Höhe der MSB ausübt, wohin-
gegen die Autonomie einen vergleichsweise starken Effekt besitzt (siehe Tab. 4.16).
Die Varianzaufklärung der Arbeitszeit weist dabei eine hohe strukturelle Konsistenz
auf. Die Interaktion Einfluss*Arbeitszeit scheint hingegen, wie in den Abbildungen
bereits erkennbar, keinen Einfluss auf die Höhe der gesundheitlichen Beein-
trächtigungen auszuüben.
Tab. 4.15 Varianzaufklärung der PVB durch den Einfluss auf die Arbeitsmenge/-
geschwindigkeit sowie die Arbeitsdauer
Stichprobe Einfluss Arbeitszeit Einfluss*Arbeitszeit
BB 2006 0,2 % 1,3 % n. s.
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 1,2 % n. s.
GA 2004 1,1 % 1,5 % n. s.
EU 2000 (EU 15) <0,1 % 1,2 % 0,1 %
Tab. 4.16 Varianzaufklärung der MSB durch den Einfluss auf die Arbeitsmenge/-
geschwindigkeit sowie die Arbeitsdauer
Stichprobe Einfluss Arbeitszeit Einfluss*Arbeitszeit
BB 2006 0,2 % 0,3 % n. s.
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,6 % n. s.
GA 2004 1,0 % n. s. n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,2 % 0,5 % n. s.
4.1.1.5 Das soziale Umfeld am Arbeitsplatz
Neben dem eigenen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen könnten auch soziale
Faktoren am Arbeitsplatz einen moderierenden Einfluss auf den Zusammenhang
zwischen der Arbeitsdauer und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausüben.
Das Ausmaß der Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen wäre in dieser
Hinsicht ein Indikator für die Qualität des sozialen Umfeldes. Da jedoch sehr
unterschiedlich ausführliche und kaum einheitliche Operationalisierungen dieser
Merkmale in den verwendeten Stichproben vorhanden sind, können bezüglich der
Qualität des sozialen Umfeldes keine stichprobenübergreifenden Vergleiche durch-
geführt werden. Einzig das Ausmaß der Unterstützung durch Kollegen wurde, wenn
auch mit verschiedener Skalierung, in allen Stichproben abgefragt. Bei einem
varianzanalytischen Test des Einflusses der wöchentlichen Arbeitszeit und der Unter-
stützung durch Kollegen auf die Höhe der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
ließen sich schwache moderierende Effekte für die soziale Unterstützung finden
(siehe Tab. 4.17 und Tab. 4.18). In den deutschen Stichproben BB 2006 und GA
2004 übt die Unterstützung durch Kollegen dabei einen etwas stärkeren Effekt auf
die PVB und MSB aus als in den europäischen Umfragen. Die Effektstärke der
114
sozialen Unterstützung übersteigt dabei leicht die Effektstärke der wöchentlichen
Arbeitsdauer. Signifikante Interaktionseffekte der Unterstützung*Arbeitszeit lassen
sich sowohl für die PVB als auch für die MSB in drei von vier Stichproben zeigen. Auf
eine grafische Darstellung der Zusammenhänge wird an dieser Stelle aufgrund der
mangelnden Vergleichbarkeit der Skalierungen in den verschiedenen Stichproben
verzichtet. Es deutet sich hier an, dass ein hohes Ausmaß an Unterstützung durch
ArbeitskollegInnen das Risiko für psychovegetative und Muskel-Skelett-Beschwerden
leicht abzumildern scheint. Es bedarf allerdings noch weiterer Analysen mit
vergleichbaren Operationalisierungen, um dieses Ergebnis weiter abzusichern.
Tab. 4.17 Varianzaufklärung der PVB durch die Unterstützung durch Kollegen sowie
die wöchentliche Arbeitsdauer
Stichprobe Unterstützung
Kollegen Arbeitszeit Unterstützung*Arbeitszeit
BB 2006 1,0 % 0,6 % 0,6 %
EU 2005 (EU 15) 0,1 % 0,6 % 0,7 %
GA 2004 2,0 % 0,5 % n. s.
EU 2000 (EU 15) <0,1 % 1,0 % 0,1 %
Tab. 4.18 Varianzaufklärung der MSB durch die Unterstützung durch Kollegen sowie
die wöchentliche Arbeitsdauer
Stichprobe Unterstützung
Kollegen Arbeitszeit Unterstützung*Arbeitszeit
BB 2006 0,5 % 0,1 % 0,4 %
EU 2005 (EU 15) 0,2 % 0,5 % 0,5 %
GA 2004 0,7 % 0,6 % 0,1 %
EU 2000 (EU 15) <0,1 % 0,2 % n. s.
4.1.1.6 Beeinträchtigungen in ausgewählten Berufen am Beispiel von Pflege-
berufen
Wie bereits oben beschrieben, erscheint eine differenzierte Untersuchung der
einzelnen Berufsgruppen nach der ISCO-Klassifizierung aufgrund der großen
Binnenvarianz wenig Erfolg versprechend, um bestimmte Belastungskonstellationen
in Kombination mit der Arbeitsdauer und damit einhergehende gesundheitliche
Beeinträchtigungen untersuchen zu können. In BB 2006 sind die Berufe etwas
detaillierter nach der Klassifizierung der Berufe (KldB 1992) aufgeschlüsselt. Daher
konnten dort Filter gesetzt werden, welche bestimmte Berufsgruppen genauer
differenzieren. Diese sind leider aufgrund der Erfassung in den anderen Stichproben
nicht übergreifend vergleichbar. Dennoch sollen an dieser Stelle als Beispiel die
Ergebnisse für die Gruppe „Pflegeberufe“ dargestellt werden. Dieser Filter besteht
aus den Gruppen 853, 854, 864 und 865 der KldB 1992, welche die Berufe
Krankenschwestern/-pfleger, Hebammen/Entbindungspfleger, Helferin der Kranken-
pflege, Altenpfleger sowie Familienpfleger, Dorfhelfer (insgesamt n = 790) enthalten.
115
Die Zusammenhänge zwischen den PVB und MSB und der wöchentlichen
Arbeitszeit in dieser Gruppe der Pflegeberufe sind in Abb. 4.22 dargestellt. Es ist
deutlich zu erkennen, dass sowohl die PVB als auch die MSB mit zunehmender
Arbeitsdauer steigen, wobei die PVB, wie bereits in den bisherigen Ergebnissen,
etwas stärker ansteigen als die MSB. Letztere scheinen nur im Teilzeitbereich recht
kontinuierlich anzusteigen, wohingegen jenseits von 40 Wochenstunden keine
Veränderungen der mittleren MSB mehr erkennbar sind. Da in BB 2006 bislang nur
äußerst selten ein klarer Anstieg der MSB mit zunehmender Arbeitszeit gezeigt
werden konnte, kann der etwas deutlichere Zusammenhang in den Pflegeberufen ein
Indiz dafür sein, dass die Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und MSB
komplex sind und einmal sehr detailliert analysiert werden sollten. In der
Varianzanalyse zeigt sich ein signifikanter Haupteffekt der Arbeitsdauer auf beide
Beschwerdefaktoren. Die Gruppen mit 55-59 Std. sowie 60-64 Std. enthalten zu
wenige Personen, daher wurden diese hier nicht dargestellt.
Abb. 4.22 PVB und MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit in Pflegeberufen, BB 2006
Detaillierte Analysen einzelner Berufsgruppen sind aufgrund der fehlenden
Vergleichbarkeit über die Stichproben hinweg nicht möglich. Weiterhin werden die
Zellenbesetzungen in den Berufsgruppen zu gering, um moderierende Effekte
analysieren zu können. Daher werden im Folgenden die Effekte einzelner und
zusammengefasster Belastungskomponenten auf die Zusammenhänge zwischen der
Arbeitsdauer und der Gesundheit der Beschäftigten analysiert.
116
4.2 Arbeitszeit und Belastungsintensität
Neben der Analyse konfundierender Effekte sollten weiterhin die durch das
Belastungs-Beanspruchungsmodell vorhergesagten Zusammenhänge zwischen der
Belastungsintensität und -dauer und der Höhe gesundheitlicher Beeinträchtigungen
untersucht werden. Als Operationalisierung des Konstrukts „Physische Belastung“
wurde zunächst beispielhaft Arbeit unter Einschluss von Zwangshaltungen (statische
Muskelarbeit, Halte- und Haltungsarbeit) ausgewählt. In der Befragung GA 2004
wurde nicht nach vergleichbaren physischen Belastungskomponenten gefragt,
weshalb diese Stichprobe für einen Vergleich nicht verwendet werden konnte.
Erwartungsgemäß stehen die MSB der Befragten stärker mit der Intensität der
körperlichen Belastung in Verbindung als mit der Dauer der wöchentlichen Arbeits-
zeit, andererseits ergibt sich aber auch in den unterschiedlichen Belastungsgruppen
i. d. R. eine leichte Zunahme der Beschwerden mit zunehmender Arbeitszeitdauer,
bei gelegentlichen Inkonsistenzen zwischen den Stichproben (siehe Abb. 4.23). Es
kann in der Gruppe mit hoher körperlicher Belastung möglich sein, dass eine
Anfangsüberhöhung vorliegt, da bereits im Bereich der niedrigen Wochenarbeits-
zeiten recht hohe Beeinträchtigungen berichtet werden. In den Gruppen mit hoher
Belastungsintensität und gleichzeitig langen Arbeitszeiten von mehr als 44 Stunden
pro Woche ist – wahrscheinlich aufgrund eines Deckeneffektes – kein Anstieg der
MSB mit zunehmender Arbeitszeit zu erkennen. Wie in Tab. 4.19 aufgeführt ist, klärt
das Arbeiten unter Zwangshaltung gegenüber der Arbeitsdauer erwartungsgemäß
den weitaus größeren Varianzanteil der MSB auf. Ein Haupteffekt der wöchentlichen
Arbeitszeit lässt sich – wenn auch schwächer – dennoch in allen Stichproben zeigen.
Auch für die PVB lassen sich Effekte der hohen körperlichen Belastung zeigen, wie
im Anhang grafisch dargestellt ist (vgl. Anh. 3, Abb. 22). Die PVB variieren allerdings
deutlich weniger stark in Abhängigkeit von der Häufigkeit von Arbeit mit statischer
Muskelarbeit, wohingegen erwartungsgemäß die Dauer der Arbeitszeit einen
stärkeren Effekt auf die PVB ausübt. In der Varianzanalyse der PVB lassen sich
weiterhin für die Interaktion Zwangshaltung*Arbeitszeit signifikante, allerdings recht
schwache, Effekte zeigen (siehe Tab. 4.20).
117
Abb. 4.23 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zwangshaltung und der wöchentlichen
Arbeitszeit
Tab. 4.19 Varianzaufklärung der MSB durch Zwangshaltung und die Arbeitsdauer
Stichprobe Zwangs-
haltung Arbeitszeit Zwangshaltung*Arbeitszeit
BB 2006 3,5 % 0,2 % 0,1 %
EU 2005 (EU 15) 3,3 % 0,4 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 5,1 % 0,3 % n. s.
Tab. 4.20 Varianzaufklärung der PVB durch Zwangshaltung und die Arbeitsdauer
Stichprobe Zwangs-
haltung Arbeitszeit Zwangshaltung*Arbeitszeit
BB 2006 0,1 % 1,0 % 0,4 %
EU 2005 (EU 15) 0,3 % 1,2 % 0,2 %
EU 2000 (EU 15) 0,3 % 1,1 % 0,2 %
118
Der von den Beschäftigten empfundene Zeitdruck wurde als Operationalisierung des
Konstrukts „Psychische Belastung“ verwendet. Im Gegensatz zur physischen
Belastung zeigt sich für Zeitdruck, wie auch bei den anderen psychischen
Belastungsfaktoren, ein klarer und konsistenter additiver Einfluss von Intensität und
Expositionsdauer (Dauer der Arbeitszeit) auf die Höhe der PVB. Die Beschwerden
steigen mit zunehmender Arbeitszeit linear an und sind dabei in allen vier
Stichproben erwartungsgemäß bei den Personen stärker, die angeben, bei der Arbeit
häufig unter Zeitdruck zu stehen als bei Beschäftigten mit geringem Zeitdruck (siehe
Abb. 4.24 und Abb. 4.25). Ein interaktiver Zusammenhang lässt sich dagegen bisher
nicht belegen. Wie aus den Ergebnissen der Varianzanalysen mit Zeitdruck und
Arbeitszeit als unabhängigen und PVB und MSB als abhängigen Variablen in
Tab. 4.21 und Tab. 4.22 hervorgeht, gibt es konsistente Haupteffekte für die
wöchentliche Arbeitszeit und Zeitdruck. Die Zusammenhänge zwischen den MSB,
der Arbeitsdauer und Zeitdruck sind im Anhang dargestellt (Anh. 3, Abb. 23 und Anh.
3, Abb. 24).
Abb. 4.24 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der wöchentlichen
Arbeitszeit, deutsche Stichproben
119
Abb. 4.25 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben
Tab. 4.21 Varianzaufklärung der PVB durch Zeitdruck und die Arbeitsdauer
Stichprobe Zeitdruck Arbeitszeit Zeitdruck*Arbeitszeit
BB 2006 0,8 % 0,4 % n. s.
EU 2005 (EU 15) 0,6 % 0,8 % n. s.
GA 2004 3,5 % 0,8 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,6 % 1,0 % 0,1 %
Tab. 4.22 Varianzaufklärung der MSB durch Zeitdruck und die Arbeitsdauer
Stichprobe Zeitdruck Arbeitszeit Zeitdruck*Arbeitszeit
BB 2006 0,1 % 0,1 % 0,2 %
EU 2005 (EU 15) 0,2 % 0,5 % n. s.
GA 2004 0,8 % n. s. n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,3 % 0,3 % n. s.
Die hier dargestellten Belastungskomponenten Zwangshaltung und Zeitdruck sind
beispielhaft für die Konzepte der körperlichen und psychischen Belastung ausge-
wählt worden, bilden jedoch die Belastungsbedingungen natürlich nicht adäquat ab.
Um von den einzelnen Bedingungen abstrahieren zu können und um eine bessere
Vergleichbarkeit der verschiedenen Stichproben zu ermöglichen, wurden, wie oben
beschrieben, die einzelnen Belastungskomponenten sowie die den Handlungs-
spielraum beschreibenden Variablen mittels Faktorenanalyse zu drei Faktoren
zusammengefasst: „Psychische Belastung“, „Physische Belastung“ und „Autonomie“.
120
Die Belastungsfaktoren wurden weiterhin zu gruppierten Variablen umcodiert, um
eine Einteilung der Befragten in Gruppen mit hoher und niedriger physischer und
psychischer Belastung sowie mit hohem und geringem Handlungsspielraum vor-
nehmen zu können. Es wurden dabei 8 Gruppen von unterschiedlichen Belastungs-
konstellationen gebildet (siehe Tab. 3.13 auf S. 84), die aus den Kombinations-
möglichkeiten der Variablen Physische Belastung, Psychische Belastung und
Autonomie (jeweils in den Ausprägungen hoch und niedrig, Teilung am arithme-
tischen Mittel) hervorgingen.
Einerseits gehen unter Umständen durch die Zusammenfassung in Belastungs-
faktoren und die anschließende vereinfachende Gruppierung in „hohe“ und „niedrige“
Belastung Informationen über differenzielle Wirkungsmuster verschiedener
Belastungskomponenten verloren. Andererseits ist im Rahmen der Kreuzvalidierung
durch die Bildung von Gruppen mit ähnlichen Belastungskonstellationen ein auf alle
Stichproben anwendbarer Ansatz zur Kontrolle der Belastung gegeben. Denn durch
die Gruppen ähnlicher Belastungsbedingungen können die Belastungseffekte
konsistent gehalten und damit die Effekte der Arbeitsdauer auf die Höhe der gesund-
heitlichen Beeinträchtigungen abgeschätzt werden. Es kann angenommen werden,
dass die Arbeitsdauer mit der Belastungsintensität konfundiert ist, da sich die
angegebene Höhe der Belastung bzw. Beanspruchung in den Arbeitszeitgruppen
unterscheidet (s. o.). Es könnte demnach sein, dass Unterschiede zwischen den
Arbeitszeitgruppen bezüglich der Beschwerdehöhe nicht durch die Veränderung der
Dauer, sondern durch die Veränderung der Intensität der Belastung entstehen. Wenn
diese Annahme korrekt wäre, ließen sich in Gruppen gleicher Belastung keine
Effekte der Arbeitsdauer mehr zeigen.
Zur Untersuchung dieser Fragestellung wurde die Beeinträchtigungsfreiheit
verwendet, die zum Vergleich der Ergebnisse aus den vier Stichproben in z-Werte
transformiert worden war. Die Zusammenhänge zwischen der Beeinträchtigungs-
freiheit und der wöchentlichen Arbeitszeit in Gruppen unterschiedlicher Belastungs-
intensität sind beispielhaft für die Daten der EU 2005 (EU 15) in Abb. 4.26 bis Abb.
4.29 aufgeführt. Die strukturell ähnlichen Ergebnisse aus den anderen Stichproben
sind im Anhang dargestellt (siehe Anh. 3, Abb. 25 bis Anh. 3, Abb. 30).
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden die Gruppen der Belastungs-
konstellationen auf zwei Grafiken aufgeteilt, sodass die hohe und die niedrige
Autonomiestufe getrennt dargestellt sind. Aufgrund der teilweise zu geringen Zellen-
besetzung können die Mittelwerte aus einigen Arbeitszeitgruppen nicht dargestellt
werden (z. B. die Gruppe „A-, psych.-, phys.+“ jenseits von 54 Stunden). Es ist
jedoch deutlich zu erkennen, dass die berichtete Beschwerdefreiheit in allen Grup-
pen mit zunehmender Arbeitszeit abnimmt. Weiterhin wird deutlich, dass eine hohe
körperliche Belastung tendenziell mit geringerer Beeinträchtigungsfreiheit einhergeht
als eine hohe psychische Belastung. Die Kombination von hoher physischer mit
hoher psychischer Belastung führt erwartungsgemäß zu den meisten Beein-
trächtigungen bzw. zur geringsten Beeinträchtigungsfreiheit. Das Vorhandensein von
Autonomie hingegen scheint nur einen sehr geringen Einfluss auf die
Beeinträchtigungsfreiheit auszuüben und die Beschwerden tendenziell etwas
abzumildern.
121
Zum Vergleich der Strukturen in den einzelnen Stichproben und Belastungsgruppen
wurden Regressionsgeraden für die Belastungsgruppen berechnet, die in Abb. 4.28
und Abb. 4.29 dargestellt sind. Es weisen alle Gruppen der Belastungs-
konstellationen in EU 2005 (EU 15) einen deutlichen negativen Zusammenhang der
Beschwerdefreiheit mit der wöchentlichen Arbeitszeit auf. Die Trends der einzelnen
Geraden sind dabei überaus stabil. Das heißt, dass auch in relativ homogenen
Gruppen ähnlicher Belastung die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit mit dem
Ausmaß der Beeinträchtigungsfreiheit zusammenhängt. Dies lässt sich anhand der
Trends in den anderen Stichproben ebenfalls zeigen (siehe Anhang), mit leichten
Inkonsistenzen in den Befragungen BB 2006 und GA 2004. Bei der statistischen
Prüfung auf Gleichheit der Regressionskoeffizienten auf Gruppenbasis zeigt sich,
dass sich die in Tab. 4.23 dargestellten Regressionskoeffizienten aller Stichproben
und aller Belastungsgruppen nicht signifikant voneinander unterscheiden (p>0,05),
dass also in allen Stichproben sehr ähnliche strukturelle Zusammenhänge bestehen
und additive Effekte von Belastungsintensität und -dauer nachweisbar sind.
122
Abb. 4.26 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen Belastungskonstellationen bei
niedriger Autonomie, EU 2005 (EU 15)
Abb. 4.27 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen Belastungskonstellationen bei
hoher Autonomie, EU 2005 (EU 15)
123
Abb. 4.28 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen Belastungs-
konstellationen bei niedriger Autonomie, EU 2005 (EU 15)
Abb. 4.29 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen Belastungs-
konstellationen bei hoher Autonomie, EU 2005 (EU 15)
124
Tab. 4.23 Regressionskoeffizienten für Gruppen der Belastungskonstellationen,
EU 2005 (EU 15)
Gruppe b-Koeffizient R2
A-, phys-, psych- -0,055 .872
A-, phys+, psych- -0,042 .962
A-, phys-, psych+ -0,024 .854
A-, phys+, psych+ -0,032 .772
A+, phys-, psych- -0,023 .862
A+, phys+, psych- -0,043 .884
A+, phys-, psych+ -0,028 .798
A+, phys+, psych+ -0,046 .980
4.3 Prädiktion gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit Hilfe
logistischer Regressionen
Um die gewonnenen Erkenntnisse über konfundierende Effekte, welche arbeitszeit-,
belastungs- und personenbezogene Merkmale auf die Zusammenhänge zwischen
der wöchentlichen Arbeitszeit und gesundheitlichen Beschwerden ausüben, in die
Untersuchungen einbeziehen zu können, wurden multiple logistische Regressionen
gerechnet. Das Ziel war, die potenziell konfundierenden Merkmale nicht nur, wie
bislang, einzeln zu kontrollieren, sondern gleichzeitig in ein Kontrollmodell einzu-
schließen. Dabei wurde die Nennung mindestens einer Beschwerde (entspricht der
fehlenden Beschwerdefreiheit) als abhängige Variable verwendet. Als unabhängige
Variablen wurden in einem ersten Block die personenbezogenen Merkmale Alter und
Geschlecht sowie die arbeitsplatzbezogenen Variablen „Physische Belastung“,
„Psychische Belastung“ und Autonomie (aus den dichotom gruppierten Faktorwerten)
in das Regressionsmodell eingefügt. Damit wurden die Varianzanteile in der
abhängigen Variable, welche durch die potenziell konfundierenden Merkmale aufge-
klärt werden, statistisch eliminiert. Im zweiten Schritt wurden dann die Arbeits-
zeitmerkmale (Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, gruppiert in Teilzeit (<35 Std.),
Vollzeit (35-47,9 Std.) und lange Arbeitszeiten (≥ 48 Std.) sowie Schichtarbeit,
Nachtarbeit, Arbeit an Samstagen und Sonntagen, jeweils gruppiert in „vorhanden“
und „nicht vorhanden“) in der schrittweisen Prozedur in das Regressionsmodell ein-
bezogen. Damit sollte ermittelt werden, ob und in welchem Ausmaß eine
Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit das Risiko erhöht, mindestens eine
gesundheitliche Beschwerde zu berichten, nachdem bereits die Effekte der
personen-, arbeitszeit- und belastungsbezogenen Merkmale herausgefiltert wurden.
Die Odds Ratios (Exp(B)) sowie die dazugehörigen 95 %-Konfidenzintervalle (KIu;
KIo) der in den Modellen verbliebenen unabhängigen Variablen sowie die
Varianzaufklärungen der Gesamtmodelle sind in Tab. 4.24 bis Tab. 4.27 aufgeführt.
Die stärkste Erhöhung des Risikos für das Vorhandensein mindestens einer
gesundheitlichen Beeinträchtigung geht erwartungsgemäß in den meisten Fällen von
körperlich beanspruchenden Tätigkeiten aus. Eine hohe psychische Belastung
erhöht das Risiko für gesundheitliche Beschwerden ebenfalls nicht unwesentlich. Wie
125
erwartet, senkt wiederum das Vorhandensein eines überdurchschnittlich hohen
Handlungsspielraumes (hohe Autonomie) das Beeinträchtigungsrisiko. Besonders
deutlich aber wird die substantielle Erhöhung des Beeinträchtigungsrisikos durch die
Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, die auch nach statistischer Kontrolle aller
potenziell konfundierender Variablen in allen Stichproben konsistent bestehen bleibt.
Als einzige Variable aller Arbeitszeitmerkmale ist die tatsächliche wöchentliche
Arbeitszeit in allen vier Regressionsmodellen nach Kontrolle der konfundierenden
Effekte als signifikante Einflussgröße nachweisbar. Die Erhöhung des Beein-
trächtigungsrisikos durch Arbeit in Vollzeit (35-47,9 Std.) beträgt dabei gegenüber
der Teilzeit (<35 Std.) zwischen 18,7 % in EU 2005 (EU 15) und 69,6 % in GA 2004.
Das Beeinträchtigungsrisiko steigt weiterhin durch Arbeit in langen Arbeitszeiten von
über 48 Wochenstunden gegenüber der Teilzeitarbeit um etwa 49,9 % in EU 2000
(EU 15) bis hin zu 102 % in GA 2004 an (vgl. Tab. 4.24 bis Tab. 4.27). Auffällig ist,
dass die Odds Ratios der wöchentlichen Arbeitszeit in GA 2004 wesentlich höher
sind, als die der anderen drei Stichproben. Für dieses Ergebnis scheint es keine
plausible Erklärung zu geben, sodass es als leicht inkonsistent mit den anderen drei
Stichproben zu sehen ist. Ohne GA 2004 beträgt die Erhöhung des
Beeinträchtigungsrisikos gegenüber Teilzeitarbeit durch Vollzeitarbeit etwa 19-36 %
und durch lange Arbeitszeiten 50-88 % und kann somit als strukturell und numerisch
konsistent über die untersuchten Stichproben hinweg angesehen werden. Die
Varianzaufklärung ist mit 9 % bis knapp über 15 % nicht außerordentlich hoch, aber
bei den vorhandenen großen Stichproben noch zufriedenstellend und deutlich besser
als für die wöchentliche Arbeitsdauer alleine.
Als weiteres Arbeitszeitmerkmal neben der Arbeitsdauer lässt sich in den
europäischen Befragungen die Arbeit an Sonntagen und an Abenden als Risiko für
Beeinträchtigungen identifizieren (siehe Tab. 4.25 und Tab. 4.27), wohingegen
Schicht- und Nachtarbeit sowie Arbeit an Samstagen keine signifikante Risiko-
erhöhung bewirken. Es kann vermutet werden, dass die Höhe der körperlichen
Belastung mit der Tätigkeit in Schicht- und Nachtarbeit zusammenhängt. Da die
Variablen der physischen und psychischen Belastung im ersten Block bereits recht
viel Varianz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufklären, bewirkt vermutlich
das Vorhandensein von Schicht- und Nachtarbeit darüber hinaus keine weitere
bedeutsame Erhöhung des Risikos.
126
Tab. 4.24 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, BB 2006
Variable Exp(B) (KIu; KIo)
1. Block:
Geschlecht (m vs. w) 2,079 (1,887; 2,289)
Alter (in Jahren) 1,014 (1,010; 1,018)
Phys. Bel. (hoch vs. niedrig) 2,367 (2,171; 2,582)
Psych. Bel. (hoch vs. niedrig) 1,912 (1,761; 2,076)
Autonomie (hoch vs. niedrig) 0,597 (0,549; 0,648)
2. Block:
AZ 35-47,9 Std. vs. <35 Std. 1,369 (1,230; 1,524)
AZ ≥ 48 Std. vs. <35 Std. 1,546 (1,338; 1,788)
R2 = . 090
Tab. 4.25 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde in EU 2005 (EU 15)
Variable Exp(B) (KIu; KIo)
1. Block:
Geschlecht (m vs. w) 1,191 (1,083; 1,308)
Alter (in Jahren) 1,017 (1,013; 1,021)
Phys. Bel. (hoch vs. niedrig) 3,211 (2,933; 3,516)
Psych. Bel. (hoch vs. niedrig) 1,695 (1,549; 1,856)
Autonomie (hoch vs. niedrig) 0,690 (0,632; 0,754)
2. Block:
AZ 35-47,9 Std. vs. <35 Std. 1,187 (1,061; 1,327)
AZ ≥ 48 Std. vs. <35 Std. 1,881 (1,579; 2,240)
Abendarbeit (ja vs. nein) 1,280 (1,158; 1,415)
Sonntagsarbeit (ja vs. nein) 1,370 (1,228; 1,529)
R2 = .153
127
Tab. 4.26 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, GA 2004
Variable Exp(B) (KIu; KIo)
1. Block:
Geschlecht (m vs. w) 1,017 (1,004; 1,029)
Alter (in Jahren) 1,904 (1,412; 2,566)
Phys. Bel. (hoch vs. niedrig) 2,692 (2,019; 3,589)
Psych. Bel. (hoch vs. niedrig) 2,987 (2,303; 3,874)
Autonomie (hoch vs. niedrig) 0,443 (0,345; 0,570)
2. Block:
AZ 35-47,9 Std. vs. <35 Std. 1,696 (1,231; 2,337)
AZ ≥ 48 Std. vs. <35 Std. 2,026 (1,290; 3,181)
R2 = .128
Tab. 4.27 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, EU 2000 (EU 15)
Variable Exp(B) (KIu; KIo)
1. Block:
Geschlecht (m vs. w) 1,262 (1,171; 1,361)
Alter (in Jahren) 0,805 (0,644; 1,008)
Phys. Bel. (hoch vs. niedrig) 2,954 (2,740; 3,185)
Psych. Bel. (hoch vs. niedrig) 1,917 (1,788; 2,055)
Autonomie (hoch vs. niedrig) 2,954 (2,740; 3,185)
2. Block:
AZ 35-47,9 Std. vs. <35 Std. 1,284 (1,180; 1,398)
AZ ≥ 48 Std. vs. <35 Std. 1,499 (1,302; 1,727)
Sonntagsarbeit (ja vs. nein) 1,210 (1,107; 1,321)
Abendarbeit (ja vs. nein) 1,304 (1,206; 1,409)
R2 = .133
Die Ergebnisse der logistischen Regressionen weisen deutlich darauf hin, dass auch
nach Kontrolle belastungsbedingter und biografischer Merkmale eine zunehmende
Anzahl wöchentlicher Arbeitsstunden eine substantielle Erhöhung des Risikos
gesundheitlicher Beeinträchtigungen bewirkt. Das Risiko, mindestens eine gesund-
heitliche Beschwerde zu berichten, und damit nicht mehr beeinträchtigungsfrei zu
sein, steigt bereits im Vollzeitbereich gegenüber dem Teilzeitbereich an und erhöht
sich noch einmal in der Gruppe der Personen mit langen Arbeitszeiten (≥48 Stunden
pro Woche). Der Anstieg des Beeinträchtigungsrisikos in der Gruppe der Personen
128
mit über 48 Wochenstunden ist deutlich ausgeprägt, auch wenn in den meisten
Fällen der direkte Vergleich der Odds Ratios der Gruppen mit 35-47,9 Std. und
≥48 Std. anhand der Konfidenzintervalle keine signifikanten Unterschiede ergibt. Die
Strukturen gleichen sich dabei in allen vier untersuchten Stichproben, da nicht nur
die wöchentliche Arbeitszeit als signifikante Einflussgröße in allen Modellen nach-
gewiesen werden kann, sondern sie zudem in allen vier Stichproben eine ähnliche
Erhöhung des Risikos für Beeinträchtigungen bewirkt.
Aus den berichteten Ergebnissen lässt sich festhalten, dass die Zusammenhänge
zwischen der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit und der Höhe gesundheitlicher
Beeinträchtigungen konsistent über verschiedene unabhängige Stichproben hinweg
nachweisbar sind. Auch in verschiedenen Subgruppen mit ähnlichen biografischen
Merkmalen, körperlicher und psychischer Belastungssituationen und vergleichbarer
Arbeitszeitkonstellationen lässt sich immer wieder ein Anstieg gesundheitlicher
Beschwerden mit steigender Arbeitsdauer zeigen. Insbesondere im Bereich der
psychovegetativen Beschwerden aber auch für den Indikator der Beein-
trächtigungsfreiheit lässt sich eine substantielle Erhöhung des Beeinträchtigungs-
risikos durch lange Arbeitszeiten in allen Gruppierungen nachweisen.
Die Muskel-Skelett-Beschwerden hängen dagegen weniger deutlich mit der
wöchentlichen Arbeitszeit zusammen, da diese vergleichsweise stark durch das
Ausmaß der körperlichen Belastungssituation am Arbeitsplatz bedingt sind. Arbeit in
körperlich und psychisch beanspruchenden Tätigkeiten sowie in potenziell
ungünstigen Arbeitszeitkonstellationen wie Schicht- und Nachtarbeit sowie Arbeit am
Wochenende verstärken die negativen Effekte der Arbeitsdauer auf die Gesundheit
weiter.
Die Belastungsintensität und die Dauer der Arbeitszeit scheinen dabei, entgegen der
Vorhersagen des Belastungs-Beanspruchungsmodells, eher additiv als interaktiv auf
die Höhe der gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu wirken. Weiterhin sind starke
Selektionseffekte bezüglich des Alters im Sinne des Healthy-Worker-Effekts zu
beobachten, sodass die Gruppe der Ältesten i. d. R. niedrigere Beschwerden
aufweist als Personen im mittleren Alter. Diese Selektionshypothese kann durch die
geringen Erwerbstätigenquoten der älteren Beschäftigten gestützt werden (siehe
S. 76). Dennoch lassen sich in allen Altersgruppen strukturell gleiche Zusammen-
hänge zwischen der Arbeitsdauer und der Gesundheit der Beschäftigten zeigen.
Mittels logistischer Regressionen ist es gelungen, strukturell gleiche Zusammen-
hänge in allen vier Stichproben nachzuweisen und die Effekte ihrer Stärke nach
abzuschätzen. Diese strukturell und teilweise auch numerisch gut überein-
stimmenden Relationen belegen, dass die gefundenen Ergebnisse nicht mit der
Stichprobe, der Methode, der Operationalisierung oder dem Untersuchungszeitpunkt
zusammenhängen und erhöhen daher die Validität dieser Ergebnisse deutlich.
129
5 Lange Arbeitszeiten und Beeinträchtigungen
der sozialen Teilhabe
Neben der Minimierung gesundheitlicher Folgen der Arbeit ist die Gewährung
ausreichender sozialer Teilhabe ein weiteres wichtiges Kriterium der
Arbeitszeitgestaltung und umfassender auch des Arbeitsschutzes. Nachdem oben
die Zusammenhänge zwischen der Dauer der Arbeitszeit und gesundheitlichen
Beeinträchtigungen differenziert analysiert wurden, soll nun der Fokus auf den
Bereich der sozialen Beeinträchtigungen gelegt werden. Erhoben wurden in den
verwendeten Stichproben verschiedene Informationen zum sozialen Leben der
Beschäftigten, wie etwa die Häufigkeit von Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit (nur in
den europäischen Befragungen), die angegebene Vereinbarkeit von Arbeitszeit und
Freizeit/Familie sowie die berichtete Berücksichtigung privater Interessen bei der
Arbeitszeitgestaltung.
Bei den folgenden Berechnungen wurden nur Befragte ohne Nebentätigkeiten in die
Analyse einbezogen, um eine mögliche Konfundierung von Haupt- und
Nebentätigkeit zu vermeiden. Dies schien geboten, da für Personen mit
Nebentätigkeiten unabhängig von der Art der Tätigkeit Zeit gebunden wird, die nicht
für soziale und Freizeitaktivitäten genutzt werden kann, und damit der genaue
Einfluss der Arbeitszeit aus der Haupttätigkeit nicht bestimmt werden kann. Da nicht
in allen Befragungen erhoben wurde, wie viele Stunden die Erwerbstätigen mit
Nebentätigkeiten beschäftigt sind, konnte auch keine Addition der wöchentlichen
Arbeitszeiten vorgenommen werden. Die hier verwendeten Stichprobengrößen sind
im Vergleich mit den ursprünglichen Stichprobenumfängen in Tab. 5.1 dargestellt.
Aufgrund der geringen Stichprobenumfänge wurden die deutschen Substichproben
aus EU 2000 und EU 2005 nur an wenigen, geeigneten Stellen in die Analysen
einbezogen. Dies ist an entsprechender Stelle erläutert.
Tab. 5.1 Stichprobengrößen der abhängig Beschäftigten mit und ohne
Nebentätigkeiten
Befragung ohne
Nebentätigkeiten ursprüngliche
Gesamtstichprobe
GA 2004 3240 3996
BB 2006 16 941 17 767
EU 2000 (EU 15) 16 541 17 910
EU 2000 (DE) 1206 1325
EU 2005 (EU 15) 11 231 12 288
EU 2005 (DE) 725 904
130
5.1 Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit
Die Antwort auf die Frage „Do your working hours fit in with your family or social
commitments outside work very well, well, not very well or not at all well?” aus den
europäischen Umfragen wurde als Indikator für die Vereinbarkeit von Arbeit und
Freizeit/Familie verwendet. Die Antwort-Skala reichte von 1 (schlecht) bis 4 (sehr
gut).
Im Mittel wird die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit/Familie in den EU 15-
Stichproben als gut eingeschätzt (vgl. Tab. 5.2), wobei sich die Angaben aus den
Jahren 2000 und 2005 nicht signifikant voneinander unterscheiden (p>0,05). Beim
varianzanalytischen Vergleich der Mittelwerte lassen sich signifikante Unterschiede
bezüglich Geschlecht, Kindern im Haushalt und der Interaktion Geschlecht*Kinder
zeigen. Frauen schätzen die Vereinbarkeit im Vergleich zu Männern als besser ein,
und Personen mit Kindern im Haushalt nehmen die Vereinbarkeit als schlechter wahr
als Personen ohne Kinder (p<0,05). Diese Unterschiede sind besonders groß
zwischen Männern mit und ohne Kinder(n).
Tab. 5.2 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den europäischen Stich-
proben
EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Männer 3,11 3,12
mit Kind 3,06 3,05
ohne Kind 3,16 3,17
Frauen 3,22 3,27
mit Kind 3,19 3,24
ohne Kind 3,24 3,29
Gesamt 3,17 3,19
Tab. 5.3 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den deutschen
EU-Stichproben
EU 2005 (DE) EU 2000 (DE)
Männer 3,17 3,07
mit Kind 3,09 2,96
ohne Kind 3,21 3,14
Frauen 3,17 3,31
mit Kind 3,10 3,21
ohne Kind 3,20 3,37
Gesamt 3,17 3,18
Wie Tab. 5.3 entnommen werden kann, lassen sich in den deutschen Substich-
proben der europäischen Befragungen ähnliche Muster wie in den EU 15 Ländern
131
zeigen. Die Gesamteinschätzung der Vereinbarkeit ist ebenfalls konsistent etwas
besser als „gut“. Signifikante Unterschiede lassen sich für Kinder und Geschlecht in
EU 2000 (DE) zeigen (p<0,05), in der EU 2005 (DE) hingegen gibt es nur einen
tendenziellen Unterschied zwischen Personen mit und ohne Kinder (p<0,10). Die
Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Vereinbarkeitseinschätzungen von
Frauen und Männern zwischen den Jahren 2000 und 2005 angenähert haben. In den
EU 15-Stichproben (vgl. Tab. 5.2) hat sich die berichtete Vereinbarkeit bei den
Frauen zwischen den Jahren 2000 und 2005 leicht verschlechtert, wohingegen sie
bei den Männern etwa gleich geblieben ist. In den deutschen Substichproben kann
ebenfalls eine Verschlechterung der Vereinbarkeit in der Gruppe der Frauen
verzeichnet werden, jedoch hat sich gegenläufig dazu die Vereinbarkeit bei den
Männern etwas verbessert (siehe Tab. 5.3).
Da in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 keine direkte Frage nach
der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit gestellt worden war, wurden an Stelle der
Vereinbarkeit die Antworten auf die Frage „Gelingt es Ihnen, bei der Arbeits-
zeitplanung auf Ihre familiären und privaten Interessen Rücksicht zu nehmen?“ zur
Untersuchung herangezogen. Es wird dabei unterstellt, dass das Ausmaß der
Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung auf die Verein-
barkeit von Beruf und Freizeit hindeutet. Dennoch ist fraglich, wie gut die
Vereinbarkeit durch diese Formulierung operationalisiert wird, da offensichtlich davon
ausgegangen wird, dass die Befragten ihre Arbeitszeiten planen können. Es war
jedoch keine andere, mit der Operationalisierung in den europäischen Stichproben
vergleichbare Frage formuliert worden, sodass nur die beschriebene Opera-
tionalisierung in BB 2006 und GA 2004 verwendet werden konnte. Die Antwortskala
in BB 2006 war dreistufig und wurde in GA 2004 zu Vergleichszwecken von einer
vier- auf eine dreistufige Skala umcodiert mit 1 = selten/nie, 2 = manchmal, 3 =
oft/immer. Die Mittelwerte für die Berücksichtigung privater Interessen bei der
Arbeitszeitgestaltung in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 sind in
Tab. 5.4 dargestellt. Insgesamt wird die Berücksichtigung privater Interessen als gut
eingeschätzt. Frauen tendieren dabei in beiden Stichproben zu einer positiveren
Beurteilung, besonders wenn Kinder im Haushalt leben. Bei Männern verhält sich die
Situation umgekehrt: Männer mit Kindern beurteilen die Berücksichtigung ihrer
Interessen schlechter als Männer ohne Kinder. Die Unterschiede zwischen Männern
und Frauen werden jedoch nur in GA 2004 signifikant (p<0,05). Effekte für die
Variable „Kinder im Haushalt“ sowie die Interaktion „Geschlecht*Kinder“ werden nicht
signifikant. Bei den Angaben der Frauen treten leichte Inkonsistenzen zwischen den
europäischen und den deutschen Umfragen auf: In den europäischen Stichproben
und ihren deutschen Teilstichproben berichten Frauen mit Kindern eine schlechtere
Vereinbarkeit als Frauen ohne Kinder (siehe Tab. 5.2 und Tab. 5.3), wohingegen in
BB 2006 und GA 2004 Frauen mit Kindern eine bessere Berücksichtigung ihrer
Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung angeben als Frauen ohne Kinder (siehe Tab.
5.4). In weiteren Analysen soll geprüft werden, ob diese Inkonsistenzen auch in
Substichproben mit Personen in gleichen Arbeitszeitbedingungen erhalten bleiben,
oder ob dieser Effekt auf Konfundierungen zurückgeführt werden kann.
132
Tab. 5.4 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(Mittelwerte)
BB 2006 GA 2004
Männer 2,48 2,38
mit Kind 2,46 2,34
ohne Kind 2,50 2,41
Frauen 2,60 2,63
mit Kind 2,63 2,73
ohne Kind 2,56 2,58
Gesamt 2,53 2,50
Um zu prüfen, in wieweit die subjektive Vereinbarkeit mit der Arbeitszufriedenheit
übereinstimmt, wurden Korrelationen dieser Merkmale berechnet. Wie in Tab. 5.5 zu
erkennen ist, bestehen moderate, aber substantielle Zusammenhänge zwischen der
Zufriedenheit und der berichteten Vereinbarkeit, sodass diese als nicht unabhängig
voneinander betrachtet werden können. Da auch die Zufriedenheit nicht einheitlich
über alle Stichproben abgefragt wurde, wurde in den deutschen Befragungen die
Zufriedenheit mit der Arbeitszeit und in den europäischen Befragungen die
Zufriedenheit mit der Arbeit insgesamt verwendet, die jedoch in vergleichbaren
Zusammenhängen zur Vereinbarkeit resultieren. Aufgrund der moderaten
Zusammenhänge scheint es sich bei der berichteten Vereinbarkeit jedoch nicht um
eine reine Zufriedenheitsangabe zu handeln.
Tab. 5.5 Korrelationen zwischen der Arbeitszufriedenheit und der
Vereinbarkeit
Korrelationskoeffizient
BB 2006(*) 0,311
EU 2005 (EU 15) (**) 0,330
GA 2004(*) 0,446
EU 2000 (EU 15) (**) 0,320
(*) Frage nach der Zufriedenheit mit der Arbeitszeit
(**) Frage nach der Zufriedenheit mit der Arbeit insgesamt
5.1.1 Effekte der Arbeitsdauer auf die berichtete Vereinbarkeit
Die mittlere Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Interessen in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit ist in Abb. 5.1 dargestellt. Es ist deutlich zu
erkennen, dass die Mittelwerte der Vereinbarkeit in sehr konsistenter Weise über
beide europäische Stichproben hinweg mit zunehmender Arbeitszeit absinken. Dabei
ist mit steigender Arbeitszeit zunächst ein schwächerer, dann ab 40 Stunden ein
stärkerer Abfall zu erkennen. In der linearen Regression auf individueller Ebene in
EU 2005 (EU 15) ergibt sich für die Variable Arbeitszeit ein β = -0,234 bei einer
Varianzaufklärung von 5,6 %. Die quadratische Anpassung erreicht einen etwas
133
besseren Fit mit R2 = 7 %. In der Befragung EU 2000 (EU 15) ergibt sich für den
Einfluss der Arbeitszeit ein β = -0,241 bei R2 = 5,8 %. Auch hier erzielt die
quadratische Anpassung mit R2 = 7,5 % eine vergleichsweise bessere Anpassung.
Auf Basis der Gruppenmittelwerte ergeben sich in den linearen Regressionen
erwartungsgemäß weitaus größere Effektstärken mit 91,5 % in EU 2005 (EU 15) und
89,9 % in EU 2000 (EU 15).
Bei der Berechnung von zwei getrennten, d. h. diskontinierlichen Regressions-
geraden für die Bereiche von unterhalb und über 40 Wochenstunden lassen sich für
die wöchentliche Arbeitsdauer deutlich unterschiedliche Regressionskoeffizienten
und Varianzaufklärungen in beiden Stichproben zeigen, die in Tab. 5.6 dargestellt
sind. Mit Beta-Koeffizienten zwischen -0,189 und -0,280 übt die wöchentliche
Arbeitszeit dabei im Bereich von ≥40 Wochenstunden einen wesentlich stärkeren
Einfluss auf die berichtete Vereinbarkeit aus als im Bereich von <40 Stunden, in
welchem die Arbeitsdauer Koeffizienten von -0,035 bis -0,037 erzielt. Die
Unterschiede werden ebenfalls anhand der großen Differenz der Varianz-
aufklärungen deutlich, die mit <1 % bei <40 Std./Woche deutlich schwächer ist als im
Bereich von ≥40 Stunden mit ca. 7 %.
Tab. 5.6 Ergebnisse diskontinuierlicher Regressionen
EU 2000 (EU 15) EU 2005 (EU 15)
Wöchentliche Arbeitszeit β R
2 β R
2
<40 Stunden -0,075 0,6 % -0,088 0,8 %
≥40 Stunden -0,280 7,8 % -0,265 7,0 %
Berücksichtigt man, dass hier weder eine Aufteilung der Personen in Gruppen
ähnlicher Bedingungen noch eine Kontrolle der potenziell konfundierenden Einfluss-
größen erfolgt ist, so sind diese Größen aus der Regressionsanalyse zunächst nur
als erste Hinweise auf die bestehenden Zusammenhänge zu verstehen.
134
Abb. 5.1 Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit in Abhängigkeit von der wöchent-
lichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Abb. 5.2 Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit in Abhängigkeit von der wöchent-
lichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Zu Vergleichszwecken ist in Abb. 5.2 die Vereinbarkeit in den verbleibenden Arbeits-
zeitgruppen der deutschen Substichproben aus den europäischen Befragungen
dargestellt. Die Zellenbesetzung in den Gruppen mit über 55 Stunden pro Woche
liegt bei weniger als 10 Personen, daher sind die Ergebnisse für diese Gruppen hier
nicht aufgeführt. Es zeigt sich, dass die Zusammenhänge zwischen der wahr-
genommenen Vereinbarkeit und der Arbeitsdauer Ähnlichkeit zu denen in den
135
europäischen Stichproben aufweisen. Im Bereich von unter 25 Wochenstunden wird
die Vereinbarkeit als recht gut eingeschätzt, mit zunehmender Wochenarbeitszeit
sinken die Mittelwerte jedoch unter die „gut“-Marke. Der steilere Abfall jenseits von
40 Stunden pro Woche ist hier zwar angedeutet, kann jedoch aufgrund der fehlenden
Gruppen mit langen Arbeitszeiten >54 Stunden nicht näher untersucht werden. In
den Regressionsanalysen mit der Vereinbarkeit als Zielvariable und der
wöchentlichen Arbeitsdauer als unabhängiger Variable ergibt sich für die Arbeits-
dauer ein β = -0,152 bei R2 = 2,3 % in EU 2005 (DE) und ein β = -0,226 bei
R2 = 5,1 % in EU 2000 (DE). Auf Basis der Gruppenmittelwerte ergeben sich aus den
linearen Regressionen wie erwartet höhere Varianzaufklärungen von 53,1 % in EU
2005 (DE) und 74,6 % in EU 2000 (DE). Die berichtete Vereinbarkeit sinkt folglich
auch in den deutschen Substichproben in vergleichbarem Ausmaß mit zunehmender
Arbeitszeit ab, jedoch etwas weniger deutlich als in den EU 15-Stichproben.
Die Mittelwerte der Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in BB 2006 und GA 2004 sind in
Abb. 5.3 abgebildet. Es ist mit steigender wöchentlicher Arbeitsdauer ein deutliches
Absinken der Mittelwerte zu erkennen. Die Regressionsanalysen auf individueller
Ebene ergeben für den Einfluss der Arbeitszeit auf die Berücksichtigung privater
Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung ein β = -0,254 bei R2 = 6,5 % in BB 2006.
Die Ergebnisse aus GA 2004 sind - wie schon in Abb. 5.3 erkennbar - nahezu
identisch mit den Koeffizienten aus BB 2006: Für die Dauer der Arbeitszeit ergibt sich
ein Regressionskoeffizient von β = -0,252 bei einer Varianzaufklärung von 6,3 %. In
den Regressionsanalysen lassen sich demnach sowohl für die Vereinbarkeit als auch
für die Berücksichtigung privater Interessen strukturell gleichartige, negative Effekte
der wöchentlichen Arbeitszeit zeigen.
Abb. 5.3 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
136
5.1.2 Moderierende Effekte weiterer Arbeitszeit- und Personenmerkmale
Theoretisch ist zu erwarten, dass die wahrgenommene Vereinbarkeit von Beruf und
Freizeit von verschiedenen Faktoren abhängt, welche die Zusammenhänge
zwischen der Vereinbarkeit und der Arbeitsdauer moderieren. Weitere Arbeitszeit-
merkmale wie eine hohe Variabilität und eine sozial ungünstige Lage der Arbeitszeit
(Arbeit am Wochenende, Schichtarbeit, Nachtarbeit) sollten die Vereinbarkeit
verschlechtern, insbesondere in Kombination mit langen Arbeitszeiten. Die Möglich-
keit der Einflussnahme auf die Arbeitszeitgestaltung sowie regelmäßige und tagsüber
stattfindende Arbeit hingegen lassen eine bessere Vereinbarkeit erwarten. Weitere
Unterschiede werden zwischen Männern und Frauen erwartet, da berufstätige
Frauen trotz emanzipatorischer Bemühungen den Hauptanteil an der Haushalts-
führung und Kinderbetreuung leisten und daher insbesondere bei langen Arbeits-
zeiten Vereinbarkeitsprobleme bekommen können. Verstärken sollte sich dies noch
einmal beim Vorhandensein von Betreuungspflichten, wie etwa in Familien mit
Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen im Haushalt, die allerdings auch einen
Einfluss auf die Vereinbarkeit bei Männern haben sollten. Aufgrund der fehlenden
Angaben können dabei allerdings keine Vergleiche von Alleinerziehenden und
Erziehenden mit Partnern durchgeführt werden. Weiterhin ist zu erwarten, dass sich
verschiedene Altersgruppen im Hinblick auf ihre angegebene Vereinbarkeit unter-
scheiden, da das Alter stark mit Lebensabschnitten zusammenhängt, die größere
soziale Verpflichtungen mit sich bringen, wie etwa die Phase der Kindererziehung
oder die Pflege älterer Angehöriger. Ältere und jüngere Personen sollten daher
theoretisch eine bessere Vereinbarkeit aufweisen als Befragte im mittleren Alter.
Wie in Abb. 5.4 und Abb. 5.5 dargestellt ist, deutet sich ein additiver Effekt der Dauer
und der Arbeitszeitvariabilität (hier operationalisiert durch die Frage „Arbeiten Sie in
festen Anfangs- und Endzeiten?“) auf die Vereinbarkeit bzw. Berücksichtigung
privater Interessen an. Befragte mit variablen Arbeitszeiten schätzen demnach die
Vereinbarkeit schlechter ein als Personen mit festen Arbeitszeiten. Dabei nimmt die
berichtete Vereinbarkeit sowohl in der Gruppe mit festen als auch bei Personen mit
variablen Arbeitszeiten substantiell mit zunehmender wöchentlicher Arbeitszeit ab.
Die Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalysen mit der Wochenarbeitszeit und
der Variabilität als unabhängigen Variablen und der Vereinbarkeit als abhängiger
Variable sind in Tab. 5.7 aufgeführt. Es zeigen sich signifikante Haupteffekte für die
Arbeitsdauer und die Variabilität sowie in zwei Fällen auch für die Interaktion
Variabilität*Dauer. Die wöchentliche Arbeitszeit besitzt dabei konsistent über alle vier
Stichproben hinweg den bedeutendsten Effekt auf die Höhe der Vereinbarkeit,
wohingegen die Variabilität nur in geringem Maße einen negativen Einfluss ausübt.
137
Abb. 5.4 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von festen Start- und Endzeiten
der Arbeit sowie der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Abb. 5.5 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(MAVGs) in Abhängigkeit von festen Start- und Endzeiten der Arbeit sowie
der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
138
Tab. 5.7 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit/Berücksichtigung privater Interessen
durch die Variabilität und Dauer der Arbeitszeit
Stichprobe Variabilität Arbeitszeit Variabilität*Arbeitszeit
BB 2006 n. s. 6,8 % 0,6 %.
EU 2005 (EU 15) 0,3 % 6,3 % n. s.
GA 2004 0,6 % 6,3 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,7 % 6,0 % 0,2 %
Ähnlich wie die Variabilität verhält sich die moderierende Variable „Einfluss auf die
Arbeitszeit“. Im Vergleich zu Personen mit fremdbestimmten Arbeitszeiten ist bei
Befragten mit selbstbestimmten Arbeitszeiten eine deutlich bessere Vereinbarkeit in
allen Gruppen der wöchentlichen Arbeitszeit zu verzeichnen (siehe Abb. 5.6 und
Abb. 5.7). Da die Einflussmöglichkeit auf die Arbeitszeit nur in GA 2004 in
vergleichbarer Form zu den europäischen Umfragen erhoben wurde, konnten für BB
2006 keine Ergebnisse ermittelt werden. Einschränkend ist zu erwähnen, dass sich
die Operationalisierungen zwischen den beiden europäischen Befragungen
unterscheiden. In EU 2000 wird gefragt, ob die Beschäftigten Einfluss auf ihre
Arbeitszeit haben, wohingegen in EU 2005 detaillierter danach gefragt wurde, ob die
Arbeitszeiten vollkommen oder teilweise selbstbestimmt sind, oder ob sie ganz oder
teilweise betrieblich vorgegeben sind. Zur Auswertung wurden die Antworten
„vollkommen selbstbestimmt“ als „selbstbestimmt“ und „vollkommen betrieblich
vorgegeben“ als „fremdbestimmt“ verwendet. Trotz der unterschiedlichen Frage-
stellung werden allerdings in den beiden Datensätzen fast identische Werte der
Vereinbarkeit erzielt (siehe Abb. 5.6), was trotz unterschiedlicher Operationa-
lisierungen für die Vergleichbarkeit spricht.
139
Abb. 5.6 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die Arbeitszeit-
gestaltung sowie der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Abb. 5.7 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit vom
Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung sowie der wöchentlichen Arbeitszeit,
GA 2004
Die Effekte der Einflussnahme und der Dauer erzielen in der Varianzanalyse jeweils
signifikante Haupteffekte (vgl. Tab. 5.8), sodass diese beiden Merkmale einen
140
additiven Einfluss auf das Ausmaß der Vereinbarkeit ausüben. Die Einfluss-
möglichkeit auf die Arbeitszeit erhält in GA 2004 eine wesentlich größere Effektstärke
als in den europäischen Daten, die dennoch durch die Effekte der Arbeitsdauer
übertroffen wird. Interaktionseffekte konnten dagegen nicht nachgewiesen werden.
Tab. 5.8 Varianzaufklärung des Einflusses auf die Arbeitszeitgestaltung sowie
der Arbeitsdauer auf die Vereinbarkeit
Stichprobe Einfluss Arbeitszeit Einfluss*Arbeitszeit
EU 2005 (EU 15) 0,3 % 4,2 % n. s.
GA 2004 5,2 % 7,5 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,6 % 8 % n. s.
Da es zu kurz gegriffen erscheint, nur zwischen variablen und regelmäßigen bzw.
zwischen fremd- und selbstbestimmten Arbeitszeiten zu unterscheiden, wurde in
einer dreifaktoriellen Varianzanalyse der Einfluss dieser beiden Merkmale in
Kombination untereinander und mit der Arbeitsdauer auf die Höhe der Vereinbarkeit
untersucht.
Wie in Abb. 5.8 bis Abb. 5.10 dargestellt ist, empfinden erwartungsgemäß Personen
mit fremdbestimmt-variablen Arbeitszeiten die Vereinbarkeit als am schlechtesten.
Zwischen den fremdbestimmt-regelmäßigen und den selbstbestimmt-variablen
Arbeitszeiten lässt sich in den europäischen Umfragen kein Unterschied zeigen (vgl.
Abb. 5.8 und Abb. 5.9). Wie in Abb. 5.10 zu erkennen ist, treten dagegen in GA 2004
deutliche Unterschiede auf: Personen in selbstbestimmten Arbeitszeiten bewerten
ihre Vereinbarkeit am positivsten, relativ unabhängig von der Arbeitszeitvariabilität.
Wie zu erwarten war, berichten in allen Stichproben Personen mit selbstbestimmt-
regelmäßigen Arbeitszeiten die beste Vereinbarkeit zwischen Beruf und Freizeit,
wobei in der EU 2005 Befragung in den Arbeitszeitgruppen ab 55 Wochenstunden
die Zellenbesetzung so gering ist, dass auf eine Darstellung dieser Gruppen
verzichtet wurde. Die negativen Effekte der Dauer und Variabilität der Arbeitszeit auf
die Höhe der berichteten Vereinbarkeit können demnach etwas durch die Möglichkeit
der individuellen Einflussnahme abgemildert, jedoch nicht aufgehoben werden. Die
Ergebnisse der Varianzanalysen mit Einfluss auf die Arbeitszeiten, Variabilität und
Dauer der Arbeitszeit als unabhängigen Variablen und der Vereinbarkeit als
abhängiger Variable sind in Tab. 5.9 aufgeführt. Die Ergebnisse zeigen einen
konsistenten Einfluss der wöchentlichen Arbeitszeit sowie etwas schwächere Effekte
der Variabilität und der Einflussmöglichkeiten.
141
Abb. 5.8 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität, Einflussnahme
und Dauer der Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.9 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität, Einflussnahme
und Dauer der Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
142
Abb. 5.10 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität, Einflussnahme und Dauer der
Arbeitszeit, GA 2004
Tab. 5.9 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Arbeitszeitmerkmale
Stichprobe EU 2005 (EU 15) GA 2004 EU 2000 (EU 15)
Variabilität 0,2 % 0,2 % 1,1 %
Einflussnahme 0,5 % 4,7 % 1,0 %
Arbeitsdauer 2,8 % 6,2 % 5,7 %
Variabilität*Einfluss 0,1 % 0,1 % 0,1 %
Variabilität*Dauer n. s. n. s. 0,1 %
Einfluss*Dauer 0,5 % n. s. 0,2 %
Dauer*Einfluss
*Variabilität n. s. n. s. n. s.
Weitere Arbeitszeitmerkmale wie Sonntags-, Samstags- und Nachtarbeit, Arbeit an
Abenden sowie Schichtarbeit hängen, wie nicht anders zu erwarten, in allen
Stichproben mit der Höhe der berichteten Vereinbarkeit zusammen und wirken
i. d. R. additiv mit der Arbeitsdauer. In den europäischen Umfragen treten die Effekte
der Lage der Arbeitszeit etwas stärker zu Tage als in den deutschen Umfragen. Wie
erwartet, verschlechtert Arbeit zu sozial ungünstigen Zeiten (z. B. an Abenden und
Wochenenden) die Vereinbarkeit deutlich. Arbeit in sozial eher günstigen Zeiten führt
zwar zu einem etwas höheren Niveau der Vereinbarkeit, hebt aber die negativen
Effekte langer Arbeitszeiten nicht auf. Aus Platzgründen sind hier nur die Ergebnisse
für die Vereinbarkeit in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der Arbeitsdauer
dargestellt (siehe Abb. 5.11 und Abb. 5.12), die moderierenden Effekte der übrigen
143
Merkmale der Arbeitszeitlage sind im Anhang aufgeführt (siehe Anh. 4, Abb. 1 bis
Anh. 4, Abb. 6).
Abb. 5.11 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Abb. 5.12 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit von
Sonntagsarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
144
In den Varianzanalysen mit den Merkmalen der Arbeitszeitlage und der Arbeitsdauer
als unabhängigen und der Vereinbarkeit bzw. der Berücksichtigung privater
Interessen als abhängigen Variablen ergeben sich die in Tab. 5.10 dargestellten
Effekte. Den größten Effekt auf die Höhe der Vereinbarkeit besitzt in allen Gruppen
der verschiedenen Arbeitszeitbedingungen die Dauer der Arbeitszeit, sodass dieses
Ergebnis konsistent über alle vier Stichproben hinweg nachgewiesen werden kann.
In den europäischen Stichproben werden die Effekte der Arbeitszeitlage wesentlich
deutlicher sichtbar als in den deutschen Stichproben BB 2006 und GA 2004, in
welchen die wöchentliche Arbeitsdauer klar den größten Einfluss auf die Höhe der
Berücksichtigung privater Interessen ausübt. Dies wird ebenfalls anhand der
Ergebnisse der Varianzanalysen deutlich.
Tab. 5.10 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Merkmale der Arbeitszeitlage
BB 2006 EU 2005
(EU 15) GA 2004 EU 2000
(EU 15)
Sonntagsarbeit 0,1 % 1,2 % 0,1 % 1,4 %
Arbeitszeit 6,0 % 5,2 % 5,0 % 5,9 %
Sonntag*Arbeitszeit 0,2 % n. s. 0,7 % 0,2 %
Samstagsarbeit <0,1 % 0,6 % n. s. 1,4 %
Arbeitszeit 4,4 % 4,8 % 4,6 % 5,0 %
Samstag*Arbeitszeit 0,2 % n. s. n. s. 0,2 %
Abendarbeit a) 1,6 % a) 1,2 %
Arbeitszeit a) 3,7 % a) 4,5 %
Abende*Arbeitszeit a) 0,2 % a) 0,2 %
Schichtarbeit 0,3 % 0,6 % 0,2 % 1,0 %
Arbeitszeit 5,3 % 3,1 % 3,5 % 4,8 %
Schicht*Arbeitszeit 0,2 % 0,3 % n. s. 0,2 %
Nachtarbeit 0,2 % 1,7 % 0,3 % 2,2 %
Arbeitszeit 4,6 % 4,2 % 3,2 % 4,6 %
Nacht*Arbeitszeit 0,1 % 0,2 % n. s. 0,1 %
Als weitere moderierende Merkmale kommen personenbezogene Variablen in Frage,
wie das Geschlecht, das Alter oder Betreuungspflichten der Befragten. In Abb. 5.13
und Abb. 5.14 sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bezüglich der
angegebenen Vereinbarkeit in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit
dargestellt. Wie zu erkennen ist, bestehen nur sehr geringfügige Unterschiede
zwischen den Geschlechtern, wohingegen die negativen Effekte langer Arbeitszeiten
auf die Vereinbarkeit deutlich sichtbar werden. In der kleinsten Stichprobe GA 2004
brechen die Zellenbesetzungen für Männer mit sehr kurzen und Frauen mit sehr
langen Arbeitszeiten zusammen, weshalb auf eine Darstellung dieser Gruppen
verzichtet wurde.
145
Abb. 5.13 Vereinbarkeit (MAVGs) bei Männern und Frauen in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Abb. 5.14 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) bei Männern und Frauen in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Die varianzanalytisch ermittelten Effektstärken des Geschlechts, des Vorhanden-
seins von Kindern im Haushalt und der wöchentlichen Arbeitszeit sind in Tab. 5.11
146
angeführt. Haupteffekte für das Geschlecht werden nur in zwei der Stichproben
signifikant, und das Vorhandensein von Kindern übt nur in EU 2000 einen
Haupteffekt auf die Vereinbarkeit aus. Dagegen ist der Haupteffekt der Arbeitsdauer
in allen Stichproben deutlich stärker. Die Interaktionseffekte Kind*Dauer,
Geschlecht*Dauer und Kind*Geschlecht*Dauer werden teilweise signifikant, erzielen
dabei jedoch recht geringe Effektstärken. Insgesamt sind nur die Effekte der
wöchentlichen Arbeitsdauer über alle Stichproben hinweg konsistent. Das
Geschlecht der Befragten oder Vorhandensein von Kindern scheint keinen stabilen
und bedeutsamen Einfluss auf die berichtete Vereinbarkeit auszuüben.
Tab. 5.11 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Geschlecht, Kinder im
Haushalt und die wöchentliche Arbeitszeit
Stichprobe BB 2006
EU 2005
(EU 15) GA 2004 EU 2000
(EU 15)
Kind n. s. n. s. n. s. 0,1 %
Geschlecht n. s. n. s. 0,1 % 0,1 %
Arbeitsdauer 3,4 % 5,6 % 1,6 % 4,5 %
Kind*Dauer 0,2 % 0,3 % n. s. n. s.
Geschlecht*Dauer 0,2 % 0,3 % n. s. 0,3 %
Kind*Geschlecht*Dauer n. s. 0,3 % n. s. 0,1 %
Die mittlere Vereinbarkeit in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit ist für die europäischen Stichproben in Abb. 5.15 und Abb. 5.16
dargestellt. In GA 2004 konnte das Alter als moderierende Variable aufgrund der zu
geringen Zellenbesetzung nicht varianzanalytisch untersucht werden und wurde
daher nur in die unten aufgeführten Regressionsanalysen einbezogen. Insgesamt
berichtet die Gruppe der Personen mit über 55 Jahren die beste Vereinbarkeit von
Beruf und Freizeit, insbesondere im Bereich der langen Arbeitszeiten von über 50
Stunden pro Woche (schwache Interaktion von Alter und Dauer). Es lässt sich hier
nicht bestimmen, ob dies an konfundierenden Effekten der Tätigkeit, an einem im
Alter veränderten Anspruchsniveau, an der Selektion im Sinne des Healthy-Worker-
Effekts oder an anderen Gründen liegt. Effekte der Tätigkeit könnten dadurch
entstehen, dass Ältere und Personen in langen Arbeitszeiten eher in Tätigkeiten
beschäftigt sind, die häufig mit einem hohen Handlungsspielraum ausgestattet sind
und daher mit eigenem Einfluss auf die Arbeitszeit einhergehen (siehe auch die
Verteilung der ISCO-Gruppen in Abb. 3.24 auf S. 83). Die daraus resultierende
bessere Vereinbarkeit könnte sich in den Alterseffekten widerspiegeln. Der Healthy-
Worker-Effekt könnte sich ebenfalls insofern auf die Vereinbarkeit im Alter auswirken,
dass mit ihrer Arbeit(szeit) unzufriedene Personen eher die Chance auf einen
frühzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben ergreifen, wenn diese sich bietet, und
somit nur „zufriedene“ Personen oder solche mit angepasstem Anspruchsniveau in
der hier untersuchten Stichprobe verbleiben. Diese Hypothesen kann man mit den
vorliegenden Daten nicht näher untersuchen, daher soll an dieser Stelle nur auf die
Bedeutsamkeit der Untersuchung derartiger möglicher Konfundierungen hingewiesen
werden.
147
Abb. 5.15 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, Ergebnisse aus EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.16 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, Ergebnisse aus EU 2005 (EU 15)
Die Ergebnisse der Varianzanalysen mit dem Alter und der wöchentlichen Arbeitszeit
als unabhängigen Variablen und der Vereinbarkeit als abhängiger Variable sind in
Tab. 5.12 aufgeführt. Wie zu erkennen ist, übt die Arbeitsdauer einen weitaus
148
stärkeren Haupteffekt auf die Vereinbarkeit aus als das Alter, wohingegen interaktive
Effekte von Alter und Dauer zwar in zwei der drei Stichproben auftreten, jedoch eine
nur sehr schwache Varianzaufklärung leisten. Auf eine grafische Darstellung der
Daten aus BB 2006 wird hier aufgrund der fehlenden Zusammenhänge zwischen
dem Alter und der Vereinbarkeit verzichtet.
Tab. 5.12 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch das Alter und die wöchent-
liche Arbeitszeit
Stichprobe Alter Arbeitszeit Alter*Arbeitszeit
BB 2006 n. s. 3,8 % 0,3 %
EU 2005 (EU 15) 0,2 % 5,3 % n. s.
EU 2000 (EU 15) 0,3 % 4,4 % 0,3 %
Die Ergebnisse für die biografischen Merkmale widersprechen im Prinzip den
theoretischen Annahmen, dass Betreuungspflichten und das Geschlecht sowie die
Kombination dieser beiden Merkmale mit unterschiedlichen Einschätzungen der
Vereinbarkeit einhergehen. Es deutet sich hier vielmehr an, dass die Vereinbarkeit
stärker von der Arbeitszeitgestaltung abhängt als von biografischen Merkmalen, mit
denen nur schwache Zusammenhänge bestehen.
5.1.3 Prädiktion der Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Familie/Freizeit
Um, aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen, ein Gesamtmodell zur Vorhersage
der berichteten Vereinbarkeit (bzw. der Berücksichtigung privater Interessen bei der
Arbeitszeitgestaltung) aus verschiedenen Arbeitszeit- und Personenmerkmalen zu
erstellen, wurden multiple lineare Regressionen berechnet. Ziel dabei war es nicht
nur, die Rolle der verschiedenen moderierenden Merkmale genauer zu untersuchen,
sondern vor allem den Einfluss der Arbeitsdauer nach Kontrolle der moderierenden
Effekte zu ermitteln und zwischen den Stichproben zu vergleichen. Die
Regressionsanalysen wurden in zwei Blöcken durchgeführt. Im ersten Block wurden
als unabhängige Variablen im Einschlussverfahren die biografischen Merkmale Alter,
Geschlecht und Kinder im Haushalt eingefügt.
149
Im zweiten Block erfolgte der schrittweise Einschluss der folgenden Arbeitszeit-
merkmale:
- tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit (kontinuierlich)
- Häufigkeit der Tage mit ≥ 10 Std. pro Tag2
- Anzahl Überstunden3
- Häufigkeit von Arbeit an Abenden2
- Häufigkeit von Arbeit an Samstagen
- Häufigkeit von Arbeit an Sonntagen
- Häufigkeit von Arbeit zwischen 23 und 5 Uhr (Nachtarbeit)
- Schichtarbeit
- feste Start- und Endzeiten
- gleiche Anzahl Stunden pro Tag2
- gleiche Anzahl Tage pro Woche2
- Planbarkeit der Arbeitszeit
Als abhängige Variable wurde die berichtete Vereinbarkeit von Arbeitszeit und
Familie/Freizeit bzw. die Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeit-
gestaltung in ihrer Originalskalierung (vier bzw. drei Stufen) verwendet. Die Ergeb-
nisse der Regressionsanalysen sind in Tab. 5.13 bis Tab. 5.15 vergleichend
dargestellt. Aufgeführt sind die Beta-Koeffizienten aller Variablen, die einen signifi-
kanten Einfluss auf die Höhe der berichteten Vereinbarkeit ausüben, sowie die
Varianzaufklärung der jeweiligen Gesamtmodelle.
Die Ergebnisse der Regressionsanalysen in den beiden europäischen Umfragen sind
sehr konsistent (siehe Tab. 5.13). Sowohl die als signifikant im Modell verbliebenen
Variablen als auch deren Regressionskoeffizienten stimmen in den Jahren 2000 und
2005 sehr gut überein und erzielen bei der verwendeten Stichprobengröße
zufriedenstellende Varianzaufklärungen von etwa 20 %. Anhand der Beta-
Koeffizienten der Arbeitszeitmerkmale wird deutlich, dass offensichtlich für die
wahrgenommene Vereinbarkeit bestimmte Arbeitszeitmerkmale von größerer
Bedeutung sind als die untersuchten Personenmerkmale. Die Dauer der wöchent-
lichen Arbeitszeit hat auch nach Kontrolle aller anderen Merkmale insgesamt den
größten (negativen) Einfluss aller Variablen auf die Vereinbarkeit, gefolgt von der
Häufigkeit von Arbeit an Abenden und Samstagen. Dies deutet auf eine Bestätigung
der theoretisch angenommenen hohen Bedeutung der Arbeitsdauer und -lage für die
Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit hin. Weiterhin sind Merkmale der Variabilität der
Arbeitszeit (wöchentlich und täglich) relevant für die Einschätzung der Vereinbarkeit,
wobei eine hohe Variabilität mit schlechterer Vereinbarkeit zusammenhängt.
Kurzfristige Änderungen der Arbeitszeitpläne werden ebenfalls signifikant, erhalten
dabei aber recht schwache Regressionskoeffizienten. Das Geschlecht der Befragten
hat dagegen keinen signifikanten Einfluss auf die berichtete Vereinbarkeit, und auch
die Merkmale Alter und Kinder im Haushalt erhalten in der Regressionsgerade nur
schwache Regressionskoeffizienten. Wie auch schon in den Varianzanalysen fällt
hier das Ergebnis für das Alter auf: Je älter die Befragen sind, desto besser schätzen
sie die Vereinbarkeit ein. Mögliche Ursachen dafür wurden oben bereits andiskutiert.
2 nur in den europäischen Befragungen
3 nur in BB 2006 und GA 2004
150
Erwartungsgemäß hingegen fällt die berichtete Vereinbarkeit bei Personen mit
Kindern etwas schlechter aus als bei Personen ohne Kinder.
Die Ergebnisse können insgesamt durch die hohe Übereinstimmung sowohl der
Variablen als auch ihrer Koeffizienten über die beiden Stichproben hinweg als
äußerst stabil und strukturell konsistent bezeichnet werden. Es wird weiterhin
deutlich, dass die biografischen Merkmale nur etwa 1 % der Varianz der berichteten
Vereinbarkeit aufklären, wohingegen die Arbeitszeitmerkmale in der Regressions-
analyse ca. 19 % Varianzaufklärung leisten. Die wahrgenommene Vereinbarkeit
hängt demnach wesentlich stärker mit den gegebenen Arbeitszeitbedingungen
zusammen als mit persönlichen Konstellationen. Dabei besitzt die wöchentliche
Arbeitszeit konsistent den größten Einfluss auf die Vereinbarkeit.
Tab. 5.13 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Vereinbarkeit,
europäische Stichproben
β
Modellvariablen EU 2000 (EU 15) EU 2005 (EU 15)
1. Block:
Alter 0,047 0,051
Kinder -0,042 -0,079
Geschlecht n. s. n. s.
2. Block:
Arbeit am Abend -0,125 -0,138
Wochenarbeitszeit -0,152 -0,154
Samstagsarbeit -0,118 -0,108
variable Anzahl Tage pro Woche -0,062 -0,059
variable Anzahl Std. pro Tag -0,022 -0,026
Nachtarbeit -0,069 -0,068
Schichtarbeit -0,089 -0,089
Änderungen der AZ-Pläne -0,066 -0,031
> 10Std./Tag -0,073 -0,066
variable Start- und Endzeiten -0,036 -0,057
Varianzaufklärung R2 = .200 R2 = .197
Etwas weniger konsistent sind die Ergebnisse der deutschen Substichproben der
europäischen Befragungen in Tab. 5.14. Ebenso wie in den EU 15-Stichproben übt
das Geschlecht der Erwerbstätigen keinen bedeutsamen Einfluss auf die Höhe der
Vereinbarkeit aus, und auch das Alter und Kinder im Haushalt besitzen eher
schwache Effekte. Die Häufigkeit der Arbeit an Abenden ist konsistent über beide
Stichproben von hoher Bedeutung, jedoch erzielt die Dauer der wöchentlichen
Arbeitszeit nur in der EU 2000 (DE) einen signifikanten Einfluss auf die Vereinbarkeit.
Anders als in den EU 15-Stichproben wird in den beiden deutschen Substichproben
die Variable „Häufigkeit von mehr als 10 Stunden Arbeit pro Tag“ signifikant. Die
151
Dauer der Arbeitszeit scheint sich hier daher eher auf der täglichen als auf der
wöchentlichen Basis als bedeutsam für die Höhe der Vereinbarkeit zu erweisen.
Arbeit an Wochenendtagen, variable Start- und Endzeiten sowie die Planbarkeit der
Arbeitszeit werden aus dem schrittweisen Regressionsmodell ausgeschlossen. Die
Modellgüte in EU 2000 (DE) ist mit einer Varianzaufklärung von knapp 20 % ähnlich
stark wie in den EU 15-Stichproben, wohingegen das Modell in EU 2005 (DE) eine
deutlich geringere Varianzaufklärung von etwa 15 % aufweist.
Tab. 5.14 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Vereinbarkeit, deutsche
Substichproben
β
Modellvariablen EU 2000 (DE) EU 2005 (DE)
1. Block:
Alter 0,087 0,077
Kinder -0,091 -0,066
Geschlecht n. s. n. s.
2. Block:
Arbeit am Abend -0,152 -0,134
> 10Std./Tag -0,163 -0,148
variable Anzahl Tage pro Woche -0,066 -0,165
Wochenarbeitszeit -0,143 n. s.
variable Anzahl Std. pro Tag -0,135 n. s.
Nachtarbeit -0,069 n. s.
Schichtarbeit n. s. 0,114
Varianzaufklärung R2 = .196 R2 = .149
Für die Vorhersage der Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeit-
gestaltung sind in den Befragungen GA 2004 und BB 2006, ebenso wie in den euro-
päischen Umfragen, die Arbeitszeitmerkmale von größerer Bedeutung als die
Personenmerkmale (siehe Tab. 5.15). Im Gegensatz zu den europäischen Befra-
gungen ist hier die Variable „Geschlecht“ signifikant, allerdings ist die Wirkrichtung in
GA 2004 derart, dass Frauen eine bessere Berücksichtigung ihrer Interessen
angeben, wohingegen in BB 2006 die Männer eine bessere Berücksichtigung
berichten. Das Alter der Befragten hat keinen und das Vorhandensein von Kindern
nur in BB 2006 einen signifikanten Einfluss auf die Berücksichtigung privater
Interessen. Als einflussreichste Variable mit den höchsten Regressionskoeffizienten
stellt sich in beiden Datensätzen wiederum die Wochenarbeitszeit heraus, gefolgt
von der Arbeit an Samstagen. Die weiteren Arbeitszeitmerkmale (Schichtarbeit,
Nachtarbeit, Überstunden, variable Start- und Endzeiten sowie Arbeit an Sonntagen)
werden nicht konsistent in beiden Stichproben signifikant und üben eher schwache
Effekte auf die Berücksichtigung privater Interessen aus. Die Modellgüte ist in beiden
Befragungen mit 10 % bzw. 8 % Varianzaufklärung wesentlich schlechter als in den
152
europäischen Daten, verbessert sich aber deutlich gegenüber der Varianzaufklärung
der Arbeitsdauer alleine (s. o.).
Tab. 5.15 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Berücksichtigung
privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
β
Modellvariablen GA 2004 BB 2006
1. Block:
Geschlecht 0,067 -0,045
Kinder im Haushalt n. s. -0,022
Alter n. s. n. s.
2. Block:
Wochenarbeitszeit -0,201 -0,218
Samstagsarbeit -0,123 -0,055
Schichtarbeit -0,077 n. s.
Anzahl Überstunden n. s. -0,082
Sonntagsarbeit n. s. -0,029
variable Start- und Endzeiten n. s. 0,026
Nachtarbeit n. s. -0,024
Varianzaufklärung R2 = .101 R2 = .083
Insgesamt lässt sich bei der Betrachtung der Ergebnisse aller sechs Stichproben
feststellen, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit auch nach Kontrolle
möglicher konfundierender Merkmale einen bedeutsamen Zusammenhang zur
berichteten Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit/Familie besitzt. Nur in EU 2005
(DE) konnten diesbezüglich keine Effekte nach Kontrolle der biografischen Merkmale
mehr gezeigt werden. In den anderen fünf Stichproben jedoch wurde die Variable
nicht nur konsistent signifikant, sondern sie erhielt sogar mit β = -0,154 bis β = -0,218
sehr ähnliche Regressionskoeffizienten. Diese Ergebnisse stützen sich somit nicht
nur strukturell, sondern teils auch numerisch, und erhöhen die Validität und
Generalisierbarkeit der einzelnen Befunde deutlich.
Besonders in den europäischen Umfragen wird deutlich, dass weiterhin die Arbeit zu
sozial ungünstigen Zeiten, wie an Wochenenden und in den Abenden, ebenso wie
(täglich und wöchentlich) unregelmäßige Arbeitszeiten einerseits bereits aus langen
Arbeitszeiten resultieren können, und andererseits additiv mit der Arbeitsdauer eine
Verschlechterung der Vereinbarkeit bewirken können.
153
5.2 Freizeitverhalten in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit
Zur Erhebung des Freizeitverhaltens der Beschäftigten wurde in den europäischen
Datensätzen die Häufigkeit der Ausübung verschiedener außerberuflicher Aktivitäten
erhoben. Die Vergleiche der Ausübungshäufigkeiten der einzelnen Aktivitäten sind in
Tab. 5.16 und Tab. 5.17 dargestellt. In der Umfrage von 2005 wurden die drei Fragen
nach Sport, kulturellen und Freizeitaktivitäten zu einer zusammengefasst, weshalb
die einzelnen Items schlecht vergleichbar sind. Aufgrund der nicht intervallskalierten
Abstände zwischen den Antwortstufen wurde die Darstellung der Mediane gewählt.
In Tab. 5.16 und Tab. 5.17 ist zu erkennen, dass sich die Häufigkeit der Ausübung
der Aktivitäten zwischen 2000 und 2005 nicht wesentlich verändert hat. Einzig in den
deutschen Stichproben ist ein deutlicher Rückgang der Zeitaufwendung für
Kinderbetreuung von „jeden Tag für mehr als 1 Std.“ auf „jeden oder jeden 2. Tag“ zu
verzeichnen (siehe Tab. 5.17). In den europäischen Stichproben ist weiterhin ein
Anstieg der Zeitaufwendung für Kochen und Haushalt zu erkennen (siehe Tab. 5.16)
der jedoch möglicherweise auf die Zusammenfassung der Fragen zu einer einzigen
Variable zurückführbar ist.
154
Tab. 5.16 Mediane verschiedener Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit, europäische
Stichproben
EU 2005
(EU 15) (a) EU 2000
(EU 15) (a)
freiwillige/ehrenamtliche Aktivitäten 1 1
politische/gewerkschaftliche Aktivitäten 1 1
Kinderbetreuung (wenn Kinder) 6 6
Kochen/Haushalt(*) 6 5 / 5
Betreuung älterer/pflegebedürftiger Angehöriger 1 1
Weiterbildung 1 1
Sport, kulturelle bzw. sonstige Freizeitaktivitäten 4 -
Sport - 3
Kulturelle Aktivitäten - 2
sonstige Freizeitaktivitäten - 4
(a) 1 = „nie“, 2 = „1-2x pro Jahr“, 3 = „1-2x pro Monat“, 4 = „1-2x pro Woche“,
5 = „jeden oder jeden 2. Tag“, 6 = „jeden Tag für mehr als 1 Std.“
(*) in EU 2000 zwei Variablen, in EU 2005 eine
Tab. 5.17 Mediane verschiedener Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit, deutsche
Substichproben der europäischen Daten
EU 2005
(DE) (a) EU 2000
(DE) (a)
freiwillige/ehrenamtliche Aktivitäten 1 1
politische/gewerkschaftliche Aktivitäten 1 1
Kinderbetreuung (wenn Kinder) 5 6
Kochen/Haushalt(*) 5 4 / 5
Betreuung älterer/pflegebedürftiger Angehöriger 1 1
Weiterbildung 1 1
Sport, kulturelle bzw. sonstige Freizeitaktivitäten 3 -
Sport - 3
Kulturelle Aktivitäten - 2
sonstige Freizeitaktivitäten - 4
(a) 1 = „nie“, 2 = „1-2x pro Jahr“, 3 = „1-2x pro Monat“, 4 = „1-2x pro Woche“,
5 = „jeden oder jeden 2. Tag“, 6 = „jeden Tag für mehr als 1 Std.“
(*) in EU 2000 zwei Variablen, in EU 2005 eine
155
5.2.1 Effekte der Arbeitsdauer auf die Ausübung außerberuflicher
Aktivitäten
Die Häufigkeit der Ausübung einzelner Aktivitäten in Abhängigkeit von der Arbeitszeit
ist in Abb. 5.17 beispielhaft für „Tätigkeit im Haushalt/Kochen“ (EU 2005) dargestellt.
Die strukturell ähnlichen Zusammenhänge der einzelnen Aktivitäten „Tätigkeit im
Haushalt“ (EU 2000), „Kinderbetreuung“ (bei Personen mit Kindern), „Weiterbildung“
und „politische/gewerkschaftliche Aktivitäten“ mit der wöchentlichen Arbeitszeit sind
im Anhang dargestellt (vgl. Anh. 4, Abb. 7 bis Anh. 4, Abb. 12). Es ist zu erkennen,
dass die Häufigkeit der jeweiligen Aktivitäten mit zunehmender wöchentlicher
Arbeitszeit deutlich abnimmt. Das Niveau der Häufigkeiten ist zwar verschieden – so
werden häusliche Tätigkeiten weit häufiger ausgeübt als etwa Weiterbildungs-
aktivitäten – jedoch sind die strukturellen Zusammenhänge zur Arbeitszeit sehr
ähnlich. Eine Ausnahme bilden die politischen Aktivitäten, die insgesamt sehr selten
ausgeübt werden und deren Häufigkeit mit zunehmender Arbeitszeit tendenziell eher
zunimmt.
Abb. 5.17 Umfang von Tätigkeiten im Haushalt/Kochen in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
Wie bereits im Kapitel 2 beschrieben, wurden Faktorenanalysen durchgeführt, um die
einzelnen Aktivitäten zu Faktoren zu bündeln und somit für vergleichende Unter-
suchungen zwischen EU 2000 und 2005 nutzbar zu machen. Es konnten jeweils drei
Faktoren extrahiert werden, die mit „Häusliche Aktivitäten“, „Freizeitaktivitäten“ sowie
„ehrenamtliche/politische Aktivitäten“ bezeichnet werden. Diese Faktoren wurden
i. d. R. anstelle der einzelnen Aktivitäten für die Analysen herangezogen.
In Abb. 5.18 sind die Mittelwerte der Faktoren „Häusliche Aktivitäten“ (hier aus
Platzgründen mit „Haus/Familie“ beschriftet) und „Freizeitaktivitäten“ in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass die
Häufigkeit der ausgeübten Aktivitäten mit zunehmender wöchentlicher Arbeitszeit
absinkt. Die häuslichen Aktivitäten hängen dabei über alle Beschäftigten hinweg
wesentlich stärker mit der Arbeitszeit zusammen als die Freizeitaktivitäten. Es deutet
sich an, dass die häuslichen Aktivitäten bei Arbeitszeiten von weniger als 35 Stunden
156
kaum eingeschränkt werden, dafür aber umso stärker in Arbeitszeiten zwischen 35
und 60 Stunden. Bei über 60 Stunden ist zu vermuten, dass ein Bodeneffekt auftritt,
sodass es kaum möglich ist, noch weniger Zeit für die Aktivitäten aufzubringen.
Neben der Einschränkung der zur Verfügung stehenden Zeit bei langen Arbeitszeiten
ist eine weitere mögliche Erklärung für den weniger starken Abfall ab 60 Stunden,
dass es sich hierbei vermutlich um eine fast ausschließlich durch Männer besetzte
Stichprobe handelt, die durchschnittlich seltener häusliche Tätigkeiten ausüben als
Frauen, und die durch die Dauer der Arbeitszeit nur wenig eingeschränkt werden.
Diese Hypothese soll im Folgenden durch die Aufteilung der Stichprobe in Frauen
und Männer genauer untersucht werden.
Der Umfang der Freizeitaktivitäten hängt fast linear mit der wöchentlichen Arbeits-
dauer zusammen, sodass die Mittelwerte kontinuierlich mit steigender Arbeitszeit
abnehmen. Einzig die absoluten Werte weichen ein wenig voneinander ab, sodass in
EU 2005 bei den Freizeitaktivitäten ein etwas stärkerer und bei den häuslichen
Aktivitäten ein etwas schwächerer Abfall über die Arbeitszeit zu erkennen ist als in
EU 2000.
Abb. 5.18 Umfang von häuslichen und Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
In der Varianzanalyse wird ein signifikanter Effekt der Arbeitszeit auf die häuslichen
Aktivitäten ermittelt, der mit 6,1 % (EU 2005, EU 15) bzw. 8,8 % (EU 2000, EU 15)
Varianzaufklärung nicht unbedeutend ist. Der Effekt der Arbeitszeit auf die
Freizeitaktivitäten besitzt in der Varianzanalyse mit 1,2 % (EU 2005, EU 15) bzw.
0,5 % (EU 2000, EU 15) Varianzaufklärung eine verhältnismäßig geringe Stärke.
Der Zusammenhang des Faktors „ehrenamtliche/politische Aktivitäten“ mit der
Arbeitsdauer ist in Abb. 5.19 dargestellt. Es scheint, als ob in EU 2000 kein Zusam-
menhang dieses Faktors zur Arbeitszeit besteht, wohingegen in EU 2005 die Häufig-
157
keit ehrenamtlicher Aktivitäten sogar mit zunehmender Arbeitsdauer sehr leicht
ansteigt. Einschränkend ist zu erwähnen, dass die Anzahl der Personen, die ehren-
amtliche/politische Aktivitäten ausüben, äußerst gering ist, sodass sich auch sehr
geringfügige Schwankungen in den Originalvariablen in relativ großen Schwan-
kungen in den Faktorwerten niederschlagen. In EU 2000 (EU 15) wird der Effekt der
Arbeitszeit auf den Faktor „ehrenamtliche/politische Aktivitäten“ nicht signifikant,
wohingegen in EU 2005 (EU 15) die Arbeitszeit mit 0,3 % Varianzaufklärung einen
geringen Effekt auf die Höhe der Faktorwerte ausübt. Somit ist aufgrund der
vorliegenden Daten nicht eindeutig zu sagen, welche Zusammenhänge zwischen der
Ausübung ehrenamtlicher Aktivitäten und der Arbeitszeit bestehen. Es kann jedoch
vermutet werden, dass die Gruppe der ehrenamtliche oder freiwillige Tätigkeiten
ausübenden Personen stark selektiert ist. Aufgrund der wahrscheinlich sehr hohen
Wertschätzung ehrenamtlicher/politischer Tätigkeiten in dieser Gruppe wird die
Ausübung dieser Aktivitäten auch bei langen Arbeitszeiten vermutlich nicht
eingeschränkt.
Abb. 5.19 Umfang von ehrenamtlichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit
5.2.2 Moderierende Effekte von Arbeitszeit- und Personenmerkmalen
Die wahrgenommene Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit konnte zum Großteil
durch Merkmale der Arbeitszeit, wie z. B. die Dauer, Lage und Variabilität vorher-
gesagt werden (s. o.). Personenmerkmale wie das Alter, Geschlecht oder
Betreuungspflichten der Befragten übten dagegen einen eher geringen Einfluss auf
die Vereinbarkeit aus. Im Folgenden soll nun geprüft werden, inwieweit auch die
Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitsdauer und der Ausübung von
Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit durch Personen- und weitere Arbeitszeit-
merkmale moderiert werden. In Abb. 5.20 bis Abb. 5.23 ist dargestellt, in welcher
158
Weise die häuslichen und Freizeitaktivitäten (Faktorwerte) mit der Dauer der
Arbeitszeit bei Personen mit festen vs. variablen sowie mit selbst- vs. Fremd-
bestimmten Arbeitszeiten zusammenhängen.
In Abb. 5.20 ist deutlich zu erkennen, dass die Häufigkeit der häuslichen Aktivitäten
kaum mit der Variabilität der Arbeitszeit (operationalisiert durch feste Start- und
Endzeiten) zusammenhängt, dafür aber stark mit zunehmender Dauer der Arbeitszeit
absinkt. Die Ergebnisse in den beiden europäischen Befragungen sind dabei
strukturell konsistent. Im Teilzeitbereich unter 34 Stunden üben die Personen mit
variablen Arbeitszeiten etwas weniger häusliche Aktivitäten aus als diejenigen mit
festen Arbeitszeiten, wohingegen es diesbezüglich im Vollzeitbereich über 35
Stunden pro Woche kaum einen Unterschied macht, ob die Befragten in festen oder
variablen Start- und Endzeiten arbeiten. Im Bereich der überlangen Arbeitszeiten
sind also offensichtlich kaum noch Freiräume zur Gestaltung der außerberuflichen
Zeit vorhanden. In der EU 2005 ist das Verhältnis im Vollzeitbereich tendenziell
umgekehrt, sodass längere und gleichzeitig variable Arbeitszeiten mit leicht erhöhten
Faktorwerten zusammenhängen, verglichen mit längeren und festen Arbeitszeiten.
Diese Ergebnisse lassen sich in zweifaktoriellen Varianzanalysen mit der
Wochenarbeitszeit und der Variabilität als unabhängigen Variablen und dem
Faktorwert „häusliche Aktivitäten“ als abhängiger Variable stützen (siehe Tab. 5.18).
So erzielt in beiden Befragungen der Haupteffekt der Wochenarbeitszeit die mit
Abstand größte Varianzaufklärung. Die Variabilität sowie die Interaktion
Variabilität*Wochenarbeitszeit üben dagegen eher schwache Effekte auf die häus-
lichen Aktivitäten aus.
Abb. 5.20 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von festen
Start- und Endzeiten sowie der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit,
europäische Stichproben
159
Tab. 5.18 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch die Variabilität und
Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit
Stichprobe EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Variabilität n. s. 0,1 %
Arbeitsdauer 4,9 % 6,7 %
Variabilität*Dauer 0,4 % 0,2 %
Die Ausübung von Freizeitaktivitäten wird dagegen in stärkerem Maße von der
Variabilität der Arbeitszeiten beeinflusst, wie in Abb. 5.21 dargestellt ist. Zunächst ist
auch hier wieder der klare Abfall der Faktorwerte mit zunehmender wöchentlicher
Arbeitszeit zu erkennen, der in allen Gruppen sichtbar ist. Es bestehen jedoch
strukturelle Unterschiede zwischen EU 2000 und EU 2005 bezüglich der Effekte der
Arbeitszeitvariabilität auf die Freizeitaktivitäten. In EU 2000 ist ein klarer additiver
Effekt der Dauer mit der Variabilität auf die Höhe der Faktorwerte zu erkennen.
Personen mit variablen Start- und Endzeiten geben an, häufiger Freizeitaktivitäten
auszuüben als die Personen mit festen Arbeitszeiten. Dies ändert sich auch nicht mit
zunehmender Arbeitszeit, d. h. es ist ein paralleler Verlauf der beiden Gruppen mit
festen und variablen Arbeitszeiten über die Dauer der Arbeitszeit zu beobachten. In
EU 2005 tritt dagegen ein deutlicher Interaktionseffekt von Variabilität und
Arbeitsdauer auf, sodass im niedrigen Teilzeitbereich von unter 19 Stunden kein
Unterschied zwischen den Personen mit festen und variablen Arbeitszeiten bezüglich
der Ausübung von Freizeitaktivitäten besteht. Dies ändert sich mit steigender
Wochenarbeitszeit hin zu einem recht großen Unterschied zwischen den beiden
Gruppen. Dies resultiert daraus, dass die Personen mit festen Arbeitszeiten eine
Einschränkung ihrer Aktivitäten bei zunehmender Arbeitsdauer berichten,
wohingegen das Niveau der Faktorwerte in der Gruppe der Personen mit variablen
Arbeitszeiten bis etwa 44 Wochenstunden ähnlich hoch bleibt. Oberhalb von 45
Stunden ist dann wieder mit steigender Arbeitsdauer ein paralleler Abfall der
Freizeitaktivitäten in den beiden verglichenen Gruppen zu verzeichnen. Im
Gegensatz zu den Ergebnissen für die häuslichen Aktivitäten scheint sich hier ein
positiver Einfluss der Variabilität auf die Ausübung von „echten“ Freizeitaktivitäten zu
zeigen.
160
Abb. 5.21 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von festen
Start- und Endzeiten sowie der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit,
europäische Stichproben
Die in Abb. 5.21 dargestellten Ergebnisse lassen sich mit zweifaktoriellen
Varianzanalysen mit der Variabilität und der Wochenarbeitszeit als unabhängigen
Variablen und dem Faktor Freizeitaktivitäten als abhängiger Variable statistisch
absichern. Wie in Tab. 5.19 zu erkennen ist, besitzen die Variabilität und die
Wochenarbeitszeit signifikante Haupteffekte in beiden Befragungen. Weiterhin gibt
es signifikante Interaktionseffekte für Variabilität*Wochenarbeitszeit, die in Abb. 5.21
bereits zu erkennen sind. Die Strukturen scheinen demnach in beiden Befragungen
recht ähnlich zu sein, trotz der leichten Inkonsistenzen der Mittelwerte aus EU 2005.
Die Dauer der Arbeitszeit zeigt die stärksten Zusammenhänge mit den Freizeit-
aktivitäten, wohingegen die Variabilität sowie die Interaktion der Arbeitsdauer mit der
Variabilität einen schwächeren Einfluss auf die Häufigkeit der Freizeitaktivitäten
ausüben.
Tab. 5.19 Varianzaufklärung der Freizeitaktivitäten durch die Variabilität
und Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit
Stichprobe EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Variabilität 0,2 % 0,4 %
Arbeitsdauer 1,0 % 0,6 %
Variabilität*Dauer 0,3 % 0,2 %
Die Effekte weiterer Arbeitszeitmerkmale (Arbeit an Samstagen, Sonntagen,
Abenden, in der Nacht und in Schichtarbeit) auf die Zusammenhänge von häuslichen
und Freizeitaktivitäten mit der wöchentlichen Arbeitszeit, ermittelt jeweils in zwei-
161
faktoriellen Varianzanalysen, sind in Tab. 5.20 dargestellt. Aufgrund der fehlenden
bzw. nur sehr schwachen Zusammenhänge zwischen den Merkmalen der Arbeits-
zeitlage und der Ausübung von Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit wird auf eine
grafische Darstellung verzichtet.
Tab. 5.20 Varianzaufklärung häuslicher und Freizeitaktivitäten durch weitere
Arbeitszeitmerkmale
EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Haushalt Freizeit Haushalt Freizeit
Sonntagsarbeit 0,1 % 0,1 % 0,1 % 0,1 %
Arbeitszeit 4,2 % 1,4 % 6,6 % 0,5 %
Sonntag*Arbeitszeit n. s. 0,3 % n. s. 0,2 %
Samstagsarbeit 0,2 % n. s. <0,1 % n. s.
Arbeitszeit 5,3 % 1,1 % 8,1 % 0,5 %
Samstag*Arbeitszeit 0,4 % 0,4 % n. s. 0,2 %
Abendarbeit n. s. 0,4 % 0,1 % 0,3 %
Arbeitszeit 5,6 % 1,6 % 7,5 % 0,7 %
Abende*Arbeitszeit n. s. 0,3 % 0,2 % 0,2 %
Nachtarbeit n. s. n. s. <0,1 % 0,1 %
Arbeitszeit 2,9 % 1,0 % 4,2 % 0,6 %
Nacht*Arbeitszeit n. s. n. s. 0,2 % 0,2 %
Schichtarbeit n. s. n. s. n. s. n. s.
Arbeitszeit 3,3 % 1,0 % 5,2 % 0,3 %
Schicht*Arbeitszeit n. s. 0,3 % n. s. 0,2 %
Wie anhand der Effektstärken in Tab. 5.20 zu erkennen ist, übt die wöchentliche
Arbeitszeit konsistent über beide Stichproben hinweg einen signifikanten Haupteffekt
sowohl auf die häuslichen als auch auf die Freizeitaktivitäten aus, wobei die
Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch die wöchentliche Arbeitszeit
deutlich höher ist als die der Freizeitaktivitäten. Die Lage der Arbeitszeit besitzt
hingegen nur sehr schwache Effekte. Für Nacht- und Schichtarbeit lässt sich kein
Einfluss auf die Ausübung von häuslichen Aktivitäten zeigen, wohingegen für die
Freizeitaktivitäten tendenzielle (allerdings sehr schwache) interaktive Effekte der
Arbeitsdauer mit Schichtarbeit signifikant werden. Arbeit an Samstagen, Sonntagen
und an Abenden übt ebenfalls nur geringe Effekte auf die abhängigen Variablen aus.
Entgegen der Erwartung besitzen Sonntagsarbeit und Arbeit an Abenden in beiden
Stichproben einen tendenziell positiven Zusammenhang zu den häuslichen und
Freizeitaktivitäten.
Neben arbeitszeitbezogenen Merkmalen wurde die Möglichkeit der Einflussnahme
auf die Arbeitszeitgestaltung als moderierende Einflussgröße der Zusammenhänge
zwischen den außerberuflichen Aktivitäten und der wöchentlichen Arbeitszeit unter-
sucht. In Abb. 5.22 sind sowohl die Effekte der Arbeitsdauer als auch der
162
Einflussmöglichkeit deutlich sichtbar. Die Mittelwerte des Faktors „Häusliche
Aktivitäten“ sinken klar mit zunehmender Arbeitszeit ab. Dabei geben Personen, die
Einfluss auf ihre Arbeitszeiten haben, an, häufiger im Haushalt tätig zu sein als
Personen, deren Arbeitszeiten durch den Betrieb vorgegeben sind. Hier wird
deutlich, dass die Autonomie über die Arbeitszeiten zwar einen (geringen) präven-
tiven Effekt hat. Die negativen Zusammenhänge der häuslichen Aktivitäten und der
Arbeitsdauer bestehen allerdings auch in der Gruppe der Personen mit völlig
selbstbestimmten Arbeitszeiten, was darauf hindeutet, dass der Einfluss auf die
eigene Arbeitszeit die negativen Effekte langer Arbeitszeiten nicht beseitigen kann.
Diese Ergebnisse sind über beide Befragungen hinweg konsistent, da sich nur die
absolute Höhe der Faktorwerte unterscheidet, nicht aber der strukturelle Zusammen-
hang.
Die Variablen Wochenarbeitszeit und Einfluss auf die Arbeitszeit üben signifikante
Haupteffekte auf die Höhe der häuslichen Aktivitäten aus, wie in der Varianzanalyse
gezeigt werden kann. Die Wochenarbeitszeit klärt mit 8,2 % (EU 2000) bzw. 3,3 %
(EU 2005) die meiste Varianz auf. Der Einfluss auf die Arbeitszeit hat hingegen mit
0,1 % (EU 2000) und 0,6 % (EU 2005) einen sehr schwachen Effekt. Es konnten
keine signifikanten Interaktionseffekte gefunden werden.
Abb. 5.22 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit und dem Einfluss auf die Arbeitszeit,
europäische Stichproben
In Abb. 5.23 ist dargestellt, wie sich die Zusammenhänge zwischen dem Faktor
Freizeitaktivitäten und der wöchentlichen Arbeitszeit zwischen Personen mit und
ohne Einfluss auf ihre Arbeitszeiten unterscheiden. Die Gruppe der Personen mit
selbstbestimmten Arbeitszeiten in EU 2005 fällt etwas aus dem üblichen Muster, da
hier im Bereich bis etwa 45 Stunden pro Woche ein Anstieg der Faktormittelwerte mit
zunehmender Arbeitszeit zu erkennen ist. Erst ab 45 Wochenstunden fällt die
163
berichtete Aktivität wieder ab, bis sie bei über 65 Stunden wieder auf dem gleichen
Niveau wie im Teilzeitbereich ist. In allen anderen Gruppen ist ein deutlicher
Abwärtstrend der Freizeitaktivitäten mit steigender Dauer der Arbeitszeit sichtbar. Die
Gruppen der Personen mit Autonomie über ihre Arbeitszeiten berichten dabei ein
deutlich größeres Ausmaß an Freizeitaktivitäten als Personen mit fremdbestimmten
Arbeitszeiten. In EU 2000 üben die Wochenarbeitszeit und der Einfluss auf die
Arbeitszeit einen additiven Einfluss auf die Freizeitaktivitäten aus, sodass die
absolute Lage der Faktorwerte bei Personen mit selbstbestimmten Arbeitszeiten
höher ist als bei Personen mit fremdbestimmten Arbeitszeiten, jedoch beide Gruppen
einen gleichartigen Trend der Einschränkung ihrer Freizeitaktivitäten mit zuneh-
mender Arbeitsdauer aufweisen. Wie sich auch in der Varianzanalyse zeigt (s. u.),
besteht in EU 2005 ein recht starker Interaktionseffekt von Einfluss und Dauer,
sodass die Personen mit und ohne Einfluss auf ihre Arbeitszeit im Teilzeitbereich von
weniger als 30 Wochenstunden kaum einen Unterschied bezüglich ihrer Aktivitäten
aufweisen. Mit zunehmender Arbeitszeit nimmt die Freizeittätigkeit bei Personen mit
fremdbestimmten Arbeitszeiten deutlich ab. Wie oben beschrieben, nehmen die
Freizeitaktivitäten in der Gruppe der Personen mit Arbeitszeitautonomie zunächst zu-
und dann ab 45 Wochenstunden wieder ab. Die negativen Effekte langer
Arbeitszeiten scheinen sich in dieser Stichprobe daher erst im Bereich der längeren
Arbeitszeiten zu manifestieren. Inwieweit dieses etwas inkonsistente Ergebnis für die
Gruppen der Personen mit selbstbestimmten Arbeitszeiten an der veränderten
Operationalisierung der Fragestellung (s. o.) liegt, kann hier nicht eindeutig fest-
gestellt werden. Bezüglich der Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit waren
jedoch keine derartigen Unterschiede zwischen den beiden europäischen Stich-
proben zu erkennen.
Insgesamt lässt sich für den Bereich der Freizeitaktivitäten feststellen, dass hier der
Einfluss auf die eigene Arbeitszeit einen positiven Effekt auf die Freizeitgestaltung
hat. Inwieweit die negativen Effekte langer Arbeitszeiten durch die Autonomie über
die Arbeitszeitgestaltung abgemildert werden können, ist anhand der vorliegenden
und leicht inkonsistenten Ergebnisse nicht mit Sicherheit zu sagen. Die Tendenz geht
allerdings in beiden untersuchten Stichproben in die Richtung, dass lange Arbeits-
zeiten die Ausübung von Freizeitaktivitäten einschränken, ob mit oder ohne Arbeits-
zeitautonomie. Insbesondere in den EU 2000 Daten wird dies sehr deutlich.
164
Abb. 5.23 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit und Einfluss auf die Arbeitszeit,
europäische Stichproben
Die varianzanalytisch ermittelten Effekte der unabhängigen Variablen auf die Höhe
der Freizeitaktivitäten sind sich insgesamt ähnlicher und dabei wesentlich schwächer
als die Effekte auf die häuslichen Aktivitäten. So wird für die Wochenarbeitszeit in der
zweifaktoriellen Varianzanalyse eine Effektstärke von 0,4 % (EU 2000) bzw. 0,7 %
(EU 2005) Varianzaufklärung ermittelt. Der eigene Einfluss auf die Arbeitszeit klärt
0,5 % (EU 2000) bzw. 0,8 % (EU 2005) der Varianz auf und hat somit einen ähnlich
großen Effekt auf die Ausübung der Freizeitaktivitäten wie die Dauer der Arbeitszeit.
Die Interaktion Einfluss*Wochenarbeitszeit wird nur in der EU 2005 signifikant mit
0,9 % Varianzaufklärung, und weist damit eine abweichende Tendenz auf (siehe
Abb. 5.23).
Neben Arbeitszeitmerkmalen beeinflussen auch biografische Merkmale der
Beschäftigten die Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und der
Ausübung von außerberuflichen Aktivitäten. So ist zunächst in Abb. 5.24 dargestellt,
wie sich Männer und Frauen mit und ohne Betreuungspflichten bezüglich ihres
tatsächlichen wöchentlichen Zeitaufwandes für Arbeit und Aktivitäten außerhalb der
Arbeitszeit unterscheiden. Dazu wurde die tägliche Zeit für außerberufliche
Aktivitäten (sofern angegeben) mit Sieben multipliziert und zur tatsächlichen
wöchentlichen Arbeitszeit addiert. Da die tägliche Dauer von Aktivitäten außerhalb
der Arbeitszeit nur in EU 2005 erhoben wurde, können diesbezüglich keine
Vergleiche mit EU 2000 vorgenommen werden. Die dargestellten Zahlen liefern nur
einen sehr groben Schätzer des tatsächlichen wöchentlichen Zeitaufwandes der
Befragten, da nur im Fall von täglich ausgeübten Aktivitäten (vermutlich haupt-
sächlich häusliche Aktivitäten) auch deren Dauer in Stunden erhoben wurde und
damit keine Informationen über die wöchentliche Dauer sonstiger Aktivitäten, die
nicht täglich oder unregelmäßig ausgeübt werden, vorhanden ist. Der in Abb. 5.24
165
dargestellte wöchentliche Zeitaufwand für Arbeit und außerberufliche Aktivitäten ist
daher vermutlich stark unterschätzt.
Als Tendenz wird hier deutlich, dass sich die mittlere tatsächliche Arbeitszeit von
vollzeitbeschäftigten Männern und Frauen nicht wesentlich unterscheidet. Die
Differenz zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und dem geschätzten wöchent-
lichen Zeitaufwand für außerberufliche Aktivitäten hingegen unterscheidet sich
zwischen Männern und Frauen, aber insbesondere auch in Interaktion mit dem
Vorhandensein von Kindern im Haushalt. Es deutet sich aus der hier nur sehr groben
Schätzung an, dass Frauen mit Kindern wöchentlich etwa 40 Stunden zusätzlich zur
Vollzeitarbeit in regelmäßige Aktivitäten investieren. Dies ist mehr als doppelt so viel
wie Männer mit Kindern im Haushalt Da diese Zahlen jedoch nur eine sehr
vereinfachte Tendenz darstellen, sollten derartige Berechnungen möglicherweise
einmal mit präziseren Messungen der Zeit für Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit
durchgeführt werden. Die Prädiktion der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der
Befragten könnte möglicherweise besser durch eine derartige Schätzung des
gesamten Zeitaufwandes gelingen als anhand der reinen Arbeitszeit.
Abb. 5.24 Wochenarbeitszeit und geschätzter wöchentlicher Zeitaufwand für
regelmäßige außerberufliche Aktivitäten in Abhängigkeit von Geschlecht
und Betreuungspflichten, Vollzeitbeschäftigte aus EU 2005 (EU 15)
In Abb. 5.25 und Abb. 5.26 sind die Faktorwerte für die häuslichen Aktivitäten in
Abhängigkeit von der Arbeitszeit vergleichend für Männer und Frauen mit und ohne
Kinder im Haushalt dargestellt. In den Gruppen der Frauen mit Kindern mit mehr als
55 Stunden pro Woche ist die Zellenbesetzung sehr niedrig (n≤20), weshalb die
Ergebnisse in diesen Gruppen nur als Tendenz und nicht als statistisch abgesichert
verstanden werden sollten. Unabhängig von der Lage der Faktormittelwerte lässt
sich in allen Gruppen eine Einschränkung der häuslichen Aktivitäten mit
zunehmender Wochenarbeitszeit zeigen, die bei den Frauen etwas stärker ausfällt
166
als bei den Männern. Dies resultiert vermutlich aus dem höheren Zeitanteil, den
Frauen in die häuslichen Tätigkeiten investieren, und der daher zwangsläufig durch
lange Arbeitszeiten stärker eingeschränkt wird.
Bei einem Vergleich der absoluten Lage der Faktorwerte in Abb. 5.25 und Abb. 5.26
fällt zunächst auf, dass sich die Jahre 2000 und 2005 in einem wesentlichen Punkt
unterscheiden: Männer mit Kindern im Jahr 2005 (siehe Abb. 5.26) berichteten, mehr
häusliche Aktivitäten ausgeübt zu haben als im Jahr 2000. Bei den Frauen ohne
Kinder verhält es sich genau umgekehrt. Im Jahr 2000 (siehe Abb. 5.25) sind die
häuslichen Tätigkeiten derart verteilt, dass Frauen (mit und ohne Kinder) über-
durchschnittlich häufig häusliche Tätigkeiten ausüben, d. h. Faktorwerte >0 erhalten,
wohingegen Männer (mit und ohne Kinder) unterdurchschnittlich viel Zeit in diese
Aktivitäten investieren (Faktorwerte <0). In der Befragung aus dem Jahr 2005
berichten dagegen Personen mit Kindern überdurchschnittlich häufig ausgeübte
häusliche Aktivitäten, wohingegen Personen ohne Kinder unterdurchschnittliche
Werte angeben. Das heißt, die Häufigkeit der Aktivitäten im Haushalt wurde 2000
hauptsächlich durch das Geschlecht der Befragten bestimmt. Im Jahr 2005 wurden
die häuslichen Aktivitäten dagegen nicht mehr allein durch das Geschlecht bestimmt,
sondern darüber hinaus in einem stärkeren Umfang durch das Vorhandensein von
Kindern im Haushalt. Über die Gründe für diese Veränderung gegenüber 2000 kann
hier nur spekuliert werden. So ist es möglich, dass es tatsächlich Veränderungen in
der Arbeitsaufteilung im Haushalt bei Paaren mit Kindern gegeben hat. Ohne Daten
aus dem Zeitverlauf kann dies aber nicht einwandfrei nachgewiesen werden. Nicht
verändert hat sich, dass Frauen mit Kindern den weitaus größten Anteil der
häuslichen Tätigkeiten leisten, wie bereits aus Abb. 5.24 ersichtlich wurde.
Betrachtet man die Effekte der Arbeitsdauer, so kann unabhängig von der Verände-
rung der absoluten Lage in einzelnen Gruppen festgestellt werden, dass die Struktur
der Zusammenhänge von häuslichen Aktivitäten und der wöchentlichen Arbeitszeit
zwischen 2000 und 2005 gleich geblieben ist. In allen untersuchten Gruppen nimmt
die Häufigkeit der Tätigkeit im Haushalt mit zunehmender Arbeitszeit ab.
167
Abb. 5.25 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.26 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2005 (EU 15)
In der dreifaktoriellen Varianzanalyse werden in beiden europäischen Stichproben
Haupteffekte für die unabhängigen Variablen Geschlecht, Kinder und Wochen-
arbeitszeit signifikant. Weiterhin treten nicht ganz konsistente Interaktionseffekte für
168
Kinder*Geschlecht, Geschlecht*Dauer und Kinder*Geschlecht*Wochenarbeitszeit
auf. Die entsprechenden Effektstärken sind in Tab. 5.21 dargestellt.
Tab. 5.21 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch Geschlecht,
Kinder und die Wochenarbeitszeit
Stichprobe EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Kind 6,3 % 1,1 %
Geschlecht 3,2 % 9,5 %
Arbeitsdauer 0,9 % 0,8 %
Kind*Geschlecht 0,2 % 0,2 %
Geschlecht*Dauer n. s. 0,3 %
Kind*Geschlecht*Dauer 0,2 % n. s.
Die Vermutung, dass der Zusammenhang von häuslichen Aktivitäten und der
wöchentlichen Arbeitszeit durch das Geschlecht der Befragten konfundiert ist,
bestätigt sich demnach. Gegenüber der Effektstärke des Geschlechts besitzt die
wöchentliche Arbeitszeit eine geringere Varianzaufklärung. Dennoch lassen sich in
den Gruppen gleicher biografischer Merkmalskonstellationen über beide Stichproben
hinweg konsistente negative Effekte der Arbeitsdauer auf die Ausübung häuslicher
Aktivitäten zeigen.
Auch für den Faktor „Freizeitaktivitäten“ wurden Vergleiche von Frauen und Männern
mit und ohne Kinder vorgenommen. In Abb. 5.27 und Abb. 5.28 sind die Zusammen-
hänge der Freizeitaktivitäten in diesen Gruppen in Abhängigkeit von der Arbeitsdauer
dargestellt. Insgesamt geben Männer ohne Kinder den größten Zeitaufwand für
Freizeitaktivitäten an, gefolgt von den Frauen ohne Kinder und den Männern sowie
den Frauen mit Kindern. In der EU 2005 (siehe Abb. 5.28) ist die Häufigkeit von
Freizeitaktivitäten der Frauen und Männer mit Kindern sehr ähnlich. In EU 2000
hingegen (vgl. Abb. 5.27) üben die Männer mit Kindern im Arbeitszeitbereich von <45
Stunden noch deutlich überdurchschnittlich häufig Freizeitaktivitäten aus. Im
Gegensatz dazu liegen Frauen mit Kindern im Bereich der niedrigen Arbeitszeiten
weit unter dem Durchschnitt.
Insgesamt wird deutlich, dass die Faktormittelwerte der Freizeitaktivitäten in allen
untersuchten Gruppen mit zunehmender wöchentlicher Arbeitszeit substantiell
absinken. Diese Zusammenhänge lassen sich mittels Varianzanalyse absichern. Wie
in Tab. 5.22 dargestellt ist, ergeben sich signifikante Haupteffekte für die Merkmale
Arbeitsdauer und Kinder auf die Höhe der Freizeitaktivitäten. Weiterhin treten
signifikante Interaktionseffekte für Geschlecht*Dauer sowie Kinder*Dauer auf.
169
Abb. 5.27 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.28 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2005 (EU 15)
170
Tab. 5.22 Varianzaufklärung der Freizeitaktivitäten durch Geschlecht, Kinder und die
Wochenarbeitszeit
Stichprobe EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Kind 0,7 % 0,5 %
Geschlecht n. s. 0,1 %
Arbeitsdauer 1,0 % 0,9 %
Geschlecht*Dauer 0,4 % 0,3 %
Kind*Dauer 0,2 %* 0,2 %
* p < 0,1
Es wird vermutet, dass das Alter der Befragten ebenfalls einen wesentlichen Einfluss
auf die Häufigkeit von außerberuflichen Aktivitäten ausübt. Zur Ermittlung des
moderierenden Einflusses des Alters auf die Zusammenhänge der verschiedenen
Aktivitäten mit der wöchentlichen Arbeitszeit wurden diese Zusammenhänge in den
bereits oben verwendeten vier Altersgruppen verglichen.
In Abb. 5.29 und Abb. 5.30 sind die Zusammenhänge zwischen häuslichen
Aktivitäten und der wöchentlichen Arbeitszeit im Vergleich der Altersgruppen
dargestellt. Personen im Alter zwischen 25 und 54 Jahren geben erwartungsgemäß
an, am häufigsten häusliche Aktivitäten auszuüben, gefolgt von den über 55-
Jährigen. Die Befragten unter 25 Jahren sind nach eigenen Angaben am seltensten
im Haushalt tätig. Dieses Ergebnis ist über beide Befragungszeitpunkte hinweg
konsistent. Erklärbar ist dies damit, dass in den Gruppen der 25- bis 54-Jährigen
häufig Betreuungspflichten von Kindern oder Angehörigen bestehen, die zu einem
erhöhten Zeitbedarf für häusliche Tätigkeiten führen. Dahingegen haben die unter
25-Jährigen und über 55-Jährigen seltener Betreuungspflichten, was sich in
niedrigeren Faktorwerten niederschlägt. Die Ergebnisse aus den beiden Befragungs-
zeitpunkten stimmen strukturell hinsichtlich des Zusammenhangs der häuslichen
Tätigkeiten und der wöchentlichen Arbeitszeit sehr gut überein. Die Gruppen mit dem
größten Zeitaufwand im Haushalt erfahren bei zunehmender Arbeitszeit gleichzeitig
auch die stärkste Einschränkung dieser Tätigkeiten. Die Gruppe der Jüngsten
schränkt die Häufigkeit der häuslichen Aktivitäten zwar bei langen Arbeitszeiten
ebenfalls deutlich ein, jedoch fällt die Einschränkung wesentlich weniger stark aus
als in allen anderen Gruppen. In der Gruppe der über 55-Jährigen ist ein Unterschied
zwischen den Jahren 2000 und 2005 zu erkennen: In 2000 üben diese Personen bei
weniger als 39 Stunden pro Woche noch überdurchschnittlich viel häusliche
Aktivitäten aus, und haben einen sehr ähnlichen Abfall bei längeren Arbeitszeiten wie
die Gruppen der zwischen 25- und 54-Jährigen. In 2005 ist das absolute Niveau der
häuslichen Tätigkeiten in dieser Gruppe dagegen insgesamt niedriger (unter-
durchschnittlich) und hat im Zusammenhang zur Arbeitsdauer eine ähnliche Struktur
wie bei den unter 25-Jährigen.
Besonders fällt weiterhin die Interaktion zwischen Arbeitszeit und Alter auf. Im
Bereich der niedrigen Wochenarbeitszeiten bis etwa 35 Stunden ist der Unterschied
zwischen den Altersgruppen bezüglich der Häufigkeit der häuslichen Aktivitäten noch
sehr groß (Faktorwert-Differenz von 1, dies entspricht einer Standardabweichung).
Dieser Unterschied wird aber mit zunehmender Dauer der Arbeitszeit immer kleiner,
bis die Differenz der Faktorwerte zwischen den Altersgruppen bei über 55 Wochen-
171
stunden nur noch etwa eine halbe Standardabweichung beträgt. Dies ist
insbesondere dem starken Abfall der häuslichen Aktivitäten in den Gruppen der 25-
bis 54-Jährigen geschuldet. Es ist durchaus plausibel, dass diejenigen, die
normalerweise häufig mit häuslichen Tätigkeiten beschäftigt sind, aufgrund des
Nullsummenspiels von Arbeit, Schlaf und Freizeit eine besonders starke Ein-
schränkung bei langen Arbeitszeiten erfahren. Die möglichen Konfundierungen der
Zusammenhänge mit dem Geschlecht und den Betreuungspflichten der Befragten
können an dieser Stelle leider nicht weiter untersucht werden, da die Zellen-
besetzungen insbesondere in den Gruppen der unter 25- und über 55-Jährigen bei
einer weiteren Aufteilung schnell zusammenbrechen.
In der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit der Wochenarbeitszeit und dem Alter als
unabhängigen Variablen und dem Faktor „Häusliche Aktivitäten“ als abhängiger
Variable lassen sich signifikante Haupteffekte für beide unabhängigen Variablen
sowie für die Interaktion Alter*Dauer zeigen. Die Effektstärken sind in Tab. 5.23
dargestellt. Es zeigt sich, dass die Arbeitszeit auch in gleichen Altersgruppen beider
Befragungen einen substantiellen Effekt auf die Häufigkeit von häuslichen Aktivitäten
ausübt.
Tab. 5.23 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch das Alter und
die Wochenarbeitszeit
Stichprobe EU 2005 (EU 15) EU 2000 (EU 15)
Alter 3,9 % 1,6 %
Arbeitsdauer 3,9 % 4,7 %
Alter*Dauer 0,9 % 0,7 %
172
Abb. 5.29 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter
und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.30 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter
und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
Ähnlich wie schon bei den häuslichen Aktivitäten sind auch für die Freizeitaktivitäten
sehr konsistente Ergebnisse für die Analyse von Alterseffekten in den beiden
europäischen Befragungen zu erkennen, die in Abb. 5.31 und Abb. 5.32 dargestellt
sind. Die Gruppe der jüngsten Befragten mit unter 25 Jahren übt deutlich häufiger
Freizeitaktivitäten aus als die anderen Altersgruppen. Mit zunehmender Arbeitszeit
173
sinkt jedoch die Häufigkeit der Aktivitäten klar ab, sodass bei Arbeitszeiten von mehr
als 45 Stunden pro Woche nur noch ein sehr geringer (EU 2000) bzw. kein (EU
2005) Unterschied mehr zwischen der Gruppe der Jüngsten und den anderen
Altersgruppen besteht. In den Altersgruppen der 25- bis 55-Jährigen ist in der EU
2000 kaum eine Einschränkung der Freizeitaktivitäten mit zunehmender Arbeitszeit
zu verzeichnen, was sich auch in der niedrigen Varianzaufklärung der Arbeitszeit in
dieser Stichprobe widerspiegelt. In EU 2005 hingegen ist bei allen Altersgruppen ein
Abfall der Häufigkeit der Freizeitaktivitäten mit zunehmender Arbeitsdauer zu
erkennen, der allerdings erst im Vollzeitbereich ab 40 Wochenstunden einsetzt. Im
Bereich der Teilzeit und niedrigen Vollzeit (bis 39 Stunden) ist nur in der Gruppe der
Jüngsten bereits ein deutlicher Abfall der Aktivitäten mit steigender Arbeitszeit zu
erkennen. Schon bei der Betrachtung der Freizeitaktivitäten über alle Personen
hinweg (vgl. Abb. 5.18) war zu erkennen, dass der Zusammenhang dieses Faktors
zur Arbeitszeit in EU 2005 stärker ist als in EU 2000.
In der zweifaktoriellen Varianzanalyse treten signifikante Haupteffekte für die
Arbeitszeit (Varianzaufklärung 0,5 % in EU 2000 bzw. 1,4 % in EU 2005), das Alter
(0,7 % in EU 2000 bzw. 0,3 % in EU 2005) sowie für die Interaktion
Alter*Wochenarbeitszeit (1,2 % in EU 2000 bzw. 1,3 % in EU 2005) in Erscheinung.
Dabei fällt auf, dass die Interaktionseffekte stärker sind als die Haupteffekte. Der
steilere Abfall der Freizeitaktivitäten mit zunehmender Arbeitsdauer in der Gruppe
der unter 25-Jährigen gegenüber den anderen Altersgruppen zeigt sich hier dem-
nach deutlich.
174
Abb. 5.31 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und
der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Abb. 5.32 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und
der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
175
5.2.3 Prädiktion der Ausübung von Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit
Es konnte gezeigt werden, dass sowohl biografische Merkmale als auch Merkmale
der Arbeitszeitgestaltung einen z. T. erheblichen moderierenden Einfluss auf die
Zusammenhänge zwischen der Ausübung außerberuflicher Aktivitäten und der
wöchentlichen Arbeitszeit besitzen. Zur Ermittlung des Einflusses der verschiedenen
Arbeitszeitmerkmale auf die häuslichen und Freizeitaktivitäten unter Kontrolle der
personenbezogenen Merkmale wurden multiple Regressionsanalysen berechnet. Die
Regressionsanalysen wurden analog zum Vorgehen bei der Vorhersage der
Vereinbarkeit in zwei Blöcken durchgeführt. Als Kontrollvariablen wurden im ersten
Block per Einschluss die biografischen Merkmale Alter, Geschlecht und Kinder im
Haushalt in die Regressionsgleichung eingefügt. Im zweiten Block erfolgte der
schrittweise Einschluss der folgenden Arbeitszeitmerkmale:
- tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit (kontinuierlich)
- Häufigkeit der Tage mit ≥ 10 Std. pro Tag
- Häufigkeit von Arbeit an Abenden
- Häufigkeit von Arbeit an Samstagen
- Häufigkeit von Arbeit an Sonntagen
- Häufigkeit von Arbeit zwischen 23 und 5 Uhr (Nachtarbeit)
- Schichtarbeit
- feste Start- und Endzeiten
- gleiche Anzahl Stunden pro Tag
- gleiche Anzahl Tage pro Woche
- Planbarkeit der Arbeitszeit
- Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber außerhalb der Arbeitszeit (z. B. per
Telefon, E-Mail usw.)
Als abhängige Variablen wurden die Faktorwerte der häuslichen und der Freizeit-
aktivitäten verwendet. Die Ergebnisse der Regressionsanalysen in den EU 15 Län-
dern und in den deutschen Substichproben der EU 2000 und EU 2005 sind in Tab.
5.24 bis Tab. 5.27 vergleichend dargestellt. Aufgeführt sind die Beta-Koeffizienten
aller Variablen, die einen signifikanten Einfluss auf die Höhe der berichteten Verein-
barkeit ausüben sowie die Varianzaufklärung der jeweiligen Gesamtmodelle.
Die biografischen Merkmale besitzen erwartungsgemäß einen sehr hohen Einfluss
auf die Ausübung häuslicher Aktivitäten. So klären allein Alter, Geschlecht und
Kinder den Großteil der Varianz der häuslichen Aktivitäten auf. Dennoch bleibt
sowohl in den 15 Ursprungsländern der EU (Tab. 5.24) als auch in den deutschen
Substichproben (Tab. 5.25) die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit als signifikante
Einflussgröße auf die Ausübung von häuslichen Aktivitäten in den Regressions-
gleichungen erhalten und wird in allen Stichproben als erstes Merkmal der Arbeitszeit
in die schrittweise Regressionsgleichung einbezogen. In den EU 15-Stichproben
werden weitere Arbeitszeitmerkmale signifikant, wie etwa Parameter der Lage (Arbeit
an Samstagen, Sonntagen, Abenden, Schichtarbeit, Nachtarbeit), unregelmäßige
Tagesarbeitszeiten sowie, als weiterer Indikator für die Arbeitsdauer, die Häufigkeit
von Tagen mit mehr als 10 Stunden. Die Arbeit an Samstagen und Abenden
beeinflusst die Häufigkeit von häuslichen Tätigkeiten negativ, wohingegen, entgegen
der Erwartung, Arbeit in Schicht und an Sonntagen sowie mit einer variablen
176
täglichen Arbeitsdauer mit einer tendenziell erhöhten Aktivität im Haushalt zusam-
menhängen. Die Varianzaufklärungen durch die Regressionsmodelle sind dabei in
allen Fällen mit 27,6 % bis 44,7 % substantiell.
Tab. 5.24 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
häuslichen Aktivitäten, europäische Stichproben
β
Modellvariablen EU 2000 (EU 15) EU 2005 (EU 15)
1. Block:
Alter 0,091 0,016
Geschlecht 0,561 0,446
Kinder 0,195 0,339
2. Block:
Wochenarbeitszeit -0,058 -0,101
Samstagsarbeit -0,056 -0,053
Sonntagsarbeit 0,042 0,049
Arbeit am Abend -0,030 -0,033
variable Anzahl Std. pro Tag 0,030 0,033
Schichtarbeit 0,024 0,032
Nachtarbeit 0,020 n. s.
> 10 Std./Tag n. s. 0,044
Kontakt außerhalb der Arbeitszeit n. s. -0,033
Varianzaufklärung R2 = .394 R2 = .375
Tab. 5.25 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
häuslichen Aktivitäten, deutsche Substichproben
β
Modellvariablen EU 2000 (DE) EU 2005 (DE)
1. Block:
Alter n. s. n. s.
Geschlecht 0,575 0,324
Kinder 0,171 0,297
2. Block:
Wochenarbeitszeit -0,120 -0,170
Sonntagsarbeit n. s. 0,109
variable Anzahl Std. pro Tag -0,060 n. s.
Varianzaufklärung R2 = .447 R2 = .276
Die Regressionsmodelle in den wesentlich kleineren deutschen Substichproben
(siehe Tab. 5.25) weisen deutlich weniger Arbeitszeitmerkmale auf. Neben der Dauer
der wöchentlichen Arbeitszeit lassen sich nur für Sonntagsarbeit und für täglich
variable Arbeitszeiten signifikante Effekte in jeweils einer der Stichproben auf die
177
Ausübung der Haushaltsaktivitäten zeigen. Die Regressionskoeffizienten für die
wöchentliche Arbeitszeit stimmen jedoch in beiden Stichproben sehr gut überein.
Die Ergebnisse für die Freizeitaktivitäten in den europäischen Stichproben (Tab.
5.26) gleichen den Resultaten für die häuslichen Aktivitäten: Die Dauer der
Arbeitszeit übt auch nach Kontrolle der einen großen Varianzanteil bindenden
Personenvariablen einen signifikanten negativen Einfluss auf die Ausübung der
Freizeitaktivitäten aus. Die weiteren signifikanten Arbeitszeitmerkmale sind haupt-
sächlich Merkmale der Lage und der Variabilität. Ebenso wie bei den häuslichen
Aktivitäten fällt hier auf, dass Sonntags- und Schichtarbeit einen eher positiven
Einfluss auf die Freizeitaktivitäten haben. Die Variabilität begünstigt erwartungs-
gemäß diese Aktivitäten, jedoch ist dieses Ergebnis zwischen EU 2000 und 2005
nicht ganz konsistent.
In den kleineren deutschen Substichproben (siehe Tab. 5.27) kann dagegen für die
wöchentliche Arbeitszeit kein signifikanter Einfluss auf die Ausübung der Freizeit-
aktivitäten nachgewiesen werden. Dort verbleiben nur die Variablen „variable Anzahl
Std./Tag“ sowie „Arbeit an Abenden“ in EU 2005 in der Regressionsgleichung. Diese
Variablen klären vermutlich bereits so viel Varianz auf, dass die Wochenarbeitszeit
keinen signifikanten Anteil mehr leisten kann. Insgesamt klären die Regressions-
modelle zur Vorhersage von Freizeitaktivitäten wesentlich weniger Varianz auf als
die Modelle für die Haushaltsaktivitäten. Dies ist z. T. in der hohen Varianzaufklärung
begründet, welche die biografischen Merkmale zur Vorhersage der Haushalts-
aktivitäten leisten.
Tab. 5.26 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von Freizeit-
aktivitäten (europäische Stichproben)
β
Modellvariablen EU 2000 (EU 15) EU 2005 (EU 15)
1. Block:
Alter -0,150 -0,071
Geschlecht -0,050 -0,189
Kinder -0,176 0,044
2. Block:
Wochenarbeitszeit -0,077 -0,122
variable Anzahl Std./Tag 0,111 0,107
variable Start- und Endzeiten 0,039 -0,047
Samstagsarbeit -0,093 -0,069
Sonntagsarbeit 0,059 0,058
Planbarkeit der AZ 0,022 0,056
Nachtarbeit -0,036 -0,037
Schichtarbeit n. s. 0,045
Privat kontaktiert n. s. -0,138
Varianzaufklärung R2 = .074 R2 = .104
178
Tab. 5.27 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von Freizeit-
aktivitäten (deutsche Substichproben)
β
Modellvariablen EU 2000 (DE) EU 2005 (DE)
1. Block:
Alter n. s. -0,104
Geschlecht n. s. 0,099
Kinder -0,096 -0,178
2. Block:
Wochenarbeitszeit n. s. n. s.
variable Anzahl Std./Tag 0,107 0,181
Arbeit an Abenden n. s. -0,126
Varianzaufklärung R2 = .017 R2 = .085
Insgesamt lassen sich sehr konsistente Ergebnisse in den europäischen Umfragen
nachweisen, die zeigen, dass mit zunehmender Arbeitsdauer die Vereinbarkeit von
Beruf und Freizeit wie auch die Häufigkeit verschiedener außerberuflicher Aktivitäten
deutlich eingeschränkt werden. Sowohl Arbeitszeit- als auch biografische Merkmale
moderieren diese Zusammenhänge konsistent über alle Stichproben hinweg. Auch
die Anpassung der Arbeitszeit an die eigenen Bedürfnisse mildert nur in geringem
Maße die negativen Effekte langer Arbeitszeiten ab. Da in GA 2004 und BB 2006
keine Informationen über Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit erhoben worden
waren, konnte diesbezüglich keine Kreuzvalidierung der Ergebnisse über alle vier
Stichproben hinweg vorgenommen werden. Die Resultate aus den europäischen
Befragungen stimmen jedoch strukturell und teils auch numerisch sehr gut überein.
179
6 Diskussion
6.1 Die Effekte langer Arbeitszeiten auf gesundheitliche und
soziale Beeinträchtigungen
Wie die dargestellten Ergebnisse zeigen, konnten in allen Stichproben strukturell
gleichartige Zusammenhänge zwischen der berichteten durchschnittlichen
wöchentlichen Arbeitszeit und gesundheitlichen Beeinträchtigungen, der wahr-
genommenen Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit sowie – in den europäischen
Befragungen – der Ausübung außerberuflicher Aktivitäten nachgewiesen werden.
Je länger die wöchentliche Arbeitszeit ist, desto höher steigt die Häufigkeit der
berichteten Beschwerden der Beschäftigten und desto geringer wird die Anzahl der
Beschäftigten ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Dies konnte sowohl für die
faktorenanalytisch ermittelten Beschwerdearten PVB und MSB als auch für den
Indikator „Beschwerdefreiheit“ gezeigt werden. Wie der Vergleich der Regressions-
koeffizienten ergab, hängen die PVB und die Beschwerdefreiheit dabei deutlich und
über die Stichproben hinweg sehr konsistent mit der wöchentlichen Arbeitszeit
zusammen. Die PVB und die Beschwerdefreiheit weisen, trotz unterschiedlicher
Ausgangslage in den verschiedenen Stichproben, einen ähnlichen und nahezu
linearen Zusammenhang zur Arbeitsdauer auf. Einzig im Bereich der Vollzeit ist eine
Unterbrechung dieses linearen Zusammenhanges zu erkennen, der möglicherweise
durch die Umkehr der Verteilung von Frauen (überwiegend in Teilzeit) zu Männern
(überwiegend in Vollzeit) verursacht wird. Eine weitere Möglichkeit ist, dass der
niedrige Vollzeitbereich sowohl mit Personen besetzt ist, die zwar vertraglich in
Teilzeit arbeiten, aber viele Überstunden leisten und folglich hohe PVB aufweisen,
als auch mit Erwerbstätigen in Vollzeit ohne Überstunden und daher niedrigen PVB.
Die MSB zeigen einen recht konsistenten, ansteigenden Trend mit zunehmender
Arbeitszeit, der jedoch insgesamt schwächer ausfällt und nur in drei der vier
Stichproben ermittelt und abgesichert werden konnte. Der Faktor MSB ist, anders als
die PVB, aus eher heterogenen Beschwerdearten zusammengesetzt. Die
Inkonsistenz zwischen den Stichproben bezüglich des Zusammenhanges der MSB
zur Arbeitsdauer könnte ein Ergebnis dieser Heterogenität sein. Zudem ist eine nicht
unerhebliche Konfundierung zwischen der körperlichen Beanspruchung durch die
Tätigkeit und der Arbeitszeit ermittelt worden (s. o.), sodass die mittleren MSB über
alle Beschäftigten hinweg kaum aussagekräftig sein dürften. Weitere mögliche
Ursachen für die Inkonsistenz der MSB werden weiter unten diskutiert.
Die Beschwerdefreiheit erscheint dagegen insgesamt sehr gut als Indikator für das
Konstrukt der Beeinträchtigungsfreiheit geeignet zu sein, da dieser Indikator
unabhängig von den Zusammenhängen der Beschwerden untereinander berechnet
wurde und aufgrund der ODER-Verknüpfung bereits bei Angabe nur einer gesund-
heitlichen Beeinträchtigung „ausschlägt“. Aufgrund der in Abhängigkeit von der Art
der Fragestellung insgesamt sehr geringen Beeinträchtigungsfreiheit in GA 2004 und
BB 2006 traten möglicherweise Bodeneffekte auf. Dagegen führte die Filterfrage
„Wirkt sich Ihre Arbeit auf Ihre Gesundheit aus?“ in den europäischen Umfragen
dazu, dass insgesamt weniger (subjektiv als arbeitsbezogen erlebte) Beein-
trächtigungen genannt wurden. Diese stehen wahrscheinlich etwas direkter mit den
Arbeitsbedingungen in Verbindung als die Beeinträchtigungen in GA 2004 und BB
180
2006. In diesen Befragungen wurde der Bezug auf die Tätigkeit mit der Formulierung
„an Arbeitstagen“ bzw. „während/nach der Arbeit“ operationalisiert, wobei hier der
zeitliche und nicht der subjektiv wahrgenommene kausale Bezug der Beein-
trächtigungen zu der Tätigkeit im Vordergrund steht. Darüber hinaus können
gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Arbeit auch längerfristig auftreten,
etwa am Wochenende. Dies ist hier nicht in die Operationalisierung einbezogen.
Durch die Variable „Beschwerdefreiheit“ konnte somit eine direkte Operationa-
lisierung für das Konstrukt der Beeinträchtigungsfreiheit nach HACKER & RICHTER
(1984) realisiert werden.
Konsistent zum Anstieg der berichteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sinkt in
allen vier Stichproben die berichtete Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit mit
steigender wöchentlicher Arbeitszeit nahezu linear. Die linearen Trends unter-
scheiden sich dabei bezüglich ihrer Regressionskoeffizienten (der Steigung über die
Dauer der Arbeitszeit) wiederum nicht signifikant zwischen den einzelnen Stich-
proben. Es kann also auch diesbezüglich von einem überaus stabilen Ergebnis
ausgegangen werden. Dabei ist das Niveau der Vereinbarkeit in allen Befragungen
generell sehr hoch und sinkt selbst im Bereich der langen Arbeitszeiten nur auf einen
mittleren Wert ab.
Die Ausübung außerberuflicher Aktivitäten wurde nur in den europäischen
Befragungen erfasst. Sowohl die Häufigkeit der Ausübung von Haushalts- und
Familienaktivitäten als auch von außerhäuslichen Freizeitaktivitäten wird mit
zunehmender Arbeitszeit deutlich eingeschränkt. Dies lässt sich für die einzelnen
Aktivitäten ebenso zeigen wie für die latenten Konstrukte „Haushaltsaktivitäten“ und
„Freizeitaktivitäten“, die mittels Faktorenanalyse gebildet worden waren. Anhand der
Unterschiede in den Regressionskoeffizienten ist zu erkennen, dass die Ein-
schränkung der Zeit für Haushaltsaktivitäten bei langen Arbeitszeiten, über alle
Beschäftigten hinweg betrachtet, tendenziell stärker ist als die Einschränkung der
Zeit für Freizeitaktivitäten, wie etwa Sport oder Weiterbildungen. Dieses Ergebnis ist
vermutlich stark durch das Geschlecht der Befragten konfundiert, da Frauen
(insbesondere mit Kindern im Haushalt) im Mittel weniger Wochenstunden leisten
und gleichzeitig einen größeren Zeitaufwand im Haushalt angeben als Männer. Die
großen Unterschiede des wöchentlichen Zeitaufwandes konnten anhand der
Gruppen der vollzeitbeschäftigten Männer und Frauen mit und ohne Betreuungs-
pflichten gezeigt werden. Das starke Absinken der Haushaltsaktivitäten mit
steigender Arbeitszeit kann daher möglicherweise hauptsächlich auf den Übergang
der Verteilung von hauptsächlich durch Frauen zu überwiegend durch Männer
besetzte Arbeitszeitgruppen zurückgeführt werden. Der direkte Vergleich von
Männern und Frauen zeigt allerdings auch in diesen homogeneren Subgruppen eine
(wenn auch etwas schwächere) Abnahme der Zeit für außerberufliche Aktivitäten mit
zunehmender Arbeitszeit (s. u.). Die wöchentliche Arbeitszeit übt in beiden
europäischen Befragungen ähnlich ausgeprägte Effekte auf die Höhe der
Faktorwerte aus, daher können auch diese als stabil und replizierbar bezeichnet
werden. Auch nach Kontrolle des Geschlechts der Beschäftigten und weiterer
potenziell konfundierender Effekte in multiplen Regressionsmodellen zeigte sich
immer wieder ein substantieller Einfluss der Arbeitsdauer auf die Ausübung der
außerberuflichen Aktivitäten. Durch die Kontrolle der potenziell konfundierenden
Merkmale erzielt die wöchentliche Arbeitszeit etwas geringere Effektstärken als ohne
Kontrolle. Darüber hinaus lässt sich in den Kontrollmodellen ein gleichartiger Einfluss
181
der Wochenarbeitszeit auf die Ausübung häuslicher und anderer außerberuflicher
Aktivitäten erkennen. Diese Befunde stützen damit die Hypothese, dass das sehr
starke Absinken der Haushaltsaktivitäten mit steigender Arbeitszeit über alle
Beschäftigten hinweg nicht unerheblich durch konfundierende Einflüsse verursacht
wird. Der Einfluss der Arbeitsdauer auch nach Kontrolle der konfundierenden Effekte
zeigt jedoch, dass die wöchentliche Arbeitszeit einen bedeutsamen negativen Effekt
auf die Ausübung außerberuflicher Aktivitäten ausübt. Einzig ehrenamtliche und
politische Aktivitäten weisen keinen bzw. einen tendenziell positiven Zusammenhang
zur wöchentlichen Arbeitsdauer auf, der jedoch aufgrund der niedrigen Anzahl von
Personen mit derartigen Aktivitäten nicht näher untersucht werden konnte.
In den Ergebnissen auf Basis individueller Berechnungen besitzt die wöchentliche
Arbeitszeit erwartungsgemäß insgesamt eine eher geringe Effektstärke für die
Prädiktion gesundheitlicher und sozialer Beeinträchtigungen, wobei die Varianz-
aufklärung für die Vereinbarkeit und für häusliche Aktivitäten bereits auf individueller
Ebene recht zufriedenstellend ist. Auf Basis gruppierter Werte (Mittelwerte über
Kategorien mit gleichen Arbeitszeiten und damit nach Eliminierung individueller
Störvarianzen) wird dagegen eine Varianzaufklärung der abhängigen Variablen
durch die Wochenarbeitszeit von bis zu 95 % erzielt. Dies stützt die Annahme von
substantiellen Zusammenhängen zwischen der Wochenarbeitszeit und gesundheit-
lichen wie sozialen Beeinträchtigungen. Da keine Voraussagen für Einzelpersonen
getroffen, sondern allgemeingültige Zusammenhänge für die Population der Erwerbs-
tätigen aufgezeigt werden sollen, und zwar zunächst unabhängig von der Art und
Intensität der Belastung, erscheinen diese Zusammenhänge als bedeutsam, überaus
deutlich und konsistent.
Zur Absicherung der Validität der Ergebnisse sollte weiterhin geprüft werden, ob sich
diese über alle Personen hinweg ermittelten Strukturen auch in unterschiedlichen,
homogenen Substichproben zeigen lassen. Zu diesem Zweck wurden die
Stichproben aufgeteilt nach Alter, Geschlecht, dem Vorhandendsein von Betreuungs-
pflichten, verschiedenen Arbeitszeitbedingungen (Schicht- und Nachtarbeit, Arbeit
am Wochenende und Abenden, variable Arbeitszeiten), und für die Untersuchung der
gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch in verschiedene Belastungskonstel-
lationen (s. u.) und nach dem Ausmaß ihres jeweiligen Handlungsspielraumes.
Es zeigte sich, dass die negativen Effekte weiterer ungünstiger Arbeitszeit-
bedingungen (wie Nacht- und Schichtarbeit, Arbeit am Wochenende und an
Abenden) auf die Gesundheit, die Vereinbarkeit und die Ausübung nicht arbeits-
gebundener Aktivitäten durch lange Arbeitszeiten weiter verstärkt werden. Personen
in solch ungünstigen Arbeitszeitkonstellationen erreichen teilweise bereits im
Teilzeitbereich das gesundheitliche Beschwerdeniveau, welches die Personen-
gruppen ohne diese ungünstigen Bedingungen erst im Vollzeitbereich aufweisen.
Einzig Merkmale der Arbeitszeitvariabilität (z. B. keine festen Start- und Endzeiten)
wirken sich tendenziell positiv auf die Ausübung „echter“ Freizeitaktivitäten aus. Dies
erscheint zunächst widersprüchlich zu Ergebnissen an anderer Stelle (vgl. JANßEN
& NACHREINER, 2004). Zieht man jedoch in Betracht, dass die Art und
insbesondere die soziale Gebundenheit dieser Aktivitäten nicht präzise erfasst
wurden, so erscheint es durchaus möglich, dass Aktivitäten, die alleine oder zu
flexiblen Zeiten ausgeübt werden, von der Arbeitszeitvariabilität profitieren können.
Dagegen sollte die Ausübung sozial gebundener Aktivitäten, wie etwa Sport im
182
Team, durch eine hohe Arbeitszeitvariabilität eher eingeschränkt werden. Dies
konnte jedoch mit den vorliegenden Daten nicht geprüft werden.
Die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gestaltung der eigenen Arbeitszeiten wirkt
insgesamt positiv auf die Gesundheit und die Vereinbarkeit, kann jedoch die
negativen gesundheitlichen und sozialen Effekte der langen Arbeitszeiten nicht
aufheben oder wesentlich abmildern. Die zusätzlich belastenden Arbeitszeit-
bedingungen scheinen sich additiv mit der Arbeitsdauer auf die Höhe der
gesundheitlichen Beschwerden und die berichtete Vereinbarkeit auszuwirken,
sodass die Gruppen mit und ohne ungünstige Arbeitszeitkonstellationen einen
ähnlichen Beschwerdeanstieg mit steigender Wochenarbeitszeit aufweisen, dabei
aber auf einem unterschiedlich hohen (Ausgangs-)Beschwerdeniveau liegen. Es
konnte weiterhin am Beispiel der Kombination von Schicht- und Nachtarbeit mit der
Dauer der Arbeitszeit gezeigt werden, dass diese Merkmale der Arbeitszeitlage
interaktiv auf die Höhe der gesundheitlichen Beeinträchtigungen wirken. Ausgehend
von einem Grundrisiko in der Gruppe mit Teilzeit und ohne Schicht- und Nachtarbeit,
können Schicht- und Nachtarbeit jeweils einzeln und in Kombination (interaktiv) das
Beeinträchtigungsrisiko erhöhen. Eine weitere additive Erhöhung des Risikos ergibt
sich durch Hinzunahme der wöchentlichen Arbeitsdauer. Diese Ergebnisse könnten
sich möglicherweise auch für die Berechnung des individuellen Gesundheitsrisikos
bestimmter Arbeitszeitpläne eignen.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit wird – ähnlich wie die gesundheitlichen
Beeinträchtigungen – additiv von der Arbeitsdauer und anderen Arbeitszeit-
merkmalen beeinflusst, sodass die Vereinbarkeit durch Bedingungen wie unregel-
mäßige Arbeitszeiten, Schichtarbeit und besonders Arbeit an Abenden und am
Wochenende erwartungsgemäß deutlich verschlechtert wird. Die Möglichkeit der
Einflussnahme auf die eigenen Arbeitszeiten führt demgegenüber, wie zu erwarten,
zu einer besseren Vereinbarkeit. Werden hingegen die konkreten Angaben über die
Ausübung nicht arbeitsgebundener Aktivitäten betrachtet, so üben die Arbeitszeit-
bedingungen neben der Arbeitsdauer nur schwache Effekte aus. Personenbezogene
Merkmale wie das Geschlecht und Betreuungspflichten der Beschäftigten
moderieren die Ausübung der außerberuflichen Aktivitäten dagegen deutlich stärker.
Danach scheint also die subjektiv beurteilte Vereinbarkeit von beruflichen und
privaten Interessen stärker mit der Arbeitszeitgestaltung zusammenzuhängen als die
Häufigkeit der konkret ausgeübten Aktivitäten.
Erstaunlicherweise scheint Arbeit an Sonntagen die Ausübung der erfassten
häuslichen und Freizeitaktivitäten zu begünstigen, wohingegen Samstagsarbeit mit
einer Einschränkung der Aktivitäten verbunden ist. Eine Erklärung dieses
Ergebnisses könnte sein, dass Arbeit an Samstagen und an Sonntagen jeweils
unterschiedliche Aktivitäten einschränken. Arbeit an Samstagen verhindert z. B.
größtenteils Aktivitäten wie Einkaufen oder die Teilnahme an kulturellen oder
geselligen Ereignissen (die oft Samstagabends stattfinden), welche durch Arbeit an
Sonntagen hingegen eher weniger eingeschränkt werden. Sonntagsarbeit begrenzt
dagegen wahrscheinlich in erster Linie die Möglichkeiten zur Ausübung sozialer
Aktivitäten mit der Familie und die Erholungszeit, wohingegen die hier abgefragten
Tätigkeiten im Haushalt/Kochen auch an anderen Wochentagen ausgeübt werden
können. Daher könnte es sein, dass die Beschäftigten bei Sonntagsarbeit keine
Einschränkung der hier erfassten häuslichen und Freizeitaktivitäten wahrnehmen.
183
Dies könnte jedoch für sozial gebundene Aktivitäten durchaus zu anderen Ergeb-
nissen führen.
Durch biografische Merkmale werden, wie erwartet, moderierende Effekte auf die
Zusammenhänge zwischen der Wochenarbeitszeit und dem Risiko für
gesundheitliche Beeinträchtigungen sowie der Einschränkung außerberuflicher
Aktivitäten ausgeübt. Frauen berichten dabei tendenziell mehr psychovegetative
Beschwerden als Männer, was möglicherweise an der auch heute immer noch
ungleich verteilten Tätigkeit im Haushalt und damit an einer Mehrbelastung der
Frauen liegt. Dies lässt sich dadurch stützen, dass sich Männer und Frauen (mit und
ohne Kinder) bezüglich der Ausübung außerberuflicher Aktivitäten deutlich
unterscheiden. Frauen geben an, häufiger im Haushalt und im Rahmen der
Kindererziehung tätig zu sein, wohingegen Männer deutlich weniger Zeit mit solchen
Aktivitäten zubringen. Dafür liegt der zeitliche Anteil von „echten“ Freizeitaktivitäten
bei Männern etwas höher als bei Frauen. Eine Berechnung des gesamten
Zeitaufwandes für Arbeit und nicht arbeitsgebundene Aktivitäten bestätigt, dass
insbesondere Frauen mit Kindern eine vergleichsweise sehr hohe zeitliche
Auslastung haben. Diese Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich des
Zeitaufwandes neben der beruflichen Arbeitszeit sind so groß, dass dadurch
vielleicht die insgesamt höheren gesundheitlichen Beschwerden der Frauen erklärt
werden können. Die Ergebnisse von VÄÄNÄNEN et al. (2004) und ALA-MURSULA
et al. (2006) deuten darauf hin, dass die Summe der beruflichen und häuslichen
Arbeitsstunden (Haushalt, Kochen, Kinderbetreuung, etc.) das Risiko sowohl für
gesundheitliche Beeinträchtigungen als auch für krankheitsbedingte Ausfalltage
beeinflussen kann. Dieser Befund könnte die genannte Hypothese stützen, dass die
tendenziell häufigeren gesundheitlichen Beschwerden der Frauen aus der gegenüber
den Männern erhöhten Belastung aus einem größeren außerberuflichen
arbeitsbedingten Zeitaufwand resultieren. Da die vorliegenden Daten keine präzise
Berechnung der gesamten wöchentlichen Zeit für Arbeit und Aktivitäten außerhalb
des Berufes erlauben, kann jedoch nur die o. g. Tendenz festgestellt werden. Mit
Hilfe von präziseren Methoden, wie etwa Time Budget Studien, könnte jedoch eine
validere Erfassung von Zeitmustern erfolgen, die sowohl den Zugang zu detaillierten
Informationen über die Arbeitszeitsysteme der Befragten als auch über deren
Freizeitverhalten erlaubt. Damit wäre es möglich, auch komplexere Wirkungs-
zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer, Erholungszeiten und gesundheitlichen
wie sozialen Beeinträchtigungen zu untersuchen, was mit den vorliegenden Daten
nur ansatzweise zu leisten ist.
Die berichtete Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben unterscheidet sich dagegen
zwischen Männern und Frauen überraschenderweise weder in ihrer absoluten Höhe
noch in der Struktur des Zusammenhangs mit der wöchentlichen Arbeitszeit. Es kann
vermutet werden, dass die angegebene Vereinbarkeit ähnlich wie auch die
Arbeitszufriedenheit aus kognitiven Prozessen resultiert, bei denen ein bestehendes
Anspruchsniveau mit der realen Situation abgeglichen und die Zufriedenheits- bzw.
Vereinbarkeitsbewertung anhand der Soll-Ist-Übereinstimmung vorgenommen wird
(vgl. BRUGGEMANN et al., 1975). Ist dabei das Anspruchsniveau bereits niedrig, so
sind die Beschäftigten auch mit einer objektiv eher schlechten Passung zwischen
Beruf und Freizeit „zufrieden“. Es scheint daher insbesondere für Frauen, die einen
höheren Zeitaufwand für häusliche Aktivitäten als Männer angeben, aus dieser
zusätzlichen Belastung keine schlechtere wahrgenommene Vereinbarkeit von Beruf
184
und Freizeit zu resultieren. Die Folgen der erhöhten zeitlichen Auslastung scheinen
sich bei den Frauen zwar nicht in der Vereinbarkeitswahrnehmung oder -beurteilung,
wohl aber in psychovegetativen Beeinträchtigungen niederzuschlagen, da diese
tendenziell höher sind als die der Männer. Leider lassen sich derartige dynamische
Prozesse wie eine Zufriedenheitsbeurteilung und insbesondere eine Senkung des
Anspruchsniveaus nicht mit den verwendeten Querschnittsdaten analysieren.
Im Bereich der gesundheitlichen Beschwerden gibt es weiterhin einen klaren
„Healthy-Worker-Effekt“ in Bezug auf das Alter. In allen Altersgruppen lässt sich ein
Anstieg der Beschwerden mit zunehmender Arbeitszeit zeigen, wobei absolut
betrachtet die Gruppe der Ältesten i. d. R. nach den Jüngsten die wenigsten
Beschwerden aufweist. Das Vorliegen eines Healthy-Worker-Effekts kann weiter
durch die in der ältesten Gruppe vergleichsweise niedrigen Erwerbstätigenquoten
gestützt werden. Die jüngsten Beschäftigten unter 25 Jahren berichten zwar die
wenigsten Beeinträchtigungen, jedoch findet sich auch in dieser Gruppe im Bereich
der überlangen Arbeitszeiten (>48 Std.) ein Beschwerdeanstieg mit zunehmender
Arbeitszeit, sodass anscheinend auch junge Personen die negativen Effekte langer
Arbeitszeiten nicht völlig kompensieren können.
Die untersuchten Altersgruppen unterscheiden sich weiterhin sowohl bezüglich der
Ausübung von häuslichen wie auch von außerhäuslichen Aktivitäten. Die Gruppe der
ältesten Befragten berichtet dabei einen vergleichsweise sehr geringen zeitlichen
Umfang der Haushalts- und Freizeitaktivitäten, wohingegen ehrenamtliche und
politische Tätigkeiten etwas häufiger ausgeübt werden. Insgesamt üben die über 55-
Jährigen jedoch nur Tätigkeiten im Haushalt/Kochen regelmäßig aus (im Durch-
schnitt 1-2x pro Woche). Da diese Gruppe aber gleichzeitig keine schlechtere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeben als die anderen, sozial aktiveren
Altersgruppen, stellt sich die Frage, wodurch dies zustande kommt. KOHN &
SCHOOLER (1983) zeigten, dass die Art der Tätigkeit das Freizeitverhalten der
Beschäftigten beeinflussen kann. Da die Ältesten durch den langen Verbleib im
Erwerbsleben die stärkste Sozialisation durch die Arbeit erfahren haben, könnte sich
ihr Freizeitverhalten und das Anspruchsniveau mit der Zeit an die bestehenden
Bedingungen angepasst haben, sodass sie (bei reduziertem Anspruchsniveau) auch
mit vergleichsweise wenig Zeit für soziale Aktivitäten „zufrieden“ sind. Ein weiterer
Grund für die Konstellation aus wenigen Aktivitäten in der Freizeit und einer guten
Vereinbarkeit bei den Ältesten könnte sein, dass es sich ähnlich wie bei den
gesundheitlichen Beeinträchtigungen um eine Art „Healthy-Worker-Effekt“ handelt.
So könnte es möglich sein, dass ältere Beschäftigte mit großem Interesse an
außerberuflichen Aktivitäten und Unzufriedenheit mit ihren Arbeitsbedingungen
bereits eher die Chance auf einen frühzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben
genutzt haben und somit vermehrt Personen in der Erwerbstätigenpopulation
verblieben sind, die ein geringeres Interesse an den erhobenen Freizeitaktivitäten
besitzen (siehe auch S. 76).
Auch in den untersuchten Substichproben konnten strukturell gut übereinstimmende
Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen Arbeitszeit und gesundheitlichen wie
auch sozialen Beeinträchtigungen nachgewiesen werden. Anhand von mehr-
faktoriellen Varianzanalysen wurde dabei deutlich, dass die Dauer der Arbeitszeit
auch in diesen Substichproben jeweils einen klaren Haupteffekt mit vergleichbarer
Effektstärke auf die gesundheitlichen und sozialen Variablen ausübt. Generell treten
185
dabei die Effekte der Arbeitsdauer auf die PVB stärker zu Tage als auf die MSB, wie
sich bereits in der Untersuchung der Zusammenhänge in den Gesamtstichproben
angedeutet hatte.
Ergebnisse logistischer Regressionen zeigen darüber hinaus, dass auch mit Hilfe
einer weiteren Methode in allen Stichproben eine deutliche Erhöhung des
Beeinträchtigungsrisikos durch eine Zunahme der Arbeitsdauer nachgewiesen
werden kann. Die Ergebnisse können damit kein Methodenartefakt darstellen. Die
Risikoerhöhung bleibt auch nach gleichzeitiger Kontrolle aller moderierenden Effekte
der körperlichen und psychischen Belastung bzw. Beanspruchung durch die Tätigkeit
sowie der tendenziell schwächer wirkenden moderierenden demografischen und
arbeitszeitbezogenen Merkmale bestehen. Das Ausmaß der Risikoerhöhung (Odds
Ratios) für die Arbeitsdauer unterscheidet sich absolut betrachtet erwartungsgemäß
etwas zwischen den Stichproben, wobei vor allem in GA 2004 eine weitaus größere
Risikosteigerung durch lange Arbeitszeiten ermittelt wurde als in den anderen
Stichproben. Dennoch weisen alle vier Stichproben ein strukturell konsistentes Bild
auf, mit einer klaren Erhöhung des Risikos vom Teilzeit- zum Vollzeitbereich sowie
einer weiteren Risikosteigerung im Bereich der überlangen Arbeitszeiten (über 48
Wochenstunden).
Auch zur Prädiktion der Vereinbarkeit und der Ausübung sozialer Aktivitäten in EU
2000 und 2005 wurden multiple Regressionsmodelle erstellt, in welchen nach
Kontrolle der konfundierenden Personen- und Arbeitszeitmerkmale überein-
stimmende Effekte der wöchentlichen Arbeitszeit sowohl auf die Vereinbarkeit als
auch auf die sozialen Aktivitäten gezeigt werden konnten. Einzig die hier ein-
bezogene deutsche Substichprobe aus EU 2005 zeigte nicht ganz konsistente
Ergebnisse, was möglicherweise an der weniger gut mit den anderen Datensätzen
übereinstimmenden Stichprobenzusammensetzung liegt.
Die berichteten Ergebnisse sind daher nicht nur über mehrere Stichproben,
Befragungsmethoden und Operationalisierungen hinweg, sondern auch zwischen
zwei Messzeitpunkten (EU 2000 und 2005, EU 15) als überaus stabil einzuschätzen.
Es stellte sich heraus, dass mit den vorliegenden Daten leider keine Möglichkeit
gefunden werden konnte, einen der (gesundheitlichen) Beeinträchtigungsfreiheit
ähnlichen Indikator für die soziale Beeinträchtigungsfreiheit zu bilden, um die
Fragestellung I.2.b (siehe Abschnitt 1.5) zu beantworten. Ein Grund dafür war die
Operationalisierung der Ausübung der außerberuflichen Aktivitäten. Das Ziel war, die
Personen anhand der einzelnen Aktivitäten als „sozial beeinträchtigt“ oder „nicht
beeinträchtigt“ zu klassifizieren und dabei eine ODER-Verknüpfung zu verwenden,
sodass die Beeinträchtigung einer einzelnen Aktivität ausreicht, um insgesamt als
„nicht sozial beeinträchtigungsfrei“ zu gelten. Da erhoben wurde, wie häufig die
Beschäftigten den verschiedenen Aktivitäten nachgehen, hätte ein Cut-Off-Wert
festgelegt werden müssen, bei dessen Unterschreitung eine Beeinträchtigung
diagnostiziert würde, um eine vergleichbare Kategorisierung in „sozial beeinträchtigt“
und „nicht sozial beeinträchtigt“ zu ermöglichen. Es stellte sich daher die Frage, bei
wie viel Zeit (pro Monat oder pro Woche) für eine bestimmte Freizeitaktivität eine
Person als sozial beeinträchtigt zu gelten hat. Einerseits kann nicht objektiv
festgelegt werden, welche Freizeitaktivitäten jemand in welchem Umfang ausüben
sollte, um als „nicht beeinträchtigt“ zu gelten. Andererseits unterliegt die Ausübung
186
von Freizeitaktivitäten individuellen Valenzstrukturen (vgl. BAER et al., 1985), die
beeinflussen, wie wichtig oder unwichtig bestimmte Freizeitaktivitäten für die
jeweilige Person sind. Es kann daher aufgrund der in den verwendeten Stichproben
angegebenen zeitlichen Freizeitstrukturen nach Ansicht der Autorin nicht objektiv
festgelegt werden, ob eine Person sozial beeinträchtigt ist, insbesondere nicht ohne
die individuelle Valenzstruktur zu berücksichtigen, die hier nicht erfasst wurde. Eine
Abweichung von der mittleren Häufigkeit der Aktivitäten als Kriterium zu verwenden,
erschien ebenfalls als nicht sinnvoll, da beispielsweise die Mediane für häusliche
Aktivitäten bereits im Maximalbereich und die Mediane für Weiterbildungsaktivitäten
im Minimalbereich lagen und daher entweder alle oder keine Personen als sozial
beeinträchtigt eingestuft worden wären. Somit erschien es sinnvoll, die Angaben zur
Vereinbarkeit sowie die ermittelten Faktoren „Haushaltsaktivitäten“, „Freizeit-
aktivitäten“ und „ehrenamtliche/politische Aktivitäten“ als Indikatoren für die Qualität
der sozialen Teilhabe zu verwenden. Die Faktorwerte wirken zwar kompensatorisch,
konnten aber in recht homogene Konstrukte mit einer hohen Varianzaufklärung
zusammengefasst werden, die in den europäischen Daten konsistente Zusammen-
hänge zur wöchentlichen Arbeitszeit aufwiesen.
Die angestrebte Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der Arbeitszeit und
gesundheitlichen Beeinträchtigungen in verschiedenen Berufsgruppen erwies sich
aufgrund der zu wenig differenzierenden Kodierung nach ISCO-88 COM nicht als
sinnvoll. Es zeigte sich, dass die angegebenen Belastungskonstellationen auch in
einzelnen Berufsgruppen so heterogen waren, dass die Verwendung von Berufs-
gruppen zur Untersuchung spezifisch belasteter Gruppen nicht sinnvoll erschien. Ein
weiteres Hindernis für die Untersuchung spezifischer Berufsgruppen war, dass die
Zellenbesetzung bereits durch die Aufteilung in verschiedene Gruppen der wöchent-
lichen Arbeitszeit teilweise sehr gering wurde, insbesondere in den Gruppen der
Personen mit langen Arbeitszeiten. Durch die weitere Aufteilung in Berufsgruppen
verblieben selbst in den sehr umfangreichen Gesamtstichproben nur noch wenige
Personen in den interessierenden Substichproben, sodass eine Untersuchung der
Fragestellungen nicht mehr möglich war. Die dargestellte Konfundierung der
Berufsgruppen mit der Arbeitsdauer (vgl. S. 83) trägt weiter zu dieser Problematik
bei. Allein in der Befragung BB 2006 waren durch die Autoren präzisere Filter für
einige Berufe gesetzt, die für eine Analyse ausreichend viele Personen enthielten. So
konnte für die Personen in „Pflegeberufen“ beispielhaft gezeigt werden, dass auch in
diesem spezifischen Berufsbereich deutliche Anstiege der PVB und MSB mit
zunehmender Arbeitszeit auftreten. Wären derartig präzise Kodierungen auch in den
anderen Stichproben vorhanden gewesen, hätte dieses Ergebnis ebenfalls
vergleichend untersucht werden können. Berufe und Berufsgruppen können als
Indikatoren für bestimmte Belastungskonstellationen betrachtet werden, die auf die
Beschäftigten einwirken. Da jeweils die konkreten Belastungsbedingungen und
weniger die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe die Bean-
spruchungsfolgen hervorrufen, ist es sinnvoll, statt auf die Berufsgruppen direkt auf
die Informationen über die berichtete Belastung und Beanspruchung der
Beschäftigten zurückzugreifen. Damit kann eine präzisere Abschätzung der
Zusammenhänge zwischen der Art und Intensität einzelner Belastungskomponenten
sowie der Dauer der zeitlichen Einwirkung erfolgen, als es bei der Betrachtung
aggregierter Berufsgruppen, die zudem keine valide Schätzung der konkreten
Belastung erlauben, der Fall sein kann.
187
6.2 Überprüfung des Belastungs-Beanspruchungs-Modells
Anhand von Korrelationsanalysen konnte gezeigt werden, dass, wie erwartet, eine
subjektiv als hoch eingeschätzte körperliche Belastung, eine hohe Belastung durch
die Arbeitsumgebung sowie häufige repetitive Tätigkeiten im Zusammenhang mit
erhöhten MSB stehen, wohingegen als psychisch beanspruchend klassifizierbare
Arbeitsbedingungen sowohl mit hohen psychovegetativen als auch Muskel-Skelett-
Beschwerden (als negativen Beanspruchungsfolgen) zusammenhängen. Psychisch
belastende Merkmale, wie schnelles Arbeiten oder viele Aufgaben gleichzeitig
bearbeiten zu müssen, erhöhen die Belastungsintensität von körperlich bean-
spruchenden Tätigkeiten und können somit nicht nur zu psychovegetativen, sondern
auch zu körperlichen Beeinträchtigungen führen. Dieses Ergebnis stützt die
Forderung aus DIN EN ISO 10075-2 (2000), Zeitzwänge zu vermeiden, da diese zu
einer erhöhten Beanspruchung führen. Möglichkeiten zur (Mit-)Gestaltung der
eigenen Arbeitsbedingungen, wie die Arbeitsgeschwindigkeit und -durchführung,
mildern die PVB und MSB, wie erwartet, etwas ab.
Anhand von Varianzanalysen konnte weiterhin gezeigt werden, dass die berichtete
Dauer und die Intensität der Belastung nicht – wie durch das Belastungs-
Beanspruchungs-Modell vorhergesagt – interaktiv, sondern eher additiv auf die Höhe
der gesundheitlichen Beeinträchtigungen wirken. Personen mit (körperlich und/oder
psychisch) stärker beanspruchenden Arbeitsbedingungen sowie einem geringen
Handlungsspielraum berichten mehr gesundheitliche Beeinträchtigungen als
Personen mit geringerer Beanspruchung und einem größeren Handlungsspielraum,
jedoch ist der (lineare) Anstieg der Beeinträchtigungen mit zunehmender
Arbeitsdauer in beiden Gruppen sehr ähnlich. Theoretisch hätte sich in der Gruppe
der hoch beanspruchten Personen eine exponentielle Steigerung der Beein-
trächtigungen mit zunehmender Dauer ergeben sollen. Die ermittelten additiven
Strukturen sind über alle Stichproben hinweg jedoch als überaus stabil einzu-
schätzen. Einzelne Stichproben zeigten zwar die theoretisch erwarteten interaktiven
Zusammenhänge; diese wurden aber vermutlich allein wegen der Stichprobengröße
signifikant, und dürften aufgrund ihrer geringen Effektstärke praktisch keine Relevanz
besitzen.
Für die Erklärung dieser Resultate kommen mehrere Gründe in Frage. Zum einen
handelt es sich bei den verwendeten Daten um subjektiv durch die Betroffenen
vorgenommene Einschätzungen der (durchschnittlichen) Belastungs- bzw.
Beanspruchungsintensität, deren Genauigkeit grundsätzlich in diesem Rahmen nicht
nachprüfbar ist. Wie bereits im Abschnitt 1.2 erwähnt, sollte die Belastungsintensität
nicht über einen Tag (geschweige denn über die ganze Tätigkeitsdauer hinweg)
gemittelt werden (vgl. STRASSER, 2009). Es können in der Realität große
Schwankungen der Belastungsintensität vorliegen, deren Maximalwerte bereits die
negativen gesundheitlichen Folgen hervorrufen können, auch wenn die „mittlere“
eingeschätzte Belastungsintensität nicht sehr hoch ist. Damit könnte erklärt werden,
dass bei Angabe einer hohen durchschnittlichen Belastungsintensität bereits im
niedrigen Arbeitszeitbereich viele Beschwerden berichtet werden und somit die
Stärke des Anstiegs der Beschwerdehöhe in Abhängigkeit von der Arbeitsdauer zu
flach eingeschätzt wird. Möglich wäre hingegen auch, dass es den Befragten leichter
fällt, eine Verbindung zwischen einer als hoch wahrgenommenen körperlicher
Belastung und Muskel-Skelett-Beschwerden herzustellen als zwischen psychisch
188
stark beanspruchenden Arbeitsbedingungen und PVB. Als Konsequenz dieses
subjektiv deutlicher repräsentierten Zusammenhangs könnten etwa Personen mit
Rückenschmerzen eher dazu neigen, eine hohe körperliche Belastung anzugeben.
Derartige reziproke Beziehungen können adäquat jedoch nur mit Hilfe von
Längsschnittanalysen geprüft werden.
Eine weitere mögliche Erklärung könnten kognitive Verzerrungen bei den Befragten
sein, sodass Personen mit langen Arbeitszeiten zu der Einschätzung tendieren, auch
häufig unter den jeweiligen belastenden Bedingungen zu arbeiten. Die Beschäftigten
könnten folglich den Aspekt der Belastungsdauer bereits in die Angabe zur
Belastungsintensität integriert haben, womit eine modelladäquate Trennung in
„Dauer“ und „Intensität“ der Belastung, wie sie hier versucht wurde, nicht mehr
möglich wäre.
Als weitere Ursache für die additiven Zusammenhänge kommen Selektions- und
Selbstselektionseffekte bei den Personen in den hoch beanspruchenden Arbeits-
bedingungen in Frage, sodass es sich hier möglicherweise um eine Über-
lebenspopulation derjenigen handelt, die diese Bedingungen ohne oder mit nur
geringen Beeinträchtigungen ertragen können. Dies würde dazu führen, dass das
Niveau der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Bereich der langen Arbeitszeiten
mit gleichzeitig hoher Beanspruchung hier deutlich unterschätzt wurde. Das heißt,
dass aus einem theoretisch angenommenen exponentiellen Anstieg der
Beeinträchtigungen mit zunehmender Arbeitszeit ein faktisch linearer Anstieg
geworden ist, weil Beschäftigte mit starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen in
diesen sehr hoch belasteten Gruppen bereits aus dem Arbeitsleben oder den
belastenden Arbeitsbedingungen ausgeschieden sind.
Durch das Vorhandensein von Handlungsspielräumen bei der Gestaltung der
eigenen Arbeitsbedingungen, wie etwa der Möglichkeit, die Arbeitsmenge und die
Geschwindigkeit selbst einteilen zu können, wird das Risiko für gesundheitliche
Beeinträchtigungen erwartungsgemäß gemindert, wobei dieser Effekt unabhängig
von der Dauer der Arbeitszeit gezeigt werden kann. Jedoch sind weder die negativen
Effekte der langen Arbeitszeiten noch die der hohen (körperlichen und psychischen)
Belastung dadurch vollständig kompensierbar, da auch bei Personen mit einem
hohen Gestaltungsspielraum ein Anstieg der Beeinträchtigungen mit zunehmender
Arbeitsdauer nachweisbar ist (auf die oben angeführten Selektions- und Selbst-
selektionseffekte soll hier nicht erneut eingegangen werden, obwohl diese auch hier
zutreffen dürften). Die Möglichkeit zur Kontrolle über die Arbeitsbedingungen
verbessert nicht nur die kurzfristige, sondern auch die längerfristige physiologische
Erholung, wie BERSET et al. (2009) zeigen konnten. Autonomie über die
Arbeitsbedingungen kann dazu führen, dass bereits während der Arbeit kleine
Erholungspausen eingelegt werden können, sodass die belastungsbedingte
Auslenkung des Systems gar nicht erst zu groß und damit negativen Bean-
spruchungsfolgen vorgebeugt wird. Eine Ausdehnung des Handlungsspielraums
erscheint daher allgemein als ein probates Mittel zur Reduktion gesundheitlicher
Beeinträchtigungen, kann jedoch nicht als alleinige Kompensation für körperlich
beeinträchtigende und/oder durch die Arbeitszeitgestaltung gefährdende Arbeits-
bedingungen verwendet werden.
189
6.3 Einordnung der eigenen Ergebnisse in den bisherigen
Forschungsstand
6.3.1.1 Allgemeine Gesundheit
Die hier vorgelegten eigenen Ergebnisse stimmen recht gut mit den bereits im
Abschnitt 1.4.3 dargestellten bisherigen Forschungsresultaten überein. Die aus den
Angaben zu verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden berechnete Variable
„Beschwerdefreiheit“ stellt einen Indikator für den allgemeinen Gesundheitszustand
der Beschäftigten – und insbesondere für das Konstrukt der Beeinträchtigungs-
freiheit – dar. Es konnte gezeigt werden, dass die Beschwerdefreiheit mit steigender
Arbeitsdauer nahezu linear sinkt.
Ein solcher Anstieg allgemeiner Gesundheitsbeschwerden im Zusammenhang mit
einer Zunahme der Arbeitsdauer konnte auch in verschiedenen bisherigen Studien
gezeigt werden (vgl. z. B. die Reviews von SPARKS & COOPER, 1997; SPURGEON
et al., 1997; VAN DER HULST, 2003; CARUSO et al., 2004a; CARUSO, 2006). In
den eigenen Berechnungen ergab sich für Beschäftigte in Vollzeit (35 – 47,9 Std.) ein
Anstieg des Beeinträchtigungsrisikos um 20 % bis 70 % und eine Risikosteigerung
um 50 % bis zu 100 % durch Arbeit in überlangen Arbeitszeiten (>48 Std. pro
Woche) gegenüber der Gruppe mit <35 Wochenstunden. In einer Studie von
WORRALL & COOPER (1999) gaben 21 % der Personen mit weniger als 35
Wochenstunden negative Auswirkungen der Arbeitszeit auf ihre Gesundheit an,
wohingegen es bei 35-40 Stunden bereits 40 % und bei mehr als 60 Wochenstunden
75 % der Befragten waren. ETTNER & GRZYWACZ (2001) errechneten ebenfalls
eine Erhöhung des allgemeinen gesundheitlichen Beeinträchtigungsrisikos um 25 %
in der Gruppe der Beschäftigten mit >45 Std. pro Woche, verglichen mit Personen in
Vollzeit unter 45 Wochenstunden. Damit lassen sich auch quantitativ recht
konsistente Ergebnisse für den Zusammenhang zwischen der Arbeitsdauer und
allgemeinen gesundheitlichen Beschwerden zeigen.
6.3.1.2 Psychovegetative Beeinträchtigungen
Ein weiterer Fokus der eigenen Berechnungen lag auf den psychovegetativen
Beeinträchtigungen. Übereinstimmend mit RÄDIKER et al. (2006) und RÜTERS
(2008) konnten nahezu lineare Zusammenhänge zwischen der wöchentlichen
Arbeitsdauer und dem Ausmaß der PVB nachgewiesen werden. Auch BALDWIN et
al. (1997) konnten negative Effekte langer Arbeitszeiten auf das psychische
Wohlbefinden von Ärzten zeigen. PROCTOR et al. (1996) fanden in der Automobil-
produktion ebenfalls einen Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten (bzw. der
Anzahl von Überstunden) und dem Auftreten von depressiven Verstimmungen.
Bislang liegen jedoch kaum Studien vor, welche die Zusammenhänge zwischen
psychischen oder psychovegetativen Beeinträchtigungen und der Arbeitsdauer in
repräsentativen Stichproben untersucht haben. Die eigenen Ergebnisse stützen
daher den Trend aus den beschriebenen spezifischeren Populationen und sichern
die Resultate und deren Generalisierbarkeit weiter ab.
190
6.3.1.3 Muskulo-skelettale Beeinträchtigungen
Bezüglich des Zusammenhanges zwischen muskulo-skelettalen Beschwerden und
der wöchentlichen Arbeitsdauer mangelt es bislang an eindeutigen und konsistenten
Ergebnissen. Die eigenen Berechnungen ergaben einen leichten, aber insbesondere
in den deutschen Stichproben teilweise inkonsistenten, Anstieg der MSB mit
zunehmender Arbeitsdauer. In den Stichproben der EU 15-Länder sowie in nach
Männern und Frauen getrennten Gruppen hingegen ließen sich größtenteils
konsistente und deutlichere Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und MSB
nachweisen. Bei der Untersuchung moderierender Effekte zeigte sich, dass das
Ausmaß der MSB, wie erwartet, insbesondere durch die Intensität der körperlichen
Belastung beeinflusst wird, wohingegen die Dauer der Exposition einen
vergleichsweise geringeren Einfluss besitzt.
In bisherigen Untersuchungen wurde ebenfalls eine schwache Erhöhung des Risikos
für muskulo-skelettale Beeinträchtigungen mit zunehmender Arbeitsdauer ermittelt
(siehe z. B. das Review von CARUSO & WATERS, 2008). So berichten beispiels-
weise LIPSCOMB et al. (2002) eine Risikoerhöhung für MSB durch verschiedene
Arbeitszeitbedingungen, jedoch konnte keine signifikante Risikoerhöhung allein
durch die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit gezeigt werden. Bei einer
Kombination mehrerer potenziell beeinträchtigender Arbeitszeitbedingungen (lange
tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, Arbeit am Wochenende, Arbeit nicht in der
Tagesschicht) trat jedoch eine Risikoerhöhung durch die einzelnen Komponenten
auf. Arbeit an >12 Std. pro Tag und >40 Std. pro Woche steigerten das Risiko für
MSB um 230 % bis 260 % verglichen mit Arbeitszeiten unter 12 Std. pro Tag und 40
Std. pro Woche. GROSCH et al. (2006) untersuchten eine repräsentative Stichprobe
aus der U.S.-Bevölkerung. Das Ergebnis ihrer Analysen ist, dass die berichtete
allgemeine und physische Gesundheit von Personen in Arbeitszeiten von über 70
Std. pro Woche als signifikant schlechter eingeschätzt wird als von Beschäftigten in
Vollzeitarbeit (35-40 Std.). Die Erhöhung des Risikos für eine Beeinträchtigung der
physischen Gesundheit beträgt dabei 502 %. Arbeitszeiten von 40 bis 70 Stunden
hingegen erhöhten das Risiko nicht signifikant. Dies scheint den oben dargestellten
Ergebnissen aus den deutschen Stichproben zu ähneln, in welchen ebenfalls erst im
Bereich der deutlich überlangen Arbeitszeiten (>65 Stunden pro Woche) eine klare
Zunahme der MSB auftrat. Neben der Intensität der physischen Belastung scheint
sich folglich auch die Dauer der Exposition auf die Entstehung körperlicher
Beeinträchtigungen auszuwirken. Die Effekte der Arbeitsdauer sind jedoch
vergleichsweise deutlich schwächer als die der Belastungsart und -intensität.
6.3.1.4 Soziale Beeinträchtigungen
Aus den eigenen Analysen ging hervor, dass mit zunehmender Arbeitsdauer sowohl
die berichtete Vereinbarkeit von Beruf und privaten Interessen als auch die Häufig-
keit der Ausübung verschiedener außerberuflicher Aktivitäten deutlich sinken. Dabei
konnten Effektstärken der Arbeitsdauer auf die Höhe der Vereinbarkeit von β = -0,23
bis β = -0,24 (ohne Kontrollvariablen) bzw. β = -0,15 (im Kontroll-Modell) ermittelt
werden. Der Einfluss der Arbeitsdauer auf die Ausübung von Haushalts- und Freizeit-
aktivitäten ist mit etwa β = -0,15 bzw. β = -0,10 (ebenfalls im Kontroll-Modell) ähnlich
stark ausgeprägt.
191
In den wenigen bisherigen Studien zu diesen Aspekten lassen sich recht
übereinstimmend negative Effekte langer Arbeitszeiten auf die Vereinbarkeit von
Beruf und privaten Interessen, häufig auch als Work-Life-Balance bzw. Work-Life-
Interferenz bezeichnet, finden (z. B. WORALL & COOPER, 1999; GEURTS &
DEMEROUTI, 2003; JANSEN et al., 2004; GROSCH et al., 2006; KLENNER &
SCHMIDT, 2007; GEURTS et al., 2009). So berechneten KLENNER & SCHMIDT
(2007) Korrelationen zwischen der wöchentlichen Arbeitsdauer und einem Indikator
für die Vereinbarkeit und erzielten dabei Korrelationskoeffizienten von etwa r=-0,3
(mit ähnlichen Koeffizienten für Frauen und Männer). Die Vereinbarkeit beruflicher
und privater Interessen wird folglich mit zunehmender Arbeitsdauer als schlechter
bewertet. Diese Effektstärke stimmt gut mit den eigenen Ergebnissen überein. In der
bereits oben genannten Untersuchung von GROSCH et al. (2006) konnte ebenfalls
ein Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten und der Beeinträchtigung des
Familienlebens durch den Beruf gezeigt werden. Im Vergleich zur Gruppe der
Personen mit 35-40 Std. pro Woche stieg das Risiko für eine Beeinträchtigung des
Familienlebens bei 41-48 Wochenstunden um 55 %, bei 49-69 Std. um 228 % und
bei 70 und mehr Wochenstunden um 375 % an. Die untersuchte Stichprobe enthielt
sowohl abhängig als auch selbstständig Beschäftigte. Auch WORRALL & COOPER
(1999) zeigten, dass die von ihnen befragten Führungskräfte in Großbritannien einen
negativen Zusammenhang zwischen ihrer Arbeitsdauer und der Beziehung zu ihrem
Partner und ihren Kindern wahrnehmen. Ebenso konnte mit zunehmender wöchent-
licher Arbeitszeit eine Steigerung der wahrgenommenen negativen Beeinflussung
des sozialen Lebens und der Freizeit gezeigt werden. 51-54 % der Befragten mit
zwischen 35-40 Wochenstunden berichten dabei negative Effekte der Arbeitszeit auf
ihr Privatleben, wohingegen im Bereich von über 60 Wochenstunden bereits 85-90 %
diese Einschätzung geben. Da jedoch nur Häufigkeiten ausgewertet wurden, können
leider keine Vergleiche mit den eigenen Berechnungen durchgeführt werden.
Bislang konnten dagegen keine Studien gefunden werden, in welchen, vergleichbar
mit den eigenen Untersuchungen, die Auswirkungen langer Arbeitszeiten auf die
Ausübung bestimmter Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit ermittelt wurden
(CARUSO et al. (2006) wiesen bereits auf den Forschungsbedarf in diesem Bereich
hin). Die vorgelegten Ergebnisse können damit als ein notwendiger erster Schritt in
diese Richtung verstanden werden.
6.4 Fazit
Als Schlussfolgerung aus dem bisherigen Forschungsstand und den ermittelten
Ergebnissen lässt sich festhalten, dass die Einhaltung der von HACKER & RICHTER
(1984) geforderten Kriterien der Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit und Beein-
trächtigungsfreiheit bei langen Arbeitszeiten nicht gewährleistet ist. Lange Arbeits-
zeiten stehen im Zusammenhang mit einem gegenüber kürzeren Arbeitszeiten
erhöhten Unfallrisiko, sodass eine forderungsgerechte Erfüllung der Arbeitsaufgabe
offensichtlich nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass es in Folge solcher misslingender
Arbeitshandlungen zu z. T. erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder
sogar zu irreversiblen Schädigungen kommt, sodass das Kriterium der Schädigungs-
losigkeit offenbar auch nicht erreicht wird. Ziel der Ergonomie ist es üblicherweise,
die Arbeitsmittel so zu gestalten, dass sie für das 5. bis 95. Perzentil aller für den
jeweiligen Arbeitsplatz in Frage kommenden Beschäftigten geeignet sind. Schutz und
192
Sicherheitsmaßnahmen sollten dagegen bereits für das 1. bis 99. Perzentil gelten
(JÜRGENS, 1993). Damit besteht das Ziel, 98 % der Beschäftigten zu schützen. Bei
langen Arbeitszeiten kann jedoch offensichtlich weder das Ziel von 95 % noch das
Ziel von 98 % Beeinträchtigungsfreien eingehalten werden.
Für das Entstehen gesundheitlicher und sozialer Beeinträchtigungen sind selbst-
verständlich nicht allein die konkreten Arbeitsbedingungen verantwortlich. Dennoch
lässt sich eine substantielle Zunahme des Beeinträchtigungsrisikos bzw. eine Ab-
nahme des Anteils beeinträchtigungsfreier Beschäftigter in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitsdauer und anderer Parameter der Arbeitszeit nachweisen.
Ausgehend von einem befragungs- und fragestellungsbedingten unterschiedlichen
absoluten Beeinträchtigungsniveau ist mit zunehmender Arbeitsdauer ein deutlicher
Anstieg des Grundrisikos für gesundheitliche Beeinträchtigungen zwischen 50 % bis
100 % gegenüber der Arbeit in Teilzeit (<35 Std.) zu verzeichnen. Damit gibt es
einen offensichtlich arbeits(zeit)bedingten Anstieg der Beeinträchtigungen, der
wiederum durch arbeitsbezogene Gestaltungsmaßnahmen beeinflusst werden kann.
Nicht zuletzt sind darüber hinaus lange Arbeitszeiten und Überstunden häufig mit
einer hohen Arbeitsintensität assoziiert, wodurch die Belastung des Beschäftigten
deutlich erhöht ist (VAN DER HULST et al., 2006). Demgegenüber steht der
ebenfalls häufig mit langen Arbeitszeiten verbundene große Gestaltungsspielraum
bezüglich der eigenen Arbeitsbedingungen (ÅKERSTEDT et al., 2004), der sich
wiederum positiv auf die Gesundheit und die Möglichkeit zur sozialen Teilhabe
auswirken kann (es sei daran erinnert, dass Führungspositionen mit hohem
Gestaltungsspielraum in der Regel mit langen Arbeitszeiten verbunden sind, woraus
erhebliche Konfundierungen resultieren).
Auch die soziale Teilhabe und damit die Persönlichkeitsförderlichkeit, operatio-
nalisiert durch verschiedene, nicht arbeitsgebundene Aktivitäten und die
wahrgenommene Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit, werden durch lange
Arbeitszeiten beeinträchtigt. Durch die zeitliche Begrenzung der sozialen Teilhabe
bei langen Arbeitszeiten werden die Möglichkeiten der Beschäftigten zur Entwicklung
ihrer Persönlichkeit und die Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten (und damit
ihre Möglichkeiten als aktive und passive Sozialisationsagenten) unmittelbar einge-
grenzt. Dabei ist die subjektiv eingeschätzte Vereinbarkeit von Arbeit und privaten
Interessen jedoch im Mittel recht gut, auch in Arbeitsbedingungen, die nur wenig Zeit
für nicht arbeitsgebundene Aktivitäten zulassen. Offenbar ist die normative Struktur
der Beschäftigten in derartigen Arbeitsbedingungen bereits dahingehend geprägt,
dass soziale und Freizeitaktivitäten keinen besonders hohen Stellenwert einnehmen
und damit die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit auch dann als gut eingeschätzt
wird, wenn faktisch nur noch wenige Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit ausgeübt
werden (können). Es kann daher vermutet werden, dass durch arbeitsbedingte
Sozialisationsmechanismen eine derartige Norm- und Wertestruktur bei den
Beschäftigten im Laufe der Zeit gefestigt und verstärkt wird. Dies könnte sich zu
einem Rückkopplungsprozess entwickeln, sodass die Möglichkeiten zur sozialen
Teilhabe aufgrund der arbeitsbedingten zeitlichen Einschränkung als immer weniger
wichtig erachtet werden und infolgedessen immer länger gearbeitet wird, woraufhin
sich diese Werte und Normen weiter festigen. In wieweit sich eine Gesellschaft
allerdings einen derartigen Rückzug bestimmter Gruppen aus der sozialen Teilhabe
– mit den damit verbundenen negativen gesellschaftlichen Konsequenzen – leisten
kann, erscheint durchaus fraglich. Unter dieser Perspektive erschiene es wünschens-
193
wert, in zukünftigen Befragungen weniger nach subjektiv beurteilter Vereinbarkeit als
vielmehr nach den Referenzstandards und tatsächlicher aktiver Beteiligung am
gesellschaftlichen Leben zu fragen.
Das Ausmaß der Wirkung der Arbeitsdauer auf die Gesundheit der Beschäftigten
scheint bezüglich seiner Effektstärke etwas schwächer zu sein als die Effekte der
Arbeitsdauer auf die Vereinbarkeit und die konkret ausgeübten nicht arbeits-
gebundenen Aktivitäten. Dies könnte sich dadurch erklären lassen, dass gesund-
heitliche Beeinträchtigungen zumeist in Folge der Belastungseinwirkung auftreten,
die wiederum, wie oben beschrieben, durch ihre Art, Intensität und Dauer
gekennzeichnet werden kann. Verlängert sich die Belastungsexposition bei gleicher
Intensität, so ist mit stärkeren Beanspruchungsfolgen zu rechnen. Es ist jedoch
möglich, dass die gegebenen Ruhezeiten zwischen den Arbeitsperioden eine
vollständige oder zumindest ausreichende Erholung der Beschäftigten ermöglichen,
sodass sich bei einer eher moderaten Verlängerung der Belastungsexposition nur
geringe gesundheitliche Auswirkungen nachweisen lassen. Dies dürfte insbesondere
der Fall sein, wenn die Belastungsintensität nicht über einen stabilen Gleichge-
wichtszustand hinausgeht, innerhalb dessen eine Erholung innerhalb der Ruhezeit
möglich ist. Bei Überschreitung dieses Gleichgewichtszustandes durch eine zu hohe
Belastungsintensität ist dagegen damit zu rechnen, dass keine vollständige oder
ausreichende Erholung möglich ist, wodurch der folgende Arbeitsabschnitt bereits mit
einem erhöhten Beanspruchungsniveau beginnt und die Beanspruchung weiter
kumuliert. Eine Verschiebung der Arbeitszeit in die Abendstunden dürfte dagegen
keine wesentlichen Effekte auf die Belastungswirkung haben, da es bis auf kleinere
tageszeitliche Effekte keine Rolle spielen sollte, wann am Tag der Beschäftigte der
Belastung ausgesetzt ist. Aufgrund des Nullsummenspiels zwischen Arbeit, Freizeit
und Schlaf (NACHREINER & GRZECH-ŠUKALO, 1997) wirkt die Arbeitsdauer
dagegen durch die Reduktion der verfügbaren Zeit direkt auf die Möglichkeiten der
sozialen Teilhabe und die Ausübung von Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit, da mit
einer Verlängerung der Arbeitszeit sofort eine Verkürzung der Freizeit oder der
Schlafzeit einhergeht. Die Blockierung der Abendstunden durch die Arbeitszeit führt
darüber hinaus direkt zu einer Einschränkung der sozial wertvollen Zeit.
Beeinträchtigungen in diesem Bereich stehen daher möglicherweise direkter mit der
Arbeitsdauer in Verbindung als gesundheitliche Beschwerden. Durch eine
Verkürzung der Schlafdauer lässt sich die verfügbare Zeit für soziale Aktivitäten zwar
(temporär) erhalten, jedoch kann durch die verkürzte Schlafdauer wiederum das
Risiko für arbeitsbedingte Unfälle, kognitive Fehlleistungen und gesundheitliche
Beeinträchtigungen steigen (DAWSON & REID, 1997; DINGES et al., 1997;
SPURGEON et al., 1997; VAN DER HULST, 2003; CARUSO et al., 2004; HÄRMÄ,
2006; LOMBARDI et al., in Vorbereitung).
Die durch das Belastungs-Beanspruchungs-Modell vorhergesagten interaktiven
Wirkungszusammenhänge von Belastungsintensität und -dauer auf die Höhe der
Beanspruchungsfolgen konnten anhand der verwendeten Daten nicht gestützt
werden. Es stellte sich vielmehr so dar, dass die Belastungsintensität additiv mit der
Expositionsdauer auf die Höhe der Beanspruchungsfolgen wirkt. Die negativen
gesundheitlichen Effekte hoher Belastungsintensität werden somit durch eine
Zunahme der Arbeitsdauer verstärkt. Ein hohes Ausmaß des eigenen Gestaltungs-
spielraumes (Autonomie) bezüglich der eigenen Arbeitsbedingungen mildert dabei
die negativen gesundheitlichen Effekte der hohen körperlichen und mentalen
194
Beanspruchung etwas ab. Mögliche Gründe für die fehlenden Interaktionen von
Intensität und Dauer können in der subjektiven und damit kognitiv verzerrten
Erfassung der Beanspruchung oder in Selektionseffekten liegen (s. o.).
Darüber hinaus können die negativen gesundheitlichen sowie sozialen Folgen
weiterer ungünstiger Arbeitszeitbedingungen, wie Nacht- und Schichtarbeit, Arbeit an
Abenden, Wochenenden und in unregelmäßigen Arbeitszeiten, durch lange
Arbeitszeiten weiter verstärkt werden. Der eigene Einfluss auf die Arbeits-
zeitgestaltung kann sich dagegen positiv auf die Gesundheit und die soziale Teilhabe
der Beschäftigten auswirken. Arbeitszeitautonomie hebt jedoch die negativen Effekte
langer Arbeitszeiten nicht völlig auf, da auch in der Gruppe der Personen mit
selbstbestimmten Arbeitszeiten mit zunehmender Arbeitsdauer ein Anstieg gesund-
heitlicher sowie sozialer Beeinträchtigungen zu verzeichnen ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Zusammenhänge zwischen der
wöchentlichen Arbeitszeit und gesundheitlichen wie sozialen Beeinträchtigungen
über verschiedene Methoden, Zeitpunkte, Stichproben und Operationalisierungen
hinweg abgesichert werden konnten, und sich somit gegenseitig stützen.
6.5 Zur Belastbarkeit der gewonnenen Ergebnisse
Nach DIN EN ISO 10075-3 (2004) sollten Messverfahren die Gütekriterien
Objektivität, Reliabilität, Validität, Diagnostizität, Sensitivität und Generalisierbarkeit
erfüllen. Die Einhaltung dieser Kriterien bei den verwendeten Befragungen kann an
dieser Stelle nicht umfassend geprüft werden, dennoch soll, soweit möglich, eine
Bewertung der Belastbarkeit vorgenommen werden.
Die Objektivität der Datenerhebungen kann nach Einsicht in die Feldberichte der
durchführenden Institute als recht gut betrachtet werden. Es wurden in allen Fällen
standardisierte Fragebögen verwendet, wobei im Fall von persönlichen oder Telefon-
interviews vorab Interviewerschulungen durchgeführt wurden. In GA 2004 wurde eine
schriftliche Befragung vorgenommen, die mögliche Verzerrungen durch Interviewer
oder die Interviewsituation ausschließt. Es lagen durch die Standardisierung in allen
Fällen genaue Antwortvorgaben vor, sodass eine einheitliche Erfassung und Verar-
beitung der hier interessierenden Variablen gegeben war. Da die Angaben der
Befragten subjektiv sind, gilt die Objektivität jedoch nur für die Erfassungs- und
Auswertungsmethoden.
Für eine Prüfung der Reliabilität der Messungen müsste dieselbe Befragung
mindestens zwei Mal an denselben Personen durchgeführt werden (BORTZ &
DÖRING, 2006). Da jedoch weder zeitlich wiederholte noch multiple Messungen der
interessierenden Konstrukte vorliegen, noch die interessierenden erfassten Merk-
male als stabil angenommen werden können (es sollten auch Veränderungen der
Arbeitsbedingungen erfasst werden), können bezüglich der Reliabilität nur
theoretische Erwägungen angestellt werden. Da in allen Befragungen ähnliche
Verteilungen der wöchentlichen Arbeitszeit sowie der gesundheitlichen und sozialen
Beeinträchtigungen ermittelt werden konnten, ist die Reliabilität der Erfassung
vermutlich ausreichend für die hier vorgenommenen Analysen. Die europäischen
195
Befragungen wurden mit derselben Methode (aber einigen Veränderungen der
Fragestellungen) zu zwei Zeitpunkten durchgeführt. Es könnte also angenommen
werden, dass Veränderungen in den gemessenen Variablen, wie etwa in der
Beschwerdehäufigkeit oder den Arbeitsbedingungen, auf reale Veränderungen
zwischen den Jahren 2000 und 2005 zurückführbar sind. Es gibt jedoch einige
Hinweise darauf, dass die ermittelten Veränderungen auf Änderungen in den
Fragestellungen und der Erfassung der Daten zurückgehen. So wurde in EU 2005
die Filterfrage „Wirkt sich Ihre Arbeit auf Ihre Gesundheit aus?“ korrekt durchgeführt,
wohingegen in EU 2000 recht viele gesundheitliche Beschwerden erfasst wurden,
obwohl die Personen die Filterfrage mit „Nein“ beantwortet hatten. Der Rückgang der
Beschwerdehäufigkeit zwischen EU 2000 und 2005 ist also höchstwahrscheinlich auf
die verbesserte Datenerfassung zurückzuführen, mit Hilfe derer die Erfassung
„arbeitsbezogener“ Beeinträchtigungen verbessert wurde. Die Zusammenfassung
der gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu den Komponenten PVB und MSB klärt
in den europäischen Befragungen etwa 50 % der Varianz auf, in GA 2004 und BB
2006 dagegen etwa ein Drittel. Dies deutet darauf hin, dass die Reliabilität der
Erfassung der gesundheitlichen Beschwerden für die untersuchten Fragestellungen
gut bis ausreichend ist. Veränderungen in der Operationalisierung anderer
Konstrukte, wie sie z. B. bei den außerberuflichen Aktivitäten vorgenommen wurden,
erschweren die Vergleichbarkeit der zwei Zeitpunkte und die Abschätzung der
Reliabilität ebenfalls enorm, jedoch konnten die entsprechenden einzelnen Variablen
auch hier zu sehr ähnlichen Faktoren mit einer zufriedenstellenden
Varianzaufklärung, und damit einer zumindest strukturell vergleichbaren Messung,
zusammengefasst werden.
Insbesondere stellt sich jedoch die Frage, wie reliabel die selbst berichteten
wöchentlichen Arbeitszeiten sind. RODE (2004) berichtet nur geringe Korrelationen
der selbst berichteten Arbeitszeit zwischen zwei Zeitpunkten (im Abstand von 3
Jahren) von r = 0,52. Angesichts der Fragestellung „Wie viele Stunden arbeiten Sie
im Durchschnitt pro Woche?“ kann angenommen werden, dass durchaus
Verzerrungen durch ungenaue Erinnerung, Unwissen oder soziale Erwünschtheit
entstehen. Kritisch anzumerken ist auch, dass einige Angaben der Befragten schlicht
unplausibel sind und anscheinend während der Interviews nicht geprüft wurden.
Besonders bei den Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fiel dies auf. So wurden in
BB 2006 und EU 2005 Zeiten von über 120 Std./Woche angegeben, in der EU 2005
waren es sogar zweimal 168 Std. (= 7 Tage x 24 Std.). Es sei daran erinnert, dass für
die hier vorgelegten Untersuchungen nur abhängig Erwerbstätige in den Stichproben
belassen worden waren. Auch die Angaben zur täglichen Dauer der sozialen
Aktivitäten in EU 2005 sind teilweise unrealistisch. Addiert man die tägliche Zeit für
alle Aktivitäten, multipliziert sie mit sieben und rechnet die wöchentliche Arbeitsdauer
hinzu, so ergeben sich bei immerhin 3 % der Befragten Werte von deutlich mehr als
120 Stunden pro Woche und bei etwa 100 Personen Werte zwischen 168 und 376 (!)
Wochenstunden. Die Erfassung der täglichen Dauer sozialer Aktivitäten ist prinzipiell
sehr interessant, da der Zeitaufwand außerhalb der Arbeitszeit die verbleibenden
Ruhezeiten deutlich beeinflusst. Jedoch sollte bereits während der Interviews etwas
genauer auf inhaltliche Plausibilität geachtet werden, damit die erhobenen Werte
nicht nur als bloße Tendenz verwendet werden können. Die beschriebenen
Einzelfälle, in denen unplausible Antworten vorlagen, wurden nach einer
Plausibilitätsprüfung aus den Analysen ausgeschlossen. Dies sollte einer Verzerrung
196
der Ergebnisse vorbeugen, auch wenn die vereinzelten Fälle bei den vorhandenen
Stichprobengrößen vermutlich keinen großen Effekt auf die Ergebnisse gehabt
hätten.
Bei der hier vorgenommenen Analyse von strukturellen Beziehungen zwischen der
berichteten wöchentlichen Arbeitszeit und den gesundheitlichen sowie sozialen
Beeinträchtigungen spielt die Veridikalität bzw. Validität der Erfassung der Arbeitszeit
allerdings eine eher untergeordnete Rolle, da keine Punktschätzungen vorgenom-
men werden sollten (s. o.). Für die Betrachtung von Trends erscheinen die
verwendeten Daten daher als durchaus aussagekräftig, insbesondere, da der
Vergleich der Stichproben eine recht hohe strukturelle Übereinstimmung der
Verteilung der Arbeitsdauer zeigte.
Bei der Prüfung der Validität der Ergebnisse lassen sich verschiedene Arten der
Validität unterscheiden, für die verschiedene potenzielle Validitätsbedrohungen in
Frage kommen (vgl. COOK & CAMPBELL, 1979; SHADISH et al., 2002; NICKEL &
NACHREINER, im Druck): die Validität des statistischen Schlusses, die interne
Validität, die Konstruktvalidität und die externe Validität. Bedrohungen der Validität
des statistischen Schlusses konnten durch die Verwendung sehr umfangreicher
Stichproben verringert werden. Darüber hinaus wurden nicht ausschließlich
Signifikanzprüfungen vorgenommen, sondern vor allem Messungen der Effekt-
stärken, wodurch eine weitere potenzielle Bedrohung gemindert wurde.
Eine mögliche Bedrohung der internen Validität kann u. a. durch die (Selbst-)
Selektion der Erwerbsfähigen entstehen. Da aber auf die Gesamtpopulation der
abhängig Erwerbstätigen geschlossen werden soll, kann dies in Kauf genommen
werden. Eine weitere Bedrohung durch Drittverursachung der Effekte kann zwar
nicht völlig ausgeschlossen werden, wurde jedoch durch die Berechnung kontroll-
starker Modelle eingegrenzt. In einigen Analysen wurde die auf individuelle Unter-
schiede zurückzuführende Störvarianz durch Mittelung der interessierenden
Variablen über größere Gruppen der Arbeitsdauer eliminiert. Die somit auf Gruppen-
basis berechneten Zusammenhänge zwischen der Arbeitsdauer und den gesund-
heitlichen Beeinträchtigungen, der Vereinbarkeit und der außerberuflichen Aktivitäten
wiesen bei dieser Reduktion der individuellen Varianz außerordentlich hohe Effekt-
stärken auf. Dies stützt ebenfalls die Annahme, dass Drittverursachung weitgehend
ausgeschlossen werden kann.
Unter dem Aspekt der Konstruktvalidität wird geprüft, ob und in wieweit die
verwendeten Operationalisierungen die dahinterstehenden angenommenen
Konstrukte abbilden. Da die wöchentliche Arbeitsdauer nur mit einer einzelnen
Variablen erfasst wurde, sind die Bildung eines Konstrukts aus mehreren Variablen
sowie die Überprüfung der Konstruktvalidität hier nicht möglich. Die berichtete Anzahl
von Tagen mit >10 Arbeitsstunden erschien dafür ebenfalls nicht als sinnvoll, da
deren Varianz bereits z. T. in der Anzahl der wöchentlichen Arbeitsstunden enthalten
ist.
Die verschiedenen Items zu den Gesundheitsbeschwerden repräsentieren das
Konstrukt „gesundheitliche Beeinträchtigungen“. Mittels Hauptkomponentenanalysen
197
konnten jeweils die Komponenten PVB und MSB ermittelt werden, die in allen
Stichproben gut übereinstimmende Faktorlösungen bilden. Aufgrund der großen
Übereinstimmung der verschiedenen Stichproben und der zufriedenstellenden
Varianzaufklärungen (mit etwa 50 % bzw. 30 %) stellt sich die Validität des
Konstruktes „gesundheitliche Beeinträchtigung“ als gut dar. Anhand von
Strukturmodellen konnte an anderer Stelle gezeigt werden, dass die verwendeten
Daten das Konstrukt der PVB gut abbilden und die Mess- und Wirkstrukturen in allen
Stichproben ausgesprochen ähnlich sind (WIRTZ & NACHREINER, in Vorbereitung).
Aufgrund dessen kann die Konstruktvalidität als gut bezeichnet werden.
Die Beschwerdefreiheit als neu eingeführte Operationalisierung des Konstrukts der
Beeinträchtigungsfreiheit scheint eine höhere Validität zu besitzen als die Faktor-
lösungen, da alle Beschwerden gleichwertig einbezogen werden und keine
möglicherweise ungerechtfertigte Kompensation der einzelnen Beschwerden unter-
einander stattfinden kann. Es ist weiterhin zu vermuten, dass die Art der Befragung
die Qualität der Konstrukte maßgeblich mitbestimmt. Mit der Formulierung „Schlaf-
störungen während/nach der Arbeit“ bzw. „an Arbeitstagen“ gelingt möglicherweise
der kurzfristige zeitliche, nicht aber der kausale Bezug auf die Arbeit, da gesund-
heitliche Beeinträchtigungen und insbesondere Schlafstörungen auch längerfristig
auftreten können. Die Filterfrage aus den europäischen Befragungen erscheint an
dieser Stelle unter Validitäts- und Reliabilitätsgesichtspunkten (s. o.) als sinnvoller.
Allerdings besteht auch hier die Möglichkeit, dass die Beschäftigten keine Verbin-
dung zwischen ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ihren Arbeits-
bedingungen erkennen, sodass die Effekte der Arbeitsbedingungen möglicherweise
unterschätzt werden.
Die Faktorlösungen für die Konstrukte „Physische Belastung“, „Psychische
Belastung“ und „Autonomie“ waren in allen Datensätzen ähnlich, besaßen jedoch
nicht immer völlig zufriedenstellende Varianzaufklärungen, was zum Teil an der auf
nur wenigen Dimensionen erfassten psychischen Belastung liegen könnte (die
körperliche Belastung wurde dagegen i. d. R. mit mehr Variablen operationalisiert).
Die Konstrukte „Haushaltsaktivitäten“, „Freizeitaktivitäten“ und „ehrenamtliche/-
politische Aktivitäten“ zeigten hingegen zufriedenstellende Varianzaufklärungen.
Trotz der unterschiedlichen, insgesamt aber zufriedenstellenden Abbildungsgüte der
Konstrukte ließen sich sehr ähnliche Strukturen in den Datensätzen mit
verschiedenen Operationalisierungen und Erhebungsmethoden zeigen. Dies spricht
ebenfalls für die Gültigkeit der Erfassung dieser Konstrukte, da sie unabhängig von
der jeweiligen Befragungsmethode und Operationalisierung gebildet werden konnten.
Die externe Validität der Ergebnisse wird als sehr gut eingeschätzt. Zum einen
wurden sehr große Stichproben für die Analysen herangezogen, die als repräsentativ
für die deutsche bzw. die europäische Population der Erwerbstätigen gelten. Daher
kann von der Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf die Gesamtpopulation der
Erwerbstätigen ausgegangen werden. Es konnten darüber hinaus strukturell gleich-
artige Beziehungen in vier heterogenen Stichproben und ganz unterschiedlichen,
homogenen Substichproben nachgewiesen werden. Somit kann angenommen
werden, dass die Ergebnisse nicht nur für Gruppen spezifischer Bedingungen oder
für bestimmte Zeitpunkte gültig sind. Auch die Art der Fragestellung und die
198
Erhebungsmethoden (Interviews, Fragebogen) führten nicht zu Unterschieden in den
ermittelten Relationen.
Die Validität der Ergebnisse kann damit insgesamt als ausgesprochen hoch beurteilt
werden, da dieselben Konstrukte und gleichartige relationale Beziehungen zwischen
diesen mit unterschiedlichen Methoden, Operationalisierungen, Stichproben und zu
verschiedenen Zeitpunkten nachgewiesen werden konnten.
6.6 Implikationen für die Arbeitszeitgestaltung und Ausblick
auf weitere Forschungsfragen
Aus den vorliegenden Erkenntnissen und allgemeinen ergonomischen Prinzipien
lassen sich Implikationen für die Arbeits(zeit)gestaltung ableiten. Generell gilt, dass
das Risiko für gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen mit zunehmender
Arbeitsdauer ansteigt. Insbesondere in Kombination mit weiteren potenziell
ungünstigen Arbeitszeitbedingungen, wie Nacht- und Schichtarbeit oder Arbeit zu
sozial beeinträchtigenden Zeiten wie abends und am Wochenende, verstärken lange
Arbeitszeiten die negativen gesundheitlichen und sozialen Effekte der Arbeits-
zeitgestaltung weiter.
Die Arbeitszeitgestaltung sollte immer auch vor dem Hintergrund der vorliegenden
Art und Intensität der Belastung sowie ihrer Auswirkungen bei den Arbeitenden
erfolgen. Liegt bereits eine hohe Belastungsintensität vor, so ist damit zu rechnen,
dass eine reine Verkürzung der Arbeitszeit – und damit der Expositionsdauer – zu
nur geringen positiven gesundheitlichen Effekten für die Beschäftigten führt, da die
Intensitätseffekte überwiegen können. Dies konnte anhand der bei einer hohen
körperlichen Belastungsintensität bereits in kürzeren Arbeitszeiten sehr stark
ausgeprägten MSB gezeigt werden. Die Gruppe der PVB hingegen wurde auch bei
hoher berichteter Belastungsintensität noch stark durch die Länge der wöchentlichen
Arbeitszeit modifiziert, sodass sich eine differenzielle Belastungs- und
Beanspruchungswirkung andeutet. Die (Um-)Gestaltung der Arbeitsbedingungen in
Richtung auf eine Optimierung der Belastung und darüber hinaus eine Erweiterung
des Handlungsspielraumes der Beschäftigten können die Belastungsintensität so
gestalten, dass auch längere Arbeitszeiten erträglicher sind, d. h. zu weniger
negativen gesundheitlichen Konsequenzen führen. Soziale Beeinträchtigungen durch
lange Arbeitszeiten sind allerdings auch in diesem Fall zu erwarten. Wenn die
Arbeitsschwere jedoch nicht modifiziert werden kann, kommt, nach einem
traditionellen Prinzip der Arbeitswissenschaft, nur eine Verkürzung der Arbeitsdauer
in Frage, um die Belastung zu reduzieren. Verlängerungen der Arbeitszeit sind daher
grundsätzlich als potenziell gesundheitlich und sozial gefährdend einzuschätzen und
sollten immer vor dem Hintergrund der bereits existierenden Belastung und ihrer
Auswirkungen bei den Arbeitenden beurteilt werden.
Neben der direkten Modifikation der Belastungsintensität und der Expositionsdauer
kann durch einen ausreichenden Personalbestand die Anzahl der Überstunden und
damit die Belastung der Beschäftigten verringert werden. Dies kann sich positiv auf
den Krankenstand auswirken (vgl. HOYER, 2009). Im Bereich außerhalb der Arbeit
kann eine Beanspruchungsreduktion durch die Bereitstellung ausreichender und
finanzierbarer Betreuungsangebote für Kinder oder ältere Angehörige erzielt werden.
199
Dadurch kann zum einen die Erholungszeit der Beschäftigten erhöht werden, zum
anderen entfällt möglicherweise der aus finanziellen Problemen resultierende Zwang
zur Arbeit unter ungünstigen Arbeitsbedingungen (vgl. GORNICK et al., 2009).
Nachdem die strukturellen Beziehungen zwischen der wöchentlichen Arbeitsdauer
und gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen sowie moderierende Effekte
auf diese Beziehungen durch personen- und arbeitsplatzbezogene Merkmale
eingehend analysiert wurden, können diese Zusammenhänge als weitgehend
abgesichert betrachtet werden. Die recht komplexen strukturellen Beziehungen
zwischen langen Arbeitszeiten und deren gesundheitlichen, sozialen und
betrieblichen Auswirkungen sind zur Veranschaulichung modellhaft in Abb. 6.1
dargestellt. Dazu wurde das von CARUSO et al. (2006, S. 933) entwickelte Modell
modifiziert und ergänzt. In Abb. 6.1 ist zu erkennen, dass es verschiedene Gründe
für die Entstehung langer Arbeitszeiten geben kann. Lange Arbeitszeiten wiederum
bewirken eine Ausdehnung der vorhandenen Belastungsexposition und verkürzen
die zur Verfügung stehende Zeit zur Erholung und für außerberufliche Aktivitäten.
Daraus können sowohl gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen entstehen,
wie auch eine Verminderung der Produktivität und/oder der Arbeitsleistung sowie ein
erhöhtes Risiko für arbeitsbedingte Unfälle. Das Auftreten derartiger negativer
Folgen kann durch individuelle und arbeitsbedingte Faktoren moderiert werden.
Die Kosten für die Folgen verringerter Produktivität, krankheitsbedingter Ausfälle
aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen sowie arbeitsbedingter Unfälle gehen
zu Lasten der Unternehmen und der Gesellschaft. Weitere negative Auswirkungen
ergeben sich insbesondere für die Familie, Kinder und die soziale Gemeinschaft aus
dem mit langen Arbeitszeiten verbundenen zeitlichen Mangel für soziale/familiäre
Aktivitäten und Einschränkungen der sozialen Teilhabe. Durch die oben
beschriebene Problematik der wahrgenommenen guten Vereinbarkeit von Beruf und
privaten Interessen bei faktisch eingeschränkter Zeit für außerberufliche Aktivitäten
werden vermutlich die Werte und Normen dahingehend beeinflusst, dass wenig Zeit
für soziale Aktivitäten gesellschaftlich akzeptiert und als normal befunden wird. Es ist
darüber hinaus plausibel, dass negative Folgen der Arbeitszeitgestaltung zu einer
aktiven Umorientierung hin zu anderen Arbeitszeiten führen (vgl. JANSEN et al.,
2009).
200
Abb. 6.1 Wirkungsmodell der Effekte langer Arbeitszeiten
Die vorgelegten Untersuchungen decken einen eher engen Teilbereich der im
Wirkungsmodell in Abb. 6.1 dargestellten Gesamtzusammenhänge ab. Damit wird
schnell sichtbar, dass zukünftige Untersuchungen einen ganzheitlicheren Ansatz
wählen könnten und sollten.
Nach Beantwortung der eingangs formulierten Fragestellungen verbleiben damit
einige offene und weitergehende Fragen, die teilweise bereits durch CARUSO et al.
(2006) angesprochen wurden, und die an dieser Stelle beschrieben und um weitere
Aspekte ergänzt werden sollen.
In den vorgelegten Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Muskel-Skelett-
Beschwerden, anders als die PVB und die Beschwerdefreiheit, nicht immer
konsistent mit der Arbeitsdauer zusammenhängen. Weiterführende Untersuchungen
mit Schwerpunkt auf dieser Beeinträchtigungsart wären möglicherweise sinnvoll, um
ein differenzierteres Bild der Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbedingungen
und MSB zu erhalten. So könnte z. B. versucht werden, nicht nur einen
zusammenfassenden Faktor aus den einzelnen Beschwerden zu bilden, sondern
eine differenziertere Untersuchung einzelner oder zu „Rumpfbeschwerden“ und
„Beeinträchtigungen der Extremitäten“ aggregierter Beschwerden vorzunehmen, um
201
differenzielle Effekte der Arbeitsbedingungen analysieren zu können. Weiterhin wäre
ein Vergleich von unterschiedlichen, präzise klassifizierten Berufsgruppen interes-
sant, da Beeinträchtigungen der MSB möglicherweise nur in bestimmten Bereichen
von der Arbeitszeit abhängen, wie sich bei LIPSCOMB et al. (2002) sowie
TRINKOFF et al. (2006) andeutet (s. o.). Mit Hilfe von Strukturmodellen könnte
geprüft werden, ob ein Modell, das neben den Arbeitszeit- auch bestimmte
Belastungsbedingungen als Einwirkgrößen auf die MSB einbezieht, in mehreren
Berufsgruppen gilt, oder ob für spezifische Bereiche verschiedene, spezifische
Modelle gültig sind.
Bisher kaum untersucht wurden die langfristigen Effekte langer Arbeitszeiten auf die
Gesundheit der Beschäftigten. Dies erscheint als ein wichtiger zukünftiger
Forschungsbereich, da angenommen wird, dass lange Arbeitszeiten über einen lang-
fristigen Zeitraum hinweg die Erholungszeit einschränken und damit möglicherweise
zu kumulativen Erholungsdefiziten führen. Die negativen Beanspruchungsfolgen
dieser kumulativen Einwirkung werden möglicherweise kurzfristig gar nicht sichtbar
und sind damit in Querschnittsuntersuchungen nicht erfassbar. Sinnvoll wäre hier die
Erfassung von Berufsbiografien, die eine Abschätzung der auftretenden
Belastungsintensität und -dauer sowie deren Dynamik über längere Zeiträume
hinweg erlauben könnten (vgl. NACHREINER et al., 2009). Ansätze in diese
Richtung sind etwa bei BERSET (2009) und HOYER (2009) zu finden, die zeigen
konnten, dass hohe Arbeitsanforderungen bzw. Überstunden auch längerfristige und
zeitversetzte Wirkungen auf die Gesundheit ausüben können. Mit der Untersuchung
von Berufsbiografien wäre es darüber hinaus möglich, Selektionseffekte, insbeson-
dere bei älteren Beschäftigten (z. B. ein systematisches Ausscheiden oder Wechseln
in erträglichere Arbeitsbedingungen) zu erkennen und zu kontrollieren. Da derartige
Fragestellungen i. d. R. nur mit recht aufwändigen Längsschnittstudien untersucht
werden können, bestehen auf diesem Gebiet bislang nur wenige, unzureichende
Erkenntnisse.
Neben der häufig verwendeten wöchentlichen Arbeitszeit sollten auch präzise
Erfassungen der Pausenzeiten, der Wegezeiten und der Zeiten für außerberufliche
Aktivitäten, die in den vorliegenden Stichproben leider nur sehr ungenau erhoben
worden waren, in den Untersuchungsfokus gerückt werden. Darüber hinaus sollten
die Analysen auf größere Bezugszeiträume, wie etwa die jährliche Arbeitszeit oder
das Arbeitsleben, ausgedehnt werden, um längerfristige Wirkungsprozesse erkennen
zu können. Angesichts des demografischen Wandels und der Erhöhung des
gesetzlichen Rentenalters in Deutschland stellt sich die Frage, wie Arbeitszeiten
gestaltet werden sollen, um die Tätigkeit auch über ein längeres Arbeitsleben hinweg
forderungsgerecht und beeinträchtigungsfrei ausüben zu können (SEIFERT, 2008).
Ferner sollten die aufeinander aufbauenden Wirkungszusammenhänge zwischen
langen Arbeitszeiten, Ermüdung, kognitiven Fehlleistungen und dem daraus
resultierenden Unfallrisiko näher untersucht werden. Dabei wären insbesondere
Wechselwirkungsprozesse der einzelnen Komponenten von Interesse, da bislang
i. d. R. nur die Wirkung einzelner Komponenten untersucht wurde, wie z. B. die
Effekte langer Arbeitszeiten auf die kognitive Leistung der Beschäftigten (z. B.
PROCTOR et al., 1996; TUCKER et al., 1996; ROSA et al., 1998; SASAKI et al.,
1999; FISCHER et al., 2000; MACDONALD & BENDAK, 2000).
202
Eine weitere Frage, die bislang noch nicht vollständig gelöst wurde, ist die
Abschätzung individueller Gesundheitsrisiken aufgrund verschiedener Merkmale der
Arbeitszeit (z. B. durch einen Risikoindex). Dafür ist die präzise Erfassung aller
Arbeitszeitmerkmale, inklusive der Ruhezeiten, erforderlich, um eine genaue
Abschätzung der Arbeitsdauer, -lage, -verteilung und -dynamik vornehmen zu
können. Die Arbeiten von GIEBEL et al. (2009) weisen bereits in diese Richtung.
Die Ergebnisse der vorgelegten Untersuchungen zeigen, dass die untersuchten
sozialen Aktivitäten und die berichtete Vereinbarkeit insgesamt stärker durch die
Wochenarbeitszeit beeinflusst werden als die gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Einerseits wird die Gesundheit der Beschäftigten auch wesentlich durch andere
Faktoren als die Arbeitszeit beeinflusst, wie anhand der hohen Odds Ratios für
Merkmale der körperlichen und psychischen Belastung durch die Tätigkeit sowie des
Handlungsspielraumes gezeigt werden konnte. Andererseits kann vermutet werden,
dass eine schlechte Work-Life-Balance ebenfalls insbesondere psychovegetative
Beeinträchtigungen begünstigt, sodass die Dauer der Arbeitszeit neben der direkten
auch eine indirekte Wirkung auf die Gesundheit ausübt. Ein solcher indirekter Effekt
konnte von WIRTZ & NACHREINER (in Vorbereitung) gezeigt werden. Weitere
Untersuchungen sollten prüfen, ob auch der Umfang der sozialen Teilhabe und
außerberuflicher Aktivitäten die Work-Life-Balance und die Gesundheit der
Beschäftigten beeinflussen. Darüber hinaus ist noch unklar, ob es sich dabei um
Wirkungszusammenhänge handelt, die von der Art der Arbeitszeitgestaltung
beeinflusst werden. Eine präzise Erfassung der Freizeitaktivitäten, möglicherweise in
Form von Time Budget- oder Tagebuchstudien, wäre dabei wichtig. Wie sich in den
vorgelegten Untersuchungen andeutet, bestehen bei gleicher Wochenarbeitszeit
große Unterschiede zwischen Männern und Frauen im tatsächlichen Zeitaufwand für
häusliche Aktivitäten, die möglicherweise in Addition zur Arbeitszeit besser zur
Prädiktion gesundheitlicher Beeinträchtigungen geeignet sind als die wöchentliche
Arbeitsdauer allein. Ferner sollten die Valenzen der Beschäftigten für bestimmte
Freizeitaktivitäten mit erfasst werden, um besser untersuchen zu können, welche
Personen durch lange Arbeitszeiten sozial besonders beeinträchtigt werden.
Gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen müssen jedoch nicht unbedingt
direkt auf die von den Beschäftigten angegebene Arbeitsdauer zurückführbar sein.
So verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit zunehmend durch die
zunehmende Vernetzung der Beschäftigten mit dem Arbeitgeber via Internet und
Handy, Pager und Blackberry. Es ist nicht bekannt, ob die Zeit für solch zusätzliche
arbeitsbezogene Aktivitäten in den verwendeten Befragungen als Arbeitszeit berück-
sichtigt wurde. Diese arbeitsbezogenen Aktivitäten in der Freizeit können jedoch zu
einer weiteren Verminderung der Ruhe- und Erholungszeiten und einer Ein-
schränkung der Beschäftigten in ihrer sozialen Teilhabe führen. Dies wirkt sich
vermutlich wiederum sowohl auf die Gesundheit, die Familie und die sozialen
Kontakte der Erwerbstätigen als auch auf deren Teilhabe an der sozialen Gemein-
schaft aus. Die gesundheitlichen und sozialen Effekte einer derartigen Vermengung
von Arbeit und Privatleben wurden bislang noch nicht näher untersucht.
Neben der Untersuchung der potenziellen negativen Effekte langer Arbeitszeiten
sollten auch konstruktive Studien durchgeführt werden, um Faktoren zur Reduktion
gesundheitlicher und sozialer Beeinträchtigungen zu evaluieren. Es fehlt jedoch
bemerkenswerter Weise bislang an Interventions- und Evaluationsstudien, in denen
203
die Auswirkungen von arbeitszeitbezogenen Arbeits- und Organisations-
gestaltungsmaßnahmen auf die Gesundheit und die Möglichkeit der sozialen
Teilhabe der Beschäftigten erfasst wurden (im Bereich der Schichtarbeit gibt es
bereits derartige Studien, bezogen auf lange Arbeitszeiten jedoch kaum). Mögliche
derartige Interventionsmaßnahmen sind z. B. eine Verkürzung der Arbeitszeiten, die
Verringerung von Überstunden durch Organisationsgestaltungsmaßnahmen und eine
Anpassung des Personalstandes. Angebote zur Unterstützung der Beschäftigten bei
häuslichen Aktivitäten und der Kinderbetreuung könnten darüber hinaus zur
Reduktion der Beanspruchung außerhalb der Arbeit beitragen. Es deutet sich an,
dass eine Verkürzung der Arbeitszeit und eine Erhöhung des Personalstandes mit
der Reduktion gesundheitlicher Beeinträchtigungen einhergehen können (vgl.
WERGELAND et al., 2003; HOYER, 2009). Da bislang allerdings nur äußerst wenige
Evaluationsstudien von Arbeitszeitgestaltungsmaßnahmen vorliegen, besteht noch
ein großer Bedarf an der Absicherung derartiger Ergebnisse.
Vollzieht man einen Perspektivwechsel hin zu der Sichtweise von Unternehmen, so
sind auch für Unternehmen negative Effekte der oben beschriebenen Auswirkungen
langer Arbeitszeiten auf die Beschäftigten zu erkennen. Lange Arbeitszeiten können
etwa zu einer Minderung der Motivation, der Leistung und damit verbunden der
Produktivität der Beschäftigten führen und darüber hinaus zu einer Erhöhung der
krankheitsbedingten Ausfallzeiten. Diese Effekte und insbesondere die daraus
entstehenden Kosten sollten erfasst bzw. kalkuliert werden, damit sie in die Wirt-
schaftlichkeitsrechnungen von Arbeitszeitgestaltungsmaßnahmen, hier insbesondere
die immer wieder geforderten Arbeitszeitverlängerungen und -flexibilisierungen
adäquat einbezogen werden können. Dies ist bislang nicht oder nur unzureichend
erfolgt.
204
7 Zusammenfassung
Anhand von Ergebnissen der Sekundäranalyse von zwei deutschen und zwei
europäischen Befragungen konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender Dauer der
wöchentlichen Arbeitszeit das Risiko für gesundheitliche und soziale Beein-
trächtigungen deutlich steigt. Auch in unterschiedlichen Substichproben, etwa in
verschiedenen Altersgruppen und Belastungskonstellationen, konnten diese Zusam-
menhänge nachgewiesen werden. Ungünstige Arbeitsbedingungen, wie eine hohe
körperliche und psychische Belastung, ein geringer Handlungsspielraum und in der
Lage versetzte oder unregelmäßige Arbeitszeiten wirken sich negativ auf den
Gesundheitszustand der Beschäftigten aus und werden durch lange Arbeitszeiten
weiter verstärkt. Diese Ergebnisse erwiesen sich im Rahmen einer Kreuzvalidierung
über alle Stichproben hinweg als sehr stabil. Die Struktur der ermittelten Relationen
ist dabei unabhängig von der Erfassungsmethode, dem Erhebungszeitpunkt und der
Operationalisierung der untersuchten Konstrukte. Die Feststellung, dass längere
Arbeitszeiten mit einer deutlichen Erhöhung des Beeinträchtigungsrisikos
zusammenhängen, kann folglich als gesichert und generalisierbar betrachtet werden.
Neben den üblicherweise zur Entscheidung herangezogenen wirtschaftlichen
Kriterien sollten daher bei der Diskussion um Arbeitszeitverlängerungen auch
unbedingt deren gesundheitliche und soziale Effekte berücksichtigt werden, da diese
wiederum wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere beim
Zusammentreffen mehrerer potenziell gefährdender Arbeitsbedingungen, wie etwa
Schichtarbeit mit gleichzeitig hoher körperlicher oder mentaler Belastung, sollte das
durch lange Arbeitszeiten zusätzlich erhöhte Beeinträchtigungsrisiko berücksichtigt
werden.
205
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Tabellenverzeichnis
Tab. 2.1 Erfassung der Arbeitszeitmerkmale in den einzelnen Stichproben 47
Tab. 2.2 Operationalisierungen der Belastung in den verwendeten
Stichproben 49
Tab. 3.1 Kennzeichen der verwendeten Stichproben 53
Tab. 3.2 Signifikante Unterschiede des mittleren Alters zwischen den
Stichproben 55
Tab. 3.3 Familienstand und Kinder (Angaben in %) 56
Tab. 3.4 Vergleich der Bildungsabschlüsse (Angaben in %) 56
Tab. 3.5 Berufsgruppen nach ISCO-88 COM in allen Stichproben
(Angaben in %) 58
Tab. 3.6 Besetzung der Arbeitszeitgruppen in sechs Stichproben 60
Tab. 3.7 Mittlere tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden 61
Tab. 3.8 Signifikante Unterschiede der mittleren Arbeitsdauer zwischen
den Stichproben, alle abhängig Beschäftigten 61
Tab. 3.9 Mittlere vereinbarte und tatsächliche Arbeitszeit in Stunden,
nur Personen mit vereinbarter Wochenarbeitszeit 62
Tab. 3.10 Korrelation von tatsächlicher Arbeitszeit, Alter und Geschlecht 75
Tab. 3.11 Erwerbstätigenquoten in Deutschland (Angaben in %) 76
Tab. 3.12 Korrelationen der wöchentlichen Arbeitszeit mit weiteren
Arbeitszeitmerkmalen 80
Tab. 3.13 Gruppierung der Belastungskonstellationen 84
Tab. 4.1 Koeffizienten der Korrelation zwischen der wöchentlichen
Arbeitszeit und Schlafstörungen 88
Tab. 4.2 Regressionskoeffizienten für die PVB 91
Tab. 4.3 Regressionskoeffizienten für die MSB 93
Tab. 4.4 Regressionskoeffizienten für die Beschwerdefreiheit (z-Werte) 96
Tab. 4.5 Varianzaufklärung der PVB durch Alter und Arbeitsdauer 99
Tab. 4.6 Varianzaufklärung der MSB durch Alter und Arbeitsdauer 99
Tab. 4.7 Varianzaufklärung der PVB durch Geschlecht und Arbeitsdauer 102
Tab. 4.8 Varianzaufklärung der MSB durch Geschlecht und Arbeitsdauer 102
Tab. 4.9 Varianzaufklärung der PVB durch Kind(er) im Haushalt und die
wöchentliche Arbeitsdauer 103
Tab. 4.10 Varianzaufklärung der MSB durch Kind(er) im Haushalt und die
wöchentliche Arbeitsdauer 103
Tab. 4.11 Varianzaufklärung der PVB durch Schichtarbeit und Arbeitsdauer 106
Tab. 4.12 Varianzaufklärung der MSB durch Schichtarbeit und Arbeitsdauer 106
217
Tab. 4.13 Varianzaufklärung der PVB durch Samstags-, Sonntags- und
Abendarbeit sowie die wöchentliche Arbeitsdauer 108
Tab. 4.14 Varianzaufklärung der MSB durch Samstags-, Sonntags- und
Abendarbeit sowie die wöchentliche Arbeitsdauer 109
Tab. 4.15 Varianzaufklärung der PVB durch den Einfluss auf die
Arbeitsmenge/-geschwindigkeit sowie die Arbeitsdauer 113
Tab. 4.16 Varianzaufklärung der MSB durch den Einfluss auf die
Arbeitsmenge/-geschwindigkeit sowie die Arbeitsdauer 113
Tab. 4.17 Varianzaufklärung der PVB durch die Unterstützung durch Kollegen
sowie die wöchentliche Arbeitsdauer 114
Tab. 4.18 Varianzaufklärung der MSB durch die Unterstützung durch
Kollegen sowie die wöchentliche Arbeitsdauer 114
Tab. 4.19 Varianzaufklärung der MSB durch Zwangshaltung und die
Arbeitsdauer 117
Tab. 4.20 Varianzaufklärung der PVB durch Zwangshaltung und die
Arbeitsdauer 117
Tab. 4.21 Varianzaufklärung der PVB durch Zeitdruck und die Arbeitsdauer 119
Tab. 4.22 Varianzaufklärung der MSB durch Zeitdruck und die Arbeitsdauer 119
Tab. 4.23 Regressionskoeffizienten für Gruppen der
Belastungskonstellationen, EU 2005 (EU 15) 124
Tab. 4.24 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, BB 2006 126
Tab. 4.25 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde in EU 2005
(EU 15) 126
Tab. 4.26 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, GA 2004 127
Tab. 4.27 Odds Ratios für das Risiko für mind. 1 Beschwerde, EU 2000
(EU 15) 127
Tab. 5.1 Stichprobengrößen der abhängig Beschäftigten mit und ohne
Nebentätigkeiten 129
Tab. 5.2 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den europäischen
Stichproben 130
Tab. 5.3 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den deutschen
EU-Stichproben 130
Tab. 5.4 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(Mittelwerte) 132
Tab. 5.5 Korrelationen zwischen der Arbeitszufriedenheit und der
Vereinbarkeit 132
Tab. 5.6 Ergebnisse diskontinuierlicher Regressionen 133
Tab. 5.7 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit/Berücksichtigung privater.
Interessen durch die Variabilität und Dauer der Arbeitszeit 138
Tab. 5.8 Varianzaufklärung des Einflusses auf die Arbeitszeitgestaltung
sowie der Arbeitsdauer auf die Vereinbarkeit 140
218
Tab. 5.9 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Arbeitszeitmerkmale 142
Tab. 5.10 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Merkmale der
Arbeitszeitlage 144
Tab. 5.11 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch Geschlecht, Kinder im
Haushalt und die wöchentliche Arbeitszeit 146
Tab. 5.12 Varianzaufklärung der Vereinbarkeit durch das Alter und die
wöchentliche Arbeitszeit 148
Tab. 5.13 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Vereinbarkeit,
europäische Stichproben 150
Tab. 5.14 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Vereinbarkeit,
deutsche Substichproben 151
Tab. 5.15 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Berücksichtigung
privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung 152
Tab. 5.16 Mediane verschiedener Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit,
europäische Stichproben 154
Tab. 5.17 Mediane verschiedener Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit,
deutsche Substichproben der europäischen Daten 154
Tab. 5.18 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch die Variabilität
und Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit 159
Tab. 5.19 Varianzaufklärung der Freizeitaktivitäten durch die Variabilität und
Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit 160
Tab. 5.20 Varianzaufklärung häuslicher und Freizeitaktivitäten durch weitere
Arbeitszeitmerkmale 161
Tab. 5.21 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch Geschlecht,
Kinder und die Wochenarbeitszeit 168
Tab. 5.22 Varianzaufklärung der Freizeitaktivitäten durch Geschlecht, Kinder
und die Wochenarbeitszeit 170
Tab. 5.23 Varianzaufklärung der häuslichen Aktivitäten durch das Alter und
die Wochenarbeitszeit 171
Tab. 5.24 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
häuslichen Aktivitäten, europäische Stichproben 176
Tab. 5.25 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
häuslichen Aktivitäten, deutsche Substichproben 176
Tab. 5.26 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
Freizeitaktivitäten (europäische Stichproben) 177
Tab. 5.27 Regressionskoeffizienten zur Vorhersage der Ausübung von
Freizeitaktivitäten (deutsche Substichproben) 178
219
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1 Entwicklung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit in
Westdeutschland 11
Abb. 1.2 Abweichung der durchschnittlichen tariflich vereinbarten
Normalarbeitszeit von der durchschnittlichen tatsächlichen
Wochenarbeitszeit in Europa 2007, Erwerbstätige in
Vollzeitbeschäftigung 12
Abb. 1.3 Beeinträchtigung des subjektiven Freizeitnutzens durch eine
40-Stunden-Woche (Freizeitnutzen aus HINNENBERG, 2006) 16
Abb. 1.4 Trends der Inzidenzrate berichteter unfallbedingter Erkrankungen
oder Verletzungen in Abhängigkeit von der Anzahl gearbeiteter
Stunden pro Woche und Tag 21
Abb. 1.5 Arbeitsproduktivität in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit 23
Abb. 1.6 Psychovegetative, muskulo-skelettale und andere gesundheitliche
Beeinträchtigungen in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit in Deutschland 24
Abb. 1.7 Trends der psychovegetativen Beschwerden (PVB) in zwei
deutschen Stichproben (RÜTERS (2008), S. 68) 34
Abb. 1.8 Trends der muskulo-skelettalen Beschwerden (MSB) in zwei
deutschen Stichproben (RÜTERS (2008), S. 94) 34
Abb. 1.9 Modelldarstellung der Zusammenhänge zwischen
Belastungsintensität (I), -dauer (T) und der mittleren
Beanspruchung (B`) 36
Abb. 3.1 Verteilung von Männern und Frauen 54
Abb. 3.2 Verteilung der Altersgruppen 54
Abb. 3.3 Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit in sechs Stichproben 59
Abb. 3.4 Häufigkeit von Schicht- und Nachtarbeit 63
Abb. 3.5 Häufigkeit von Arbeit an Abenden, Samstagen und Sonntagen 64
Abb. 3.6 Muskel-Skelett-Beschwerden in BB 2006 und GA 2004 66
Abb. 3.7 Muskel-Skelett-Beschwerden in den europäischen Befragungen 66
Abb. 3.8 Psychovegetative Beschwerden in BB 2006 und GA 2004 67
Abb. 3.9 Psychovegetative Beschwerden in den europäischen Befragungen 67
Abb. 3.10 Andere Beschwerden in BB 2006 und GA 2004 69
Abb. 3.11 Andere Beschwerden in den europäischen Befragungen 69
Abb. 3.12 Anteil der Personen ohne gesundheitliche Beschwerden
(Beschwerdefreiheit) 70
220
Abb. 3.13 PVB aus vier Stichproben (Mittelwert des Faktors und Prozente
unter der Fläche) in Abhängigkeit von der tatsächlichen
wöchentlichen Arbeitszeit 72
Abb. 3.14 MSB aus vier Stichproben (Mittelwert des Faktors und Prozente
unter der Fläche) in Abhängigkeit von der tatsächlichen
wöchentlichen Arbeitszeit 73
Abb. 3.15 Beschwerdefreiheit aus vier Stichproben (Mittelwert der z-Werte
und Prozente unter der Fläche) in Abhängigkeit von der
tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit 74
Abb. 3.16 Mittlere wöchentliche Arbeitszeit in Abhängigkeit vom Alter der
Befragten 75
Abb. 3.17 Beschwerdefreiheit in Abhängigkeit vom Alter der Befragten 76
Abb. 3.18 Arbeitszeit und Geschlecht, Ergebnis aus BB 2006 77
Abb. 3.19 Beschwerdefreiheit in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten 78
Abb. 3.20 PVB in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten 79
Abb. 3.21 MSB in Abhängigkeit vom Geschlecht der Befragten 79
Abb. 3.22 Häufigkeit der Angabe „häufig schwer heben" in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit 81
Abb. 3.23 Häufigkeit der Angabe „häufig Zeitdruck" in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 82
Abb. 3.24 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den Arbeitszeitbereichen, BB
2006 83
Abb. 3.25 Häufigkeitsverteilung in Gruppen verschiedener
Belastungskonstellationen (Gruppen 1 - 4) 85
Abb. 3.26 Häufigkeitsverteilung in Gruppen verschiedener
Belastungskonstellationen (Gruppen 5 - 8) 85
Abb. 4.1 Häufigkeit von Schlafstörungen in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 87
Abb. 4.2 PVB in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit 90
Abb. 4.3 Trends für die PVB aus vier Stichproben in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 90
Abb. 4.4 MSB in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit 92
Abb. 4.5 Trends für die MSB aus vier Stichproben in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 92
Abb. 4.6 Häufigkeit der Beschwerdefreiheit (keine Beschwerden angegeben)
in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit 94
Abb. 4.7 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 95
Abb. 4.8 Beschwerdefreiheit (Trends der z-Werte) in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit 95
221
Abb. 4.9 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 98
Abb. 4.10 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 98
Abb. 4.11 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 100
Abb. 4.12 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 100
Abb. 4.13 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 101
Abb. 4.14 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Geschlecht und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 101
Abb. 4.15 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 105
Abb. 4.16 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 105
Abb. 4.17 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 107
Abb. 4.18 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 107
Abb. 4.19 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von Nacht- und
Schichtarbeit sowie der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005
(EU 15) 110
Abb. 4.20 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die Arbeitsmenge
und der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 112
Abb. 4.21 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die Arbeitsmenge
und der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 112
Abb. 4.22 PVB und MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von der wöchentlichen
Arbeitszeit in Pflegeberufen, BB 2006 115
Abb. 4.23 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zwangshaltung und der
wöchentlichen Arbeitszeit 117
Abb. 4.24 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 118
Abb. 4.25 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 119
Abb. 4.26 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei niedriger Autonomie, EU 2005
(EU 15) 122
Abb. 4.27 Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen Belastungs-
konstellationen bei hoher Autonomie, EU 2005 (EU 15) 122
222
Abb. 4.28 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs)
in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei niedriger
Autonomie, EU 2005 (EU 15) 123
Abb. 4.29 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei hoher Autonomie, EU 2005 (EU 15) 123
Abb. 5.1 Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 134
Abb. 5.2 Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 134
Abb. 5.3 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit 135
Abb. 5.4 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von festen Start- und
Endzeiten der Arbeit sowie der wöchentlichen Arbeitszeit,
europäische Stichproben 137
Abb. 5.5 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(MAVGs) in Abhängigkeit von festen Start- und Endzeiten der
Arbeit sowie der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 137
Abb. 5.6 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Einfluss auf die
Arbeitszeitgestaltung sowie der wöchentlichen Arbeitszeit,
europäische Stichproben 139
Abb. 5.7 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit
vom Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung sowie der wöchentlichen
Arbeitszeit, GA 2004 139
Abb. 5.8 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität,
Einflussnahme und Dauer der Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 141
Abb. 5.9 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität,
Einflussnahme und Dauer der Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 141
Abb. 5.10 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung
(MAVGs) in Abhängigkeit von Variabilität, Einflussnahme und
Dauer der Arbeitszeit, GA 2004 142
Abb. 5.11 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und
der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 143
Abb. 5.12 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit
von Sonntagsarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche
Stichproben 143
Abb. 5.13 Vereinbarkeit (MAVGs) bei Männern und Frauen in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 145
Abb. 5.14 Berücksichtigung privater Interessen (MAVGs) bei Männern und
Frauen in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit,
deutsche Stichproben 145
223
Abb. 5.15 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, Ergebnisse aus EU 2000 (EU 15) 147
Abb. 5.16 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, Ergebnisse aus EU 2005 (EU 15) 147
Abb. 5.17 Umfang von Tätigkeiten im Haushalt/Kochen in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 155
Abb. 5.18 Umfang von häuslichen und Freizeitaktivitäten (MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische
Stichproben 156
Abb. 5.19 Umfang von ehrenamtlichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit
von der wöchentlichen Arbeitszeit 157
Abb. 5.20 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit
von festen Start- und Endzeiten sowie der Dauer der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben 158
Abb. 5.21 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
festen Start- und Endzeiten sowie der Dauer der wöchentlichen
Arbeitszeit, europäische Stichproben 160
Abb. 5.22 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit und dem Einfluss auf die Arbeitszeit,
europäische Stichproben 162
Abb. 5.23 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit und Einfluss auf die Arbeitszeit,
europäische Stichproben 164
Abb. 5.24 Wochenarbeitszeit und geschätzter wöchentlicher Zeitaufwand für
regelmäßige außerberufliche Aktivitäten in Abhängigkeit von
Geschlecht und Betreuungspflichten, Vollzeitbeschäftigte aus EU
2005 (EU 15) 165
Abb. 5.25 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2000 (EU 15) 167
Abb. 5.26 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2005 (EU 15) 167
Abb. 5.27 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2000 (EU 15) 169
Abb. 5.28 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit von
Geschlecht, Betreuungspflichten und der wöchentlichen Arbeitszeit,
EU 2005 (EU 15) 169
Abb. 5.29 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit
vom Alter und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 172
Abb. 5.30 Ausübung von häuslichen Aktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit
vom Alter und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 172
224
Abb. 5.31 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom
Alter und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 174
Abb. 5.32 Ausübung von Freizeitaktivitäten (MAVGs) in Abhängigkeit vom
Alter und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 174
Abb. 6.1 Wirkungsmodell der Effekte langer Arbeitszeiten 200
225
Anhang 1 Ergänzung der Methoden
Tabellenverzeichnis Anhang
Anh. 1, Tab. 1 Faktorladungen der gesundheitlichen Beschwerden,
Hauptkomponentenanalyse, europäische Stichproben 229
Anh. 1, Tab. 2 Faktorladungen der gesundheitlichen Beschwerden,
Hauptkomponentenanalyse, deutsche Stichproben 230
Anh. 1, Tab. 3 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000 232
Anh. 1, Tab. 4 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000 232
Anh. 1, Tab. 5 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005 234
Anh. 1, Tab. 6 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005 235
Anh. 1, Tab. 7 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, GA 2004 236
Anh. 1, Tab. 8 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, GA 2004 236
Anh. 1, Tab. 9 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, BB 2006 238
Anh. 1, Tab. 10 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, BB 2006 238
Anh. 1, Tab. 11 Erklärte Varianz durch außerberufliche Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000 239
Anh. 1, Tab. 12 Faktorladungen der außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000 239
Anh. 1, Tab. 13 Erklärte Varianz durch die außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005 240
Anh. 1, Tab. 14 Faktorladungen der außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005 240
Anh. 2, Tab. 1 Korrelationskoeffizienten der Belastungsmerkmale mit den
PVB 241
Anh. 2, Tab. 2 Korrelationskoeffizienten der Belastungsmerkmale mit den
MSB 242
Anh. 4, Tab. 1 Mediane der sozialen Aktivitäten, EU 2005 (EU 15) 267
Anh. 4, Tab. 2 Mediane der sozialen Aktivitäten, EU 2000 (EU 15) 267
226
Abbildungsverzeichnis Anhang
Anh. 2, Abb. 1 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den
Arbeitszeitgruppen, EU 2000 (EU 15) 243
Anh. 2, Abb. 2 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den
Arbeitszeitgruppen, EU 2005 (EU 15) 243
Anh. 2, Abb. 3 Häufigkeitsverteilung in den Belastungsgruppen, niedrige
Autonomie 244
Anh. 2, Abb. 4 Häufigkeitsverteilung in den Belastungsgruppen, hohe
Autonomie 244
Anh. 3, Abb. 1 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, BB 2006 245
Anh. 3, Abb. 2 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, GA 2004 245
Anh. 3, Abb. 3 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 246
Anh. 3, Abb. 4 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, BB 2006 246
Anh. 3, Abb. 5 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, GA 2004 247
Anh. 3, Abb. 6 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 247
Anh. 3, Abb. 7 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 248
Anh. 3, Abb. 8 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben 248
Anh. 3, Abb. 9 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 249
Anh. 3, Abb. 10 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben 249
Anh. 3, Abb. 11 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 250
Anh. 3, Abb. 12 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 250
Anh. 3, Abb. 13 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 251
Anh. 3, Abb. 14 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 251
Anh. 3, Abb. 15 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Arbeit an Abenden und
der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 252
227
Anh. 3, Abb. 16 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Arbeit an Abenden und
der wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben 252
Anh. 3, Abb. 17 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, BB 2006 253
Anh. 3, Abb. 18 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, GA 2004 253
Anh. 3, Abb. 19 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 254
Anh. 3, Abb. 20 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Einfluss auf die
Arbeitsmenge und der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche
Stichproben 254
Anh. 3, Abb. 21 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Einfluss auf die
Arbeitsmenge und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15
Stichproben 255
Anh. 3, Abb. 22 PVB in Abhängigkeit von Arbeit unter Zwangshaltung und
der wöchentlichen Arbeitszeit 255
Anh. 3, Abb. 23 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben 256
Anh. 3, Abb. 24 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben 256
Anh. 3, Abb. 25 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei niedriger
Autonomie, BB 2006 257
Anh. 3, Abb. 26 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei hoher
Autonomie, BB 2006 257
Anh. 3, Abb. 27 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei niedriger
Autonomie, GA 2004 258
Anh. 3, Abb. 28 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei hoher
Autonomie, GA 2004 258
Anh. 3, Abb. 29 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei niedriger
Autonomie, EU 2000 (EU 15) 259
228
Anh. 3, Abb. 30 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in
verschiedenen Belastungskonstellationen bei hoher
Autonomie, EU 2000 (EU 15) 259
Anh. 4, Abb. 1 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit
von Schichtarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit 260
Anh. 4, Abb. 2 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit
und der wöchentlichen Arbeitszeit 260
Anh. 4, Abb. 3 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit
von Nachtarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit 261
Anh. 4, Abb. 4 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Nachtarbeit und
der wöchentlichen Arbeitszeit 261
Anh. 4, Abb. 5 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit
von Samstagsarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit 262
Anh. 4, Abb. 6 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit
und der wöchentlichen Arbeitszeit 262
Anh. 4, Abb. 7 Umfang von Tätigkeiten im Haushalt in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 263
Anh. 4, Abb. 8 Umfang von Weiterbildungsaktivitäten in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 263
Anh. 4, Abb. 9 Umfang von Weiterbildungsaktivitäten in Abhängigkeit von
der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 264
Anh. 4, Abb. 10 Umfang von Kinderbetreuung in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15), Personen mit
Kindern 264
Anh. 4, Abb. 11 Umfang von Kinderbetreuung in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15), Personen mit
Kindern 265
Anh. 4, Abb. 12 Umfang von politischen Aktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15) 265
Anh. 4, Abb. 13 Umfang von politischen Aktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15) 266
229
Ergebnisse der Hauptkomponentenanalysen der gesundheitlichen
Beeinträchtigungen
Anh. 1, Tab. 1 Faktorladungen der gesundheitlichen Beschwerden,
Hauptkomponentenanalyse, europäische Stichproben
230
Anh. 1, Tab. 2 Faktorladungen der gesundheitlichen Beschwerden,
Hauptkomponentenanalyse, deutsche Stichproben
GA 2004 BB 2006
PVB MSB PVB MSB
Schlafstörungen 0,655 0,609 0,154
Einschlafstörungen 0,654
Nervosität/Reizbarkeit 0,626 0,677 0,128
Hohe Angespanntheit 0,579
Niedergeschlagenheit 0,556 0,654 0,211
Magen-/Verdauungsbeschwerden 0,454 0,514 0,115
Müdigkeit 0,443 0,325 0,596 0,239
Herzschmerzen/-stiche 0,393
Kopfschmerzen 0,379 0,481 0,118
Burnout 0,574
Depressionen 0,539
Taubheit/Schmerzen in Armen/Händen 0,636 0,107 0,637
Kreuzschmerzen 0,636 0,164 0,699
Nacken-/Schulterschmerzen 0,611 0,250 0,556
Taubheit/Schmerzen in Beinen/Füßen 0,582 0,177 0,548
Schmerzen in Hüfte 0,612
Schmerzen in Knien 0,648
231
Beschreibung und Faktorenanalysen der Belastungsmerkmale
EU 2000
Körperliche Belastungskomponenten (7-stufig): „Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz
ausgesetzt…
- Vibrationen von Handwerkzeugen, Maschinen etc.?“
- Lärm in einer Lautstärke, dass man die Stimme heben müsste, um mit
anderen Personen zu sprechen?“
- hohe Temperaturen, durch die man schwitzen muss, auch ohne zu arbeiten?“
- niedrige Temperaturen, drinnen oder draußen?“
- Atmen in Dämpfen, Rauch, Staub oder gefährlichen Substanzen,
z. B. Chemikalien, infektiöse Materialien etc.?“
- Umgang mit gefährlichen Produkten oder Substanzen?“
- Strahlung (Röntgen, radioaktive Strahlung, Licht beim Schweißen, Laser)?“
„Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- schmerzhafte oder ermüdende Körperhaltung?“
- Heben oder Tragen von schweren Lasten?”
- repetitive Hand- oder Armbewegungen?”
- Tragen von Schutzkleidung?”
- repetitive Aufgaben von weniger als 5 Sek./30 Sek./1 Min./5 Min./10 Min.?“
Psychische Belastungskomponenten (7-stufig): „Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- unter hohem Tempo zu arbeiten?“
- unter engen zeitlichen Vorgaben zu arbeiten?“
- „Wie häufig müssen Sie eine Aufgabe unterbrechen, um eine andere unvor-
hergesehene Aufgabe zu anzunehmen?“
2-stufig: „Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- die Einhaltung präziser Qualitätsvorgaben?“
- die Beurteilung der eigenen Arbeitsqualität?“
- die Lösung unvorhergesehener Probleme?“
- monotone Aufgaben?“
- komplexe Aufgaben?“
- die Aneignung neuen Wissens?“
- „Es ist genug Zeit vorhanden, den eigenen Job zu erledigen.“
Autonomie (2-stufig): „Können Sie…
- die Aufgabenreihenfolge ändern oder beeinflussen?“
- die Arbeitsmethoden ändern oder beeinflussen?“
- die Arbeitsgeschwindigkeit oder -rate ändern oder beeinflussen?“
- den Zeitpunkt der Pause selbst bestimmen?“
- selbst bestimmen, wann Sie Urlaub oder freie Tage nehmen?“
Soziales Umfeld (2-stufig):
- „Sie können Unterstützung von Kollegen bekommen, wenn Sie darum bitten.”
232
Anh. 1, Tab. 3 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000
Phys. / Umweltbe-
lastung Autonomie psychische Belas-
tung
Atmen in Lösungsmitteln etc. 0,743
Lärm 0,715
Vibrationen 0,717
Kontakt mit Chemikalien 0,639
hohe Temperatur 0,625
Schutzkleidung 0,587 0,119
niedrige Temperatur 0,588
schwer heben 0,613 -0,157
Zwangshaltung 0,569 -0,263 -0,136
repetitive Arm-/Handbewegungen 0,481 -0,212 0,124
monotone Aufg. 0,230 -0,267
Einfluss auf Arbeitsreihenfolge -0,105 0,715 0,151
Einfluss auf Arbeitsmethoden 0,710 0,142
Einfluss auf Arbeitsgeschwindigkeit 0,704
Pausen selbst bestimmen 0,543 -0,125
Einfluss auf die Arbeitszeit -0,105 0,530
Urlaub selbst bestimmen 0,440
Neues lernen 0,372
0,456
komplexe Aufg. 0,311
0,553
Probleme lösen 0,412
0,393
präzise Qualitätsstandards erfüllen 0,225 0,332
hohes Tempo 0,224 -0,238 0,572
strikte Deadlines 0,229 -0,166 0,649
Unterbrechungen -0,169
-0,529
Anh. 1, Tab. 4 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000
233
EU 2005
Körperliche Belastungskomponenten (7-stufig): „Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz
ausgesetzt…
- Vibrationen von Handwerkzeugen, Maschinen etc.?“
- Lärm in einer Lautstärke, dass man die Stimme heben müsste, um mit
anderen Personen zu sprechen?“
- hohe Temperaturen, durch die man schwitzen muss, auch ohne zu arbeiten?“
- niedrige Temperaturen, drinnen oder draußen?“
- Atmen in Rauch, Staub etc.?“
- Atmen in Dämpfen, z. B. Lösungsmittel oder Verdünnungsmittel?“
- Umgang mit chemischen Produkten oder Substanzen?“
- Umgang mit infektiösen Materialien?“
- Strahlung (Röntgen, radioaktive Strahlung, Licht beim Schweißen, Laser)?“
„Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- schmerzhafte oder ermüdende Körperhaltung?“
- Heben oder Tragen von schweren Lasten?”
- Heben oder Bewegen von Personen?“
- repetitive Hand- oder Armbewegungen?”
- Tragen von Schutzkleidung?”
- repetitive Aufgaben von weniger als 1 Min./10 Min.?“
Psychische Belastungskomponenten (7-stufig): „Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- unter hohem Tempo zu arbeiten?“
- unter engen zeitlichen Vorgaben zu arbeiten?“
- „Wie häufig müssen Sie eine Aufgabe unterbrechen, um eine andere unvor-
hergesehene Aufgabe zu anzunehmen?“
2-stufig: „Beinhaltet Ihr Arbeitsplatz…
- die Einhaltung präziser Qualitätsvorgaben?“
- die Beurteilung der eigenen Arbeitsqualität?“
- die Lösung unvorhergesehener Probleme?“
- monotone Aufgaben?“
- komplexe Aufgaben?“
- die Aneignung neuen Wissens?“
Autonomie (2-stufig): „Können Sie…
- die Aufgabenreihenfolge ändern oder beeinflussen?“
- die Arbeitsmethoden ändern oder beeinflussen?“
- die Arbeitsgeschwindigkeit oder -rate ändern oder beeinflussen?“
- den Zeitpunkt der Pause selbst bestimmen?“
- selbst bestimmen, wann Sie Urlaub oder freie Tage nehmen?“
Soziales Umfeld (5-stufig):
- „Sie können Unterstützung von Kollegen bekommen, wenn Sie darum bitten.”
- „Sie können Unterstützung durch den Vorgesetzten bekommen, wenn Sie
darum bitten.“
- „Sie können externe Unterstützung bekommen, wenn Sie darum bitten.”
- „Sie haben Einfluss auf die Auswahl der Arbeitskollegen.“
234
Anh. 1, Tab. 5 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005
Phys. / Umweltbe-
lastung Autonomie psychische Belas-
tung
Atmen in Lösungsmitteln etc. 0,638
Atmen in Rauch, Staub etc. 0,707
Lärm 0,658 -0,163
Vibrationen 0,672 -0,139
Kontakt mit Chemikalien 0,615
hohe Temperatur 0,610 -0,141
Schutzkleidung 0,569
niedrige Temperatur 0,562
Strahlung 0,379 0,107
infektiöse Materialien 0,371
schwer heben 0,646 -0,142
Zwangshaltung 0,558 -0,281
Stehen / Laufen 0,529 -0,135 -0,182
repetitive Arm-/ Handbewegungen 0,405 -0,311 0,110
monotone Aufg. 0,172 -0,284
Einfluss auf Arbeitsreihenfolge 0,701 0,138
Einfluss auf Arbeitsmethoden 0,688 0,122
Einfluss auf Arbeitsgeschwindigkeit 0,654
Pausen selbst bestimmen -0,110 0,557
Einfluss auf Auswahl der Mitarbeiter 0,429 0,249
Urlaub selbst bestimmen -0,100 0,399
Qualität der eigenen Arbeit beurtei-
len 0,222 0,386 0,222
Neues lernen 0,319 0,527
komplexe Aufg. 0,242 0,562
Probleme lösen 0,352 0,419
präzise Qualitätsstandards erfüllen 0,159 0,424
hohes Tempo 0,231 -0,345 0,596
strikte Deadlines 0,182 -0,294 0,676
Unterbrechungen 0,170 0,527
Arbeit am Computer -0,445 0,230 0,456
235
Anh. 1, Tab. 6 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005
GA 2004
Körperliche Belastungskomponenten (ursprünglich 4-stufig im Fragebogen,
umcodiert in 2-stufige Skala): „Wie häufig arbeiten Sie unter folgenden Arbeits-
bedingungen?“
- „Müssen Sie körperlich schwer arbeiten?“
- Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz Lärm, lauten Umgebungsgeräuschen ausge-
setzt?“
- „Werden Sie durch Ihre Arbeit einseitig körperlich belastet?“
- „Haben Sie es bei Ihrer Arbeit mit mangelhaften technischen Geräten zu tun?“
- „Kommen Sie bei Ihrer Arbeit mit Chemikalien bzw. Gefahrstoffen in Berüh-
rung?“
- „Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz Zugluft bzw. extremen Temperaturen ausge-
setzt?“
Psychische Belastungskomponenten (2-stufig, s. o.):
- „Kommt es vor, dass Ihre Arbeit durch unerwünschte Unterbrechungen gestört
wird?“
- „Fühlen Sie sich in der Arbeit gehetzt, haben Sie Zeitdruck?“
- „Können bereits kleine Fehler bei Ihrer Arbeit größere Schäden verursachen?“
- „Erfordert Ihre Arbeit viel Genauigkeit?“
- „Erfordert es Ihre Arbeit, sich längere Zeit am Stück zu konzentrieren?“
- „Kommt es vor, dass Sie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen müssen?“
- „Müssen Sie, um Ihr Arbeitspensum zu schaffen, Abstriche bei der Qualität
Ihrer Arbeit machen?“
Autonomie (4-stufig): „Haben Sie Einfluss…
- darauf, wie Ihr Arbeitsplatz gestaltet wird?“
- darauf, welche Arbeit Ihnen zugeteilt wird?“
- auf die Arbeitsmenge, die Ihnen übertragen wird?“
- auf die Gestaltung Ihrer Arbeitszeit?“
- „Haben Sie insgesamt das Gefühl, dass Sie genügend Einfluss auf die
Rahmenbedingungen Ihrer Arbeit haben?“
- „Können Sie Ihre Arbeit selbstständig planen und einteilen?“
236
Anh. 1, Tab. 7 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, GA 2004
Autonomie
Phys. / Umweltbelas-
tung psych. Belastung
Einfluss auf Art der Arbeit 0,781
Einfluss auf Rahmenbedingungen 0,773 0,118
Einfluss auf Arbeitsmenge 0,755
Möglichkeit, Neues auszuprobieren 0,683 -0,181
Einfluss auf Arbeitsplatzgestaltung 0,715 0,186
Selbstständige Arbeitsplanung
möglich 0,706 0,195
Einfluss auf Arbeitszeitgestaltung 0,659 0,281
Kurzpausen möglich 0,581 0,202
Notwendige Informationen
vorhanden 0,438 0,298
Entwicklung neuer Ideen -0,387 0,382
Lärm 0,151
0,682
Zugluft/extreme Temperaturen 0,194 0,664
Körperlich schwere Arbeit 0,241 0,631
Schlechte Luft
(z. B. Zigarettenrauch) 0,565 0,118
Kontakt mit
Chemikalien/Gefahrstoffen 0,556
Mehrere Aufgaben gleichzeitig -0,187 0,592
Zeitdruck 0,143 0,189
0,588
Unerwünschte Unterbrechungen 0,573
Lange Konzentrationsphasen -0,116 0,572
Größere Schäden möglich wegen
kleiner Fehler 0,335 0,425
Qualitätsabstriche notwendig 0,164 0,424
Genauigkeit erforderlich 0,397
Einseitige körperliche
Beanspruchung 0,179 0,182 0,225
Anh. 1, Tab. 8 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, GA 2004
237
BB 2006
Physische Belastungskomponenten (4-stufig): „Wie häufig…
- arbeiten Sie im Stehen?“
- arbeiten Sie im Sitzen?“
- heben und tragen Sie Lasten von mehr als 20 kg (Männer) bzw. 10 kg
(Frauen)?“
- arbeiten Sie bei Rauch, Staub oder unter Gasen, Dämpfen?“
- arbeiten Sie unter Kälte, Hitze, Nässe, Feuchtigkeit, Zugluft?“
- arbeiten Sie mit Öl, Fett, Schmutz, Dreck?“
- arbeiten Sie in gebückter, hockender, kniender, liegender Stellung oder über
Kopf?“
- arbeiten Sie mit starken Erschütterungen, Stößen, Schwingungen?“
- arbeiten Sie bei grellem Licht oder schlechter Beleuchtung?“
- arbeiten Sie mit gefährlichen Stoffen, unter Einwirkung von Strahlungen?“
- arbeiten Sie mit Schutzkleidung oder Schutzausrüstung?“
- arbeiten Sie bei Lärm?“
Psychische Belastungskomponenten (4-stufig): „Wie häufig…
- müssen Sie unter Termin-/Leistungsdruck arbeiten?“
- werden Sie vor neue Aufgaben gestellt, in die Sie sich erst hineindenken/
einarbeiten müssen?“
- verbessern Sie bisherige Verfahren oder probieren etwas Neues aus?“
- werden Sie bei der Arbeit gestört/unterbrochen?“
- werden Ihnen eine genaue Stückzahl, eine bestimmte Mindestleistung, Zeit-
vorgaben vorgeschrieben?“
- werden Dinge von Ihnen verlangt, die Sie nicht gelernt haben oder nicht
beherrschen?“
- müssen Sie verschiedenartige Arbeiten/Vorgänge gleichzeitig im Auge
behalten?“
- können auch kleine Fehler/geringe Unaufmerksamkeit größere finanzielle
Verluste verursachen?“
- müssen Sie bis an die Grenze Ihrer Leistungsfähigkeit gehen?“
- müssen Sie sehr schnell arbeiten?“
Autonomie (4-stufig): „Wie häufig…
- ist Ihnen die Arbeitsdurchführung bis ins Einzelne vorgeschrieben?“
- wiederholt sich derselbe Arbeitsgang bis in alle Einzelheiten?“
- können Sie Ihre eigene Arbeit selbst planen und einteilen?“
- haben Sie Einfluss auf die Arbeitsmenge?“
- können Sie entscheiden, wann Sie Pause machen?“
Soziales Umfeld am Arbeitsplatz (4-stufig): „Wie häufig…
- fühlen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz als Teil einer Gemeinschaft?“
- empfinden Sie die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen als gut?“
- erhalten Sie bei der Arbeit Hilfe/Unterstützung von Ihren Kollegen?“
- erhalten Sie bei der Arbeit Hilfe/Unterstützung von Ihrem direkten
Vorgesetzten?“
238
Anh. 1, Tab. 9 Faktorladungen für die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, BB 2006
phys. / Umweltbe-
lastung psych. Belas-
tung Autonomie
Schmutz/Dreck 0,713
extreme Temperatur/Klima 0,704 -0,107
Dämpfe 0,698
Zwangshaltung 0,698
Lärm 0,679 0,127
schwer heben 0,679 -0,150
Schutzkleidung 0,670
Stehen/Laufen 0,642 -0,144 -0,149
Vibrationen 0,583
schlechte Beleuchtung 0,515 0,177
Sitzen -0,506 0,285 0,335
Strahlung/gefährliche Stoffe 0,463 0,174
Termindruck 0,701
Leistungsgrenze 0,146 0,623
hohes Tempo 0,578 -0,283
verschiedene Vorgänge gleichzeitig 0,571 0,244
Unterbrechungen
0,567 0,155
neue Aufgaben 0,543 0,393
Dinge verlangt, die nicht gelernt wurden 0,520 0,137
Stückzahl etc. vorgeschrieben 0,172 0,454 -0,345
kleine Fehler verursachen große
Verluste 0,129 0,452
Arbeit selbst einteilen -0,145 0,175
0,611
Einfluss auf Arbeitsmenge 0,572
Arbeitsdurchführung vorgeschrieben 0,125 0,275
-0,558
Wiederholung des Arbeitsganges -0,534
Neues probieren 0,441 0,468
Pause selbst bestimmen -0,159 0,460
Anh. 1, Tab. 10 Erklärte Varianz durch die Belastungsfaktoren,
Hauptkomponentenanalyse, BB 2006
239
Ergebnisse der Faktorenanalysen der außerberuflichen Aktivitäten
Anh. 1, Tab. 11 Erklärte Varianz durch außerberufliche Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000
Anh. 1, Tab. 12 Faktorladungen der außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2000
Komponente 1:
Haushaltsaktivitäten Komponente 2:
Freizeitaktivitäten
Komponente 3:
politische /
ehrenamtl.
Tätigkeiten
Hausarbeit 0,917
Kochen 0,913
Kindererziehung/
-betreuung 0,430 -0,148 0,238
Sport
0,707
kulturelle
Aktivitäten 0,701 0,143
Freizeitaktivitäten 0,680
Weiterbildung 0,506 0,159
politische/
gewerkschaftliche
Aktivitäten -0,121
0,708
freiwillige/
ehrenamtliche
Aktivitäten 0,208 0,679
Betreuung älterer
Angehöriger 0,227
0,436
240
Anh. 1, Tab. 13 Erklärte Varianz durch die außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005
Anh. 1, Tab. 14 Faktorladungen der außerberuflichen Aktivitäten,
Hauptkomponentenanalyse, EU 2005
Komponente 1:
Haushaltsaktivitäten Komponente 2:
Freizeitaktivitäten
Komponente 3:
politische /
ehrenamtl.
Tätigkeiten
Hausarbeit/
Kochen 0,759 0,201 -0,145
Kindererziehung/
-betreuung 0,740 -0,170 0,071
Betreuung älterer
Angehöriger 0,414 0,041 0,176
Sport/kulturelle
Aktivitäten/
Freizeitaktivitäten -0,012 0,774 0,087
Weiterbildung 0,053 0,726 0,082
politische/
gewerkschaftliche
Aktivitäten -0,021 -0,017
0,832
freiwillige/
ehrenamtliche
Aktivitäten 0,160 0,236
0,682
241
Anhang 2 Deskriptive Statistiken
Anh. 2, Tab. 1 Korrelationskoeffizienten der Belastungsmerkmale mit den PVB
BB 2006
EU 2005
(EU 15) GA 2004 EU 2000
(EU 15)
Vibrationen ,016(*) -,002 - -,002
Lärm ,089(**) ,092(**) ,126(**) ,082(**)
hohe Temperatur ,034(**) ,098(**) - ,088(**)
niedrige Temperatur - ,076(**) - ,056(**)
Dämpfe ,030(**) ,028(**) - ,048(**)
Atmen in Lösungsmitteln etc. - ,026(**) - -
Kontakt mit Chemikalien(1) ,105(**) ,030(**) ,049(**) ,035(**)
Kontakt mit Strahlung ,076(**) ,043(**) - ,061(**)
Kontakt mit infektiösen Materialien - ,080(**) - -
Zwangshaltung(2) ,021(**) ,117(**) ,121(**) ,127(**)
Personen heben - ,076(**) - -
schwer heben ,028(**) ,005 - ,019(**)
Stehen/Laufen ,003 ,007 - -
repetitive Arm-/Handbewegungen - ,044(**) - ,047(**)
Schutzkleidung -,003 -,014 - -,018(*)
repetitive Aufg. <1 min - ,033(**) - ,027(**)
repetitive Aufg. <10 min - ,033(**) - ,033(**)
hohes Tempo ,127(**) ,136(**) - ,140(**)
strikte Deadlines/Zeitdruck ,195(**) ,146(**) ,287(**) ,152(**)
Unterbrechungen ,165(**) ,161(**) ,223(**) -,147(**)
präzise Qualitätsstandards ,133(**) ,020(*) - ,009
eigene Qualitätskontrolle - ,059(**) - ,038(**)
Probleme lösen - ,075(**) - ,085(**)
monotone Aufg. - ,036(**) - ,038(**)
komplexe Aufg. - ,132(**) - ,125(**)
Neues lernen - ,073(**) - ,081(**)
Einfluss auf Arbeitsreihenfolge -,015(*) -,004 - ,012
Einfluss auf Arbeitsmethoden - ,023(*) - ,013
Einfluss auf Geschwindigkeit -,056(**) -,028(**) - -,040(**)
Pausen selbst bestimmen -,066(**) -,053(**) - -,058(**)
genügend Zeit - -,184(**) - -,220(**)
Urlaub selbst bestimmen - -,099(**) - -,082(**)
Einfluss auf die Arbeitszeit - - - -,011
(**) p<0,01, (*) p<0,05,
(1) mikrobiologische Stoffe in BB 2006, (3) einseitige körperliche Beanspruchung in GA 2004
242
Anh. 2, Tab. 2 Korrelationskoeffizienten der Belastungsmerkmale mit den MSB
BB 2006
EU 2005
(EU 15) GA 2004 EU 2000
(EU 15)
Vibrationen ,235(**) ,163(**) - ,218(**)
Lärm ,207(**) ,167(**) ,138(**) ,222(**)
hohe Temperatur ,276(**) ,169(**) - ,192(**)
niedrige Temperatur - ,186(**) - ,214(**)
Dämpfe ,241(**) ,164(**) - ,249(**)
Atmen in Lösungsmitteln etc. - ,104(**) - -
Kontakt mit Chemikalien(1) ,103(**) ,127(**) ,095(**) ,180(**)
Kontakt mit Strahlung ,100(**) ,065(**) - ,091(**)
Kontakt mit infektiösen Materialien - ,113(**) - -
Zwangshaltung(2) ,297(**) ,372(**) ,295(**) ,431(**)
Personen heben - ,114(**) - -
schwer heben ,319(**) ,261(**) - ,363(**)
Stehen/Laufen ,237(**) ,177(**) - -
repetitive Arm-/Handbewegungen - ,209(**) - ,312(**)
Schutzkleidung ,177(**) ,159(**) - ,182(**)
repetitive Aufg. <1 min - ,076(**) - ,131(**)
repetitive Aufg. <10 min - ,101(**) - ,136(**)
hohes Tempo ,127(**) ,176(**) - ,191(**)
strikte Deadlines/Zeitdruck ,050(**) ,128(**) ,136(**) ,135(**)
Unterbrechungen -,019(*) ,025(**) ,029 -,016(*)
präzise Qualitätsstandards ,130(**) ,043(**) - ,067(**)
eigene Qualitätskontrolle - ,032(**) - ,018(*)
Probleme lösen - ,001 - -,012
monotone Aufg. - ,109(**) - ,144(**)
komplexe Aufg. - ,000 - -,006
Neues lernen - -,037(**) - -,043(**)
Einfluss auf Arbeitsreihenfolge -,170(**) -,056(**) - -,063(**)
Einfluss auf Arbeitsmethoden - -,041(**) - -,048(**)
Einfluss auf Geschwindigkeit -,059(**) -,059(**) - -,058(**)
Pausen selbst bestimmen -,145(**) -,074(**) - -,087(**)
genügend Zeit - -,104(**) - -,108(**)
Urlaub selbst bestimmen - -,068(**) - -,081(**)
Einfluss auf die Arbeitszeit - - - -,074(**)
(**) p<0,01, (*) p<0,05,
(1) mikrobiologische Stoffe in BB 2006, (3) einseitige körperliche Beanspruchung in GA 2004
243
Anh. 2, Abb. 1 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den Arbeitszeitgruppen,
EU 2000 (EU 15)
Anh. 2, Abb. 2 Verteilung der ISCO Hauptgruppen in den Arbeitszeitgruppen,
EU 2005 (EU 15)
244
Anh. 2, Abb. 3 Häufigkeitsverteilung in den Belastungsgruppen, niedrige
Autonomie
Anh. 2, Abb. 4 Häufigkeitsverteilung in den Belastungsgruppen, hohe Autonomie
245
Anhang 3 Arbeitszeit und Gesundheit
Anh. 3, Abb. 1 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, BB 2006
Anh. 3, Abb. 2 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, GA 2004
246
Anh. 3, Abb. 3 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Anh. 3, Abb. 4 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, BB 2006
247
Anh. 3, Abb. 5 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, GA 2004
Anh. 3, Abb. 6 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit vom Alter und der wöchentlichen
Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
248
Anh. 3, Abb. 7 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Anh. 3, Abb. 8 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben
249
Anh. 3, Abb. 9 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Anh. 3, Abb. 10 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Sonntagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben
250
Anh. 3, Abb. 11 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Anh. 3, Abb. 12 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
251
Anh. 3, Abb. 13 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Anh. 3, Abb. 14 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
252
Anh. 3, Abb. 15 PVB (MAVGs) in Abhängigkeit von Arbeit an Abenden und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
Anh. 3, Abb. 16 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Arbeit an Abenden und der
wöchentlichen Arbeitszeit, europäische Stichproben
253
Anh. 3, Abb. 17 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, BB 2006
Anh. 3, Abb. 18 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, GA 2004
254
Anh. 3, Abb. 19 Risiko für Schlafstörungen in Abhängigkeit von der Lage und
wöchentlichen Dauer der Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Anh. 3, Abb. 20 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Einfluss auf die Arbeitsmenge
und der wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
255
Anh. 3, Abb. 21 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Einfluss auf die Arbeitsmenge
und der wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben
Anh. 3, Abb. 22 PVB in Abhängigkeit von Arbeit unter Zwangshaltung und der
wöchentlichen Arbeitszeit
256
Anh. 3, Abb. 23 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, deutsche Stichproben
Anh. 3, Abb. 24 MSB (MAVGs) in Abhängigkeit von Zeitdruck und der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 15 Stichproben
257
Anh. 3, Abb. 25 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei niedriger Autonomie, BB 2006
Anh. 3, Abb. 26 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei hoher Autonomie, BB 2006
258
Anh. 3, Abb. 27 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei niedriger Autonomie, GA 2004
Anh. 3, Abb. 28 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei hoher Autonomie, GA 2004
259
Anh. 3, Abb. 29 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei niedriger Autonomie,
EU 2000 (EU 15)
Anh. 3, Abb. 30 Trends der Beschwerdefreiheit (z-standardisiert, MAVGs) in
Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit in verschiedenen
Belastungskonstellationen bei hoher Autonomie, EU 2000 (EU 15)
260
Anhang 4 Arbeitszeit und soziale Teilhabe
Anh. 4, Abb. 1 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit von
Schichtarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit
Anh. 4, Abb. 2 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Schichtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit
261
Anh. 4, Abb. 3 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit von
Nachtarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit
Anh. 4, Abb. 4 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Nachtarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit
262
Anh. 4, Abb. 5 Berücksichtigung priv. Interessen (MAVGs) in Abhängigkeit von
Samstagsarbeit und der wöchentlichen Arbeitszeit
Anh. 4, Abb. 6 Vereinbarkeit (MAVGs) in Abhängigkeit von Samstagsarbeit und der
wöchentlichen Arbeitszeit
263
Anh. 4, Abb. 7 Umfang von Tätigkeiten im Haushalt in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
Anh. 4, Abb. 8 Umfang von Weiterbildungsaktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
264
Anh. 4, Abb. 9 Umfang von Weiterbildungsaktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
Anh. 4, Abb. 10 Umfang von Kinderbetreuung in Abhängigkeit von der wöchent-
lichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15), Personen mit Kindern
265
Anh. 4, Abb. 11 Umfang von Kinderbetreuung in Abhängigkeit von der wöchent-
lichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15), Personen mit Kindern
Anh. 4, Abb. 12 Umfang von politischen Aktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2000 (EU 15)
266
Anh. 4, Abb. 13 Umfang von politischen Aktivitäten in Abhängigkeit von der
wöchentlichen Arbeitszeit, EU 2005 (EU 15)
267
Anh. 4, Tab. 1 Mediane der sozialen Aktivitäten, EU 2005 (EU 15)
Männer Frauen
<25
Jahre 25-39
Jahre 40-54
Jahre ≥55
Jahre
Freiwillige/
ehrenamtl.
Aktivitäten 1 1 1 1 1 1
Politische/
gewerkschaftl.
Tätigkeiten 1 1 1 1 1 1
Kinder-
betreuung(*) 6 6 6 6 6 1
Kochen/
Haushalt 4 6 5 6 6 6
Betreuung
älterer
Angehöriger 1 1 1 1 1 1
Weiterbildung 1 1 1 1 1 1
Freizeit /
Sport / Kultur 4 4 4 4 3 3
(*)nur Personen mit Kinder(n) im Haushalt
Anh. 4, Tab. 2 Mediane der sozialen Aktivitäten, EU 2000 (EU 15)
Männer Frauen
<25
Jahre 25-39
Jahre 40-54
Jahre ≥55
Jahre
Freiwillige/
ehrenamtl.
Aktivitäten 1 1 1 1 1 1
Politische/
gewerkschaftl.
Tätigkeiten 1 1 1 1 1 1
Kinder-
betreuung(*) 6 6 1 6 6 3
Kochen 4 6 4 5 5 5
Haushalt 4 6 4 5 5 5
Betreuung
älterer
Angehöriger 1 1 1 1 1 1
Weiterbildung 1 1 1 1 1 1
Sport 3 2 4 3 2 1
Kultur 2 2 1 2 2 2
Freizeit 4 4 4 4 4 3
(*)nur Personen mit Kinder(n) im Haushalt