ZUSAMMENFASSUNG HINTERGRUND UND ZIELE Die Zahl der Menschen, die an Diabetes Mellitus erkranken, steigt in vielen Teilen der Weltbevölkerung permanent an. In der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie stellt Diabetes Mellitus deshalb eine große Herausforderung dar, wenn es um die Verwendung eines geeigneten Knochenersatzmaterials (KEM) geht. Nach einem Trauma, einer Zahnextraktion, einer Resektion, durch angeborene Erkrankungen oder Tumorerkran-kungen kann es zu Knochenverlust oder Knochendefekten kommen. Für die Regenera-tion dieser Defekte sind häufig Knochentransplantate notwendig. Das erste Ziel der vorliegenden Studie ist die Evaluation des Einflusses einer diabeti-schen Stoffwechsellage die Knochenregeneration und Osseointegration von KEM. Als zweites Ziel gilt die Evaluation der Expression der Knochenmatrixproteine Kollagen Typ 1 und Osteocalcin bei jeweils gesundem und diabetischem Stoffwechsel so-wie deren Einfluss auf die Osseointegration. Zudem wurde untersucht, ob KEMs sowohl in gesundem als auch in diabetischem Stoffwechsel einen positiven Einfluss auf die Heilung eines Knochendefektes, gegenüber Knochendefekten ohne KEM haben. METHODEN Die Studie wurde an insgesamt 16 Hausschweinen (lat. Sus scrofa domesticus) durchge-führt. Die Tiere sind in zwei Gruppen aufgeteilt worden, wobei die erste Gruppe aus sieben Schweinen mit diabetischer Stoffwechsellage bestand. Der Diabetes wurde hier vorab mit Streptozotocin induziert. Die gesunde Kontrollgruppe bestand aus neun Schweinen. Sechs Monate nach der Behandlung mit Streptozotocin wurden jedem Versuchstier jeweils neun Knochendefekte (Critical Size Defects) in die Schädelkalotte ge-setzt und mit unterschiedlichen KEMs gefüllt. In dieser Arbeit sind dafür die KEMs autogener Knochen, xenogener Knochen (BioOss®) und der ungefüllte Knochendefekt relevant. Die Knochenbiopsien wurden jeweils nach zwei Wochen (1. Opferung) und acht Wo-chen (2. Opferung) untersucht. Anschließend erfolgte die quantitative Evaluation der Knochenneubildung und der Knochendichte der Knochenprobe aus der Schädelkalotte mittels Lichtmikroskopie und Mikroradiographie. Zur Evaluation der Osseointegration des KEM wurde der Anteil von Osteoid am Gesamtknochen anhand einer Masson-Goldner-Trichrom-Färbung ausgewertet. Zudem wurde die Expression von Kollagen-Typ 1 und Osteocalcin durch immunhistochemische Nachweisverfahren bestimmt. ERGEBNISSE UND BEOBACHTUNGEN Die vorliegende Studie liefert Belege für den negativen Einfluss von Diabetes Mellitus auf die Osseointegration von KEM und dessen Einfluss auf die Knochenneubildung. Unsere Daten zeigen, dass gegenüber der gesunden Versuchsgruppe die Knochenneubildung und -mineralisationsdichte in der Kalotte der diabetischen Gruppe sowohl nach zwei als auch nach acht Wochen reduziert war. Lediglich die Anteile des Osteoids waren nach acht Wochen im diabetischen Tiermodell (KEM autogener Knochen: 8,85 % +/- 2,11 %) höher als im gesunden (KEM autogener Knochen: 5,13 % +/- 3,63 %), je-doch ohne Signifikanz (p = 0,272). Die Expression der Knochenmatrixproteine war ebenfalls verändert. Die Expression von Kollagen-Typ 1 war in der vorliegenden Studie in der Kalotte der diabetischen Versuchstiergruppe (KEM Autogener Knochen: 37,55 % +/- 12,20 %) höher als im gesunden Tiermodell (KEM Autogener Knochen: 33,19 % +/- 16,79 %), ebenfalls ohne Signifikanz (p = 0,598). Die Osteocalcin-Expression hingegen war in der diabetischen Versuchstiergruppe (KEM BioOss®: 12,09 % +/- 10,56 %) gegenüber der gesunden Gruppe (KEM BioOss®: 20,45 % +/- 11,20 %) signifikant reduziert (p = 0,003). In dem neugebildete Knochen der Leerdefekte ließ sich nach 8 Wochen sowohl im gesunden (p = 0,044), als auch im diabetischen Stoffwechsel (p = 0,0001) eine signifikant niedrigere Osteocalcinkonzentration nachweisen, als in den Defekten, die mit autogenem Knochen gefüllt wurden. SCHLUSSFOLGERUNGEN Die vorliegende Studie zeigt, dass sich die Stoffwechselerkrankung Diabetes Mellitus negativ auf die Osseointegration von KEM, die Knochenregeneration und die Mineralisation des neugebildeten Knochens auswirkt. Die Expression von Osteocalcin und Kol-lagen-Typ 1 ist im diabetischen Tiermodell gegenüber dem gesunden Tiermodell verän-dert. Dies gilt unabhängig vom verwendeten KEM. Im Allgemeinen wird die Knochenregeneration durch den Einsatz von beiden KEMs unterstützt. Die Knochenregeneration im Leerdefekt verläuft verlangsamt und die Mine-ralisation im neugebildeten Knochen ist geringer gegenüber den Defekten mit KEM.