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Registrierung einer hochaufgelösten histologischen
Schnittserie eines Rattenhirns
Oliver Schmitta) und Jan Modersitzkib)
Institute für Anatomiea) und Mathematikb)
Medizinische Universität zu Lübeck, 23538 Lübeck
Email: schmitt@anat.mu-luebeck.de, modersitzki@math.mu-luebeck.de
Zusammenfassung. Die dreidimensionale Darstellung von Bildfolgen, die auf
makroskopischen oder mikroskopischen Serienschnitten basieren, ist ein in der
Anatomie häufig auftauchendes Problem. Die meist linear und nicht-linear
deformierten umfangreichen Bilddaten erfordern eine effiziente und
morphologisch befriedigende Korrektur, um anatomisch relevante 3D-
Rekonstruktionen zu erzeugen. Um eine mikroskopisch interessante
Information zu erhalten, müssen histologische Schnitte hochaufgelöst
digitalisiert werden. Es wurde ein Verfahren entwickelt, welches die Artefakt
anfälligen hochaufgelösten Bilder effizient registriert, um so einen
hinreichenden Ausgangsunkt für eine nicht-lineare elastische Registrierung zu
erhalten. Die Ergebnisse verschiedener Parameter-Konfigurationen und eine
Beurteilung der resultierenden 3D-Morphologie werden hier vorgestellt.
1 Einleitung
Die Registrierung von histologischen Schnitten beinhaltet besondere Probleme, die bei
der Anpassung von tomographischen oder episkopischen Bildserien nicht auftreten.
Hierbei handelt es sich z.B. um Einbettungs-, Schneide-, Streckungs-, Färbe- und
Eindeckartefakte, die in den histologischen Schnitten unterschiedlich stark ausgeprägt
sein können. Zu den nicht-linearen Artefakten zählen Einrisse, Ausrisse,
Fragmentierungen und Faltenbildung des histologischen Gewebes (Abb. 2). Bei
Schnittserien komplexer, windungsreicher Hirne, wie z.B. dem menschlichen Gehirn
oder aber auch schon im Bereich des Kleinhirns einer Ratte, treten multiple
Kappenanschnitte auf. In folgenden Schnitten ist dann eine Zusammenführung dieser
multiplen Objekte auf ein einziges Objekt zu erwarten.
Hier werden drei Verfahren zur linearen Registrierung eines kompletten Hirnes
untersucht. Das Resultat einer qualitativ hochwertigen linearen Registrierung kommt
als Ausgang für eine anschließende nicht-lineare Registrierung, wie z.B. dem
sogenannten Elastic-Matching, eine besondere Bedeutung zu.
Da aus den histologischen Schnitten monomodale Bilder erzeugt werden, die sich
anhand statistischer Kenngrößen homogenisieren lassen, wurde der Registrierung ein
Grauwert-basiertes Distanzmaß zugrunde gelegt. Auf einen rechenintensiveren
Mutual-Information basierten Ansatz konnte daher verzichtet werden.
Abb. 1. Gehirn einer Ratte, nachdem es aus dem Schädel präpariert wurde. Die Hemisphären
des Großhirns, das Kleinhirn und der Hirnstamm lassen sich auf den Rekonstruktionen
eindeutig wiederfinden. Die für das Kleinhirn typische Faltenbildung ist in dieser Abbildung
ebenfalls erkennbar. Der helle Pfeil (links) markiert die Lage des letzten und der graue Pfeil
(rechts) des ersten histologischen Schnittes. Das Präparat ist also von hinten nach vorne in der
sog. Frontalebene (=Koronarebene) aufgeschnitten worden.
2 Material und Methode
Das Gehirn einer Sprague-Dawley Ratte (Abb. 1) wurde in einer 4% Formalinlösung
fixiert und anschließend in Paraffin eingebettet. Eine Schnittserie von insgesamt 503
Schnitten mit einer Schnittdicke von ca. 20 x 10-6 m wurde mit Gallocyanin
Chromalaun gefärbt [1, 2]. Die gefärbten Schnitte wurden mit einem hochauflösenden
transparenten Flachbettscanner (Duoscan, Agfa) bei einer Auflösung von 4000 ppi
digitalisiert (ca. 2300 x 2000 Pixel große Bilder) (Abb. 2).
Die Grauwertverteilungen der Bilder wurden anhand statistischer Kenngrößen
homogenisiert. Die Grauwertcharakteristika Mittelwert und Varianz eines jeden Bildes
wurden standardisiert. Als Referenzgröße diente eine Medianfilterung der
Charakteristika der umgebenden Bilder. Kleinere Artefakte und abgerissene
Gewebepartikel wurden mit einem morphologischen Opening-Filter entfernt. Das
Gewebe wurde durch Schwellwertfilter segmentiert und in ein standardisiertes Bild
eingebettet, so dass nun alle Bilder dieselbe Größe und vergleichbare Dynamik,
Mittelwert und Hintergrundwert aufweisen.
Abb. 2. Beispiel eines hochaufgelösten histologischen Schnittes (426) durch das Rattenhirn.
Typische Artefakte sind kursiv bezeichnet. In der gefensterten ROI lassen sich bei dieser
Auflösung die unscharfen Umrisse sehr großer Nervenzellen (Neurone) erkennen.
Die monomodalen Bilder 2-dimensionaler Projektionen weisen globale und lokale
Verzerrungen auf. Zu den globalen Verzerrungen gehören insbesondere affin-lineare
Verzerrungen, d.h. Translation (T), Rotation (R) aber auch Scherung und Skalierung
(SS) [3]. Global projektive und nicht-lineare sowie lokale Verzerrungstypen sollen
hier zunächst nicht betrachtet werden, da die globalen TRSS-Komponenten,
physikalisch bedingt, den größten Anteil an den Verzerrungen zwischen
aufeinanderfolgenden Bildern besitzen. Das vorliegende Anpassungsproblem lässt
sich nach [4] wie folgt spezifizieren:
•Merkmalsraum: Bildintensitäten
•Suchraum: affin-lineare Transformationen bzw. geeignete Teilmengen
•Suchstrategie: Minimierung des Distanzmaßes
mittels Gauss-Newton-Verfahren (φ: Abbildung, T:
Template-Bildes, R: Referenz-Bild),
•Ähnlichkeitsmaß: mittlere Grauwertdistanz der Bilder.
Zur Lösung des globalen Anpassungsproblems wurden vier Ansätze verfolgt:
(a) principal axis transformation (PAT) [5–9]
(b) PAT mit Minimierung der Scherung
(c) PAT mit Minimierung der Translation, Rotation und Scherung bei Vorgabe
von statistischen geschätzten Skalierungskomponenten (α optimal)
(d) PAT mit Minimierung der Parameter Translation, Rotation, Scherung und
Skalierung (partial optimal).
Als Startwerte für die Minimierungsverfahren dienten dabei die aus der PAT [5–9]
gewonnenen Referenzgrößen. Hierbei wurde eine robuste Variante ausgenutzt. Diese
basiert hier auf der Schätzung der unimodalen Dichten durch eine Cauchy-Dichte
mittels der sogenannten Kullback-Leibler-Distanz [10, 11]. Im Vergleich zum
Standardverfahren erwies sich dieser Ansatz bei den mit relativ großen Artefakten
versehenen Rattenbildern als vorteilhaft. Zur Regularisierung der Optimierung wurde
ein Haar-Wavelets Mehrskalenansatz verfolgt.
T R
φ −
3 Ergebnisse
Alle vier Registrierungen des Rattenhirns zeigten in der dreidimensionalen
Rekonstruktion ein morphologisch deutlich besseres Ergebnis als der nicht registrierte
Datensatz (Abb. 3). Das anatomisch beste Ergebnis wurde mit Verfahren (c) erzielt.
Exemplarisch ist ein feineres Detail des Hirns in einer 3D-ROI dargestellt (Abb. 4). Es
zeigt eine realistische und konsistente Morphologie, wobei die Geometrie des
konvergenten Interhemisphärenspaltens erhalten bleibt und die Ränder eine
realistische Glattheit aufweisen.
Abb. 3. Links ist die 3D-Rekonstruktion des nicht registrierten Datensatzes dargestellt, auf der
rechten Seite jene nach der PAT partial optimalen Anpassung.
Abb. 4. Der Interhemisphärenspalt wurde als ROI von den Schnittbildern 229 bis 238
vergrößert. Das partial-optimale PAT Verfahren ergibt das morphologisch günstigste Resultat.
Die unteren 3D-Rekonstruktionen wurden geglättet.
4 Diskussion
Alle drei Registrierungstechniken erzielten bei den mit relativ starken Artefakten
versehenen Schnittbildern des Rattenhirns befriedigende Ergebnisse. Insbesondere
konnte hier das gesamte Gehirn unter Berücksichtigung der Gewebegröße registriert
werden. Für eine weitere nicht-lineare Registrierung, auf die bei dem Rattenhirn
aufgrund der erwähnten Artefakte verzichtet wurde, ergibt insbesondere die Variante
(c) eine gute Ausgangssituation für die nachfolgende nicht-lineare Registrierung. Dies
zeigen auch erste Ergebnisse einer auf Gewebeelastizität beruhenden, nicht-linearen
3D-Registrierung von hochaufgelösten Schnitten eines Teils des menschlichen
Gehirns.
Bevor jedoch eine Bildregistrierung durchgeführt wird, müssen die Bilddaten
restauriert werden, um Fehler bei der Anpassung zu vermeiden und das
Anpassungsergebnis zu verbessern. Noch erfordert dieser Schritt einen Experten, der
sowohl über ausreichende morphologische Vorstellungskraft als auch über Wissen
von den spezifischen Effekten von Bildverarbeitungsprozeduren verfügt. Inwieweit
eine derartige Vorverarbeitung gerade in Hinblick auf Rissbildung und
Fragmentierung automatisierbar ist, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten.
5 Literatur
1. Schmitt O, Eggers R High contrast and homogeneous staining of paraffin sections of whole
human brains for three dimensional ultrahigh resolution image analysis. Biotech Histochem
73: 44-51, 1997.
2. Schmitt O, Eggers R: Systematic investigations of the contrast results of histochemical
stainings of neurons and glial cells in the human brain by means of image analysis. Micron
28: 197-215, 1997.
3. Elsen PA van den, Pol E-JD, Viergever MA: Medical image matching – a review with
classification. IEEE Eng. Med. Biol. 12: 26-39, 1993.
4. Brown LG: A survey of image registration techniques. ACM Computing Surveys 24: 325-
276, 1992.
5. Alpert NM, Bradshaw JF, Kennedy D, Correia JA: The principal axes transformation - a
method for image registration. J Nuc Med 31: 1717-1722, 1990.
6. Banerjee PK, Toga AW: Image alignment by integrated rotational and translational trans-
formation matrix. Phys Med Biol 39: 1969-1988, 1994.
7. Toga AW, Ambach K, Quinn B, Hutchin M, Burton JS: Postmortem anatomy from cryo-
sectioned whole human brain. J Neurosci Meth 54: 239-252, 1994.
8. Schormann T, Zilles K (1997) Limitations of the principal axes theory. IEEE Trans Med
Imag 16: 942-947
9. Schormann T, Darbinghaus A, Zilles K (1997) Extension of the principle axes theory for
the determination of affine transformations Proceedings of the 19. DAGM-Symposium:
Mustererkennung 1997. Informatik Aktuell: 384-391
10. Kullback S, Leibler RA: On information and sufficiency. Ann. Math. Statist. 22: 79-86,
1951.
11. Linhart H, Zuchini W: Model Sellection. Wiley, New York, 1986.