Hintergrund und Ziele: Die Kinase mechanistic Target of Rapamycin (mTOR) und der Transkriptionsfaktor Hypoxia-inducible Factor (HIF) spielen beide eine übergeordnete Rolle bei der Tumorentstehung und dem Tumorwachstum. Diese beiden Systeme können das Tumorwachstum eigenständig fördern, zeigen möglicherweise aber auch eine gegenseitige Potenzierung [1]. Das Ziel der Arbeit war es, ein detaillierteres Verständnis über die Interaktion von mTOR und HIF zu erhalten und welchen Einfluss HIF auf die Tumorentstehung und dem Tumorwachstum bei Aktivierung von mTOR, durch Inaktivierung des Tuberous Sclerosis Complex (TSC), hat. Methoden: In vitro wurden die Auswirkungen von HIF-Stabilisatoren sowie von mTOR-Inhibition in Immortalized human kidney epithelial cells (IHKE Zellen) und human urinary primary tubular cells (hUPT Zellen) von Tuberösen Sklerose (TS) Patienten untersucht. In vivo wurden, um spezifisch in die beiden Signalwege einzugreifen, 9 Monate alte Mäuse mit einer TSC2 Deletion (TSC2+/- Mäuse) 12 Wochen intraperitoneal (i. p.) entweder mit Lösungsmittel, einem HIF-Stabilisator oder mTOR-Inhibitor behandelt. Nach der Tötung wurden die Nieren der Mäuse entnommen und anschließend die makroskopisch und mikroskopisch sichtbaren Tumore gezählt. Anschließend wurden Proteine mittels Immunhistochemie (IHC), Immunoblots und quantitativer Real-Time Polymerase-Kettenreaktion (PCR) untersucht, welche eine Relevanz in dem Signalweg der mTOR-HIF Interaktion haben könnten. Da die phänotypischen Auswirkungen einer TSC-Inaktivierung zwischen Maus und Mensch differieren können, wurden Nieren von TS Patienten zusätzlich immunhistochemisch untersucht. Ergebnisse und Beobachtungen: Die TSC2+/- Mäuse wiesen in den Vorversuchen in unseren Händen, im Gegensatz zu publizierten Daten [2], erst nach 9 bis 12 Monaten eine 100%ige Tumorentwicklung auf. Im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen zeigte sich eine deutliche Aktivierung des mTOR-Signalweges, welches durch die Phosphorylierung von dem ribosomalen Protein S6 (rpS6) nachgewiesen werden konnte. Ebenso konnte gezeigt werden, dass in den TSC2+/- Mäusen im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen vermehrt HIF-1α positiven Zellen vorhanden waren. In den TSC2+/- Mäusen, welchen 3 Monate der mTOR Inhibitor Temsirolimus (Tem) injiziert wurde, konnten signifikant weniger Tumore gefunden werden. Die erfolgreiche mTOR Inhibition konnte nachgewiesen werden und es konnte gezeigt werden, dass Tem-Gabe ebenfalls die HIF-Zielgene senkt. Eine pharmakologische Stabilisierung von HIF durch 2-(1-Chloro-4-Hydroxyisochinolin-3Carboxamido) Acetat (ICA) in den TSC2+/- Mäuse wiederum führte zu einer signifikant erhöhten Anzahl von Tumoren. Dass ICA funktionell in der Niere wirkte, konnte durch eine Erhöhung des Hämatokrit(Hk)-Wertes und der HIF-Zielgene gezeigt werden. In Färbungen von Folgeschnitten konnten in gesunden Nierenabschnitten und in den entstandenen Tumoren gemeinsame räumliche Lokalisationen der Signale von rpS6-P, Carboanhydrase 9 (CA9) und des Fibroblastenspezifischen Proteins 1 (FSP-1) gefunden werden. Dies bestätigt den Verdacht, dass eine mTOR Aktivierung die Translation von HIF und dessen Zielgene erhöht und daraus eine epitheliale-mesenchymale Transition (EMT) resultieren kann. Durch die Untersuchung von Gewebeproben aus Nephrektomiepräparaten von einem TS Patienten und gesunden Nieren konnte gezeigt werden, dass es auch hier zu einer verstärkten Aktivierung von mTOR und Steigerung von HIF und seiner Zielgene kam. Schlussfolgerungen: Die Doktorarbeit stärkt die Hypothese, dass die Translation von HIF über den Phosphatidyl¬inositol-3-Kinase/Akt/mTOR Signalweg beeinflusst werden kann. Durch die TSC2 Deletion kam es zu einer verstärkten mTOR Aktivierung und einer Steigerung von HIF-Zielgenen. Durch die Gabe von Tem konnten diese Zielgene wiederum verringert werden. Um detaillierte Aussagen über die mTOR-HIF Interaktion tätigen zu können, werden weitere spezifische Arbeiten in diesem Bereich nötig sein. Der Nutzen der mTOR Inhibitoren bei TS als Anti-Tumor-Therapie kann durch die Ergebnisse nur unterstützet werden, da eine signifikante Reduktion der Nierentumore bei den TSC2+/- Mäusen, welche mit einem mTOR Inhibitor behandelt wurden, nachgewiesen werden konnte. Therapien mit HIF-Stabilisatoren sollten hingegen kritisch hinterfragt werden. HIF wird in vielen Tumoren überexprimiert und trägt, wie in dieser Arbeit gezeigt werden konnte, zum Tumorwachstum bei. Es könnte daher kritisch sein, Patienten mit einer Prädisposition, wie z.B. terminalen Niereninsuffizienz, mit HIF-Stabilisatoren zu behandeln.